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Einleitung .. V
Die Geschichte von Erich dem Roten 1
1 Erich der Rote findet Grönland .. 3
2. Thorbjörn zieht nach Grönland .. 4
3 .Die Seherin Thorbjörg .. 7
4. Leif der Glückliche kommt nach Grönland .. 10
5. Die Seuche im Weißlingsfischerfjorde .. 13
6. Gudrid wird Thorsinns Weib .. 16
7. Thorfinns Fahrt nach Weinland .. 17
8. Thorhalls Lieder .. 20
9 Erstes Zusammentreffen mit den Skrälingern .. 21
10 . Der Kampf mit den Skrälingern .. 22
11 .Der Einfüßler tötet Thorvald .. 25
12. Bjarni kommt in einen Wurm see .. 26
13. Thorsinn fährt nach Island .. 27
Die Erzählung von den Grönländern 29
1 .Erich fährt nach Grönland .. 31
2 .Bjarni sucht Grönland .. 32
3 .Leif fährt nach Weinland .. 34
4. Tyrker findet Weintrauben .. 37
5. Thorvald fährt nach Weinland .. 39
6. Erichs Sohn Thorstein stirbt in der westlichen Ansiedelung 41
..
7. Thorfinns Weinlandfahrt 43 .. " " " .
8 .Freydis läßt die Brüder töten 46 ..
9 .von Freydis und Leif .. " 49 ..
Die Geschichte von Einar, dem Sohne Sokkis 51
1 Die Grönländer bitten König Sigurd um einen Bischof 53
2. Arnbjörn und seine Leute werden tot aufgehnden .. 55
3 .von Össur und dem Bischof.. ., 58
4 .Össurs Tod .. " - .. 59
5 .Einars Tod .. 61
6. Der Vergleich zwischen den Grönländern und den Kaufleuten .. 64
Die Geschichte der Leute aus Floi 69
1 .Jarl Atlis Tod .. 71
2 .von Ingolf und Leif.. .. 71
3. Kampf zwischen Leif und den Jarlssöhnen .. 73
4. Hallstein siedelt sich auf Island an .. 75
5 .von Loft .. 76
6. Der Streit zwischen Örn und Bödvar.. .. 76
7 .Kampf zwischen Ätti und Hrafn.. .. 78
8 .?Amo Tod .. 79
9. Thord tötet Hrafn. Seine späteren Geschicke.. .. 80
10. Thorgils tötet das Pferd Jlling .. 81
11 .Aus Thorgils' Jugend .. 82
12. Thorgils' Fahrt nach Norwegen .. 83
13. Thorgils überwindet ein Gespenst .. 85
14 .Jarl Hakon lädt Thorgils zu sich ein .. 87
15. Der Wiking Svart begehrt Olafs Schwester Gudrun . Thorgils' Traum .. 88
16 . Thorgils tötet Svart und findet eine Höhle .. 90
17 .Thorgils tötet Randvid .. 92
Von Ashild. Thorgils kehrt nach Island zurück .. 94
19. Thorgils nimmt sich Kols an .. 96
20. Thor erscheint Thorgils im Traume. Thorgils bricht nach Grönland auf .. 98
21. Thor erscheint zum zweiten Male Thorgils im Traume .. 99
22. Thorgils leidet Schiffbruch unter den grönländischen Gletschern.. .. 101
23. Thores wird ermordet .. 103
24. Thorgils kommt zu dem weißen Thorstein .. 104
25. Thorgils erlegt den Bären .. 108
26. Thorgils tötet die Wikinger .. 110
27 .Thorgils tötet Randvid .. 113
28. Thorfinns Tod .. 114
29. Thorgils in Weghöh -- .. -- .. 115
30. Helga wird Thorgils' Weib .. 116
31 .Thorgils tötet Bjalfi .. 119
32 .von Asgrim und Thorgils .. 120
33. Thorgils läßt die Klage gegen Asgrim fallen .. 122
34 Thorgils erschlägt Helgi und vergleicht sich mit dessen Brüdern .. 123
35. Thorgils' Tod .. 124
Die Geschichte von Fuchs dem Listigen 125
1. Refs Jugend und seine Fahrt nach Grönland .. 127
2. Gunnar und Bard finden Refs Festung .. 142
3. Bard erbittet Rat von König Harald .. 145
4. Ref entkommt und tötet Grani. Seine Erlebnisse in Dänemark .. 149
5. Ref überlistet Erich. Sein Tod .. 158
Die Geschichte von den Schwurbrüdern 163
l .Von Vermund .. 165
2. Thormods und Thorgeirs Jugend. Jödur erschlägt 165
3. Thorgeir tötet Jödur. Die Schwurbrüder kommen zu Sigrsljod .. o .. 168
4. Thorgeir und Thormod gehen auf Sigrsijods Auf- forderung nach Sengstätte .. 175
5. Die Schwurbrüder töten Thorbrand und Ingolf. Sigrfljod vergleicht sie mit Vermund .. 177
6. von Butraldi .. 180
7. Thorgeir streitet mit Thorgils um den Wal. Thorgeirs Übermut. Die Schwurbrüder scheiden von- einander .. 183
8. Thorgeir tötet Bjarni und Skuf. Seine Meerfahrten 186
9 .Von Thormod und Kolbak.. .. 191
10. Grima schafft Kolbak nach Norwegen.. .. 194
11 Von Thormod und Thorbjörg Schwarzbraue .. 197
12. Thorgeir erschlägt Hachsen-Snorri und dessen Knechte. Von Snorris Sohn Helgi .. 202
13. Thorgeir rächt König Olafs Hofmann. vegglags Diebstähle .. 204
14. Thorgeir ist zum letzten Male bei König Olaf in Norwegen.. .. o. .. 208
15. Thorgeir und Gaut im Lavahafen bei der Weißfuchsebene .. 211
16. Thorgeirs Genossen werden in einen Hinterhalt gelockt .. 214
17. Thorgeir wird in hartem Kampfe überwunden und getötet .. 216
18. Thormod bei König Olaf. Von Kalf und Steinolf und deren Genossen .. 218
19. Thorgeir Übermaß und Eyolf töten einander .. 221
20. Thormod und Gest fahren mit Skuf nach Grönland 223
21 .von Lodin, Sigrid und Thormod .. 226
22 .Thormod erschlägt Lodin .. 227
23. Thormod erschlägt Thorgrim. Seine Großtaten in seiner Friedlosigkeit .. 228
24. Thormods letzte Rachetaten auf Grönland. Er kehrt mit Skuf nach Norwegen zurück. Sein Tod nach der Schlacht von Stiklestait .. 242
Die Geschichte der Leute auf den Färöern 255
1. Grim Kamban kommt zu den Färöern .. 257
2. Thrand fährt nach Dänemark.. .. 257
3 .Thrands Rat .. 258
4. Sigmund und Thorir werden geboren.. .. 260
5. Gewalttaten auf den Färöern .. 261
6. Hafgrim sucht Rat bei Thrand .. 263
7 .Der Kampf .. o. .. 265
8. Rafn nimmt Sigmund und Thorir zu sich .. 267
9. von Sigmund, Rafn und Thrand .. 268
10. Von Sigmund .. 268
11 .Sigmunds Aufenthalt bei Ulf .. 270
12 .Sigmund tötet den Bären .. 271
13, Sigmund und Thorir verlassen Ulf.. .. 273
14. Thorkel erzählt Sigmund und Thorir die Geschichte seines Lebens .. 274
15 ,von Thorkel und Thoralf .. o .. 274
16. Das Ende von Thorkels Erzählung. Sigmund und Thorir kommen zu Jarl Hakon .. 276
17. Sigmund spricht mit Jarl Hakon und Svein .. 277
18 ,Sigmunds Kampf mit Randver .. 279
19 .Sigmund tötet Björn .. 282
20, Sigmunds Kampf mit Bandit .. 284
21. Ein Treffen zwischen Sigmund und Harald .. 285
22. von den Inselbewohner und Sigmund.. .. 288
23. von Jarl Hakon und Sigmund .. 289
24. Sigmund kommt zu Thrand .. 291
25. Jarl Hakon entscheidet zwischen Sigmund und Thrand 295
26. Von Thorkel Barfrost und Sigmund 296 ..
27. Sigmund treibt die Steuern auf den Färöern ein .. 297
28. Sigmund überwindet Bui .. 299
29. Sigmund kommt zu König Olaf .. 299
30. Sigmunds Fahrt, um das Christentum auf den Färöern zu verkünden .. 302
31. Thrand wird gezwungen, sich taufen zu lassen .. 304
32. Thrand will nicht zu König Olaf reisen .. 306
33. König Olaf bittet Sigmund um den Ring .. 307
34. Sigmund besucht die Jarle Svein und Erich .. 308
35. Thrands Drohungen gegen Sigmund.. 309 ..
36. Thrand greift Sigmund zweimal an .. 310
37. Sigmunds Kampf mit Thrand .. 312
38 Sigmund wird ermordet .. " ., 314
39. Die Erlebnisse der Färinger nach Sigmunds Tod 316
40. Thrand bei Thorgrim dem Bösen .. 317
41. Thora, Sigmunds Tochter, wird Leifs Weib .. 320
42. von den Färingern und König Olaf dem Heiligen 320
43. Sigurds Fahrt nach Norwegen .. 321
44. Karl von möre kommt zu König Olaf .. 325
45. Karl von möre begibt sich zu den Färöern .. 326
46. Karl nimmt das Geld .. 328
47. Karl wird erschlagen.. .. 330
48. Der vergleich wischen Thrand und der Färingern 331
49. Von Thorhall .. 334
50 .Thorhalls Tod .. 335
51. Thorvalds Tod und Gauts Hinterlist .. 337
52. Leif, Thorirs Sohn, kommt zu den Färöern .. 338
55. Sigmund erscheint Thurid Hauptwitwe .. 338
54. Kampf zwischen Arnljot und den Vettern .. 339
55. Thord wirbt um Thurid Hauptwitwe .. 341
56 . Leif und sein Weib fahrni zu Thrand .. 342
57. Leif tötet Sigurd und dessen Vettern .. 344
58. Leif herrscht jetzt allein. Thrands Tod .. 347
Nachbemerkung .. 349


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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912



Thule-Bd.13-000.5 Groenlaender u. Faerinder Geschichten. Flip arpa


Einleitung

Aus zwei sich schroff entgegenstehenden Gründen kann uns ein Kunstwerk lieb und wertvoll sein: es kann unsere Anschauungsformen bestätigen, oder es kann sie unterwühlen, erschüttern, gänzlich zerstören, uns je nach seiner Stärke lehren, die angezweifelten Normen zu vertiefen, umzubauen oder uns völlig neue an ihrer Stelle zu geben.

Während die bestätigenden Kunstwerke uns nicht nur anhalten, sondern uns durch die Befestigung des augenblicklichen Besitzes an Weitsicht sogar auch an späterem Vorwärtsdringen hindern, ziehen wir wirklichen Gewinn nur aus den zerstörend aufbauenden, die uns immer wieder die vertrauten Dinge von neuen Seiten, neugewertet zeigen, die uns immer wieder bewußt machen, daß die angewöhnte, anerlernte Anschauungsweise durchaus nicht die wahre ist; die uns zwingen, immer neue Fragen zu stellen, durch deren stete vertiefung wir Mut und Kraft erhalten, das uns Unwahre in unserer Betrachtungsweise abzustreifen und das uns in unserem letzten Wesen Wahre rein zu sehen.

Und besonders wertvoll können uns Kunstwerke sein, die ihrem ganzen Stoffinhalte, ihrer Atmosphäre nach sich so garnicht mit dem Alltäglichen berühren, die nicht — wie etwa ein moderner Roman von ganz neuer Anschauungsform — mit jeder Zeile den Widerspruch des Konventionellen in uns erregen und deshalb zerstückt quälen, statt geschlossen zu wirken.

Revolutionären Büchern unserer Zeit stehen wir eigentlich erst dann rein empfänglich gegenüber, wenn ein starkes persönliches Erlebnis uns schon vorher zum Zweifel am Hergebrachten geführt hatte. Es fällt uns schwerer, das Gewohnte mit neuen Augen zu sehen, als ganz Neues in ganz neuer Form. Und aus dem Ganzneuen ziehen sich heimlich und uns selbst unbewußt die Fäden zum Zeitlosen, Letztpersönlichen —ziehen sich, kreuzen sich, verweben sich zu einem Teppiche, der uns plötzlich in neuen Farben und Linien das Ganzvertraute von völlig neuer Seite zeigt; der uns zwingt, die alten Fragen, die wir längst beantwortet zu haben glaubten, neu zu stellen, anders, tiefer



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zu stellen, der uns ermöglicht, die frühere Lösung als Scheinlösung zu verwerfen, der uns wieder eine Strecke der großen Wahrheit näher bringt.

Als Kunstwerk dieser Art — an der Oberfläche fremd, im Grunde so nah — kann uns die isländische Saga wertvoll sein. Nicht im einzelnen Geschehnis, so unterhaltend dieses auch sein mag, sondern als geschlossene Welt, in die wir uns langsam einleben, bis sie uns völlig vertraut ist. Und dann sehen wir von dem Buche auf, sehen auf unsere eigene Welt mit erweitertem Blick, können zunächst die beiden so verschieden gearteten Welten nicht vereinen, bis wir in beide tiefer zu schauen lernen, so tief, bis zu dem Punkte; wo sie sich beide vereinen: der letzten, in kein zeitliches Kleid gehüllten Ursprünglichkeit der Menschen, unserem wahren Wesen, unserer Einsamkeit und unserer Sehnsucht, unserer Stellung zu den unendlichen Dingen.

Aus dem Reichtume der isländischen Sagaliteratur greift dieser Band diejenigen heraus, die im wesentlichen außerhalb der Heimatinsel spielen: auf Grönland, an der amerikanischen Küste und auf den Färöern. Dieser Rahmen ist nicht schematisch , denn diese Seefahrererzählungen geben ein geschlossenes Bild vom altnordischen überseeischen Handelsverkehr, dem Bestreben, , neue Länder erschließen, wobei Abenteuerlust, Forschungstrieb, Kauffahrten und Kolonialpolitik sich miteinander verquicken. Und immer wieder verstehen die Könige des norwegischen Mutterlandes, alle Fäden zu sammeln, wenn sie auch oft ihren Händen zu entschlüpfen drohen, wissen durch den Glanz des Hoflebens sogar den freiesten Helden zu imponieren und diese ihren Plänen dienstbar zu machen und gewinnen schließlich in der Kirche einen gewaltigen Machtzuwachs. Und im Laufe der Zeit hat ja die schlaue eigennützige Handelspolitik der norwegischen Könige die beiden blühenden Kolonien Island und Grönland zugrunde gerichtet.

Jene starken Männer, die so ganz von ihren eigenen Leidenschaften erfüllt waren, fühlten nicht die ordnenden Hände der geschickten Regisseure, sahen nicht, wie jede ihrer Großtaten zu einem Stücke der Kette umgeschmiedet wurde, die Grönland für



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immer, Island bis in unsere Zeit zusammenschnürte. Nicht ohne Wehmut betrachten wir diese historische Tragödie und finden dann in unseren eigenen Geschicken manche Parallele.

