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Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal
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Da liegen wir beide mit lahmen Gliedern, Halldor und ich, hilflos beide. Mich swingen die Jahre, zu jung bist du. Bei dir wirds besser, bei Bersi nimmer. |
Dann kamen Leute und haben Halldor auf vom Fußboden, Bersi aber erholte sich. Halldor wurde dort aufgezogen und war groß und kühn.
Kjartan, Olafs Sohn, wuchs daheim auf in Hjardarbolt. Er war der schönste auer Männer, die in Island geboren sind. Er hatte große Züge und dabei ein wohlgeformtes Gesicht, die allerschönsten Augen, helle Gesichtsfarbe; sein Haar war voll und schön wie Seide, es fiel in Locken herab, er war groß und kräftig, so wie sein Muttervater Egil oder Thorolf 1 gewesen waren. Kjartan war mehr als jeder andere zur Vollkommenheit entwickelt, so daß alle ihn bewunderten, die ihn sahen. Er war auch ein besserer Fechter als die meisten andern, sehr geschickt und der beste Schwimmer. In allen Fertigkeiten übertraf er die andern bei weitem; er war der bescheidenste Mensch und so liebenswürdig, daß jedes Kind ihn gern hatte; er war muntern Sinns und feigebig mit seinem Gut. Olaf liebte Kjartan am meisten von allen seinen Kindern.
Bolli, sein Ziehbruder, war groß an Wuchs; er kam Kjartan
Olaf saß nun auf seinem Hofe, während so eine ganze Reihe von Jahren verging.
29. Olaf holt Bauholz aus Norwegen und
baut eine große Haue. vermählung der
Thurid mit Geirmund Lärm
Eines Frühlings, wird erzählt. erklärte Olaf seiner Frau Thorgerd, daß er beabsichtige, nach Norwegen zu reisen. "Ich bitte, daß du unsern Hof und die Kinder batest." Thorgerd erwiderte, sie sei gar nicht damit zufrieden, aber Olaf sagte, er bestehe auf seinem Willen. Er kaufte ein Schiff, das in Vadil 1 im Westlande lag. (r segelte aus im Sammer und kam mit seinem Schiff nach Hordland. dort wohnte ein Mann etwas landeinwärts. der Lärm hieß, ein mächtiger und reicher Mann und ein großer Wikinger; ein streitsüchtiger Mann war er, hatte sich nun aber ruhig gehalten und war ein Gefolgsmann Jarl Hakons, des Mächtigen; 2 Geirmund kam zum Schiff und machte sich bald mit Olaf bekannt , denn er hatte von ihm reden hören. Geirmund lud Olaf zu sich ein mit soviel Mann, als er mitbringen wolle. Das nahm Olaf an und begab sich zum Gastbesuch mit fünf Mann. Olafs Schiffsleute wurden an verschiedenen Orten in Hordland untergebracht. Geirmund bewirtete Olaf gut: es war ein stattlicher Hof und viele Männer beisammen; man war sehr vergnügt den Winter über. Als es aber auf Wintersende zuging, gab Olaf dem Geirmund Bescheid über seine Absichten, daß er sich Bauholz besorgen wolle; er sagte, es käme ibm viel darauf an, gute Hölzer zu bekommen. Geirmund antwortete Jarl Hakon hat den beaten Forst, und ich 1
Im Frühjahr machte Olaf sich auf die Reise sum Jarl Hakon; der Jarl empfing ihn mit größter Freundlichkeit und lud Olaf ein, bei ihm zu bleiben, so lange er wolle. Olaf sagte dem Jarl, wie es mit seiner Reise stünde, — ich möchte Euch bitten, Herr, uns Euren Forst freizugeben, damit wir uns Bauholz schlagen kannen." Der Jarl antwortete: "Daran soll nichts gespart werden , wenn du mit dem Holz, das wir dir schenken werden, dein Schiff befrachten willst, denn ich finde, daß nicht alle Tage solche Männer aus Island uns besuchen." Aber um Abschied gab ihm der Jarl eine Ari mit in Gold getriebener Arbeit, das war ein kostbares Stück. Sie schieden dann voneinander in größter Herlichkeit.
Geirmund ordnete heimlich die Verwaltung seiner Landgüter, er beabsichtigte zum Sommer nach Island zu reisen auf dem Schiffe Olafs; das hatte er vor jedermann geheim gehalten. Olaf erfuhr nichts davon. bis Geirmund sein Gui auf das Schiff Olafs bringen ließ, das war ein großes Vermögen. Olaf sprach: "Du solltest nicht auf meinem Schiffe reisen, wenn ich das vorher gewußt hätte, denn ich fürchte, es wird Leute auf Island geben, für die es besser wäre, wenn sie dich nie zu Gesicht bekämen. Doch nun bist du einmal da mit so großem Gut, so daß ich nicht Lust habe, dich wegzujagen wie einen Hund." Geirmund sagte:"Ich werde nicht zurückbleiben, wenn du auch ziemlich hohe Töne anschlägst; denn ich habe mir nun einmal vorgenommen, auf gut und böse Euer Fahrgast zu sein." 1
Olaf und seine Leute stiegen an Bord und gingen in See. Sie hatten guten Wind und erreichten den Breidistord; sie legten dann die Stege an Land in der Lachsflußmündung. Olaf ließ das Holz ausladen und brachte das Schiff in dem Schuppen unter, den sein Vater hatte bauen lassen. Olaf lud Geirmund zu sich zum Aufenthalt ein. 1
In diesem Sommer ließ Olaf eine Herdhalle in Hjardarholi bauen, größer und besser, als man sie je gesehen hatte. waren da berühmte Sagen dargestellt an der Wandtäfelung und ebenso an der Deckenverkleidung; das war alles so schön gearbeitet, daß die Halle viel prächtiger erschien, wenn keine Teppiche aufgehängt waren.
Geirmund kümmerte sich gewöhnlich nicht um andere, war unfreundlich gegen die meisten; er ging immer so einher, daß er einen roten Scharlachrock trug und darüber einen grauen Pelzmantel, auf dem Kopfe eine Kappe von Bärenfell, in der Hand ein Schwert; das war eine starke und gute Waffe, der Griff aus Walroßzabn; Silberschmuck war nicht daran, aber die Klinge war scharf, an der hielt kein Rost. Dies Schwert nannte er Fußbeißer und lies es nie aus der Hand.
Geirmund war nicht lange Zeit dort, da faßte er Neigung zu Thurid, der Tochter Olafs, und kam bei Olaf mit einem Hei- ratsantrage zutage, doch der gab ihm eine Absage. Darauf machte Geirmund der Thorgerd Geschenke, damit sie seine Werbung fördern sollte. Sie nahm die Geschenke an, denn er bot ihr nichts geringes. Dann brachte sie diese Sache vor Olaf zur Sprache; sie sagte ihm auch, es sei ihre Meinung, daß ihre Tochter nicht besser verheiratet werden könne: — "denn er ist einer, der sich vor nichts fürchtet, reich und stolzen Sinnes." Da antwortete Olaf: "Ich will in diesem ebensowenig wie in anderem gegen deinen Willen sein, dach hätte ich Thurid lieber mit einem andern Mann verheiratet." Thorgerd ging weg, und es schien ihr, daß sie ihren Auftrag gut ausgerichtet hatte. Sie sagte nun Geirmund, wie die Sache stand. Er dankte ihr für ihre Hilfe und ihr kräftiges Eingreifen; Geirmund trug darauf Olaf zum zweiten Male seine Werbung vor, und nun hatte er keine Schwierigkeiten mehr. Darauf verlobte sich Geirmund mit Thurid, und die Hochzeit sollte gegen Ende des Winters in der Herdhalle gefeiert werden. Bei diesem Feste waren sehr viele Menschen, die Halle war nun ganz vollendet. An diesem Feste nahm Ulf, der Sohn des Uggi, teil; er hatte ein Gedicht gemacht auf Olaf, Höskulds Sohn, und über die Sagen, die in der Halle dargestellt waren und trug das bei dem Feste vor.
Dieses Gedicht wird die Hauodrapa genannt und ist gut gedichtet . 1 Olaf gab ihm reichen Lohn dafür. Er beschenkte auch freigebig alle vornehmen Männer, die zu ihm gekommen waren. Nach dieser Bewirtung stand Olaf noch größer da als vorher.
30. Geirmund verläßt Thurid. Sie raubt
ihm das Schwert Fußbeißer. legt einen
Fluch auf das Schwert
Das eheliche Zusammenleben der beiden, Geirmunds und der Thurid, war nicht besonders gut, und das lag an beiden Teilen. Drei Winter war Geirmund bei Olaf, bis er Lust bekam, fortzugeben, und zwar erklärte er, daß Thurid dableiben solle und ebenso ihre Tochter, die Groa hieß. Das Mädchen war da ein Jahr alt; aber Geld wollte Geirmund nicht hinterlegen. Damit waren Thurid und ihre Mutter äußerst unzufrieden und sie sagten es Olaf. Olaf aber sprach da: "Wie nun. Thorgerd: ist nicht der Norweger jetzt ebenso stolzen Sinnes wie in jenem Herbst, als er dich bat, seine Schwieger zu werden:" Sie erreichten gar nichts bei Olaf, denn er war ein Feind alles Streits, er sagte, das Mädchen solle nur dableiben, bis es einigermaßen er gagen sei. Und zum Abschied von Geirmund schenkte ibm Olaf das Handelsschiff mit aller Ausrüstung. Geirmund dankte ihm lebhaft und sagte, das sei eine ganz großartige Gabe. Darauf machte er das Schiff klar und segelte ab aus der Lachswassermüdung vor einem leichten Nordost, und der Wind hörte auf, als sie zu den Inseln hinausgekommen waren. Er lag bei der Ochseninsel einen halben monat, ohne Fahrwind zu bekommen.
In dieser Zeit war Olaf fort vom Hofe und auf seinem Treibholzstrand beschäftigt. Da rief seine Tochter Thurid Knechte zu sich und befahl ihnen, ihr zu folgen. Sie hatte auch das Kind mit sich; zehn waren es zusammen. Sie ließ das Reiseboot zu Wasser bringen, das Olaf besaß. Thurid befahl ihnen, den Hrammsfjord hinaus zu segeln und zu rudern. Und als zu den Inseln gekommen waren, ließ sie die Jolle aussetzen, 1
Nun rief Geirmund Thurid an und bat sie, umzukehren und ihm das Schwert Fußbeißer wiederzugeben. Und nimm du dein Mädchen zurück und mit ihm soviel Geld, als du willst. Thurid sagte: "Würdest du dich lieber dazu verstehen, als das Schwert hingeben: Geirmund antwortete: "viel andres Gut noch würde ich opfern, ehe ich mich entschließen könnte; das Schwert zu missen." Sie sprach: "Dann sollst du es niemals wieder bekommen; du hast dich in vielem nicht ehrenhaft gegen mich gehalten; so soll es nun zwischen uns zu Ende sein. Da sprach Geirmund: "Kein Glück wird es dir bringen,
Nun bekam Geirmund guten Fahrwind. Sie gingen in See und kamen im Herbst nach Norwegen. Sie segelten in einer Nacht auf eine Untiefe vor Stattland, 1 Geirmund und alles, wao auf dem Schiffe war, ertrank, und damit endet die Er zählung von Geirmund.
31. Olafs Töchter. Der Stier Harri.
Olafs Traum
Olaf, Höskulds Sohn, saß auf seinem Hof in hohen Ehren, wie oben geschrieben ist.
Gudmund hieß ein Mann, der Sohn des Sölmund. Er wohnte auf Asbjarnarnes 2 im Vidital im Nordlande. Gudmund war ein reicher Mann; erhielt um Thurid an und bekam sie mit großem Gut. Thurid war eine kluge Frau, hohen Sinnes und von überragendem Wesen. Ihre Söhne 3 hießen Hall und Bardi Stein und Steingrim, Gudrun hieß eine Tochter und die zweite Olof.
Thorbjörg, die Tochter Olafs, war sehr schön und kräftig; man nannte sie Thorbjörg die Starke; sie wurde in den Vatnsfjord 4 im Westland mit Asgeir, den Sohn des Knött. ver 1
Bergthora, die Tochter Olafs, wurde in den Djupafjard 4 im Westland verheiratet mit Thorhall dem Gaden. Ihr Sohn war Kjartan, der Vater des Schmiede-Sturla; er war der Pflegevater des Thord, des Sohnes des Gils
Olaf hatte viele wertvolle Stücke in schreitendem Gut. Er besaß einen guten Ochsen, der Harri hieß, von apfelgrauer Farbe, größer als sonst ein Rind. Er hatte vier Hörner, zwei waren groß und standen regelmäßig, ein drittes stand grad in die Höhe und das vierte stand ihm aus der Stirn hervor und bog sich herunter vor den Augen; das war sein Eispickel. 5 Er scharrte wie die Pferde. In einem Winter, der sehr hart fur das vieh war, ging er fort aus Hjardarholt und dorthin ins Talgebiet, wo jetzt Harrastadir liegt. Da sog er umher während des Winters mit sechzehn Rindern und verschaffte ihnen allen Gras. Im Frühling kam er zurück auf den Weidegrund, wo jetzt Harrabol liegt in der Gegend von Hjardarbolt. Als Harri achtzehn Jahr alt war, fiel ihm sein Eispickel vom Kopfe ab und im Herbst desselben Jahres ließ ihn Olaf schlachten.
In der nächsten Nacht träumte Olaf, daß eine Frau zu ihm kam, die war groß und grimmig. Sie fing an zu sprechen:. Schläfst du:" Er sagte, er wache. Die Frau sprach: Du schläfst, aber doch wirst du alles so kommen sehen, als hättest du mich wachend angehört. Meinen Sohn hast du töten lassen und ihn mir übel zugerichtet heimgeschickt, deshalb werde ich es dahin bringen, daß du auch einen Sohn in seinem Blute sollst liegen sehen; und den werde ich dazu ausersehen, von dem ich weiß, 1
32. Osvifr auf Laugar und seine
Familie
Osvifr hieß ein Mann; er war der Sohn des Helgi, des Sohnes des Ottar, des Sohnes des Björn vam Osten, des Sohnes des Keul Flachnase, des Sohnes des Björn Buna. Die Mutter des Osvifr hieß Nidbjörg, ihre Mutter Kadlin, die Tochter des Göngu-Hrolf 1, deo Sohnes des Ochsen Thorir; der war ein mächtiger Herse im Osten, in Wik, gewesen. Er wurde so genannt, weil er drei Inseln und auf jeder achtzig Ochsen hatte. Er schenkte eine Insel mitsamt den Ochsen dem König Harald, diese Gabe war allgemein berühmt. Osvifr war bekannt wegen seiner Klugheit. Er wohnte auf Laugar im Sälingstal Der Hof Laugar liegt westlich des Sälingstalwassers gegenüber von Tunga. Seine Frau hieß Thordis, die Tochter des Thjodolf des Kurzen. Ospak hieß ihr Sohn, der zweite Helgi, der dritte Vandrad. der vierte Torrad, der sänfte Thorolf. Alle waren streitbare Männer. Osvifrs Tochter hieß Gudrun; sie war von allen Frauen, die in Island aufgewachsen waren, die erste an Schönheit und verstand; vornehm war Gudrun, so daß in jener Zeit neben ihr alles Kinderspiel zu sein schien, womit andere Frauen prunken wollten. vor allen andern Frauen einsichtig war sie und des Wortes mächtig; sie war feigebig. Eine Frau lebte auf Osvifrs Hofe, die Thorhalla hieß und die Gesprächige genannt wurde. 'Sie war irgend
In Tunga wohnte ein Mann, der Thorarin hieß, der Sohn des Thorir Säling; er war ein tüchtiger Wirt. Thorarin war groß und stark. Er hatte gutes Land, aber weniger bewegliches Gut, Osvifr wolte Land von ihm kaufen, denn er hatte Mangel daran und eine Menge Vieh. Es kam dann so, daß Osvisr aus Thorarins Besitz das ganze Land kaufte von Gnupuskörd das Tal entlang auf beiden Seiten des Wassers bis nach Stakkagil: das ist gutes und brauchbares Land. Er richtete da Säterwirtschaft ein. Immer hatte er großes Gesinde; die Haushaltung war im allerbesten Stand.
Im Westland, im Saurbö, liegt ein Hof Hol. Da wohnten zwei Brüder mit ihrem Schwager. Thorkel Hündlein und Knut waren die Brüder, Männer aus angegebener Familie. Ihr Schwager, der mit ihnen wirtschaftete, hieß Thord. Er wurde nach seiner Mutter bezeichnet und Sohn der Ingunn 1 genannt. Der Vater des Thord war Glum, der Sohn des Geiri. Thord war ein stattlicher und rüstiger Mann, geschickt in seinem Wesen und groß in Prozeßsachen. Thord baue die Schwester Thorkels zur Frau, die Aud hieß; sie war weder schön noch gewandt Thord liebte sie wenig; er hatte es hauptsächlich auf das Geld abgesehen, denn da war ein großes vermögen beisammen; ihre Wirtschaft gedieh, seit Thord mit hinzugekommen war, sich ihrer anzunehmen.
33. Der weise Gest deutet die Träume der
Gudrun
Gest, der Sohn des Oddleif, wohnte in Hagi am Bardast rand im Westland. 2 Er war ein großer Häuptling und 1
Einmal trug es sich zu, daß Gest nach dem Thing ritt und in Hol übernachtet hatte. Er brach morgens zeitig auf denn die Tagesstrecke war lang. Er gedachte abends in Thykkvafkog bei seinem Schwager Armod zu sein; dieser hatte Thorunn, Gests Schwester, zur Frau. Ihre Söhne waren Örnolfund Halldor. Gest ritt an dem Tage von Saurbö südwärts weiter und kam zur warmen Quelle im Sälingstal und rastete da etwas. Gudrun kam zur Ouelle und begrüßte ihren verwandten 1 Gest herzlich. Gest nahm ihren Gruß wohl auf, und sie kamen ins Gespräch miteinander, sie waren beide klug und wortgewandt. Und als die Zeit verging, sagte Gudrun: "Ich bitte dich. Lieber, daß du heute abend zu uns reitest mit deiner ganzen Schar ; das ist zugleich der Wunsch meines vaters, wenn er mir auch die Ehre gönnt, diese Einladung zu überbringen, ebenso bittet er, daß du jedesmal bei uns einkehrst, wenn du von Hause oder nach Hause reitest." Gest nahm das wohl auf und sagte, das sei ein großartiges Anerbieten, doch müsse er so Weit reiten, als er sichs vorgenommen habe
Gudrun sprach: viel habe ich zusammengeträumt den letzten Winter über, doch sind es vier Träume, die mir besonders Gedanken machen; und keiner bat sie mir so gedeutet, daß es mich befriedigt hätte; aber doch möchte ich nicht, daß sie mir nur nach Wunsch und Gefallen gedeutet werden." Da sagte Gest:"Erzähle deine Träume; es wäre möglich, das wir etwas draus machen können."
Gudrun sprach:"Es war mir, als stünde ich draußen an einem Bach und hätte eine Hakenhaube auf dem Kopfe; die schien mir nicht zu stehen, und ich hatte große Lust, eine andere aufzusetzen; aber viele redeten mir zu, ich solle das nicht tun; doch ich hörte nicht darauf und riß mir die Haube vom Kopfe und warf
Und weiter sprach Gudrun: Das war der Anfang deo zweiten Traumes, daß ich glaubte an einem See zu stehen. So war es mir, als sei mir ein Silberring an den Arm gekommen, der mein Eigentum war und mir sehr wohl anstand; es schien mir, alg sei das ein kostbares Klein-d, und ich hoffte, ibn lange zu besitzen. Und ehe ich mich des mindesten versah, da glitt mir der Ring vom Arm und in den See, und ich sah ihn nimmer wieder; dieser Verlust schien mich tiefer zu schmerzen, als wenn ich mir den Fall vorstellte, daß ich ein Schmuckstück verloren hätte. Darauf erwachte ich." Gest sagte nur: Dieser Traum ist nicht weniger bedeutend."
Weiter sprach Gudrun: "Mein dritter Traum war, das es mir vorkam, als hätte ich einen Goldring am Arm, der mein Eigentum war; ich dachte, daß mir mein Verlust nun ergetzt sri; es kam mir in den Sinn, daß ich mich an diesem Ring vielleicht länger freuen würde als an dem ersten, aber nicht schien mir dieser Schmuck um so besser anzustehen, als Gold kostbarer ist wie Silber. Dann war es mir, als fiele ich und wollte mich mit dem Arm stützen, aber der Goldring stieß auf einen Stein und sprang in zwei Stücke, und aus den Stücken schien mir Blut zu fließen. Ich hatte mehr das Gefühl der Trauer als das des Verlustes; es kam mir da in den Sinn. daß ein Sprung an dem Ring gewesen sein könnte; und als ich die Bruchstücke darauf ansah, glaubte ich mehrere Sprunge zu sehen, und doch schien es mir, als wäre er heil geblieben, wenn ich ihn besser gehütet hätte, und länger war dieser Traum nicht." Gest sagte: "Die Träume werden nicht geringer."
Und weiter sprach Gudrun: Das war mein vierter Traum, daß es mir schietti, als hätte ich einen goldenen Helm auf dem Haupte, der reich mit Edelsteinen besetzt war. Der kostbare Helm war mein Eigentum, und es quälte mich, daß er mir zu schwer war, denn ich konnte ihn kaum ertragen und trug den Kopfgebeugt, aber ich gab doch dem Helme deshalb keine Schuld und dachte nicht daran, mich von ibm zu trennen; und dach 1
Gest antwortete: Klar sehe ich vor mir, was diese Träume bedeuten, und es wird dir sehr einförmig vorkommen, denn ich werde sie alle fast in derselben Weise auslegen.
Du wirst vier Männer haben, und ich fürchte, wenn du dich mit dem ersten vermählst, daß das keine Neigungsheirat sein wird. Daß es dir so vorkam, als hättest du eine große Haube auf dem Kopfe, die dir nicht zu stehen schien, bedeutet, daß du ihn wenig lieb haben wirst; und daß du dir die Haube vam Kopfe nahmst und sie ins Wasser warfst, heißt, daß du ihn verlassen wirst. Man nennt es ja ins Wasser geworfen, wenn man sein Eigentum weggibt und nichts dafür bekommt."
Und weiter sprach Gest: "Das war dein zweiter Traum, daß es dir vorkam, als trügest du einen Silberring am Arm. Das heißt, du wirst einem andern Manne vermählt werden, einem vortrefflichen; den wirst du sehr lieb haben und nur kurze Zeit dich an ihm freuen; es wird mir nicht unerwartet kommen, wenn du ihn durch Ertrinken verlierst; weiteres habe ich über diesen Traum nicht zu sagen.
Das war dein dritter Traum, daß es dir vorkam, als trugst du einen Goldring am Arme. So wirst du einen dritten Mann haben nicht wird er dir mehr wert sein, wie dir auch das seltnere und teurere Metall nicht mehr galt. 1 Und es sagt mir meine Ahnung, daß in dieser Zeit ein Glaubenswechsel sein wird. und dein Mann wird einen Glauben angenommen haben, von dem wir fühlen, daß er viel erhabner sein wird. Und wenn es dir verkam, als spränge der Ring in Stücke, und war mit durch dein versäumen. und als sähest du ans den Stücken Blut fließen, so bedeutet das, daß dein Mann erschlagen wird; dann wirst du selbstdie starken Sprünge sehen, die in diesem Eheband gewesen sind."
Und weiter sprach Gest: "Das war dein vierter Traum, daß es dir vorkam. als hättest du einen Goldhelm auf dem Kopfe, einen mit Edelsteinen besetzten, der dir schwer zu tragen war,
Gudrun war blutrot geworden, während die Träume gedeutet wurden, doch äußerte sie kein Wort, ehe Gest seine Rede endet hatte. Dann sagte Gudrun: "Du hättest bessere voraussagen in deiner Rede vorbringen können, hätte ich dir besseres an die Hand gegeben. Doch habe Dank dafür, daß du die Träume gedeutet hast. Aber schwere Gedanken muß man sich machen, wenn dies alles so eintreffen soll." Gudrun lud nun Gest aufs neue ein, daß er sich einen Tag dort aufhalten solle, sie sagte, daß Osvifr manch kluges Wort mit ihm reden würde. Er antwortete: " Weiterreiten muß ich, wie es bestimm t ist, aber deinem Vater sollst du meinen Gruß bringen, und sag ihm diese meine Worte, es werde so kommen, daß einst zwischen unser beider Wohnstätten ein geringerer Abstand sein wird; da werden wir beide bequem uns unterhalten können, wenn es uns dann noch erlaubt sein sollte, miteinander zu sprechen. 2
Darauf ging Gudrun heim, aber Gest ritt weiter und traf an der Einhegung der Hauswiese von Laugar einen Mann von Olafs Hofe. Er lud Gest im Auftrage Olafs nach Hjardarholi ein. Gest sagte, er wolle Olaf am Tage besuchen, aber übernachten in Thykkvaskog. Der Knecht kehrte gleich um und sagte Olaf, was er ausgerichtet hatte. Olaf ließ Pferde holen und ritt mit einigen Leuten Gest entgegen. Gest und Olaf trafen sich im Tal an der Lja. Olaf begrüßte ihn herzlich und lud ihn mit seiner ganzen Schar zu sich ein. Gest dankte ihm für die Einladung und sagte, er wolle auf seinen Hof reiterei und sein Hauswesen besehen, aber übernachten müsse er bei Armod. Gest verweilte da nur einige Zeit und sah sich doch überall um auf dem Hof und sprach sein Lob über alles aus; er sagte, es sei das Geld nicht gespart für diesen Hof. Olaf gab ihm das Geleit auf den Weg bis zum Lachsfluß.
Die Ziehbrüder waren an dem Tage beim Schwimmen gewesen; die Olafssöhne waren die Anführer bei diesem vergnügen Viele junge Männer von andern Höfen hatten sich zum Schwimmen eingefunden. Kjartan und Bolli waren aus dem Wasser gekommen. als die Schar auf den Fluß zuritt, und schon fast ganz angekleidet, als Gest und Olaf herangeritten kamen. Gest sah diese jungen Männer eine Zeitlang an und sagte dann Olaf, wo Kjartan sap und wo Bolli; darauf wies Gest mit der Speerspitze auf jeden einzelnen der Olafssöhne und nannte sie alle, die da waren. Es waren dort aber noch viele andere sehr stattliche junge Männer. die aus dem Wasser gekommen waren und auf dem Ufer neben Kjartan und seinen Brüdern saßen. An diesen, sagte Gest, fände er keine Züge von Olafs Geschlecht.
Da sprach Olaf: Man kann wirklich nicht genug sagen über die Gaben deines Geistes, Gest, wenn du Männer erkennst, die du vorher nie gesehen bast; nun möchte ich noch, daß du mir sagst, wer von diesen jungen Männerrn der hervorragendste sein wird." Gest antwortete: "Das wird sich ganz so erfüllen, wie es deine Herzensliebe begehrt, daß Kjartan der am höchsten gepriesene sein wird. so lange erlebt." Darauf spornte Gest sein Pferd und ritt davon.
Und einige seit darauf ritt Thord der Kurze, sein Sohn, an seine Seite und sprach: Was soll das bedeuten, lieber Vater daß dir die Tränen herabrinnen?" Gest antwortete: Es bringt keinen Nutzen, das zu offenbaren, aber ich begehre doch nicht darüber zu schweigen, was sich in deinen Tagen ereignen wird; nicht wird es mich überraschen, wenn Bolli Kjartans Haupt blutig auf die Erde legt und wenn auch ihm deshalb das Todeslos zu teil wird, aber furchtbar ist es. das vorher zu wissen bei so herrlichen Männern." Darauf ritten sie zum Thing, und es war ruhig auf dem Thinge.
34. Gudruns erste Ehe
Thorvald hieß ein Mann, der Sohn Halldors. des Goden von Garpstal. Er wohnte auf Garpstal am Gilsfjord, 1 ein reicher Mann. aber kein besonderer Held. Er hielt um Gudrun,
Gudrun wurde bei dieser ganzen Sache nicht gefragt, doch verhehlte sie ihr Mißfallen nicht, es blieb aber ruhig. Die Hochzeit fand Ende des Soma)1ers in (Garpsbtal statt. Wenig Neigung hatte Gudrun für Thorvald und war beschwerlich in der Anschaffung von Frauensachen. Da gab es keine noch so kostbaren Stücke in den Westfjorden, daß nicht Gudrun es angemessen hielt, sie in ihren Besitz zu bringen, und sie zeigte sich feindselig gegen Thorvald, wenn er sie nicht kaufte, wie viel sie auch kosten mochten.
Thord, der Sohn der Ingunn, machte sich vertraut bei Thorvald und Gudrun und war viel bei ihnen. Da gab es großes Gerede darüber, daß zwischen Thord und Gudrun ein Liebesverhältnis bestehe.
Es geschah einmal, daß Gudrun Thorvald um Anschaffung von Frauensachen anging. Thorvald sagte, sie wisse nicht, was Maß sei und gab ihr einen Backenstreich. Da sprach Gudrun: "Nun hast du mir das gegeben. was wir Frauen für sehr wichtig halten, daß wir es nach Wunsch besitzen, nämlich eine gute Gesichtsfarbe, und du hast mir eine Lehre gegeben, dich nicht mehr durch meine Ansprüche zu belästigen " Am selben Abend kam Thord dorthin, Gudrun erzählte ihm, wie schmählich sie behandelt worden sei, und Sagte ihn, wie sie
das vergelten solle. Thord lächelte und sagte: Dafür weiß ich einen guten Rat. Mach' ihm ein Hemd mit einem Halsausschnitt, der zur Scheidung genügt, 1 und erkläre dann aus diesem Grunde die Scheidung. Gudrun antwortete nichts darauf, und sie brachen das Gespräch ab.Im Frühling darauf erklärte Gudrun, daß sie sich von Thorvald scheide, und kehrte nach Laugar zurück. Darauf wurde die Vermögensteilung zwischen Thorvald und Gudrun vorgenommen, und sie bekam die Hälfte des ganzen Vermögens und hatte nun mehr als vorher. Zwei Winter waren sie zusammen gewesen.
In demselben Frühjahr verkaufte Ingunn ihr Land am Kroksfjords 2 wo Ingunnarstadir liegt, und zog westwärts nach Skalmarnes. 3 Sie war mit Glum, dem Sohne des Geiri, verheiratet gewesen, wie oben geschrieben ist. In dieser Zeit wohnte der Gode Hallstein auf Hallsteinsnes westlich von Thorskafjord. 4 Er war ein mächtiger Mann und von mittlerer Beliebtheit.
35. Thord scheidet sich von Aud und heiratet
Gudrun-Thord ertrinkt infolge der
Zauberei des Kotkel
Kotkel hieß ein Mann, der vor kurzem nach Island ausgewandert war. Grima hieß seine Frau. Ihre Söhne waren Hallbjörn Schleifsteinauge und Stigandi. Diese Leute stammten von den Hebriden. Alle waren sie in geheimen Künsten bewandert und die grösten Zauberer. Hallstein der Gode nahm sie in seinen Schutz und siedelte sie in Urdir im Skalmarfjord 5 an, aber man sah es nicht gern, daß sie da wohnten.
In diesem Sommer reiste Gest zum Thing und fuhr zu Schiff nach dem Saurbö, wie er gewöhnlich tat. Er übernachtete auf 1
Es war eines Tages, als sie über die Blaskogahnde ' ritten — das Wetter war schön — da sprach Gudrun: "Ist das wahr, Thord, daß deine Frau Aud immer in Hosen geht mit einem Schlußstück und mit Wadenstreifen, die ganz hinunter bis zu den Schuhen gewickelt sind:" Er sagte, er habe das nicht bemerkt. 2 " So ist wohl nicht viel daran," sagte Gudrun, " wenn du es nicht bemerkt hast; aber aus welchem Grunde nennt man sie da Hosen-Aud?" Thord sprach: Ich vermute, daß sie noch nicht lange so genannt wird." Gudrun antwortete: " Das mag sie wohl mehr angeben. daß sie diesen Namen von jetzt an lange tragen wird."
Nun kamen die Männer zum Thing und es geschah gar nichts besonderes. Thord machte lange Besuche in der Thingbude des Gest und unterhielt sich allezeit mit Gudrun. Eines Tages Sagte Thord, der Sohn der Ingunn, Gudrun, was einer Frau gebühre wenn sie immer in Hosen gebe wie die Männer. Gudrun antwortete: " Die gleiche Strafe hat die Frau da ihrerseits zu gewärtigen, wie der Mann, der einen so großen Halsausschnitt trägt, daß man seine entblößten Brustwarzen sehen kann, es ist ein Scheidungsgrund, eines wie das andere. Da sprach Thord: "Was rätst du mir: soll ich meine Scheidung von Aud hier auf dem Allthing erklären oder daheim in meinem Bezirk, wo ich es mit der Zustimmung anderer tun könnte, denn die Männer sind stolzen Sinnes, die sich durch diesen Schritt beleidigt fühlen werden." Gudrun antwortete 1
Mir ists lieb, daß ichs weiß, also verlassen bin ich. 2 |
Darauf ritt Thord zur Vermögensteilung hinüber nach dem Saurbö mit elf Mann, und das ging ohne Schwierigkeit ab, denn Thord ließ es sich wenig kümmern, wie das vermögen geteilt wurde. Thord trieb viel Hausvieh herüber nach Laugar. Darauf hielt er um Gudrun an; sein Antrag war Osvifr willkommen, und Gudrun sprach nicht dagegen. Die Hochzeit sollte in Laugar sein, zehn Wochen vor Winteranfang; dieses Fest war sehr großartig. Das Zusammenleben von Thord und Gudrun war gut. Thorkel Hündlein und Knut strengten nur deshalb keine Klage gegen Thord, den Sohn der Ingunn, an, weil sie nicht die nötige Unterstützung fanden.
