Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1978]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
9. September 1544

Autograph a : Zürich StA, E II 336, 208 (neu: 226)(Siegelspur) Ungedruckt

Vor einem Jahr bat Myconius Bullinger um Hilfe für Alexander Rischachers Sohn [Martin?]; dankt, dass Bullinger der Bitte entsprach; da der anwesende Vater den Sohn nun mitnehmen will, wird die [Zürcher]Kirche etwas entlastet; Gott möge Bullinger würdig belohnen. Kaiser [Karl V.]soll Saint-Dizier verlassen haben und nach Châlons aufgebrochen sein; von dort sei er aber in der Furcht vor einem erzwungenen Zusammenstoß in Richtung Mézières weitergezogen, doch Myconius weiß nicht, ob das stimmt. Die Grausamkeit des Engländers [König Heinrichs VIII.] wird übertrieben; die Kaiserlichen brüsten sich damit, den Dänen [König Christian III.]auf ihre Seite gezogen zu haben und ein Heer gegen den Franzosen [König Franz I.] zu rüsten; Myconius fragt sich, wie [Landgraf Philipp von Hessen] dies aufnehmen

d quod über der Abkürzung (von späterer Hand?) ausgeschrieben.
e eo am Rande nachgetragen.
f Randtext im engen Einband verdeckt.
g Vor Christum gestrichenes per.
h Vor vobis ist vielleicht zu ergänzen a.
i-l Randtext im engen Einband verdeckt.
m Zu ergänzen ist iubeo.
7 Otto Werdmüller.
a Mit Unterstreichungen von späterer Hand.


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wird. Grüße an Theodor [Bibliander] und [Konrad]Pellikan, der auf Myconius' Frage, wer der verlogene Denunziant [von Basler Angelegenheiten] bei den Zürchern ist, antworten soll.

S. Annus est, dum te rogavi propter filium 1 domini Alexandri Rischachii. 2 Gessisti morem, quamobrem gratias ingentes ago. Pater nunc adest abducturus, ut arbitror, filium, quod spes oblata est a nostris de conditione meliore, quapropter et vestra ecclesia nonnihil exonerabitur. Dominus det tibi et tuis mercedem beneficentia vestra condignam.

Caesar 3 dicitur reliquisse oppidum S. Desyderii 4 profectusque contra Schalonem 5 , timore vero inde, ne cogeretur congredi, abactum oppidum Massier 6 versus, quod intellexerit et praesidia et commeatum deesse. Quid verum sit, nescio. Crudelitatem Angli 7 nemo non exaggerat. Iactant caesariani et Danum 8 in partes caesaris pellectum 9 et parare exercitum contra Gallum 10 . Qualiter id laturus sit Hessus 11 , valde miror, siquidem verum est, quod fertur. Haec ideo, ne nihil scriberem.

Vale cum tuis, Theodoro 12 et Pellicano 13 , cui vellem diceres, ut respondeat de falso, quisquis sit, et mendacissimo delatore 14 nostri apud vos, qualiter rogarim 15 .

Basileae, raptim, 9. septembris anno 1544.

Os. Myconius

tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero optimo doctissimoque, domino ac fratri in Christo venerande suo. Z[uric]h b .

b Teilweise auf das nicht mehr vorhandene Verschlussband geschrieben.
1 Wahrscheinlich Martin Rischacher; s. HBBW XIII 299, Anm. 3.
2 Myconius an Bullinger, 20. Oktober 1543, HBBW XIII 298-300, 1-20.
3 Kaiser Karl V.
4 Saint-Dizier.
5 Châlons-en-Champagne. -Siehe oben Nr. 1969, Anm. 16.
6 Mézières (heute Charleville-Mézières). Diese Nachricht stimmt nicht.
7 König Heinrich VIII.
8 König Christian III.
9 Gemeint ist der auf dem Reichstag von Speyer am 23. Mai zwischen Kaiser Karl V. und König Christian III. geschlossene Frieden, der auch vorsah, dass König Christian III. sein Bündnis mit Frankreich auflöste (gedruckt in: Danmark-Norges traktater 1523-1750 med dertil hØrende aktstykker, hg. v. Laurs [Rasmus] Laursen, Bd. 1, 1523-1560, Kopenhagen 1907,
S. 450-473); s. Dietrich Schäfer, Geschichte von Dänemark, Bd. 4: Von der Vertreibung Christians II. (1523) bis zum Tode Christians III. (1559), Gotha 1883. - Allgemeine Staatengeschichte. Erste Abtheilung. Geschichte der europäischen Staaten 13, S. 461f.
10 König Franz I. -Es handelt sich hier womöglich um die am Niederrhein stattfindenden, angeblich kaiserlichen Werbungen; s. PA III 267.
11 Landgraf Philipp von Hessen.
12 Theodor Bibliander.
13 Konrad Pellikan.
14 Unbekannt; s. oben Nr. 1846, 2-5. 10f.
15 Wahrscheinlich mündlich, als Pellikan Myconius in Basel am 8. August 1544 antraf (s. Pellikan, Chronikon 164). In Pellikans Brief an Myconius vom 14. September 1544 (Zürich ZB, Ms F 81, 465) ist nichts über die "delatores" zu finden. Dort wird lediglich das letzte Treffen der beiden Männer in Basel in Dankbarkeit erwähnt.