Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2874]

Bartolomeo del Prato
an Bullinger
Venedig,
5. April 1547

Autograph: Zürich StA, E II 359, 2816 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Del Prato hat sich sehr über das gefreut, was ihm Baldassare Altieri in dein an diesen gerichteten Brief Bullingers [nicht erhalten]gezeigt hat, und dies aus zwei Gründen: In persönlicher Hinsicht, zumal aus dem Brief hervorgeht, dass Bullinger Del Prato und Altieri nicht vergessen hat, und in politischer Hinsicht, weil Bullinger darin mitgeteilt hat, dass die Beziehung zwischen Frankreich und den Eidgenossen gut sei. Auch wenn er keinen Zweifel daran hegte, wird dies erfreulicherweise nun durch Bullingers Mitteilung bekräftigt, da gute Beziehungen sowohl den Eidgenossen als auch Frankreich zugutekommen. Del Prato wird sich im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten ebenfalls dafür engagieren. Ja auch Bullinger, der so einflussreich ist, soll sich weiterhin dafür einsetzen und ihn dabei nicht vergessen. -[2] In Venedig freuten sich alle bis auf einige wenige (wie das immer der Fall ist) über den [militärischen]Erfolg des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Die Zürcher werden dies schon früher erfahren haben. -[3] Die Venezianer fürchten derzeit, dass die türkische Flotte (die von Epirus aus gesichtet wurde) in die Adria eindringt. Doch muss dies noch von anderen bestätigt werden. -[4] Wie geht es denn dem in Zürich wirkenden französischen Buchhändler Maturin [Virgin]? Gruß.

b Textverlust bei der Entfernung des Siegels.
hessischen Rittern verfasste und an den Landgrafen gerichtete Entschuldigung vom 16. März 1547 (Hess. Landtagsabschiede 154, Nr. 20f) gibt zu erkennen, dass die Ritter damals tatsächlich verdächtigt wurden, etwas im Schilde zu führen; s. auch Rommel I 532.
1 Beim Briefschreiber handelt es sich um einen aus dem Piemont stammenden Sekretär mehrerer Gesandten Frankreichs in Venedig, der nicht, wie es Herminjard vermutet hat, aus dem Poitou stammte (Herminjard VIII 469f, Anm. 1 - zur Ursache von Herminjards falscher Annahme
s. unten Anm. 7, sondern in einem noch erhaltenen Brief aus dem Jahr 1548 seine Herkunft angibt; s. HBBW XIII 190, Anm. I des Briefes Nr. 1771. - Dass er sich auch Barthélemi Des Prés genannt haben könnte, ist nicht auszuschließen, wegen der Zweisprachigkeit des Piemonts und auch deshalb, weil er französischen Gesandten diente. Vermutlich ist sein "Nachname" mit einer Ortschaft oder einem Flurnamen des Piemont in Verbindung zu bringen. Neues über ihn konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.


Briefe_Vol_20-116arpa

B. Pratensius d. Henrico Bullingero S. P. D. Valde sum delectatus eo, quod in ultimis tuis ad se literis adscriptum 2 mihi nuper demonstravit ornatissimus vir d. Baltasar Alterius, idque utroque nomine: privatim, quod nondum animo tuo memoriam nostri excidisse testificaris, publice, quod inter regem nostrum 3 et vestros Helvetios tam bene convenire significas; id quod mihi quidem non fuerat dubium, sed, quod scribis, emphasim quandam habere videtur, et, ut tua mihi amicitia nulla cuiusquam alterius antiquior fuerit, ita ad Galliae nostri prosperum statum et simul Helvetiorum plurimum referre arbitror hanc ipsam publicam cum vobis societatem et coniunctionem. Qua de causa et ego utranque 4 , quoad eius per me fieri potent (ut sit exiguum), sanctissime atque ogni 5 studio colam, tuear atque observabo, teque ipsum obsecro atque obtestor, ut et quam tenacem benevolentiae memoriam mihi demonstras, prestare pergas et omni authoritate tua inter vestros (quam maximi momenti esse duco) ad fovendam hanc publicam coniunctionem inter Gallos et Helvetios incumbas, ut multo magis magisque de rebus christianorum bene merearis.

Huc omnibus (Praeter paucos, quos aliter affectos esse necesse est) a gratissimi adferuntur nuncii de successibus ducis Saxonic 6 ; sed ad vos recentiores perveniunt.

Venetis iniectus est proxime timor, ne quae Turcica classis penetret in sinum Adriaticum. Nam versus Epirum visa sunt multa navigia Turcica. Sed de iis alii melius te certiorem facient.

Coeterum cuperem aliquid intelligere de Maturino, bibliopola Gallo, qui Tiguri agebat. 7

a Klammern ergänzt.
2 Wohl eine nicht mehr erhaltene Antwort Bullingers auf Baldassare Altieris Brief vom 29. Januar 1547 (HBBW XIX, Nr. 2777).
3 Die Krone Frankreichs, die gerade an den 28jährigen Heinrich II. übertragen worden war (Del Prato wird noch nichts davon gewusst haben).
4 i.e. societatem et coniunctionem.
5 Der Schreiber ist ins Italienische abgeglitten. -Ogni studio: quovis studio.
6 Johann Friedrich I. von Sachsen. - Anspielung auf den Sieg des kurfürstlichen Heeres in Rochlitz am 2. März 1547; s. Nr. 2872, Anm. 27.
7 Der Buchhändler Maturin Virgin (?) aus Fontenay-le-Cornte (Vendée) im Poitou. Er hatte bereits die am 11. August 1543 an Bullinger gerichteten Briefe von Baldassare Altieri (HBBW XIII, Nr. 1770) und Bartolomeo Del Prato (ebd., Nr. 1771) von Venedig nach Zürich übermittelt.
Altieris Brief ermöglicht einen guten Einblick in Maturins Tätigkeit als Buchverkäufer von protestantischen Publikationen in Venedig, die sowohl aus Zürich als auch aus Genf und Straßburg stammten. Als Maturin sich mit den oben erwähnten Briefen zum ersten Mal Bullinger in Zürich vorstellte, wird dieser ihn gebeten haben, seinen Namen am Ende des von Del Prato verfassten Briefes aufzuschreiben, wohl um sich diesen merken zu können (s. Herminjard VIII 470). Dabei schrieb der Buchhändler: "Maturinus Virginius, Fonteniensis apud Pictones in Gallia". Dies verleitete Herminjard dazu, zu glauben, dass Del Prato genauso wie Maturin aus dem Poitou stamme, und den von Del Prato in dem oben erwähnten ersten Brief an Bullinger angeführten lateinischen Namen "Bartolomeus Pratensius" mit "Barthélemi Des Prés" wiederzugeben. zumal er einen solchen Familiennamen


Briefe_Vol_20-117arpa

Venetiis, ad nonas apriles 1547. Vale!

[Adresse auf der Rückseite:] Celeberrimo viro d. Henrico Bullingero, ecclesiastae doctissimo et eloquentissimo. Tiguri. 8