Im Sommer darauf hatten die Leute von Hol die Saiter bezogen im Hvammotal. Aud war auf dem Säter. Die Leute von Laugar hatten die Säter im Lambatal bezogen, das geht westlich vam Sälingstal ins Gebirge hinauf. Aud Sagte den Mann, der das vieh hütete, wie oft er den Hirten von Laugar treffe. sagte, das geschehe täglich, wie es ja zu vermuten war, denn es war nur ein Rücken zwischen den Almen. Da sprach Aud: "Du sollst heute mit dem Hirten von Laugar zusammenkommen und mir dann Bescheid geben. wer von den Leuten drüben auf dem Hofe und wer auf dem Säter ist, und sprich nur ganz freundschaftlich von Thord, so wie sichs gehört." Der Hirt sagte, er wolle es so ausrichten, wie sie befohlen habe. Und abends, als der Hirt heim kam, Sagte ihn Aud. wao er neues bringe. Der Hirt antwortete: "Eine Neuigkeit
Und etwas nach Sonnenuntergang stieg Aud Pferde und war da nun wirklich in Hosen. Der Hirt ritt das andre Pferd und konnte ihr nur mit Mühe folgen, so wild jagte sie vorwärts. Sie ritt südwärts über die Sälingstalsheide und hielt nicht eher inne als vor dem Hofgebege von Laugar. Da stieg sie ab und sagte dem Hirten, er solle auf die Pferde achten, so lange ue im Haus sei. Aud ging auf die Tür zu, sie war nicht verschlossen; dann trat sie in das Herdhaus und ging nach der Kammer. in der Thord lag und schlief. Die Tür war zu, aber kein Riegel vorgeschoben. Sie trat in die Kammer ein, Thord schlief und lag auf dem Rücken. Da weckte Aud ihn auf, und er wandte sich nach der Seite, als er sah, daß jemand gekommen war. Sie zückte ein Schwert und hieb nach ihm und versetzte ihm eine starke Wunde, sie traf seinen rechten Arm und verletzte ihn an beiden Brustwarzen; sie schlug so fest zu, daß das Schwert im Bettkasten stecken blieb. Darauf ging Aud fort und kam zu ihrem Pferde und saß auf und ritt dann beim.
Thord wollte aufspringen, als er die Wunde empfing, aber er konnte nicht, denn der Blutverlust machte ihn schwach. Unterdessen erwachte Osvifr und fragte, was denn los sei. Thord sagte, er habe eine Wunde bekommen. Osvifr fragte, ob er wisse, wer ihn überfallen habe, und stand auf und verband seine Wunden. Thord sagte, er glaube, daß es Aud gewesen sei. Osvifr erbot sich, ihr nachzureiten, er sagte, sie sei wahl mit geringer Begleitung gekommen, und so würde ihr schon die gebührende Bestrafung zuteil werden. Thord antwortete, dag solle keinesfalls geschehen, er sagte, sie habe so gehandelt, wie sie handeln mußte.
Aud kain heim bei Sonnenaufgang und ihre Brüder fragten sie, wo sie gewesen sei. Aud sagte, sie sei in Laugar gewesen, und
erzählte ihnen, was sich zugetragen hatte bei ihrer Fahrt. Sie gaben ihre Freude kund darüber und sagten, es sei nur zu wenig gewesen. Thord lag lange an seinen Wunden danieder; die Brustwunden heilten gut aus, aber sein Arm war von nun an keineswegs besser zum Zugreifen geschickt als früher. Still blieb es nun den Winter über.über im Frühjahr darauf kam Ingunn, Thords Mutter, herüber aus Skalmarnes. Er nahm )ie wohl auf. Sie sagte, Thord müsse ihr Boot ins Schlepptau nehmen, sie habe so viel zu leiden an Raub und Hexerei von Kotkel und seiner Frau und seinen Söhnen- über denen der Gode Hallstein seine Hand halte. Thord gab gleich ihrer Bitte Gehör und sagte, er würde diese Diebe ur Rcchenschaft ziehen, und wenn sich auch Hallstein entgegen stellen sollte; er machte sich sofort auf den Weg mit neun Mann. Ingunn reiste auch heimwärts mit ihnen. verschaffte äch ein Reiseboot in Tjaldanes. Dann segelten sie westwärts nach Skalmarnes. Thord lies alles bewegliche Gui, das die Mutter dort hatte, an Bord bringen, aber das vieh sollte über Land um die Fjorde getrieben werden. Zwölf waren sie im ganzen auf dem Schiff. Da war Ingunn und eine andre Frau.
Thord kam zum Hofe Kotkels mit neun Mann. Die Söhne Kotkels waren nicht zu Hause. Darauf lud er Kotkel und Grima und ihre Söhne vor wegen Diebstahl und Hexerei und klagte auf Friedlosigkeit. Er lud sie vor das Allthing und kehrte dann auf das Schiff zurück. Da kamen Hallbjörn und Stigandi heim, als Thord abgefahren, aber noch nicht weit gekommen war; Kotkel erzählte seinen Söhnen, was sich da zugetragen hatte. Die Brüder wurden wütend darüber und sagten, noch nie habe jemand so zum offenen Schlage gegen sie ausgeholt in solcher Feindseligkeit. 1 Darauf ließ Kotkel ein großes Zaubergerüst aufrichten. Sie stiegen alle zusammen hinauf. Da ließen sie erklingen grimmig gefügte Weisen: das waren Zaubersprüche. Sofort brach ein starkes Unwetter los. Das verspürte Thord, der Sohn der Ingunn 1
36. Kotkel wird von Thorleik, dem Sohne
des Höskuld, Lachswassertal angesiedelt
Diese Geschichte verbreitete sich weit im Lande, und man sprach mit Entrüstung davon; man meinte, die Leute seien des Todes schuldig, die solchen Zauber verübten, wie Kotkel und die Seinen ins Werk gesetzt hatten. Gudrun war sehr ergriffen vom Tode Thords, sie war damals schwanger und der Niederkunft nahe; Gudrun gebar einen Knaben; er wurde mit Wasser benetzt und Thord genannt.
In dieser Zeit wohnte Snorri der Gode in Helgafell er war ein verwandter des Osvifr und sein Freund; Gudrun und die Ihrigen hatten bei ihm auf sichern Schutz zu rechnen. Snorri kam nach Lau gar, wohin er eingeladen war. Da klagte Gudrun dem Goden Snorri ihre schwierige Lage, aber er versprach
Nun begab sich Gest, Oddleifs Sohn, zu Hallstein dem Goden und ließ ihm die Wahl zwischen zwei Dingen, entweder solle er diese Hexenmeister fortjagen, oder, sagte er, er würde sie umbringen — und das h ,reie früher geschehen sollen." 1 Hallstein entschied sich schnell und befahl ihnen fortzuziehen und nicht Halt zu machen diesseits der Dalaheide, er sagte, es wäre besser gewesen, man hätte sie umgebracht.
Darauf zog Kotkel mit den Seinen fort, sie hatten nicht mehr vieh mit als vier Zuchtpferde. Der Hengst war schwarz, groß und schön und erprobt tm Pferdekampf. Über ihre Reise wird nichts berichtet, bis sie nach Kambsnes kamen zu Thorleik, dem Sohne des Höskuld. Er handelte mit ihnen um die Pferde, denn er sah, daß es kostbare Tiere waren. Kotkel sagte: Ich will dir einen Vorschlag machen. Nimm die Pferde und gib mir eine Hofstelle hier in deiner Nähe." Thorleik sprach: "Da würden mir die Pferde ziemlich jener zu stehen kommen, denn nach dem, was ich gehört habe, würdet ihr hier in dieser Gegend wohl Händel zu erwarten haben." Kotkel antwortete: Du denkst dabei an die Leute von Laugar." Thorleik sagte, so sei es. Da sprach Kotkel: Es verhält sich doch etwas anders mit unserer Streitsache gegen Gudrun und ihre Brüder, als dir berichtet worden ist; man hat Schmach über uns gebracht ohne veranlassung; dieser Sache wegen kannst du die Pferde ruhig nehmen; nach allem, was man sich von dir erzählt, werden wir den Leuten dieser Gegend nicht preisgegeben sein, wenn wir auf deinen Schutz rechnen können." Thorleik überschlug sich die Sache, die Pferde schienen ihm 1
Das erfuhren die Leute von Laugar, und die Söhne des Osvifr wollten sofort einen Angriff auf Kotkel und seine Söhne machen. Osvifr sprach:"Halten wir uns an den Kai des Goden Snorri und sparen wir dieses Werk andern auf, denn es wird nicht lange dauern, bis die Nachbarn Kotkels nagelneue Händel mit ihnen haben, und der größte Schaden wird. wie es billig ist; den Thorleik treffen; bald werden viele seine Feinde sein, die ihm früher Achtung erwiesen haben, aber ich werde euch nicht abhalten, dem Kotkel und seinen Leuten so viel Böses anzutun, wie es euch gefällt, wenn nicht andere sich finden sollten, sie aus unserer Gegend zutreiben oder überhaupt aus dem Wege zu schaffen, nachdem drei Winter vergangen sein werden." Gudrun und ihre Brüder sagten, so solle es sein. Kotkel und und seine Leute arbeiteten nicht viel für ihren Unterhalt, doch brauchten sie im Winter nicht Heu oder Lebens- mittel zu kaufen; allen war es zuwider, daß sie sich angesiedelt hatten. Aber man traute sich Thorleiks wegen nicht, ihr Hauswesen zu stören.
37. Kari, Hruts Sohn, wird durch Zauber
getötet
Es war eines Sommers während des Thinges, als Thorleik in seiner Thingbude saß, daß ein großer Mann in die Bude eintrat. Er begrüßte Thorleik und der erwiderte den Gruß des Mannes und Sagte ihn nach seinem Namen und woher er sei. sagte, er heiße Eldgrim und wohne im Gebiet des Borgarfjord auf dem Hofe, der Eldgrimssta dir heiße; und dieser Hof liegi in dem Tal, das sich westlich in das Gebirge zwischen Muti und Grisartunga einschneidet; das Tal heißt jetzt Grimstal. Thorleik sagte "Ich habe über dich sprechen hören, und zwar, daß du ein Mann von nicht kleinem Sinne bist." Eld grim sprach: "Das ist mein Geschäft hier, daß ich dir die wertvollen Zuchtpferde abkaufen will. die Kotkel
dir im vorigen Sommer gegeben hat." Thorleik antwortete Die Pferde sind mir nicht feil. Eldgrim sagte: "Ich biete dir ebensoviele Zuchtpferde und noch eine Zugabe und viele werden sagen, daß ich dir den doppelten Wert anbiete. Thorleik sagte: Ich bin kein Pferdehändler, und diese Pferde bekommst du niemals. wenn du mir auch das Dreifache dafür bietest." Eldgrim sagte: Das ist nicht gelogen, daß du großmächtig und eigensinnig bist. Ich möchte dir wünschen, daß du eine weniger vorteilhafte Bezahlung bekämest, als ich dir jetzt angeboten habe, und doch die Pferde hergehen müßtest." Thorleik wurde dunkelrot bei diesen Worten und sagte: Du wirst schon etwas mehr wagen müssen, Eldgrim, wenn du mir die Pferde abzwingen willst." Eldgrim sprach : Es kommt dir unwahrscheinlich vor, daß du mir unterliegen könntest, aber diesen Sommer werde ich kommen. mir die Pferde zu besehen, wem von uns beiden es beschieden sein mag, sie in Zukunft zu besitzen. Thorleik sagte: "Tue, was du mir androhst, aber komme mir nicht mit Übermacht. Darauf brachen sie das Gespräch ab. Das sagten die Leute, die zugehört hatten, daß da bei ihrem Wortwechsel keiner zu kurz gekommen sei. Darauf reisten die Leute nach Hause vam Thinge und es geschah gar nichts Besonderes.Es war eines Morgens in der Frühe, daß ein Mann sich draußen umsah beim Bonden Hrut, dem Sohn des Herjolf, auf Hrutsstadir. Und als er wieder herein kam, fragte ihn Hrut, ob es etwas Neues gäbe. Er sagte, er wüste weiter nichts Neues zu erzählen, als daß er habe einen Mann von drüben durch das seichte Wasser heranreiten sehen, dorthin, wo die Pferde Thorleiks stünden; der Mann sei abgestiegen und habe sich mit den Pferden zu schaffen gemacht. Hrut fragte, wo die Pferde stünden. Der Knecht antwortete: Sie haben sich wieder an die gute Weide gehalten, sie standen in deinen Wiesen nicht weit vom Gehege der Hofwiese. Hrut sagte: "Es ist schon wahr, daß mein Neffe Thorleik sich kein Gewissen daraus macht, die Weide zu nehmen, wo er sie findet, und ich glaube nicht, daß die Pferde auf seinen Befehl fortgetrieben werden." Darauf sprang Hrut auf im Hemde und Leinenhosen und warf
einen grauen Mantel über sich und nahm in die Hand die graße Streitart mit Goldschmuck, die ihm der König Harald geschenkt batie. 1 Er ging hinaus mit einiger Hast und sah, daß ein Mann mit Pferden am Hofgehege vorüber ritt. Heut trat ihm entgegen und sah, daß Eldgrim 2 die Pferde vor sich hertrieb. Hrut grüßte ihn. Eldgrim erwiderte seinen Gruß, aber etwas zögerns. Hun fragte, wohin er die Pferde treiben walle. Eldgrim antwortete: "Ich will dir das nicht verbergen, obgleich ich weiß, daß du ein Verwandter Thorleiks bist: so bin ich zu den Pferden gekommen, daß ich gedenke, sie ihm niemals wieder zu geben. Ich habe auch das ausgeführt, was ich ihm auf dem Thinge gelebte, daß ich nicht mit einer großen Schar die Pferde baien wollte." Hrut sagte: "Das ist kein besonderer Mut, wenn du die Pferde wegnimmst, während Thorleik in seinem Bett liegt und schläft. Du wirst das am besten ausführen, was ihr miteinander ausgemacht habt, wenn du ihn triffst, ehe du mit den Pferden aus unsrer Gegend reitest." Eldgrim sprache "Laß es Thorleik wissen, wenn du willst, du siehst ja, ich habe mich so vorbereitet, daß es mir nur gefallen könnte, wenn Thorleik und ich zusammentrafen," — und dabei schwenkte erden Hakenspeer, den er in der Hand hielt. Er trug auch einen Helm auf dem Kopfe und hatte ein Schwert am Gürtel, einen Schild an der Seite; ertrug eine Brünne. Hrut sprach: "Ich will lieber suras andres versuchen als nach Kambsnes zu gehen, denn ich bin schwerfällig auf den Füßen; aber nicht werde ich Thorleik berauben lassen, wenn ich es verhindern kann, obgleich unsere verwandtschaft nicht viel besagen hat. 3 Eldgrim sprach: "Du denkst doch nicht etwa mir die Pferde wegzunehmen:" Hrut antwortete: "Ich will dir andre Zuchtpferde geben, unter der Bedingung, daß du diese losläßt, wenn meine auch nicht eben so gut sind wie diese." Eldgrim sprach: "Alles sehr gut, was du redest, Hrut, aber, weil ich meine Hand auf die Pferde Thorleiks gelegt habe, so sollst du mir sie nicht entreißen, weder mit Bestechung,Thorleik begab sich nun zu seinen Pächtern. Kotkel und Grima, und bat irgend etwas auszuführen, warin für Hrut eine Beschämung liege. Sie zeigten sich sehr willig dazu und sagten, sie seien völlig gerüstet für sa etwas. Darauf kehrte Thorleik heim.
Aber kurze Zeit darauf brachen sie auf. Kotkel und Grima und ihre Söhne; es war in der Nacht. Sie begaben sich zum Hofe Hruis und begannen dort einen starken Sauber. Und als die Zauberklänge sich erhoben, da konnten die Leute im Hause sich gar nicht denken. was das bedeuten sollte; aber schön war die Weise anzuhören. Hrut allein kannte diese Töne und ver
Dann ritt er zu Olaf, Höskulds Sohn, und berichtete ihm, was geschehen war. Olaf wurde wütend über diese Kunde und sagte, es sei eine große Gedankenlosigkeit von ihnen gewesen, daß sie hätten solche Bösewichter wie die Kotkelleute so in ihrer Nähe sitzen lassen; er sagte, Thorleik habe sich gegenüber Hun in eine sehr böse Sache eingelassen, doch sei die Wirkung wohl schlimmer gewesen, als er gedacht habe. Olaf sagte, sie wallten nun auf der Stelle Kotkel, seine Frau und seine Söhne töten, —"und das hätte längst geschehen sollen. 1 Olaf und Hrut zogen aus mit fünfzehn Mann. Und als Kotkel und die Seinen den Trupp anreiten sahen, flohen sie ins Gebirge. Da wurde Hallbjörn Schleifsteinauge gefangen und ihm ein Sack übern Kopf gezogen. 2 Es wurden Leute bestimmt, die ihn zu bewachen hatten, und andere verfolgten Kotkel, Grima und Stigandi ins Gebirge. Man holte sie ein auf dem Rücken zwischen dem Haukatal und dem Lachswassertal; da wurden sie mit Steinen erschlagen und über ihnen ein Steinhaufen aufgeworfen, man siebt noch Reste davon , die Stelle heißt Skrattavardi. 3 Stigandi floh vom Bergrücken südwärts hinunter ins Haukatal und da entschwand er ihnen. Hrut und seine Söhne führten Hallbjörn mit sich zum Strande. Sie zogen ein Boot ins Wasser und ruderten mit 1
Kurze Zeit darauf kam Hrut zu seinem Neffen Olaf und sagte ihm, er wolle die Sache mit Thorleik nicht so auf sich beruhen lassen und bat ihn um Leute; Thorleik anzugreifen. Olaf antwortete: Das gehört sich nicht, daß ihr verwandten Hand aneinander legt; unglückselig hat sich das Thorleik gewendet; wir wollen lieber versuchen, euch beide zu versöhnen. Du hast ja schon früher mit Ehren und lange ausgeharrt, bis dir dein Recht wurde. 1 Hrut sagte: "Hier ist an so etwas nicht zu denken, zwischen uns beiden kann der Bruch niemals mehr heilen; es ist mein verlangen, daß wir beide nun nicht lange mehr nebeneinander im Lachswassertal wohnen. Olaf antwortete: Es wird dir nicht dienlich sein, weiter gegen Thorleik vorzugehen, als ich es erlaube; und wenn du es doch tust, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß auf das Hinauf ein Hinunter folgt." Hrut merkte nun, daß hier nichts zu machen war, er kehrte heim und war sehr übel damit zufrieden, aber äußerlich blieb es ruhig und die Leute verhielten sich das Jahr über.
38. Olaf veranlaßt seinen Bruder Thorleik
auszuwandern
Nun ist von Stigandi zu erzählen. Er hauste in den Odmarken und wurde gefährlicher Räuber. Thord hieß ein Mann, er wohnte in Hundatal; er war ein wohlhabender Mann aber kein Häuptling. Eines Sommers bemerkte man in Hundatal, daß das vieh wenig Milch gab; eine Frau besorgte
An demselben Tage ging sie zu ihrer Herde. Da kam Stigandi zu ihr. Sie begrüßte ihn freundlich und erbot sich, ihm die Haare su durchsuchen. Er legte seinen Kopf in ihren Schoß und schlief bald ein. Da sog sie sich unter seinem Kopfe hervor und eilte zu Olaf und sagte ihm, wie es stünde. Sie machten sich nun auf den Weg zu Stigandi und beredeten untereinander; daß es mit ihm nicht so geschehen solle wie mit seinem Bruder: er solle nicht so viel ansehen dürfen, daß da ein Schaden geschähe. Sie nahmen nun einen Sack und zogen ibm den übern Kopf. Stigandi erwachte dabei und versuchte erst gar keinen Widerstand, denn es waren viele gegen einen. Es war ein Riß in dem Sack, und Stigandi gelang es, auf der einen Seite einen Blick auf den Bergabhang zu werfen. Da war schöner Boden und dichter Graswuchs. Es war nun gerade so, als käme ein Wirbelwind darüber und kehrte den Boden um, so daß dort niemals mehr Gras gewachsen ist. Der Platz heißt nun Brenna. Darauf schlugen sie Stigandi mit Steinen zu Tode, er wurde dort unter einem Steinhaufen geborgen. Olaf belohnte die Magd gut und gab ihr die Freiheit. und oic kehrte mit ihm nach Hjardarholt zurück.
Hallbjörn Schleifsteinauge trieb an aus der Brandung, kurze Zeit darauf, nachdem man ihn ertränkt hatte. Die Stelle heißt
Knarrarnes, wo man ihn unter einen Steinhaufen legte. Er ging viel um. Ein Mann wird erwähnt; der Thorkel Glatzkopf hieß. Er wohnte in Thykkvaskog auf seinem väterlichen Hof. Er war ohne alle Furcht und sehr stark. Eines Abends vermiste man eine Kuh in Thykkvaskog; Thorkel ging aus, sie zu suchen und ein Knecht mit ihm. Es war nach Tagesende und Mondschein. Thorkel sagte, sie wollten in verschiedener Richtung suchen. und als Thorkel allein war, schien es ihm, als sehe er die Ruh vor sich auf einer Halde; als er aber näher kam, war es Schleifsteinauge und nicht die Kuh. Sie griffen sich an mit furchtbarer Gewalt. Hallbjörn versuchte sich loszuwinden, und ehe Thorkel sich des mindesten versah, glitt er ihm unter den Händen in die Erde nieder. Darauf kehrte Thorkel heim. Der Knecht war auch heimgekommen und hatte die Kuh gefunden. Seitdem tat Hallbjörn keinen Schaden mehr.Thorbjörn Skrjup war damals gestorben und ebenso Melkorka, sie liegen beide unter einem Grabmal im Lachswassertal, und ihr Sohn Lambi saß nach ihnen auf dem Hof. Er war ein sehr streitbarer Mann und sehr vermögend. Lambi galt bei den Leuten mehr als sein Vater wegen seiner mütterlichen Verwandten . Das verhältnis unter den verwandten war gut.
Es verging nun der nächste Winter nach dem Tode Kotkels. Im Frühjahr darauf trafen sich die Brüder Olaf und Thorleik ; Olaf fragte, ob Thorleik vorhabe, seinen Hof festzuhalten. Thorleik antwortete, so sei es. Olaf sprach: Darum möchte ich Euch bitten, Bruder, daß Ihr Eure Wirtschaft hier aufgeht und auswandert. Du wirst als ein angesehener Mann gelten, wohin du auch kommst; ich vermute aber von unserm Oheim Hrut, daß er nach dem, was zwischen euch vorgefallen ist, dir bittre Feindschaft geschworen hat. Ich möchte es nicht länger darauf ankommen lassen, daß ihr euch so nahe sitzt; Hrut ist mächtig, seine Söhne sind alles stolze und streitbare Gesellen; ich würde als verwandter in eine schlimme Lage kommen, wenn ihr im Bösen aneinander gerietet, beide mir verwandt." Thorleik sprach: Ich habe keine Angst, daß es mir nicht gelingen sollte, mich aufrecht zu halten vor Hrut und seinen
Söhnen, und deshalb würde ich das Land nicht verlassen, Aber wenn dir daran so viel liegt, Bruder, und du fürchtest, dadurch in große Verlegenheit zu kommen, so will ich es gern tun um deines Wunsches willen, denn mir gefiel mein Leben am besten, so lange ich im Ausland war; ich weiß auch, daß du nicht weniger gut zu meinem Sohne Bolli sein wirst, wenn ich nicht mehr in der Nähe bin, und ihn habe ich am liebsten auf der Welt." Olaf antwortete: "Du handelst richtig in dieser Sache, wenn du meiner Bitte nach gibst; was Bolls angeht, gedenke ich mich in Zukunft zu verhalten wie bisher, und gegen ihn nicht anders zu sein als gegen meine eignen Söhne." Darauf schieden die Brüder von einander in großer Freundlichkeit. Thorleik verkaufte nun seine Güter und versah sich mit Geld zur Auswanderung. Er kaufte ein Schiff, das in Dagverdarnes auflag. Und als er mit allem fertig war, ging er an Bord mit seiner Frau und seinem ganzen Hausgesinde. Das Schiff batie gute Fahrt und sie kamen im Herbst nach Norwegen. von da reiste er südwärts nach Dänemark, denn es wollte ihm in Norwegen nicht mehr gefallen; seine Verwandten und Freunde waren gestorben, einige auch aus dem Lande vertrieben. Dann segelte Thorleik nach Götaland. Es wird allgemein erzählt, daß Thorleik kein hohes Alter erreichte, aber sehr angesehen war, so lange er lebte. Und damit schließen wir die Erzählung von Thorleik.
39. Kjartan und Gudrun
Darüber wurde viel gesprochen in den Tälern des Breidifjords, wie es Hrut und Thorleik gegangen war und wie Hrut hatte von Kotkel und seinen Söhnen so schweres Leid erfahren . Da sprach Osvifr mit Gudrun und ihren Brüdern und bat sie, sichs zu überlegen, ob sie besser daran getan haben würden, wenn sie sich selbst in die Gefahr mit solchem Teufelsvolk begeben hätten, wie Kotkel und seine Leute gewesen waren. Gudrun sprach: "Der ist nicht unberaten. Vater der dich um Rat bitten kann."
Olaf saß nun auf seinem Hofe in großen Ehren, und alle seine Söhne waren daheim und ebenso Bolli, ihr Vetter und Ziehbruder.
Kjartan war der erste unter den Söhnen Olafs. Kjartan und Bolli liebten sich am meisten; Kjartan ging migendwohin, ohne daß Bolli ibn begleitete. Kjartan kam oft nach der heißen Quelle im Sälingstal. Gewöhnlich traf es sich so, daß Gudrun an der Ouelle war; Kjartan fand vergnügen daran, sich mit Gudrun zu unterhalten, denn sie war klug und beredt. Alle kamm darin überein, daß kein passenderes Paar unter allen jungen Leuten, die damals aufwuchsen, gefunden werden konnte, als Kjartan und Gudrun. Große Freundschaft war auch zwischen Olaf und Osvifr, man lud sich oft ein und deshalb nicht seltner; weil die jungen Leute sich gern hatten.Einmal redete Olaf mit Kjartan: "Ich weiß nicht, warum mir immer das Herz schwer wird, wenn du nach Laugar gehst und mit Gudrun dich unterhältst. Es ist nicht deshalb, als stellte ich nicht Gudrun höher als alle andern Frauen, und als erschiene mir sie nicht als die einzige, die ich deiner für ganz würdig hielte; aber es ist meine Ahnung, doch soll es keine Weissagung sein, daß unsere Familie und die von Lau gar nicht bis zum Ende glückliche Beziehungen miteinander haben werden." Kjartan sagte, er wolle nicht dem Willen seines vaters entgegen handeln, so weit es an ihm liege, doch hoffe er, dies würde besser ausgehen, als der Vater vermute. Kjartan setzte seine Besuche in gewohnter Weise fort. Bolli war immer mit ihm. Das Jahr ging nun hin.
40. Kjartan und Bolli in Norwegen
Asgeir hieß ein Mann, er wurde genannt Brausekopf. Er wohnte auf Asgeirsa im Vidttal. 1 Er war der Sohn des Audun Skökul; der kam als erster seines Geschlechts nach Island und nahm das Vidital in Besitz. Ein zweiter Sohn des Audun hieß Thorgrim Graukopf; er war der Vater des Asmund , des vaters des Grettir. Asgeir Brausekopf hatte fünf Kinder. Der älteste Sohn hieß Audun, der Vater des Asgeir, des vaters des Audun, des vaters des Egil, der Ulfeid; die Tochter Eyjolfs des Lahmen zur Frau hatte; ihr Sohn war
Einstmals, wird erzählt, begab sich Kjartan, Olafs Sohn, auf eine Reise südwärts nach dem Borgarfjord; van seiner Reise wird nichts berichtet, bis er nach Borg kam. Dari wohnte Thorstein, Egils Sohn, sein Mutterbruder. Bolli war mit auf der Reise, denn so große Liebe war unter den Ziehbrüdern, daß sie es nicht ertragen konnten, von einander getrennt sein. Thorstein nahm Kjartan mit aller Freundlichkeit auf und sagte, er wurde ihm Dank wissen, wenn erdort bliebe, je länger je lieber. Kjartan hielt sich in Borg eine Zeitlang auf. Zu dieser Jahreszeit lag ein Schiff auf an der Mündung des Gufuwassers; 3 das gehörte Kalf, dem Sohne des Asgeir. Er war den Winter über als Gast bei Thorstein, dem Sohne Egils, gewesen. Kjartan sagte Thorstein heimlich, bei seiner Reise nach dem Süden habe er hauptsächlich den Zweck gehabt, das halbe Schiff von Kalf zu kaufen; ich habe Lust auszureisen," — und er fragte Thorstein, wie Kalf denke. Thorstein sagte, er glaube, Kalf sei ein ehrlicher Geselle: Es ist ja leicht zu begreifen, Neffe, sagte Thorstein, "daß es dich gelüstet, fremder Leute Lebensweise kennen zu lernen; deine Reise wird unter allen Umständen merkwürdig sein; deme verwandten setzen viel aufs Spiel, je nachdem deine Reise ausgeht." Kjartan sagte, es würde schon gut ablaufen. Darauf kaufte Kjartan das halbe Schiff von Kalf, und sie schlossen eine Genossenschaft zu gleichen
Einige Zeit darauf ritt Kjartan nach Laugar und sagte Gudrun, daß er ausreisen wolle. Gudrun sprach: "Schnell hast du dich dazu entschlossen, Kjartan." Sie sägte noch einige Worte darüber hinzu, aus denen Kjartan entnehmen konnte, daß Gudrun nicht damit zufrieden war. Kjartan sprach:"Laß dir das nicht mißfallen, ich will dafür etwas anderes tun, was dir lieb ist." Gudrun sagte: "So halte dein Wort, denn ich will gleich aussprechen, was ich begehre."Kjartan bat sie, das zu tun. Gudrun sprach: "So laß mich mit dir ausreisen diesen Sommer, dann hast du deinen hastigen Entschluß bei mir wieder gut gemacht; denn ich liebe Island nicht." "Das kann nicht sein," sagte Kjartan, deine Brüder sind noch unselbständig , und dein Vater ist alt, sie wären aller Fürsorge beraubt, wenn du das Land verlassen wolltest. Warte auf mich drei Winter. 1 Gudrun sagte, darüber könne sie kein versprechen abgeben, und jedes blieb bei seinem Sinn, und so schieden sie von einander. Kjartan ritt heim. —
Olaf ritt zum Thing im Sommer. Kjartan ritt mit seinem Vater von Hjardarholt nach Süden und sie trennten sich im Nordraial. 2 Von dort ritt Kjartan zum Schiff und sein Vetter Bolli begleitete ihn. Zehn isländische Männer waren es im ganzen zusammen, die sich Kjartan angeschlossen hatten und sich alle von Kjartan aus Liebe zu ihm nicht trennen wollten. Kjartan ritt sum Schiff mit diesen Gefährten. Kalf, Asgeirs Sohn, begrüßte sie herzlich. Großes Gui brachten Kjartan und Bolli für die Reise mit. Sie arbeiteten nun daran, alles fertig zu machen, und gleich, sobald sie Fahrwind hatten, segelten
In dieser Zeit waren manche isländische Männer von Bedeutung in Norwegen. An den Hafenbrücken 5 lagen drei Schiffe, die alle Isländern gehörtem Ein Schiff gehörte Brand 6 dem Freigebigen, dem Sohne des Vermund, des Sohnes des Thorgrtm; das zweite Schiff gehörte Hallfred, dem Schwierigkeits dichter; ; 7 das dritte Schiff gehörte zwei Brüdern, der eine hieß Bjarnt, der andere Thorhall, sie waren die Söhne des Skeggi von Breida aus Fellshverfi im Ostlande.
Alle diese Männer hatten die Absicht gehabt, im Sommer nach Island zu segeln, aber der König hatte ein Fahrtverbot auf alle diese Schiffe gelegt, weil die Männer den Glauben nicht annehmen wollten. Alle isländischen Männer begrüssten Kjartan herzlich , besonders aber Brand, denn sie kannten sich gui von früher her. Die Isländer hielten nun Rat zusammen, und es wurde
König Olaf war in der Stadt. Er erfuhr die Ankunft des Schiffes und zugleich, daß da manche bedeutende Männer sich auf dem Schiffe befanden.
