Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1597]

Kaspar Schwenckfeld an
Bullinger,
Leo Jud und
die übrigen Pfarrer von Zürich
Justingen,
16. Januar 1542

Autograph von Jakob Held 1 : Zürich StA, E II 337a, 347f (Siegelspur)

Wie Vadian will Schwenckfeld auch den Zürchern ein Exemplar seines Werkes über die Herrlichkeit Christi [Zürich ZB, Ms Car I 272; CSch VII 484-884, Nr. CCCLIV] durch seinen Gesandten Jakob Held übermitteln, verbunden mit der Hoffnung, dass diese es prüfen und sich bei ihrer Beurteilung dem Zeugnis der Heiligen Schrift nicht verschließen werden. Obwohl [die Reformation] Licht in die Dunkelheit der in die Irre geleiteten Christenheit früherer Jahrhunderte gebracht hat, ist es unwahrscheinlich, dass man in so wenigen Jahren schon zur vollen Erkenntnis gelangt ist, bedenkt man, dass sogar Petrus die klar zu Tage liegende Wahrheit betreffend die Bekehrung der Heiden lange verborgen geblieben ist, bis sie ihm durch den Geist offenbart wurde; dies schreibt Schwenckfeld nicht, um etwas Neues einzuführen und alles andere zu tadeln, sondern um an die menschliche Unvollkommenheit zu erinnern; aus der Geschichte lernt man, dass Gott seine Fülle nicht auf einmal und auch nicht vollständig einem einzelnen Menschen offenbart hat, sondern stückweise; bittet deshalb die Zürcher, nichts voreilig zu verwerfen und das Wirken des Geistes und die Prophezeiungen nicht zu verachten. Bitte um unvoreingenommenen Vergleich seiner Schrift mit der "Antilogia" [BZD C 292]Vadians; ist sich sicher, dass mindestens Teile seiner Schrift die Zürcher erfreuen werden, und bittet um Anzeige unverständlicher oder irriger Stellen, damit er diese erklären oder verbessern kann. Weiteres hat er Theodor [Bibliander]geschrieben. Segenswünsche.

[Gedruckt: CSch VIII 85-87, Nr. CCCLXI.]

1 Jakob Held von Tiefenau erwarb im Februar 1528 durch die Heirat mit Sophia, Witwe des Hermann Hassel, das Straßburger Bürgerrecht und wurde in die Tucherzunft aufgenommen. In Straßburg gehörte er zu Schwenckfelds engstem Freundeskreis. 1535 wurde er aus Straßburg ausgewiesen und diente fortan als treuer Begleiter Schwenckfelds, in dessen Auftrag er verschiedene Missionen unternahm. Nach
Schwenckfelds Tod 1561 unternahm Held zusammen mit Adam Reißner eine Gesamtausgabe der Werke Schwenckfelds, wovon in den Jahren 1564-1570 vier Bände erschienen (VD 16 S 4830-4833). Helds Todesdatum ist nicht bekannt; 1572 ist er noch in Ulm nachzuweisen. - Lit.: QGT VIII 438; CSch passim. Briefe von und an Held in CSch XVIII, Nr. MCLXXXVIII-MCLXCI.