Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2982]

Francesco Negri
an Bullinger
Chiavenna,
10. August 1547

Autograph: Zürich StA, E II 365, 24 (Siegelspur) Druck: Graubünden, Korr. I 111f, Nr. 85

[J]Negri hat lange nicht an Bullinger geschrieben, weil er dessen ernsthafte Geschäfte nicht mit unwichtigen [Briefen]unterbrechen wollte. Da er jedoch fürchtet, dass sein langes Schweigen als Undank gegenüber Bullingers Wohltaten gedeutet werden könnte, 1 möchte er dem aufbrechenden Boten [...] ein paar Zeilen mitgeben, denen Bullinger entnehmen kann, dass Negri noch immer ganz der Seinige ist und dass das unauflösbare Liebesband des Geistes Christi zwischen ihnen weiter besteht. -[2]Negri möchte gleichsam eine ganz kleine Bekundung seiner Dankbarkeit überreichen, nämlich seine Rhetia 2 . -[3]Er und seine Kollegen sind durch Gottes Gnade zwar wohlauf doch besorgt. Überall bricht Krieg aus. Was hat denn der Herr mit ihnen vor? Falls die vielen Geschäfte es zulassen, möge Bullinger ihnen Neuigkeiten zukommen lassen. Gruß.

30 Georg Frölich.
3! Damit ist wohl Frölichs Äußerung (Urteil) über Hans Schöner gemeint, für welchen Blarer und Bullinger sich eingesetzt hatten. Blarer hatte zur gleichen Zeit wie Bullinger (mit Nr. 2977) von Frölich erfahren, dass Schöner nicht zu helfen sei, ja dass dieser seine Lage selbst verschuldet habe (s. Nr. 2980,47-54), was Blarer offensichtlich ärgerte.
1 Negris letzter und zugleich erster bekannter Brief an Bullinger datiert vom 24. Dezember 1545; s. HBBW XV, Nr. 2311. - Die hier erwähnten Wohltaten Bullingers Negri gegenüber sind vermutlich mit Negris Reise nach Zürich im
April 1546 in Verbindung zu bringen. Negri hoffte damals, in Zürich ein Weiterstudium für einen seiner Söhne (Giorgio?) erlangen zu können; s. HBBW XVI 330. Die hier bekundete Dankbarkeit legt nahe, dass Bullinger Negri in seinem Anliegen unterstützen konnte.
2 Francesco Negri. Rhetia sive de situ et moribus Rhetorum, Basel, Johannes Oporin Januar 1547 (VD16 N465). - Im Dezember 1547 fertigte sich Konrad Gessner eine handschriftlich gebliebene Zusammenfassung davon an; s. Jan-Andrea Bernhard, Francesco Negri zwischen konfessionellen und geographischen Grenzen, in: Zwa XXXVII, 2010, 89, Anm. 45.