Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2930]

Marcell Dietrich von Schankwitz
an Bullinger
Wellenberg,
25. Juni 1547

Autograph: Zürich StA, E II 355, 125 (Siegel) Ungedruckt

[J] Dem beiliegenden Schreiben [von Konrad Zwick] wird Bullinger entnehmen können, dass Marcell Dietrich von Schankwitz und seine Frau Anna, geb. Zehntmeir, vorhatten, in den Thermen von Baden zu kuren. Auf dem Weg dorthin gelangten sie am Vorabend ins Schloss Wellenberg zu ihrem guten Freund Gregor von Ulm. Dort wurde Schankwitz (vielleicht durch Gottes Vorsehung) durch Konrad Zwicks Brief auf die bestehende Gefahr aufmerksam gemacht und aufgefordert, Bullinger und Bürgermeister Johannes Haab um Rat zu bitten: soll er die Reise fortsetzen oder sie lieber aufschieben? Bullinger möge mit Schankwitz' Diener [...] antworten. Schankwitz wird sich dafür dankbar erweisen. -[2]Bullinger möge es Schankwitz nicht verargen, dass er als unbekannter Fremdling ihn und Bürgermeister Haab mit dieser Bitte behelligt. Er tut es im Vertrauen und auf Anweisung von gemeinsamen guten Freunden. Bullinger möge Zwicks Brief zurücksenden und die Angelegenheit geheim halten. -[3] Schankwitz stellt Bullinger Gottes Schutz anheim und versichert ihm seine Dienstbereitschaft.

Mein fraintlich guot[willig]a dienst sennd euch jederzit zuvor. Sunder l[ieber] herr, ier habend auß inligendem schrei[ben 2 z]u vernemmen, wellicher massen ich vorha[ben]s gewesen, ein wochen 1/2 mit meiner lieben hausfrawen 3 unser notturfft nach 4 zu Baden in Schweiz zu baden. Bin derhalben an nechten 5 her gen Wellenberg zu meinem schwager Goriussen von Ulm 6 ankhommen. Dieweil ich aber dise furwarnung 7 vieleicht auß fursehung

a Hier und unten Textverlust bei der Entfernung des Siegels.
1 Schloss Wellenberg, Thurgau, wo Gregor von Ulm, der mit Ambrosius Blarer verwandt war, wohnte; s. HBBW XVIII 346, Anm. 3; 383,2. - Schankwitz' Aufenthalt bzw. Besuch in Wellenberg wird auf Blarer zurückzuführen sein. Seitdem Schankwitz sich im Januar 1547 nach Konstanz zurückgezogen hatte, setzte sich Blarer mehrfach für diesen ein; s. HBBW XIX Reg.
2 Nicht bekannt. - Aus unten Z. 17 geht hervor, dass hier ein Brief Konrad Zwicks an Schankwitz gemeint ist.
3 Anna, geb. Zehntmeir; s. HBBW XIX 354, Anm. 34.
4 unser notturfft nach: entsprechend unserem Bedürfnis.
5 an nechten: am Vorabend.
6 Gregor von Ulm. - Schwager ist hier nicht als Verwandter, sondern als Vertrauensperson
zu verstehen; s. DRW XII 1563. Schankwitz war nämlich mit Anna, geb. Zehntmeier, verheiratet (s. AK VIII, S. XXXVII), und Gregor von Ulm mit Anna Geidrich von Sigmarshofen.
7 Vermutlich wurde Schankwitz durch das oben genannte Schreiben vor dem kaiserlichen Gesandten Jean Mouchet gewarnt, der im Auftrag des Kaisers von April bis Juli 1547 die Eidgenossenschaft bereiste (s. Nr. 2924, Anm. 8 und Anm. 12); vgl. nämlich Nr. 2933, Anm. 18. Seit dem 14. Juni bis Mitte Juli hielt Mouchet sich in Baden auf, wo die Tagsatzung am 20. Juni begann; s. Wien HHStA, StAbt. Schweiz, K. 11, Konv. 3, f. 27r. Demzufolge bestand tatsächlich die Gefahr, dass der Gesandte die Festnahme von Schwankwitz bei den Eidgenossen hätte veranlassen können.


Briefe_Vol_20-253arpa

unsers threwen gottes hie ergriffen 8 , hab ich dem ratschlag nach 9 ewer ratt und guottbduncken 10 darinnen horen wellen. Unnd langtt derhalben an ewer erwürd meinn ganz fraintlich bitten, ier wollett euch so vil bemuechen und beim burggenmaister Haben 11 erfarung machen, ob mir jezund furzufaren oder lenger zu verzuchen 12 flott sei; mier daruber bei zaiger 13 , meinem diener, ewer ratschlag zuschriben. Das will ich alles vhleis 14 umb euch willig verdienen 15 .

Fraintlich bittend mir nit zu verargen, daß ich euch also frembder und unbekant in meinem obligen 16 bemueh und ansprich. Es geschicht auß verthrauttem gemiett und trostlicher anweisen 17 meiner guotten freundt und ewer bekantten 18 . Wellet mir Zwicken 19 brieffen widder zusenden und die handlung, wie ier zu thun wist, in stil halten.

Thuo euch hiemit in den schirm unsers threwen gottes bfelhen und mich zu ewer gefelligen diensten willig erbietten. Datum Wellenberg, den 25. iunii anno, etc., 47.

M. Dietrich zu Schankwiz.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem erwirdigen und wolgelertten hernn Hainrichen Bullinger, verkünder des wortts zu Zurich, meinem sunder lieben hernn und freundt. Zurich b .

b Daneben von Bullingers Hand: Marcell Dietrych von Schenkweitz, des herren Bastion Schertlis leutinampt. Darüber von derselben Hand: Marcell Diet-[Textverlust bei der Entfernung des Verschlussbandes].
8 zur Kenntnis genommen (habe).
9 dem ratschlag nach: dem (warnenden) Ratschlag zufolge.
10 Meinung.
11 Johannes Haab.
12 warten.
13 Unbekannt.
14 alles vhleis: gewissenhaft.
15 vergelten. - Schankwitz musste damals seine Reise nach Baden unterbrechen (vgl. Nr. 2935,18f) und begab sich erst Ende Juli dorthin (s. Nr. 2963, Anm. 2L
Nr. 2968,38). Zu einem Treffen mit Bullinger in Zürich kam es erst Ende Oktober/Anfang November; s. Nr. 3073 und Anm. 40.
16 dringenden Bitte.
17 trostlicher anweisen: zuversichtlicher Anweisung.
18 Gemeint sind Gregor von Ulm, Konrad Zwick und vermutlich auch Ambrosius Blarer.
19 Konrad Zwick aus Konstanz.