Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1898]

Schultheiß und
Rat von Aarau an
Bullinger
[Aarau],
23. April 1544

Autograph Gabriel Meyers: Zürich StA, E II 360, 383-385 (Siegelspur) Ungedruckt

Hoffen, mit Bullingers Hilfe einen Nachfolger für Johannes Wäber, der nach Bern berufen wurde, zu finden, und bitten um Auskunft über Johannes Haller; sie erwarten von einem Prediger außer Gelehrsamkeit auch einen vorbildlichen Lebenswandel. Zudem möchten sie wissen, ob Haller Zürich verpflichtet ist und ihnen wieder weggenommen werden könnte. Bullinger soll ihnen schriftlich über Hallers Alter, seine Erfahrung im Predigtamt und seine Begabung berichten. Bitten um die Zusage, dass er ihnen gegebenenfalls überlassen und nicht ohne gewichtige Gründe wieder abberufen würde.

Erwirdiger, hoch- und wolgelerter her, unnßer unverdroßen willig dienst zu vor.

1 Zu diesem Thema s. Philipp Wälchli, Zürich und die Geister. Geisterglaube und Reformation, in: Bewegung und Beharrung. Aspekte des reformierten Protestantismus, 1520-1650, FS Emidio Campi, hg. v. Christian Moser, Peter Opitz ua., Leiden 2009. - Studies in the History of Christian Tradition 144, S. 240-246.
1 Als Aarauer Schultheiß amtete 1544/45 Ulrich Zehnder (Zender, Zehender); s. Walther Merz, Die Schuitheissen der Stadt Arau[!], Aarau 1899, S. 14.


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Sonders günstiger her, üwer a gegent uns vilfalt bewißte gutthat und eröugte 2 früntschafft hat uns abermalen gehertz gmacht 3 , üwer erwird um hilff und rath anzesuchen, do mit wir an stat herren Johanßen Wäber (wölchen unßere gnedigen herren zu inen hinuff gen Bern vociert, 4 als ir gut wüßen tragen) einen anderen frommen, flissigen, getrüwen und gelerten ußkündern göttlichs wordtes durch gottes und üwer hilff ervolgen und überkommen mögend. 5 Und wirt uns also von eerenlüthen fürtragen, das einer hinder unsern geliepten herren von Zürich geseßen mit nammen Johann Haller, der do ein geporner Berner sie 6 und von üwer erwird ein lobrych gezügnus siner leere und lebens trage, do man verhofft, sölte unser kilchen nützlich und ersprießlich vorstan mögen. Dwyl wir nun sines thun und laßenns gar kein ervarnus 7 nit habend, so langt an üwer wolgelert erwirde unßer sonders flißig und getrungenlich ansinnen und begäre, wöllend uns in aller still by diserem botten 8 , unserem radtsfründe, gründtlich berichten siner kunst, wandels und läbens; dan yr ye hoch ervarnus und wüßens tragend aller notwendigen eigentschafften, so ein getrüwer leerer in dem evangelio Christi ze haben bedörffte, und wie unßer kilch eines mangelbar 9 , der nit allein mit gelerte 10 uns underrichten, sonders ouch mit unsträfflichem bildner 11 und exempel sines wandels uns vorgan und verbeßer b , wan es ye die warheit ist, keinen vorstender nützlich und erschießlich 12 siner bevolchnen kilch vorgan und das wordt ußkünden, so er nit ||384 durch erlangte kuntschafft sines erberen 13 wandels ein thür 14 ansähen und authoritet haben würde, so es c doch yedem möntschen angeporn, erstlich von denn jennigen, die uns leren und straffen wöllend, das selbig ouch ze ervordren erstattet ze werden, derglichen ouch sines hußgsindes, das die alle nach der regel Pauli gearthet, 15 do mit von inen allen gut exempel und bispil uff uns ungelerte und schlächte, unkönnende leyen 16 fließen und reichen könne.

Zu dem ist ouch unser begäre, uns ze verstendigen, ob er eincherley gestalten 17 üch, unßeren lieben herren von Zürich, in autoriert 18 und pflichtlich

a Die Buchstaben u und ü lassen sich bei diesem Schreiber oft nicht zuverlässig unterscheiden.
b nach verbeßern gestrichenes würde.
c es über der Zeile nachgetragen.
2 erwiesene.
3 ermutigt.
4 Zur Berufung von Johannes Wäber nach Bern s. F[riedrich]Romang, Johannes Wäber (1499-1577), in: Sammlung Bernischer Biographien, hg. v. Historischen Verein des Kantons Bern, Bd. II, Bern 1896, S. 375-393, bes. 386; zum Berufungsschreiben vom 8. April auch oben Nr. 1872, Anm. 6.
5 Vgl. unten Nr. 1938 und Anm. 2.
6 Johannes Haller d.J. war in Amsoldingen (Kt. Bern) geboren, sein Vater stammte jedoch von Wil (Kt. St. Gallen); s. HBBW X 72, Anm. 9.
7 Kenntnis.
8 Unbekannt.
9 eines solchen bedarf.
10 Gelehrtheit.
11 Vorbild.
12 ersprießlich.
13 ehrbaren.
14 großes.
15 Vgl. 1Tim 3, 1-13; Tit 1, 6-9.
16 schlichte, ungeschickte Laien.
17 in irgendeiner Weise.
18 im Sinne von: unterstellt.


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verbunden, das ir gwalt 19 , uff üwer begäre in ze revocieren und wider ze nemmen, das uns gar ungemeint 20 und unglägen, so wir einen gunst und lieb zu im gwünnen und demnach in also mußtend varen laßen, wie uns diser zit mit herren Johanßen ouch geschächen, das wir doch an unsere ordenliche oberkeit nit verargen könnend; sonst wäre es nit zu gelaßen.

By dem wöltend wir ouch gern verstan, in was althers er sie und ob er doch ettwas zites bevor ouch geprediget habe und ob im von gott die gnad ze leren und sin heilig wordt ußzekünden verlichen, und das er ein gut gespräch 21 habe, und wellend uns also diser handlung gschrifftlich underrichten, 22 do mit wir uns doruff bedencken und dannethin fürderlich dorzu thun könnend. So begärend wir söllichs um üwer erwird, über das 23 ir got, unserem herren, ein wolgefellig werch erstattend, unserem besten vermögen nach willigklichen ze gedienen 24 .

Datum 23. aprilis anno domini 44.

U[wer] erwird

willige diener

schultheis und

rath zu Arow.

||385 So danne, fürgeliepter her, langt an üch unser begäre, uns ze berichten, ob 25 wir in willen kommen, nach gemeltem herren Haller ze wärben, und so er dan glich üch, unsern herren von Zürich, ettwas verbunden, das ir zu gut unser kilch um so vil nachlaßen, das er uns vorstan und das man in nit one mercklich 26 ursach von uns nemmen und also gar nüt an im habend sin möchtend.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem erwirdigenn, hoch- und wollgelerten herren Meister Heinrichenn Bulli, predicanten und ußkündern göttlichs wordtes zu Zürich, unnßerem insonders günstigen und fürgeliepten herrenn.

19 Zu ergänzen: habt.
20 unerwünscht.
21 Sprechweise, Redegabe.
22 Eine Antwort Bullingers ist nicht bekannt. Statt Johannes Haller wurde Christian Hochholzer nach Aarau berufen; s. unten Nr. 1938.
23 darüber hinaus, dass.
24 zu entgelten.
25 falls.
26 bedeutende.