Wenn sich auch die Erzählungen dieses Bandes in derselben Atmosphäre abspielen, so hat doch jede wieder eigene Züge. Die Geschichte von Erich dem Roten, die von der Entdeckung und Besiedelung Grönlands, sowie der Auffindung Amerikas handelt , ist im Tone sachlich, fast trocken. Die Saga ist in der vorliegenden Form jedenfalls sehr alt und in den Hauptsachen wahr. Dagegen ist die jüngere Erzählung von den Grönländern, die von denselben Ereignissen berichtet, bunter, lebendiger. Sie gefällt sich im Anekdotenhaften und kompliziert die Charaktere . Die Erzählung von Einar, dem Sohne Sokkis, führt uns in eine spätere Periode der grönländischen Geschichte. Jetzt haben sich die Verhältnisse hier bereits konsolidiert, es findet sich schon ein eigenes, grönländisches Nationalbewußtsein. Wir können den Bericht über die Errichtung des Bischofsstuhles in Gardar mit seinen Begleiterscheinungen als historisch ansehen.

Zu den schönsten Sagas gehört die Geschichte der Leute aus Floi. Sie nimmt uns gefangen durch die leidenschaftslose Darstellung der tragischen Geschichte von Thorgils, seinen verzweifelten religiösen Kämpfen, seinen drei Gattinnen, den Leiden an der grönländischen Küste und dem harmonischen Abschlusse dieses bewegten Lebens. Und zuweilen bricht aus der Herbheit die Wärme des Menschentums in einer Weise durch, die uns unmittelbar berührt. Ein bewußter Künstler hätte den Stoff nicht schöner aufbauen können, als es in dieser absichtslosen Form geschah.

Ganz anders verhält es sich aber mit der witzigen Geschichte von Fuchs dem Listigen. Ob sie nun einen historischen Kern hat, oder frei erfunden ist — in der vorliegenden Form stellt sie jedenfalls ein Kunstprodukt dar, einen altnordischen Roman, dessen verschlagener und unglaublich kunstfertiger Held bei allen seinen Listen und Tücken offenbar von der vollen Sympathie seines Dichters begleitet ist, der ihn immerhin —als versöhnenden Abschluß — auf einer Pilgerfahrt nach Rom sterben läßt.



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Eine bestimmte Form der Erzählung stellt die Geschichte der Schwurbrüder dar: eine Skaldensaga. Sie ist von Thormods Versen durchsetzt und bringt auch in ihrer Prosa Bilder und Ausdrücke , die der Dichtersprache entlehnt sind. Was sie besonders wertvoll macht ist der Umstand, daß sie uns eines der heiligsten isländischer Güter rein übermittelt: die Männerfreundschaft. Die beiden so ganz verschieden gearteten Helden Thormod und Thorgeir schwören als Knaben einander Treue, und als später eine taktlose Bemerkung Thorgeirs das Zusammensein der Männer für immer unmöglich macht, steht doch noch das gegebene Wort des Knaben so in Kraft, daß Thormod alles aufgibt, um den Tod des Schwurbruders zu rächen. Und als er diese Pflicht erfüllt dat sucht er selbst als getreuer Skalde an der Seite seines Königs den Tod in der Schlacht. Die letzten Seiten dieser Saga gehören zu den am stärksten wirkenden, die die altnordische Literatur hervorgebracht hat.

Die Geschichte der Leute auf den Färöern führt uns in kleinere Verhältnisse. Zwei Bauerngeschlechter befehden einander, und selbst die vermittelung der norwegischen Jarle kann keinen Frieden schaffen. Der einen Sippe siebt der ränkevolle Thrand vor, der sich durch List und Lüge immer wieder aus allen Schwierigkeiten herauszuziehen weiß, der anderen der aufrechte , vornehme Sigmund, der selbst zwar ermordet wird, aber dessen Nachkommen doch den endlichen Sieg erringen.

Das sind einige Züge aus den altnordischen Geschichten, die dieser Band vereinigt. Sie sind nicht wiederzuerzählen, ohne ihren Hauch zu zerstören, der nicht in den Geschehnissen liegt, sondern in der Wertung, die diese durch die Darsteller erhalten. Der Leser wird mit dem Leben und Kämpfen dieser Menschen, ihrem verhältnis zu den Frauen vertraut werden, wird sich in den einsamen Gehöften wie auf dem Meere, im Kampfe und an den Küsten ferner Länder als einer der ihren fühlen um dann bereichert zu sich selbst zurückkehren.

Erich von Mendelssohn



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Die Geschichte von Erich dem Roten



Thule-Bd.13-003 Groenlaender u. Faerinder Geschichten. Flip arpa


1. Erich der Rote findet Grönland

Thorvald hieß ein Mann. Erich der Rote hieß sein Sohn. Vater und Sohn fuhren mehrerer Totschläge wegen von Jädern zusammen nach Island, nahmen sich Land am Hornstrande und bauten sich bei Klippenspitz an. Dort starb Thorvald. Erich nahm sich Thjodhild, die Tochter Jörunds, zum Weibe und sog nach Süden. Er rodete Land im Falkentale und wohnte auf Erichshof beim Wasserhorne.

Hier geschah es, daß Erichs Knechte Felsstücke vom Abhange lösten, so daß diese auf Valthjofs Gehöft stürzten. Einer aus Valihjofs Geschlecht, Eyolf erschlug die Knechte bei den Skeidshängen oben beim Wasserhorne. Für diese Tat erschlug Erich den Eyolf. Geirstein und Odd von Kiesbank aus Eyolfs Geschlecht trugen die Sache dem Gerichte vor. Erich wurde verurteilt, das Falkental zu verlassen. Er nahm so die Broksinsel und die Ochseninsel in Besitz und wohnte den ersten Winter bei Pfade auf der Südinsel.

Dort lieh er Thorgest seine Schlalfraumspfosten. 1 Später siedelte er nach der Ochseninsel über und wohnte auf Erichshof. Jetzt forderte er die Pfosten zurück, erhielt sie aber nicht. So bolte er sie sich selber aus Breitfarmhofen, aber Thorgest verfolgte ihn. Nicht weit vom Gehöfte Klippenspitz kam es zum Kampfe. Es sielen zwei der Söhne Thorgests und einige andere Männer. Danach sammelten sich beide große Gefolgschaft. Styr und Eyolf von der Schweinsinsel, Thorbjörn, der Sohn Vifils, und die Söhne Thorbrands aus dem Schwanenfjorde stellten sich auf Erichs Seite, aber zu Thorgest standen die Söhne Thords des Schreiers, Thorgeir aus dem Hitzachtal, Aslak aus dem Langental und Jllugi, sein Sohn.

Auf dem Thing wurden Erich und seine Gefolgschaft für fiedlos erklärt. Er rüstete sein Schiff in der Erichsbucht aus, und Eyolf verbarg ihn in der Zwillingsbucht, während Thorgest und seine Leute ihn überall bei den Inseln suchten. Erich sagte seinen Freunden, daß er im Sinne hätte, das Cand wieder aufzusuchen, das Gunnbjörn, der Sohn Ulk Krähes, sah, damals, 

1 Diese genossen ein ähnliches Ansehn wie die Hochsitzpfeiler der Hauen



Thule-Bd.13-004 Groenlaender u. Faerinder Geschichten. Flip arpa

als er westwärts über das Meer getrieben wurde und die Gunnbjörns-Schären fand. Er wolle zu seinen Freunden zu- rückkehren, wenn er dies Land wieder aufgefunden hätte. Thorbjörn und Eyolf und Styr gaben Erich bis über die Inseln hinaus das Geleit und dort schieden sie von ihm in treuster Freundschaft. Erich sagte, daß er ihnen, so weit es in seinen Kräften läge, helfen würde, wenn sie je seiner bedürften.

Erich segelte am Schneebergsgletscher vorbei aufs Meer hinaus und kam zu dem Gletscher auf Grönland, der Blaumantel heißt. Von dort fuhr er südwärts, um zusehen, ob sich bebaubares Land fände. Er verbrachte den ersten Winter auf der Erichsinsel, ungefähr in der Mitte der westlichen Ansiedlungen. Im nächsten Frühjahr fuhr er sum Erichsfjorde und ließ sich da nieder. In dem selben Sommer fuhr er zu den westlichen Einöden und gab vielen Plätzen Namen.

Er war den zweiten Winter auf den Erichsbolmen vor der Rabenspitze, aber im dritten Sommer fuhr er hoch gen Norden zum Schneeberge und in den Rabenfjord hinein. Dort glaubte er am Ende des Erichsfjordes zu sein. So wandte er um und war den dritten Winter auf der Erichsinsel an der Mündung des Erichsstordes.

Im nächsten Sommer fuhr er nach Island und kam zum Breitfjorde. Er verlebte diesen Winter bei Ingolf auf Fangplatz . Im Frühling kam es zum Kampfe mit Thorgest, und Erich unterlag. Darauf verglichen sie sich. Im selben Sommer fuhr Erich fort, um das Land zu bebauen, das er gefunden und Grönland, "das grüne Land", genannt hatte. Er sagte, die Leute würden eher Lust haben, dorthin zu ziehen, wenn das Land einen schönen Namen träge.


2. Thorbjörn zieht nach Grönland

Thorgeir, Vifils Sohn, nahm äch Arnora, die Tochter Einars vom Quellenhange, zum Weibe. Eine andere Tochter Einars hieß Hallveig. Diese vermählte sich mit Thorbjörn, Vifils Sohn, und dieser bekam mit ihr das Land vom Quellenhange auf der Höhlenebene. Dorthin zog Thorbjörn und wurde ein angesehener Mann. Er ward Gode und führte einen prachtvollen Haus



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halt. Gudrid hieß Thorbjörns Tochter. Sie war überaus schön und tüchtig in allem, was sie sich vornahm.

Ein Mann hieß Orm. Er wohnte auf Adlersfels. Er hatte ein Weib, das Haldis hieß. Orm war ein tüchtiger Bauer und Thorbjörns guter Freund. Gudrid war lange bei ihm in Pflege. Einmann hieß Thorgeir. Er wohnte bei Thorgeirsberg. Er war ein freigelassener Höriger und sehr reich. Er hatte einen Sohn, der Einar hieß. Dieser war ein stattlicher Mann, der viel gesehen hatte und der sich prächtig zu kleiden verstand. Er war Seefahrer und stand sich gut dabei. Einen Winter pflegte er immer auf Island zu verbringen und den nächsten in Norwegen. Jetzt ist von einem Herbste zu berichten, als Einar auf Island war und mit seinen Waren zur Schneebergshalbinsel fuhr, um sie dort zu verkaufen. Er kam nach Adlersfels. Orm lud ihn ein, dort zu bleiben, und Einar nahm die Einladung an, denn sie waren Freunde. Einars Waren wurden in ein Vorratshaus getragen. Einar breitete die Waren aus, zeigte sie Orm und bat ihn und seine Leute, zu nehmen, was ihnen gefiele. Orm nahm das Anerbieten an und sagte, daß Einar ein tüchtiger Kaufmann wäre und das Glück mit ihm sei. Aber während sie sich noch mit den Waren beschäftigten, ging eine Frau an der Tür des vorratshauses vorbei. Einar fragte Orm, wer die schöne Frau wäre, die eben an der Tür vorbeigegangen sei: " — nie habe ich sie früher bier gesehen." Orm sagte: "Das war Gudrid, mein Pflegekind, die Tochter des Bauern Thorbjörn vom Quellenhange." Einar sagte: "Eine gute Wahl würde sie sein, oder haben sich schon andere um sie beworben:" Orm antwortete: "Gewiß hat man sich schon um sie beworben, Freund, aber das ist nicht so leicht, denn man findet, daß sie und ihr Vater gleich vorsichtig bei der Männerwahl sind." "Dann ist es gewiß", sagte Einar, "daß sie das Weib ist, um das ich werben will, und ich wünschte, daß du bei ihrem Vater für mich sprichst, und wenn du alles, was in deinen Kräften steht, für mich tust, werde ich dich mit meiner vollkommenen Freundschaft belohnen. Der Bauer Thorbjörn muß einsehen, daß eine Versippung uns beiden zum Vorteil gereichen wird, da er ein sehr angesehener Mann



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ist und viel Land besitzt. Was aber sein bewegliches Gut betrifft, so ist mir gesagt worden, daß er nur wenig hat. Mir und meinem Vater dagegen mangelt es weder an Land, noch an barem Gelde, und am meisten gewönne Thorbjörn, wenn mein vorschlag angenommen würde." Orm antwortete: "Gewiß glaube ich dein Freund zu sein, aber doch habe ich keine Lust, diesen Auftrag zu übernehmen, denn Thorbjörn ist hochmütig und sehr ehrgeizig." Einar sagte, er wolle doch, daß seine Werbung überbracht würde. Orm sagte, es läge bei Einar, das zu bestimmen. Einar reiste wieder südwärts seinem Gehöfte zu.

Nach einiger Zeit lud Thorbjörn zu einem Herbstgelage ein, wie er es zu tun pflegte, denn er war ein sehr vornehmer Mann. Dorthin kam Orm von Adlersfels und viele andere von Thorbjörns Freunden. Orm kam mit Thorbjörn ins Gespräch und sagte, dag Einar vom Thorgeirsberg kürzlich bei ihm gewesen und ein vielversprechender Mann sei. Damit brachte Orm Einars Werbung vor. Er sagte, sie wäre in jeder Hinsicht von vorteil: —"dir, Bauer, können er und sein Vater eine große Stütze sein mit ihrem Gelde." Thorbjörn antwortete: "Den Rat habe ich nicht von dir erwartet, meine Tochter dem Sohne eines Hörigen zum Weibe zu geben. Ihr müßt wohl gesehen haben, daß mein Besitz sich vermindert, wenn ihr mir solche Ratschläge gebt. Und Gudrid soll nicht länger bei dir sein, wenn du sie einer so geringen Heirat für wert hältst." Da ging Orm nach Hause, und ebenso ging ein jeder der Gäste nach seinem Gehöfte. Gudrid blieb bei ihrem Vater zurück und war den Winter über bei ihm.

Im Frühling lud Thorbjörn seine Freunde zu sich ein. Viele Männer kamen, und es wurde ein stattliches Gelage. Und mitten im Gelage erhob Thorbjörn seine Stimme und sprach: "Hier habe ich lange seiten hindurch gewohnt. Ich habe die Zuneigung der Leute genossen und ihre Freundschaft, und gut kamen wir miteinander aus. Doch nun bin ich mit meinem Besitz in Bedrängnis gekommen. An barem Gelde fehlt es, obwohl man bis jetzt von mir vermutet hat, ich besäße große Reichtümer. Aber ich will lieber mein Gehöft ver



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lassen, als meinem Ansehn schaden, lieber aus dem Lande ziehen, als meiner Sippe Schande bereiten. Jetzt werde ich in Erfahrung bringen, ob mein Freund Erich der Rote das versprechen hält, das er uns gab, als wir im Breitfjorde von einander schieden: nach Grönland werde ich noch in diesem Sommer fahren, wenn alles so geht, wie ich wünsche."

Die Männer überraschte die Mitteilung dieses Beschlusses sehr; denn Thorbjörn hatte viele Freunde gehabt. Aber sie glaubten zu wissen, daß man Thorbjörn nicht mehr umstimmen könne, wenn er einmal etwas gesagt habe. Thorbjörn gab allen Geschenke, das Gelage wurde aufgehoben, und die Männer gingen nach Hause, ein jeder nach seinem Gehöfte.

