Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3132]

Joachim Vadian
an Bullinger
St. Gallen,
Montag,
6. Februar 1548

Autograph: Zürich StA, E II 351, 62 (Siegelspur) a Druck: Vadian BW VI 702f Nr. 1593.

[1]Es wird kein allgemeines Konzil, ja nicht einmal ein nationales geben! Die diesbezüglich von Kaiser Karl V unternommenen Verhandlungen sind der Beilage [nicht erhalten] zu entnehmen. Die Zwietracht [zwischen Kaiser und Papst Paul III.] ist Vadian willkommen, weil Gott hierdurch diesem römischen Monstrum [dem Papsttum]das allgemeine Konzil entrissen hat, damit dem Evangelium nicht noch mehr Schaden zugefügt werden kann. -[2]Es kursiert das Gerücht, dass [der gefangene]Landgraf Philipp von Hessen nach Spanien gebracht worden sei, während am Kaiserhof noch verhandelt werde, wie mit dem [ebenfalls inhaftierten]Herzog johann Friedrich I. von Sachsen zu verfahren sei. So gering achtet Karl V. den Stand derart großer Fürsten im Vergleich zu seinem eigenen! Was für eine Wertschätzung wird dann wohl den Eidgenossen zuteil werden, nachdem er sich diese erneut unterjocht hat [hierfür hat er ja schon einen Stein aus dem Weg geräumt)! -[3] Vadian schickt anbei Briefe für den [Alt-]Ammann [der Rheintaler Vier Höfe]Hans Vogler d.Ä. und für Francisco de Enzinas, die ihm selbst zur Weiterleitung anvertraut worden sind. Bullinger möge sich bitte darum kümmern. Den Brief an Enzinas soll er einem vertrauenswürdigen Boten nach Basel mitgeben. -[4]Vadian erwartet ungeduldig Nachrichten von der Badener Tagsatzung, sofern es etwas gibt, das man Freunden anvertrauen darf In St. Gallen wird über einen Streit zwischen König Heinrich II. von Frankreich und den Eidgenossen berichtet, was Vadian aber nicht glaubwürdig erscheint. Denn weder kann der französische König auf den Schutz der eidgenössischen Soldaten verzichten, noch können die Eidgenossen mit einem anderen König ein verlässlicheres Bündnis eingehen. Bullinger soll verbürgte Nachrichten [von der Tagsatzung] mitteilen. Vadian wird diese nur mit dem St. Galler Rat, sonst aber mit keinem auch noch so vertrauenswürdigen Menschen besprechen! Bullinger wird ja auch vom Zürcher Bürgermeister [johannes Haab]Etliches erfahren, das nicht allen anvertraut werden kann. -[5]Grüße.

e Folio 114a,r. ist leer. -
a Ohne Schnitt- oder Nadelstichspuren.
22 ex legatione tuorum ... principum: Gemeint ist hier die eidgenössische Gesandtschaft zur Taufe von Claude de France; s. Nr. 3102, Anm. 9.
23 Martin Frecht; vgl. oben Anm. 12.
24 Joachim Vadian. - Der entsprechende Brief von Vadian an Frecht ist nicht bekannt.


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S. De generali concilio actum est. Nam ne nationale quidem sperari potest in tantis motibus rerum. Mitto autem ad te exemplum 1 rerum ea quidem in caussa per caesarem 2 actarum. Et valde grata mihi est discordia, qua dominus huic Romanum monstrum 3 eripuit, ne maiora imminerent evangelii persequendi incendia, quam ante fuerunt.

Rumor est Hessum 4 in Hispanias 5 delatum et apud caesarem controverti, quem in locum Saxo 6 mittatur. Adeo contemptim ille prae sua magnorum principum authoritatem habet. Quo loco nos habiturum putas, si (quod unum iam saxum volvit! 7 ) libertate omni nobis erepta sub iugum demum misent?

