Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2092]

Hans Ulrich Zeißler
an Bullinger
[Gundelfingen an der Donau] ,
5. März 1545

Autograph: Zürich StA, E II 356, 46-48 (Siegelspur) Ungedruckt

Obwohl Zeißler Bullinger nicht bekannt ist, bittet er Bullinger, sich für den Verbleib des Überbringers dieses Briefes, Lorenz Meyer [Agricola], im Lande [Pfalz]einzusetzen, gemäß dem Schreiben der Statthalter und Regenten zu Neuburg [a. d. Donau] an den Rat von Zürich, gemäß der Bitte des Neubürger Hofprädikanten Adam Bartholomäus an Bullinger und gemäß einem Schreiben von Pfalzgraf Ottheinrich aus Heidelberg. Damit würde Bullinger nicht nur die Verbesserung der christlichen Gemeinde befördern und der Obrigkeit von Neuburg einen Gefallen tun, sondern auch die evangelische Wahrheit verbreiten helfen.

Würdiger unnd hochgelerter, günstiger herr Bullinger, cur erwürd meinn sonder willig dienst, ungesparts fleiß berait zuvor.

Wiewoll ich weder mit namenn oder personn bei cur erwürd in kuntschafft oder erkantnus binn, hab ich doch auß cristenlicher lieb, dem sondernn hochen beromenn unnd gemuet 3 nach, domit ir allenn guthertzigenn in Cristo genaigt seinn sollt, nit umbgeenn kündenn, euch mit dißemm meinemm schreybenn zu bemüeenn unnd danebenn zum hochstenn zu ersuechenn unnd zu bitten, in der sach, darumb denn hernn von Zürch durch meine hernn statthallter und regenten zu Neuburg 4 unnd dann cur erwürd vonn meinemm sonder gunstigen hernn, hernn Adam Bartlme 5 , licentiaten

1 Wie aus der Unterschrift (s. unten Z. 34) hervorgeht, war Zeißler Kastner, d.h. Amtmann über die Einkünfte (s. unten Anm. 13), zu Gundelfingen a. d. Donau. Seine Amtszeit währte von 1544 bis 1547. Der vorliegende Brief ist der einzige Brief Zeißlers in Bullingers Korrespondenz. — Lit.: Bernhard Mayer, Herzog Ludwig der Reiche und die Stadt Gundelfingen. Eine Gedenkschrift zur 400jährigen Erinnerungsfeier der Belagerung der Stadt Gundelfingen durch das Reichsheer, Dillingen 1862, S. 34.
2 Gundelfingen a. d. Donau; s. oben Nr. 2091, Anm. 1f.
3 hochen heroinen unnd gemuet: der hohen Berühmtheit und der Gesinnung.
4 Zeißler bezieht sich auf einen Brief der neuburgischen Regierung in Person von Hans Kraft von Vestenberg, "Stathallter und gemainer Landtschaft Regenten" zu Neuburg, an den Rat von Zürich vom 27.
Februar 1545 mit der Bitte, Magister Lorenz Agricola in der Stadt Gundelfingen als einen christlichen Lehrer behalten zu dürfen (Zürich StA, E I 1, Teil 30, 1541— 1548). Zürich gewährte dies bis auf Widerruf am 8. April 1545 in zwei Schreiben: 1. an Hans Kraft von Vestenberg und 2. an Hans Ulrich Zeißler (Zürich StA, B IV 15, 199v. und 200r.). — Zu korrigieren sind entsprechend die Angaben zur Signatur des Zürcher Schreibens (falsch: A 4) und zum Datum des Neubürger Schreibens (falsch: 7. Februar) bei Georg Rückert, Geschichte der Pfarrei Gundelfingen a. d. Donau, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen a. d. Donau 35, 1922,6-36, hier S. 25 (wieder abgedruckt in: Gundelfingen an der Donau. Aus der Geschichte einer schwäbischen Kleinstadt, Teil I, Gundelfingen 1962, S. 63-85, biers. 76).
5 Adam Bartholomäus.


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unnd hofpredicanten zu Neuburg, etc., vonn Maigister Laurentzenn 6 zaiger ditz brieffs, geschribenn 7 unnd ersucht werden, helffenn, fürdernn unnd darann zu seinn, damit gedachter Maigister Lorentz welcher sich bißanher in erbauung das wort gottes unnd in ander weg so cristenlich, eerlich unnd wol gehallten, also daß meinn gnädiger furst unnd herr, hertzog Otthainrich, pfaltzgraf, etc., ob 8 seinemm wolhalten nit allainn ainn sonder gnedig wolgefallen gehabt, sonder vonn Haidelberg mit eernst herauss geschriben, 9 weg zu suechen, damit maister Lorentz im land beleihen möcht erlaubtnus unnd vergunstung erlang unnd bekomm. Dann eur erwürd wurdet nit allain durch jr furderung die eer gottes, auffnemung des euangelions unnd pesserung der cristenlichenn gemainn anrichten unnd schaffen, sonder auch hochgedachtem, meinem gnedigen fursten unnd hernn, auch statthallternn unnd regenten, ainn sonder hoch unnd groß angenemm wolgefallen tonn 10. Eur erwürd wöll ir auch die Pfaltz nit allain angezaigts falls, 488. sunder in all ander weg, alß die neuling unnd ungeübten cristenlicher religion unnd doch euferig 11 unnd guthertzig zu pflantzen und zuerweitternn, die evangelisch warhait in cristenlicher liebe unnd befelch haben unnd euch in dem allemm dermassenn erzaigen unnd beweisenn, wie mir euremm guthertzigen unnd hochberömptenn gemuet nach nit zweifeln. Daß heger ich mit meinenn unbekanten diensten, mit sondermm willenn unnd allemm fleiß zu beschulden, zu erwidernn unnd zu verdienenn.

Datum den 5. martij anno 45.

Hanns Ulrich Zeißler,

castner 12 zu Gundifing, etc.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem wurdigenn und hochgelerten Maigistro Hainrico Bullingero, obersten predicanten zu Zurch, meinemm sonder gunstigen liebenn hernn. 13

6 Lorenz Meyer (Agricola).
7 Ein entsprechendes Schreiben von Adam Bartholomäus an Bullinger ist nicht bekannt.
8 wegen.
9 Welches Schreiben Ottheinrichs gemeint ist, wurde nicht ermittelt.
10 tun.
11 eifrig.
12 Amtmann über die Einkünfte, Rentmeister
oder Kammermeister u.ä.; s. Grimm V 272f. — Der Kastner verrechnete die Einkünfte der Pfarrei, der geistlichen Pfründen und der Kirchen zu Gundelfingen als "geistliche Kastenamtsgefälle" und bestritt daraus die Besoldungen der Kirchen-und Schuldiener und die Bedürfnisse der Pfarrkirchen; s. Georg Rückert, aao, S. 26.
13 Vermutlich gemeinsam mit oben Nr. 2091 an Bullinger übersandt.