Thorbjörn verkaufte seine Ländereien und erwarb ein Schiff, das an der Mündung des Lavahafens lag. Dreißig Männer entschlossen sich, ihn auf seiner Reise zu begleiten, darunter Orm von Adlersfels mit seinem Weibe und alle die Freunde Thorbjörns, die sich nicht von ihm trennen wollten.

Darauf stachen sie in See. Als sie fortsegelten, hatten sie günstigen Wind, aber als sie auf hoher See waren, schlug der Wind um. Sie bekamen starken Sturm und schwere Fahrt hatten sie den ganzen Sommer über. Dabei brach eine Seuche unter den Leuten aus, und Orm und sein Weib und die Hälfte der Besatzung starben. Das Meer ging immer höher. Sie litten unter Nässe und vielerlei Ungemach und erreichten Herjulfsspis auf Grönland erst beim Beginn des Winters. Dort auf Herjulfsspitz wohnte ein Mann, der Thorkel hieß. Er war ein tüchtiger Mann und ein guter Bauer. Er beherbergte Thorbjörn und alle andern vom Schiffe den ganzen Winter über. Er sorgte gut für sie. Thorbjörn und seinen Genossen gefiel der Aufenthalt sehr.


3. Die Seherin Thorbjörg

In diesem Jahre herrschte Mangel auf Grönland. Die Männer hatten wenig Beute von ihren Jagden mitgebracht, und einige waren gar nicht wiedergekommen.

Nun wohnte in der Gemeinde eine Frau, die Thorbjörg hieß. Sie war eine Seherin und wurde die kleine Völva genannt. Sie



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hatte neun Schwestern gehabt, und alle waren Seherinnen gewesen, aber nur sie allein war noch am Leben. Thorbjörg pflegte im Winter zu den Gelagen zu kommen, und besonders wurde sie von denen eingeladen, die begierig waren, ihr Schicksal oder den verlauf des Jahres zu erfahren.

Und da nun Thorkel der angesehenste Bauer war, so meinte man, daß es ihm obläge, in Erfahrung zu bringen, wann die herrschende schlechte Zeit aufhören würde. Thorkel entbot die Seherin zu sich, und für sie wurde alles aufs beste gerüstet, wie es solchen hohen Frauen gebührt. Ein Hochsitz wurde für sie errichtet und ein Polster wurde unter sie gelegt, in dem Hühnerfedern sein mußten. Als sie am Abend zusammen mit dem Manne kam, den man ihr entgegengesandt hatte, war sie so ausgestattet: einen gegürteten blauen Mantel trug sie, der bio unten zum Saume mit Steinen besetzt war. Um den Hals hatte sie Glasperlen. Eine Kappe aus schwarzem Lammfell, mit weißem Katzenfell gefüttert, hatte sie auf dem Kopfe. Einen Stab mit einem Knopf hielt sie in der Hand. Er war mit Messing eingelegt, auf dem Knopfe aber mit Sinnen. Um den Leib trug sie einen Gürtel mit Feuerzeug, und daran hing ein großer Ledersack, in dem sie die Zaubermittel hatte, die sie zu ihrer Kunst brauchte. An den Füßen trug sie rauhe Kalbfellschuhe mit langen Riemen, an deren Enden große Messingknöpfe saßen. Ihre Hände staken in Handschuhen aus Katzenfell, die innen weiß und haarig waren.

Als sie hereinkam, glaubten alle Leute sie ehrerbietig grüßen zu müssen, und sie erwiderte die Grüße, je nachdem die Leute ihr gefielen. Der Bauer Thorkel faßte die weise Frau bei der Hand und führte sie zu dem Sitz, der sie errichtet worden war. Dann bat Thorkel sie, ihre Augen über vieh und Volk und Häuser schweifen zu lassen. Sie sprach nur wenig.

Am Abend wurden Tische hingestellt; und da ist zu berichten, was für die Seherin bereitet worden war: ihr wurde Grütze aus Ziegenmilch gereicht, und für sie waren die Herzen aller Tiere angerichtet, die es dort gab. Sie hatte einen Messinglöffel, ein Messer mit Walroßzahngriff und zwei Kupferringen. Die Spitze war abgebrochen. Als die Tafel aufgehoben wurde,



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ging der Bauer Thorkel zu Thorbjörg und Sagte hie, was sie über das Haus und die Wohlfahrt der Leute dächte, oder wann er darüber die Wahrheit hören würde, wonach erste gesagt hatte, und was alle Leute zu wissen begehrten. Sie antwortete, sie könnte das nicht vor dem nächsten Morgen sagen, da sie darüber eine Nacht schlafen müßte.

Spät am nächsten Tage wurde alles das für sie hergerichtet, was sie den Zauber brauchte. Sie gebot, ihr einige Frauen herbeizuschaffen, die das Lied wußten, dessen sie bedurfte, um den Zauber zu vollenden, und das Vardlokkur heißt. Man konnte aber keine solche Frau finden. Da wurde im ganzen Gehöfte gesagt, ob nicht irgend einer das Lied wüßte. Gudrid antwortete: Ich hin weder zauberkundig, noch eine Seherin, aber meine Pflegemutter Haldis auf Island lehrte mich ein Lied, das sie das Schutzlied nannte. Thorbjörg antwortete: So bist du klüger, als ich erwartet hätte." Gudrid sagte: "Das ist ein Wissen und ein Tun, bei dem ich nicht helfen will, denn ich bin Christin." Thorbjörg antwortete: "Es verhält sich so, daß du den Leuten hier nützen könntest, ohne dadurch selbst schlechter zu werden, und ich halte mich an Thorkel um alles das zu bekommen, dessen ich bedarf."

Thorkel drang nun so lange in Gudrid, bis sie willig war, das zu tun, worum erste bat. Da setzten sich die Frauen im Kreise um den Zauberstuhl, auf dem Thorbjörg saß. Und Gudrid sang das Lied so schön, daß niemand von den Anwesenden meinte; jemals schöneren Gesang gehört zu haben. Die Seherin dankte ihr für das Lied und sagte, daß dieses viele Geister herbeigerufen hätte, die sie früher verlassen hätten, und ihr nicht mehr hätten untertan sein wollen, die jetzt aber wiedergekommen seien und das Lied schön gefunden hätten, -und viele Dinge stehen mir jetzt klar vor Augen, die früher für mich und alle andern verhüllt waren. Dir, Thorkel, kann ich sagen, daß das Mißjahr nicht länger als bis zum Winter dauern, und daß es mit dem Frühling besser werden wird. Die Seuche, die jetzt herrscht, wird auch bald verschwinden. Aber dich, Gudrid, werde ich gleich die Hilfe belohnen, die du uns gewährt hast; denn



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dein Schicksal liegt jetzt klar vor meinen Augen. Angesehen wird der Gatte sein, den du hier in Grönland bekommen wirst. Aber nicht lange wirst du dich seiner hier genen. denn deine Wege führen nach Island, und dort werden dir große und gute Nachkommen erstehen. Über ihnen strahlt so helles Licht, daß es mich blendet. So leb denn wohl, meine Tochter!" Später gingen die Leute zur Seherin, und jeder Sagte sie nach dem, wonach er am begierigsten war. Sie gab willig Antwort auf alle Fragen, und nur in wenigen Dingen hatte sie sich geirrt. Dann schickte man nach ihr von einem andern Gehöfte , und sie ging dorthin. Thorbjörn wurde jetzt geholt, denn er hatte nicht im Hause sein wollen, solange dort solch heidnisches Wesen getrieben wurde. Wie der Frühling kam, wurde das Wetter besser; wie Thorbjörg es vorher gesagt hatte. Da machte Thorbjörn sein Schiff fertig und fuhr nach Steilhang ing.

Erich begrüßte ihn herzlich und freute sich, daß er gekommen war. Thorbjörn und seine Leute blieben den Winter über bei ihm, und im Frühling gab Erich Thorbjörn Land auf Stokkaspitz , und dort baute dieser ein großes Gehöft, in dem er fürderhin wohnte.


4. Leif der Glückliche kommt nach Grönland

Erich hatte ein Weib, das Thjodhild hieß, und zwei Söhne von ihr. Der eine hieß Thorstein, der andere Leif. Beide waren tüchtige Männer. Thorstein war zu Hause bei seinem vater; und es gab keinen zweiten so begabten Mann in Grönland. Leif war nach Norwegen gesegelt und lebte beim König Olaf Tryggvason.

Als einmal Leif im Sommer von Grönland fortsegelte, wurde er nach den Hebriden verschlagen. Er mußte lange auf günstigen Wind warten, so daß der Sommer darüber hinging. Da begann Leif eine Frau zu lieben, die Thorgunna hieß. Sie war eine vornehme Frau, und Leif glaubte, daß sie sich auch auf Zauberkünste verstünde. Als sich aber Leif zur Abfahrt bereit machte, bai Thorgunna ihn, sie mitzunehmen. Leif Sagte sie, ob das der Wille ihrer Sippe wäre. Sie ant



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wartete, daß ihr das gleich sei. Leif sagte, daß er mit so geringer Mannschaft keine so vornehme Frau aus einem unbekannten Lande entführen könnte. Thorgunna antwortete ihm: "Ich glaube nicht, daß du wohlberaten bist." "Ich will es darauf ankommen lassen!" antwortete Leif. "So sage ich dir." antwortete Thorgunna, "daß ich nicht mehr allein gebe, sondern ein Kind trage und zwar von dir. Und ich glaube, daß ich einen Knaben gebären werde. Da dich das aber nicht rührt, so werde ich den Knaben groß ziehen und ihn dir nach Grönland senden, sobald er unter anderer Männern gehen kann. Ich glaube auch, daß dir dein Sohn zu ebenso großem Nutzen gereichen wird, wie jetzt unsere Trennung. Aber auch ich selbst will nach Grönland kommen, bevor ich sterbe." Er gab ihr einen Fingerring aus Gold, einen grönländischen Frießmantel und einen Gürtel aus Walroßzahn.

Dieser Knabe kam nach Grönland und wurde Thorgils genannt . Leif erkannte ihn als Sohn an, und manche Leute sagten, daß dieser Thorgils im Sommer vor den Froda Wundern 1 nach Island fuhr. Aber später war er auf Grönland , und viel Wunderliches war in seinem Wesen.

Leif und seine Leute segelten von den Hebriden fort und kamen im Herbst nach Norwegen. Leif kam an den Hof des Königs Olaf Tryggvason und wurde vom Könige mit großen Ehren behandelt, denn dieser hielt ihn für einen tüchtigen Mann. Einmal kam der König mit Leif ins Gespräch und fragte ibn:

Gedenkst du in diesem Sommer nach Grönland zu segeln:" Leif antwortete: "Das will ich wohl, wenn es Euer Wunsch ist." Der König antwortete: Ich meine, daß das wohl geschehen kann. In meinem Auftrage sollst du fahren, um das Christentum auf Grönland zu verkünden." Leif antwortete, daß er den Auftrag übernehmen wolle, aber nicht an einen Erfolg auf Grönland glaube. Der König sagte, daß niemand besser für dies Unternehmen geeignet wäre, als er: " — und 1 

Ein Blutregen um das Jahr 1000, von dem die Geschichte vom Goden Snorri erzählt



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du wirst Erfolg haben." "Nur dann wird mein Glück bei mir sein," antwortete Leis, " wenn auch Eures mich begleitet." Leif stach in See, segelte lange und kam zu einem Lande, 1 von dem er vorher nichts gewußt hatte. Dort waren Weisen äcker , die niemand bestellt hatte, Weinranken wuchsen, und Ahornbäume fand er dort. von allem nahmen sie etwas mit. Einige Bäume waren so groß, daß man sie zum Hausbau brauchen konnte. Leif fand Menschen auf einem Wrack und brachte sie nach Hause und schaffte ihnen Aufenthalt für den Winter. Er zeigte dabei Edelmut und Güte und wurde Leif der Glückliche genannt.

Er landete im Erichsfjorde und fuhr dann heim nach Steilhang, wo er mit Ehren empfangen wurde. Er verkündete unverzüglich das Christentum und den allgemeinen Glauben, überbrachte die Botschaft des Königs Olaf Tryggvason und sagte, wieviel Herrlichkeit und Freude dieser Lehre folgte.

Erich wollte nicht mehr seinen alten Glauben aufgeben, aber Thjodhild schloß sich gleich dem neuen an und ließ eine Kirche nicht zu nahe bei den Häusern bauen. Man nannte dies Haus Thjodhilds Kirche. Dort hielt sie ihre Gebete ab, und mit ihr die vielen andern, die auch das Christentum angenommen hatten. Thjodhild wollte nicht länger mit Erich zusammen sein, seitdem sie den neuen Glauben angenommen hatte, und das betrübte ihn sehr.

Nun wurde viel davon gesprochen, daß man das Land wieder aufsuchen sollte, das Leif gefunden hatte. Am eifrigsten war Erichs Sohn, Thorstein, ein guter und kluger Mann, der viele Freunde hatte. Erich wurde auch gebeten, denn seinem Glück und Verstande vertrauten die Leute am meisten. Lange weigerte er sich, aber dann gab er dem Drängen seiner Freunde nach. Sie richteten das Schiff wieder her, mit dem Thorbjörn gekommen war. Sie waren zwanzig Mann. Sie nahmen nur wenig Geld mit, aber versahen sich gut mit Waffen und Lebensmitteln.

An dem Morgen, als Erich von Hause fortritt, nahm er einen Kasten mit, der mit Gold und Silber gefüllt war, und verbarg 

1 Amerika



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das Geld und ging dann seines Weges. Und als er ein Stück Weges gekommen war, fiel er vani Pferde. Er brach einige Rippen und verletzte die Schulter und schrie: " Au, sau!" Nach diesem vorfall sandte er seinem Weibe die Botschaft, daß sie das Geld bald holen solle, das er verborgen hätte. Denn sein Unfall sei des verborgenen Goldes wegen geschehen.

Später segelten sie voll Freude aus dem Erichsfjorde fort, denn alles schien ihnen Glück zu verheißen. Sie fuhren lange auf dem Meere umher und kamen nicht in das Fahrwasser, das suchten. Sie bekamen Island zu Gesicht und Vögel von Irland. Ihr Schiff trieb so auf dem Meere bin und her. Im Herbste segelten sie zurück und waren müde und sehr erschöpft. Im Winter erreichten sie den Erichson ord. Da sagte Erich Fröhlicher ward ihr im Sommer, als ihr aus dem Fjorde fuhrt, als jetzt, und doch steht uns noch viel Freude bevor." Thorstein antwortete: Das ist jetzt die Hauptsache, den Leuten zu helfen, die sich selbst nicht helfen können, und sie für den Winter zu beherbergen." Erich antwortete: "Es verhält sich so, wie du sagst." Alle die, die keine andere Herberge hatten, zogen mit Erich und Thorstein nach Steilhang und verbrachten dort den Winter.


