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Autograph: Zürich StA, E II 357, 264 (Siegelspur) a Teildruck und zusammenfassende
Übersetzung: Blarer BWII 693f Nr. 1519
[1]Der bedauernswerte Claude d'Aliod hat Blarer, dessen Bruder Thomas sowie Vetter
Konrad Zwick eindringlich gebeten, sich aus Nächstenliebe bei den Zürchern dafür einzusetzen,
dass er die Zürcher Stadt und Landschaft [trotz seines Aufenthaltsverbots]betreten
darf So könne er seine Schulden eintreiben und tilgen sowie seine Ware verkaufen und alle
Parteien zufriedenstellen. -[2]Bullinger möge beim Zürcher Rat hierfür eine Ausnahmegenehmigung
und eine achttägige Fristverlängerung zur Schuldentilgung bewirken, damit
d'Aliod sich nach Kräften persönlich um die Rückzahlung bemühen kann. Ließe er seine
Geschäfte nämlich von jemand anderem ausführen, müsste er mit großen [finanziellen]
Einbußen rechnen. -[3]D'Aliod ist ein anständiger, gottesfürchtiger Mann, der aber auf
seiner Suche [nach Gott] vom rechten Weg abgekommen ist. Doch gibt er vor, seine Irrlehren
stets nur auf Nachfrage von Gelehrten, nie aber unter einfachen Leuten verbreitet zu haben.
Auch sei er stets bereit gewesen, sich eines Besseren belehren zu lassen. Aber trotzdem habe
man ihn verleumdet und [1547 in Augsburg]verhaftet. -[4]Blarer konnte bisher noch
nicht mit ihm über dessen Ansichten sprechen, möchte das aber bald eingehend nachholen.
Hoffentlich ist d'Aliod einsichtig, denn ergeht in seinem großen [Glaubens]eifer fehl. Möge
ihn Gott bessern! In Konstanz ist nichts darüber bekannt, dass d'Aliod versucht hätte,
jemanden von seiner Meinung zu überzeugen. Das hätten die Konstanzer nicht gebilligt. Er
ist noch Konstanzer Bürger. -[5]Bullinger möge sich daher dafür einsetzen, dass d'Aliod
seine Geschäfte dieses eine Mal noch persönlich in Zürich und Winterthur abwickeln darf
Andernfalls entstünde ihm ein großer finanzieller Schaden, weil der Wert seiner Waren
bei der [drohenden]Zwangsversteigerung zu gering angesetzt würde. [Diese kann er nur
abwenden, indem] er seine Schulden bei seinen Zürcher Gläubigern [NN]innerhalb der
nächsten zehn Tage begleicht. Blarer versucht, das Geld für ihn aufzubringen. -[6]Er
wird Bullingers Brief [nicht erhalten] morgen oder übermorgen beantworten.
Fürgeliepter herr und brüder. Diser arm, eilend mensch, Claudius 2 , hat mynen lieben brüder 3 , ouch minen v[etter] C[onraten] Z[wick] und mich gar ernstlich und trungelich 4 angesucht 5 , das wir ime weilten um gottes und der liebe willen beholfen 6 sin, damitt er möchte bey euch so lang platz haben 7 , byß er mitt seinen schuldigern und glöbigern rechnete 8 , und seinen krom 9 zu nutz verwenden 10 und des onwerden 11 und allso yederman züfriden steilen.
Ist demnach unser aller dreyer gantz fruntlich, best geflissen bitt an euch, wellind von unser wegen bey ewern herren 12 anhalten 13 , nachdem 14 ime sunst die statt und land verbotten 15 , das er doch noch diß mal selbs hinein dörffte und seine sachen, best er möchte 16 , verrichten, diewyl ers nitt on seinen grossen nachtail durch amen
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andern thain 17 kan, und das ime der terminus 18 doch um acht tag erstreckt 19 . Wurde er 20 sich umsechen seines besten vermögens 21 , das er gellt uffbrechte und zalung thäte.
Er ist ainmal ain frommer 22 mensch, der gott forcht 23 und sucht und gut condition 24 verlassen hat. Daneben geht er mitt ettlichen fantaseyen 25 um, die nitt grund habend. Nympts aber hoch 26 , das ers nienen 27 begert hab zu säen under ainfaltig leut. Aber wol etwa, wann 28 er darum von verstendigen angereddt worden, seye er onbeschwärt 29 gewesen, sein mainung anzezögen 30 , aber mitt aller undergebegung 31 , das er sich gern welle berichten 32 lassen und nitt uff seiner mainung beston. Aber man hab im 33 sölichs allweg glich anderst ussbracht und uffgenomen 34 .
Ich hab noch gar nichts mitt im seiner meinung halb gereddt, dann ich bysanher 35 nitt zeyt noch weyl 36 gehapt. Hab aber mut 37 , bald mitt im desshalb zu handlen 38 , und mich seiner mainung gruntlich zu erkundigen, der hoffnung, er werde sich wol weysen 39 lassen. Er hat ain grossen, aber irrigen yfer. 40 Der herr gott welle es alles an
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ime verbesseren! Wir habend hie nie erfaren können, das er yeman 41 understanden 42 hab, sein mainung einzereden, dann wir es sonst nitt für güt gehapt 43 hetten. Er ist noch unser burger 44 .
Bitt euch aber von unser aller wegen, das best euch möglich ze thain, das er doch noch dißmal selbs zu euch und gen Wynterthur dörffte, sine sachen zü verrichten, damitt ime sein wahr 45 und krom nitt umsonst auso hingehn 46 musse, dann 47 es inn 48 vyl costet 49 Wurde 50 aber im 51 yetzuund im verganten 52 umm gar ain schimpfliches angeschlagen 53 . Er müsß noch in 10 tagen von dato 54 gewiß 55 by euch sin und yederman zü friden stellen. Ich will sechen, wa 56 ich das gellt uffbring.
Ad tuas literas 57 cras aut perendie respondebo. 12. 58 aprilis 1548. Tuus Ambr. Bl.
[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero suo. Tiguri. 59