Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[195]

Konrad Klauser an
Bullinger
[Zürich,
Anfang März 1533]

Autograph: Zürich StA, E II 340, 195. Siegelspur. -Ungedruckt

Wünscht im Hinblick auf sein auswärtiges Studium ein Empfehlungsschreiben Zürichs, wie das andere vor ihm auch erhalten haben. Christoph [Klauser]will sich auch für ihn verwenden.

S. Novi tua, vir excellentissime, negotia. Ne igitur tibi impedimento essem, statui hisce literis meam tibi declarare voluntatem. Moris est, ut abeuntibus literas detis, quibus se Tiguro venire vestrisque sumptibus foveri dimissi testari possunt. Me hinc ad proximam angariam 3 mittetis. Peto igitur, vir praestantissime, tales et mihi praeparentur

1 Konrad Klauser, gest. 1567, aus Zürich, gehörte 1532 zu den vom Großmünsterstift unterstützten Schülern (Zürich ZB, Ms Car. C 44, S. 920). An der Schule des Stifts wirkte er damals als Locat und Diener. Im März 1533 begann er seine Studien in Basel unter der Aufsicht von Oswald Myconius (s. unten S. 186, 2-5), mit dem er später korrespondierte. 1535 setzte er das Studium in Marburg fort. Im Herbst 1537 hielt Klauser sich in Konstanz auf und wäre bereit gewesen, Konrad Zwicks Kinder zu unterrichten (s. Johannes Zwick an Bullinger, 6. November 1537, Zürich StA, E II 346, 98), was ihm aber von Zürich nicht erlaubt wurde. 1538 ordiniert, war er zunächst Pfarrer in Töß, dann 1542 in Elsau bei Winterthur. Am 4. Oktober 1545 empfahl ihn Bullinger als Pfarrer nach Isny (s. Blarer BW II 393), wohin er sich auch begab (s. Konrad Frick an Bullinger, 15. Oktober 1545; Zürich StA, E II 338, 1413). Aus finanziellen Gründen kam aber eine Anstellung dort nicht zustande (s. Blarer BW II 397). Klauser kehrte nach Elsau zurück und wechselte 1551 nach Wädenswil. Wegen Differenzen mit der Gemeinde wurde er im folgenden Jahr dort entlassen (Zürich StA, E I 30. 132, Nr. 5) und übernahm 1553 als Nachfolger von Benedikt Euander die Stelle eines Schulmeisters in Brugg (Kt. Aargau). Bis 1565 stand er der Schule vor, die unter seiner Leitung einen
guten Ruf genoß. Von 1565 bis zu seinem Tod war er Pfarrer in Birr (Kt. Aargau). Klauser verfaßte mehrere Werke philologischen, theologischen und pädagogischen Inhalts. Bullinger kannte er schon früh, spätestens seit seiner Stipendiatenzeit. Von einer weiteren Korrespondenz ist, außer einem Brief Bullingers an Klauser aus dem Jahr 1556, nichts bekannt. - Lit.: AZürcherRef 2003, S. 890; Kirchhofer, Myconius 164; Immanuel Kammerer, Die Reformation in Isny, o. O. 1954, S. 39f; Max Banholzer, Geschichte der Stadt Brugg im 15. und 16. Jahrhundert. Gestalt und Wandlung einer schweizerischen Kleinstadt, in: Argovia, Bd. 73, Aarau 1961, S. 275f; Basel, Matrikel II 2; LL V 332 (mit Werkverzeichnis); Pfister 64. 106; Pfarrerbuch 385.
2 Die erwähnte Empfehlung für Johannes Fries und Konrad Geßner (s. Z. 5) ist möglicherweise jene, um welche die beiden am 25. Februar gebeten hatten (s. oben S. 74, 6-10). In diesem Fall ist Klausers Brief frühestens Anfang März einzureihen. Als terminus ante quem ist der geplante Zeitpunkt von Klausers Abreise, die Quatember vom 5. März, anzusehen (s. Z. 4 und Anm. 3).
3 Es kann nur die Quatember im März gemeint sein, da Klauser sich noch vor dem 30. April 1533 in Basel immatrikulierte (Basel, Matrikel II 2).


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literae. Habuerunt huiusmodi literas Frysius et Conradus 4 , habet et Otho 5 , ni fallor. Cupit scire d. Doctor Christophorus 6 , quae regio sive quod oppidum mihi sint adeunda, ut et ipse scribat 7 , si cognatus cognato quid literis prodesse valeat. Habes, vir venerande, breviter rem omnem. Tu, si commodum est, responde solummodo per Gualtherum 8 , vel horam constitue, qua te accedam, tibi opportunam.

Vale foelix semper cum tuis.

Conradus Clauserus iunior,

ex animo, si pateris, tuus.