5. Die Seuche im Weißlingssischerfjord

Jetzt ist davon zu berichten, daß Erichs Sohn Thorstein sich um Thorbjörns Tochter Gudrid bewarb. Der Antrag wurde gern angenommen und zwar sowohl von ihr, als auch von ihrem Vater Die Hochzeit wurde beschlossen und fand im Herbste zu Steilhang statt. Ein Gelage, zu dem viele eingeladen waren, wurde veranstaltet. Thorstein besaß ein Gehöft in der westlichen Ansiedelung, das Weißlingssischerfjord hieß. Er hatte den Hof zusammen mit einem andern Mann, der auch Thorstein hieß. Sigrid dieß dessen Frau.

Im Herbst fuhren Thorstein und Gudrid zusammen nach Weißlmgssischerfjord. Sie wurden freundlich empfangen und blieben dort den Winter über.

In der Zeit geschah es, daß eine Seuche in ihr Gehöft kam. Gardi hieß der verwalter. Er war ein wenig beliebter Mana



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Ihn ergriff die Seuche zuerst. Er starb, und es dauerte nur kurze Zeit, bis die Seuche auch andere ergriff, die ebenfalls starben. Die Seuche ergriff auch Erichs Sohn Thorstein und Sigrid, das Weib des andern Thorstein.

Eines Abends wollte sie zu dem gegenüberliegenden Hause gehen. Gudrid begleitete Sigrid, und als sie sich wieder der Tür zuwandten, rief Sigrid: "Oh" . Gudrid sagte: "Wir sind unvorsichtig gewesen, denn du hast keine Widerstandskraft gegen das kalte Wetter. Laß uns so schnell wie möglich ins Haus gehen. Sigrid antwortete: Ich kann nicht weitergehen, denn dort vor der Tür sehe ich alle Toten versammelt, und unter ihnen erkenne ich auch deinen Gatten Thorstein, und erkenne mich. Schmerzlich ist solch ein Anblick." Und als das Gesicht verschwunden war, sagte sie: "Laß uns jetzt gehen, Gudrid, jetzt sehe ich sie nicht mehr.

Da war auch der verwalter verschwunden, denn vorher dünkte es ihr, daß er mit einer Peitsche in der Hand dastünde und die Versammelten schlagen wollte. Sie gingen dann hinein, und bevor der Morgen kam, war Sigrid tot. Man zimmerte einen Sarg für die Leiche.

Am selben Tage wollten die Leute hinausrudern, und Thorstein begleitete sie zum Strande. Beim Einbruch der Dunkelheit ging er hin, um ihre Jagdbeute zu sehen. Da sandte Erichs Sohn Thorstein seinem Namensbruder die Botschaft , daß er zu ihm kommen solle, und sagte, daß es dort schlecht um die Ruhe stände, denn sein Weib Sigrid wolle aufstehen und in sein Bett steigen. Und als jener hereinkam, saß sie auf der Kante des Bettes. Er hielt sie fest und schlug sie mit einer Art vor die Brust.

Erichs Sohn Thorstein starb am Abend. Der Bauer Thorstein bat Gudrid, sich niederzulegen und zu schlafen, er wolle die Nacht bei den Leichen wachen. Sie tat es. Als aber ein kleiner Teil der Nacht verstrichen war, erhob sich Erichs Sohn Thorstein und sagte, man solle Gudrid herbeirufen, denn er habe mit ihr zu reden: " —Gott will, daß uns diese Frist gegeben werde zur Erlösung und Umwandlung." Thorstein ging, suchte Gudrid auf, weckte sie und bat sie, sich zu betreuzigen



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und Gottes Hilfe zu erbitten: " —Erichs Sohn Thorstein hat mit mir gesprochen, und er will dich sehen. Geh jetzt mit dir selbst zu Rate, denn ich kann dir keinen Rat geben." Sie antwortete: "Es kann sein, daß dieses wunderbare Ereignis zu Dingen führt, deren man später gedenken wird. Ich hoffe, daß Gottes Schutz über uns stehen wird. Ich werde im vertrauen auf Gott zu ihm gehen und mit ihm reden, denn meinem Unglück könnte ich doch nicht entgehen, und ich will ungern, daß der Tote noch länger umgehe. Eine Ahnung sagt mir, daß er es sonst tun wird."

So ging Gudrid zu Erichs Sohn Thorstein, und es dünkte ihr, daß er Tränen vergoß. Er flüsterte ihr einige Worte ins Ohr, die sie allein hören konnte, aber dann sagte er so laut, daß es alle hören konnten, daß die selig wären, die treu am Glauben hielten, denn ihm folgten Gnade und Hilfe. Aber er sagte auch, daß viele es schlecht mit dem Glauben hielten: " —ist es nicht eine Schande, daß man hier auf Grönland die Toten in ungeweihter Erde unter spärlichem Gesang begräbt, da doch das Christentum hier verkündet worden ist ! Ich will, daß ihr mich und alle andern, die gestorben find, zur Kirche tragt, aber Gardis Leiche sollt ihr schleunigst auf einem Holzstoße verbrennen, denn sie enthält alle Gespenster, die im letzten Winter hier gewesen sind. Er sprach zu ihr auch über ihr eigenes Geschick und sagte, daß es ihr wohl ergehen werde, aber erbat sie; sich vor einer Heirat mit einem Grönländer zu hüten. Er hieß sie auch, ihr Besitztum der Kirche und den Armen geben, und damit sank er zum zweiten Male hin.

Es war Sitte auf Grönland gewesen, seitdem das Christentum dahin gekommen war, die Leute auf dem Gehöft, wo sie starben, in ungeweihter Erde zu begraben. Einen Pfahl stellte man ihnen auf die Brust, und wenn ein Priester kam, zog man den Pfahl heraus und goß Weihwasser hinein und sang die Grablieder, auch wenn der Tote schon lange in der Erde gelegen hatte. Die Leichen wurden in die Kirche beim Erichsfjorde gebracht, und die Priester sangen über sie die Grablieder.

Darauf starb Thorbjörn, und alles Gut fiel Gudrid zu. Erich nahm sie zu sich und war zu ihr wie ein Vater



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6. Gudrid wird Thorfinns Weib

Ein Mann hieß Thorsinn Mannessproß. Er stammte aus einem vornehmen Geschlechte und war reich an Geld. Thorun hieß seine Mutter. Thorsinn war viel auf Handelsreisen und galt für einen tüchtigen Kaufmann. In einem Sommer rüstete Thorsinn sein Schiff, um nach Grönland zu fahren. Thorbrands Sohn Snorri aus dem Schwanenfjorde begleitete ihn, und mit ihnen waren im ganzen vierzig Mann.

Ein Mann hieß Bjarni, er stammte aus dem Breitfjorde; ein zweiter hieß Thorhall, er stammte aus den Ostsiorden. Im selben Sommer wie Thorsinn rüsteten sie ihr Schiff, um nach Grönland zu fahren. Sie hatten vierzig Mann auf dem Schiffe.

Als sie mit allen vorbereitungen fertig waren, stachen sie mit zwei Schiffen in See. Es ist nicht bekannt, wie lange sie auf dem Meere waren, aber es ist zu berichten, daß beide Schiffe im Herbste im Erichsfjorde ankamen.

Erich und andere ritten zu den Schiffen, und ein lebhafter Handel fand statt. Die Steuerleute boten Erich an, von den Waren zu nehmen, was er wolle, und Erich zeigte sich auch als ein großmütiger Mann, denn er lud die Mannschaft beider Schiffe zu sich nach Steilhang ein, um dort den Winter zu verbringen. Dafür dankten ihm die Kaufleute und gingen mit ihm. Später wurden auch ihre Waren nach Steilhang gebracht. Kein Mangel war dort an großen vorratshäusern, um die Waren zu bergen.

Es gefiel den Kaufleuten, den Winter bei Erich zu verbringen. Als es aber auf Weihnachten zuging, wurde Erich schweigsamer , als man es von ihm gewohnt war. Eines Tages kam Thorsinn mit Erich ins Gespräch und Sagte: "Bedrückt dich etwas, Erich ? Mir scheint, daß du schweigsamer geworden bist. Du bist uns mit der größten Freigebigkeit entgegengekommen, und es ist unsere Schuldigkeit, dich mit allem zu belohnen, was wir besitzen. Jetzt sage aber, was der Grund deiner Betrübnis ist." Erich antwortete: "Ihr versteht gut und wie es Männern geziemt, Gaben anzunehmen. Doch will ich nicht, daß



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ihr bei unserem Handel zu kurz kommt. Dieses ist es, was mich betrübt: daß ihr, wenn ihr an andere Orte kommt und man euch fragt, antwortet, daß ihr nie ein schlechteres Weihnachtsgelage gehabt habt als bei Erich dem Roten zu Steilhang in Grönland ." Thorsinn antwortete: "Fürchte das nicht. Wir haben auf dem Schiffe Malz und Korn, und es steht bei euch, davon zu nehmen, wenn ihr es wollt, um ein Gelage zu veranstalten, wie es einem vornehmen Manne gebührt." Erich dankte ihm, und ein Weihnachtsgelage wurde veranstaltet, so prächtig, wie es die Männer in einem so armen Lande nicht für möglich gehalten hatten.

Als Weihnachten vorüber war, bewarb sich Thorsinn bei Erich um Gudrid, weil sie ihm wohlgebildet und voll Kunstfertigkeit ;u sein dünkte. Er meinte; daß dieser Gewalt über die Frau hätte. Erich antwortete, daß er gern den Antrag annähme, da sie eines guten Gatten wert sei. Sie möge ihrem Geschicke folgen, denn er habe nur Gutes über Thorsinn vernommen. Und so geschah es, daß Gudrid Thorsinn verlobt und die Hochzeit mit einem großen Gelage gefeiert wurde. viel Freude war in diesem Winter zu Steilhang.


7. Thormanns Fahrt nach Weinland

In jenem Winter fanden viele Unterhaltungen zu Steilhang statt. Man spielte Brettspiele, Sagen wurden erzählt, und manche andere vergnügungen wurden veranstaltet. Da beschlossen Thorsinn und Snorri, nach Weinland zu fahren, rüsteten ihr Schiff aus und gedachten im Sommer in Weinland zu sein. Zu dieser Fahrt entschlossen sich auch Bjani und Thorhall mit ihrem Schiffe.

Ein Mann hieß Thorvard, er hatte Erichs natürliche Tochter Freydis zum Weibe. Er begleitete die Männer; und ebenso Erichs Sohn Thorvald und Thorhall, den man den Jäger nannte. Dieser hatte lange Erich bei dessen sommerlichen Jagdzügen begleitet, und im Winter war er Erichs vogt gewesen. Thorhall war ein großer Mann mit schwarzem Haare. Er glich einem Riesen. Er war schweigsam, und wenn er sprach, waren es böse Worte, und er trieb auch immer Erich zu schlechten



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Taten an. Er war ein schlechter Christ, seitdem der Glaube nach Grönland kam. Er wurde von wenigen geliebt, aber Erich hatte ihn gern.

Er war mit Thorvard und Thorvald auf einem Schiffe, denn er war der Einöden kundig. Sie hatten das Schiff, mit dem Thorbjörn nach Grönland gekommen war. Sie schlossen sich Thorsinn und seinen Leuten an, und die meisten von ihnen waren Grönländer. Im ganzen waren hundertundvierzig Mann auf den Schiffen. Sie segelten so nach der westlichen Ansiedelung und von da nach der Bäreninsel. von dort segelten sie zwei Tage in südlicher Richtung. Sie fanden ein Cand, ruderten in Booten hin und untersuchten das Land- Sie fanden dort viele flache Steine, von denen manche so breit waren, daß sie Raum für zwei Männer boten. Es gab da auch viele Füchse. Sie nannten das Land: Flachsteinland. Von dort segelten sie zwei Tage in südlicher Richtung weiter, und dann lag Land vor ihnen, das mit großen Wäldern bedeckt war, in denen sich viele Tiere fanden. Eine Insel lag im Südosten des Landes, und da töteten sie einen Bären und nannten die Insel Bäreninsel. Das Land aber nannten sie Markland, der Wälder wegen. Als sie wieder zwei Tage lang gesegelt waren, sahen sie Land und fuhren dann weiter die Küste entlang, bis sie an eine Halbinsel kamen. Sie hatten das Land an Steuerbordseite, und zwar lagen dort lange Sandstrecken, und keinen Hafen zeigte die Küste. Sie fuhren im Boot ans Land und fanden auf der Halbinsel einen Schiffskiel und nannten deshalb die Halbinsel Kielspitz.

Die Küste nannten sie Wunderkünste; weil man an ihr solange entlang segelte. Da schnitten Buchten in das Land, und sie brachten das Schiff in eine derselben.

Nun verhielt es sich so, daß Leif, damals, als er beim Könige Olaf Tryggvason war, und der König ihm den Auftrag gab, das Christentum auf Grönland zu verkünden, vom Könige zwei schottische Leute bekam. Der Mann hieß Haki und die Frau Hekja. Der König batie Leif gebeten, diese Leute mit sich zu nehmen, für den Fall, daß er schnelle Läufer brauchte, denn diese beiden waren schneller als Hirsche. Diese Leute



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waren auf Thorsinns Schiff. Als man nun an der Wundergäste vorbeigesegelt war, setzte man diese beiden ans Land und bat sie. nach Süden ins Land zu laufen, seine Fruchtbarkeit zu untersuchen und wiederzukommen, bevor drei Tage vergangen wären Diese Leute trugen ein Kleid daß sie Biafal nannten und das so beschaffen war: oben war eine Kappe, und an beiden Seiten war es offen und hatte keine Ärmel, aber zwischen den Beinen war es durch einen Knopf und eine Schlinge zusammengehalten. Sonst waren die Leute nackt.

Sie blieben die verabredete Zeit fort, und als sie wiederkamen , hatte der eine Weintrauben in der Hand, und der andere eine Weizenähre. Man nahm sie auf das Schiff und segelte weiter und kam in einen Fjord. vor ihm lag eine Insel, um die viele Ströme flossen. Sie nannten die Insel Strominsel. Es waren auf der Insel so viele Eidervögel, daß man ihrer Eier wegen kaum die Füße niedersetzen konnte. Sie fuhren tief in den Fjord hinein und nannten ihn Stromfjord. Dann trugen sie die Ladung von den Schiffen ans Land und bauten äch dort an. Sie hatten alle Arten Vieh mit sich. Sie sahen sich das neue Land an. Berge waren dort, und alles, was sie sahen, war schön. Sie taten nichts anders, als das Land untersuchen . Es hatte einen reichen Pflanzenwuchs.

Sie blieben den Winter über dort. Der Winter war streng. Sie hatten im Sommer keinen vorrat gesammelt, und es wurde knapp mit den Lebensmitteln, und die Jagd ergab nichts. So fuhren sie zur Insel und hofften, daß sie dort etwas Jagdbares oder an Land Getriebenes finden würden. Doch da war wenig zu finden, nur um ihr vieh stand es gut. Da baten sie Gott, ihnen Lebensmittel zu senden, aber das geschah nicht so schnell, wie es ihnen lieb gewesen ware.