Es war im Herbst an einem schönen Tage, daß die Männer aus der Stadt gingen um im Nidsiuß zu schwimmen. Kjartan und die andern sahen das. Da sagte Kjartan zu seinen Genossen, sie wollten auch zum Schwimmen gehen und heute an dem vergnügen teilnehmen. Das taten sie. Ein Mann leistete da bei weitem das beste. Kjartan fragte Bolli, ob er sich im schwimmen versuchen wolle gegen den Mann aus der Stadt. Bolli antwortete: "Ich glaube, das übersteigt meine Kräfte. Ich weiß nicht. wo dein Ehrgeiz hingekommen ist, sagte Kjartan, so werde ich es versuchen." Bolli antwortete: Das magst du tun, wenn du Lust hast." Kjartan warf sich nun in den Fluß und schwamm zu dem Manne, der sich als besten gezeigt hatte, und tauchte gleich mit ibm unter und hielt ihn unten eine Zeitlang, dann ließ ihn Kjartan hinauf. Und als sie eine kurze Zeit sich oben gehalten hatten, da packte der Mann Kjartan und zog ihn nach unten, und sie blieben länger unten, als es Kjartan gebürlich schien; dann kamen sie wieder nach oben. Sie sprachen kein Wort mit einander. Zum dritten Male fahren sie nieder. bleiben nun am allerlängsten unten, und Kjartan konnte sich kaum noch denken. wie dieses Spiel enden sollte, und meinte noch niemals so in der Klemme gewesen zu sein. Endlich kain es, daß sie wieder emportauchten und an Land schwammen. Da sprach der Mann aus der Stadt: Wer bist du, Fremder Kjartan nannte seinen Namen. Der mann aus der Stadt sagte: "Du bist ein guter Schwimmer, bist du auch in andern Fertigkeiten ebenso ausgebildet wie in dieser:"Kjartan antwortete, aber etwas zögernd: "Man redete davon, als ich in Island war, daß ich auch noch in andern gleiches leistete, aber nun hat sich gezeigt, wie wenig diese wert
ist." Der Mann aus der Stadt sagte: " Es kommt doch darauf an, mit wem du es tun gehabt hast, warum Sagst du mich gar nicht:"Kjartan sagte: "Ich kümmere mich nicht um deinen Namen." Der Mann aus der Stadt sagte: "Beides ist wahr, du bist ein tüchtiger Mann und du benimmst dich sehr hochmütig ; aber nichts desto weniger sollst du meinen Namen erfahren , und gegen wen du im Schwimmen gekämpfst hast: Hier steht König Olaf, Tryggvis Sohn." Kjartan antwortete nichts und wandte sich sofort zum Geben, er war ohne Mantel, in einem roten Scharlachsrock. Der König war da fast völlig angesogen, er rief Kjartan nach und bat ihn, nicht so schnell wegzugehen. Kjartan kam zurück, aber ziemlich zögernd. Da nahm der König seinen guten Mantel von den Schultern, gab ihn Kjartan und sagte, er solle nicht ohne Mantel zu seinen Leuten zurückkehren. Kjartan dankte dein König für die Gabe und ging zu seinen Leuten und wies ihnen den Mantel. Seine Leute bezeigten darüber keine Freude, sie meinten, er habe sich damit ziemlich in die Macht des Königs gegeben; und es blieb nun still.Das Wetter wurde hart im Herbst; es war starker Frost und kalte Zeit. Die Heiden sagten, es sei nicht zu verwundern, daß das Weiter sich schlecht änließe, — das ist die Strafe für die neuen Erfindungen des Königs und diesen neuen Glauben, worüber die Götter zornig geworden sind." Die Isländer waren alle zusammen den Winter über in der Stadt. Kjartan war so gut wie ihr Anführer. Das Wetter besserte sich, und es kamen die Männer in großen Scharen auf das Gebot des Königs zur Stadt. viele Männer in Thrandheim hatten das Christentum angenommen, aber jene bildeten doch bei weitem die mehrzahl, die dagegen waren. Eines Tages hielt der König ein Thing ab in der Stadt, auf dem Sande an der Flußmündung 1 , und sprach über den Glauben zu den Männern, eine lange und lebhafte Rede. Die von Thrandbeim waren heerstark und boten dem Könige Kampf an. Der König sagte, sie 1
An demselben Abende sandte der König Leute zur Herberge der Isländer und befall den Spähern in Erfahrung zu bringen , was man da redete. Sie kamen zur Herberge. von innen hörte man lustiges Lärmen. Da nahm Kjartan das Wort und sagte zu Bolli Bist du geneigt, Vetter den Glauben anzunehmen, den der König verkündet: "Ich bin nicht dazu geneigt," antwortete Bolli, denn mir kommt ihre Religion zu weichlich vor. Kjartan fragte: Schien euch der König etwas von Drohungen merken zu lassen gegen alle, die sich seinem Willen nicht unterwerfen wurden:" Bolli antwortete: Es war für uns nicht der Schatten eines Zweifels, daß er sie mit schwerer Strafe bedrohte ." Keines Mannes Zwang will ich mich ergeben, sagte Kjartan, solange ich aufrecht stehen und die Waffen führen kann; das kommt mir auch schwächlich vor, wie ein Lamm aus der Hürde oder wie ein Fuchs aus der Falle holen zu lassen. Viel besser scheint mir etwas anderes, wenn einer doch einmal Kerben soll: vorher eine Tat zu vollbringen, die noch lange nachlebt. Bolli Sagte:"Was will tun:" Das werde ich nicht verschweigen," sagte Kjartan, — "den König in seinem Hause verbrennen. "Das nenne ich allerdings nicht schwächlich," sagte Bolli" ,aber es wird nicht ausgeführt werden können nach meiner Ansicht; dem Könige wird das Glück und die Vorsehung zur Seite stehen; außerdem hat er eine zuverlässige Wache um sich, Tag und Nacht." Kjartan sagte, die Kühnheit wanke d ch gelegentlich bei den meisten, wenn sie auch noch so tapfere Männer seien. Bolli erwiderte, das sei durchaus noch nicht sicher, wer da den größeren oder geringeren Mut habe Aber die meisten fielen ein und sagten, das sei alles unnötiges Gerede. Und als die Königsmannen das vernommen hatten, gingen sie fort und berichteten dem Könige das ganze Gespräch.
Am Morgen darauf ließ der König ein Thing gebieten, dazu wurden auch alle Isländer geladen. Und als das Thing
eröffnet war, stand der König auf und dankte allen Männern für ihr Kommen, die seine Freunde sein wollten und seinen Glauben angenommen hätten. Darauf ließ er die Isländer vor sich kommen. Der König fragte sie, ob sie zur Taufe gehen wollten. Sie zeigten wenig Neigung dazu. Der König sagte, dann würden sie sich in eine Lage bringen, die ihnen unbehaglicher sein könnte — " aber wem von euch schien es denn das rätlichste, mich in meinem Hause zu verbrennen?' Da antwortete Kjartan: "Ihr werdet vielleicht denken, daß dem Manne, der das gesagt hat, der Mut mangeln könnte, es zu bekennen; aber hier könnt Ihr ihn sehen." "Sehen kann ich dich," sagte der König" ,einen Mann, der keine kleine Gedanken hat. Aber es wird dir nicht beschieden sein, mein Haupt in den Staub zu legen; reichlich hättest du verdient, daß ich dich verhinderte; noch andere Könige deshalb mit verbrennung zu bedrohen , weil man dir eine bessere Lehre darbietet. Doch weil ich nicht weiß, ob es dir Ernst war mit deiner Rede, und weil du ehrlich dich zu deinem Wort bekannt hast, will ich dir nicht das Leben nehmen wegen dieser Sache. Es ist auch möglich, daß du dem neuen Glauben um so fester anhängen wirst, weil du heftiger als andere gegen ihn sprichst. Ich kann mir ferner denken, daß es ganze Schiffsbesatzungen sein werden, die an dem Tage den Glauben annehmen, an dem du dich ungezwungen taufen läßt. Auch scheint es mir wahrscheinlich, daß eure verwandten und Freunde viel auf das geben werden. was ihr ihnen erzählen werdet. wenn ihr wieder in Island seid; es sagt mir meine Ahnung, daß du, Kjartan, eine bessere Religion haben wirst, wenn du aus Norwegen absegelst, als da du ber- kamst. Gebt nun in meinem Schutz und Frieden, wohin ihr wollt, aus dieser versammlung; ich werde euch nicht zum Christenmm swingen bei dieser Gelegenheit. denn Gott spricht: er wolle nicht, daß jemand gezwungen zu ihm komme. 1Der Rede des Königs folgte großer Beifall, doch am meisten bei den Christen; aber die Heiden überließen es Kjartan, zu antworten, wie er für gut hielt.
Da sprach Kjartan: "Danken wollen wir Euch, König, dafür, daß Ihr uns guten Frieden gebt, und auf die Weise kannst du uns am besten locken, den neuen Glauben anzunehmen, wenn du uns vergibst, was wir verbrochen haben, und alles in Freundlichkeit begehrst, gerade an dem heutigen Tage, da Ihr unser Schicksal ganz in der Hand habt; und, was mich angeht, denke ich nur so deinen Glauben anzunehmen, daß ich dann Thor gering achten würde im nächsten Winter, wenn ich nach Island komme." Da sagte der König und lächelte dabei:"Man sieht das an Kjartans Wesen, daß er mehr vertrauen bat auf seine Kraft und seine Waffen, als auf die Macht Thors und Odins." Darauf wurde das Thing geschlossen. viele reizten den König auf, als einige Zeit vergangen war, Kjartan und seine Leute zum Glauben zu swingen, und erklärten es gefährlich, so viele Heiden in der Nähe des Königs zu lassen. Der König antwortete ihnen zornig und sagte, er glaube, es gäbe viele Christen, die nicht von so edler Gesinnung seien wie Kjartan und seine Gesellen: — "auf solche Leute will ich geduldig warten."
Der König ließ manches Nützliche ausführen in diesem Winter, er ließ eine Kirche bauen und die Stadt sehr erweitern. Die Kirche war zur Weihnachtszeit fertig. Da sagte Kjartan, sie wollten so nahe an die Kirche gehen, daß sie sehen könnten, was die Leute da trieben, die den christlichen Glauben hätten-viele stimmten dem bei und sagten, das müßte sehr unterhaltend sein. Kjartan ging nun dahin mit seiner Schar und Bolli auch Hallfred war dabei und viele andere von den Isländern. Der König sprach über den Glauben vor den Leuten, eine lange und lebhafte Rede, 1 und bei den Christen war großer Beifall nach seinen Worten. Und als Kjartan mit seinen Gefährten in die Herberge zurückgekehrt war, wurd e eifrig darüber gesprochen , welchen Eindruck ihnen der König gemacht hatte an dem Fest, daß die Chi isten als ihr zweithöchstes ansehen, — "denn der König sagte, so daß wir es hören konnten, daß heute Nacht der Häuptling geboren ist, an den wir nun glauben sollen, wenn wir tun, wie der König uns gebietet." Kjartan
Was Kjartan mit seinen Gefährten gesprochen hatte, war dem Könige bekannt geworden, ehe die Tische weggebracht waren, denn er hatte seine Vertrauensmänner in allen Herbergen der Heiden. Der König war darüber aufs höchste er Kent und sagte: "Kjartan hai das Sprichwort bestätigt: hohe Feste, heilbringende Zeit." Und am nächsten Morgen gleichen der Frühe; als der König zur Kirche ging, trat ihm Kjartan auf der Straße mit einer grasen Schar von Männern entgegen. Kjartan begrüßte den König in freundlicher Ergebenheit und sagte, daß er ihm etwas wichtiges mitzuteilen habe Der König erwiderte seinen Gruß und sagte, er wisse schon ganz genau Bescheid — "und dieser dein Wunsch soll gern erfüllt werden." Kjartan bat den König, er möge nun nicht Gagern, sich nach Taufwasser umzusehen , und sagte, man würde ziemlich viel Wasser dazu brauchen. Der König antwortete und lächelte dabei: Ja, Kjartan," sagte er, "hierbei würde Eigenwilligkeit keine Schwierigkeiten machen, auch wenn du schwerer zu gewinnen wärst." Darauf wurden Kjartan und Bolli getauft und ihre ganze Schiffsgenossenschaft und eine Menge anderer Männer. Es war am zweiten Weihnachtstage vor dem Gottesdienste. Darauf lud der Kanig Kjartan zum Weihnachtsfest ein und ebenso Bolli, seinen Beuer. Die allgemeine Erzählung ist, das
Kjartan an dem selben Tage ein geschworener Mami König Olafs geworden sei, an dem er das Taufkleid ablegte, und Bolli mit ihm, Hallfred wurde an diesem Tage nicht getauft, weil er sich das ausbedang, daß der König selbst sein Pate sein sollte; der König verstand sich dazu an dem nächsten Tage. Kjartan und Bolli blieben beim Könige die übrige Zeit des Winters. Der König schätzte Kjartan höher als alle andern Männer wegen seiner Familie und seiner Tüchtigkeit, und allgemein wird erzählt, Kjartan sei dort so beliebt gewesen, das er keinen Neider innerhalb der königlichen Gefolgschaft hatte; ebenso sagten alle, daß noch nie ein solcher Mann aus Island gekommen sei, wie Kjartan. Auch Bolli war ein sehr tüchtiger Mann und hochgeschätzt bei allen wackeren Leuten. So ging nun dieser Winter bin. Und als der Fruhling gekommen war, rüsteten sich die Männer zur Abreise, jeder nach seinem Vorhaben.
41. König Olaf sendet Thangbrand nach
Island
Kalf, der Sohn des Asgeir, ging zu Kjartan und fragte ihn, was seine Pläne seien für den Sommer. Kjartan antwortete: "Ich dachte in erster Linie daran, daß wir mit unserm Schiff nach England fahren sollten, denn da ist jetzt ein guter Markt für christliche Kauffahrer. Doch will ich mit dem Könige reden, ehe ich mich dazu fest entschließe, denn es schien ihm gar nicht zu gefallen. als ich vor kurzem mit ihm von meiner Abreise sprach." Darauf ging Kalf fort und Kjartan begab sich zum Könige und begrüßte ihn ehrerbietig. Der König empfing ihn freundlich und fragte ihn, was er mit seinem Gefährten besprochen habe. Kjartan berichtete, was ihr vorläufige Plan sei, sagte aber, er komme zunächst zum Könige, sich Erlaubnis zur Abreise zu erbitten. Der König antwortete: Ich will dich abreisen lassen, Kjartan, wenn du im Sommer nach Island fährst und das Volk zum Christentum bringst, mit Gewalt oder mit andern Mitteln; sollte dir aber diese Unternehmung zu schwierig scheinen, so will ich dich unter keinen Umständen aus der Hand lassen, denn ich meine
es passe besser für dich, im Dienste hochstehender Männer zu stehens als dich hier in einen Kaufmann zu verwandeln. Kjartan wollte lieber beim Könige bleiben als nach Island fahrni und dort den Glauben verkünden, er sagte, er habe keine Neigung, gewalttätig gegen seine Verwandten vorzugehen, — es ist auch wahrscheinlicher bei meinem Vater und anderen Häuptlingen, die meine nahen Verwandten sind, daß sie umso weniger hartnäckig deinem Willen sich widersetzen werden, wenn ich in ehrenvoller Stellung in deinem Dienste stehe, Der König sagte: Das ist verständig und vornehm gedacht, Der König schenkte Kjartan einen ganzen, neu zugeschnittenen Scharlachanzug. Er paßte ihm gut, denn man sagt, daß sie gleich große Männer gewesen sind, wenn sie sich messen ließen, König Olaf und Kjartan.König Olaf sandte nach Island seinen Gefolgschaftspriester, der Thangbrand 1 hieß. Er kam mit seinem Schiff in den Alptafjord 2 und war den Winter über bei Hall von Sida 3 in Thvatta und verkündete den Leuten den Glauben, sowohl mit freundlicher Rede als mit harten Strafworten. Thangbrand erschlug zwei Männer, 4 die besonders eisig gegen ihn sprachen. Hall nahm den Glauben an im Frühling und wurde getauft am Samstag vor Ostern und mit ihm sein ganzes Haus; und da ließ sich Gizor der Weiße 5 taufen und Hjalti, der Sohn des Skeggi, und viele andere Häuptlinge; aber doch waren die viel zahlreicher, die dagegen sprachen, und die Spannung zwischen den Heiden und Obristen fing an gefährlich zu werden; die Häuptlinge beschlossen untereinander, Thangbrand zu töten und alle, die ihm Unterstützung gewähren würden. vor diesem
In demselben Sommer wurde Hjalti, der Sohn des Skeggi, auf dem Thinge wegen Gotteslästerung geächtet. Die Klage hatte erhoben Runolf, 1 Ulfs Sohn, der in Dal unter den Eyjafiöll wohnte, ein sehr großer Häuptling. In demselben Sommer verließ Gizor Island und Hjalti mit ihm; sie landeten in Norwegen und begaben sich sofort zu König Olaf. Der König nahm sie gut auf und sagte, sie hätten daran recht getan, außer Landes zu gehen, und lud ein, bei ihm zu bleiben, und das nahmen sie an. Da war Sverting, der Sohn des Runolf von Dal, den Winter über in Norwegen gewesen und wollte nun im Sommer nach Island fahren; sein Schiff lag völlig segelfertig an der Hafenbrücke und wartete auf Fahrwind. rer König verbot ihm die Ausreise, er sagte, kein Schiff solle nach Island segeln diesen Sommer. Sverting ging vor den König und trug seine Sache vor, bat um Reiseerlaubnis und sagte, es käme für ihn viel darauf an, daß sie nicht die Ladung wieder aus dem Schiffe schaffen müßten. Der König sagte und war zornig: Gut ist's, daß der Sohn des Götzendieners dort bleiben muß, wo es ihm unbehaglich ist," und Sverting durfte nicht abreisen. Den Winter über ging gar nichts vor.
Im Sommer darauf sandte der König Gizor den Weißen, und Hjalti, den Sohn des Skeggi, nach Island, um aufs neue den Glauben zu verkünden, und behielt vier Männer als Geiseln zurück, Kjartan, Olafs Sohn, Halldor, den Sohn Gudmunds des Mächtigen, 2 und Kolbein, 3 den Sohn des Thord,
42. In Island wird das Christentum angenommen.
Bolli kehrt heim
Darauf nahmen Kjartan und Bolli Abschied von einander . Gizor und Hjalti segelten ab aus Norwegen und hatten gute Fahrt; sie kamen zur Thingzeit zu den Westmännerinseln und fuhren zum Hauptland hinüber; da hielten sie versammlungen und Beratungen mit ihren verwandten ab. Darauf ritten sie zum Allthing und sprachen über den Glauben vor den Männern, eine lange und lebhafte Rede; da nahmen alle Männer auf Island den Glauben an. 2
Bolli ritt nach Hjardarholt vom Thinge mit seinem Oheim Olaf; Olaf nahm ihn mit großer Freundlichkeit auf. Bolli ritt nach Laugar zu seiner Unterhaltung, nachdem er kurze Zeit daheim gewesen war; er wurde dort herzlich begrüßt. Gudrun fragte ihn eingehend nach seinen Reiseerlebnissen und darauf nach Kjartan. Bolli antwortete bereitwillig auf alle Fragen Gudruns, er sagte, von seinen Reiseerlebnissen sei nichts Besonderes zu erzählen, — " was aber Kjartan anlangt, so sind sehr hohe Dinge der Wahrheit gemäß von seiner Stellung zu sagen, denn er ist im Gefolge des Königs Olaf und wird
Bolli war daheim in Hjardarholt den Sommer über, er hatte sich großes Ansehen erworben durch seine Reise, Alle seine verwandten und Bekannten schätzten seine Tüchtigkeit hoch. Bolli hatte auch großes Gut mit nach Island gebracht. Er kam oft nach Laugar und unterhielt sich mit Gudrun. Eines Tages Sagte Bolli Gudrun, wie sie ihm antworten würde, wenn er um sie anhielte. sprach Gudrun hastig: "Nicht sollst du so etwas reden, Bolle keinem Manne werde ich mich vermählen, solange ich Kjartan am Leben weiß." Bolli antwortete: Da denke ich, daß du manches Jahr ohne Mann wirst sitzen müssen, wenn du auf Kjartan warten willst; er würde die Gelegenheit benutzt haben, mir hierüber irgend einen Auftrag mitzugeben, wenn ihm so besonders viel daran gelegen wäre." Sie wechselten noch einige Worte miteinander. und jedes blieb bei seiner Meinung. Darauf ritt Bolli heim.
43. Bolli verheiratet sich mit Gudrun.
König Olaf entläßt Kjartan
Einige Zeit darauf begann Bolli ein Gespräch mit seinem Oheim Olaf und sagte: " Es ist nun soweit, Oheim, daß ich Lust habe, mich irgendwo fest gen und zu heiraten; ich bin nun, denke ich, völlig erwachsen, ich möchte bei meinem vorhaben Hilfe und Förderung durch dein Wort nicht entbehren, denn die meisten hier in der Gegend werden in hohem
Maße auf dein Wort Gewicht legen." Olaf antwortete: "Es wird keine Frau geben, das darf ich sagen, der dein Antrag nicht zur Ehre gereichte, wenn du um sie anhältst. Du hast aber gewiß nicht das Gespräch hierauf gebracht, ohne dir vorher vorgenommen zu haben, wohin du es lenken willst."'l Bolli sagte: Ich will nicht um eine Frau außerhalb unserer Gegend anhalten, so lange gute Partien in der Nähe sind; ich will anhalten um Gudrun, die Tochter des Osvifr; sie ist die Erste unter den Frauen." Olaf antwortete: Das ist eine Sache, an der ich keinen Teil haben will; es ist dir, Bolli, genau so bekannt wie mir, was man geredet hat über die Liebe zwischen Kjartan und Gudrun. Aber wenn dir diese Sache so außerordentlich am Herzen liegi, werde ich keine Hindernisse entgegenstellen . vorausgesetzt, daß ihr untereinander einig werdet. Hast du denn schon mit Gudrun hierüber geredet:" Bolli sagte, er habe wohl sein Anliegen einmal vorgebracht, sie sei aber wenig darauf eingegangen, — "ich sollte doch meinen, daß Osvifr vor allem in dieser Sache etwas zu sagen haben wird." Olaf erwiderte, er möge so handeln, wie es ihm gut schiene.Nicht lange darauf ritt Bolli vom Hofe und mit ihm die Söhne Olafs, Halldor und Steinihor; sie waren zwölf zusammen. Sie ritten nach Laugar. Osvifr begrüßte sie herzlich und ebenso seine Söhne. Bolli bat Osvifr um eine Unterredung und hob an mit seiner Werbung und bat ihn um die Hand seiner Tochter Gudrun. Und Osvifr antwortete folgenderweise: So siebt es, wie du weißt, Bolli, daß Gudrun Witwe ist und sich selbständig zu entscheiden das Recht bat, aber empfehlen will ich deinen Antrag." Osvifr ging nun zu Gudrun und sagte ihr, Bolli, Thorleiks Sohn, sei gekommen, — "und erhält um dich an; du hast in dieser Sache zu entscheiden . Ich will nur in Kürze meinen Willen erklären, daß Bolli nicht abgewiesen werden soll, wenn es nach mir geht. Gudrun antwortete: Leichthin entscheidest du über diese Sache; Bolli hat einmal vor mir darüber gesprochen, und ich habe ihn deutlich genug abgewiesen, und das ist auch jetzt noch meine Absicht." Da sagte Osvifr: Viele werden sagen, da
Und als der Sommer kam, da fuhren die Schiffe von Land zu Land. Da kam nach Norwegen die Kunde aus Island, daß dort alles christlich geworden war. König Olaf war hocherfreut darüber und gab Fahrerlaubnis den Männern, die er als Geiseln zurückgehalten hatte, zu reisen, wohin sie Lust hätten. Kjartan antwortete — denn er war der Vormann aller derer, die da vergeiselt gewesen waren — "habt großen Dank, wir gedenken Island zu besuchen in diesem Sommer. Da sagte König Olaf: "Ich werde diese meine Worte nicht zurücknehmen, Kjartan, aber ich habe das mehr zu den andern gesagt als zu dir; denn wir denken, Kjartan, daß du hier mehr als Freund wie als Geisel gewesen bist. Ich möchte. du hättest nicht den Wunsch geäußert, nach Island zu reisen, wenn du auch da angesehene verwandte bast, denn es liegt in deiner Hand, dich fürs Leben in Norwegen zu versorgen, wie es dir in Island nicht geboten 1
In diesem Winter hatte Kalf, Asgeirs Sohn, sich in Norwegen aufgehalten; im Herbst vorher war er von England zu Kjartan gekommen, mit ihrem Schiff und mit Handelsware. Und nachdem Kjartan Urlaub zur Islandfahrt bekommen hatte, gingen Kalf und Kjartan daran. das Schiff segelfertig zu machen. Und als das Schiff klar war, ging Kjartan, Ingibjörg, die Königsschwester, zu besuchen. Sie begrüßte ihn freundlich und ließ ihn neben sich sitzen, und sie begannen ihr Gespräch. Da sagte Kjartan zu Ingibjörg, daß er im Begriffe sei, nach Island zu fahren. Sie antwortete ibm: Wir glauben, Kjartan, daß du das mehr aus Eigenwilligkeit beschlossen hast, als daß man dir es nabe gelegt hätte, Norwegen zu verlassen und nach Island zu reisen." Und sie wurden darauf wortkarg mit einander. Unterdessen griff Ingibjörg in die Kredenz, die bei ihr stand und nahm daraus ein weißes Kopftuch mit Goldgewebe und gab es Kjartan und sagte, es würde Gudrun, der Tochter des Osvifr, sehr gut stehen — " und du sollst ihr das Kopftuch zur Morgengabe schenken, ich will, daß die Isländerinnen sehen, daß die Frau nicht von Knechten stammt, mit der du dich in Norwegen unterhalten bast; das Tuch lag in einem Beutel von Sammet, es war ein sehr kostbares Stück. "Nicht will ich dich hinaus geleiten," sagte Ingibjörg, fahr wohl und sei glücklich." Darauf stand Kjartan auf und küßte sie; jedermann sah, daß es ihnen schwer wurde, von einander su scheiden.
Kjartan ging nun fort und begab sich zum Könige; er sagte dem Könige, daß er nun fertig zur Abreise sei. König Olaf begleitete Kjartan zum Schiff und eine große Menge mit ihm. Und als er dorthin kam, wo das Schiff auf dem Wasser lag —ein
44. Kjartan kehrt nach Island zurück
Kjartan und Kalf gingen nun in See. Sie hatten guten Wind und waren nur kurze Zeit unterwegs. Sie kamen zur Hvita im Borgarfjord. Die Kunde davon verbreitete äch weit, daß Kjartan nach Island gekommen sei. Dies erfuhr Olaf, sein Vater und seine andern Verwandten und wurden hocherfreut. Olaf ritt gleich aus dem Talbezirkim Westlande südwärts zum Borgarfjord. Es war da ein herzlich frohes Wiedersehen von Vater und Sohn. Olaf lud Kjartan zu sich ein mit so viel Mann, als er wolle. Kjartan nahm das gern an, er sagte, er wurde sich keinen andern Aufenthaltsort in Island gewählt haben. Olaf ritt nun beim nach Hjardarholt, aber Kjartan blieb beim Schiffe den Sommer über. Er erfuhr nun Gudruns verheiratung und schien sich das wenig anfechten zu lassen aber für viele war das Anlaß zur Besorgnis gewesen.
Gudmund, 1 Solmunds Sohn, Kjartans Schwager, und seine Schwester Thurid kamen zum Schiffe. Kjartan begrüßte sie freundlich. Asgeir Brausekopf kam auch zum Schiff, seinen Sohn Kalf zu besuchen; da war mit ihm gekommen Hrefna, seine Tochter; sie war sehr schön. Kjartan bot seiner Schwester
Gudmund und Thurid luden für den Winter Kjartan zu sich ins Nordland zum verwandtenbesuch ein. Kjartan versprach zu kommen. Kalf, Asgeirs Sohn, ritt nach Norden mit seinem Vater Kjartan und Kalf lösten nun ihre Genossenschaft auf, das ging alles in Frieden und Freundschaft vor sich. Kjartan ritt dann auch vom Schiffe weg und zwar nach dem Talbezirk im Westland. Sie waren zwölf zusammen. Kjartan kam beim
nach Hjardarholt, und alle waren froh über ihn. Kjartan ließ im Herbst sein Gut vom Schiff aus dem Süden dolen. Diese zwölf Mann. die mit Kjartan ins Westland geritten waren, blieben alle in Hjardarholi den Winter über.Olaf und Osvifr hatten ihre Gewohnheit der gegenseitigen Einladungen beibehalten. 1 In jedem Herbst sollten sie abwechselnd einander besuchen. In diesem Herbst sollte ein Gastmahl in Laugar sein und Olaf dazu kommen und die Leute von Hjardarholt. Gudrun sprach nun zu Bolli, es komme ihr vor, als habe er ihr nicht die volle Wahrheit gesagt über Kjartans Rückkehr aus Norwegen. Bolli antwortete, er habe ihr nur das davon gesagt, was ihm als durchaus wahr mitgeteilt worden sei. Gudrun sprach wenig über diese Sache, aber es war leicht zu bemerken, daß sie übel zufrieden war, und die meisten meinten, sie trage noch starke Sehnsucht nach Kjartan, wenn sie auch ihr Gefühl verbarg.
Es kam nun die Zeit heran, daß das Herbstgastmahl in Laugar stattfinden sollte. Olaf bereitete sich zur Fahrt und bai Kjartan, ihn zu begleiten. Kjartan sagte, er wolle daheim bleiben und die Wirtschaft beaufsichtigen. Olaf bai ihn, das nicht zu tun und sich nicht zu verbittern gegen seine Verwandten. "Denke daran, Kjartan, daß du niemanden so geliebt hast wie Bolli, deinen Ziehbruder; es ist mein Wille, daß du mitkommst; es wird auch bald wieder gut werden zwischen euch Vettern, wenn ihr erst selbst wieder zusammenkommt." Kjartan ließ durch die Bitte seines vaters bewegen und holte nun seinen Scharlachanzug hervor, den ihm König olaf beim Abschied 2 gegeben hatte, und rüstete sich prächtig. Er gürtete sich das Schwert, die Königsgabe, um; auf dem Kopf hatte er einen vergoldeten Helm und einen roten Schild an der Seite, auf dem das heilige Kreuz in Gold angebracht war. In der Hand trug er einen Speer mit getriebenem Goldschmuck am Eisen. Alle seine Leute waren in bunten 3 Kleidern. Im ganzen waren es an dreißig Mann. Sie ritten nun ab von Hjardarbolt und weiter. 1
45. Kjartan wirbt um Hrefna und schnyt
ihr bei der Hochzeit das kostbare
Kopftuch
Bolli ging Olaf und seinen Leuten entgegen mit den Söhnen des Osvifr und bewillkommte sie freundlich, Bolli ging auf Kjartan zu und küßte ihn. Kjartan nahm seinen Gruß an. Darauf wurden sie hineingeführt. Bolli war äußerst heiter mit ihnen. Olaf ging bereitwillig darauf ein, aber Kjartan hielt sich ziemlich zurück. Das Gastmahl nahm einen guten verlauf.
Bolli hatte Zuchtpferde, die als ganz vortreflich galten. Ein Hengst war groß und schön und hatte niemals versagt beim Kampf; 1 er war von weißer Farbe, Ohren und Stirnbüschel rötlich; dazu gehörten drei Stuten von derselben Farbe wie der Hengst. Diese Pferde wollte Bolli Kjartan schenken, aber Kjartan sagte, er sei kein Pferdeliebhaber, und wollte sie nicht annehmen. Olaf bat ihn, die Pferde nicht zurückzuweisen, — das ist doch eine kostbare Gabe." Kjartan setzte dem ein bestimmtes Nein entgegen. Darauf schieden sie von einander ohne Freundlichkeit, und die Leute von Hjardarholt ritten nach Hause. Es blieb nun ruhig.
Kjartan war ziemlich still während des Winters. Die Leute hatten wenig Unterhaltung von ihm. Olaf schien das sehr betrüblich. In diesem Winter nach dem Weihnachtsfest machte sich Kjartan von Hause auf und die zwölfe mit ihm. Sie wollten in die Bezirke im Norden. Sie ritten ihres Weges, bis sie in das vidital im Nordlande kamen, nach Asbjarnarnes, dort wurde Kjartan mit der größten Freundlichkeit und Herzlichkeit empfangen . Da war das stattlichste Hauswesen. Hall, der Sohn Gudmunds, war damals etwa zwanzig Jahr alt und schlug ganz nach der Art der Männer vom Lachstal. Es wird allgemein gesagt, daß es keinen vollkommneren Mann im ganzen Nordvieriel gegeben habe. Hall nahm seinen verwandten mit 1
Und am Abend, als das Spiel geschlossen war; da stand auf Hall, Gudmunds Sohn, und sprach: "Das ist die Einladung meines vaters und sein Wille an alle, die hierher aus der Feme gekommen sind, daß sie alle hier die Nacht über bleiben und hier am Morgen sich wieder vergnügen." Dieser Botschaft folgte großer Beifall und die Einladung fand man eines Häuptlings würdig.
Kalf, Asgeirs Sohn, war dorthin gekommen, und Kjartan und er begrüßten sich überaus herzlich. Da war auch Hrefna, seine Schwester, sie hatte sich sorgfältig geschmückt. Es waren da über hundert Gäste in der Nacht auf dem Hofe.
Am nächsten Tage wandte man sich wieder dem Spiele zu. Kjartan saß da bei dem Spiel als Zuschauer. Thurid, seine Schwester, trat zu ihm und begann eine Unterhaltung und sprach so: Es ist mir erzählt worden, Bruder, du seist ziemlich still gewesen während des Winters; die Leute reden davon, daß du noch Sehnsucht hast nach Gudrun; man schließt das daraus, daß kein freundliches verhältnis mehr ist zwischen euch Vettern, zwischen dir und Bolli, nach so großer Liebe, wie sie unter euch beiden allezeit bestanden hat. Tu nun, was recht
und verständig ist, und laß dich die Sache nicht anfechten und gönne deinem Freunde die gute Heirat. Mir schiene dag am vernünftigsten, wenn du dich so verheiraten würdest, wie du es im letzten Sommer sagtest, wenn man auch nicht von völliger Ebenbürtigkeit reden kann, was Hrefna angeht, aber das wirst du hier zu Lande nicht finden. Asgeir, ihr Vater ist ein Mann von Ansehen und guter Familie. Es fehlt ihm auch nicht an Geld, diese Heirat ansehnlich zu machen; auch ist seine andere Tochter 1 an einen mächtigen mann vermählt. Du hast mir auch gesagt, daß Kalf, Asgeirs Sohn, der tüchtigste Mann ser die Stellung der Leute ist durchaus hervorragend. Es ist mein Wunsch, daß du dich mit Hrefna unterhältst. und ich vermute , du wirst finden, daß ihr Verstand nicht zurücksteht hinter ihrer Schönheit."Kjartan ging darauf bereitwillig ein und sagte, daß sie die Sache auf den richtigen Weg bringe.Darauf kamen Hrefna und Kjartan miteinander ins Gespräch und unterhielten sich den Tag über. 2 Am Abend Sagte Thurid, welchen Eindruck er aus der Unterredung mit Hrefna bekommen habe. Kjartan zeigte sich sehr befriedigt, er sagte, nach allem, was er bemerkt habe, schiene sie ihm in jeder Beziehung ein außergewöhnliches Mädchen zu sein.
Am Morgen darauf wurden Leute nach Asgeir gesandt und er nach Asbjarnarnes eingeladen. Nun begann eine Besprechung über diese Angelegenheit, und Kjartan hielt um Hrefna, die Tochter Asgeirs, an. Der nahm die Werbung mit Befriedigung auf, denn er war ein kluger Mann, und sah ein, daß ihm mit dem Antrage hohe Ehre erwiesen wurde. Kalf war eisig, diese Sache zu befördern, — "ich will nicht, daß man sich hier zurückhaltend benimmt." Hrefna gab ihrerseits auch keine abschlägige Antwort und überließ ihrem Vater die Entscheidung. So wurde denn diese Sache in Ordnung gebracht und mit Zeugen beglaubigt. Kjartan ließ sich auf nichts anderes ein, als daß die Hochzeit in Hjardarholt stattfinden sollte, 3 32 Asgeir und Kalf widersetzten sich dem nicht. So wurde denn
Kjartan hielt trockene Langfasten und tat das ohne vorgang anderer hierzulande; denn so ist die Überlieferung, daß er als erster trocken gefastet habe hier in Island. So wundersam kam es den Leuten vor, daß Kjartan so lange ohne rechte Nahrung lebte; daß sie von weit herkamen, ihn zu sehen. Ebenso erhob sich auch sonst Kjartans verb-itten über das andrer männer. Ostern ging so vorüber.
