arpa Themen Datenbank: "Allgemeine Deutsche Biographie."

Name: Doblhoff-Dier:
Vorname: Anton Freiherr v. D., geb. 10. November 1800 , gest. 16. April 1872.
Aus einem alttirolischen Geschlechte entsprossen, das dem österreichischen Staate seit dem 16. Jahrhundert eine Reihe von verdienten höheren Verwaltungsbeamten geliefert hatte, widmete sich D. den juristischen Studien an der Wiener Universität und trat nach erlangtem Doctorsgrad bei der Hofkammerprocuratur in den Staatsdienst. In Folge dienstliche Zerwürfnisse verließ er denselben jedoch bereits im J. 1836 und übernahm die Führung der Amtmannsgeschäfte auf dem seinem Oheime Karl Freih. v. D. gehörigen Fideicommißgut Weikersdorf bei Baden. Im J. 1887 durch den Tod seines Oheims zum Besitze des beträchtlichen Familienfideicommisses gelangt, brachte er ein Jahr auf Reisen in Frankreich und England zu, und benützte die dort gemachten Erfahrungen zu wesentlichen wirthschaftlichen Reformen auf seinem Gute und zur Anregung der allgemein für unabweislich erkannten Aenderungen an dem damals bestandenen Regierungssysteme. In seiner Stellung als niederösterreichischer ständischer Verordneter bildete er im Verein mit seinen Freunden v. Schmerling, Freiherr v. Stifft, v. Andrian . v. Kleyle u. A. den Kern jener Oppositionspartei im nieder-österr. Provinzial-Landtage, welche im Bunde mit dem liberalen Bürgerthume mit Beharrlichkeit auf zeitgemäße politische Reformen zu dringen nicht müde ward. Die Märzrevolution des J. 1848 brachte denn auch D. als einen der Hauptführer der ständischen Partei an die Oberfläche der eingetretenen politischen Bewegung. Er trat zunächst als Minister für Ackerbau in das erste constitutionelle Ministerium Pillersdorf ein , und wurde sohin im Juni 1848 vom Erzherzog Johann als damaligem Stellvertreter des Kaisers mit der Bildung des neuen Ministeriums betraut, in welchem er die Geschäfte des Ministeriums des Innern übernahm. Obwol ein Mann von hohem Persönlichem Muthe und Entschlossenheit, war es ihm doch nicht gegeben, die wild um sich greifende und zum Theile von ganz verwerflichen Elementen geleitete Bewegung zu zügeln und in ein vernünftiges Geleise zu leiten. Er wurde vielmehr zum Theil aus übergroßer Sorge für die Popularität des Ministeriums von derselben vollständig mit fortgerissen, bis die in Folge der Schwäche der Regierung eingetretene Octoberkatastrophe dem revolutionären Taumel ein trauriges Ende bereitete, einer ebenso maß- wie geistlosen Reaction den Weg bahnend. D. selbst war, von seiner Ohnmacht zur Bekämpfung der Bewegung durchdrungen, schon am 12. Oct. 1818 aus dem Ministerium geschieden und legte bald nachher auch sein Amt als Reichstagsabgeordneter nieder. Er wurde darauf, über seinen Wunsch, zum Gesandten am Hofe zu Haag ernannt , welchen Posten er bis zur Bildung des ministeriums Schmerling im Jahre 1861 bekleidete. In letzterem Jahre in das Privatleben zurückgekehrt, nahm er noch als Abgeordneter zum nieder-österr. Landtage und zum Reichsrathe und in den letzten Jahren als Mitglied des Herrenhauses lebhaften Antheil an dem öffentlichen Leben, ohne jedoch in irgend einer dieser Stellungen auf eine Führung Anspruch zu erheben. Seine Thätigkeit vorzüglich der Hebung der landwirthschaftlichen Verhältnisse widmend, raffte ihn eine kurze Krankheit am 16. April 1872 hinweg.

Vgl. Wurzbach, Biographisches Lexikon, Band 3. S. 330 ff. Reschauer, (fortges. van Smets), Die Wiener Revolution im Jahre 1848. Nouvelle biographie générale, Paris 1853. XIV. p. 401.

Sommaruga.