[1610]
Bullinger an
Joachim Vadian
[Zürich],
2. März 1542
Autograph: Zürich StA, E II 342, 110 (Siegelspur)[Martin] Bucer ist vor eineinhalb Monaten zum [Erz-]Bischof und Kurfürst von Köln [Hermann
von Wied] gereist, der seit längerem der evangelischen Lehre zuneigt - hoffentlich
entsteht daraus keine unreine Vermischung. Gemäß einem Bericht des nach Basel zurückkehrenden
Hans von Utenheim hat die Stadt Metz mit ihrem ganzen Umland das Evangelium
angenommen; Gleiches schrieb auch der Frankfurter Prediger [Mathias]Limberger [wohl an
Johannes Gast] über eine große Stadt, in die er berufen worden war, deren Name [Oswald]
Myconius allerdings nicht mitgeteilt hat [vgl. Nr. 1606]. Ein Gerücht besagt, dass sich die
bayerischen Herzöge dem Schmalkaldischen Bund annähern wollen. Aus Speyer gibt es keine
Fortschritte zu melden; man sagt, [König] Ferdinand sei unsicher, ob er die Ankunft der
übrigen Fürsten und das Ende des Reichstags abwarten oder nach Böhmen zurückkehren
solle, wo sich ein Aufstand erhoben haben soll; daran scheint aber wenig Wahres zu sein. Eine
Delegation Papst [Pauls III.] soll nach Frankreich unterwegs sein, um König [Franz I.] zur
Heirat seiner Tochter [Marguerite] mit [Kaiser] Karl [V.] zu bewegen; der Papst möchte mit
Hilfe der beiden Herrscher und durch das Konzil zu Trient das Luthertum unterdrücken.
Gerüchteweise heißt es, der Papst habe Siena mit Gewalt eingenommen; Bullinger glaubt, die
Päpste, Könige und Fürsten seien fleischgewordene Teufel. Er erwartet die von Vadian versprochene
Replik [Manuskript zu BZD C 315]auf [Kaspar]Schwenckfelds Lehre sowie auch
Nachrichten über die Verhältnisse in Ungarn. Kaiser [Karl V.] rüstet erneut gegen Algier.
Gruß.
[Gedruckt: Vadian BW VI 109f, Nr. 1226.]