Darauf ließen Kjartan und Olaf für ein großes Fest vorbereitungen treffen. Es kamen von Norden Asgeir und Kalf zur verabredeten Zeit und Gudmund und Hall, sie hatten alle zusammen sechzig Mann mit sich. Auch auf Kjartans Seite war eine große Menge zur Stelle. Dieses Fest war prächtig, denn acht Tage lang saß man bei der Bewirtung. Kjartan gab Hrefna als Brautgabe das Kopftuch, und diese Gabe wurde hochberühmt, denn niemand war so welterfahren oder von so gr sem Reichtum, daß er eine solche Kostbarkeit gesehen oder besessen hätte; verständige Männer haben behauptet, daß acht Öre Gold in das Kopftuch gewebt gewesen seien. Kjartan war auch so heiter bei dem Feste, daß er mit seinem Gespräch jeden einzelnen unterhielt und von seinen Reiseerlebnissen erzählte; den Männern machte es einen großen Eindruck, was für bedeutsame Dinge da zur Sprache kamen, da erlange Zeit dem hervorragendsten Fürsten, dem König Olaf, Tryggvis Sohn, gedient hatte. Und als das Fest zu Ende war; wählte Kjartan wertvolle Geschenke aus für Gudmund und Hall und die andern Großen. Vater und Sohn erwarben sich hohes Lob mit diesem Fest. Kjartan und Hrefna faßten herzliche Liebe zu einander.
46. Kjartans Schwert wird gestohlen und
wieder gefunden, das Kopftuch der Hrefna
wird entwendet und vernichtet
Olaf und Osvifr hielten an ihrer Freundschaft fest, obgleich das Band zwischen den jungen Leuten so ziemlich zerrissen war. In diesem Sommer hatte Olaf eingeladen für einen halben Monat vor Winteranfang. Osvifr hatte auch eine Gastbewirtung vorbereitet für die Zeit der ersten Winternächte . Jeder überließ es dem andern bei der Einladung, wie viel Lente er entsprechend seinem Ansehen mitbringen wollte.
Osvifr hatte zuerst das Fest bei Olaf zu besuchen und kam zur verabredeten Zeit nach Hjardarholt. An dieser Fahrt nahmen auch Bolli und Gudrun und die Söhne des Osvifr teil. Am nächsten Morgen, als die Frauen miteinander den Schlafsaal entlang nach der Tür gingen, redete eine davon, wie man wahl die Frauen setzen würde. Während sie das sagte, war Gudrun gerade in die Nähe des Bettes gekommen, in dem Kjartan zu liegen pflegte. Kjartan war da und zog sich an und warf den roten Scharlachrock über sich; da sprach Kjartan zu der Frau, die über die Tischordnung der Frauen geredet hatte — denn niemand konnte ihm mit der Antwort zuvorkommen —"Hrefna soll auf dem Hochsitze ihren Platz haben und in jeder Beziehung die geehrteste sein, so lange ich am Leben bin. Aber bisher hatte immer Gudrun auf dem Hochsitze gesessen in Hjardarholt und anderswo. Gudrun hörte dies und sah Kjartan an und wechselte die Farbe, aber antwortete nichts. Am Tage darauf sagte Gudrun zu Hrefna, sie solle das Kopftuch anlegen und so den Leuten das beste Kleinod zeigen, das nach Island gekommen sei. Kjartan war in der Nähe, wenn er auch nicht bei ihnen stand, und er hörte, was Gudrun gesagt hatte. Er war schneller mit der Antwort als Hrefna: Nicht soll sie das Kopftuch tragen bei diesem Feste, denn mehr scheint es mir darauf anzukommen, daß Hrefna das kostbarste Schmuckstück besitzt, als daß die eingeladenen Gäste eine Augenweide haben bei dieser Gelegenheit." Eine Woche sollte die Herbstbewirtung dauern bei Olaf. Am Tage darauf redete Gudrun
heimlich mit Hrefna, sie möge ihr das Kopftuch einmal zeigen. Hrefna sagte, das solle geschehen. Am nächsten Tage ging ne mit Gudrun in das vorratshaus, wa die Kleinodien bewahrt wurden. Hrefna schloß eine Truhe auf und bolte den Samtbeutel hervor; und aus dem Beutel nahm sie das Kopftuch und zeigte es Gudrun. Diese faltete das Tuch auseinander und betrachtete es eine Zeitlang und sagte kein Wort darüber; weder liebes noch leides. Darauf schloß Hrefna das Kopftuch wieder ein, und sie kehrten zu ihren Plätzen zurück. Dann ging die Bewirtung weiter in Freuden und Unterhaltung .Aber an dem Tage, als die Eingeladenen abreiten sollt en, war Rjartan eisig damit beschäftigt. den Leuten frische Pferde zu verschaffen, die von weither gekommen waren, und jeden so für die Reise zu versorgen, wie es nötig war. Kjartan hatte sein Schwert Königsgabe nicht bei sich gehabt, während er sich so zu schaffen machte, obgleich er nicht gewohnt war, es von seiner Seite zu lassen. Darauf ging er nach seinem Bett. wo das Schwert gehangen hatte, da war es verschwunden. Er ging sofort zu seinem Vater und teilte ihm seinen Verlust mit. Olaf sprach: "Hier müssen wir mit der größten Heimlichkeit verfahren, ich werde Späher jeder Gesellschaft mitgeben, die wegreitet." Und das tat er. An der Weiße sollte mit der Schar des Osvifr reiten und aufpassen, ob jemand abbiegen oder zurückbleiben würde.
Sie ritten landeinwärts an Ljarskogar und den Höfen vorüber, die Skogar heißen, und hielten dort am Walde und stiegen ab. Thorolf, der Sohn des Osvifr ging abseits von den Höfen und einige andere Männer mit ihm. Sie gingen fort ins Moorbuschwerk hinein, während die andern bei den Höfen rasteten. An begleitete dann die Gesellschaft noch bis zu dem Lachswasser ; 1 das aus dem Sälingstal kommt, und sagte, er wolle nun umkehren. Thorolf sagte, es würde auch nichts geschadet haben, wenn er gar nicht mitgekommen wäre. Die Nacht vorher war dünner Schnee gefallen, so daß man Spur en verfolgen konnte. An ritt zurück zum Walde und verfolgte die
Diese Sache haue Kjartan verletzt und er wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Olaf sprach: "Laß dich das nicht verletzen; es war kein schöner Streich von ihnen, aber es schadet dir ja nichts; wir wellen nicht andern Gelegenheit zum Lachen geben, wenn wir so ein as zum Anlaß eines Zwistes machen, Freunden und verwandten gegenüber." Und auf Olafs Zureden hin ließ Kjartan die Sache auf sich beruhen.
Einige Zeit später rüstete sich Olaf, der Einladung nach Laugar zu den ersten Winternächten zu folgen, und redete mit Kjartan darüber, daß er auch mitkommen solle. Kjartan batie keine Lust, aber um der Bitte des vaters willen sagte er ihm doch zu. Hrefna sollte auch mitkommen und wollte das Kopftuch daheim lassen. Thorgerd, die Hausmütter, fragte: Wann willst du ein solches kostbares Schmuckstück eigentlich tragen, daß du es in der Truhe liegen läßt, wenn du zu einem Feste gehst:" Hrefna erwiderte: "viele sagen, daß ich vielleicht auch einmal anderswohin kommen werde, wo ich weniger Neider finde als in Laugar."Thorgerd sagte: Ich schenke den Leuten keinen großen Glauben, die hier solche Zwischenbläsereien machen von Haus zu Haus." Und weil Thorgerd sie so eifrig drängte, nahm Hrefna das Kopftuch mit; und Kjartan erhob keinen Widerspruch. als er sah, daß es der Wunsch seiner Mutter war.
Darauf machten sie sich auf den Weg und kamen abends nach Laugar und wurden wohl empfangen. Thorgerd und Hrefna gaben ihre Kleider zur Aufbewahrung. Und am Morgen, als
die Frauen anziehen sollten, suchte Hrefna nach dem Kopftuch, und da war es von dem Orte verschwunden, wo sie es verwahrt hatte; es wurde da überall danach gesucht, aber man fand es nicht. Gudrun sagte, es sei am wahrscheinlichsten, daß sie das Kopftuch zu Hause gelassen habe, oder sie habe es nicht sorgfältig genug eingepackt, und es sei verloren gegangen. Hrefna teilte nun Kjartan mit, daß das Tuch verschwunden sei. Kjartan antwortete und sagte, es sei wirklich keine leichte Sache, auf diese Leute aufpassen zu müssen, doch bai erste, jetzt sich zu verhalten, darauf sagte er seinem Vater was da im Spiele war. Olaf antwortete: Wieder wünsche ich wie beim vorigenmal, daß du nichts tust und diese schlimme Sache an dir vorübergehen läßt; ich werde dem Stillen nachforschen, denn ich will alles aufbieten, daß zwischen euch beiden, Bolli und dir, kein Bruch entsteht; eine heile Stelle läßt sich am besten verbinden, mein Sohn," sagte er. Kjartan erwiderte: Leicht ist es zu sehen, Vater, daß du allen hier nur gutes wünschest; aber ich weiß doch nicht, ob ich es länger dulden soll, mir so von den Laugarleuten an den Wagen fahren zu lassen."An dem Tage, an dem die Leute fortreiten sollten von dem Feste, nahm Kjartan das Wort und sprach so: "Dich, Vetter Bolli, fordere ich hiermit auf, von nun an ehrlicher an uns zu handeln als bisher; ich will dies nicht in geheimer Zwiesprache vorbringen, weil ja viele Leute Kenntnis davon haben, daß hier allerlei verschwunden ist, wobei die Spuren nach eurem Hof weisen. Im Herbst, als wir die Bewirtung in Hjardarbolt hatten, wurde mein Schwert weggenommen; es bat sich wieder eingefunden aber die Scheide nicht. Und jetzt wieder ist ein Kleinod verschwunden, das für kostbar gelten darf; ich will nun beides wiederhaben." Da antwortete Belli: Ich bin nicht der Urheber dessen, was du uns vorwirfft; ich hätte alles eber von dir erwartet, als daß du mich des Diebstahls bezichtigen würdest."Kjartan sagte: Es haben, wie wir glauben, Personen hierum gewußt, für die du mit Bußen eintreten kannst, wenn du willst; mehr, als notwendig ist, 1
Zu Anfang des Winters starb Asgeir Brausekopf. Seine Söhne übernahmen da Hof und Vermögen.
47. Kjartan reitet nach dem Saurbö
Im Winter nach dem Weihnachtsfeste brachte Kjartan eine Mannschaft zusammen; es waren im ganzen sechzig Mann. Kjartan sagte seinem Vater nicht, was für ein Zug beabsichtigt sei; Olaf fragte auch nicht danach. Kjartan hatte Zelte und Lebensmittel mit sich. Kjartan ritt nun seines Weges, bis er nach Laugar kam. Er befahl den Leuten abzusteigen und sagte, einige sollten die Pferde beaufsichtigen, andere hieß er die Zelte aufschlagen.
In jener Zeit war das vielfach der Brauch, daß die Abtritte draußen lagen, und zwar ziemlich entfernt vom Hofe, und so war es auch in Laugar. Kjartan ließ da alle Türen des Hofes besetzen und verwehrte jedermann den Ausgang, und zwang sie drei Tage hindurch, ihre Geschäfte im Hause abzumachen. Darauf ritt Kjartan beim nach Hjardarholt, und jeder von seinen Gefährten nach Hause. Olaf war bös über diese Fahrt. Thorgerd sagte, er dürfe Kjartan nicht tadeln, die Leute von Lau
gar hätten das verdient und noch größere Schmach. Da sprach Hrefna:"Hast du mit jemandem gesprochen, Kjartan, in Laugar Er antwortete: Es war nichts Wichtiges", er sagte, er habe mit Bolli ein paar Worte gewechselt. Da sprach Hrefna und lächelte dabei: Es ist mir als sicher erzählt, daß du mit Gudrun gesprochen haben sollst, und ich habe auch gehört, wie sie angezogen war, daß sie das Kopftuch angelegt hatte und daß es ihr sehr gut gestanden haben soll." Kjartan antwortete und wurde dunkelrot dabei —jedermann konnte sehen, daß er zornig war, weil sie ihren Spott hiermit trieb —: Nichts davon, was du da erzählst, ist mir zu Gesicht gekommen,Hrefna," sagte Kjartan; "Gudrun braucht sich nicht dazu das Kopftuch anzulegen, um schöner auszusehen als alle andern Frauen. Da brach Hrefna das Gespräch ab.
Die Leute von Laugar waren übel zufrieden, sie glaubten eine viel größere und schlimmere Schmach erlitten zu haben, als wenn ihnen Kjartan einen oder zwei Mann erschlagen hätte. Die Söhne des Osvifr waren rasend über diese Sache, aber Bolli suchte sie eher zu beruhigen. Gudrun redete am wenigsten davon, aber doch merkte man soviel aus ihren Worten, daß es zweifelhaft war, ob es irgend jemand anderem näher ging als ihr. Es war nun offne Feindschaft zwischen den Leuten von Laugar und denen von Hjardarholt.
Als der Winter zu Ende ging, gebar Hrefna ein Kind. Es war Knabe und wurde Asgeir genannt.
Thorarin, der Bande auf Tunga, 1 machte bekannt, daß er Hof und Land verkaufen wollte; einmal deshalb, weil sein vermögen zurückging, und dann, weil ibm die Zwietracht immer stärker zu werden schien zwischen den Leuten seiner Gegend; und er stand mit beiden Parteien in herzlicher Freundschaft.
Bolli schien es notwendig, sich durch Kauf irgendwo festzusetzen, denn in Laugar war wenig Land. aber eine große Menge vieh. Bolli und Gudrun ritten nach Tunga auf den Rat Osvifrs. Es schien ihnen das gegebene, dieses benachbarte Land zu erwerben, und Osvifr bat sie, nicht an Kleinigkeiten den Handel
Als aber Kjartan, Olafs Sohn, diese Neuigkeit erfuhr, ritt er sofort mit elf Mann ab und kam am Tage nach Tunga; Thorarin begrüßte ihn herzlich und lud ibn ein. dazubleiben. Kjartan sagte, er müsse am Abend wieder heim reiten, 1 wolle sich aber einige Zeit bei ihm aufhalten. Thorarin Sagte, was ihn hergeführt habe. Kjartan antwortete: Das hat mich hergeführt, das ich etwas mit dir über den Landverkauf reden wollte, den du mit Bolli vorhast, denn es ist mir unerwünscht, daß du dieses Land an Bolli und Gudrun abtreten willst." Thorarin sagte, es sei ibm ungelegen, wenn das zurückgehen sollte, — denn der Preis, den mir Bolli für das Land versprochen hat, ist gut und soll außerdem gleich bezahlt werden." Kjartan sprach: Es soll dein Schade nicht sein, wenn auch Bolli das Land nicht kauft, denn ich werde es dir zu gleichem Preise abkaufen, und es wird dir nicht viel helfen, dem zu widersprechen, wie ich es haben will, denn es wird dir klar werden, daß ich vor allem bier im Bezirke zu bestimmen habe und mich dabei mehr nach dem Gefallen anderer Männer richten werde als nach dem der Laugarleute." Thorarin antwortete: Hoch steht mir des Herren Wort, 3 das soll mich auch hierbei gelten; aber es wäre mir doch am liebsten, wenn dieser Kauf bestehen bliebe, wie Bolli und ich es ausgemacht haben. Kjartan sprach: "Das nenne ich nicht einen Landkauf, der nicht durch Zeugen festgemacht ist. Wähle nun eins von beiden, entweder verkaufe mir sofort das Land in die Hand zu den gleichen Bedingungen, zu denen du dich andern gegenüber verstanden hast, oder aber bleibe selbst auf deinem Lande wohnen." Thorarin zog es vor, ihm das Land zu verkaufen. Es waren nun gleich die Zeugen für diesen Kauf zur 1
Diese Kunde verbreitete sich im ganzen Talbezirk. Am selben Abend noch erfuhr man es in Laugar. Da sprach Gudrun:
Ich halte dafür, Bolli, daß Kjartan dir die Wahl zwischen zwei Dingen stellt, noch schärfer, als er es mit Thorarin getan hat, daß du entweder diese Gegend mit wenig Ehre verlassen mußt oder dich bei jedem nächsten Zusammentreffen mit ihm etwas weniger stumpf zeigst als bisher." Bolli gab keine Erwiderung und ging gleich weg nach diesen Worten; es blieb nun die übrige Zeit von Langfasten.
Am dritten Ostertage ritt Kjartan von Hause fort mit einem Mann; es begleitete ihn An der Schwarze. Sie kamen zun Nächst an diesem Tage nach Tunga. Kjartan wollte, daß Thorin mit ihm weiter ins Westland nach dem Saurbö reiten sollte, um da als Zeuge zu dienen bei Forderungen, denn Kjartan hatte dort große Geldgeschäfte wahrzunehmen. Thorarin war nach einem andern Hof geritten. Kjartan hielt sich dort eine Zeitlang auf und wartete auf ibn.
An demselben Tage war Thorhalla die Gesprächige 1 dorthin gekommen. Sie fragte Kjartan, wohin er ;u reisen beabsichtigte. Er sagte, er wolle weiter ins Westland nach dem Saurbö. Sie Sagte: Welchen Weg wirst du reiten:" Kjartan antwortete: "Ich werde auf dem Hinweg durch das Sälingstal und auf dem Rückweg durch das Svinatal reiten." Sie Sagte, wie lange er ausbleiben würde. Kjartan antwortete: "Aller Wahrscheinkeit nach werde ich am Donnerstag die Rückreise antreten." Willst du mir einen Gefallen tun:" sagte Thorhalla, ich habe einen verwandten drüben auf Hvitadal im Saurbö; er hat mir eine halbe Mark in Fries versprochen; ich bitte, daß du sie einforderst und mit zurück bringst. Kjartan versprach das.
Unterdessen kam Thorarin heim und machte sich bereit, ihn zu begleiten. Sie ritten weiter über die Sälingstalsbeide und kamen am Abend nach Hol zu den Geschwistern. 1 Kjartan gand da gute Aufnahme, denn zwischen ihnen war herzliche Freundschaft .
Thorhalla die Gesprächige kam beim nach Laugar am Abend. Die Söhne des Osvifr Sagten ob sie jemanden getroffen habe während des Tages. Sie sagte, sie habe Kjartan, Olafs Sohn, getroffen. Sie fragten, wo er hin wolle. Sie erzählte, was sie darüber wußte, — und niemals ist er ein stolzerer Held gewesen als jetzt; das ist auch nicht zu verwundern, wenn solchen Männern alles niedrig neben ihnen vorkommt." Und dann sagte Thorhalla noch: "Leicht war es mir auch zu bemerken, daß Kjartan über nichts so gern sprach als über den Kauf von Thorarins Land." Gudrun sagte:"Wohl mag Kjartan alles kühn tun, was ihm beliebt, weil er erprobt hat, daß er sich jede Beleidigung herausnehmen darf, ohne daß jemand es wagt, den Schaft gegen ihn zu schießen." Bei dieser Rede Gudruns waren sowohl Bolli wie die Söhne des Osvifr zugegen. Ospak und die Brüder antworteten wenig darauf, aber mit deutlicher Feindseligkeit gegen Kjartan wie gewöhnlich. Bolli tat, als hörte er nichts, wie immer, wenn schlecht von Kjartan gesprochen wurde. denn er pflegte dann zu schweigen oder zu widersprechen.
48. An der Schwarze hat einen bösen
Traum
Kjartan blieb Mittwoch nach Ostern in Hol; da war große Unterhaltung und Fröhlichkeit. In der Nacht darauf geberdete sich 'Un übel im Schlafe, und man weckte ihn auf. Sie Sagten ihn, was er geträumt habe. Er antwortete: Eine Frau kam su mir, greulich. und riß mich über die Bettkante; sie hatte ein großes Messer in der einen Hand und einen Trog in der andern; sie setzte mir das Messer an die Brust und schnitt mir den ganzen Leib auf, und nahm das Eingeweide heraus und stopfte dafür Reisig hinein. Dann ging sie zur Tür hinaus, sagte An. Kjartan und die andern lachten sehr über den Traum und sprachen, er solle nun An Reisigmagen heißen; sie griffen ihm an den Leib und sagten, sie wollten fühlen, ob er Reisig im Magen habe.
Da sprach Aud: "Es ist nicht recht, hierüber so sehr zu spotten ich rate zum besten, wenn ich Kjartan bitte, entweder bier
länger zu verweilen, oder wenn er reiten will, dann reite er mit mehr Begleitung von hier fort als er hergebracht hat." Kjartan sprach: Es wird dahin kommen, daß ihr An Reisigmagen nach einen Mann von gewichtigen Worten haltet, wenn ihr noch einige Tage im Gespräch mit ibm zusammensitzt , da euch das wie eine Offenbarung erscheint; was er träumt; aber doch werde ich abreisen, wie ich es mir vorgenommen hatte, trotz dieses Traumes."Kjartan machte (ich früh auf am Donnerstag in der Osterwoche , und mit ihm Thorkel Hündlein und sein Bruder Knut nach dem Rate Aud. Sie ritten mit Kjartan seines Weges, im ganzen zwölf zusammmen. Kjartan kam an Hvitatal vorüber und forderte die Schuld ein für Thorhalla die Gesprächige, wie er ihr versprochen hatte. Dann ritt er südwärts ins Svinatal.
rao geschah zu Laugar im Sälingstal, daß Gudrun früh auf den Füßen war, gleich nach Sonnenaufgang. Sie ging dorthin, wo ihre Brüder schliefen; sie faßte Ospak an. Er wachte gleich davon auf und ebenso einige von den andern Brüdern. Und als Ospak seine Schwester erkannte; fragte er sie, was sie wolle, daß sie so auf den Füßen sei. Gudrun sagte, sie wolle wissen, was sie an dem Tage vorzunehmen gedächten. Ospak sagte, sie würden sich wohl ruhig halten, — " es gibt jetzt wenig zu tun. Gudrun sprach: "Gut würde eure Gemütsart sein, wäret ihr Töchter irgend eines Bauern, 1 so daß von euch aus niemandem Nutzen oder Schaden geschieht; aber solche Schmach und Schande wie euch Kjartan angetan hat, da schlaft ihr ganz ruhig, obgleich er hier am Hofe vorbeireitet mit einem einzigen Begleiter. Diese Männer haben soviel Gedächtnis wie Schweine. Ich gebe auch die Hoffnung auf, daß ihr euch dazu aufraffen solltet, Kjartan in seinem Hofe anzugreifen, da ihr es nicht wagt, ihn jetzt zu treffen, wo er mit einem oder zwei Mann unterwegs ist, aber ihr sitzt daheim und habt zuversichtliche Worte und seit doch immer so viele bei einander."Ospak sagte, sie nehme es so leidenschaftlich, aber man könne schwer dem etwas entgegnen, und sprang sogleich auf und kleidete üch an 1
Da bai Gudrun Bolli, an der Fahrt teilzunehmen. Bolli sagte, das ginge nicht an wegen seiner verwandtschaft mit Kjartan und stellte ihr vor, wie liebevoll Olaf ihn selbst aufgezogen habe. Gudrun antwortete: "Du sprichst wahr, und dir ist es vom Glück versagt, so zu handeln, daß es von allen gebilligt wird, aber mit unserem Eheleben ist es zu Ende, wenn du dich dieser Fabri entziehst." Und unter dem Einflusse von Gudruns Reden steigerte sich Bolli immer mehr hinein in den Groll und die Feindschaft gegen Kjartan und waffnete sich schnell, und es waren nun neun zusammen: die fünf Söhne des Osvifr, Ospak und Helgi, Vandrad und Torrad, Thorolf, als sechster Bolli, der siebente Gudlaug, der Schwestersohn des Osvifr, ein sehr vielversprechender Mann. Dazu kamen Odd und Stein, die Söhne der Thorhalla der Gesprächigen.
Sie ritten nach dem Svinatal und hielten bei der Schlucht, die Hafragil 1 heißt; da fesselten sie die Pferde und setzten sich nieder. Bolli war schweigsam die Zeit über und lag oben am Rande der Schlucht.
Als Kjartan mit seinen Begleitern südwärts durch Mjosyndi 2 gekommen war und das Tal anfing breiter zu werden, sagte Kjartan, daß Thorkel und die andern umkehren sollten. Thorkel sagte, er wolle so weit reiten, bis das Tal aufhöre. Und als sie weiter bis zu den Sätern 3 gekommen waren, die Nordsäter heißen, da sagte Kjartan zu den Brüdern, daß sie nun nicht weiter reiten sollten —, "nicht soll Thorolf der Dieb darüber lachen, daß ich es nicht wagte, ohne großes Gefolge meines Weges zu reiten." Thorkel Hündlein antwortete: Wir wou leu dir nun nachgeben und nicht weiter reiten, aber bereuen werden wir es, daß wir nicht zur Stelle sind. wenn du beute Männer nötig bast." Da sprach Kjartan: "Nicht wird mein 1
49. Kjartan wird von Bolli getötet
Nun ritt Kjartan südwärts das Tal entlang, es waren drei zusammen. An der Schwarze und Thorarin und er. Thorkel hieß ein Mann, er wohnte auf Hafratindar im Svinatal. Da ist nun Wüstung. Er war nach seinen Pferden ausgegangen an dem Tage und sein Hirtenjunge mit ihm. Sie sahen beide Parteien, die Laugarmänner im Hinterhalt und Kjartan, wie er mit den beiden andern das Tal entlang ritt. Da sagte der Hirtenjunge, sie wollten Kjartan entgegenlaufen, es träfe sich glücklich für sie, daß sie ein so großes Unglück abwenden könnten, wie sich da eins vorbereite. Thorkel sprach: Gleich schweigst du, sagte er; "willst du Narr jemandem das Leben geben, wenn ihm der Tod bestimmt ist: Auch sage ich's grade heraus, ich gönne es den einen wie den andern, daß sie sich so böse zurichten, wie es ihnen beliebt. Mir scheint das ein besserer Rat, daß wir uns an eine Stelle begeben, wo wir außer Gefahr sind und so genau wie möglich den Zusammenstoß sehen können und unsere Freude an ihrem Spiel haben, denn alle rühmen, daß Kjartan ein besserer Kämpfer sei als alle andern; ich meine auch, er wird das jetzt nötig haben, denn wir beide wissen ja, daß die Übermacht bei den andern groß genug ist. Und es mußte so geschehen, wie es Thorkel haben wollte.
Kjartan und seine Begleiter ritten weiter auf Hafragil zu. Aber auf der andern Seite faßten die Söhne des Osvifr den verdacht, daß sich Bolli den Platz ausgesucht habe. wo er von weitem sehen konnte, wenn Leute das Tal heruntergeritten kamen. Sie berieten sich untereinander und meinten, das Bolli sie vielleicht verraten wollte; sie stiegen den Abhang zu ihm hinauf und begannen mit ihm im Spaß sich zu balgen und su walgen und faßten ihn an den Beinen und zogen ihn den Abhang hinunter.
Kjartan mit seinen Begleitern kam bald heran, denn sie ritten schnell; und als sie die Schlucht überschreiten wollten, sahen sie den Hinterhalt und erkannten die Männer. Kjartan sprang sofort vom Pferde und wandte sich gegen die Söhne des Osvifr. Da lag ein großer Stein black. 1 Hier wollte Kjartan den Kampf annehmen. Und ehe sie zusammenstießen, schleuderte Kjartan seinen Speer; er traf den Schild Thorolfs über dem Handgriff und preßte den Schild gegen seinen Arm. Der Speer drang durch den Schild in den Arm über dem Ellenbogen und zerschnitt den Hauptmuskel. Thorolf ließ den Schild fallen, und der Arm war für die nächste Zeit unbrauchbar. Dann sog Kjartan sein Schwert, er hatte aber nicht die Königsgabe bei sich. Die Söhne der Thorhalla rannten Thorarin an. denn dieser Teil der Arbeit war ihnen zugewiesen. Das war ein harter Kampf, denn Thorarin besaß eine gewaltige Kraft; die beiden waren aber auch tüchtige Fechter; man hätte da kaum eine Entscheidung treffen können, wer die Oberhand behalten würde.
Gegen Kjartan gingen die Söhne des Osvifr und Gudlaug zum Angriff; es waren fünf, und Kjartan und An zwei. An verteidigte sich wacker und wollte immer vor Kjartan treten. Bolli stand zur Seite mit dem Fußbeißer. 2 Kjartan schlug gewaltige Hiebe, aber das Schwert taugte nichts; er mußte fortwährend die Klinge mit dem Fuß grade biegen. Sowohl die Osvifrsöhne wie An wurden verwundet, aber Kjartan hatte da noch keine Wunde. Kjartan schlug sich mit solcher Schnelligkeit und Kühnheit, daß die Osvifrsöhne vor ihm zurückwichen und sich dorthin wandten, wo An stand. Da fiel An, und er hatte zuletzt noch gekämpft, während ibm die Eingeweide aus der Wunde drangen. In diesem Augenblick schlug Kjartan dem Gudlaug ein Bein ab, oberhalb des Knies, und diese Wunde war schwer genug, seinen Tod herbeizuführen. Nun griffen die vier Osvifrsöhne Kartjan an. aber er wehrte sich so kühn, daß er keinen Schritt vor ihnen zurückwich. Da sprach Kjartan:
Da zückte Bolli den Fußbeißer und wandte sich nun gegen Kjartan. Da sprach Kjartan zu Bolli: Nun sehe ich, Vetter daß du eine Neidingstat vorhast, aber viel lieber ist es mir, den Tod von dir zu empfangen, Vetter; als ihn dir zu geben." Darauf warf Kjartan die Waffen von sich und wollte sich nicht mehr wehren, dabei war er nur wenig verwundet, aber furchtbar ermattet vom Kampfe. Bolli gab keine Antwort auf das, was Kjartan sagte, sondern versetzte ihm die Todeswunde. Bolli legte sogleich Kjartan mit den Schultern sich über die Knie, und Kjartan starb in Bollis Schoß. Bolli empfand auf der Stelle Reue über seine Tat; er gab die gesetzliche Erklärung ab, daß er den Totschlag begangen habe
Bolli sandte die Söhne des Osvifr nach den Höfen, er selbst und Thorarin blieben bei den Leichen. Und als die Osvifrsöhne nach Laugar kamen, da erzählten sie, was geschehen war. Gudrun gab ihre Freude kund; es wurde da Thorolfs Arm verbunden. er heilte langsam und wurde niemals völlig wiederhergestellt. Kjartans Leiche wurde nach Tunga gebracht. Dann ritt Bolli beim nach Laugar.
Gudrun ging ihm entgegen und fragte ihn, wie weit der Tag vorgeschritten sei. Bolli sagte, es sei gleich die Zeit der None. Da sprach Gudrun: "Groß ist unser Tagewerk, ich habe für zwölf Ellen Garn gesponnen, und du hast Kjartan erschlagen." Bolli antwortete: Dieses Unglück würde auch ohne das mir
schwer aus der Erinnerung weichen, wenn du mich nicht daran gemahnt hättest." Gudrun sprach: "Ich nenne das kein Unglück; ich fand, daß dein Ansehen höher stand in dem Winter, da Kjartan noch in Norwegen war, als später, da er euch unter seine Füße trat, sobald er nach Island gekommen war, Aber das nenne ich zuletzt, daß mir am besten dünki, daß Hrefna nicht lachend zu Ben gehen wird heute abend. Da sagte Bolli und war sehr zornig: " ist mir unverständlich, warum sie über dies Ereignis bleicher werden soll als du, und ich habe den verdacht, daß du dir weniger daraus machen würdest; wenn ich auf dem Kampfplatz liegen geblieben wäre und Kjartan dir die Kunde davon brächte." Gudrun merkte, daß Bolli zornig wurde und sprach: "Nimm es nicht auf diese Weise, denn ich weiß dir großen Dank für die Tai ich habe das nun erprobt, daß du nicht gegen meinen Sinn handeln willst.Darauf gingen die Osvifrsöhne in die Erdhöhle, die sie sich hatten heimlich bauen lassen, aber die Söhne der Thorhalla wurden hinüber nach Helgafell geschickt, dem Goden Snorri zu melden, was geschehen sei, und zugleich, daß Bolli und Gudrun ihn bäten, ihnen schnell verstärkung zu senden, zur Hilfe gegen Olaf und die andern, die für Kjartan die Totschlagssache zu verfolgen hatten.
Das geschah in Sätingsdalstunga in der Nacht nach dem Kampfe, daß An sich aufrichtete. während doch alle dachten, er sei tot. Die Leute, die bei den Leichen wachten, erschraken, es schien ihnen ein großes Wunder. Da sprach An zu ihnen: Ich bitte euch im Namen Gottes, daß ihr euch nicht vor mir fürchtet, denn ich habe gelebt und volles Bewußtsein gehabt, bis zu dem Augenblick, da eine schwere Ohnmacht mich befiel. Da träumte mir von derselben Frau wie vorher, und es schien mir, als nähme sie mir nun das Reisig aus dem Leibe und tat dafür die Eingeweide hinein, und bei diesem Wechsel wurde mir wohl." Darauf verband man die Wunden, die An hatte, und er wurde wieder beil und hieß seitdem Un Reisigma gen. Als Olaf, Höskulds Sohn, erfuhr, was geschehen war, empfand er schwer den Tod Kjartans, aber trug es doch männlich
Seine Söhne wollten gleich gegen Bolli ziehen und ihn töten. Olaf sagte: Das soll auf keinen Fall geschehen; der verlust meines Sohnes wird mir dadurch nicht ersetzt, daß ihr Bolli erschlägt . Ich liebte Kjartan über alle andern, aber ebenso schwer würde ich's tragen, wenn Bolli ein Leid zugefügt würde; ich weis ein Unternehmen, das euch besser ansteht; verfolgt die Söhne der Thorhalla; sie sind nach Helgafell geschickt worden, um Mannschaft gegen uns aufzubieten; es freut mich, wenn ihr sie so bestraft, wie es euch gefällt."Darauf machten die Olafsöhne sich schnell fertig und bestiegen das Reiseboot. das Olafgehörte; sie waren sieben zusammen; sie ruderten seewärts den Hvammsfjord entlang und beschleunigten ihre Fahrt nach Kräften. Sie hatten schwachen, aber günstigen Wind. Sie ruderten unterm Segel, bis sie auf die Höhe von Skoren 1 kamen, da nahmen sie Aufenthalt und erkundigten ob man da habe Leute fahren sehen. Und bald darauf sahen sie ein Ruderboot vom Lande her über den Fjord kommen sie erkannten bald die Männer: es waren die Söhne der Thorhalla. Halldor und die Brüder griffen sie sofort an. Da kam es nicht zum Widerstand, die Olafsöhne sprangen gleich in ihr Schiff. Stein und sein Bruder wurden gefangen, niedergehauen und über Bord geworfen. Die Olafsöhne kehrten nach Hause zurück, und die Fahrt wurde ihnen zu hohem Ruhme gerechnet.