Plötzlich verschwand Thorhall, und drei Tage suchte man ihn. Am vierten Tage fanden ihn Thorsinn und Bjarni allein auf einer Klippe sitzen. Er starrte in die Luft, sperrte Augen und Mund und Nase auf, kratzte sich, und kniff sich mit den Nägeln und murmelte etwas. Sie Sagten,



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was er dort wolle. Er antwortete, daß sie das nichts anginge und bat sie, sich nicht zu verwundern, da er alt genug sei, um selbst für sich zu sorgen. Sie baten ihn, mit ihnen nach Hause zu gehen, und er tat es. Etwas später wurde ein Walfisch angetrieben, und die Männer gingen hin und zerlegten ihn, doch niemand wußte, was das für ein Walfisch war. Thorsinn wußte Walfische wohl zu unterscheiden, und doch kannte er diese Art nicht. Diesen Walfisch bereiteten sie zu und aßen davon, und es wurde ihnen allen übel. Da sagte Thorhall: "Ist es nicht so, daß sich der rotbärtige Thor zuverlässiger gezeigt hat, als euer Christus : Das habe ich für mein Lied bekommen, das ich auf meinen Schutzgott gedichtet habe. Selten hat er mich im Stich gelassen." Als die Männer das vernahmen, warfen sie den ganzen Walfisch ins Meer und richteten ihre Gebete an den gütigen Gott. Im Frühling gingen sie in den Stromfjord hinein. Sie jagten Tiere auf dem Lande. Auf der Insel aber gab es Eier und Fische im Meer.


8. Thorhalls Lieder

Jetzt sprachen sie miteinander, wie sie ihre Reise fortsetzen sollten. Thorhall der Jäger wollte nördlich von der Wunderküste und an Kielspitz vorbei fahren, um Weinland zu suchen, aber Thorsinn wollte nach Süden und um die Ostküste fahren, denn ihm schien das Land im Süden immer besser zu werden, und es dünkte ihm ratsamer zu sein, beides zu untersuchen. Thorhall machte sein Schiff bei der Insel segelfertig und hatte nicht mehr als neun Mann bei sich. Alle andern folgten Thorsinn. Und eines Tages, als Thorhall Wasser auf sein Schiff trug, trank er und sagte dieses Lied: "

Träger eiserner Waffen
Sagten als ich hier her kam,
Lästern darf ich dies Land —
Mein sei das beste Getränk.
Ärmlichen Kahn steuert
Schwertgewohnter Krieger,
Jetzt ist es so, daß ich knie an der Ouelle.
Kein Wein kam über meine Lippen."


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Dann segelten sie hinaus, und Thorsinn begleitete sie bis zu den Inseln. Bevor sie die Segel aufzogen, sagte Thorhall dieses Lied:

Laßt uns wieder dorthin wenden,
Wo die Freunde uns wohnen.
Falkengleich mag das Schiff
Breites Meer durchfahren.
Während eisige Krieger
Loben das öde Land,
Fleisch vom Walfisch sich bereiten.
Wunderküste ist ihr Heim."

Dann nahmen sie Abschied voneinander, und Thorhall segelte nordwärts an der Wunderküste und an Kielspitz vorbei und wollte sich dann nach Westen wenden. Da war der Wind ihnen entgegen und trieb sie nach Irland, wo sie geschlagen und zu Knechten gemacht wurden. Dort ließ Thorhall sein Leben, nach dem, was Kaufleute berichtet haben.


9. Erstes Zusammentreffen mit den Skrälingern

Thorsinn Mannessproß fuhr südwärts an der Küste entlang zusammen mit Snorri und Bjarni und anderen aus deren Gefolgschaft. Sie segelten lange, bis sie an einen Fluß kamen, der hoch vom Lande her kam und durch einen See ins Meer floß. An der Flußmündung lagen so viele Sandbänke, daß man nur bei Hochflut in den Fluß hineinfahren konnte. Da segelten Thorsinn und seine Genossen in die Flußmündung hinein und nannten das Land Strandsee. Dort fanden sie Weizenfelder, die niemand bestellt hatte. In den Niederungen aber waren auf allen Hügeln Weinstöcke, und jeder Bach war voll von Fischen. Dort, wo die Flut am Strande ihren höchsten Stand erreichte, machten sie Gruben, und wenn die Flut fiel, waren Heilbutten in den Gruben. In den Wäldern waren Tiere der verschiedensten Art.

Sie waren einen halben Monat dort, vergnügten sich und bemerkten nichts Besorgnisemegendes. Ihr Vieh hatten sie sich. Aber als sie eines Morgens früh um sich schauten,



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sahen sie neun Lederkähne, und Stangen wurden auf den Kähnen geschwungen. Das klang wie das Dreschen von Korn, und man schwang die Stangen mit der Sonne. Da sagte Thorsinn: "Was mag das bedeuten:" Snorri antwortete ihm: vielleicht sind es Friedenszeichen. Laßt uns einen weißen Schild nehmen und ihnen entgegentragen." Und das taten sie. Da ruderten ihnen jene entgegen, wunderten sich und stiegen ans Land. Es waren kleine Leute. Sie sahen bösartig aus, und auf dem Kopfe hatten sie struppiges Haar. Ihre Augen waren groß und ihre Backen breit. Sie blieben eine Weile voll verwunderung stehen und ruderten dann südwärts fort und um die Halbinsel herum.

Thorsinns Leute hatten sich oberhalb des Sees niedergelassen und zwar einige nabe am See und andere entfernter. Nun blieben sie diesen Winter über dort. Es fiel dort gar kein Schnee; und das vieh ging im Freien, aich selbst Nahrung suchend.


10. Der Kampf mit den Skrälingern

Als der Frühling kam, konnten sie eines Morgens früh sehen, daß von Süden ber viele Lederkähne uni die Halbinsel herum herangerudert wurden, so viele, daß es wie treibende Koblenstücke aussah, und auf jedem Kahne wurden Stangen geschwungen . Da schwangen sie ihre Schilde; und als sie zusammenkamen, fingen sie an, miteinander zu handeln, und die Leute wollten am liebsten rotes Tuch kaufen. Sie gaben dafür Felle und Grauwerk. Sie wollten auch Schwerter und Spieße kaufen, aber das ließen Thorsinn und Snorri nicht zu. Sie gaben ein unverblichenes Fell für ein Stück Tuch. Für ein ganzes Fell erhielten sie ein spannenlanges Stück Tuch und banden sich dies uni den Kopf. Und so ging das eine Weile. Als das Tuch zu Ende ging, schnitten die Grönländer es in Streifen, die nicht breiter als ein Finger waren. Die Wilden gaben ebensoviel dafür oder noch mehr.

Da geschah es, daß ein Stier, der den Leuten Thorfinns gehörte , aus dem Walde herauslief und laut brüllte. Das erschreckte die Wilden so, daß sie zu ihren Kähnen liefen und



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nach Süden der Küste entlang fortruderten. Man sah sie drei Wochen lang nicht mehr.

Als aber diese Zeit verstrichen war, sah man von Süden her viele Boote der Wilden kommen und in einer solchen Menge, daß es wie ein Strom aussah. Die Stangen wurden gegen die Sonne geschwungen, und alle Wilden heulten laut. Da nahmen die Leute Thorsinns rote Schilde und trugen diese ihnen entgegen. Die Wilden sprangen aus ihren Kähnen. Dann trafen sie aufeinander und kämpften. Es fiel ein scharfer Schußregen. Die Wilden hatten auch Schleudern. Thorsinn und Snorri sahen, daß die Wilden eine Kugel auf die Stangen hoben, die fast so groß wie ein Schafsmagen war und blau aussah, und sie von den Stangen auf Thorsinns Leute schleuderten Es klang unheilverheißend, als sie niederfiel. Hierüber erschraken Thorsinn und sein Gefolge sehr, sodaß sie nach nichts anderem gelüsteten, als flußaufwärts zu flüchten, denn sie glaubten zu sehen, daß Scharen der Wilden von allen Seiten her kämen. Sie hielten erst an, als sie einige Klippen erreicht hatten. Dort boten sie harten Widerstand.

Freydis kam heraus und sah, daß Thorsinn und seine Genossen flüchteten. Sie rief: "Warum lauft ihr vor so verächtlichen Wichten fort, ihr trefflichen Männer: Mir scheint, ihr müßtet sie wie Vieh täten können, und wenn ich Waffen trüge, würde ich sie gewiß besser führen können, als irgend jemand von euch." Sie gaben nicht acht auf das, was sie sagte. Freydis wollte ihnen folgen, aber sie konnte nur langsam gehn, denn sie war schwanger. Doch ging sie ihnen in den Wald nach, aber die Wilden verfolgten sie. Sie fand vor sich einen toten Mann, Thorbraud, Snorris Sohn, und ein flacher Stein stak ihm im Kopfe. Das Schwert lag bei ihm, und sie hob es auf und bereitete sich vor, sich damit zu wehren. Da kamen die Wilden auf Freydis zu. Sie zog die Brüste unter dem Hemde hervor und schlug mit dem flachen Schwerte daran. Die Wilden entsetzten sich darüber, tiefen auf ihre Schiffe und nahmen ihren Weg. Thorsinn und seine Genossen kamen zu Freydis und priesen ihr Glück.

Von Leuten waren zwei gefallen, aber vier der Wilden.



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Doch waren Thorsinns Leute von der Übermacht überwältigt worden. Sie gingen nun zu ihren Wohnungen und überlegten, wer die vielen Männer gewesen sein mochten, die sie auf dem Lande angegriffen hatten. Sie glaubten jetzt, daß nur die dort gewesen wären, die von den Schiffen gekommen waren, die andern Leute aber nur eine Augentäuschung gewesen seien.

Die Skrälinger fanden auch einen toten Mann, neben dem eine Art lag. Einer von ihnen nahm die Art auf und hieb in einen Baum, und ebenso taten die andern. Die Art dünkte ihnen ein großer Schatz zu sein und gut zu schneiden. Darauf nahm einer sie und schlug gegen einen Stein, und sie zersprang, Da dünkte sie ihm wertlos zu sein, da sie zerbrechlich war, und er warf sie fort.

Thorsinn und seine Leute glaubten nun zu sehen, daß das Land wohl zum Anbau gut wäre, sie aber dort Unfrieden haben und immer in Angst sein würden vor denen, die dort vor ihnen gewohnt hatten. Darauf brachen sie auf und wollten nach ihrer Heimat zurückkehren. Sie segelten nach Norden und fanden fünf Wilde in Fellkleidern schlafend. Die hatten Gefäße, die eine Mischung von Tiermark und Blut enthielten. Sie meinten, jene müßten aus ihrem Lande verbannt worden sein. Sie erschlugen sie. Dann kamen sie an eine Halbinsel, und dort waren viele Tiere, so daß die Halbinsel wie ein Misthaufen aussah, wenn die Tiere dort in der Nacht lagen. Sie kamen nun zum Stromfjord und hatten dort an allem Überfluß, Nun sagen manche Leute, daß Bjarni und Gudrid mit hundert Leuten zurückgeblieben und nicht weitergekommen wären, daß aber Thorsinn und Snorri mit vierzig Mann nach Süden gefahren und nicht länger in Strandsee gewesen seien als zwei Monate und im selben Sommer zurückgekommen wären. Thorsinn fuhr mit einem Schiff fort, um den Jäger Thorhall zu suchen, aber die andern blieben zurück. Sie fuhren nordwärts nach Kielspitz und wurden dann nach Westen getrieben. . Land lag links vom Schiffe. Dort waren nur öde Wälder, und als sie lange gefahren waren, kam ein Fluß vom Lande und floß von Osten nach Westen. Sie fuhren in die Mündung hinein und legten am südlichen Ufer am



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11. Der Einfüßler tötet Thorvald

Da geschah es eines Morgens, daß Thorsinn und seine Leute in einer Lichtung einen glänzenden Fleck sahen, und sie liefen dort hin. Er bewegte sich, und es war ein Einfüßler, der sich nach dem Flußufer schob, an dem sie lagen. Der Sohn Erichs des Roten, Thorvald, saß am Steuer. Da schoß ihm der Einfüßler einen Pfeil in den Leib. Thorvald zog den Pfeil heraus und sagte: "Fett haben wir um die Eingeweide. Ein gutes Land haben wir gefunden, doch wenig Freude wird es uris bereiten." Bald darauf starb Thorvald an dieser Wunde. Der Einfüßler lief nordwärts. Thorsinn und seine Leute verfolgten ihn und sahen ihn zuweilen, doch zuletzt verschwand er in einer Bucht. Da wandten sie sich um, und ein Mann sagte dieses Lied:

"Männer folgten
—Wahr ist dies —
Dem Einfüßler
Bis an die Küste.
Ein seltsamer Mann
Suchte die Flucht.
Groß war sein Eifer.
Hör dies, Mannessproß!"

Sie fuhren dann fort und glaubten, das Einfüßlerland zu sehen. Sie wollten sich aber keiner weiteren Gefahr aussetzen. Sie meinten, dieselben Berge zu sehen, die bei Strand see waren, und daß es von beiden Orten gleichweit bis zum Stromfjorde sein müsse. Sie fuhren zurück und verbrachten den dritten Winter im Stromfjorde. Die Männer entzweiten sich sehr, und das geschah der Weiber wegen, denn die Unverheirateten bedrängten die Frauen der Verheirateten.

Im ersten Herbst war Thorsinns Sohn Snorri geboren, und der war drei Winter alt, ab sie fortfuhren. Sie hatten Südwind, als sie von Weinland fortfuhren, kamen nach Markland und fanden fünf Wilde. Einer von ihnen hatte einen Bart, und bei diesem waren zwei Frauen und zwei Kinder. Thorsinns Leute nahmen die Knaben, aber die andern entkamen und versanken in die Erde.



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Die Knaben aber nahmen sie mit sich und lehrten sie die Sprache und ließen sie taufen. Sie nannten ihre Mutter Vätildi und ihren Vater Vägi. Sie sagten, daß ihr Land von zwei Königen regiert würde, der eine hieß Avaldamon und der andere Valdidida. Sie sagten, daß es dort keine Häuser gebe, und daß die Leute in Höhlen oder Löchern schliefen. Sie sagten auch, daß auf der andern Seite ihres Landes ein Land läge, wo die Leute weiße Kleider anhatten, laut schrieen und Stangen trügen. Das, meinten die Leute, müßte dav Land der weißen Männer gewesen sein, oder das große Irland.

Nun kamen sie nach Grönland und verbrachten den Winter bei Erich dem Roten.


12. Bjarni kommt in einen Wurmsee

Bjarni, Grimolfs Sohn, wurde in das grönländische Meer getrieben und kam in einen Wurmsee. Sie merkten es erst, als das Schiff von den Würmern zerfressen war. Sie berieten sich, was zu tun wäre. Sie hatten ein Boot; dessen Bretter mit Seehundstran angestrichen waren, und man sagt, daß die Würmer solches Holz nicht angreifen. Sie gingen in das Boot, aber als sie sahen, daß es nicht groß genug für sie alle war, sagte Bjarni: "Da das Boot nicht mehr als die Hälfte bergen kann, so ist es mein Rat, daß man nach dem Los entscheide wer im Boot mitfährt und nicht nach dem Ansehen." Das dünkte allen ein mannhaftes Angebot zu sein, und niemand widersprach. Sie folgten Bjarnis vorschlag, und es fügte sich, daß Bjarni mit im Boot fahren sollte und mit ibm die Hälfte der Mannschaft.

