Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1994]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
[Konstanz],
20. September 1544

Autograph: Zürich StA, E II 357, 100 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 300, Nr. 1125

In Blarers Abwesenheit wurde Bullingers Brief von dessen Neffen [Josua], Sohn des [Johannes Reinhart], der Magd [...]anvertraut; Blarer wird [Josua]aufsuchen lassen und ihm gerne den von Bullinger erbetenen Dienst erweisen. Die über den Kaiser [Karl V.] in Blarers Brief [oben Nr. 1988]übermittelte Nachricht stimmt nicht; dies geht aus dem Brief eines Augsburgers [...] und dem Gespräch mit einem aus dem Lager des Kaisers gekommenen Italiener [...] hervor; im Brief aus Augsburg erfährt man, dass der Kaiser Châlons-en-Champagne und Troyes verlassen und sich nach Paris begeben hat und dass Wilhelm von Fürstenberg gefangen wurde und möglicherweise gegen Gefangene aus dem Lager [Franz' I.] ausgetauscht wird; der Kaiser soll alles versucht haben, [Franz I.] zum Kampf zu provozieren. Die [Briefe Bullingers an Wolfgang Musculus und Adam Bartholomäus] sind bereits nach Augsburg befördert worden;

c Anmerkung Stumpfs am Rande: Leodegarius Hirssgarter Vitoduranus.
13 Dieses Manuskript von Hirsgarters Hand konnte nicht ermittelt werden. Hingegen findet sich eine von Bullingers Hand 1544 angelegte Liste (s. dazu HBD 32, 9f) der Franken- und Gotenkönige, nämlich in der "Continua temporum annorumque series ... regnorum et monarchiarum regum item catalogus" (Zürich ZB, Ms D 200a, f. 236v.-245r., Gotenkönige; 245v.-255r., Frankenkönige). Eine weitere Aufstellung der Frankenkönige von der Hand Bullingers in Zürich ZB, Ms F 95, f. 175f.
14 Es handelt sich um die zu Stumpfs Schweizerchronik zugehörigen Tafeln, die Froschauer von Heinrich Vogtherr d.A. erarbeiten ließ und sämtlich schon 1544 druckte; s. Müller, Quellen 26, sowie Froschauers Brief an Johannes Stumpf vom 20. November 1544 (Zürich ZB, Ms F 42, 87, gedruckt: Zwa 1/7, 1900, 149f; Frank Muller, Heinrich Vogtherr l'Ancien. Un artiste entre Renaissance et Réforme, Wiesbaden 1997, S. 56f).
15 Regula Stumpf, geb. Brennwald.
16 Anna, geb. Adlischwyler.


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Blarer hat nicht Zeit, ausführlicher zu sein; er wird Gwalther demnächst schreiben. Bucer schreibt, dass Melanchthon [Gregor] Brück gesagt habe, er werde sich nach einem anderen Wohnort umsehen, wenn [Luther] so fortfährt.

S. Reddidit literas tuas 1 ancillae meae 2 nepos ille tuus 3 ex fratre 4 , quum ipse domi non essem, pollicitus se rediturum, quod nondum tamen fecit. Curabo vero, ut, ubi nam sit, resciscam, commodaturus illi, quibuscunque rationibus possum, quum nihil aeque mihi propositum quam tibi per omnia gratificari.

Puto te eas literas, quas nudius tertius istuc misi, 5 accepisse, in quibus vana esse scito, quae de caesare 6 ex rumoribus scripsi; 7 nunc enim ita ad me scribit amicus quidam Augustanus 8 : "Wir habend zeytung, das kai. mt. Chalon 9 und Troja 10 ligen hab lassen und den nechsten uff Paris gezogen, 11 das ouch in ainem scharmutz 12 grauff Wilhalm von Furstenberg gefangen worden 13 und aber dargegen dem konig 14 ouch etlich gut leut gefangen; acht man, sy werdends gegen ain ander abziechen 15 ."16 Eadem narravit hic nudius tertius sub cenam Italus quidam 17 , qui recta se ex caesaris castris venire affirmabat, addens caesarem valde lacessere regem ad congressum et pugnam. 18 Dominus, autor pacis, cruentis istis conatibus quamprimum imperet!

Quae misisti, perlata iam sunt Augustam. 19 Nihil praeterea nunc vacat scribere. Tu nos domino constanter commenda et saluta amicos, in primis tuam domum. Gvalthero dic proximis hisce diebus me ad se scripturum; dispeream enim, si quicquam nunc possum. 20

20. septembris 1544.

Tuus Amb. Bl.

1 Oben Nr. 1986.
2 Unbekannt.
3 Josua Bullinger; s. oben Nr. 1986 mit Anm. 10. 12.
4 Johannes [Reinhart] Bullinger.
5 Oben Nr. 1988. 6 Karl V.
7 Vgl. oben Nr. 1988, 1-4.
8 Der Brief des unbekannten Schreibers aus Augsburg ist nicht erhalten.
9 Châlons-en-Champagne.
10 Troyes, Dép. Aube.
11 Kaiser und Heer hatten zu diesem Zeitpunkt den Marsch auf Paris bereits aufgegeben und befanden sich am 20. September in Crépy (Dép. Aisne), wo am 18./19. September der Friede von Crépy geschlossen worden war; s. Paillard 353-359. 366-419.
12 Scharmützel.
13 Siehe oben Nr. 1987, Anm. 7.
14 Franz I.
15 austauschen.
16 Der prominenteste Gefangene aus dem französischen Lager war Karl I. de Bourbon, der 1589 von der Katholischen Liga zum König Karl X. ausgerufen wurde; vgl. Paillard 323f. Es ist unklar, wer die anderen Gefangenen sind.
17 Unbekannt.
18 Zu diesem Zeitpunkt war der Friede von Crépy schon geschlossen; s. oben Nr. 1992, Anm. 8.
19 Vgl. oben Nr. 1986 mit Anm. 2.
20 Blarers Brief an Gwalther wurde am 8. Oktober verfasst; s. Blarer BW II 305f, Nr. 1132. Zu dessen möglichem Anlass s. oben Nr. 1950 mit Anm. 2.


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Scripsit ad me heri inter caetera Bucerus: 21 "Philippus 22 periclitatur et Pontano 23 dixit, si ille a ita pergat, se de alio visurum hospitio."

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Heinricho Bullingero, amico tanquam fratri colendo atque charissimo.