50. Olaf schützt Bolli
Olaf zog der Leiche Kjartans entgegen. Er sandte Leute südwärts nach Borg, Thorstein, dem Sohn Egils, dieses Ereignis anzuzeigen, und zugleich ihn um Unterstützung zur verfolgung der Sache zu bitten; den Fall, daß sich Häuptlinge auf die Seite der Osvifrsöhne schlügen, wolle er sich sichern, daß er die ganze Entscheidung in der Hand behielte. Gleiche Botschaft sandte er nordwärts ins vidital zu Gudmund , seinem Schwiegersohn, und den Söhnen des Asgeir, und fügte hinzu, daß er die Anklage wegen Totschlag gegen alle Männer erhoben habe, die bei dem Überfall beteiligt 1
Olaf hatte die Totschlagsklage an das Thorsnesthing gewiesen Er ließ die Leiche Kjartans heimbringen und ein Zelt darüber errichten, denn es gab damals noch keine Kirche in dem Bezirke der Täler.
Aber als Olaf erfuhr, das Thorstein sich safari zum Aufbruch entschlossen und eine graße Menge Volk aufgeboten hatte, und ebenso die vam Vidital, da ließ Olaf Männer aus dem ganzen Talbezirk sammeln; das war eine große Masse. Darauf gebot Olaf dieser ganzen Schar, nach Laugar zu ziehen, und sprach: Es ist mein Wille; daß ihr Bolli verteidigt, wenn es nötig ist; ebenso, als wenn ihr unter mir stündet, denn meine Vermutung ist, daß sie von ihm Vergeltung für erlittenen verlust fordern werden, die Männer aus andern Bezirken, die bald zu uns kommen werden." Und als diese Maßregeln getrcffen waren, da kam Thorstein mit seiner Schar und ebenso die vom vidital und waren in der zornigsten Stimmung. Am meisten reizten Hall, Gudmunds Sohn, und Kalf, Asgeirs Sohn, die Männer auf sofort Bolli anzugreifen und nach den Söhnen des Osvifr zu suchen, bis sie gefunden wären, und sagten, es sei unmöglich, daß sie den Bezirk verlassen hätten. Aber weil Olaf alles tat, sie zurückzuhalten von dem Zug. da wurden Sühneverhandlungen zwischen beiden Parteien angeknüpft , und bei Bolli war die Erledigung leicht, denn erbat Olaf, allein von sich aus die Sühne zu bestimmen; aber Osvifr sah keine Möglichkeit, Widerspruch zu erheben, denn es war ihm keine Verstärkung von Snorri gekommen.
Es wurde da eine Sühnezusammenkunft in Ljarskogar verabredet; 1
51. Die Söhne des Osvifr werden geächtet
und verlassen Island. Olaf stirbt
Die Leiche Kiartans blieb eine Woche in Hjardarholt aufgebahrt. Thorstein, Egils Sohn, hatte in Borg eine Kirche bauen lassen. Er nahm Kjarmns Leiche mit sich, und Kjartan wurde in Barg begraben. 1 Die Kirche war da grade neugeweiht und noch in weißen Kleidern.
Dann kam das Thorsnesthing heran. Da wurde die Anklage gegen die Osvifrsöhne vorgebracht, und sie verfielen alle der Acht. Es wurde Geld dafür gegeben, daß ihnen die Ausreise gestattet sein sollte, aber die Rückkehr sollte ihnen verboten sein, solange einer von den Olfafsöhnen am Leben wäre oder Asgeir, Kjartans Sohn. Aber Gudlaug, der Schwestersohn deo Osvifr, sollte ungebüsst bleiben wegen seiner Beteiligung am Überfall und Hinterhalt gegen Kjartan, und keine Genugtuung sollte Thorolf für die Wunde bekommen, die er erhalten hatte. Gegen sollt wollte Olaf keine Klage erbeben lassen und legte ihm auf, sich durch Geld zu lösen. Damit waren 1
Ein Schiff lag in Bjarnarhöfn, 1 das Audun Kettenhund gehörte. Er war auf dem Thinge und sprach: Es ist glücklicherweise zu erwarten, daß die Achtung dieser Männer in Norwegen ebenso wirksam sein wird. wie hier, wenn dort die Freunde Kjartans noch am Leben sind." Da sagte Osvifr: Deine Weissagung, du Kettenhund, wird nicht eintreffen, denn meine Söhne werden hochgeehrt sein bei vornehmen Herren, aber du Kettenhund sollst in diesem Sommer fahren in der Trolle Gewalt." Audun Kettenhund segelte aus im Sommer und erlitt Schiffbruch an der Färöer. Da ging jedes Menschenkind auf dem Schiffe zugrunde; so schien also ganz eingetroffen zu sein, was Osvifr geweissagt hatte. Die Osvifrsöhne segelten aus im Sommer, und keiner von ihnen kam je wieder zurück. So schloß die verfolgung der Totschlagssache, und Olaf schien nur größer deshalb dazustehen, weil er fest zugegriffen hatte, wo es am Platze war, bei den Osvifrsöhnen, aber Bolli in Schutz nahm wegen der verwandtschaft. Olaf dankte den Männern herzlich für die zugeführte Verstärkung.
Bolli kaufte das Land in Tunga auf den Rat Olafs. Es wird erzählt, daß Olaf noch drei Winter gelebt bat, nachdem Kjartan erschlagen war. Und als er verschieden war, teilten die Söhne das Erbe des Vaters. Halldor übernahm den Hof in Hjardarbolt. Thorgerd, die Mutter der Brüder, lebte bei Halldor. Sie war sehr rachgierig gesinnt gegen Bolli und meinte einen grausamen Lohn für die Erziehung Bollis er- halten zu haben.
52. Halldor, Olafs Sohn, tötet Thorkel von
Hafratindar
Bolli und Gudrun richteten im Frühling sich auf ihrem Hofe in Sälingsdalstunga ein, und das Hauswesen
Halldor, Olafs Sohn, wohnte in Hjardarholt, wie oben geschrieben ist; er war der vormann unter den Brüdern. In dem Frühling, als Kjartan erschlagen wurde, hatte Thorgerd, Egils Tochter, einen jungen Verwandten bei Thorkel von Hafratindar in Kost und Wohnung gegeben. 1 Der Junge hütete da das vieh im Sommer. Er trauerte sehr über Kjartans Tod wie andere auch. Er konnte nicht von Kjartan reden, wenn Thorkel dabei war; denn der sprach immer schlecht von Kjartan und sagte, er sei feig und schwachherzig gewesen, und machte es oft nach, wie er sich bei der tödlichen verwundung benommen habe. Der Junge konnte das schlecht vertragen und kam nach Hjardarholi und erzählte das alles Halldor und Thorgerd und bai sie. ihn zu sich zu nehmen. Thorgerd befahl ihm, bis zum Winter in Kost zu bleiben, wo er war. Der Junge sagte, er bringe es nicht über sich, dort länger zu bleiben, — und du würdest es nicht von mir verlangen, wenn du wüßtest, wie schwer es für mich zu ertragen ist." Da ließ sich Thorgerd durch seine Klagen erweichen und sagte; van sich aus wolle sie erlauben, daß er bei ihnen in Kost bliebe. Halldor sagte: Achte doch nicht auf diesen Jungen, es ist ohne Bedeutung, was er sagt." Da antwortete Thorgerd: "Auf den Jungen ist nicht viel zu gehen, aber Thorkel hat unter allen Umständen sich schlecht in dieser Sache benommen, denn er wußte, daß die Laugarleute Kjartan auflauerten, und wollte es ihm nicht ansagen, sondern hat sich ein Vergnügen und eine Belustigung aus dem Kampfe gemacht, und dann noch viele häßliche Reden geführt. Wie soll es geschehen, daß ihr Brüder da euch zu rächen wagt, wo euch Übermacht entgegensteht, wenn ihr es nicht über euch bringt, einem so elenden Kerl, 1
Einige Tage darauf ritt Halldor fort und einige Männer mit ihm. Er ritt nach Hafratindar und schloß Thorkel im Hause ein; Thorkel wurde herausgeführt und getötet; er benahm sich unmännlich bei seinem Ende. Halldor ließ nichts rauben und ritt so heim. Thorgerd bezeugte ihre Freude über diese Tat, es schien ihr diese Rache besser als keine.
In diesem Sommer blieb es äußerlich ruhig, aber zwischen Bolli und den Olafssöhnen stand es böse. Die Brüder benahmen sich ohne jede Rücksicht gegen Bolli, er aber suchte in allem einem Zusammenstoß mit den verwandten auszuweichen, wo er sich nichts zu vergeben hatte, denn er fürchtete den Kampf durchaus nicht. Bolli hatte viele Leute um sich und bieli sich wie ein großer Herr, denn an vermögen fehlte es da nicht.
Steinthor, Olafs Sohn, wohnte auf Dönustadir im Lachswassertal . Er hatte Thurid, Asgeirs Tochter, zur Frau, die früher Thorkel Kuggi gehabt hatte. Ihr Sohn hieß Steinthor, der Groslappi genannt wurde.
53. Thorgerd reizt ihre Söhne auf, Rache
an Bolli zu nehmen
Im nächsten Winter nach dem Tode Olafs, des Sohnes des Höskuld, schickte Thorgerd, Egils Tochter, nach ihrem Sohne Steinthor, gegen Ende des Winters, er möge zu ihr kommen. Und als Mutter und Sohn beieinander waren, gab sie ihm Bescheid, daß sie eine Reise machen wolle, und zwar ins westland hinein nach dem Saurbö, ihre Freundin Aud zu besuchen. Sie sagte Halldor, er solle auch mitkommen. Sie waren fünf zusammen. Halldor begleitete seine Mutter. Sie ritten nun, bis sie an dem Hof von Sälingsdalstunga vorüber kamen. Da wandte Thorgerd ihr Pferd nach dem Hof zu und fragte: Wie heißt dieser Hof:" Halldor antwortete: "Du fragst das nicht, Mutter, als wüßtest du's nicht bereits. Dieser Hof heißt Tunga." Wer wohnt hier :" sagte sie. Er antwortete: Du weißt es ja, Mutter." Da sagte Thorgerd und atmete schwer
dabei: Ich weiß freilich," sagte sie, "daß hier Bolli wohnt. der Mörder eures Bruders, und sehr unähnlich zeigt ihr euch eueren edlen vorfahren, daß ihr nicht Rache nehmen wollt für einen solchen Bruder, wie Kjartan war. So hätte euer Großvater Egil nicht gehandelt, und es ist bitter, Söhne ohne Tatkraft zu haben; und ich meine wirklich, ihr paßtet besser dazu, daß ihr Töchter eures vaters und verheiratet wäret. 1 Es ist nun so, Halldor, wie es im Sprichwort heißt; daß in jeder Familie ein unnützes Glied ist, und ganz deutlich ist mir, was Olafs Unglück war: daß ihm die Söhne so mißraten sind. An dich richte ich deshalb meinen Anspruch, Halldor," sagte sie, weil du als der erste giltst von deinen Brüdern. Nun können wir wieder umkehren, denn das war mein eigentliches Vorhaben, euch an das alles zu erinnern, solltet ihr nicht schon vorher daran gedacht haben." Da antwortete Halldor: "Dir werden wir niest die Schuld geben können, Mutter, wenn uno dies aus dem Sinne schwinden sollte." Halldor redete im übrigen wenig darüber, aber sein Grimm gegen Balli schwoll mächtig an.Es verging nun dieser Winter, und als der Sommer gekommen war, rückte die Zeit des Things näher. Halldor erklärte, daß er zum Thinge reiten würde, und ebenso seine Brüder. Sie ritten nun mit einer großen Schar und zelteten die Bude. die Olaf gehabt hatte. Das Thing verlief ruhig und ereignislos. Vom Nordlande waren auch die Männer aus dem vidital zum Thinge gekommen, die Söhne des Gudmund, des Sohnes des Sölmund. Bardi, Gudmunds Sohn, war damals achtzehn Winter alt, er war groß und stark. Die Olafssöhne luden ihren Vetter Bardi zu sich ein und redeten ihm eifrig zu. Hall, Gudmunds Sohn, war damals nicht hier im Lande. Bardi nahm das gern an, denn zwischen den Vettern war ein herzliches verhältnis. Bardi ritt nun nach dem Westlande vom Thinge mit den Olafssöhnen. Sie kamen beim nach Hjardarholt, und Bardi blieb dort den Rest des Sommers über.
54. Der Zug gegen Bolli wird beschlossen,
Thorgerd reitet mit
Nun teilte Halldor Bardi im vertrauen mit, daß sie, die Brüder, die Absicht hätten, gegen Bolli zu ziehen, sie sagten, sie könnten die vorwurfe ihrer Mutter nicht länger ertragen, — "wir wollen es nicht leugnen, Vetter Bardi, es war ein Hauptgrund bei unserer Einladung, daß wir dich hier haben wollten, damit du mit uns ausziehst und uns hilfst." Da antwortete Bardi: ""Übel wird man den Bruch der unter den Verwandten geschlossenen Sühne beurteilen, und andrerseits erscheint mir Bolli schaer angreifbar. Er hat viele Männer um sich und ist selbst ein Kämpfer ohne alle Furcht; da mangelt es auch nicht an kluger Vorsorge, wo Gudrun und Osvifr sind. Aus allen diesen Gründen scheint mir der Angriff kaum ausführbar." Halldor sagte: "Es tut uns not, daß wir uns die Sache nicht selbst schwerer machen, als sie ist. Ich habe auch nicht eber von unsrer Absicht gesprochen, als bis der versuch gemacht werden kann, an Bolli Rache zu nehmen. Ich meine auch, Vetter, daß du uns nicht im Stiche lassen wirst bei diesem unserem Zuge." Bardi antwortete: Ich weiß, du wirst es für unwürdig balten, wollte ich mich dem entziehen. Ich werde es auch nicht tun, wenn ich sehe, daß ich euch doch nicht zurückhalten kann." "Da stellst du dich recht zur Sache," sagte Halldor, " wie zu erwarten war." Bardi sagte, der Angriff dürfe nicht ohne bestimmten Plan gemacht werden. Halldor erwiderte, er habe erfahren, daß Bolli seine Leute weggeschickt habe, einige ins Nordland an den Hrutafjord zum Schiff und andere nach dem Strande hinaus, — "mir ist auch berichtet, daß Bolli sich auf dem Säter im Sälingstal aufhält, und da seien nicht mehr Männer als die Knechte, die im Heu zu tun haben. Mir scheint, als könne sich nicht zum zweiten Male eine so günstige Gelegenheit bieten, Bolli zu überfallen, wie jetzt." Und sie bekräftigten nun mit einander ihre verabredung, Halldor und Bardi.
Ein Mann hieß Thorstein der Schwarze; er wohnte in Hundadal im Talbezirk des Breidifjords, ein kluger und wohlhabender
Mann; er war ein langjähriger Freund des Olaf Pfau gewesen; die Schwester Thorsteins hieß Solveig, sie war verheiratet mit dem Manne, der Helgi hieß und ein Sohn des Hardbein war. Helgi war ein großer und starker Mann und ein großer Seefahrer. war grade nach Island gekommen und bei seinem Schwager Thorstein zu Gaste.Halldor sandte Botschaft zu Thorstein und Helgi, dessen Schwager. Und als sie nach Hjardarholt gekommen waren, sagte Halldor; was ihr Vorhaben und ihr Plan sei, und bat sie an dem Zuge teilzunehmen. Thorstein zeigte sich übel zufrieden mit diesem Vorhaben, — "das wäre doch jammerschade, wenn ihr verwandten euch nun immer weiter umbringen wolltet. Es gibt jetzt wenige solche Männer in eurer Familie, wie Bolli ist. Und obgleich Thorstein solches redete, so half es doch nichts.
Halldor sandte Botschaft zu Lambi, seinem vaterbruder; und als er zu Halldor kam, da erzählte ihm dieser von ihrem vorhaben. Lambi trieb sehr dazu an, daß dies ins Werk gesetzt würde. Thorgerd, die Hausmütter, reizte auch allezeit dazu auf, daß man sich zu dem Zuge entschließen solle; sie sagte, niemals würde Kjartans Tod gerächt scheinen, wenn nicht Bolli dasselbe Los erdulde. Darauf rüsteten sie sich zu dem Zuge. Daran nahmen teil die vier Olafssöhne, und als fünfter Bardi —dies waren die vier Olafssöhne: Halldor und Steinthor, Helgi und Höskuld. aber der fünfte war Bardi, der Sohn des Gudmund, der sechste Lambi, der siebente Thorstein, der achte Helgi, sein Schwager, der neunte An Reisigmagen. Thorgerd machte sich auch bereit, mit ihnen zu ziehen; sie suchten sie nach Möglichkeit davon abzubringen und sagten, so etwas sei keine Wei herfahrt . Sie erwiderte, sie würde bestimmt mitkommen, — denn ich kenne euch, meine Söhne, ganz genau und weiß, daß ihr etwas Scharfmachen nötig habt. 1 Sie sagten, sie möge nach ihrem Willen tun.
55. Bolli wird überfallen und getötet
Darauf ritten sie ab aus Hjardarholt, neun zusammen; Thorgerd war die zehnte. Sie ritten auf dem Niedrigwasserstrand fjordeinwärts und so bis Ljarskogar. Das war zu Anfang der Nacht. Sie rasteten nicht, bis sie ins Sälingstal kamen, da fing der Morgen an zu grauen. Dichter Wald war in dem Tal in jener Zeit. Bolli war auf dem Säter, wie Halldor in Erfahrung gebracht hatte. Die Säter standen am Wasser , da wo der Platz jetzt Bollatoptir 1 heißt. Eine große Halde erstreckt sich von oberhalb des Säters weiter hinunter bis nach Stakkagil. Zwischen der Halde und der Talwand ist eine große Wiese, die Barm heißt; da arbeiteten die Knechte Bollis Halldor und seine Gefährten ritten nach Örnagrof, über Ranavellir und weiter bis oberhalb der Hamarwiese, das ist gegenüber dem Säter. Sie wußten, daß viele Leute auf dem Säter waren; sie stiegen ab und beabsichtigten zu warten, bis die Leute vom Säter zur Arbeit gegangen wären.
Der Hirtenjunge Bollis ging nach dem vieh früh morgens die Talwand hinauf; er sah Männer im Walde und ebenso die gefesselten Pferde; es kam ihm der verdacht, daß dies keine friedlichen Leute sein könnten, die so sich versteckt hielten er eilte auf dem gradesten Wege zum Säter zurück und wollte Bolli anzeigen, daß Männer gekommen seien.
Halldor hatte scharfe Augen. Er sah, daß ein Mensch vom Talabhang herunter gelaufen kam und die Richtung auf den Säter nahm. Er sagte seinen Gefährten, daß das Bollis Hirt sein müßte — "und er wird unsere Schar gesehen haben; wir müssen ihm den Weg verlegen und ihn verhindern, Nachricht in den Säter zu bringen." Sie taten, wie er gesagt hatte. An Reisigmagen zeigte sich als der schnellste von ihnen, er sing den Jungen ab, hob ihn auf und warf ihn zur Erde nieder. Der Fall war so stark, daß dem Jungen das Rückgrat zerbrach. Darauf ritten sie nach dem Säter. Es waren zwei Gebäude, ein Schlafsäter und ein Vorratshaus. 1
Die um Halldor redeten nun mit einander, wie man das Werk beginnen sollte; denn keiner hatte Neigung, in den Säter hineinzugehen Da sprach An Reisigmagen: "Es sind Männer hier in der Schar; die durch ihre verwandtschaft Kjartan näher stehen als ich, aber wohl keiner, dem es fester im Gedächtnis eingeprägt sein kann. wie Kjarian sein Leben verloren hat, als mir. Das war mein Gedanke. als ich nach Tunga gebracht wurde so gut wie tot, und Kjartan erschlagen war; daß ich mit Freuden Bolli ein Leid antun möchte, wenn sich mir die Gelegenheit bieten sollte. Ich werde zuerst in den Säter hineingehen ." Da sagte Thorstein der Schwarze: "Das heißt gesprochen wie ein Mann von Mut, doch wird es rätlicher sein, nicht ohne Überlegung hineinzustürzen, man muß mit vorsicht zu Werke gehen, denn Bolli wird nicht ruhig dabei stehen, wenn maii ihn angreift. Mag er nun auch ohne Helfer sein, wir müssen uns auf heftige Gegenwehr gefaßt machen, denn Bolli ist stark und ein gewandter Krieger. Er hai auch ein Schwert,
das eine zuverlässige Waffe ist." Darauf drang An in den Säter ein, schnell und unaufhaltsam, er hatte seinen Schild über dem Kopfe und dem schmaleren Teil nach vorn gewendet, Bolli hieb nach ihm mit dem Schwerte Fußbeißer, schlug das Schildende ab und spaltete ihm zugleich den Kopf bis auf die Schultern nieder; das brachte ihm sofort den Tod. Darauf ging Lambi hinein, er hielt den Schild vor sich und das gezückte Schwert in der Hand. In dem Augenblick riß Bolli den Fußbeißer aus der Wunde, dabei kehrte sich sein Schild zur Seite. Da stieß Lambi Bolli in den Schenkel, das wurde eine große Wunde. Bolli traf dagegen Lambi an der Achsel, und das Schwert fuhr an der Seite herunter; er war gleich kampfunfähig; und niemals mehr wurde ihm der Arm wieder ganz heil, so lange erlebte.In diesem Augenblick kam Helgi, Hardbeins Sohn, herein und hatte einen Speer in der Hand, dessen Blatt war eine Elle lang und der Schaft in Eisen gefaßt. Als aber Bolli das sah, warf erdas Schwert weg, ergriff den Schild mit beiden Händen und ging auf die Tür zu, Helgi entgegen. Helgi stieß nach Bolli mit dem Speer, durchbohrte den Schild und ihn selbst. Bolli lehnte sich gegen die Wand des Säters. Nun stürmten die Männer hinein in den Säter, Halldor und seine Brüder. Auch Thorgerd ging hinein in den Säter.
Da sprach Bolle "Nun ist es möglich, Brüder, näher heranzukommen als bisher," er glaube, sagte er, daß seine Gegenwehr nur kurz sein werde. Thorgerd antwortete auf seine Rede und sagte, man würde sich nicht scheuen dürfen, gründliche Arbeit mit Bolli zu machen, zwischen Kopf und Rumpf solle die Schneide durchfahren. Bolli stand da noch aufrecht an der Wand und drückte sich den Rock an, damit nicht die Eingeweide herausdrangen. Da lief Steinthor, Olafs Sohn, gegen Bolli an und hieb nach ihm mit einer großen Art gegen den Hals an den Schultern, so daß gleich das Haupt absprang. Thorgerd dieß seine Hand gesegnet sein, sie sagte, Gudrun würde nun rote Haare zu kämmen haben am Kopfe Bollis Darauf gingen sie hinaus aus dem Säter.
Gudrun kam herauf von dem Bach und sing ein Gespräch an mit Halldor und seinen Gefährten und Sagte, wie es zwischen ihnen
und Bolli ausgegangen sei. .Sie erzählten alles so, wie es sich zugetragen hatte. Gudrun warin einem feinen Tuchrock mit engerm Miederjacke, auf dem Kopf hatte sie einen reichgefalteten Schleier. Sie trug ein Umschlagetuch mit blauer Musterung, unten mit Fransen. Helgi, Hardbeins Sohn. trat auf Gudrun zu und nahm einen Zipfel des Tuches und wischte damit das Blut von dem Speere, demselben, mit dem er sollt durchstoßen hatte. Gudrun sah ihn an und lächelte dazu. Da sprach Halldor: "Das ist boshaft gehandelt und grausam." Helgi bat ihn, sich nicht darüber zu entrüsten: denn ich denke mir, sagte er, daß unter diesem Tuche mein Mörder haust." 1 Dann nahmen sie ihre Pferde und ritten fort. Gudrun brachte sie auf den Weg und redete eine Weile mit ihnen. Darauf kehrte sie um.
56. Snorri der Gode übernimmt Tunga,
Gudrun sieht nach Helgafell
Darüber redeten Halldors Gefährten untereinander, daß Gudrun sich wenig aus dem Tode Bollis machen müsse, da sie mit Geleitsworten sie auf den Weg gebracht und in dem ganzen Gespräche mit ihnen sich so verhalten habe, als hätten sie gar nichts getan, das ihr gegen den Sinn ginge. Da antwortete Halldor: Nicht ist das meine Ansicht, daß Gudrun den Tod Bollis leicht nimmt; ich meine vielmehr, daß sie deshalb uns im Gespräch das Geleit gegeben hat, weil sie genau wissen wollte, welche Männer bei diesem Zuge beteiligt gewesen sind. Auch darf man ohne Übertreibung sagen, daß Gudrun mit ihrer großartigen Weise hoch über andern Frauen steht. Es ist auch natürlich, daß Gudrun den Tod Bollis tief empfindet, denn die Wahrheit zu sagen, der verlust solcher Männer ist der größte Schade, wie Bolli war, wenn eo uno verwandten auch nicht beschieden war, in Eintracht mit ihm zu leben." Darauf ritten sie heim nach Hjardarholt.
Die Kunde von diesem Ereignis verbreitete sich schnell und machte einen tiefen Eindruck. Bollis Tod wurde allgemein beklagt . Gudrun sandte sofort Baten zu dem Goden Snorri, denn sie und Osvifr glaubten eine sichere Stütze zu haben, wenn
In dieser Zeit hatte Snorri große Zwistigkeiten mit den Männern von Eyr. 2 Snorri sagte, daß er dies tun wolle aus Freundschaft für Gudrun, — doch mußt du, Gudrun, dieses Jahr nach in Tunga bleiben." Nun machte )ich Snorri auf den Weg, und Gudrun gab ihm ansehnliche Geschenke mit. Snorri ritt nun nach Hause, und es blieb äußerlich ruhig das Jahr über.
Im nächsten Winter nach dem Tode Bollis gebar Gudrun ein Kind; das war ein Knabe. Er wurde Bolle genannt. Er war bald groß und schön. Gudrun liebte ihn sehr. Und als der Winter verging, und der Frühling kam, da wurde der Handel eingeleitet, von dem die Rede gewesen war, daß ihre Landgüter vertauschen wollten. Snorri und Gudrun. Snorri übernahm Tunga und wohnte dort, solange er lebte. Gudrun zog nach Helgafell und Osvifr mit ihr. sie richteten da eine stattliche Wirtschaft ein; Gudruns Söhne wuchsen dort auf, Thorleik und Bolli. Thorleik war damals vier Winter alt, als Bolli erschlagen ward, sein Vater
57. Thorgils, der Sohn der Halla, unter-
richtet Gudruns Sohn Thorleik im Recht
Thorkel, der Sohn des Eyjolf, sieht aus,
den geächteten Grim zu überfallen, und leiht
sich dazu das Schwert Sköfnung
Ein Mann hieß Thorgils und war ein Sohn der Halla; und deshalb war er nach seiner Mutter genannt. weil
In dieser Zeit war einer von den Kauffahrern Thorkel, der Sohn des Eyjolf 4 ein berühmter Mann und von edler Familie ; und ein guter Freund des Goden Snorri. Er war auch oft bei Thorstein, dem Sohne des Thorkel Kuggi, seinem verwandten, 5 wenn er sich hier in Island befand.
Und einmal, als sein Schiff in Vadil 6 am Bardastand auf Land lag, geschah es im Borgarfjordgebiet, daß ein Sohn des Eld aus As erschlagen wurde von den Söhnen der Helga von Krapp; 7 Grim hieß der, der ihn erschlagen hatte, und sein Bruder Njal: der ertrank etwas später in der Hvita. Aber Grim verfiel der Acht wegen des Totschlages und lag draußen in den Bergen, solange er friedlos war; er war ein großer und starker Mann. Eid war damals schon ein sehr alter Mann, als dies geschah; daher wurde die Ächtung nicht weiter verfolgt. Immer lag man dem Thorkel Eyjolfssohn in den
Im Frühjahr darauf, als Thorkels Schiff segelfertig war, reiste er südwärts über den Breidifjord nach dem Borgmord im Südland und verschaffte sich ein Pferd und ritt allein und rastete nicht, bis er nach As kam zu Eid, seinem verwandten. Eid empfing ihn mit Freuden. Thorkel sagte ihm, was ibn dorthin geführt habe, daß er Grim aufsuchen wolle, den Eid habe ächten lassen; er Sagte ihn, ob er irgend eine Kunde davon habe, wo Grim hausen möge. Eid antwortete: "Das ist gar nicht nach meinem Wunsch, ich glaube, daß du viel einsetzt bei dem Spiel, wie dies Unternehmen wohl ausgeht, mit einem solchen Höllenkerl anzubinden, wie Grim ist. Wenn du aber ausziehen willst, so nimm viele Männer mit, damit du die Entscheidung in der Hand hast. Das scheint mir keine Heldentat, sagte Thorkel, "mit einer großen Schar gegen einen einzelnen Mann zu Felde zu ziehen; nein. ich bitte, daß du mir das Schwert Sköfnung 2 leihst, dann, glaube ich, werde ich wohl einen einzelnen Waldgänger bezwingen, wenn er auch noch so kampftüchtig ist." "Du magst deinem Willen folgen," sagte Eid, "doch es wird mich nicht überraschen, wenn du einmal diesen Eigensinn bereust; aber weil du das um meinetwillen unternimmst, werde ich dir nicht abschlagen, worum du mich bittest, denn ich meine, daß Sköfnung in guten Händen ist, wenn du ihn trägst. Aber so ist die Natur des Schwertes, daß die Sonne nicht auf den Knauf scheinen, und daß man es nicht ziehen soll, wenn Frauen zugegen sind. Wenn ein Mann durch das Schwert verwundet wird, kann die Wunde nicht heilen, wenn der Heilstein nicht drüber gestrichen wird, der zu dem Schwerte gehört." 3 Thorkel sagte, er würde das genau in Acht nehmen und empfing das Schwerter bai aber Eid, ihm den Weg dorthin zu weisen, wo Grim
58. Thorkel wird von Grim besiegt, der ihm
das Leben schenkt. Snorri gibt dem Thorkel
guten Rat
Nun kam Thorkel zu der Hüne und sah da, daß ein Mann am See bei der Mündung eines Baches saß und angelte; der hatte sich den Mantel über den Kopf gezogen. Thorkel stieg ab und hand sein Pferd an der Wand der Hütte fest. Dann ging er vorwärts dem See zu, dorthin, wo der Mann saß. Grim sah den Schatten eines Mannes auf das Wasser fallen und sprang schnell auf. Thorkel war da ganz nahe herangekommen und hieb nach ihm; der Hieb traf den Arm oberhalb des Handgelenkes, und das war keine schwere Wunde. Grim stürzte sich gleich auf Thorkel, und sie begannen miteinander zu ringen; da zeigte sich gleich der Unterschied in der Stärke. Thorkel siel. und Grim warf sich über ihn.
Da Sagte Grim, wer der Mann sei. Thorkel sagte, das ginge ibn nichts an. Grim sprach: "Nun ist es anders gekommen, ab du dir es wohl gedacht hast, denn jetzt ist dein Leben in meiner Gewalt. Thorkel sagte, er würde ihn nicht um Schonung bitten, — denn mir ist das Glück entgegen gewesen. Grim sagte: Unheil genug hab schon angerichtet, wenn ich auch jetzt nichts tue; ein anderes Schicksal wird dir bestimmt sein, als bei diesem unserm Zusammentreten zu sterben, und ich will dir das Leben schenken, du aber lohne es mir; wie du willst.
Sie standen nun beide auf und gingen nach der Hütte zurück. Thorkel sah, daß Grim schwach wurde vom Blutverlust; er
Am Morgen machte Thorkel reisefertig und Sagte Grim, ob er mit ihm kommen wolle. Er sagte, ja, das wolle er. Thorkel wandte sich nun gleich dem Westlande zu und suchte Eid nicht auf, er unterbrach die Reise nicht, bis er nach Sälingsdalstunga kam. Snorri der Gode begrüßte ibn mit großer Freundlichkeit. Thorkel erzählte ihm, daß sein Unternehmen übel abgelaufen sei. Snorri sagte, gut sei es gegangen, — Grim sieht mir aus wie ein Mann des Glücks; ich will, daß du dich in allem guten mit ibm auseinandersetzest. Es wäre das nun mein Rat, Freund, daß du deine Kauffartei aufgibst und dir hier eine Hofstelle und eine Frau besorgst und ein Häuptling wirst, wie es deiner Abkunft entspricht." Thorkel antwortete: Oft sind Eure Ratschläge zu meinem Glück ausgeschlagen ," und er Sagte, ob Snorri daran gedacht habe, um welche Frau er werben solle. Snorri antwortete: Du sollst um die Frau werben. die die beste Partie ist, und das ist Gudrun, Osvifrs Tochter." Thorkel sagte, das sei wahr, diese Heirat sei eine ansehnliche Sache; "aber schweres Bedenken machen mir ihre Leidenschaftlichkeit, sagte er, "und ihre trotzigen Gedanken; sie wird Rache verlangen für ihren Gatten Bolli. Da scheint mir Thorgils. der Sohn der Halla, mit ihr im Einverständnis zu sein, und es könnte geschehen, daß ihm unsere Absicht nicht besonders gefiele; aber Gudrun ist ganz nach meinem Sinn."
