Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1950]

Rudolf Gwalther an
[Bullinger]
[Zürich,
Spätsommer/Herbst 1544]

Autograph: Zürich StA, E II 276, 37 (Siegelspur a ) Gedruckt: Kurt Jakob Rüetschi, Bildgedichte Rudolf Gwalthers. Eine Quelle für Nachweis und Datierung von Zürcher Kunstwerken, in: Von Cyprian zur Walzenprägung. Streiflichter auf Zürcher Geist und Kultur der Bullingerzeit. Prof. Dr. Rudolf Schnyder zum 70. Geburtstag, hg. v. Hans Ulrich Bächtold,

Zug 2001, 185

Nachdem er lange nichts gedichtet hat, fällt es ihm schwer, Verse zu machen; nachfolgend zwei den Musen mühsam abgerungene Distichen. Fällt ihm Besseres ein, wird er es Bullinger schicken; das mühevolle Übersetzen aus dem Deutschen [ins Lateinische von Zwinglis Schriften] hat sein Empfinden für Poesie getrübt. Teilt noch ein weiteres, soeben entstandenes Distichon mit.

S. Vere nunc dici experior usu parari artem 3 . Nam cum intra menses aliquot a carmine scribendo prorsus abstinuerim 4 nec interim poetarum lectione exercitatus sim, Musas plus quam tenues et exhaustas nunc reperio, eo steriliores tamen, quod argumenti limitibus angustioribus inclusae nullam latius vagandi licentiam consequi possunt. Extorsi tamen vel invitis haec duo disticha:

Expugnata tubis Iericho est 5 : en b daemonis urbem

vox evangelii tetraque regna 6 ruit.

a Als sehr verblasster Kreis.
b Vor en gestrichenes sic.
1 Gwalther hat die drei Distichen (in der Reihenfolge: das erste, das dritte und das zweite) in seine handschriftliche Sammlung eigener Gedichte 1543-1582 (Zürich ZB, Ms D 152, 60r) eingetragen und dort im Titel den Empfänger genannt: "Sequentia disticha in gratiam Bullingeri composita sunt". Diesen Hinweis wie auch die nachfolgenden Anmerkungen 2, 4 und 10 verdanken wir Herrn lic. phil. Kurt Jakob Rüetschi.
2 Von Gwalthers sich damals stark wandelnder Schrift her um 1544; zweifellos während
der Arbeit an der Zwingliausgabe (s. unten Anm. 10); in der erwähnten Gedichtsammlung (s. oben Anm. 1) stehen die drei Gedichte nach einem, welches auf den 22. Juni 1544 datiert ist, und vor einem auf ein Bild Ambrosius Blarers, welches dieser am 8. Oktober 1544 in undeutlichen Anspielungen zu verdanken scheint (Blarer BW II 305f, Nr. 1132; unten Nr. 1994, 17f).
3 Vgl. Otto 359, Nr. 1839.
4 Aus den Jahren 1543 bis Anfang 1545 finden sich auffallend wenige Gedichte in Gwalthers Gedichtsammlung (s. Anm. 1).
5 Jos 6, 20.
6 Dan 7f; Apk 13.


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Baalista 7 pereunt; manet insuperabile verum,

ut nulla Helias vincier 8 arte potest 9 .

Quod si quid his commodius inciderit in animum, curabo, ut habeas. Molestus certe ille transferendi Germanica labor 10 , quo iam exerceor, fere omnem poesim animo nostro expulit. Vale.

Rod. Gualth. totus tuus.

Dum haec scribimus, en aliud mente concipitur:

Quid mirum, cecidit Iericho, quod voce tubarum,

cum cadat a verbo daemonis imperium? 11