Als sie im Boot waren, sagte ein junger Isländer, der auf dem Schiffe zurückgeblieben war: "Willst du von mir scheiden, Bjarni" Bjarni antwortete: "Ja, so muß es jetzt sein." Jener sagte:"Andere Antwort gabst du meinem Vater als ich von Island mit dir ging. Ein Geschick sollte uns beide treffen." Bjarni sagte: "So sei es denn: geh du ins Boot und ich bleibe auf dem Schiffe, da ich sehe, wie gern du dein Leben retten willst und den Tod so sehr scheust." Der Mann ging ins Boot und Bjarni auf das Schiff, und die meisten Leute glaubten, daß



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Bjarni und seine Leute im Wurmsee untergegangen seien, denn niemand hat mehr von ihnen gehört. Aber das Boot fuhr mit den andern Leuten seinen Weg, und sie kamen ans Land und berichteten dies alles.


13. Thorsinn fährt nach Island

Im nächsten Sommer fuhr Thorsinn nach Island und sein Weib Gudrid mit ihm, und er begab sich nach Hause zum Rauchspitz. Seine Mutter meinte, er habe eine geringe Heirat gemacht, und deshalb war sie den ersten Winter nicht zu Hause. Aber später dünkte ihr Gudrid ein tüchtiges Weib zu sein, und so kam sie zu ihnen, und sie lebten gut zusammen.

Und somit schließt diese Saga.



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Die Erzählung von den Grönländern



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1. Erich fährt nach Grönland

Thorvald hieß ein Mann. Er und sein Sohn Erich der Rote fuhren Totschläge wegen von Jädern nach Island. Damals war Island weithin bewohnt. Sie bauten sich zuerst auf Klippenpitz heini Hornstrande an. Dort starb Thorvald. Erich nahm sich Thorhild, die Tochter Jörunds, zum Weibe. Der Sohn Erichs und Thorhilds hieß Leif. Erich zog dann südwärts und wohnte auf Erichshof beim Wasserhorne. Aber nach dem Totschläge an Eyolf und dem Zweikampfe mit Hrafn wurde Erich aus dem Falkentale verbannt. Er fuhr westwärts zum Breitfjorde und wohnte auf der Ochsentnsel im Gehöfte Erichshof. Dort lieh er Thorgest seine Hochsitzsäulen und erhielt sie nicht zurück, als erste verlangte. So kam es zu Streit und Kampf zwischen Erich und Thorgest, wovon in der Erichssaga berichtet wird. Styr, Thorgrims Sohn, Eyolf von der Schweineinsel , die Söhne Thorbrands aus dem Schwanenfjorde und Thorbjörn, vifils Sohn, standen Erich bei. Aber zu Thorgest hielten Thord des Schreiers Söhne und Thorgeir aus dem Hitzachtale. Erich wurde auf dem Thorsnes-Thing fiedlos erklärt. Er rüstete da ein Schiff in der Erichsbucht zur Meerfahrt aus. Als er damit fertig war, begleiteten ihn Styr und seine Freunde bis über die Inseln hinaus., Erich sagte ihnen, daß er das Land wieder aufsuchen wolle, das Gunnbjörn, der Sohn Ulf Krähes, sah, als er von Island westwärts übers Meer getrieben wurde und die Gunnbjörns- Schären fand. Er sagte, er wolle zu seinen Freunden zurück kehren , sobald er dies Land wieder gefunden hätte.

Erich segelte von Island vom Schneebergsgletscher aus fort. Er fand das Land und legte an der Stelle an, die er Mittelgleischer nannte und die jetzt Blaumantel heißt. Er fuhr von dort südwärts an der Küste entlang, um zu sehen, ob sich dort bebaubares Land fände.

Er verbrachte den ersten Winter auf der Erichsinsel ungefähr in der Mine des jetzt bewohnten Teiles der Ostküste. Im Frühling darauf fuhr er zum Erichsfjorde und baute sich dort an. Im selben Sommer fuhr er zu den westlichen Einöden



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und gab vielen Plätzen Namen. Den zweiten Winter verbrachte er auf Erichsholm bei der Rabenspitze. Im nächsten Sommer fuhr er hoch in den Norden nach dem Schneeberge und in den Rabenfjord hinein. Dort glaubte er am Ende des Erichsfjordes zu sein. Er wandte um und verbrachte den dritten Winter auf der Erichsinsel an der Mündung des Erichsstordes.

Im Sommer darauf fuhr er nach Island und kam mit seinem Schiff zum Breitfjorde. Er nannte das Land, das er gefunden hatte, Grönland, das heißt das grüne Cand. Er sagte nämlich, es würde die Leute mehr dorthin locken, wenn das Land einen schönen Namen trüge.

Erich blieb den Winter über auf Island. Im Sommer darauf fuhr er nach Grönland, um das Land zu besiedeln, und wohnte zu Steilhang im Erichsfjorde.

Kundige Männer sagen, daß in diesem Sommer fünfundzwanzig Schiffe aus dem Breitfjorde und dem Borgfjorde nach Grönland fuhren. Aber nur vier ebu kamen dorthin, einige wurden zurückgetrieben und einige gingen unter. Dies geschah fünfzehn Winter, bevor das Christentum gesetzlich auf Island eingeführt wurde.


2. Bjarni sucht Grönland.

Herjulf hieß Bards Sohn. Er gehörte zum Geschlecht Ingolfs, der Islands erster Besiedler gewesen war. Ingolf gab Hjerulf und seinen Leuten Land zwischen Bog und Rauchspitz. Herjulf wohnte zuerst auf Schlagstock. Thorgerd hieß sein Weib und Bjarni ihr Sohn. Dieser war ein vielversprechender junger Mann. Schon in jungem Alter hatte er Lust zu Reisen, und er gewann Gut und Ehre dabei. Einen Winter verbrachte er immer im Ausland und den nächsten bei seinem Vater Bald besaß Bjarni selbst ein Schiff,

Im letzten Winter, den er in Norwegen verbrachte, brach Herjulf zur Grönlandsfahrt mit Erich auf und verließ sein Gehöft. Bei Herjulf auf dem Schiff war ein Mann von den Hebriden, der Christ war, und erdichtete das Meerwogenlied, in dem diese Stelle vorkommt:



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Milder Prüfer der Mönche
Fördere unsere Fahrt:
Herrscher des hohen Himmels,
Halt über uns deine Hand!

Herjulf ließ sich auf Herjulfsspitz nieder, er war ein sehr vornehmer Mann.

Erich der Rote wohnte in Steilhang. Er war der angesehenste Mann, und alle verehrten ibn. Außer Leif wurden ihm die Söhne Thorvald und Thorstein geboren, und Freydis hieß seine Tochter. Sie war das Weib eines Mannes, der Thorvard hieß. Sie wohnten in Gardar, wo jetzt der Bischofsitz ist. Sie war sehr anmaßend, aber Thorvard war ein schwacher Mann, und sie hatte ihn nur seines Reichtums wegen genommen. Zu der Zeit waren die Leute auf Grönland noch Heiden.

In dem Sommer; nach dem Frühling, in dem sein Vater fortgesegelt war, kam Bjarni nach Eyrar. Die Nachrichten, die er empfing, dünkten ihm wichtig zu sein und er wollte seine Ladung nicht löschen lassen. Da fragte ihn seine Mannschaft, was er im Sinne hätte, und er antwortete. er wolle an seiner Gewohnheit festhalten und den Winter bei seinem Vater verbringen: — "nach Grönland will ich fahren, wenn ihr mir Folge leisten wollt." Alle sagten, daß sie ihm folgen wallten. Da sagte Bjarni "Unweise wird allen unsere Fahrt dünken, da keiner von uns im grönländischen Meere gewesen ist. Aber sie stachen doch in See und segelten drei Tage, bis das Land im Wasser versunken war. Da legte sich der günstige Wind, und sie bekamen Nordwind und Nebel, so daß sie nicht wußten, wo sie waren, und das dauerte mehrere Tage. Dann konnten sie die Sonne wieder sehen und die Himmelsrichtungen feststellen. Sie hißten die Segel und segelten diesen Tag und noch eine Nacht und sahen dann Land. Sie sprachen miteinander, was ein Land das sein mochte, aber Bjarni sagte, es könnte nicht Grönland sein. Sie fragten ihn, ob er zum Lande segeln wolle, oder nicht. Er antwortete: "Ich meine, wir sollten näher an das Land heranfahren." Das taten sie und sahen bald, daß das Land flach und mit Wald bewachsen war und daß sich kleine Hügel darauf fanden. Sie ließen das



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Land an Backbordseite liegen und drehten die Schote dem Lande zu. Dann segelten sie zwei Tage und sahen wieder Land. Sie Sagten Bjarni, ob er glaube, daß dies Grönland sei. Er sagte, auch dies Land wäre kaum Grönland, denn dort sollten große Gletscher sein. Sie kamen dem Lande bald näher und sahen, daß es flach und waldbewachsen war. Der günstige Wind legte sich, und die Schiffsleute meinten, es wäre am ratsamsten, hier anzulegen, aber Bjarni wollte das nicht, obgleich sie Mangel an Brennholz und Wasser litten. "Ihr seid mit allem wohlversorgt," sagte Bjarni. Obgleich ihm von seinen Leuten widersprochen wurde, gebot er, die Segel zu hissen, und als dies geschehen war, wandten sie sich vom Lande ab, segelten bei Südwestwind drei Tage und sahen dann zum dritten Male Land. Aber dieses Land war hoch und mit Bergen und Gletschern bedeckt. Sie Sagten Bjarni, ob er hier landen lassen wolle, aber er antwortete: "Nein. Wenig verlockend scheint mir dies Land zu sein." Sie zogen ihre Segel nicht ein, sondern fuhren am Lande entlang und sahen, daß es eine Insel war. Sie wendeten das Schiff und fuhren bei dem gleichen Winde wieder aufs Meer hinaus. Aber der Wind nahm zu, und da gebot Bjarni, die Segel einzuziehen, auch nicht stärker zu segeln, als Schiff und Tauwerk halten konnten. Sie segelten vier Tage und sahen dann um vierten Male Land. Sie Sagten Bjarni, ob er glaube, daß dies Grönland sei oder nicht. Bjarni antwortete: "Dies Land gleicht dem am meisten, was mir von Grönland berichtet worden ist, und hier müssen wir landen." Das taten sie und landeten am Abend an einer Landzunge.

An der Landzunge lag ein Boot; und Bjarnis Vater Herjulf wohnte bei der Landzunge, nach dem sie später Herjulfsspitz genannt wurde. Bjarni ging zu seinem Vater, gab das Segeln auf und blieb bei ihm, solange dieser lebte. Er wohnte auch noch nach dessen Tode dort,


3. Leif fährt nach Weinland

Jetzt ist zu berichten, daß Bjarni, Herjulfs Sohn, von Grönland nach Norwegen fuhr und zu Jarl Erich kam, und daß



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der Jarl ihn freundlich empfing. Bjarni erzählte von seinen Fahrten und daß er neue Länder gesehen habe, und die Männer meinten, daß er wenig neugierig gewesen sein müsse, da er nichts von diesen Ländern zu erzählen wüßte, und deshalb tadelten sie ihn. Bjarni wurde Hofmann beim Jarl und fuhr im Sommer darauf nach Grönland.

Damals sprach man viel davon, neue Länder zu suchen. Erichs Sohn Leif fuhr von Steilhang zu Bjarni, Herjulfs Sohn, und kaufte Bjarnis Schiff und sammelte sich Mannschaft . Im ganzen waren es fünfunddreißig Mann. Leif bar seinen Vater Erich, mit ihnen zu kommen und wieder ihr Führer zu sein. Erich weigerte sich und meinte, er wäre zu alt, und könne nicht mehr wie früher alle Mühen ertragen. Leif sagte, daß von ihrer Sippe Erich doch am meisten Glück hätte. Zuletzt gab Erich nach und ritt von Hause fort, sobald alles gerüstet war. Als sie dem Schiffe nahe waren, strauchelte das Pferd, das Erich ritt, so daß dieser herunterfiel und sich am Fuß verletzte. La sagte Erich: "Es ist mir nicht bestimmt, andere Länder aufzusuchen, als das, in dem wir jetzt wohnen. Wir werden jetzt nicht mehr zusammen weiterfahren." Erich ritt nach Steilhang zurück, aber Leif ritt mit den fünfunddreissig Genossen zum Schiffe.

Es war ein Deutscher mit bei der Fahrt, der Tyrker hieß. Sie rüsteten ihr Schiff, und als sie fertig waren, stachen sie in See und kamen zuerst zu dem Lande, das Bjarni zuletzt gesehen hatte. Sie segelten ans Land und warfen Anker, setzten Boote aus und ruderten ans Land. Dort war kein Gras zu sehen. Große Gletscher waren oben auf dem Lande. Es war alles wie ein flacher Stein, vom Strand bis zu den Gletschern, und das Land schien ihnen jeden Reizes bar zu sein. Da sagte Leif: "Es ist uns mit diesem Lande nicht besser ergangen als Bjarni, der es nicht betreten hat. Jetzt werde ich dem Lande einen Namen geben, und es Flachsteinland nennen." Dann kehrten sie zu dem Schiff zurück und segelten fort und fanden ein zweites Land. Sie segelten ans Land, warfen Anker, setzten Boote aus und gingen ans Land. Das Land war flach und waldbewachsen. Weiße Sandflächen breiteten sich aus,



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und die Küste fiel nicht schroff gegen das Meer ab. Da sagte Leif: "Diesem Lande wollen wir einen Namen geben, der seinem Aussehen entspricht, und es Markland, das heißt Waldland, nennen." Sie ruderten dann schleunigst sum Schiffe zurück. Sie segelten dann zwei Tage bei Nordostwind auf dem Meere und kamen wieder zu einem Lande und zu einer Insel, die nördlich vom Lande lag. Sie bestiegen sie, sahen sich bei gutem Wetter um und fanden, daß Tau auf dem Grase lag. Sie benetzten ihre Hände mit dem Tau und führten sie zum Munde. Sie glaubten, niemals so Süßes gekostet zu haben. Dann fuhren sie zum Schiffe zurück und segelten in die Meerenge zwischen der Insel und der Landspitze, die sich nördlich vom Lande ausstreckte. Sie steuerten westlich an der Landspitze vorbei. Es war tiefe Ebbe, und sie stießen auf Grund und ihr Schiff saß fest. Das Wasser war vom Schiffe in der Ferne zu sehen, aber sie waren so neugierig, ans Land zu kommen, daß sie nicht warten wollten, bis das Wasser wieder unter ihr Schiff kam. Sie liefen ans Land. Dort war ein Fluß, der aus einem See kam.

Sobald die Flut wieder unter ihr Schiff kam, nahmen sie das Boot und ruderten zum Schiffe und brachten es flußaufwärts und später in den See. Dort warfen sie Anker und trugen ihre Felldecken vom Schiffe ans Land und schlugen Zelte auf. Dann beschlossen sie, sich für den Winter dort anzubauen und errichteten sich große Häuser. Weder fehlte es ihnen an Lachsen im Flusse, noch im See, und es waren größere Lachse, als sie je vorher gesehen hatten. Das Land war so gut, daß sie meinten, ihr vieh bedürfe keiner Fütterung im Winter. Dort gab es keinen Frost im Winter, und wenig welkte dort das Gras. Tag und Nacht waren nicht so verschieden in der Länge als auf Grönland oder Island. Die Sonne war am kürzesten Tag sechs Stunden zu sehen.