Snorri sprach: Ich will mich dazu verpflichten, daß dir von Thorgils kein Ungemach geschieht, und ich glaube erwarten zu können, daß eine entscheidende Wendung in bezug auf die Rache für Bolli eintreten wird. ehe das nächste Halbjahr vergangen ist." Thorkel erwiderte: Es kann ja sein, daß das nicht leere Warte sind, was du da redest; aber wegen der Rache für Bolli kann jetzt nichts anderes mir denken als vorher, es sei denn, daß einige größere Häuptlinge eingreifen. Snorri sprach: Es ist mir ganz recht, wenn du im Sommer
noch einmal ausfährst; wir werden unterdessen sehen, was sich ereignen mag." Thorkel sagte, so solle es sein, und damit schieden sie von einander.Thorkel fuhr über den Breidifjord hinüber zu seinem Schiff. Er nahm Grim mit sich auf die Reise. Sie hatten guten Wind zur Sommerszeit und erreichten Norwegen im Süden. Da sprach Thorkel zu Grim: " Dir ist bekannt, welche Verwicklungen und Ereignisse uns beide zusammengeführt haben, ich brauche das nicht zu erzählen; nun möchte ich gern, daß unsere verbindung mit weniger Fährlichkeiten sich löse, als es in einer gewissen Zeit mit uns ausschaute; als wackeren Mann hab' ich dich erprobe, und deshalb will ich mich zum Schluß so mit dir auseinandersetzen, als hätte ich niemals feindlichen Sinn gegen dich gehabt. Ich werde dir soviel Handelsware geben, daß du mit Ehren in die Gesellschaft wackerer Männer eintreten kannst, aber laß dich nicht im Norden nieder hierzulande , denn manche verwandte Eids sind als Kauffahrer unterwegs, die feindliche Gesinnung gegen dich haben." Grim dankte ihm für diese Worte und sagte, er hätte niemals so viel zu erbitten gewagt, als ihm da geboten würde. Zum Abschied gab ihm Thorkel gute Kaufmannsware. Das sagten viele, daß er mit großartiger Gesinnung gehandelt habe Darauf fuhr Grim ostwärts nach der Wik und ließ sich dort nieder; er erwarb sich da Anerkennung ab ein tüchtiger Mann, und damit endet die Erzählung von Grim.
Thorkel war in Norwegen den Winter über und galt da als ein Mann von Bedeutung er war sehr reich an Gut und von ungewöhnlicher Tatkraft.
Nun müssen wir uns für einige Zeit von ihm abwenden und uns hinüber nach Island begeben und hören, was da neues vor sich ging, während Thorkel im Auslande war. 1
59. Snorri gibt Gudrun listige Ratschläge
Gudrun, Osvifrs Tochter, ritt aus von Hause im fünften Sommermonat dieses Jahres und zwar landeinwärts
In derselben Nacht noch schickte Gudrun einen Mann zu Snorri dem Goden, daß sie ibn sogleich am Tage darauf sprechen müsse. Snorri brach sofort auf und ritt, nur von einem Mann begleitet, bis er sum Haukatalwasser kam. Ein Felsen steht nördlich des Flusses und heißt Höfdi. Der Platz gehört zum Lande von Lökjarskog. Diese Stelle hatte Gudrun bestimmt, um sich mit Snorri zu treffen. Beide kamen da fast zu gleicher Zeit an. Auch Gudrun hatte nur einen Begleiter, das war Bolli, Bollis Sohn. Er war damals zwölf Winter alt, und voll entwickelt an Kraft und Verstand, so daß es viele gab, die keine vollkommenere Mannheit erreicht hatten, obgleich sie ganz ausgewachsen waren; er trug da auch den Fußbeißer.
Snorri und Gudrun begannen sofort ihre Unterredung, aber Belli und der Mann des Snorri saßen auf dem Felsen und spähten im Umkreis aus nach dem Kommen und Gehen von Leuten.
Und als Snorri und Gudrun sich gefragt hatten, wao eo neues gäbe, da bat Snorri um Auskunft, welcher Anlaß so plötzlich eingetreten sei, daß sie ihm eine so drängende Botschaft gesandt habe. Gudrun sprach: ist wahr, daß für mich dieses Ereignis nagelneu ist, das ich nun vorbringen will, aber doch ist es vor zwölf Jahren geschehen, denn über die Rache für Bolli will ich einiges reden; es kann dir das auch nicht überraschend kommen, denn ich habe dich manchesmal daran erinnert. Ich will auch das hervorheben, daß du mir dazu einige Unterstützung versprochen hast, wenn ich in Geduld warten wollte, aber nun scheint mir die Hoffnung geschwunden zu sein, daß du dich um diese unsere Sache kümmern willst. habe gewartet, so lange ich mich dazu zwingen konnte, aber nun möchte ich guten Rat von Euch haben, welche Richtung die Rache nehmen soll." Snorri Sagte sie, wohin wohl vor allem ihre eigenen Gedanken gerichtet seien. Gudrun sprach: Das ist mein Wille, daß sie nicht alle beil davonkommen, die Olafssöhne." Snorri
sagte, er müßte es ihr verwehren, die Männer anzugreifen, die die ersten seien im Bezirk, und dazu die nahen verwandten derer, denen die Rache obliegen würde, und das ist die Hauptsache , daß diese Geschlechisausroitung aufhört." Gudrun sprach: Dann soll man Lambi angreifen und töten; so ist einer weggeschafft, der besonders bösen Willen hatte. Snorri antwortete: Es liegt Grund vor gegen Lambi, daß er getötet wird; aber dadurch scheint mir Bolli doch nicht gerächt; und bei den Sühneverhandlungen dann nicht der geziemende Abstand für Bolli gewahrt werden, wenn diese beiden Totschläge einander gleichgestellt würden." Gudrun sprach: "Es kann wohl sein, daß wir die Lachstalleute nicht zu einer gerechten Ausgleichung bringen werden; aber irgend einer soll die volle Buße bezahlen, in welchem Tal er auch wohnen mag. So möge man sich denn dahin wenden, wo Thorstein der Schwarze sitzt, denn keiner hat äch auf eine häßlichere Weise bei dieser Sache beteiligt als er." Snorri erwiderte: "So ist Thorstein schuldig Euch gegenüber, wie die Männer, die bei dem Totschläge an Bolli mitgezogen waren, aber ihn nicht mit der Waffe verletzt haben; doch du läßt jemanden in Ruhe sitzen, bei dem meiner Ansicht nach die Rache von höherer Bedeutung wäre, und der sollt den Tod gebracht hat, ich meine Helgi, Hardbeins Sohn. Gudrun sprach: Wahr ist das, aber ich will nichts davon wissen, daß alle diese Männer in Ruhe sitzen bleiben dürfen, gegen die ich allezeit bisher meinen Haß habe anwachsen lassen." Snorri antwortete: "Ich weiß dafür einen guten Rat. Lambi und Thorstein sollen mit ausziehen mit deinen Söhnen, und es ist für Lambi und den andern ein nicht unbilliger Friedenspreis; aber wenn sie das nicht wollen, werde ich kein Wort mehr für sie einlegen, daß Ihr nicht solche Strafe über sie verhängt, wie es Euch beliebt." Gudrun sprach: Welchen Weg soll ich einschlagen, diese Männer zu dem Zuge zu veranlassen, die du genannt hast: " Snorri erwiderte:"Das soll der besorgen, der den Zug anführen wird." Gudrun sprach: Dazu werden wir deinen Rat bedürfen, den Anführer und Leiter des Zuges zu bestimmen." Da lächelte Snorri und sagte: Du hast dir dazu wohl schon den rechten Mann ausgesucht." Gudrun antwortete: "Das redest du mit Bezug auf Thorgils. Snorri sagte, so sei es. Gudrun sprach: "Geredet habe ich hierüber mit Thorgils, und es ist so gut wie vorbei damit, denn er stellte die eine Bedingung, die ich nicht ins Auge fassen mochte. Thorgils weigerte sich nicht, Bolli zu rächen, wenn er meine Zustimmung zur Heirat bekäme aber das ist eine Möglichkeit, die wegfällt, und deshalb werde ich ibn nicht zu diesem Zuge auffordern." Snorri sprach: "Hierzu werde ich dir einen Rat geben. denn ich mißgönne Thorgils diese Fahrt nicht. Du sollst ihm allerdings die Heirat versprechen, aber mit der mehrdeutigen Zusage, daß du mit keinem andern Manne dich vermählen willst, der mit dir hier im Lande ist, 1 als mit Thorgils, und das soll wahr werden, denn Thorkel, Eyjolfs Sohn, ist nun nicht hier im Lande und ihm habe ich die Heirat mit dir zugedacht." Gudrun sprach: "Er wird diesen Haken bemerken." Snorri antwortete: Er wird ibn gewiß nicht bemerken, denn Thorgils ist mehr bekannt wegen seines gewalttätigen Mutes als wegen seines verstandes. Schließe diesen vertrag in Gegenwart einiger weniger Zeugen; laß Halldor, seinen Pflegebruder, dabei sein, aber nicht Ornolf, denn der ist gescheiter; und mir gib die Schuld, wenn das nicht zum Ziele führt."Damit beendeten Gudrun und Snorri ihr Gespräch und sagten sich einander Lebewohl. Snorri ritt beim und Gudrun nach Thykkvaskog.
Am Morgen darauf ritt Gudrun ab aus Thykkvaskog und ihre Söhne mit ihr; und als sie heimwärts ritten, am Skogarstrand entlang, sahen sie, daß Männer ihnen nachkamen Diese ritten scharf und holten sie schnell ein: das war Thorgils, Hallas Sohn; sie begrüßten einander freundlich. Sie ritten nun alle zusammen weiter nach Helgafell.
60. Gudrun reizt ihre Söhne
zur Rache auf
Einige Tage später, nachdem Gudrun nach Hause gekommen war, rief sie ihre Söhne zu sich zur Unterredung in ihrem Gemüsegarten. Und ab sie hinkamen, sahen sie, daß auf dem Boden Leinenkleider ausgebreitet lagen, ein Rock und Leinenhosen; die waren ganz blutig. 1
Da sprach Gudrun: "Diese Kleider, die ihr hier seht, sollen euch zur Vaterrache aufreizen. Nun will ich darüber nicht viele Worte machen, denn es ist nicht zu erwarten, daß ihr durch anfeuernde Worte bewegt werdet, wenn ihr nichts fühlt vor solchen Erinnerungen und Wahrzeichen. "Die Brüder waren stark ergriffen von dem, was Gudrun gesprochen hatte, aber antworteten doch so: sie seien zu jung gewesen, die Rache zu versuchen, und dabei ohne Führung; sie sagten, sie seien nicht dazu imstande; für sich oder für andere etwas zu beschließen, — "aber daran erinnern werden wir uns beide. was wir verloren haben." Gudrun erwiderte, sie glaube, sie würden wohl mehr an Pferdekämpfe und Spiele denken. Darauf gingen sie fort.
In der Nacht darauf konnten die Brüder nicht schlafen. Thorgils bemerkte das und Sagte sie. was ihnen sei. Sie erzählten ihm das ganze Gespräch mit der Mutter und sagten, daß sie ihren Kummer und die vorwürfe der Mutter nicht länger ertragen könnten: Wir wollen die Rache versuchen," sagte Bolli, und wir beiden Brüder sind nun erwachsen genug, daß die Leute es uns verdenken werden. wenn wir die Hand nicht rühren."
Am Tage darauf kam es zur Unterredung zwischen Thorgils und Gudrun, und Gudrun begann so das Gespräch: Es scheint mir, Thorgils, als hätten meine Söhne keine Lust mehr, so still zu sitzen, ohne auf Rache für ihren Vater zu denken. Und das hat hauptsächlich den Aufschub der Sache herbeigeführt, daß mir Thorleik und Bolli zu jung schienen, sich in Unternehmungen auf Leben und Tod einzulassen; im übrigen hatten
Nun kamen die Brüder zu Gudrun und Thorgils; da war auch Halldor zur Stelle. Gudrun gab nun folgende Erklärung ab: "Thorgils hat versprochen, Führer zu sein bei dem Unternehmen , Helgi, Hardbeins Sohn, in seinem Hause zu überfallen mit meinen Söhnen, um Rache zu nehmen Bolli. Thorgils hat als Bedingung fur die Fahrt gestellt, daß er
61. Thorgils überredet Thorstein und
Lambi, an dem Rachezuge
teilzunehmen
Am nächsten Sonntag war Bezirksversammlung, und Thorgils ritt hin mit seiner Schar. Snorri der Gode war nicht auf der versammlung; da war eine große Menge beisammen
Im Laufe des Tages holte Thorgils sich Thorstein den Schwarzen zu einer Unterredung 1 und sprach: So steht es, wie dir bekannt ist, daß du bei dem Überfall mit den Olafssöhnen warst, ab Bolli erschlagen wurde; du hast für diese Schuld keine Buße den Söhnen Bollis gegeben. Wenn nun auch eine lange Zeit vergangen ist seit jenem Ereignis, so glaube ich doch nicht, daß ihnen die Männer aus dem Gedächtnis entschwunden sind, die an der Fahrt beteiligt waren. Nun halten die Brüder dafür, daß es ihnen am wenigsten anstehen würde, sich gegen die Olafssöhne zu wenden, wegen der verwandtschaft; es ist also die Absicht der Brüder, die Rache zu kehren gegen Helgi, Hardbeins Sohn, weil er Bolli die Todeswunde gegeben hat. Wir wollen dich bitten, Thorstein, daß du an diesem Zuge teilnimmst mit den Brüdern, und dich dadurch in den Frieden und die Sühne kaufst." 1
Thorstein antwortete: "Das steht mir nicht an, mich auf tückische Anschläge gegen meinen Schwager Helgi einzulassen; ich will lieber Geld bezahlen, um mir Frieden zu verschaffen in dem Maße, daß der Ausgleich ehrenvoll erscheint." Thorgils sagte "Wenig liegt es, glaube ich, im Sinne der Brüder, Geld aus dieser Sache zu schlagen. Du mußt dir darüber nicht im Ungewissen bleiben, Thorstein, daß du nur die Wahl zwischen zwei Dingen hast, entweder dich zur Teilnahms an der Fahrt zu entschließen, oder dich auf harte Behandlung gefaßt zu machen, sobald sich Gelegenheit dazu bietet; ich würde es wünschen, du wähltest das erste, wenn du auch verwandtschaftsbeziehungen mit Helgi bast jeder ist sich selbst der Nächste, wenn man in solche Klemme gerät."
Thorstein sprach: " Soll noch andern die gleiche Wahl gestellt werden, die in Schuld stehen gegenüber den Söhnen des Bolle" Thorgils antwortete: "In gleicher Weise wird Lambi sich zu entscheiden haben." Thorstein sagte, da sehe es schon besser aus, wenn er nicht ganz allein in diese Sache gezogen würde.
Darauf hieß Thorgils Lambi zu sich rufen und bai Thorstein, die Unterredung mit anzuhören, und sprach "Die gleiche Angelegenheit will ich dir gegenüber zur Sprache bringen, die ich Thorstein vorgelegt habe; welche Genugtuung willst du den Söhnen Bollis geben für die Klagegrunde, die sie gegen dich haben; denn es ist uns als Tatsache verbürgt, daß du Bolli mit der Waffe verwundet hast. Dazu kommt, daß du in besonderem Grade von der Schuld betroffen bist, weil du stark dazu aufgereizt bast, daß Bolli getötet werde; freilich warst du auch, wenn man von den Olafssöhnen abgiebt, in besonderem Grade zu entschuldigen." 1 Lambi Sagte, was man von ihm verlange. Thorgils antwortete, daß ihm dasselbe anheim gestellt werde wie Thorstein, teilzunehmen an der Fahrt mit den Brüdern.
Lambi sagte: "Für schlecht halte ich's, mir auf diese Weise den Frieden zu erkaufen, und für unmännlich; ich hin nicht geneigt, an dieser Fahrt teilzunehmen." Da sprach Thorstein: Es ist 1
Lambi sprach:"Das ist leicht zu vernehmen, wohin du treibst, Thorstein. Ich glaube, es wird mir schon recht sein, wenn du dazu rätst; was dir als das einzig mögliche erscheint, wir haben ja von je in allen schwierigen Lagen zusammengehalten. Ich will das zur Bedingung machen, wenn ich mich anschließe, daß meine Verwandten, die Olafssöhne, ruhig sitzen und in Frieden, wenn die Rache an Helgi gelingt. Thorgils versprach das im Namen der Brüder.
Es wurde nun beschlossen, daß Thorstein und Lambi sich Thorgils zu dem Zuge anschließen sollten; sie verabredeten, daß sie am Dienstag in der Frühe in Tunga im Hördatal sein wollten. Darauf schieden sie von einander. Thorgils ritt am Abend beim nach Tunga. Es kam nun die Zeit heran, die sie verabredet hatten, daß sie sich bei Thorgils einfinden sollten, die zu dem Zuge mit ihm ausersehen waren. Am Dienstag vor Sonnenaufgang kamen Thorstein und Lambi nach Tunga, Thorgils nahm sie wohl auf.
62. Thorgils reitet mit seiner Schar nach
dem Hofe des Helgi
Thorgils brach nun auf von Hause, und sie ritten das Hördatal hinauf zehn zusammen. Da war Thorgils, Hallas Sohn, als Anführer der Schar. Da waren bei dem
Zuge die Söhne des Bolli, Bolli und Thorleik, Thord Katze war der vierte, ihr Bruder, 1 der fünfte Thorstein der Schwarze, der sechste Lambi, der siebente und achte Halldor und Örnnolf, der neunte Svein, der zehnte Hunbogi, die letzten zwei waren Söhne des Alf 2 aus dem Tälerbezirk. Alle diese waren kampftüchtige Männer.Sie ritten ihres Weges hinauf bis Sopandaokard und durch das Langavatnstal und weiter quer durch den Bezirk Borgarfjord . Sie ritten bei der Eyjarfurt über die Nordra, 3 und bei der Bakkafurt über die Hvita dicht oberhalb von Bö. Sie ritten dann in das Reykjartal und weiter über den Talrücken tns Skorratal, und dann den Wald entlang talaufwärts bis in die Nähe des Hofes vamsborn; da stiegen sie ab; der Abend war sch -n weit vorgeschritten. Der Hof Vatnshorn liegi nahe am See, südlich des Flusses.
Thorgils sagte da zu seinem Gefährten, sie sollten dort die Nacht über bleiben, — "und ich werde nach dem Hof auf Kundschaft gehen, um festzustellen, ob Helgi daheim ist. Mir ist gesagt, daß Helgi sehr oft nur ganz wenig Leute bei sich habe. aber ungemein vorsichtig sei und in einer festen, verschlossenen Kammer schlafe." Die Gefährten Thorgils baien ihn, alles zu bestimmen. Thorgils veränderte nun seinen Anzug, er legte seinen dunkelblauen Mantel ab und warf sich eine graue Wetterkappe um. Er ging dann nach dem Hofe, und als er nahe an die Einhegung gelangt war, sah er einen Mann entgegenkommen : als sie zusammentrafen, sprach Thorgils: "Meine Frage wird dir unverständig vorkommen, Kamerad; in welcher Gegend befinde ich mich, und wie heißt dieser Hof und wer wohnt hier: Der Mann antwortete: Du müßtest ein sehr einfältiger und unwissender Mensch sein, wenn du noch nie etwas gehört hättest von Helgi, dem Sohne des Hardbein, dem tapfersten Degen und mächtigen Herrn. Da fragte Thorgils, ob Helgi
63. Ein Hirt Helgis entdeckt die Feinde im
Wald und beschreibt sie ihm
Nun ist zu erzählen, was auf dem Säter vor sich ging, wo sich Helgi aufhielt und die Männer. die vorher erwähnt wurden.
Helgi sagte am Morgen seinem Hirt, er solle die Wälder in der Nähe des Säters durchgreifen und auf das Kommen und Gehen von Leuten achten, oder, ob er sonst etwas beachtenswertes sähe — Schwer waren meine Träume heute Nacht." Der Hirt machte sich auf den Weg, wie Helgi ihm befohlen baue. Er blieb eine Zeitlang fort, und als er zurückkam, fragte Helgi, ob er etwas von Wichtigkeit gesehen habe. Er antwortete: "Ich habe etwas gesehen, das, wie ich glaube, von Bedeutung ist." Helgi fragte, was das sei. Er sagte, er habe Männer gesehen und nicht ganz wenige, — "und ich glaube, sie sind nicht aus unserm Bezirk. Helgi sprach: "Wo waren sie, als du sie sahst, und was taten sie, und hast du auf ihre Kleidung und ihr Aussehen geachtet? Er antwortete: "Nicht war ich so erschrocken darüber, daß ich nicht auf diese Dinge geachtet hätte, denn ich wußte, daß du darnach fragen würdest." Er sagte auch, sie seien nabe dem Säter und äßen da ihr Frühstück. Helgi fragte, ob sie da im Kreise oder in einer Reihe neben einander säßen. Er sagte, sie säßen im Kreise und auf ihren Sätteln. Helgi sprach: "Sage mir nun etwas von ihrem Aussehen; ich möchte wissen, ob ich nach der Beschreibung erraten kann, was das Leute sind."Der Hirt sprach: Da saß einer auf einem gemalten Sattel und in dunkelblauem Mantel, er war groß und mannhaft, kahl über den Schläfen und mit einem Mund, der fast immer die Zähne sichtbar ließ." Helgi sagte: "Den Mann erkenne ich gleich aus deiner Schilderung; das ist Thorgils, der Sohn der Halla vom Hördatal, den du gesehen hast; aber was will der von uns, der Raufbold:"
Der Hirt sprach: "Ihm zunächst saß einer auf einem vergoldeten Sattel; er war in einem roten Scharlachrock und hatte einen Goldring am Arm, um seinen Kopf war ein Goldband gewunden. Er hatte gelbes Haar, das fiel ihm bis auf die Schultern herunter. Er war von heller Gesichtsfarbe, er hatte eine Biegung an der Nase, und die Nase vorn etwas aufgehoben, sehr schöne Augen, das Auge blau, scharf und etwas unruhig, die Stirn breit, die Wangen voll; sein Haar war über den Brauen kurz abgeschnitten; er war gut gewachsen
in den Schultern, der Brustkasten stark er hatte eine sehr schöne Hand und einen kräftigen Arm; seine ganze Haltung war ritterlich; und das will ich zum Schluß noch sagen, daß ich, alles zusammengenommen, noch nie einen so stattlichen Mann gesehen habe. Er war noch jung, so daß ihm noch kein Bart gekeimt war; es schien mir, als drücke ihn schwerer Kummer. Da antwortete Helgi: "Genau hast du diesen Mann in acht genommen; es muß auch etwas gans Besonderes an diesem Manne sein, doch glaube ich nicht, daß ich ihn je gesehen habe. Aber eine vermutung aussprechen will ich, wer es sei; ich glaube, das ist Bolli, Bollis Sohn, gewesen; denn mir ist gesagt, daß er ein Mann vorzüglicher Art sein soll. -Weiter sprach der Hirt: Da sas ein Mann auf einem Sattel mit Schmelzarbeit; der war in einem hellgrünen Rock; er trug einen schweren Goldring am Finger. Er war sehr schön von Ansehen und muß noch in jugendlichem Alter sein, braun war die Haarfarbe, und sehr schön gewachsen war das Haar, das ganze Aussehen sehr ritterlich." Helgi antwortete: "Zu wissen glaube ich, wer dieser Mann ist; von dem du eben erzählt hast; das wird Thorleik, Bouts Sohn, sein; du bist verständig und scharf auffassend."
Der Hirt sagte: Ihm zunächst saß ein junger Mann. Er war in einem blauen Rock und in schwarzen Hosen und hatte die Schöße des Rocks in die Hosen gesteckt; der Mann hatte regelmäßiges Gesicht und helle Haarfarbe, hübsche Züge, eine schlanke und ritterliche Gestalt." Helgi antwortete: "Den mann erkenne ich, und ibn meine ich gesehen zu haben, er muß damals noch ganz jung gewesen sein; das wird Thord, Thords Sohn sein, der Ziehsohn deo Goden Snorri; sie haben eine sehr ritterliche Schar zusammengebracht, die Leute aus den Westfjorden. Wer war da noch:"
Da sprach der Hirt: Da saß Mann auf einem schottischen Sattel mit grauem Bari und dunkelbraunem Gesicht, schwarz von Haar und kraus und ziemlich häßlich, aber doch von kühnem Aussehen; über sich hatte er einen grauen Wettermantel gezogen. Helgi sagte: Deutlich seh ich, wer dieser Mann ist; das
ist Lambi, Thorbjörns Sohn, aus dem Lachswassertal, und ich begreife nicht, wie erin die Gesellschaft der Brüder kommt.Der Hirt sprach: " Da saß ein Mann auf einem Bocksattel ; er trug einen blauen Überrock und einen Silberring am Arm. Er hatte das Aussehen eines Bonden und war schon ziemlich über die Jugend hinaus, sein Haar war von dunkler Farbe und sehr lockig; er hatte eine Narbe im Gesicht." "Nun wird deine Schilderung ganz bedenklich," sagte Helgi, das ist Thorstein der Schwarze, mein Schwager, den du gesehen hast, und mit Recht muß es mir seltsam scheinen, daß er sich in dieser Schar befindet, und ich würde ihn nicht in dieser Weise heimsuchen. Aber wer war da noch:"
Er antwortete: "Da saßen zwei Männer; die sahen sich gleich und mögen Männer mittleren Alters sein, sehr kräftige Leute, mit rotem Haar und Sommersprossen im Gesicht, aber doch gut aussehend." Helgi sprach: "Genau weiß ich, wer diese Männer sind. Das sind die Söhne Armado, die Ziehbrüder des Thorgils, Halldor und Om -lf, und du bist ein sicherer Beobachter. Aber sind nun die Männer aufgezählt, die du gesehen hast:"
Er antwortete: "Ich habe doch noch einiges hinzuzufügen. Da saß ihnen zunächst ein Mann etwas außerhalb des Kreises; der war im Plattenpanzer und hatte eine Stahlhaube auf dem Kopfe und die Krempe war eine Hand breit; er trug eine blanke Art über der Schulter, deren Schneide wohl eine Elle lang war. Dieser Mann hatte eine dunkle Hautfarbe und schwarze 2lugen und sah sehr wikingermäßig aus. Helgi antwortete: "Diesen Mann erkenne ich deutlich aus deiner Schilderung; das ist Hunbogi der Starke gewesen, der Sohn des Alf aus dem Tälerbezirk; wüste ich nur erst, was sie vorhaben, sehr sorglich haben sie die Männer ausgesucht zu dieser Fahrt."
Der Hirte sprach: Und dann saß noch einer zunächst diesem starken Manne; der hatte schwarzbraunes Haar, ein grobes und rotes Gesicht und starke Augenbrauen; er war etwas über Mittelgröße." Helgi sprach: Du brauchst da nichts weiter von ihm zu sagen; das ist Svein gewesen, der Sohn
des Alf aus dem Tälerbezirk, der Bruder des Hunbogi. Und es wird besser für uns sein, wenn wir nicht ohne vorsorge bleiben diesen Männern gegenüber; denn ich muß wohl annehmen, daß sie mit mir zusammentreffen wollen, ehe sie die Gegend verlassen, und es sind Leute in der Schar, denen ein Zusammentreffen mit mir erwünscht gewesen wäre, wenn es sich hätte schon etwas früher ermöglichen lassen. Nun sollen die Frauen, die hier auf dem Säter find, sich in Männerkleider stecken. und die Pferde nehmen, die wir hier haben, und so schnell als möglich nach dem Hofe reiten. Es könnte sein, daß die, welche hier in der Nähe liegen, es nicht merken. ob da Männer reiten oder Frauen. 1 Wenn sie uns nur etwas Zeit lassen, daß wir Männer zu uns heranziehen könnten, da dürfte es noch nicht ausgemacht sein, auf welcher Seite die bessern Aussichten sind." Die Frauen ritten fort, vier zusammen.Thorgils faßte den verdacht, daß Kundschaft über sie zu Helgi getragen sei, und bai seine Gefährten, ihre Pferde zu nehmen und so schnell als möglich abzureiten, und das taten sie. Aber ehe sie noch aufgestiegen waren, sahen sie einen Mann, der augenscheinlich auf sie zuritt. Er war von kleinem Wuchs und sehr raschen Bewegungen; er hatte ungemein unruhige Augen und ritt ein treffliches Pferd. Dieser Mann grüßte Thorgils als einen ihm bekannten. Thorgils fragte ibn nach Namen und Familie und ferner, wo er ber käme. Er sagte, er heiße Hrapp und sei vom Breidifjord von mütterlicher Seite her, — " dort bin ich aufgewachsen; ich trage den Namen des Totschlag Hrapp 2 und habe das mitbekommen mit dem Namen, daß ich kein friedlicher Geselle bin, wenn auch meine Gestalt klein ist. Aber ich bin aus dem Südlande nach der Vaterseite her, und habe mich nun da einige Winter aufgehalten. Und sehr gut hat sich dies getroffen, Thorgils, daß ich bier auf dich gestoßen bin, denn ich hatte mir vorgenommen, dich aufzusuchen, wenn es 1
64. Helgi wird getötet
Thorgils und seine Leute ritten scharf zu, sobald sie aufgesessen waren. und kamen nun aus dem Walde heraus. Da sahen sie vier Männer vom Säter wegreiten, die ebenfalls ihre Pferde sehr scharf ausgreifen ließen. Da sagten einige von den Gefährten Thorgils, man solle ihnen so schnell als möglich nachreiten. Da sprach Thorleik, Bollis Sohn: "Laßt uns erst zu dem Säter kommen und sehen, was Leute da sind; denn ich glaube kaum, daß das Helgi und seine Leute sind; es scheint mir so, als seien das nur Frauen." Es waren mehrere; die widersprachen. Aber Thorgils sagte, Thorleik solle entscheiden, , denn er wußte, daß Thorleik die schärfsten Augen batie. Sie wandten sich nun nach dem Säter. Hrapp sprengte ihnen voraus und wirbelte den Speerschaft, den er in der Hand hatte und führte Stiche in die Luft und sagte, nun sei die rechte Zeit, sich zu versuchen.
Helgi und die Seinen merkten nichts von den Feinden, als bis sie den Säter umringten. Helgi ließ die Tür schließen und zu den Wassen greifen. Hrapp sprang sogleich auf das Dach der Hüne und rief hinein, ob der Fuchs in der Höhle sei. Helgi antwortete: Du wirst es schon merken, daß der ziemlich gefährlich ist, der hier drinnen haust, und auch beißen kann, wenn einer der Höhle zu nahe kommt," — und zugleich stieß Helgi
mit dem Speere zum Fenster hinaus und durchbohrte Hrapp ; er glitt tot vom Speer zur Erde hinunter.Thorgils bat seine Leute, mit vorsicht zu verfahren und sich vor Unglück zu hüten, — wir sind ja stark genug, den Säter und Helgi dazu in unsere Gewalt zu bekommen, wie es setzt mit ihm steht, denn ich meine. wir haben es nur mit wenigen Leuten zu tun.
Der Säter war so gebaut, daß er nur einen Firstbalken hatte, der auf den Giebelwänden lag, und die Balkenenden standen heraus, es war nur ein einfaches Dach auf dem Hause und der Rasen noch nicht zusammengewachsen.
Da schlug Thorgils vor, daß man an die Enden der Firstbalken treten und so stark ziehen sollte, daß entweder der Balken selbst zerbräche oder das Dachgestänge sich löste und nach innen fiele" und andere sollten die Tür beobachten, ob man etwa einen Ausfall machen würde.
Fünf waren im ganzen auf Helgis Seite im Säter ; da w ,ir Hardbein, sein Sohn, er war zwölf Winter alt, und der Hirt und zwei Männer, die im Sommer zu ihm gekommen waren, zwei Geächtete. einer hieß Thorgils, der andere Eyjolf.
Thorstein der Schwarze stand an der Tür des Säters und Svein. der Sohn des Alf aus dem Tälerbezirk; aber die andern Gefährten suchten das Dach vom Säter zu reißen und hatten sich dazu verteilt. Das eine Balkenende nahm Hunbogi der Starke und die Armodsöhne; aber das andere Thorgils und Lambi und die Söhne der Gudrun. Sie nahmen nun alle Kraft zusammen an dem Balken, so daß er mitten entzwei brach; und in diesem Augenblicke stieß Hardbein mit dem Speer aus dem Säter heraus, an einer Stelle, wo die Tür zerbrochen war; der Stoß traf die Stahlhaube Thorsteins des Schwarzen und verletzte die Stirn; das war eine sehr große Wunde. Da sprach Thorstein, was ja auch die Wahrheit war, daß Männer drinnen seien.
Gleich darauf sprang Helgi mit solchem Ungestüm zur Tür
Und als Bolli das sah, lief er gegen Helgi und hatte den Fußbeißer in der Hand und durchstieß Helgi, das war seine Todeswunde. Helgis Genossen liefen in dem Augenblick heraus aus dem Säter und ebenso Hardbein. Thorleik, Bollis Sohn, wandte sich gegen Eyjolf; das war ein Starker Mann. Thorleik hieb nach ihm mit dem Schweri und traf den Oberschenkel über dem Knie und schnitt ihm das Bein ab, und er fiel tot zur Erde. Aber Hunbogi der Starke lief gegen Thorgils und hieb nach ibm mit der Art und traf den Rücken und spaltete ihn in der Mitte. Thord Katze stand in der Nähe, als Hardbein herauslief und wollte ihn sofort angreifen. Bolli sprang herzu, als er das sah, und bai ihn, Hardbein kein Leid zu tun, — hier soll keiner etwas verrichten, dessen wir uns schämen müßten, und man soll Hardbein Frieden geben." Helgi hatte noch einen andern Sohn, der Skorri hieß; er wurde erzogen auf England im südlichen Reykjarial. 1
65. Thorgils mahnt Gudrun an ihr Eheversprechen
und erfährt, daß er
betrogen ist
Nach diesen Ereignissen ritten die um Thorgils fort und über den Talrücken in das Reykjartal und gaben da die Erklärung über diese Totschläge ab. Sie ritten dann auf demselben Wege nach dem Westlande, auf dem sie gekommen waren, und unterbrachen ihre Fahrt nicht, bis sie ins Hördatal kamen. Sie erzählten nun, wie ihre Unternehmung ausgegangen war Dieser Zug wurde sehr berühmt, und es erschien das als eine gewaltige Tat, daß ein solcher Kämpfer getötet worden war
Lambi ritt weiter nach dem Lachswassertal und kam zuerst nach Hjardarbolt und erzählte seinen verwandten ausführlich von dem, was sich im Skorratal zugetragen hatte. Sie waren böse über seine Fahrt und machten ihm heftige vorwürfe, sie sagten, er habe damit gezeigt, daß er mehr dem Geschlecht des Thorbjörn Skrjup als dem des Irenkönigs Myrkjartan zugehöre . 1 Lambi wurde sehr zornig über ihre Reden und sagte, sie wüßten gar nicht, was sie täten, wenn sie ibm Vorwürfe machten, — denn ich habe den Tod von euch abgewendet," sagte er. Sie wechselten dann nur wenige Worte mehr mit einander, denn auf beiden Seiten war der Unmut nur stärker als vorher. Lambi ritt nach Hause auf seinen Hof.
