Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Peter Simler an
Bullinger
[Kappel],
16. September 1532

Autograph: Zürich StA, A 238.1. Siegelspur Gedruckt: ASchweizerRef IV 1880; Teildruck: Maeder, Unruhe 143

Teilt Bullinger vertraulich Gerüchte aus dem benachbarten zugerischen Gebiet mit: Die Zürcher sollen die Zuger wegen der angeblich kaum zu bändigenden kriegerischen Stimmung ihres eigenen Volkes gewarnt haben. Deshalb stünden die Bewohner von Baar in Alarmbereitschaft, ihre Feindseligkeit und Angriffslust gegen das zürcherische Gebiet nehme zu.

Min früntlich diennst zu vor.

Ersamer, wolgelerter, lieber her gfatter 1 . Wie wol ich mich gentzlich hat verwägenn 2 , ich welte mich diser gfarlichen zitenn keiner hendlen 3 beladen, der gstallt, das ich die gschrey 4 , so zu ziten unnder den 5 orten fürgond 5 , wellte erfaren unnd minen heren fürtragen 6 , angesähen 7 das vergangner zit trüwe warner nit allein veracht, sonnder uffrürisch geschulten sind 8 ; jetz aber zwingt mich der yfer des vatterlands, das ich disenn hanndel, welcher mich nüt annders dann ein uffrürischer tuck 9 (damit die bübery 10 unersucht 11 unnd die frommen unndertruckt) sin bedunckt, anzöuge. Namlich den handel: Ich bin uff hütt gan Blyggenstorff 12 gangen, zu den räben unnd trodten 13 zelugen, da ist mir ongfärd 14 ein vertrüwter gsell von Barr 15 begegnot, hat mir gseyt, sy habind vergangner nacht unrow unnd ein wacht gehept; die ursach diser wacht hab im einer des rats gseyt, also das inen 16 sye ein brieff warnungs wyß von den heren von Zürich kommen, das sy söllind gut

9 verbergen.
1 Bullinger war Taufpate von Simlers erstem Sohn Josias (s. HBBW I 53, Anm. 2).
2 hatte mich entschlossen (Grimm XII/I 2154f).
3 Händel, politische Streitigkeiten, vgl. Z. 7 und 9.
4 Gerücht, Gerede (SI IX 1448f).
5 umgehen.
6 berichten. — Zur Bedeutung von Kappel für Zürich als Informationszentrum an der zugerischen Grenze vor dem Zweiten Kappelerkrieg
s. Egli, Affoltern 108—111.
7 in Anbetracht (SI VII 561).
8 Nämlich nach dem verlorenen Krieg.
9 tückischer Anschlag (SI XII 1278f).
10 Bubenstück, schändliches Treiben (SI IV 946).
11 unbehelligt, ungeahndet (SI VII 222).
12 Blickensdorf (Kt. Zug).
13 Gebäude, in welchem die Kelter untergebracht ist, Trotte.
14 zufällig (SI I 880).
15 Baar (Kt. Zug).
16 den Zugern.


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sorg han 17 , dann sy 18 mögint die iren nümen 19 gemeisteren. Unnd habe der selbig des rats zu im gseyt: «Summer bocks lyden 20 , unns ist nun warnung gnug kommen, dwyl 21 uns ein oberkeit warnung thut, so hettind wir rechts gnug, das wir uff wärint 22 ; wenn sy nit wend ruw han, so ist wäger 23 , wir gryffint sy an, dann das wir von inen werdind überfallen.» Es seyt mir ouch diser gsell, sy arguierint 24 allerley uß diser warnung. Etlich sagent: «Die in der statt 25 fürchtent, die gmeind 26 falle inen für 27 die statt, unnd damit sy ruw haben mögint, woltend sy unns wider die landtschafft richtenn.» 28

Söllichs hab ich üch als einem trüwen wechter nit wellen verhallten 29 , darinn zehanndlen nach üwerm beduncken unnd nach gstallt der löuffen 30 . Ich schrib sunst niemant nüt zu; es sind vil lüten also corrupt oder den corruptis der maß anhengig, das niemant weyßt, hinder wem er sicher ist. Lassent mich, ob etwas infallen wurd, üch nach minem vertrüwen bevolchen sin 31 . Damit sind gott bevolchenn.

Datum mentag spat nach exaltationis crucis 1532.

Petrus Simler.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen, wolgelertenn heren Meister Heinrichenn Bulli 32 , predicanten Zürich, minem liebenn herenn unnd gfatter.