Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2050]

Ambrosius Blarer an
[Bullinger]
[Konstanz,
nach dem 13. Dezember 1544]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 611 (ohne Siegel) Zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 332f, Nr. 1153

Blarer und sein Bruder [Thomas] danken Bullinger für die von ihnen noch nicht ausführlich gelesene [,,Brevis greek" gegen Cochläus]. Viele hoffen, dass die Antwort auf Luthers [,,Kurtz bekentnis"] nicht die alte Wunde wieder aufreißt; die Anstifter dieser Schrift werden sich vor Gott rechtfertigen müssen; möge die Bescheidenheit [der Zürcher] den Kirchen zum Vorteil gereichen; vielleicht sollte man für die Antwort eine kurze und eine längere Fassung planen. Der Streit der Berner Kirchendiener schmerzt Blarer; der Herr möge die Gemüter

b Nach der Kopie in Straßburg Stadtarchiv, AST Nr. 181, f. 300-316, Nr. 41b.
1 Der Empfänger geht mehrfach aus dem Inhalt des Briefes hervor.
2 Traugott Schieß datiert den Brief auf "December ca. 25"(s. auch unten Anm. g) und ordnet ihm irrtümlich eine Beilage zu, die um den 29. November 1544 geschrieben wurde (s. oben Nr. 2041). Am 13. Dezember


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beruhigen, auf dass [die Kirche] nicht zum Gespött der Feinde Christi werde. Schickt ein Exemplar von Luthers [,,Kurtz bekentnis"], da der [Augsburger]Bürgermeister [Hans] Welser eines der beiden an Blarer gesandten Exemplare für Bullinger bestimmte mit dem Wunsch, der Absender bleibe geheim und die [Zürcher]Widerlegung gedeihe christlich und freundlich. Der mit Arbeit überhäufte Blarer konnte sich leider kaum des jungen Boten Bullingers annehmen. Bitte um Bullingers Gebete und Grüße. Die zufällig entdeckte freundliche Erwähnung von Musculus in Bullingers [,,Brevis greek"] hat Blarer erfreut.

Pro exemplis responsionis tuae 3 maximas tibi gratias agimus frater et ego; nondum vacavit legere, sed gustus tamen ipse minim in modum placet.

De responsione ad L[utherum]multi supra modum solliciti sunt, ne a intempestiviter recrudescat pristinum et male curatum vulnus; 4 sed viderint malorum authores, quibus rationibus cruenta ista consilia sua domino probent. Vestram modestiam spero plurimum ecclesiis commodaturam. Quid si conduplicata sit responsio: Altera brevior, quae satisfaciat tamen simplici - sed fastidioso interim lectori quaeque vendibilis sit -; altera vero prolixior? Sed tute melius omnia. 5

Bernates ministros sic invicem committi, ah quam dolet visceribus meis; dominus suo iussu omnia quamprimum serenet b et feliciter expediat, ne hostibus Christi ludibrio istis nostris intestinis seditionibus fiamus. 6

a ne über der Zeile nachgetragen.
b serenet korrigiert aus Wortansatz f[eliciter].
konnte Blarer Bullinger zum ersten Mal Luthers "Kurtz bekentnis" zukommen lassen, doch nur als geliehenes Exemplar; am 5. Dezember hatte er aber Bullinger benachrichtigt, die Schrift in Augsburg bestellt zu haben (s. oben Nr. 2044, 35). Demzufolge wird Blarer die hier bezeugten Exemplare (Z. 13f) erst nach dem 13. Dezember erhalten haben. Die Angaben (Z. 1f. 25f), dass er gerade die "Brevis greek" (s. oben Nr. 2010, Anm. 22) Bullingers erhalten habe und noch nicht dazu gekommen sei, diese zu lesen, schließt eine Einordnung des vorliegenden Briefes nach Blarers Briefen unten Nr. 2052, 2054 und 2056 nicht aus. Denn auch wenn Bullingers Schrift gegen Cochläus am Freitag, den 28. November schon beim Drucker, jedoch noch immer ungedruckt vorlag (s. oben Nr. 2040, 23f), und Letzterer auf der Titelseite und im Kolophon jeweils die Angaben "Mense Novembri" und "10. Novemb." anbrachte (das Kolophon-Datum ist wegen Bullingers zuvor erwähnter Angabe unmöglich), ist der Druck frühestens im Dezember 1544 und vielleicht sogar erst Ende Dezember entstanden, zumal die erste bekannte Rückmeldung zu dieser Schrift vom 28. Dezember 1544 (unten Nr. 2055, 42f), die anderen erst vom Januar 1545 datieren. Dieser Brief könnte jedoch dem nachgewiesenen Brief Blarers vom 18. Dezember (dessen Beilage unten Nr. 2052 veröffentlicht ist) entsprechen. - Zum Datum des hier beantworteten Briefes von Bullinger s. unten Anm. 6.
3 Bullingers "Brevis greek"; s. oben Nr. 2010, Anm. 22. - Diese Angabe setzt einen nicht erhaltenen Brief Bullingers an Blarer voraus; s. auch unten Anm. 6. 10.
4 Vgl. oben Nr. 2028, 69-84; 2048, 4-8.
5 Aber du selbst [wirst] alles besser [beurteilen können] (zur Auslassung von Verben wie "iudicare" s. Hermann Menge, Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik, Leverkusen 1953, §551.3, S. 382).
6 Zu den Auseinandersetzungen in Bern s. zuletzt oben Nr. 2039. - Offensichtlich wurde der hier beantwortete Brief Bullingers noch vor Eintreffen der guten Nachricht des Briefes Nr. 2051 vom 17. Dezember 1544 verfasst.


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Mitto ad te exemplar L[utheri]confessionis 7 ; duo enim misit consul noster Welserus 8 , qui iussit, ut alterum tibi mittam suoque nomine plurimam salutem c adscribam; cupit autem magnas ob caussas, ne quis resciscat tibi a se missum libellum. Ita scribit ad calcem: "Ain feine, christliche, früntliche antwurt solt by vyl gelerten und ungelerten nitt ubel thain 9 ."

Ego sic sum negociis hoc tempore iactatus, ut nihil plane bono adulescenti 10 officii aut beneficii praestare, adeo vix salutare d potuerim. Quare per Christum te obtestor, ut ne istuc vel neglectui, minus vero contemptui erga tuos tribuas nuncios; sarciam abunde alias, ubi primum dabitur occasio.

Tu me fideli conditori 11 per Christum filium christianice semper commenda. Saluta totam tuam domum cum fratribus administris. Salvere te iubent nostri omnes, cumprimis germanus frater 12 .

Vehementer arridet in Responsione tua Musculi nostri tam arnica mentio 13 , quam forte fortuna legi. Ordine et diligenter mox e omnia lecturus.

Christus te conservet, mi venerande multumque charissime frater. Es steht und f blybt stehn in alten rechten ymer und ewigklich.

Tuus A. Bl. g

[Ohne Adresse.]