Thorgils, Hallas Sohn, ritt hinaus nach Helgafell und mit ihm die Söhne der Gudrun und seine Ziehbrüder Halldor und Ornolf; sie kamen spät am Abend nach Helgafell, so daß alles schon zu Beit war. Gudrun erhob sich wieder und befahl ihren Leuten aufzustehen und fur Bewirtung zu sorgen; sie ging in die Stube und begrüßte Thorgils und alle andern und fragte, was es neues gäbe. Thorgils erwiderte den Gruß der Gudrun, er hatte seinen Mantel abgelegt und seine Waffen und saß an einem Wandpfeiler. Thorgils war in einem rotbraunen Rock und trug einen breiten Silbergürteln Gudrun setzte sich neben ihn auf die Bank. Da sprach Thorgils folgende Strophe:
Wir sind geritten zu Helgis Haus, nun hält der Rabe dort Leichenschmaus; des Bordlichts Eichen 2 Blut zu baden brachen wir auf, wir Kameraden. Drei sind auf dem Felde geblieben, sielen da unter unseren Hieben, Stämme des Helms, stark und gut, stürzten zur Sühne für Bollis Blut. |
Am Tage darauf ging Thorgils zur Unterredung mit Gudrun und sprach: " So liegt es, wie du weißt, Gudrun, daß ich die Fahrt ausgeführt habe, um die du mich gebeten hast; als rechter Mann, darf ich sagen, habe ich mein Wort eingelöst und meine nun, mir einen guten Lohn verdient zu haben; du wirst dich auch erinnern, was du mir dafür versprochen hast. Ich glaube nun zum Abschluß dieses Handels gekommen zu sein.
Da sprach Gudrun: " Es ist noch nicht so lange Zeit vergangen, seit wir beide mit einander geredet haben, daß mir das aus dem Gedächtnis entschwunden wäre; ich habe auch nichts anderes im Sinn, als dir gegenüber alles das zu erfüllen, wozu ich mich verpflichtet habe; und erinnerst du dich, wie unser vertrag lautete" Thorgils sagte, sie würde es schon wissen. Gudrun antwortete: "Folgendes, glaube ich, habe ich dir gelobt: mich keinem andern Manne, der mit mir hier im Lande ist, zu vermählen als dir. Oder hast du dagegen etwas einzuwenden: Thorgils sagte, sie habe das ganz richtig in Erinnerung. "Es ist gut," sagte Gudrun, "daß unser beider Erinnerung hierin übereinstimmt; ich will es dir nun auch nicht länger verbergen: es wird sich, glaube ich, nicht so fügen, daß ich deine Frau werde. Ich meine alles, was ich dir versprochen habe, zu halten, wenn ich mich mit Thorkel, dem Sohne Eyjolfs, vermähle, da Thorkel jetzt nicht mit mir hier im Lande ist."
Da sprach Thorgils und war sehr rot geworden "Ich merke ganz genau, woher diese Woge geflossen kommt; von derselben Seite ist immer böses gegen mich ersonnen worden: Ich weiß, dies sind die Anschläge des Goden Snorri."
Thorgils sprang sogleich auf und brach das Gespräch ab. Er
Gudrun sagte, sie wolle Thorgils gute Geschenke geben und ihn so besänftigen. Thorleik erwiderte; das würde keinen Zweck haben, — denn Thorgils ist ein viel zu stolzer Mann, als daß solche Kleinigkeiten seine Haltung ändern könnten." Gudrun sagte, so müsse er eben sehen, wie er sich daheim trösten könne. Thorgils ritt darauf fort von Helgafell und mit ihm seine Ziehbrüder; er kam heim nach Tunga auf seinen Hof und war außerordentlich unzufrieden mit seinem Los.
66. Ösvifr und Gest sterben und werden
beide in Helgafell begraben
Im Winter siel Osvifr in Krankheit und starb. Das empfand man als einen großen verlust. denn er war ein überaus gescheiter Mann gewesen. Osvifr wurde in Helgafell begraben, denn Gudrun hatte da eine Kirche bauen lassen.
In demselben Winter wurde Gest, Oddleifs Sohn, krank; und als die Krankheit ihm ans Leben ging, rief er seinen Sohn Thord den Kurzen zu sich und sprach: "So sagt mir mein Sinn, daß diese Krankheit unser Zusammenleben beenden wird. Ich will, daß meine Leiche nach Helgafell gebracht wird; denn dieser Ort wird der erste werden in dieser Gegend; über ihm habe ich oft einen hellen Schein gesehen. 1 Darauf starb Gest.
Der Winter war kalt gewesen, es hatte sich starkes Eis gebildet, und das Eis lag weit hinaus in den Breidiford, so daß man vom Bardastrand aus nicht auf Schiffe kommen konnte. Die Leiche Gests stand zwei Nächte aufgebahrt in Hage und in der zweiten Nacht kam ein so starker Sturm, daß das ganze Eis vom Lande weggetrieben wurde; aber am Tage darauf war schönes und stilles Weiter. Thord nahm ein Schiff, brachte die Leiche Gests an Bord. und sie fuhren an dem Tage südwärts über
So hatte sich die Weissagung erfüllt, daß nun weniger Abstand 1 war zwischen ihnen als damals, als der eine am Bardastrand, der andre im Sälingsial wohnte. Thord der Kurze fuhr heim, sobald er fertig war. In der nächsten Nacht erhob sich ein wildes Wetter. das ganze Eis wurde nach dem Lande getrieben; da lag es lange während des Winters, so daß die Schiffahrt dort unmöglich war. Dies schien ein wunderbares Zeichen, daß sich Fahrgelegenheit bot für die Leiche Gests, während vorher und nachher die See versperrt war.
67. Audgisl, Thorarins Sohn, erschlägt
Thorgils auf dem Allthing
Thorarin hieß ein Mann, der in Langadal wohnte; er hatte die Godenwürde, war aber nicht mächtig. Sein Sohn hieß Audgisl; er war ein mutiger Mann. Thorgils, der Halla Sohn, beraubte Vater und Sohn ihrer Godenschaft, das empfanden sie als schmählichste Kränkung. Audgisl begab sich zum Goden Snorri und berichtete ihm diese Vergewaltigung und bat ihn um Hilfe. Snorri antwortete ihm freundlich. aber doch zurückhaltend und sprach: Er wird unbescheiden, der Hallabengel, und anmaßend. Sollte denn Thorgils nicht einmal auf Männer stoßen, die sich nicht alles von ihm gefallen lassen Es ist ja wohl wahr, daß er ein starker und tüchtiger Mann ist; aber man bai auch solche Männer ums Leben gebracht wie er ist." Snorri schenkte Audgisl eine Art mit getriebener Arbeit, ab er fortging.
Im Frühjahr fuhren Thorgils, der Halla Sohn, und Thorstein der Schwär ;c ins Südland zum Borgarfjord und boten den Söhnen Helgis und seinen andern verwandten Buße an. Der Vertrag kam zustande und es wurde eine ehrenvolle Buße ausgemacht. Thorstein bezahlte zwei Teile der Buße für den Tot
Im Sommer ritt Thorgils zum Thing; und als sie auf das Lavafeld bei Thingvellir gekommen waren, sahen sie eine Frau auf sich zuschreiten; die war sehr groß; Thorgils ritt ihr entgegen aber sie wich zurück und sprach so:
Der hüte sich, wer hoch zu stehen meint, und sichere sich vor Snorris Ränken; keiner doch sichert sich, klug ist Snorri. |
Darauf ging sie ihres Weges. Da sprach Thorgils: Selten kam es so, solange es mir gut ging, daß du da vom Thinge fuhrst, während ich zum Thingefuhr." 1 Thorgils ritt nun zum Thing und zu seiner Bude, und es war still in der ersten Zeit des Thinges.
Das geschah eines Tages auf dem Thinge, daß die Kleider der Männer draußen zum Trocknen aufgehängt wurden. Thorgils hatte einen blauen Mantel. Der hing an der Budenwand ausgebreitet . Die Leute hörten. wie der Mantel folgendes sprach:
Gewaschen häng' ich am Haus, weine über Betrug. Nimmermehr trockne ich hier: noch ein Anschlag droht! 2 |
Das erschien als das größte Wunder. Am Tage darauf ging Thorgils hinüber auf das westliche Ufer des Flusses 3 und wollte den Söhnen des Helgi das Bußgeld bezahlen. Er setzte sich nieder auf den Steingrund oberhalb der Buden; mit ihm war Halldor, sein Ziehbruder, und außerdem noch mehrere andere. Die Söhne Helgis fanden sich dort ein. Thorgils begann nun das Geld vorzuzählen. 1
Diese Kunde kam zur Bude des Goden Snorri, daß Thorgils, der Halla Sohn, erschlagen sei. Snorri sagte: "Ihr werder nicht richtig verstanden haben, Thorgils, der Halla Sohn, wird erschlagen haben." Der Mann erwiderte: Jedenfalls flog sein Haupt vom Rumpfe." Da mag es sein, daß es wahr ist, sagte Snorri. Dieser Totschlag wurde friedlich gesühnt, wie in der Saga von Thorgils, dem Sohne der Halla, erzählt wird. 2
68. Thorkel, Eyjolfs Sohn, kehrt nach Island
zurück. Snorri wirbt für ihn um Gudrun.
Die Hochzeit wird festgesetzt
In demselben Sommer, da Thorgils, der Halla Sohn, erschlagen wurde, kam ein Schiff nach Bjarnarhöfn. 3 Das gehörte Thorkel, dem Sohne Eyjolfs. Er war ein so reicher Mann, daß er zwei Frachtschiffe unterwegs hatte; das andere kam nach Bordeyri im Hrutafjord, 4 beide waren mit Holz beladen.
Und als der Gode Snorri erfahren hatte, das Thorkel in Island gelandet sei, ritt er gleich zum Schiffe. Thorkel empfing ihn mit aller Freundlichkeit. Thorkel hatte auch Getränk in Menge an Bord; es gab da Bewirtung aus dem vollen, und sie redeten viel mit einander. Snorri fragte nach Neuigkeiten aus Norwegen. Thorkel erzählte von allem gut und genau. Snorri berichtete dagegen, was sich hierzulande neues zugetragen hatte, während Thorkel draußen war. "
Es würde mir nun rätlich scheinen," sagte Snorri, wie wir beide es schon besprochen haben, ehe du ausgesegelt bist, daß du deine Reisen aufgiebst und dich zur Ruhe setzest und für dich die Heirat zustande bringst, von der damals die Rede war. 1
Thorkel antwortete: Ich merke, worauf du ausgehst; und meine Gesinnung ist noch durchaus dieselbe wie damals bei unserer Besprechung, denn ich werde mir nicht die ansehnlichste Heirat entgehen lassen, wenn das Ziel erreichbar ist."
Snorri sprach: Ich bin erbötig und bereit, diese Sache für dich zu führen; nun sind ja auch die zwei voraussetzungen für deine Werbung um Gudrun, die dir so besonders schwierig erschienen, erledigt, daß Bolli gerächt und Thorgils beseitigt ist."
Thorkel sprach:"Tief sind deine Anschläge, Snorri, und gewißlich will ich diese Sache nun ins Auge fassen."
Snorri blieb einige Nächte auf dem Schiffe. Darauf nahmen sie den Zehnruderer. der am Handelsschiffe lag, und bereiteten sich zur Fahrt, fünfundzwanzig Mann. Sie fuhren nach Helgafell. Gudrun nahm Snorri mit großer Herzlichkeit auf; sie wurden vortrefflich bewirtet; und als sie dort eine Nacht gewesen waren, bai Snorri Gudrun um eine Unterredung und sprach: "So liegt die Sache, daß ich diese Fahrt Thorkel, dem Sohne Eyjolfs, meinem Freunde, zu Gefallen getan habe; er ist nun hier, wie du siehst, und das hat ibn hergeführt, daß er um deine Hand anhalten will. Thorkel ist ein Mann von Ansehen; du weißt ja genau Bescheid um seine Familie und sein Auftreten; es fehlt ihm auch nicht an Vermögen. Er scheint uns vor allen andern zu einem Häuptling hier im Westlande geeignet, wenn er seinen Sinn darauf richten will. Thorkel genießt große Ehre, wenn er hier in Island ist; aber noch viel mehr wird er geschätzt, wenn er in Norwegen sich bei hochstehenden Männern aufhält.
Da antwortete Gudrun: "Meine Söhne werden hierbei das meiste zu sagen haben, Thorleik und Bolli; aber du bist dann der dritte Mann, Snorri, an den ich mich vor allem mit solchen Sachen wenden werde, die mir von so besonders großer Wichtigkeit scheinen; denn du bist seit langem mein guter Ratgeber gewesen." Snorri sagte, es sei selbstverständlich, daß man Thorkel nicht zur Seite schieben könne.
Darauf ließ Snorri die Söhne der Gudrun herbeirufen; er trug ihnen nun die Sache vor und suchte ihnen klar zu machen, welch großer Macht zu wachs sich ihnen durch Thorkel biete, in
seinem großem vermögen und seiner Fürsorge, und sprach über alles in gewinnender Weise. Da antwortete Bolle "Meine Mutter wird das am klarsten beurteilen können; ich werde hierin ihrem Willen mich anschließen; und gewiß muß es uns rätlich scheinen, darauf Gewicht zu legen, daß Ihr diese Sache befürwortet, Snorri denn du hast vieles sehr gutes an uns getan." Da sprach Gudrun: "Gern werden wir uns Snorris Leitung in dieser Sache unterwerfen, denn seine Ratschläge sind zu unserem Glücke ausgegangen." Snorri redete auf jede Weise zu, und es wurde abgemacht, daß Gudrun sich mit Thorkel vermählen sollte.Snorri bot ihnen an, die Hochzeit in seinem Hause auszurichten, Thorkel gefiel das wohl — " denn es fehlt mir nicht an Mitteln, soviel zuzuschießen, als eg Euch gefällt." Da sprach Gudrun: "Es ist mein Wille, daß die Hochzeitsfeier hier in Helgafell stattfindet; es macht mir den Kopf nicht schwer, die Kosten dafür aufzubringen. Ich werde weder Thorkel noch andere aufjordern, sich damit zu bemühen." "Immer wieder zeigst du, Gudrun," sagte Snorri, "das du eine großartige Frau bist." Es wurde nun abgemacht, das die Hochzeit in Helgafell sechs Wochen vor Winteranfang stattfinden sollte. Darauf fuhren Snorri und Thorkel ab; Snorri fuhr nach Hause und Thorkel zu seinem Schiff; er war abwechselnd während des Sommers in Tunga oder beim Schiff.
Die Zeit des Festes rückte nun heran. Gudrun machte große Zurüstungen und Anschaffungen. Der Gode Snorri kam zu diesem Fest mit Thorkel, sie hatten beinahe sechzig Mann bei sich, das war ein sehr auserlesenes Gefolge, denn die meisten Männer waren in bunten Kleidern. 1 Gudrun hatte ihrerseits fast hundert Gäste gebeten. Die Brüder Bolli und Thorleik gingen Snorri entgegen und mit ihnen die von Gudrun Geladenen. Snorri und seine Schar wurde auf das herrlichste empfangen. man nahm nun ihre Pferde und Kleider in verwahrung. Sie wurden in die Gasthalle geleitet; Thorkel und Snorri besetzten die eine Bank, und zwar die vornehmere, und die Eingeladenen der Gudrun saßen auf der anderen Bank.
69. Hochzeit in Helgafell. Gudrun schützt
den geächteten Gunnar Thidrandi-Töter
gegen Thorkel
In diesem Herbst war Gunnar, der Thidrandi-Töter, zu Gudrun geschickt worden, um bei ihr Schutz und Hilfe zu finden; er war auch von ihr aufgenommen worden, und seinen Namen hatte man geheim gehalten. Gunnar war geächtet wegen des Totschlags an Thidrandi, dem Sohne des Geitir aus Krossavik, wie in der Saga von den Njardwikingern erzählt wird. 1 Er hielt sich sehr heimlich, denn viele Großen verfolgten diese Sache.
Am ersten Abende der Bewirtung, als die Männer zum Waschen gingen, stand da ein großer Mann beim Wasser, mit starken Schultern und breiter Brust; der Mann hatte einen Hut auf dem Kopfe. Thorkel Sagte ihn, wer er sei. Der nannte sich so, wie es ihm gut schien. Thorkel sagte: "Ich glaube, du sagst nicht die Wahrheit; du schienest mir eher, nach allem was ich von ihm gehört habe, dem Gunnar Thidrandi-Töter gleich; und wenn du ein solcher Kämpe bist. wie die andern sagen, da wirst du doch deinen Namen nicht verheimlichen wollen." Da antwortete Gunnar: "Du forderst das mit großem Nachdruck; ich glaube auch, daß ich nicht nötig habe, mich vor dir zu verbergen; du hast deinen Mann richtig erkannt; und was hast du nun mit mir vor:" Thorkel sagte, er wolle ihm das sehr bald wissen lassen; er rief seinen Leuten zu, daß sie ihn festnehmen sollt en.
Aber Gudrun saß drinnen auf der Querbank und bei ihr die Frauen in ihren Festschleiern; und sobald sie den vorgang bemerkt hatte, kam sie herunter von der Brautbank und rief ihren Leuten zu, Gunnar zu helfen; sie befahl auch, keinen zu schonen, der sich da etwas herausnehmen sollte. Gudrun hatte eine viel größere Schar, die Sache wandte sich da anders, als maii gedacht hatte.
Snorri der Gode trat zwischen die Männer und bat sie, diesen Sturm zu besänftigen, — " es ist das einzig vernünftige für
Und infolge der Reden Snorris, und weil er selbst erkannte, daß Snorri recht hatte, besänftigte sich Thorkel. aber Gunnar wurde während des Abends anderswohin geleitet.
Die Bewirtung ging dann weiter in Lust und Pracht. Und ab das Fest zu Ende war, machten sich die Leute auf die Heimreise . Thorkel gab Snorri sehr kostbare Geschenke und ebenso allen andern vornehmeren Männern. Snorri lud Bolli, Bollis Sohn, zu sich ein und bat ihn, sich überhaupt bei ihm jederzeit aufzuhalten, wie es ihm gut schiene. Bolli nahm das an und ritt mit ibm nach Tunga.
Thorkel nahm nun seinen Wohnsitz in Helgafell und begann sich mit der Wirtschaft zu befassen; da konnte man bald sehen, daß ihm das nicht weniger lag als die Rauffahrtei. Er ließ gleich im Herbst das Schlafhaus niederlegen, es wurde im Winter wieder vollendet und war groß und ansehnlich. Große Liebe einstand zwischen Thorkel und Gudrun.
Der Winter verging. Im Frühjahr darauf fragte Gudrun, was er für Gunnar Thidrandi-Töter tun wolle. Thorkel sagte, das solle sie nur bestimmen, —"du hast dich der Sache so eisig angenommen, daß du nicht anders zufrieden sein wirst, als wenn er von uns ehrenvoll entlassen wird." Gudrun sagte, seine vermutung sei gans richtig. "Ich will, sagte sie, daß du ibm ein Schiff gibst und dazu alles das, was er dabei nicht entbehren kann." Thorkel antwortete und lächelte dazu: Du denkst nicht klein, Gudrun; in vielen Dingen zeigt sich das,
70. Thorleik, Bollis Sohn, reist nach Norwegen.
Bolli, Bollis Sohn, verheiratet sich
mit Thordis, der Tochter Snorris
Thorkel, Eyjol~o Sohn, wurde ein großer Häuptling. Er ging sehr darauf aus, sich Freundschaften und Ansehen zu erwerben. Er übte im Bezirk einen mächtigen Einfluß aus und war eifrig und geschickt in Prozessen; aber von seinen Thmghändeln wird hier nichts erwähnt. Thorkel war der mächtigste Mann im Breidifjord, solange er lebte, wenn man von Snorri absieht.
Thorkel hielt seinen Hof gut im Stande, er ließ alle Gebäude in Helgafell groß und fest aufführen. Er legte auch den Grund zu einer Kirche und gab bekannt, daß er beabsichtige, sich Kirchenbauholz zu verschaffen. Thorkel und Gudrun baum einen Sohn, der wurde Gellir genannt, er war bald ein vielversprechendes Kind.
Bolli, Bollis Sohn, war abwechselnd in Tunga oder Helgafell; Snorri hatte ihn sehr gern. Thorleik, sein Bruder, war in Helgafell. Die Brüder waren große und sehr tüchtige Männer, aber Bolli durchaus der überlegnere. Thorkel stand sich gut mit seinen Stiefsöhnen. Gudrun liebte Bolli am meisten von ihren Kindern. Bolli war nun sechzehn Winter und Thorleik zwanzig.
Da redete Thorleik mit Thorkel, seinem Stiefvater, und seiner mutter, daß er eine Reise ins Ausland machen wolle, — " es ist mir zuwider geworden, daheim zu sitzen wie die Weiber; ich möchte, daß man mir Mittel für eine Reise gäbe." Thorkel erwiderte: "Ich bin, glaube ich, euch Brüdern gegenüber
niemals ungefällig gewesen, seitdem wir verwandtschaftlich uns verbunden haben; ich verdenke es dir durchaus nicht, dag es dich drängt, die Sitten anderer Länder kennen zu lernen, denn ich glaube, daß du als ein tüchtiger Mann gelten wirst, wohin du auch unter wackere Leute kommen magst." Thorleik sagte, er wolle nicht viel Gut mit haben, — "denn es ist unsicher, ob ich es wohl in acht nehmen werde, ich bin jung und in vielen Dingen unerfahren. Thorkel bat ihn, das nach seinem Wünschen zu halten.Darauf kaufte Thorkel Thorleik einen Anteil an einem Schiffe, das in Dagverdarnes auflag; Thorkel begleitete ibn zum Schiff und sorgte in jeder Weise gut für ihn zur Ausreise, Thorleik segelte im Sommer ab. Das Schiff kam nach Norwegen, der Landesherr war damals König Olaf der Heilige; Thorleik begab sich sofort an den Hof König Olafs. Er nahm ihn gut auf und zeigte sich wohl unterrichtet über seine Familie und lud ihn zu sich ein. Thorleik nahm das an; er blieb beim Könige den Winter über und wurde sein Gefolgsmann, der König schäfte ihn hoch. Thorleik erwies sich als besonders tüchtiger Mann und blieb bei König Olaf, so daß Jahre darüber vergingen.
Nun ist von Bolli, Bollis Sohn, zu erzählen. In dem Frühling, als er achtzehn Winter alt geworden war, redete er mit Thorkel, seinem Stiefvater, und seiner Mutter, er wolle, daß sie ihm sein vatererbe herauszahlten. Gudrun fragte, was er vorhabe, daß er Geldforderungen gegen sie erhebe. Bolli antwortete: "Es ist mein Wille, daß man um eine Frau für mich werbe. Ich möchte, Stiefvater Thorkel," sagte Bolli, "daß du mein Brautwerber sein wolltest, damit es gelinge." Thorkel fragte, um welche Frau er anhalten wolle. Bolli antwortete: "Ein Mädchen heißt Thordis, sie ist die Tochter des Goden Snorri sie ist die Frau, die ich unter allen andern besitzen möchte. Und nicht werde ich mich so bald verheiraten, wenn aus dieser verbindung nichts wird. So liegt mir also viel daran, daß die Sache zum Ziele kommt." Thorkel erwiderte: Ich siebe zu deiner verfügung, Stiefsohn, diese Werbung in die Hand zu nehmen, wenn du meinst, daß dir damit ein Dienst geleistet
wird. Ich glaube, daß Snorri gern auf deinen Wunsch eingeben wird; denn er wird doch wohl einsehen, daß der Antrag eines Mannes, wie du bist, ehrenvoll für ihn ist." Gudrun sprach: Um es kurz zu sagen, Thorkel, ich will es an nichts fehlen lassen, daß Bolli die Heirat erlangt, die ihm gefällt; der Grund dafür ist, sowohl, daß ich ibn am liebsten habe, als auch, weil er von meinen Kindern darin der zuverlässigste gewesen ist, nach meinem Willen handeln." Thorkel sagte, er gedenke sich mit Bolli zu dessen Zufriedenheit auseinander zu setzen, — das ist aus vielen Gründen gebührlich, denn ich glaube, es ist ein reicher Besitz, Bont zum verwandten zu haben."Einige Zeit später ritten Thorkel und Bolli ab, es waren viele Männer beisammen; sie ritten, bis sie nach Tunga kamen. Snorri empfing sie gut und mit großer Herzlichkeit und erwies sich ihnen als der freundlichste Wirt. Thordis. Snorris Tochter, war zu Hause, sie war ein schönes und anziehendes Mädchen; und als sie einige Nächte in Tunga gewesen waren, trug Thorkel die Werbung vor un d begehrte für Bolli Verschwiegerung mit Snorri und die Ehe mit Thordis, seiner Tochter.
Da antwortete Snorri: "Das ist ein ehrenvoller Antrag, wie ich es von dir nicht anders erwarte; ich kann darauf nur eine günstige Antwort geben, denn Balli halte ich für einen Mann von den schönsten Hoffnungen, und die Frau scheint mir gut verheiratet, die ihn bekommt; aber den Ausschlag muß vor allem geben, wie sich Thordis dazu stellt, denn sie soll nur den mann haben, der ganz nach ihrem Sinne ist." Dieser Antrag kam nun vor Thordis, und sie antwortete in der Weise, daß sie hierin dem Rate ihres vaters folgen wolle, sie sagte, sie wolle sich lieber mit Bolli verheiraten in ihrer Gegend, als mit einem unbekannten Manne weiter fort. Und als Snorri sah, daß ihr dies nicht gegen ihren Sinn ging, Bolli als Gattin zu folgen, da wurde die Heirat beschlossen, und die verlobung fand statt. Snorri sollte die Hochzeit bei sich ausrichten, und swar sollte sie im Mittsommer stattfinden. Darauf ritten Thorkel und Bolli beim nach Helgafell, und Bolli blieb daheim, bis der Hochzeitstag heran kam. Sie brachen nun von Hause auf, Thorkel und Bolli und die Leute mit ihnen, die dazu ausersehen
waren; das war eine große Menge und ein sehr prächtiges Gefolge. Sie ritten nun ihres Weges und kamen nach Tunga; dort war die Aufnahme sehr gut. Da war eine große Menge beisammen, und die Festbewirtung ganz vortreflich, und als das Fest zu Ende ging, brachen die Leute auf. Snorri gab Thorkel wertvolle Geschenke und Gudrun ebenfalls, in gleicher Weise auch seinen übrigen Freunden und Verwandten; jeder ritt nun heim nach seiner Wohnung von den Männern, die zum Feste gekommen waren. Bolli blieb in Tunga, und zwischen ibm und Thordis entstand bald herzliche Liebe. Snorri gab sich auch große Mühe, es Bolli behaglich zu machen, und bewies ihm viel mehr Neigung als seinen eignen Kindern. Bolli nahm das dankbar an und lebte das Jahr über in Tunga, von allen hochgeachtet.Im Sommer darauf kam ein Schiff von der See in die Hvita. Das Schiff gehörte zur Hälfte Thorleik, Bollis Sohne, die andere Hälfte hatten Norweger. Und als Bolli erfuhr, daß sein Bruder nach Island gekommen war, ritt er sogleich nach dem Borgarfjord ins Südland, und zum Schiffe; jeder der beiden Brüder war da froh über den andern. Bolli blieb dort; so daß einige Nächte vergingen, dann ritten beide Brüder ins Westland nach Helgafell. Thorkel nahm sie auf mit aller Freundlichkeit und Gudrun ebenso, und sie luden Thorleik ein, den Winter über bei ihnen zu bleiben, und das nahm er an. Thorleik verweilte in Helgafell eine Zeitlang und ritt dann zur Hvita und ließ das Schiff an Land bringen und seine Waren nach dem Westlande schaffen. Thorleik war es gut gelungen, sich Geld und Ansehen zu verschaffen, denn er war ein geschworener Mann des hervorragendsten Fürsten, des Königs Olaf, gewesen. Er blieb nun in Helgafell im Winter. aber Bolli in Tunga.
71. Thorleik und Bolli beschließen, die Brüder
Kjartans anzugreifen. Snorri bringt
eine endgültige Sühne zustande
In diesem Winter trafen sich die Brüder oft und hatten Unterredungen miteinander, und durchaus nicht kümmerten
sie sich um Spiele und andern Zeitvertreib; und einmal, als Thorleik in Tunga war, redeten die Brüder tagelang miteinander. Snorri glaubte da zu wissen, daß sie irgend etwas großes mit einander berieten. Da ging Snorri zu den beiden Brüdern, während sie miteinander redeten. Sie begrüßten ihn herzlich und brachen sofort ihr Gespräch ab. Er erwiderte ihren Gruß freundlich.Darauf sprach Snorri: "Was habt ihr beide für Anschläge in Beratung, daß ihr Schlaf und Essen darüber vergeßt:" Bolli antwortete: "Das sind keine Anschläge, die wir beraten; unser Gespräch ist von geringer Bedeutung, das wir miteinander führen." Und als Snorri bemerkte, daß sie das alles vor ihm verheimlichen wollten, was ihnen im Sinne lag, und er hatte doch den verdacht, daß sie gerade über etwas redeten, das zu großen verwicklungen führen konnte, wenn es ins Werk gesetzt würde — Snorri sprach da zu ihnen: Ich vermute, daß es weder Narreteien noch lustige Geschichten sind, die ihr beide so ausführlich su verhandeln habt, und ich verdenke es euch gar nicht, wenn es sich wirklich so verhält; seid nun so gut und verheimlicht mir das nicht. Zusammen werden wir ebensowohl diese Sache beraten können, denn ich werde euch gewiß nicht im Wege stehen, wenn etwas geschehen soll, wodurch euer beider Ansehen gefördert wird. Thorleik dachte, daß Snorri ihre Sache gut aufnehme. und sagte ihm in kurzen Worten, daß sie, die Brüder, vorhätten, die Olafssöhne anzugreifen, und diese sollten nun ihre Strafe erdulden; sie sagten, sie seien durchaus in der Lage, sich mit den Olafssöhnen zu messen, seitdem Thorleik ein geschworner Mann des Königs Olaf und Bolli der Schwiegersohn eines solchen Häuptlings wie Snorri sei.
Snorri antwortete in folgender Weise: "Genug ist damit für den an Bolli verübten Totschlag getan, daß Helgi mit seinem Leben dafür bezahlen mußte, der Sohn Hardbeins; und auch, wenn es damit zum Abschluß gekommen ist; scheint mir Unheil genug geschehen zu sein." Bolli sagte da: "Was bedeutet das, Snorri: bist du auf einmal nicht mehr so eifrig, uns Hilfe zu leisten, wie du eben noch vorgabst Übrigens
würde dir Thorleik diesen Plan nicht mitgeteilt haben, wenn er mich vorher darüber su Rate gezogen hätte. Und wenn du sagst, daß Helgis Fall als Rache für Bolli zu gelten habe, so ist allgemein bekannt, daß für den erschlagenen Helgi Bussgeld bezahlt worden ist, aber mein Vater ist ungebüßt."Als aber Snorri sah, daß er ihnen ihre Gedanken nicht ausreden konnte, da erbot er sich dazu, zu versuchen, ob er von den Olafssöhnen einen Ausgleich erlangen könnte, lieber, alg daß es wieder zu Totschlugen käme; und damit erklärten sich die Brüder einverstanden.
Darauf ritt Snorri nach Hjardarholt mit einigen Männern. Halldor empfing ihn gut und lud ihn ein, dazubleiben. Snorri sagte, er müsse am Abend heimreiten, 1 — "aber ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen." Darauf begannen sie ihre Unterredung, und Snorri trug sein Anliegen vor; indem er sagte, er sei gewahr geworden, daß Bolli und Thorleik es nicht länger ertragen wallten, daß für ihren Vater keine Buße käme von den Olafssöhnen, — und nun wollte ich versuchen , einen Ausgleich herbeizuführen, und sehen, ob nicht einmal ein Ende gemalt werden könnte mit dem Unheil unter euch verwandten."
Halldor wies das durchaus nicht von sich und antwortete:"Sehr wohl ist mir bekannt, das Thorgils, der Sohn der Halla, und die Bollisöhne vorhatten, mich und meine Brüder zu überfallen, bis du ihrer Rache eine andere Richtung gabst, so daß sie infolgedessen beschlossen, Helgi, Hardbeins Sohn, zu töten; du hast dir in diesen Händeln große verdienste erworben, so wie du dich auch schon verhalten hast bei den früheren Zwistigkeiten zwischen uns Verwandten." Snorri sprach: "Es scheint mir sehr wichtig zu sein, daß mein versuch glückt und es bier nun so weitergeht , wie es mein höchster Wunsch ist, daß unter euch verwandten eine gute Sühne zustande kommt; denn ich kenne die Sinnesart der Männer, mit denen ihr es in dieser Sache zu tun habt: sie werden alles getreulich halten, wie sie es bei der Sühne vereinbaren."Halldor erwiderte: "Dazu werde ich mich bereit erklären, wenn es auch der Wille meiner Brüder ist,
Snorri sagte: "Was du anbietefi, ist gut und hochsinnig; die Brüder werden auf diesen vorschlag eingehen, wenn sie auf meine Mithilfe rechnen."