Als sie mit dem Hausbau fertig waren, sprach Leif zu seinen Genossen: "Jetzt will ich unsere Schar in zwei Teile teilen, und ich will das Land durchforschen lassen. Die eine Hälfte soll bei den Häusern bleiben, und die andere Hälfte soll das Land durchforschen, aber nicht weiter gehen, als daß sie am



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Abend wieder zurück sein kann, und sich nicht zersplittern." So geschah es eine Weile lang. Leif verfuhr so, daß erden einen Tag mit auszog und den andern den Häusern bueb. Er war groß und stark, männlich anzusehen, klug und mäßig in allem.


4. Tyrker findet Weintrauben

Eines Abends geschah es, daß einer in der Schar fehlte, und das war der Deutsche Tyrker. Leif hörte dies mit großem Unwillen , denn Tyrker war lange bei ihm und seinem Vater gewesen und hatte Leif in seiner Kindheit sehr geliebt. Leif schalt seine Genossen und machte sich auf, um ihn zu suchen, und zwölf Männer waren mit ihm. Aber sie waren nur ein kurzes Stück Weg gegangen, als Tyrker ihnen entgegenkam. Sie begrüßten ihn voll Freude. Leif merkte bald, daß sein Pflegevater verstört war. Tyrker hatte eine vorspringende Stirn, unruhige Augen und ein sonnensprossiges Gesicht. Er war klein und schmächtig, aber in jeder Art Kunstfertigkeit geübt. Leif Sagte ihn: "Wo warst du so spät, mein Pflegevater und warum hast du dich von deinen Gefährten getrennt:" Tyrker sprach zuerst lange deutsch, und rollte mit den Augen und verzog sein Gesicht, und sie konnten nicht verstehen, was er sagte. Als eine Weile vers war, sagte er auf nordisch: "Ich bin nicht viel weiter gegangen als ihr. Doch kann ich euch eine Neuigkeit berichten: ich fand Weinranken und Weintrauben." "Ist das wahr, mein Pflegevater:" Sagte Leif. "Gewiß ist es wahr," antwortete jener, " denn dort, wo ich geboren bin, mangelt es weder an Weinranken noch an Weintrauben." Nun schliefen sie eine Nacht, und am Morgen sagte Leif seinen Genossen: Jetzt wollen wir uns zwei Dinge vornehmen: an einem Tage wollen wir Weintrauben sammeln und am andern Weinranken abhacken und Bäume fällen, um damit mein Schiff voll zu beladen." Und das wurde beschlossen.

Jetzt ist berichtet, daß ihr Schleppboot mit Weintrauben vollbeladen war und das Schiff mit den behauenen Ranken. Im Frühling rüsteten sie ihr Schiff und segelten fort. Leif gab dem Lande den Namen Weinland, weil Wein dort wuchs.



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Sie stachen dann in See und hatten guten Wind, bis sie Grönland sehen konnten und die Berge unter den Gletscher. Da wandte sich ein Mann zu Leif und Sagte:"Warum steuerst du so scharf gegen den Wind :" Leif antwortete: Ich achte auf mein Steuer; aber doch auch auf andere Dinge. Seht ihr denn nichts:" Sie antworteten, daß sie nichts Ungewöhnliches sehen könnten. "Ich weiß nicht," sagte Leis "ob ich ein Schiff oder eine Schare sehe." Jetzt sahen es auch die anderen und sagten, es wäre eine Schäre. Leif hatte schärfere Augen als die anderen, so daß er Menschen auf der Schare erkennen konnte. "Jetzt will ich gegen den Wind kreuzen," sagte Leis; "um uns jenen dort zu nähern und ihnen zu helfen, falls sie unserer Hilfe bedürfen. Sind jene aber nicht friedlich gesinnt, so können wir beschließen, wie wir uns gegen sie verhalten, jene aber nicht, wie sie sich gegen uns stellen wollen."

Sie segelten nun an die Schäre heran, zogen die Segel ein, warfen Anker und setzen ein kleines Boot aus, das sie ebenfalls mit sich führten. Dann fragte Tyrker wer ihr Führer wäre. Es wurde geantwortet, er hieße Thorir und sei ein Norweger: — "und wie ist dein Namen?"Leif nannte ihn. "Bist du der Sohn Erichs des Roten von Steilhang:"Sagte Thorir. Leif antwortete:"Ja". "Jetzt will ich euch alle auf mein Schiff entbieten," sagte Leis" " und soviel von eurem Gut mitnehmen, als auf dem Schiffe Platz findet." Sie nahmen das Angebot an und segelten dann mit ihrer Last zum Erichsfjorde und bis Steilhang. Dort trugen sie das Gut vom Schiffe ans Land. Leif bot Thorir und seinem Weibe und noch drei Männern an, bei ihm zu bleiben. Den andern von Thorirs Mannschaft und seinen eigenen Genossen verschaffte er bei andern Obdach. Leif hatte fünfzehn Menschen an der Schäre geborgen und wurde von da an Leif der Glückliche genannt. Leif gewann damit Gut und Ehre.

In diesem Winter brach eine schwere Seuche unter Thorirs Leuten aus, auch Thorir starb und mit ihm viele andere aus seiner Schar. Im selben Winter starb auch Erich der Rote.

Jetzt wurde viel über Leiks Weinlandsfabrt gesprochen, und sein Bruder Thorvald meinte, daß Leif zu wenig vom Lande



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untersucht habe Da sagte Leif ;u Thorvald : "Du sollst mit meinem Schiff nach Weinland fahren, mein Bruder, doch will ich, daß das Schiff zuerst die Balken bolt, die Thorir auf der Schäre hatte." Und so geschah es.


5. Thorvald fährt nach weinland

Jetzt rüstete sich Thorvald zur Weinlandsfahrt mit dreißig mann aus und folgte in allem den Ratschlägen seines Bruders Leif. Als das Schiff gerüstet war; stachen sie in See, und nichts ist über ihre Fahrt berichtet, bis sie nach Weinland zu Leifs Häusern kamen. Dort zogen sie ihr Schiff aufs Land und verhielten sich den Winter über ruhig und singen sich Fische zum Essen.

Aber im Frühling sagte Thorvald, daß sie ihr Schiff rüsten sollten, und einige Männer sollten in Booten westwärts die Küste entlang fahren und den Sommer über das Land untersuchen . Sie fanden das Land schön und waldbewachsen, und zwischen Wald und Meer lag ein schmaler weißer Sandstreifen. viele Inseln gab es dort und viele Untiefen. Sie fanden weder menschliche Behausungen noch Tiere, nur westlich auf einer Insel fanden sie einen Kornschober aus Hols. Andere Menschenspuren fanden sie nicht und kehrten im Herbst zu Leifs Häusern zurück. Aber im Sommer darauf fuhr Thorvald mit dem Schiff an der Ostküste des Landes und dann an der Nordküste entlang. Sie bekamen starken Sturm vor einer Landspitze und wurden auf die Landspitze zu getrieben, und der Kiel wurde von ihrem Schiff abgebrochen. Sie hatten einen langen Aufenthalt und setzten ihr Schiff wieder instand. Da sagte Thorvald zu seinen Genossen: "Jetzt will ich, daß wir den Kiel hier auf der Landspitze aufrichten und sie Kielsspitz nennen." Und so geschah es.

Dann segelten sie fort und an der Ostküste des Landes entlang in die nächste Fjordmündung hinein und zu einem vorgebirge, das ganz mit Wald bewachsen war. Dort legten sie ihr Schiff vor Anker, schoben die Brücke ans Land, und Thorvald ging mit allen seinen Genossen ans Ufer. Er sagte: "Hier ist es schön, und hier wollte ich mir mein Gehöft bauen."



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Dann gingen sie um Schiff zurück und sahen auf dem Sande unter dem Berge drei Erhöhungen, und als sie da hinkamen, sahen sie, daß es drei Lederkähne waren, und drei Männer schliefen unter einem jeden. Sie ordneten ihre Schar und ergriffen sie alle außer einem, der mit seinem Kahn entkommen konnte. Sie töteten die acht und gingen dann wieder auf den Berg und sahen im Fjorde einige Erhöhungen und meinten, das müßten Wohnstätten sein.

Nun überfiel sie eine so große Müdigkeit, daß sie sich nicht wachhalten konnten und sie alle einschliefen. Da kam ein Ruf über sie, daß sie alle erwachten. So sprach der Ruf: "Erwache, Thorvald, mit allen deinen Genossen! Wenn du dein Leben bergen willst, so geh mit allen deinen Genossen auf dein Schiff und verlasse dies Land so schnell wie möglich." Jetzt kamen eine Unzahl Lederkähne in den Fjord gefahren und hielten auf sie zu. Da sagte Thorvald: "Wir müssen auf unserem Schiff das Bollwerk aufrichten und uns nach Kräften verteidigen, aber nur wenig angreifen." Das taten sie, aber die Wilden beschossen sie eine Weile und flüchteten dann, so schnell sie konnten. Thorvald Sagte seine Genossen, ob einer von ihnen verwundet sei. Sie verneinten dies. "Ich habe eine Wunde unterm Arm bekommen," sagte er. "Ein Pfeil flog zwischen der Schiffsbrüstung und dem Schilde unter meinen Arm, und hier ist er. Er wird mir den Tod bringen. Jetzt rate ich euch, aufs schnellste zur Heimfahrt zu rüsten, mich aber sollt ihr auf den Berg tragen, wo ich am liebsten wohnen wollte. Es kann sein, daß ich die Wahrheit sprach, daß ich dort eine Weile wohnen werde. Dort sollt ihr mich begraben und ein Kreuz mir zu Häupten und eins zu Füßen setzen und die Stelle Kreuzberg nennen.

Grönland war damals christlich, doch war Erich der Rote vor der Einführung des Obristen tunis gestorben.

Jetzt starb Thorvald. Aber seine Leute verfuhren ganz nach seinen Worten, kehrten zu ihren Genossen zurück und berichteten ihnen alles, was sie wußten.

Sie blieben den Winter über dort und luden Weintrauben und Weinranken auf ihr Schiff. Im Frühling rüsteten sie



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sich zur Heimfahrt nach Grönland. kamen mit ihrem Schiffe zum Erichsfjorde und konnten Leif große Neuigkeiten berichten.


6. Erichs Sohn Thorstein stirbt in der westlichen Ansiedelung

Es hatte sich inzwischen auf Grönland zugetragen, daß Thorstein im Erichsfjorde sich Thorbjörns Tochter Gudrid zum Weibe nahm, von der berichtet worden ist, daß sie vorher das Weib Thorirs des Norwegers gewesen war. Jetzt gelüstete es Thorstein, Erichs Sohn, nach Weinland zu fahren, um die Leiche seines Bruders Thorvald zu holen. Er rüstete dasselbe Schiff und wählte sich starke und große Leute als Gefolgschaft. Er hatte fünfundzwanzig Männer mit sich und Gudrid sein Weib, und als sie bereit waren, stachen sie in See und verloren das Land aus dem Gesichte. Sie trieben den ganzen Sommer auf dem Meere umher und wußten nicht, wo sie fuhren, und als eine Woche vom Winter verstrichen war, landeten sie im Weißlmgsfischerfjorde im westlichen Teil des besiedelten Grönlands . Thorstein suchte Obdach und fand es für seine ganze Mannschaft, aber er und sein Weib waren obdachlos.

Sie kehrten zum Schiffe zurück und blieben dort einige Nächte. Damals war das Christentum noch jung auf Grönland.

Da geschah es eines Morgens, daß Leute zu Thorsteins Zelt kamen. Ihr Führer fragte, wer im Zelte sei. Thorstein antwortete: "Nur zwei sind hier, aber wer Sagt:" "Thorstein heiß ich und werde der schwarze Thorstein genannt. Und das ist mein Geschäft hier, daß ich dir und deinem Weibe Obdach bei mir bieten will." Thorstein antwortete, er wolle die Ansicht seines Weibes hören, aber Gudrid sagte, er solle bestimmen, und da nahm er das Angebot an. "So werde ich morgen mit Pferden kommen und euch holen, denn es fehlt mir an nichts, so daß ich euch Obdach bieten kann. Aber sehr einsam ist es bei mir, denn nur aus mir und meinem Weibe besteht mein Haushalt, denn ich gehe meine eigenen Wege. Auch habe ich einen andern Glauben als ihr, doch glaube ich, daß der eurige besser ist."



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Am nächsten Morgen kam er mit Pferden, um sie zu holen, und sie fanden Obdach beim schwarzen Thorstein und hatten es gut bei ihm. Gudrid war stattlich anzusehen und klug und verstand mit unbekannten Leuten umzugehen.

Beim Anfang des Winters brach eine Seuche unter den Leuten von Thorstein, Erichs Sohn, aus, und viele seiner Genossen starben. Thorstein ließ Särge für die Leichen machen und sie aufs Schiff bringen: " — denn ich will alle Leichen im Sommer in den Erichsfjord bringen lassen."

Jetzt dauerte es nicht lange, bis die Seuche auch zum Gehöfte des schwarzen Thorstein kam, und sie ergriff zuerst Thorsteins Weib, das Grimhild hieß. Sie war ungewöhnlich groß und stark wie ein Mann, aber doch wurde sie wieder überwältigt. Bald darauf ergriff die Seuche auch Thorstein, Erichs Sohn, und er und Grimhild lagen zu gleicher Zeit. Grimhild starb. Als sie tot war, ging der schwarze Thorstein aus der Stube, um ein Brett zu holen, auf das er die Leiche legen wollte. Da sagte Gudrid : " Eil dich, Thorstein." Er antwortete, daß es so geschehen solle. Da sagte Thorstein, Erichs Sohn: Sonderbar führt sich unsere Hausbau jetzt auf, sie stützt sich auf die Ellbogen und streckt die Füße über den Bettrand und langt nach ihren Schuhen."

In diesem Augenblick kam der schwarze Thorstein herein, und Grimhild legte sich hin, und jeder Balken im Zimmer knirschte. Jetzt machte Thorstein einen Sarg für Grimhilds Leiche, trug sie heraus und begrub sie. Er war groß und stark, und doch brauchte er alle seine Kräfte; um sie aus dem Gehöfte zu tragen. Die Krankheit von Thorstein, Erichs Sohn, verschlimmerte sich, und er starb. Gudrid, sein Weib, war darüber sehr betrübt. Sie waren alle in der Stube versammelt. Gudrid hatte auf einem Stuhl vor der Bank gesessen, auf der ihr Gant Thorstein lag. Jetzt hob sie der schwarze Thorstein vom Stuhl auf, nahm sie in seine Arme und setzte sich mit ihr auf eine andere Bank der Leiche Thorsteins gegenüber und sprach ihr zu und tröstete sie und versprach ihr, mit ihr und Thorsteins Leiche und Thorsteins Genossen zum Erichsfjorde zu fahren. "Und dann werde ich hierher mehr Leute nehmen," sagte er,



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dir zum Trost und zur Ermunterung." Sie dankte ihm. Da setzte sich Thorstein, Erichs Sohn, auf und sagte: "Wo ist Gudrid :" Dreimal Sagte er, aber sie schwieg. Endlich Sagte sie den schwarzen Thorstein: "Soll ich ihm Antwort auf seine Frage geben oder nicht:" Er bat sie, nicht zu antworten, ging quer durch das Zimmer und setzte sich auf den Stuhl, Gudrid aber hielt er auf seinen Knien und sprach: "Was willst du, Vetter :" antwortete nach einer kleinen Weile: Mich verlangt danach, Gudrid ihre Zukunft zu verkünden. damit sie leichter meinen Tod erträgt, denn ich bin zu guter Ruhestätte eingegangen. Aber das sage ich dir, Gudrid, daß du das Weib eines Isländers werden wirst, und ihr werdet lange zusammen leben, und zahlreich wird eure Nachkommenschaft sein, kräftig und leuchtend, herrlich, süß und duftend. Ihr werdet von Grönland nach Norwegen fahren, von dort nach Island und dort werdet ihr euch niederlassen. Dort werdet ihr lange wohnen, aber du wirst deinen Gatten überleben. Du wirst nach Norwegen und südwärts fahren und nach Island zu deinem Wohnort zurückkehren, und dort wird eine Kirche gebaut werden, und du wirst die Nonnen weihen empfangen, und dort wirst du sterben." Da sank Thorstein wieder zurück, und sie besorgten die Leiche und brachten sie aufs Schiff.