4 Siehe oben Anm. 2.
5 Otto Werdmüller, der Anfang 1533 nach Basel ging, war von Bullinger an Myconius empfohlen worden, s. HBBW II 288, 1f.
6 Christoph Klauser, gest. 1552, stammte aus einer Zürcher Apotheker-Familie, 1520 Mitglied des Großen Rats, seit 1531 Zürcher Stadtarzt. Wie er mit Konrad Klauser verwandt war, ließ sich nicht ermitteln. - Lit.: G[ustav]A[dolf] Wehrli, Der Zürcher Stadtarzt Dr. Christoph Clauser und seine Stellung zur Reformation der Heilkunde im XVI. Jahrhundert, Nebst Faksimileausgabe seiner Harnschrift und seiner Kalender, Zürich 1924. -Veröffentlichungen der schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Bd. 2.
7 Nichts Diesbezügliches bekannt.
8 Wahrscheinlich Rudolf Gwalther (Walther, Walthard, Gualtherus), 1519-1586, aus Zürich, von Geburt an Halbwaise. Er war 1528 Schüler Bullingers in Kappel, wurde von diesem 1532 in sein Haus in Zürich aufgenommen und reiste 1537 in dessen Auftrag nach England, worüber er einen Reisebericht verfaßte (hg. v. Paul Boesch in: Zwa VIII 433-471). Vom Herbst 1538 bis zum Frühjahr 1541 studierte er als Zürcher Stipendiat in Basel, Straßburg, Lausanne und Marburg. Mit den hessischen Theologen konnte er 1541 den Regensburger Reichstag besuchen. Kurze Zeit war er Provisor (Hilfslehrer) an der Großmünsterschule und gleichzeitig Prädikant zu Schwamendingen bei Zürich, 1542 wurde er als Nachfolger Leo Juds Pfarrer zu St. Peter in Zürich. Seit 1547 war er Dekan des Zürichseekapitels. 1566 verhandelte er mit Schaffhausen, Basel und Mülhausen (Elsaß) über den Beitritt zum Zweiten Helvetischen Bekenntnis. Gwalther entwickelte sich zu einem bedeutenden Prediger und zum engsten Mitarbeiter Bullingers, der ihn in seinem Testament zum Nachfolger vorschlug. Vom 3. Oktober 1575 bis zum plötzlichen Schwinden seiner Kräfte im Juli 1584 -formell blieb er Antistes bis im Dezember 1585 - predigte er im Großmünster, leitete die Zürcher Kirche, unterstützte verfolgte Glaubensgenossen aus
Frankreich und in der Pfalz und verteidigte die zwinglische Lehre des christlichen Glaubens gegen die Verfasser des lutherischen Konkordienwerkes. Als Vertreter des Staatskirchentums gewann er Einfluß auf England. In Fragen der Kirchenleitung tolerant, war er trotz abweichender Ansichten mit Beza in Genf freundschaftlich verbunden. In erster Ehe war er mit Regula Zwingli (gest. 1565), der Tochter des Reformators, in zweiter Ehe mit Anna Blarer, der Tochter von Thomas Blarer, verheiratet. Gwalthers Werk umfaßt Dichtung (Nabal, viele Epitaphe u. a.), Übersetzungen und Ausgaben (Biblia sacrosancta 1543 [zusammen mit Jud, Pellikan, Bibliander und Kolin], Opera Zvinglii 1544/45, Theodoreti de providentia sermones 1546, Der Psalter 1558 u. a.) sowie neben deutschen Predigten (berühmt und in viele Sprachen übersetzt: Der Endtchrist 1546) vor allem lateinische Homilien zu allen Evangelien, Apostelgeschichte, Römer-, Korinther- und Galaterbriefen und den zwölf kleinen Propheten. Nach seinem Tod wurden die Predigtkonzepte zu Esther, Jesaja, Ps 1-94 und dem ganzen Neuen Testament (ohne Offenbarung) als «Archetypi homiliarum» veröffentlicht. Viele Briefe von und an Bullinger sind erhalten. -Lit.: Gwalthers «Nabal». Ein Zürcher Drama aus dem 16. Jahrhundert, hg. und übers. v. Sandro Giovanoli, Bonn 1979. -Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik, Bd. 83; HBD, Reg.; Heinrich Wolf; Vorrede zu Gwalthers «In Hesterae historiam homiliarum sylvae vel archetypi», 1587; Georg Rudolf Zimmermann, Die Zürcher Kirche nach der Reihenfolge ihrer Antistes, 2. Bd., Zürich 1878, S. 73-103; Helmut Kressner, Schweizer Ursprünge des anglikanischen Staatskirchentums, Gütersloh 1953. -SVRG 170, S. 73-98; Sandro Giovanoli, Form und Funktion des Schuldramas im 16. Jahrhundert. Eine Untersuchung zu Rudolf Gwalthers «Nabal», Bonn 1980. - Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik, Bd. 101; LL IX 360-365 (mit Werkverzeichnis); Emil Egli, in: RE VII 222f; HBLS IV 26; Kurt Guggisberg, in: NDB VII 360f.


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[Adresse auf der Rückseite:] Eximio viro d. M. Heinricho Bullingero, patrono suo plurimum observando.