Darauf ritt Snorri beim und sagte den Brüdern, welchen Erfolg seine Sendung gehabt hatte, und dabei zugleich, daß er sich völlig von ihrer Sache zurückziehen würde, wenn sie nicht ihre Zustimmung gäben. Bolli sagte, Snorri solle zu entscheiden haben, — und ich wünsche, Snorri, daß Ihr für unsere Partei Schiedsrichter seid." Darauf sandte Snorri Nachricht an Halldor , daß die Sühneverhandlung beschlossen sei, und bat ihn einen Mann von der Gegenseite zu bestimmen, der mit ihm Schiedsrichter sein solle. Halldor wählte zum Schiedsrichter Steinthor, den Sohn des Thorlak von Eyr. 1 Die Zusammenkunft zum Schiedsspruch sollte sein in Dran gar am Skogarstrand , vier Wochen nach Sommeranfang.
Thorleik, Bollis Sohn, ritt nach Helgafell, und während des Winters ereignete sich gar nichts. Und als die Zeit heranrückte, die für die Zusammenkunft bestimmt war, da kam der Gode Snorri mit den Bollisöhnen, sie waren im ganzen fünfzehn zusammen; ebensostark waren die andern auf Steinthors Seite zur Stelle. Snorri und Steinthor verhandelten nun mit einander und kamen einem Ausgleich in dieser Sache. Darauf entschieden sie auf eine Geldbuße, doch ist es hier nicht angegeben , wie hoch sie festgesezt wurde; aber es wird erzählt, daß die Summe richtig bezahlt und die Sühnebestimmungen gut gehalten wurden. Auf dem Thorsnesthing fand die Auszahlung statt. Halldor gab Bolli ein gutes Schwert; und Stein 1
72. Bolli beschließt mit seinem Bruder
Thorleik auszureisen
Nachdem Bolli und Thorleik sich mit den Olafssöhnen ausgesöhnt hatten und Thorleik einen Winter in Island gewesen war, erklärte Bolli, daß er ausreisen wolle. Snorri suchte ihn davon zurückzuhalten und sprach: Mir scheint viel auf dem Spiele zu stehen, wie es dir dabei ergeben mag; wenn du aber verlangen trägst, mehr unter dir zu haben, als du bisher hast, so will ich dir einen eigenen Wohnsitz geben und dir einen Hof einrichten und zugleich Leute deiner Leitung unterstellen und in jeder Weise dein Ansehen Sorge tragen. Ich glaube, das macht keine Schwierigkeit, denn die meisten Männer sind dir wohlgesinnt."
Bolli antwortete: Ich habe es lange im Sinn gehabt, einmal nach dem Süden zu reisen. Der Mann scheint mir sein Wissen wenig zu mehren, der sich nicht weiter umsieht als hier in Island ." Und als Snorri sah, daß Bolli fest entschlossen war, so daß es nichts half, ihn zurückzuhalten, da erbot sich Snorri, so großes Gui, wie Bolli wünsche, ihm zur Fahrt mitzugeben. Bolli ging gern darauf ein, großes Gut mitzunehmen, — "ich will", sagte er, " vom Mitleid keines Mannes abhängig sein, weder hier noch im Auslande." Darauf ritt Bolli ins Südland zur Hvita an den Borgarfjord und kaufte den Männern, die die Hälfte von Thorleiks Schiff hatten, ihren Teil ab. So gehörte nun das Schiff den beiden Brüdern. Bolli ritt dann beim ins Westland.
Bolli und Thordis hatten eine Tochter, die Herdis hieß; Gudrun erbot sich, das Mädchen zu erziehen. Es war damals ein Jahr alt, als es nach Helgafell kam. Thordis hielt sich dort ebenfalls oft auf, Gudrun hatte sie sehr gern,
73. Thorleik und Bolli reisen nach
Norwegen
Nun begaben sich die beiden Brüder zum Schiff. Bolli nahm grases Gut mit auf die Reise. Sie machten nun das Schiff segelfertig, und als sie ganz klar waren, gingen sie in See. Sie hatten nicht gleich Fahrwind und waren lange unterwegs. Im Herbst erreichten sie Norwegen und kamen im Norden an, bei Thrandheim. 1 König Olaf war im Ostlande und saß in der Wik und hatte dort vorbereitungen für den Winteraufenthalt getroffen.
Und als die Brüder das erfuhren, daß der König nicht mehr in den Norden nach Thrandheim kommen würde in diesem Herbst; da sagte Thorleik; daß er an der Küste entlang nach dem Ostlande segeln und den König aufsuchen wolle. Bolli erwiderte: Wenig behagt es mir, von Handelsplatz zu Handelsplatz mich durchzuschlagen zur Herbstzeit; das scheint mir eine große Plage und Unlust. Ich will hier den Winter über in der Stadt sitzen. Mir ist gesagt, der König werde im Frühjahr nach dem Norden kommen; und wenn er nicht kommt, will ich mich nicht widersetzen, daß wir beide uns aufmachen, ihn aufzusuchen. Bolli behielt seinen Willen; sie löschten nun ihre Ladung und nahmen sich eine Wohnung in der Stadt.
Sehr bald zeigte sich, daß Bolli ehrgeizig war und sich hervortun wollte vor andern Männern; das gelang ihm auch, denn er war freigebig; er kam bald zu hohem Anseben in Norwegen. Bolli hielt sich ein Gefolge während seines Winteraufenthaltes in Thrandheim, und auf den ersten Blick sah man, wenn er su Trinkgelagen ging, daß seine Leute besser ausgestattet waren an Kleidern und Waffen als anderes Volk in der Stadt. Er bezahlte auch allein für alle seine Gefolgsleute, wenn sie an Trinkgelagen teilnahmen. Ebenso zeigte sich auch sonst seine Freigebigkeit und sein Herrenwesen.
Die Brüder waren nun in der Stadt während des Winters. In diesem Winter saß König Olaf im Ostlande in Sarpsborg, 1
Darauf lud der König die Brüder ein, bei ihm zu bleiben; sie nahmen das mit Dank an und waren beim Könige im Frühling. Der König behandelte Thorleik freundlich wie früher, doch schätzte er Bolli weit höher, denn er erschien dem Könige als ein durchaus überragender Mann.
Und als der Frühling verging, redeten die Brüder über ihre Reisepläne; Thorleik Sagte, ob Bolli im Sommer nach Island fahren wolle; — "oder willst du länger in Norwegen bleiben Bolli antwortete: "Ich denke keins von beiden zu tun; und die Wahrheit zu sagen, es war nicht meine Absicht, als ich von Island ausreiste, nur vom Haus ins Nachbarhaus zu ziehen; ich will nun, Bruder, daß du unser Schiff übernimmst. Thorleik empfand das schmerzlich, daß sie trennen sollten, — "aber du sollst hierin, wie in allem andern, zu entscheiden haben, Bolli." Was sie so besprochen hatten, trugen sie dem Könige vor, aber antwortete folgenderweise:"Willst du nicht, Bolli, länger dich bei uns aufhalten:" sagte der König, " das würde mir das beste scheinen, wenn du eine Zeitlang bei uns bliebest; ich wurde dir dieselbe Stellung verleihen, die ich deinem Bruder Thorleik gegeben habe." Da antwortete Bolli: "Sehr gern wäre ich dazu bereit, Herr, in Eure Hand zu schwören, doch will ich zuerst dorthin, wohin ich schon früher mir vorgenommen hatte zu reisen, und wohin seit langem mein Wunsch mich zieht; aber Euer Anerbieten will ich gerne annehmen, wenn mir die Rückkehr vergönnt ist." "Du sollst bestimmen, wohin du fahren willst, Bolli," sagte der König, denn ihr seid in allen
Dingen eigenwillig, ihr Isländer; aber das will ich zum Schluß noch sagen, daß meiner Überzeugung nach, Bolli, du der ansehnlichste Mann bist, der in meinen Tagen aus Island gekommen ist.Und als Bolli Urlaub vom Könige bekommen saite, rüstete er sich zur Reise und ging an Bord eines Kauffahrers. der nach Dänemark bestimmt war; er nahm großes Gut mit sich; ihn begleiteten auch einige seiner Gefährten. König Olaf und er schieden in großer Freundschaft; der König gab Bolli wertvolle Geschenke zum Abschied. Thorleik blieb da bei König Olaf zurück, aber Bolli fuhr südwärts seines Weges, bis er nach Dänemark kam; er blieb den Winter über dort in Dänemark und empfing da große Ehren von mächtigen Männern; er hielt sich dort auch in keiner Weise weniger stattlich, als er in Norwegen getan hatte.
Und als Bolli einen Winter in Dänemark gewesen war, da brach er auf zur Weiterreite von Land zu Land und unterbrach seine Reise nicht, bis er hinunter nach Miklagard 1 kam. Nicht lange, nachdem er dort Aufenthalt genommen hatte, trat er in die kaiserliche Leibgarde. 2 Wir haben keine Kunde darüber gehört, daß ein Nordmann vor Bolli. Bollis Sohn, in den Dienst des Königs von Miklagard getreten sei. Er war in Miklagard sehr viele Jahre und zeigte sich als der kühnste Mann bei allen Männerproben und stand immer unter den ersten. Die Männer der Leibgarde hielten viel von Bolli, solange er in Miklagard war.
74. Thorkel reist mit seinem Sohne nach
Norwegen und bringt eine Last Kirchenbauholz
nach Island
Nun muß sich die Erzählung dorthin wenden, wo Thorkel , Eyjolfs Sohn, als Häuptling auf seinem Hofe saß. Gellir, sein und Gudruns Sohn, wuchs daheim auf, er war bald ein wackerer und allbeliebter Gesell.
Einmal, wird berichtet, erzählte Thorkel Gudrun, was er geträumt hatte: "Das träumte mir," sagte er, "daß ich einen so großen Bari zu haben schien, daß er sich über den ganzen Breidifjord legte." Thorkel bat sie, den Traum zu deuten. Gudrun fragte:"Was meinst denn du, daß dieser Traum besagen soll "Das scheint mir sicher, daß meine Macht den ganzen Breidifjord umfassen soll." "Möglich, daß es so ist," sagte Gudrun, aber eher würde ich glauben, daß du deinen Bart in den Breidifjord eintauchen sollst."
In demselben Sommer brachte Thorkel sein Schiff zu Wasser und rüstete sich zur Fahrt nach Norwegen. Gellir, sein Sohn, war damals zwölf Winter alt, er reiste aus mit seinem Vater Thorkel gab bekannt, daß er vorhabe, sich Kirchenbauholz zu holen, und ging sofort in See. nachdem er klar war. Er hatte eine bequeme, aber nicht besonders rasche Überfahrt. Sie erreichten Norwegen im Norden. König Olaf saß dieser Zeit in Thrandheim. Thorkel begab sich sogleich an den Hof des Königs Olaf und mit ihm Gellir, sein Sohn. Sie wurden da gut aufgenommen. In so hohem Ansehen stand Thorkel beim Könige während des Winters, daß es allgemein erzählt wird, der König habe ihm nicht weniger als hundert Mark reinen Silbers geschenkt. Der König gab Gellir zu Weihnachten einen Mantel, der war von höchster Kostbarkeit und ein herrliches Stück.
In diesem Winter ließ König Olaf in der Stadt eine Kirche aus Holz bauen; sie war als große Hauptkirche geplant und sollte prächtig ausgestattet werden. Im Frühling wurde das Holz an Bord geschafft, das der König Thorkel geschenkt hatte. Dies Bau- Belz war lang und gut, denn Thorkel führte genaue Aufsicht.
Es war eines Morgens in der Frühe, daß der König ausging mit wenigen Begleitern. Er sah einen Mann oben auf der Kirche, die dort im Bau war in der Stadt. Er wunderte sich sehr darüber, weil es noch früher am Tage war, als die Zimmerleute gewohnt waren aufzustehen. Der König erkannte den Mann. es war Thorkel, Eyjolfs Sohn; er maß alle die größten Balken, sowohl Querbalken wie Längswandbalken und stehende Pfosten.
Der König begab sich sofort dorthin und sprach: "Was bedeutet das, Thorkel Hast du die Absicht, hiernach die Maße zu nehmen für das Kirchenbauhols, das du nach Island schaffen willst:" Thorkel antwortete: "So ist es, Herr." Da sprach König Olaf: " Hau du zwei Ellen ab von jedem großen Balken, und die Kirche wird dennoch die größte in Island sein." Thorkel erwiderte: Behalte dir dein Hol;, wenn du meinst zu viel gegeben ;u haben oder dich das Verlangen plagt, es zurück zu bekommen; ich will auch nicht eine Elle davon abhauen ; ich werde Mittel und Wege finden, mir anderes Bauholz zu verschaffen."
Da sagte der König und blieb ganz ruhig dabei: "Beides ist wahr, Thorkel, daß du ein tüchtiger Mann bist und daß du dich jetzt sehr überhebst; denn gewiß ist es Hochmut von einem Bondensohn, wenn er sich mit uns messen will; und das ist nicht wahr, daß ich dir das Bauholz mißgönne, sollte es dir beschieden sein, damit eine Kirche zu bauen; sie würde doch niemals so groß werden, daß dein ganzer Hochmut drin Platz haben könnte. Aber eine Ahnung sagt mir, als werde man wenig Nutzen von diesem Halse haben, und als werde es nicht dazu kommen, daß du einen Bau mit diesem Holze aufführst." Damit brachen sie ihre Unterhaltung ab, der König wandte sich zum Gehen, und man merkte, wie er darüber böse war, daß Thorkel sich gar nichts daraus machte, was der König sagte. Doch ließ der König es nicht zum Ausbruch kommen. Er verabschiedete Thorkel in großer Freundlichkeit. Thorkel stieg an Bord und ging in See.
Sie hatten guten Wind und waren nicht lange unterwegs. Thorkel kam mit seinem Schiff in den Hrutafjord. 1 Er ritt sogleich vom Schiffe heim nach Helgafell; jedermann freute sich seiner Ankunft. Thorkel hatte sich große Ehre erworben durch diese Fahrt. Er ließ sein Schiff an Land bringen und sicher versorgen und gab das Kirchenbaubolz an einer Stelle in verwahrung, wo es gui aufgehoben war; es wurde im Herbste noch nicht nach dem Süden geschafft; denn er hatte immer vieles andere zu tun. 1
Thorkel saß nun daheim während des Winters auf steifem Hof. Er hatte ein Weinachtsgelage in Helgafell, dabei waren eine große Menge Menschen, und überhaupt trieb er großen Aufwand in dem Winter. Aber Gudrun hielt ihn hierbei nicht zurück sie sagte, das sei der Zweck des Geldes, daß die Männer sich dadurch Ansehen verschafften, und da mußte auch alles herhalten, wenn Gudrun etwas nötig schien Rr standesgemäßes Wesen. Thorkel gab in dem Winter seinen Freunden viele kostbare Geschenke, die er mit nach Island gebracht hatte.
75. Thorstein und Thorkel machen einen
vergeblichen Versuch, Halldor zum Verkauf
von Hjardarholt zu zwingen
In diesem Winter nach Weihnachten brach Thorkel von Hause auf nach dem Hrutafjord im Nordlande, um seine Bauhölzer südwärts zu schaffen. Er ritt zuerst in den Tälerbezirk hinein und zwar nach Ljarskogar zu seinem verwandten Thorstein und besorgte sich Männer und Pferde. Dann ritt er weiter nordwärrs zum Hrutafjord und hielt sich da eine Zeitlang auf und überlegte sich, wie er die Rückreise einrichten sollte; er brachte da aus der Fjordgegend Pferde zusammen, denn er wollte, wenn es möglich wäre, nicht mehrere Fahrten machen. Es ging das nicht so schnell. Thorkel hatte damit bis in die Zeit der Langfasten zu tun, ehe dieses Unternehmen in Gang kam; er schleppte das Bauholz mit mehr als zwanzig 1 Pferden aus dem Nordlande und ließ das Holz an der Mündung der Lja aufstapeln. von dort gedachte er es zu Schiff hinaus nach Helgafell zu schaffen.
Thorstein besaß ein großes Reiseboot, und Thorkel hatte vor, das Schiff zu benutzen, wenn erden Heimweg antreten würde. Thorkel war in Ljarwgar während der Fastenzeit; denn zwischen den verwandten bestand herzliches Einvernehmen
Thorstein redete mit Thorkel darüber, daß es ihm gut passen würde, wenn sie zusammen nach Hjardarholt ritten. — "ich
Halldor hatte mit Beinir gesprochen, gleich als er Thorstein und seine Leute heranreiten sah: Ich sehe deutlich voraus. was diese beiden Vettern wollen; sie werden mir mein Land abkaufen wollen, und wenn es so ist, so werden sie mich ;u einer Unterredung holen. Ich vermute, daß sie sich rechts und links von mir niedersetzen werden, und wenn sie mir irgend ein Leid antun wollen, so sei du ebenso schnell, Thorstein anzugreifen, wie ich Thorkel. Du bist seit langer Zeit unserer Familie treu gewesen. Ich habe auch auf die nächsten Höfe nach Männern geschickt; ich möchte, daß es sich genau so träfe, daß diese Leute kämen, wenn wir mit unserm Gespräch zu Ende sind." Und als der Tag weiter vorgeschritten war, schlug Thorstein Halldor vor, daß sie zusammen zu einer Unterredung gehen wollten. "Wir haben etwas mit dir zu besprechen." Halldor sagte, es sei ihm recht. Thorstein sprach zu seinen Gefährten, es sei nicht nötig, daß sie mitkämen. Aber Beinir ging nichts destoweniger mit; denn ihm schien die Sache ganz so zu verlaufen , wie Halldor vermutet hatte. Sie gingen ein weites Stück hinaus auf die Hofwiese. Halldor hatte einen enganschließenden Mantel an mit langer Brustspange, wie es damals Brauch war. Halldor setzte sich nieder auf die Erde und rechts und links von ibm die beiden Vettern, und sie setzten sich dicht zu ihm auf den Mantel. 2 Aber Beinir stand hinter ihnen und hatte eine große Art im Arme. 1
Da sprach Thorstein: "Das ist mein Geschäft hier, das ich dir dein Land abkaufen will. Ich bringe das deshalb jetzt zur Besprechung, weil gerade mein Vetter Thorkel dabei ist. Ich meine, dies müßte auch dir gut passen, denn mir ist gesagt, daß du nicht genügend Geld bast und daß dein Land dir viele Kosten macht. Ich werde dir dafür einen Wohnsitz geben, der dir anständig ist, und dabei so viel noch. wie wir beide untereinander ausmachen werden."
Halldor wies das zuerst durchaus nicht von sich, und sie gingen auf die Kaufbedingungen ein, und da er ihnen nicht abgeneigt schien, so mischte Thorkel sich eifrig in die verhandlung ein und wollte den Kauf zwischen den beiden zum Abschluß bringen. Da begann Halldor sich ihnen um so mehr zu entziehen, als sie eifriger ibm zuredeten, und schließlich kam es so, daß das Ziel ihnen um so ferner rückte, je mehr sie auf Halldor eindrangen. Da sprach Thorkel: "Siehst du nicht, Vetter Thorstein, wie es steht: Er hai diese Sache den ganzen Tag hingezogen vor uns, und wir haben hier gesessen für ihn zu Spott und Hohn. Wenn dein Sinn auf dem Landkauf besteht, so sind wir genötigt, schärfer vorzugehen." Thorstein sagte, er wolle nun seinen Bescheid haben. Er forderte Halldor auf, ihnen nun keinen Dunst mehr vorzumachen; ob er sich auf den Landkauf einlassen wolle oder nicht. Halldor antwortete: "Ich denke, wir wollen das nicht im Dunkeln lassen, daß du ohne Kauf nach Hause reiten mußt heute abend." Da sagte Thorstein: "Ich glaube, wir brauchen nun auch nicht länger mehr mit der Erklärung zurückzuhalten , was wir im voraus beschlossen haben, nämlich dir die Wahl zwischen zwei Dingen stellen, denn wir meinen, die stärkere Sache zu haben durch unsere Übermacht. Das eine ist. daß du diesen Handel freiwillig eingehst und dafür unsere Freundschaft bekommst. Aber das andere und gewiß das schlimmere ist, daß du gezwungen deine Hand ausstrecken mußt und Hof und Land Hjardarbolt in meine Hand übergibst." Und als Thorstein ihn auf diese Weise bedrohte, da sprang Halldor so heftig auf, daß die Spange des Mantels zerbrach, und sagte: gen
Halldor ging zum Hause zurück nach diesen Worten.
Zu gleicher Zeit sammelten sich die Männer auf dem Hofe, nach denen er geschickt hatte. Thorstein war furchtbar zornig und wollte auf der Stelle Halldor angreifen. Thorkel bat ihn. das nicht zu tun, — " das wäre sehr unschicklich in dieser heiligen Zeit; aber wenn sie vorüber ist, will ich mich nicht widersetzen, daß wir es auf einen Zusammenstoß ankommen lassen." Halldor sagte, er traue sich zu, jederzeit fur sie gerüstet ;u sein.
Darauf ritten die beiden fort und redeten noch viel miteinander über ihre Fahrt. Thorstein sprach, es sei wahr, sagte er, ihre Fahrt sei ganz jämmerlich verlaufen, — "aber warum bast du dich so gescheut, Vetter Thorkel, Halldor anzugreifen und ibm eine Schmach anzutun: Thorkel antwortete: "Sahst du nicht Beinir , wie er hinter dir stand mit der bereiten Art. Das war ja gerade das allerbedenklichste dabei; denn er hätte dir sofort die Uri in den Kopf geschlagen, wenn ich Miene gemacht hätte. irgend etwas zu wagen." Sie ritten nun beim nach Ljarskogar. Die Fastenzeit ging weiter und die Karwoche kam heran.
76. Thorkel ertrinkt
Um Gründonnerstag früh am Morgen rüstete sich Thorkel zur Fahrt. Thorstein suchte ihn auf jede Weise zurück ;u halten, — denn das Wetter scheint mir unsicher," sagte er.
Thorstein ging nun beim und war sehr niedergeschlagen. Er ging in die Stube und hat. ihm etwas unter den Kopf zu legen, und so geschah es; die Magd sah, daß die Tränen aus seinen Augen hinab aufs Kissen flossen. Und etwas später fuhr ein starker Windstoß gegen das Haus; da sprach Thorstein: Jetzt können wir hören, wie der Mörder meines Vetters Thorkel einherbraust.
Nun ist von der Reife Thorkels und seiner Gefährten zu erzählen Sie segelten an dem Tage hinaus, den Hvammsfjord entlang, und waren zehn auf dem Schiffe; das Wetter begann sehr scharf zu werden und steigerte sich schließlich zu einem heftigen Sturme. Sie hielten wacker ihr Schiff in Fahrt es waren Männer von größter Unerschrockenheit. Thorkel hatte das Schwert Sköfnung mit sich, es lag in einem Kasten Thorkel segelte, bis er in die Nähe von Bjarnarey kam, von beiden Ufern des Fjords konnte man ihre Fahrt beobachten. Und als sie soweit gekommen waren, fuhr eine Bö ins Segel und brachte das Schiff zum Kentern. Thorkel ertrank da und alle Männer, die mit ihm waren. Die Bauhölzer wurden weit unter den Inseln herumgetrieben, die Eckpfeiler trieben auf die Insel, die seitdem Stafey (Pfeilerinsel) heißt. Sköfnung wurde gehalten durch die Innenhölzer des Reiseboots; er fand sich auf Sköfnungsey wieder.
Aber am Abend desselben Tages, an dem Thorkel mit seinen Gefährten ertrunken war, geschah es in Helgafell, daß Gudrun zur Kirche ging, als die Leute schon zu Beit waren; und als
sie zur Kirchhofstür kam, sah sie einen Wediergänger vor sich stehen. Er beugte sich über sie und sprach: Große Neuigkeiten, Gudrun," sagte er. Gudrun antwortete: "So schweige du davon. Elender. Gudrun ging auf die Kirche zu, wie sie sich vorgenommen hatte, und als sie zur Kirche gekommen war, glaubte sie zu sehen, daß Thorkel und seine Leute heimgekommen waren und daß sie draußen vor der Kirche standen. Sie sah, wie das Meerwasser aus ihren Kleidern tropfte. Gudrun redete sie nicht an, sondern ging hinein in die Kirche und verweilte dort so lange, wie es ihr gut schien; dann ging sie in die Stube, weil sie dachte, Thorkel würde mit seinen Leuten sich dorthin begeben haben, und als sie in die Stube kam, war dort niemand. Da fiel Gudrun schwer aufs Herz alles, was ihr begegnet war.Am Karfreitag sandte Gudrun ihre Leute aus, die sich nach Thorkel und seinen Begleitern erkundigen sollten, einige die Rüste entlang, einige nach den Inseln; da war das Schiffsgut schon weit umher angetrieben. an den Inseln und den beiden Fjordufern. Am Sonnabend vor Ostern erfuhr man. was geschehen war. und die Kunde machte tiefen Eindruck, denn Thorkel war ein großer Häuptling gewesen. Thorkel war achtundvierzig Winter alt, als er ertrank; das geschah vier Winter bevor König Olaf der Heilige siel. 1
Gudrun empfand den Tod Thorkels schwer, aber trug doch den verlust mit Seelenstärke. Nur wenig von dem Kirchenholz wurde geborgen. Gellir war damals vierzehn Jahr; er übernahm die Wirtschaft gemeinsam mit seiner Mutter und die Häuptlingswürde. Es war bald an ihm zu erkennen, daß er wahl geeignet war für eine führende Stellung. Gudrun wurde sehr fromm. Sie war die erste Frau in Island, die den Psalter lernte. Lange lag sie in der Kirche zur Nachtzeit im Gebet. Herdis. Bollis Tochter, begleitete sie immer in der Nacht. Gudrun liebte Herdis sehr.
In einer Nacht, wird erzählt, träumte der jungen Herdis, daß eine Frau zu ihr käme, die war in wollenem Mantel, und um den Kopf hatte sie ein Tuch geschlungen; sie schien ihr nicht 1
Am Morgen darauf ließ Gudrun die Bretter des Fußbodens in der Kirche aufheben. dort, wo sie gewohnt war, zum Gebet niederzuknien. Sie ließ dort in die Erde graben. Da fand man in der Tiefe Gebeine, die waren schwarz und unheimlich; man fand da auch ein Brustgehänge und einen großen Zauberstab. Daraus schloß man, daß dort das Grab einer Zauberin gewesen war. Die Gebeine wurden weit fortgeschafft an eine von Menschen möglichst wenig begangene Stelle.
77. Bolli kehrt heim
Als vier Winter seit dem Ertrinken Thorkels, des Sohnes des Eyjolf, vergangen waren, kam ein Schiff in den Eyjafjord; das gehörte Bolli, dem Sohne Bollis; die Mannschaft darauf waren meistens Norweger. Bolli brachte viel Gui mit nach Island und viele kostbare Kleinode, die Fürsten ihm geschenkt hatten. Bolli hatte ein so prunkvolles Wesen angenommen , nachdem er von dieser seiner Reise zurückgekehrt war, das er keine andern Kleider tragen mochte als Kleider aus Scharlach oder andern kostbaren Stoffen, und alle seine Waffen waren mit Goldschmuck versehen man nannte ihn Bolli den Stolzen. Er erklärte seinen Schiffsgenossen, das er die Absicht habe, nach dem Westland in seine Heimatgegend zu reiten, und gab Schiff und Ladung in die Obhut seiner Schiffsgenossen. Bolli ritt vom Schiffe mit elf Mann; sie waren alle in Scharlachkleidern. die Gefolgsleute Bollis und ritten auf vergoldeten Sätteln; alle waren )ie Männer von gutem Aussehen, aber Bolli übertraf sie doch noch. Er war in den kost
baren Kleidern, die ihm der König von Miklagard geschenkt hatte; darüber trug er einen reien Scharlachmantel, am Gürte! bing ihm Fußbeißer, Querstange und Knauf waren mit Goldarbeit geschmückt, der Griff mit Golddraht umwunden; er hatte einen vergoldeten Helm auf dem Kopf und einen roten Schild an der Seite, auf dem ein Ritter in Gold dargestellt war; in der Hand trug er eine Stosßlanze, wie es Brauch ist im Auslande; und wo sie über Nacht blieben, hatten die Frauen nichts anderes zu tun, als auf Belli zu schauen, auf seine Pracht und die seiner Gefährten.In diesem ritterlichen Aufzuge ritt Bolli in die Bezirke des Westlandes ein. immer weiter, bis er nach Helgafell kam mit seiner Schar; Gudrun war hocherfreut über ihren Sohn. Belli hielt sich da nicht lange auf; dann ritt er wieder landeinwärts nach Sälingsdalstunga, um seinen Schwiegervater Snorri und Thordis, seine Frau, zu tressen. Das war ein sehr frohes Wiedersehen; Snorri lud Bolli zu sich ein, mit so viel Mann, wie er wollte. Bolli nahm das an. und er war bei Snorri den Winter über und ebenso die Männer, die mit ihm von Norden gekommen waren. Bolli wurde berühmt durch seine Reise. Snorri war nicht weniger bemüht, Bolli mit aller Freundlichkeit zu bewirten, als früher, da Bolli bei ihm gewohnt hatte.
78. Snorri stirbt. Gudruns hohes Alter
und Tod
Und als Bolli einen Winter in Island gewesen war; fiel Snorri in Krankheit. Die Krankheit machte keine schnellen Fortschritte. Snorri lag sehr lange danieder, und als die Krankheit stärker wurde, ließ Snorri seine verwandten und Verschwägerten zu sich rufen. Da sprach er zu Bolli: Es ist mein Wille. daß du hier den Hof und die Gewalt über die Leute nach meinem Tode übernimmst; ich gönne dir nicht geringere Ehre als meinen Söhnen; der unter meinen Söhnen ist nun auch nicht 1m Lande. von dem ich denke, daß er der erste unter ihnen sein wird, ich meine Halldor." 1 Darauf starb Snorri. Er war sieben 1
Bolli und Thordis übernahmen den Hof in Tunga, so wie Snorri bestimmt hatte; die Söhne Snorris waren völlig da- mit einverstanden. Bolli wurde ein sehr tüchtiger und allgemein beliebter Mann.
Herdis Bollis Tochter, wuchs in Helgafell auf und war ein wunderschönes Mädchen. Um sie warb Orm. der Sohn des Hermund, des Sohnes des Jllugi 2 und erhielt sie zur Frau; ihr Sohn war Kodran, der mit Gudrun, der Tochter Sigmunds, vermählt war. Der Sohn Kodrans war Hermund, vermählt mit Ulfeid, der Tochter des Runolf, des Sohnes des Bischof Keul; ihre Söhne waren Ketil, der 'Ubi war in Helgafell, und Rein und Kodran und Styrmir; ihre Tochter war Thorvör, die mit Skeggi, dem Sohne Brands, vermählt war, und davon stammt das Geschlecht der Skogarleute. 3
Ospak dieß ein Sahn des Bolli und der Thordis. Die Tochter Ospaks war Gudrun, die mit Thorarin, dem Sohne des Brand, vermählt war; ihr Sohn war Brand, der Husafell 4 um Priestergut machte; sein Sohn war der Priester Sighvat, der d rt lange wohnte.
Gellir, der Sohn Thorkels, verheiratete sich er nahm Valgerd zur Frau, die Tochter des Thorgils, des Sohnes des 'Ari von Reykjaues: 5 Gellir fuhr nach Norwegen und war bei König Magnus dem Guten 6 und empfing von ihm zwölf Öre Gold und sonst noch großes Gut. Die Söhne Gellirs waren Thorkel und Thorgils; Thorgils Sohn war Ari der Gelehrte; Aris Sohn hieß Thorgils, dessen Sohn war Ari der Starke.
Nun begann Gudrun sehr alt zu werden und lebte in ihrem Trauerstande, wie oben gesagt wurde, noch lange Zeit. Sie war die erste Nonne in Island und Einfiedlerin; und das ist die
Einmal, so wird erzählt, kam Bolli nach Helgafell, denn Gudrun freute sich immer, wenn er sie besuchte. sollt saß lange bei seiner Mutter und sie redeten vieles miteinander. Da sprach Bolli: Willst du mir etwas sagen, Mutter; was ich sehr gern wissen möchte: welchen Mann hast du am meisten geliebt:" Gudrun antwortete: Thorkel war der mächtigste und der größte Häuptling, und keiner war tüchtiger als Bolli und von so vollkommener Männlichkeit. Thord, der Sohn der Ingunn, war der klügste von ihnen und der beste Rechtskenner; Thorvald nenne ich gar nicht. Da sagte Bolle Ich verstehe das sehr gut, was du mir von dem Wesen aller deiner Männer erzählst, aber das ist damit noch nicht gesagt, wen du am meisten geliebt hast. Du sollst mir das nun nicht länger verbergen." Gudrun antwortete: Stark drängst du mich, mein Sohn, sagte Gudrun, doch wenn ich das jemanden bekennen s; ll, so möchte ich dich am liebsten dazu ausersehen. Bolli bai sie, es zu sagen. Da sprach Gudrun: Dem schuf ich die bitterste Stunde, den ich liebte aus Herzensgrunde. Nun glaube ich," erwiderte Bolli, "daß du ganz aus der Seele gesprochen hast," und er fügte hinzu, sie habe recht daran getan, ihm das zu sagen, was er gern wissen wollte.
Gudrun erreichte ein hohes Alter und so erzählen die Leute, daß sie ihr Augenlicht verloren habe Gudrun starb in Helgafell, und dort liegt begraben. 1
Gellir; Thorkels Sohn, wohnte in Helgafell bis in sein Alter, und vieles Merkwürdige wird von ihm erzählt; er kommt auch in vielen Erzählungen vor, wenn auch hier wenig von ihm berichtet wird. Er ließ eine Kirche bauen in Helgafell, sehr statt- lich, wie Arnor der Skalde der Jarle bezeugt in dem Nachrufsgedicht , das er auf Gellir gemacht bai; da spricht er deutlich hierüber.
Und als Gellir schon in ein ziemlich hohes Alter gekommen
Gellir hatte Sköfnung mit sich genommen, und das Schwert kam nicht mehr in den Besitz eines andern; es war aus dem Grabhügel des Hrolf Krake geraubt worden Und als der Tod Gellirs in Island bekannt wurde, da übernahm Thorkel, sein Sohn, das vatererbe in Helgafell; aber Thorgils, der andere Sohn Gellirs, ertrank jung 1 im Breidifjord und alle, die mit ihm auf dem Schiffe gewesen waren. Thorkel, der Sohn Gellirs , war ein sehr tüchtiger Mann und wurde gerühmt wegen seines ungewöhnlichen Wissens.
Und hiermit schließt nun die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal.