Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1589]

Ägidius Tschudi an
Bullinger
Glarus,
6. Dezember 1541

Autograph: Zürich StA, E II 338, 1382 (Siegel) Gedruckt: Jakob Vogel, Egidius Tschudi als Staatsmann und Geschichtschreiber. Ein Beitrag zur Schweizergeschichte des sechszehnten Jahrhunderts, Zürich 1856, S. 198f, Anhang Nr. 6

Hat von Niklaus Briefer aus Basel ein Wappenbuch ausgeliehen und sollte dieses nach Gebrauch Georg Müller, dem ehemaligen Wettinger Abt, nach Zürich senden, der es nach Basel weiterleiten sollte; da er vernommen hat, dass Müller unterdessen verstorben sei, sendet er das Buch samt einem an Briefer gerichteten Brief nun stattdessen Bullinger, verbunden mit der Bitte, es bei Gelegenheit nach Basel weiterzuschicken; ist gerne bereit, die Kosten dafür zu übernehmen.

Min willig dienst, sampt was ich liebs unnd guts vermöcht, bevor, erender, lieber herr.

Es hatt vor ettlichen zitten herr Nicolaus Brieffer 1 , decan zu Sant Petter zu Basel, mir ein wapenbuch 2 haruff gesandt unnd ettlich zitts gelychen mit

1 Niklaus Briefer, geb. um 1484 als Sohn des Basler Ratsherrn Bartholomäus. Immatrikulation in Basel 1500, ebd. Bakkalaureus 1501 und Magister 1504. In den Jahren 1507-13 hielt er juristische Vorlesungen und amtierte 1513, 1516 und 1519 als Dekan der Artistenfakultät, 1511, 1520, 1523 und 1539 als Rektor der Universität Basel. 1512 wurde er ins Chorherrenstift zu St. Peter aufgenommen, dessen Dekan er 1526 wurde. Der Berner Disputation vom Januar 1528 stand Briefer als einer der Präsidenten vor. Gemäß Johannes Gast verließ Briefer die Stadt, um der Reformation auszuweichen, begab sich in markgräflich badischen Dienst und zog als Mentor junger Edelleute nach Frankreich, wo er 1533 bis 1535 an der Universität Orléans studierte und ein juristisches Lizentiat erlangte. 1536 kehrte er nach Basel zurück und wurde 1538 städtischer Rechtskonsulent. Gest. 1548. Im Zusammenhang mit seinen historischen Interessen und Forschungen stand Briefer u. a. in Kontakt mit Beatus Rhenanus, Sebastian Münster, Ägidius Tschudi und Johannes
Stumpf (s. unten Anm. 9). Seine handschriftlichen historischen Werke umfassen eine Genealogie der Habsburger, eine (nur in Auszügen erhaltene) Urkundensammlung sowie eine Chronik der Basler Bischöfe (Hs. in Zürich ZB, Ms A 69, hg. v. August Bernoulli, Leipzig 1915. — Basler Chroniken 7, S. 357-443). — Lit.: Basel, Matrikel I und II, passim, bes. I 259; Les livres des procurateurs de la nation germanique de l'ancienne université d'Orléans 1444-1602, Bd. I/2, hg. y. Detlef Illmer u. a., Leiden 1980, Nr. 953, S. 256f; Amerbach, Korr. III 514, Anm. 2, mit ebd., Bd. VI, S. XXVII; Guy P. Marchal, Die Statuten des weltlichen Kollegiatstifts St. Peter in Basel. Beiträge zur Geschichte der Kollegiatstifte im Spätmittelalter mit kritischer Edition des Statutenbuchs und der verfassungsgeschichtlichen Quellen, 1219-1529, Basel 1972. — Quellen und Forschungen zur Basler Geschichte 4, S. 418f und passim; Veronika Feller-Vest, in: HLS II 695; Feller-Bonjour I 250f.
2 Es handelt sich um das 1530-1539 entstandene Wappenbuch (Auszug hg. v.


Briefe_Vol_11_355arpa

bevelch, so ich das gebrucht, 3 imme solchs wider hinab bis gen Zürich ze fercken 4 zuhanden herren Jörgen Müllers 5 wylund 6 abt zu Wettingen gesin, der dann söllich buch vollendts gen Basell wider schicken sölt. Unnd als ich sydhar vernommen, ist mittler zitt gedachter herr Jörg von gott berufft worden. So ich nun bericht bin, das obgemelter 8 herr decann zu Basell üwer lieb wol bekant, schick ich sollich buch hiemit sampt einem brieffe 10 an , inn gehörende, üch zu, mitt ernstlicher pitt, ir wellind mir ze lieb mitler zitt ettwa by gelegner fur 11 , so Froschower 12 oder ander ettwas gan Basell vercken wurdendt, sölchs buch mitsenden zu handen dickgedachts dechans 13 sampt dem brieffe. Will ich gern ein par batzen, oder was es ist, ze für bezalen; es darff 14 ouch nit so ilendtz sin, dann so es sich ongevärd 15 wol begibt, wiewoll nit billich, das ich üch söllich müge 16 zu matten. Wo ich
Bernoulli, aaO, S. 307-338) des Konrad Schnitt (1495-1541, s. Feller-Bonjour I 247-249; Carl Roth, in: HBLS VI 224), der mit Briefer zusammenarbeitete und historische Informationen austauschte. Vgl. Rudolf Wackernagel, Wappenbuch des Konrad Schnitt, in: Der Deutsche Herold. Zeitschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde 22, 1891, S. 159-161.
3 Tschudi beschäftigte sich selbst intensiv mit der Heraldik. Abschriften eines von ihm angelegten Wappenbuches finden sich u. a. in St. Gallen Stiftsbibliothek, Cod. 1085 (Gustav Scherrer, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875 [Nachdruck Hildesheim-New York 1975], S. 401), Engelberg Stiftsbibliothek, Cod. 174 (Catalogus codicum manuscriptorum qui asservantur in bibliotheca monasterii O. S. B. Engelbergensis, hg. v. Benedikt Gottwald, s. 1. 1891, S. 162) und Zürich ZB, Ms A 53 (Ernst Gagliardi /Ludwig Forrer, Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich, Bd. II, Zürich 1982, Sp. 25), vgl. auch Gustav Müller, Die Quellen zur Beschreibung des Zürich- und Aargaus in Johannes Stumpfs Schweizerchronik, Zürich 1916, S. 167-174.
4 transportieren zu lassen.
5 Georg Müller.
6 weiland: vormals.
7 Zum Todesdatum Georg Müllers, das sich mit Hilfe dieser Angabe genauer bestimmen
lässt, vgl. HBBW V, S. 375 mit Anm. 6 und HBBW A, S. 70.
8 oben erwähnter.
9 Über briefliche und etwaige persönliche Kontakte Bullingers zu Briefer ist nichts bekannt außer der Tatsache, dass beide an der Berner Disputation 1528 teilnahmen (vgl. HBRG I 426-437, mit einer Erwähnung Briefers ebd., S. 431, und HBD 12). Briefer korrespondierte aber mit den engen Vertrauten Bullingers Vadian (s. Vadian BW IV 108f, Nr. 517) und Johannes Stumpf (s. Zürich ZB, Ms A 69, 505-507; L 47, 29-35; S 313, Nr. III/8, f. 13f). Mit Letzterem entwickelte sich im Rahmen von Stumpfs Arbeit an seiner "Gemeiner loblicher Eydgnoschafft [...] beschreybung" (Zürich: Christoph Froschauer d. Ä, 1547/48)(BZD C 376) eine fruchtbare historiographische Zusammenarbeit, vgl. August Bernoulli, Die Basler Quellen zu Stumpfs Beschreibung der Eidgenossenschaft, in: BZGA 11, 1912, S. 244-252, und Müller, aaO, S. 123-129.
10 Tschudis Brief an Briefer datiert vom 4. Dezember 1541 und ist gedruckt in Vogel, aaO, S. 196-198, Anhang Nr. 5.
11 Fuhre: Fahrt.
12 Christoph Froschauer d. Ä.
13 des oft erwähnten Dekans.
14 braucht.
15 irgendeinmal.
16 Mühe.


Briefe_Vol_11_356arpa

aber in derglich unnd mererm üch angenem dienst bewysen möcht, wölt ich urbüttig 17 sin, bitt, ir wellind min begern nit ze argem uffnemmen. Hiemit gott alzitt bevolchen.

Datum Glarus, 6. decembris anno etc. 41. a

Gilg Tschudy von Glarus.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem hochgelerten, wirdigen herren Henrico Bullinger, pfarrherren zu Zürich, minem günstigenn, liebenn herenn.