Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Jakob Haistung
, Veit Kappeler und
Paul Rasdorfer an
Bullinger,
Leo Jud und
Konrad Pellikan
Kempten,
14. Juli 1533

Autograph Rasdorfers: Zürich StA, E II 337, 53. Siegelspur. -Ungedruckt

In Kempten soll eine Lehrerstelle besetzt werden. Benedikt Euander wurde deswegen schriftlich angefragt und hat sich vorgestellt, will sich aber ohne die Einwilligung der Zürcher noch zu nichts verpflichten. Bitte, ihn aus der Zürcher Stelle zu entlassen, da er in Kempten benötigt wird.

Precamur vobis sciencie dei accessionem.

Cum dominus sua benignitate, candidissimi viri, magistratum nostrum sic illuminaverit, quod gregem suum 2 non tantum prophetis iter domini monstrantibus, verum

Vadian und Zwingli und nahm im Januar 1523 an der ersten Zürcher Disputation teil. Eine Auseinandersetzung mit dem Dominikaner Hans Heim hatte Meyers Weggang von Bern im Herbst 1524 zur Folge. Er erhielt eine Predigerstelle am Münster in Schaffhausen, doch schon im August 1525 mußte er zusammen mit Sebastian Hofmeister der überhandnehmenden Reaktion weichen. In der Folge wirkte er als Prediger an St. Thomas in Straßburg, erhielt 1531 einen Ruf nach Augsburg, wo er das Predigeramt an St. Georg versah, kehrte 1535 nach Straßburg zurück und übernahm im folgenden Jahr die Nachfolge Hallers in Bern. Meyer bemühte sich hier, zwischen Lutheranern und Zwinglianern zu vermitteln, jedoch ohne Erfolg, so daß er im Mai 1541 sein Amt niederlegte, wieder nach Straßburg ging und dort den Rest seines Lebens verbrachte. Zu Meyers Hauptwerken zählen die Auslegungen zur Apokalypse (1539), zu den Korintherbriefen (1543, dem Berner Rat gewidmet) und zum Galaterbrief (1546). Meyer und Bullinger sind sich wohl 1523 an der Zürcher Disputation begegnet. - Lit.: HBRG I 102. 393f; ABernerRef, Reg.; Anshelm IV 472. 475f. V 14. 25. 59. VI 243; Vadian BW III. V und VI passim; Hundeshagen 69f. 73-78. 137f. 158f; Z VII 611, Anm. 1; [Emil] Blösch, in: ADB XXI 613-615; HBLS V 99.
10 Meganders Brief an Leo Jud ist nicht erhalten.
11 Weile, Zeit.
1 Jakob Haistung, gest. 1536, aus Kempten, studierte 1516-1518 in Freiburg i. Br., erhielt 1520 die Kaplanei im Kemptener Spital und wurde 1523 Helfer des lutherisch gesinnten Pfarrers Sixt Rummel. Haistung selbst setzte sich für die Sache der Reformation ein, wobei er entscheidend von den Ideen Zwinglis beeinflußt war. 1527 wurde er Prädikant an St. Mang. Nach Rummels Tod 1529 begannen in Kempten die Abendmahlsstreitigkeiten zwischen Lutheranern und Zwinglianern (s. oben S. 80f, 8-18 mit Anm. 6-14), bei denen Haistung als Wortführer der Zwinglianer auftrat, die sich 1533 schließlich durchsetzten. Ob sich Haistung und Bullinger persönlich kannten, ist nicht nachweisbar. - Lit.: Blarer BW I 375 und Reg.; Erhard, Sakramentsstreitigkeiten; Erhard, Reformation, passim; Z XI 336, Anm. 30. 627, Anm. 9.
2 Vgl. u. a. Ps 77, 21; Jes 40, 11.


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eciam iuventutis moderatore ingenia, ut aiunt, tenatia imbuente fulcire voluerit, comisit nobis a verbo ministris, doctum quendam et pium pubi nostre omni ex parte profuturum sciscitaremur, qui non tantum doctrina, sed et moribus floridam hanc etatulam candide vestire nosset. Incidit in mentem extemplo Benedictus ille Euander 3 , qui literis 4 a nobis accersitus, cum alias causis quibusdam solum adire natale 5 compulsus et nos adire, quidnam ageremus, visurus dignatus est. Huic, cum praesto erat, mox ludi literarii poenes nos oblata est conditio, quam quidem pacto nullo subire voluit, donec et vos condescendisse senserit prioremque, quam apud vos habet 6 , exuerit. Res igitur manibus vestris sepulta iacet. Precamur igitur obnixe vos, dominos et praeceptores nostros, quatenus obicem nullum ponatis, negotium nostrum neutiquam interturbetis. Opus enim habemus plurimum hoc homine. Agite, sentiamus in vobis charitatis vestigia, quae non se, sed proximum quaerit 7 . Quod cum foeceritis, ut speramus vos facturos, studebimus modo quovis refundere. Reliqua calamo [non?] credenda a literarum ostensore 8 haurietis.

Valete.

Actum Campidoni, 14. iulii anno 33.

Iacobus Haistung,

Vitus Kappeller,

Paulus Rodocomus.

[Adresse auf der Rückseite:] Candide pietatis viris Heinricho Bullingero, Leoni Iude, Chuonrado Pellicano, a verbo domini ministris Tiguri, fratribus suis observatu dignissimis.

3 Benedikt Euander (Gutmann, Kienisen, Küneisen), gest. 1553, aus Markdorf beim Bodensee, wurde im Frühjahr 1529 in Zürich als Stipendiat am Großmünsterstift aufgenommen. 1531 wurde er Lehrer an der Großmünsterschule. Die Bemühungen der Kemptener Pfarrer, Euander als Lehrer zu gewinnen (s. auch unten Nr. 252 und 253), waren offenbar zunächst erfolglos. Euander wirkte seit 1534 in Isny und kam erst 1537 oder 1538 nach Kempten. Im März 1543 erhielt er die Schulmeisterstelle am Großmünster in Zürich, später jene am Fraumünster. Verschiedentlich nahm er auswärtige Schüler als Kostgänger bei sich auf (Bullinger an Johannes Travers, 14. September 1543, Graubünden Korr. I 53f; Sulpitius Haller an Bullinger, 23. Januar 1547, Zürich StA, E II 359, 2818). 1551 kam Euander als Schulmeister nach Brugg (Kt. Aargau), wo er bis zu seinem Tode wirkte. Bullinger bezeichnete ihn 1543 als «vir pius, doctus, fidelis et diligens»
(Graubünden Korr. I 53) und stand während dessen Aufenthalt in Isny und Kempten mit ihm im Briefwechsel, wovon einige Stücke Euanders erhalten sind. -Lit.: AZürcherRef 889; Blarer BW I 528; Z X 73, Anm. 2. 326; Leo Weisz, Quellen zur Reformationsgeschichte des Großmünsters in Zürich, in: Zwa VII 200; Jacques Figi, Die innere Reorganisation des Großmünsterstiftes in Zürich von 1519 bis 1531, Diss. phil. Zürich, Affoltern a. A. 1951, S. 89; Max Banholzer, Geschichte der Stadt Brugg im 15. und 16. Jahrhundert. Gestalt und Wandlung einer schweizerischen Kleinstadt, Diss. phil. Zürich, Aarau 1961, S. 275.
4 Nicht erhalten.
5 Euanders Heimat nördlich des Bodensees, s. oben Anm. 3.
6 Die Lehrerstelle an der Großmünsterschule in Zürich.
7 Vgl. 1Kor 13, 5.
8 Unbekannt.