Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2889]

Theobald Thamer
an Bullinger
Marburg,
27. April 1547

Autograph: Zürich ZB, Ms F 40, 546 (Siegelspur) Druck: Otto Opper, Theobald Thamer (1502-1569). Sein Leben und seine religiöse Gedankenwelt, Dresden 1941, S. 133f

[1] Thamer ist von seiner Arbeit in Schule und Kirche /stark beansprucht, doch nutzt er die Gelegenheit, mit diesen Boten [Johannes und Justus Vulteius] auf Bullingers freundlichen ersten Brief [HBBW XVIII, Nr. 2675] zu antworten, damit es nicht so aussieht, als ob er die Zürcher vergessen hätte. -[2] Bisher hat Gott wegen der Verfehlungen der [Protestanten] zugelassen, dass die Feinde des Kreuzes 2 weithin und unerwartet die Oberhand behielten. Hoffentlich ist bald Schluss damit! -[3]Man fragt sich auch, weshalb die Kirchendiener beim Volk so verrufen sind und geradezu vom "Hass des Vatinius"3 verfolgt werden. Thamer wird

32 Sebastian Lepusculus (Häslin), der Witwer war.
33 Vorname unbekannt. Sie war die Tochter des Augsburger Buchbinders und Buchhändlers (s. Roth, Augsburg III 155) Leonhard Burtenbach. Sie verstarb noch sehr jung, zwischen Anfang März 1551 und der von Lepusculus' in der zweiten Hälfte des Jahres 1552 eingegangenen dritten Ehe; s. AK VIII 87.
34 Unbekannt. - Dabei wird es sich kaum um einen unbekannten Sohn von Claudius Pius Peutinger gehandelt haben (der während des Schmalkaldischen Krieges mindestens zwei seiner Söhne in Zürich untergebracht hatte; s. HBBW XVII 441 und Anm. 2; XVIII 174f und Anm. 2), zumal weder Johann Georg Lotter, Historia vitae atque meritorum Conradi Peutingeri Augustani, Leipzig 1729, 3. Genealogische
Tafel vor S. 21; noch Friedrich Roth, Zur Lebensgeschichte des Augsburger Stadtadvokaten Dr. Claudius Pius Peutinger (1509-1552), in ARG XXV, 1928, 209, einen Sohn mit diesem Vornamen kennen. -Vielleicht aber handelt es sich um den mit Vornamen unbekannt gebliebenen Sohn des Augsburger Oberstzunftmeisters Hans Schweiglin, der sich Ende Oktober 1546 für einen Aufenthalt unbekannter Dauer nach Zürich begeben hatte; s. HBBW XVIII 183 und Anm. 23.
35 Dieser Brief wurde durch Hans Wilpert Zoller d.J. überbracht; s. oben Z. 1.
1 Thamer war Theologieprofessor in Marburg und Prediger an der dortigen Elisabethkirche; s. HBBW XIV 399. Anm. 14.
2 Die katholischen Kaiserlichen.


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nämlich oft ins Gesicht gesagt, dass die Lage erst dann besser wird, wenn alle Pfaffen 4 am Galgen hängen! Diesen Kritikern hält er dann die Geschichte des Hohenpriesters Kaiphas und der Juden entgegen (die zur Hinrichtung von Christus aufriefen, diesen und die Apostel töteten, dann aber [Jerusalem] und ihren Tempel verloren), um sie danach zu warnen, dass ihnen wohl Ähnliches zustoßen werde! -[4]Derzeit schaffen die Reichen ihr Hab und Gut in die benachbarten Ortschaften, in die Gebiete des Mainzer Bischofs Sebastian von Heusenstamm, und lassen sich dort für viel Geld einbürgern, ohne dass Landgraf Philipp von Hessen etwas davon wüsste. Aus diesem Grund hat Thamer die hier beigelegte kleine Schrift verfasst, 5 in der er zeigt, dass ein rechtgläubiger Christ nicht fliehen darf, besonders nicht zu den unfrommen Papstanhängern, die man zu der Annahme verleiten könnte, dass die Überläufer nicht nur mit ihren Beinen, sondern auch mit ihrem Verstand die Seite gewechselt haben! Bullinger möge offen seine Meinung dazu schreiben. - [5] Gottes Geist hat den Landgrafen wieder ergriffen, so dass dieser sich nun rüstet. 6 Angeblich begibt er sich nächste Woche zu den [Rhein]bischöfen 7 , den Abgesandten des Antichristen 8 . Möge das der Erbauung der Kirche dienen! Wir Menschen können wohl das Pferd rüsten, Gott allein aber schenkt das Gelingen. Seine Kirche wird er wohl nicht im Stich lassen. Er züchtigt sie in dieser Welt, um ihr dann in der Ewigkeit Trost zu spenden. 9 - [6]Außer den traurigen Nachrichten über die Machtausdehnung Kaiser Karis V. gibt es nichts Neues. - [7] Diese zwei jungen Studenten seien Bullinger ans Herz gelegt, auch wenn sie sich ihm wohl von selbst durch ihre Frömmigkeit und ihren guten Lebenswandel empfehlen würden. - [8] Größe an Rudolf Gwalther und Otto Werdmüller, an deren Frauen [Regula, geb. Zwingli, und Magdalena, geb. Gessner 10 ] sowie an Bullingers Gattin Anna [geb. Adlischwyler]. Sofern es sich ziemt, seien unbekannterweise auch Theodor Bibliander und die anderen Amtskollegen gegrüßt. 11