Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3098]

Matthias Erb
an Bullinger
Reichenweier,
22. Dezember 1547

Autograph: Zürich StA, E II 361, 159 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Vor fast drei Jahren wurde liber die Frage, ob beim Abendmahl auch die Gottlosen und Judas des Leibes und Blutes Christi teilhaftig werden, eine erbitterte und spitzfindige Polemik gegen Pierre Toussain geführt. Erb schrieb damals eine Abhandlung zu diesem Thema, die er Toussain in unbearbeiteter Form zukommen ließ, damit dieser sie verbessern könne. Er sendet sie nun auch an Bullinger, da Graf Georg von Württemberg-Mömpelgard ihn dazu anhielt, als dieser ihm kürzlich Bullingers ["Bedencken ob der verräther Judas auch an dem Tisch deß Herren gesessen"]übermitteln ließ. Wenn Bullinger die Zeit dazu findet, soll er sie lesen und korrigieren, oder auch in den Ofen werfen, damit niemand daran Anstoß nehme, zumal Erb sich wohl bewusst ist, dass andere dieses Thema mit Hilft von Bibelzitaten und Argumenten zur Erbauung der Kirche besser behandeln könnten. Bullinger entnehme wenigstens daraus Erbs Ansicht zur "communio impiorum". -[2] Erb und seine Kollegen warten auf die Vollstreckung des schon verhängten Urteils durch den Henker. Sie zählen aber auf Gott, ihr sicheres Refugium und Asyl. Überall hat man es mit so zahlreichen Hinterhalten, Drohungen und Feinden zu tun, dass nirgends mehr Treue zu finden ist! -[3]Bullingers Haushalt, die Zürcher Kirche und u.a. Rudolf Gwalther und Gerold Meyer von Knonau d. J. seien gegrüßt! In Eile. -[4][P.S.:] Die Zürcher sollen für die Reichenweierer beten.

Gratia domini tecum! Ante triennium fere fuit Petro Tossano superstitiosa et acris disputatio de communione impiorum 1 et Iudae. 2 Scripsit ad me Tossanus, cui ego ea, quae tum meditabar, atque ut nunc ad te mitto, indolata misi, ut suo ingenio expumicaret et expoliret. Quum vero princeps 3 tuum iuditium 4 ad me miserit diebus superioribus, 5 doctissime Bullingere, voluit, ut

14 Vgl. Nr. 2950,23f; Nr. 2952,16-18; Nr. 2978,112-115; Nr. 3002,16-18; Nr. 3009,20-23; Nr. 3031,80-82. 83f.
15 Siehe dazu zuletzt die Verweise in Nr. 3066, Anm. 49, wie auch folgende Stellen: Nr. 3067 und Anm. 4; Nr. 3076 und Anm. 16; Nr. 3078 und Anm. 14; Nr. 3081,1-3. 10-21; Nr. 3083,3-9.
1 Die lutherische Lehre, laut der die am Abendmahl teilnehmenden Gottlosen auch des Leibes und Blutes Christi teilhaftig
werden, was ihnen jedoch zum Fluch und nicht zum Segen gereicht.
2 Ende 1544 und 1545; s. Viénot 1102- 134; II 37. 42f; HBBW XIV 440f; XV 138f und Anm. 31f; 290f.
3 Graf Georg von Württernberg-Mömpelgard.
4 Bullingers damals nur handschriftlich vorhandenes "Bedencken ob der verräther Judas auch an dem Tisch deß Herren gesessene"; s. dazu Nr. 3048, Anm. 13.
5 Siehe Nr. 3048, Anm. 15.


Briefe_Vol_20-718arpa

mea ad te a mitterem meditata, etc. 6 Habes ergo meas litteras et nugas. Si vacant, lege, emenda vel, si visum fuerit, Vulcano trade, ne lectorum oculos offendat. Sunt enim, qui hoc negotii scripturis et argumentis solidioribus possint ad aedificationem ecclesiæ aedere. Tu tantum ex hoc meo scripto collige, quid de impiorum communione sentiam, etc.

Nos hic vivimus haud aliter quam ii, qui lata sententia carnificem expectant. Tot sunt insidiae, tot mine, tot adversarii, ut nullibi sit tuta fides ! 7 Innitimur domino, qui est refugium suorum et asylum tutissimum, etc.

Vale perpetuo cum familia et ecclesia Christi. Salutabis d. Gvaltherum et Geroldum 8 cum reliquis piis Raptissime, Richenvillae, 22. Decembris 1547.

Tuus ex animo Erbius.

Orate pro nobis.

[Adresse auf der Rückseite:] An meister Henrichen Bullinger, predicanten zu Zürich. 9