Mitto literas ad amannum Voglerum 8 unas, alteras 9 ad Franciscum Dryandrum, datas ad me, quo quam diligentissime perferendas curarem. Fac igitur, optime vir, ut et suas accipiat Voglerus et fido aliquo tabellione reliquae, quae sunt d. Dryandro inscriptae, Basileam perferantur.

Velim autem, ut, si quid a Thermis 10 accepisses tale dumtaxat, quod concredi amicis posset, tuis mihi, quas vehementer expecto, literis significares. De simultate nescio qua, que inter Gallum 11 et Helvetios enata sit, varia apud nos sparguntur, quae tamen fide indigna censeo. Nec habet enim Gallus ullum aliud firmum praesidium, si milite Helvetico destituatur, nec contra Helvetii regem ullum, cui maiore sese cum fiducia coniungere queant. Sed de i, quae certa sunt, tu meliora perscribes.

1 Hier gemeint: die Beilage. -Dabei handelt es sich um eine nicht erhaltene Abschrift des Berichts (RTA-JRXVIII/2 1684-1686, Nr. 169) von Kardinal Cristoforo Madruzzo, Bischof von Trient, über seine Verhandlungen in Rom, den er am 14. Januar 1548 vor den Reichsständen vortrug. Diese Abschrift lag wie die beiden unten genannten Briefe (s. unten Z. lot) an Hans Vogler d.Ä. und an Francisco de Enzinas dem Brief von Hieronymus Sailer an Vadian aus Augsburg vom 18. Januar 1548 (Vadian BW 697f, Nr. 1589) bei.
2 Karl V. -Zu den Unstimmigkeiten zwischen diesem und Paul III. bezüglich der Fortführung des Konzils in Trient s. Nr. 3111,13-18; Nr. 3113,4-6; Nr. 3124,20-27 mit Anm. 10.
3 Romanum monstrum: das Papsttum.
4 Philipp von Hessen. -Er und Herzog Johann Friedrich I. von Sachsen befanden sich seit ihrer Niederlage im schmalkaldischen Krieg in kaiserlicher Gefangenschaft. Der Landgraf wurde zu dieser Zeit in Nördlingen, der Herzog in Augsburg festgehalten; s. Nr. 3102, Anm. 15 und Anm. 12.
5 Spanien.
6 Johann Friedrich I.
7 Vgl. Adagia 2,4,40 (ASD 11/3 352, Nr. 1340). - Das lateinische Wort "saxum" steht hier einerseits in der Bedeutung "Stein", andererseits ist es wohl auch wegen des Gleichklangs eine Anspielung auf, ,Saxo", also Johann Friedrich I. von Sachsen. -Unter dem "Stein"wird neben Johann Friedrich I auch der bis anhin von den deutschen Protestanten geleistete Widerstand zu verstehen sein. 8 Hans Vogler d.Ä. geb. 1498, gest. 1567, war von 1528 bis 1531 Ammann der Vier Höfe im Rheintal. 1548 verwaltete er das Schloss und die Herrschaft Uster, die er 1541 gekauft hatte; s. HBBW II, Nr. 57, Anm. 5.
9 In Enzinas BW findet sich kein Brief an Francisco de Enzinas, dessen Weiterbeförderung Vadian veranlasst haben könnte.
10 Baden (Kt. Aargau). - Die Badener Tagsatzung hatte am 23. Januar 1548 begonnen. Unter anderem wurde das angespannte Verhältnis zu König Heinrich II. von Frankreich behandelt; s. EA IV/1d 906-909 i, n und y sowie 917 zu i, n und y.
11 Heinrich II.


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Ego soli senatui neque praeterea ulli hominum bona fide data communicabo. 12 Sed et a consule 13 tuo tu quoque aliquid intelliges, quod non omnibus tuto debeat aut possit committi. Vale. Sangalli, 6. die februarii, anno domini 1548. loachimus Vadianus. [Adresse auf Rückseite:] Domino Henrycho Bullingero, Tigurinorum episcopo, d. et amico summo.