Der Bauer Thorstein hielt alles, was er Gudrid gelobt hatte. Er verkaufte im Frühling sein Land und sein vieh und ging mit Gudrid und allem seinem Gute aufs Schiff. Er rüstete das Schiff und besorgte sich mehr Leute und fuhr dann zum Erichsfjorde. Dort wurden die Leute bei der Kirche begraben.

Gudrid ging zu Leif nach Steilhang, aber der schwarze Thorstein ließ sich im Erichsfjorde nieder und wohnte dort so lange er lebte und wurde als ein überaus tüchtiger Mann angesehen.


7. Thormanns Weinlandfahrt

Im selben Sommer kam ein Schiff von Norwegen nach Grönland . Der Steuermann hieß Thormann Mannessproß. Thorsinn war sehr reich. Er verbrachte den Winter in Steilhang bei Leif; Erichs Sohn. Bald gewann er Gudrid lieb und bat sie, sein



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Weib zu werden, aber sie forderte Leif auf, für sie Antwort zu geben. Sie wurden verlobt, und die Hochzeit fand im selben Winter statt.

Jetzt wurde wieder viel von einer Fahrt nach Weinland gesprochen , und Gudrid und die Männer rieten Thorsinn sehr dieser Fahrt. So entschloß er sich zur Fahrt und nahm sechzig Männer und fünf Frauen mit. Diese Übereinkunft schlossen sie miteinander, daß alles Gut, das sie bekommen würden, gleicherweise zwischen ihnen geteilt werden sollte. Sie hatten verschiedene Arten Vieh mit sich, denn sie gedachten das Land zu bebauen, wenn es möglich sein würde. Thorsinn bai Leif um dessen Häuser in Weinland, aber Leif antwortete, er wolle sie ihm leihen, aber nicht geben.

Dann stachen sie in See und kamen wohlbehalten bei Leifs Häusern an und trugen ihre Felldecken ans Land. Sie machten bald einen großen und guten Fang, denn ein großer und guter Wal wurde ans Land getrieben. Sie gingen hin und zerlegten den Wal. Da mangelte es ihnen nicht an Nahrung.

Das Vieh ging aufs Land, und bald wurden die männlichen Tiere wild und verursachten viel Beschwerde. Sie hatten auch einen Stier mit

Thorsinn ließ Bäume fällen und für sein Schiff zurechthauen und sie zum Trocknen auf einen Berg bringen. Sie genossen alles, was das Land darbot: Weintrauben, Jagdbeute verschiedener Art und anderes.

Im Sommer, der auf den ersten Winter folgte, wurden sie Wilde gewahr. Sie kamen in einer großen Schar aus dem Walde. Dort in der Nähe stand das Vieh, und der Stier begann gewaltig zu brüllen und zu schreien, und davon erschraken die Wilden und liefen mit ihren Bürden fort. Sie hatten Grauwerk und Zobel und alle Arten Felle. Die Wilden wandten sich Thorsinns Gehöft zu und wollten in die Häuser dringen, aber Thorsinn ließ die Türen absperren. Sie verstanden nicht der Andern Sprache. Die Wilden nahmen ihre Säcke herunter, öffneten sie, wiesen den Inhalt vor und boten ihn an und wollten am liebsten Waffen dafür eintauschen, aber Thorsinn verbot seinen Leuten, Wassen zu verkaufen, und



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kam auf den Einfall, die Frauen zu bitten, Milchspeise herauszutragen , und als jene die Milchspeise sahen, wollten sie die kaufen und nichts anderes. So endete die Kauffahrt der Wilden, daß sie ihre Waren in ihren Magen forttrugen, aber Thorsinn und seine Genossen behielten die Säcke und die Felle. Jetzt ist zu berichten, daß Thorsinn einen starken Pfahlzaun um seinen Hof herum errichten lieg.

In dieser Zeit gebar Gudrid, das Weib Thorsinns, einen Knaben, und dieser wurde Snorri genannt,

Bei Beginn des zweiten Winters kamen die Wilden wieder mit ihnen zusammen. Ihrer waren viel mehr als das erste Mal, und sie hatten dieselben Waren mit. Da sagte Thorsinn zu den Frauen: "Jetzt müßt ihr dieselbe Speise hinaustragen, nach der sie das vorige Mal so begierig waren, aber nichts anderes." Und als jene die Speise sahen, warfen sie ihre Säcke über den Pfahlzaun hinein.

Gudrid saß in der Tür an der Wiege ihres Sohnes Snorri. Da fiel ein Schatten in die Tür, und eine Frau trat herein. Bekleidet war sie mit einem schwarzen Gewande und trug ein Band um den Kopf. Sie war klein, hatte hellbraunes Haar und so große Augen, wie niemand ähnlich im Kopf eines Menschen gesehen hatte. Sie ging zu Gudrid und Sagte: "Wie heißt du:" "Ich heiße Gudrid, aber wie ist dein Name:" antwortete Gudrid. "Ich heiße Gudrid," sagte jene. Da reichte die Hausfrau Gudrid jener die Hand, daß sie sich neben sie hinsetze, aber im selben Augenblick hörte sie großen Lärm und die Frau war verschwunden. Einer der Wilden war von einem der Leute Thorsinns getötet worden, weil er ihre Waffen nehmen wollte. Die Wilden eilten fort, aber ihre Kleider und Waren blieben liegen. Niemand anders hatte jene Frau gesehen, als Gudrid allein.

"Jetzt müssen wir einen klugen Entschluß fassen," sagte Thorsinn, "denn ich denke, daß jene zum drittenmal in Unfrieden kommen werden und in großer Anzahl. Zebn Männer sollen auf diese Landenge gehen und sich dort zeigen, aber die andern sollen in den Wald gehen und eine Lichtung unser vieh aushauen, für den Fall, daß die Wilden aus dem Walde



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kommen, Wir müssen auch unsern Stier ver uns hergehen lassen," Dort, wo sie dachten, daß es zum Kampf kommen würde, war ein See auf der einen Seite und Wald auf der andern.

Alles wurde getan. wie es Thorsinn bestimmt hatte. Jetzt kamen die Wilden auf die Stelle, die sich Thorsinn als Kampfplatz gedacht hatte. Der Kampf begann, und viele von den Wilden wurden getötet.

Ein Mann unter den Wilden war groß und schön, und Thorsinn glaubte; daß er ihr Häuptling sein müsse. Einer der Wilden hatte eine Art aufgehoben und betrachtete sie eine Weile, schwang sie gegen einen seiner Genossen und hieb nach ihm. Der fiel sofort tot nieder. Da nahm der große Mann die Art, betrachtete sie eine Weite und schleuderte sie dann in den See, soweit er konnte. Aber dann flohen sie in den Wald, so schnell ein jeder laufen konnte, und damit war der Kampf zu Ende.

Thorsinn und seine Leute blieben den ganzen Winter über dort, aber im Frühling sagte Thorsinn, daß er nicht länger bleiben, sondern nach Grönland zurückkehren wolle. Da rüsteten sie sich zur Fahrt und nahmen viel Gut mit: Weinranken, Beeren und Pelzwerk.

Sie stachen in See und kamen wohlbehalten im Erichsfjorde an und blieben dort den Winter über.


8. Freydis läßt die Brüder töten

Jetzt begann man aufs neue von einer Weinlandsfahrt zu sprechen, denn auf dieser Fahrt konnte man Gut und Ehre gewinnen .

Im selben Sommer, in dem Thormann Mannessproß von Weinland zurückkehrte, kam ein Schiff von Norwegen nach Grönland. Dieses Schiff steuerten zwei Brüder; Helgi und Finnbogi, und die blieben diesen Winter über in Grönland. Die Brüder waren aus isländischem Geschlecht und stammten aus den Östfjorden.

Jetzt ist zu berichten, daß Erichs Tochter Freydis von Gardar aufbrach, sich zu den Brüdern Helgi und Finnbogi begab



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und sie bai, sie auf ihrem Schiff mit nach Weinland ;u nehmen und mit ihr alles Gut zu teilen, das sie bekämen. Jene willigten ein. Von ihnen ging Freydis zu ihrem Bruder Leif und bai ihn, ihr die Häuser zu geben, die er in Weinland hatte Sauen lassen, aber er antwortete ebenso wie das vorige Mal, er wolle ihr die Häuser leihen, aber nicht geben.

Diese verabredung wurde zwischen Freydis und den Brüdern geschlossen, daß jeder dreißig kampffähige Männer aufs Schiff nehmen sollte, außer den Frauen, aber Freydis brach gleich die verabredung und nahm fünf Männer mehr mit und verbarg sie, und die Brüder wurden ihrer erst gewahr, als sie in Weinland angekommen waren.

Jetzt stachen sie in See und hatten verabredet, daß die Schiffe zusammenhalten sollten, wenn es möglich wäre, und sie entfernten sich auch nur wenig von einander. Aber die Brüder kamen etwas Suber als Freydis an und trugen ihre Habe in Leifs Häuser. Aber als Freydis ans Land kam, trugen auch ihre Leute ihre Habe in die Häuser. Da sagte Freydis: "Warum habt ihr eure Habe hier hereingetragen :" "Weil wir glaubten," antworteten jene, "daß unsere verabredung in allen Stücken gehalten werden solle." "Mir lieh Leif die Häuser," sagte sie, "und nicht euch." Da sagte Helgi: "Den kürzern ziehen müssen wir Brüder in der Bosheit gegen dich." Sie trugen ihre Habe heraus und bauten sich ein Haus bei einem See in der Nähe des Meeres und richteten alles aufs beste zu. Aber Freydis ließ Bäume fällen, um ihr Schiff damit zu beladen.

Nun begann der Winter, und die Brüder schlugen vor, Spiele abzuhalten, um sich damit zu vergnügen. Das taten sie auch eine Zeitlang, aber dann entstand Streit zwischen den Leuten, sie wurden uneins und die Spiele hörten auf. Kein Verkehr war mehr zwischen den Häusern, und so ging es bis tief in den Winter hinein.

Da geschah es an einem frühen Morgen, daß Freydis sich von ihrem Bett erhob und sich ankleidete, aber nichts an ihre Füße nahm. Das Wetter war aber so, daß viel Tai gefallen war. Sie legte sich den Mantel ihres Gatten um



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und ging zum Hause der Brüder und bis an die Tür. Ein Mann war kurz vorher hinausgegangen und hatte die Tür angelehnt. Sie öffnete die Tür und blieb im Türrahmen stehen und schwieg. Finnbogi lag wach ganz hinten in dem Schlafgemach . Er sagte: "Was willst du hier, Freydis?" Sie antwortete: "Ich will, daß du aufstehst und mit mir hinausgehst; denn ich will mit dir reden." Er tat es. Sie gingen zu einem Baumstamm, der an der Hauswand lag und setzten sich dort hin. Wie gefällt es dir hier :" Sagte sie. Er antwortete: "Gut scheint uns das Land zu sein, aber schlecht gefällt mir die Feindschaft, die sich zwischen uns gebildet hat, denn ich meine, es ist kein Grund dazu." "Du sagst die Wahrheit," erwiderte sie, " und das ist mein Geschäft bei dir; daß ich mit euch Brüdern das Schiff tauschen will, denn es ist größer wie das meinige, und ich will von hier fortfahren." "Das mag geschehen," sagte er, " wenn du dann zufrieden bist." Damit schieden sie.

Freydis ging nach Hause; aber Finnbogi legte sich wieder nr Ruhe nieder. Sie stieg mit kalien Füßen in ihr Beit, und davon erwachte Thorvard und fragte sie, warum sie so kalt und naß sei. Sie antwortete sehr erregt: "Ich war zu den Brüdern gegangen, um über ihr Schiff zu verhandeln, denn ich wollte ein größeres Schiff haben, aber sie wurden darüber so erzürnt, daß sie mich schlugen und übel zurichteten. Und du, Elender, willst weder meine, noch deine Schande rächen. Ich merke jetzt, daß ich fern von Grönland bin. Aber ich werde mich von dir lossagen, wenn du mich nicht rächst. Er konnte das nicht untätig anhören und gebot seinen Leuten, schleunigst aufzustehen und zu den Waffen zu greifen. Das taten sie und gingen dann zum Hause der Brüder, traten zu den Schlafenden hinein, ergriffen sie und banden sie und führten einen jeden heraus, der gebunden war. Aber Freydis ließ jeden töten, der herauskam. Jetzt waren alle männer getötet, aber die Frauen waren noch übrig, und niemand wollte sie töten. Da sagte Freydis: "Gebt mir eine Art." Das geschah. Dann erschlug sie die fünf Weiber und ging erst fort, wie sie alle tot waren.



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Nach dieser Untat kehrten sie in ihr Haus zurück. Sie ließen sich nicht anders an, als ob sie besonders gut gehandelt hätten. Freydis sagte zu ihrem Gefolge: Wenn wir glücklich nach Grönland kommen, werde ich den Mann töten lassen, der von diesem Ereignis erzählt. Wir werden sagen, daß jene hier zurückgeblieben sind, als wir fortgingen,

Sobald der Frühling kam, rüsteten sie das Schiff, das den Brüdern gehört hatte und beluden es mit allen Schätzen, die sie bekommen konnten und die das Schiff trug. Dann stachen in See und hatten eine gute Überfahrt, so daß sie beim Beginn des Sommers im Erichsfjorde ankamen.


9. Von Freydis und Leif

Freydis begab sich jetzt auf ihr Gehöft, ,wo alles in ihrer Abwesenheit gut gestanden hatte. Sie gab allen ihren Reisegenossen große Geschenke, damit sie ihre Untat verborgen hielten, und wohnte wieder auf ihrem Gehöft.

Aber es hüteten nicht alle ihren Mund über ihre Untat und Schlechtigkeit, so daß es nach und nach aufkam. Als ihr Bruder Leif es hörte, wurde er fehr zornig. Er nahm drei Männer aus Freydis Gefolgschaft und peinigte sie, um die Wahrheit über jene Ereignisse zu erfahren, und keinen Widerspruch gab es zwischen ihren Aussagen: Ich will nicht," sagte Leif, " mit meiner Schwester Freydis so verfahren, wie sie es verdient hai. Aber das kann ich von ihrer Zukunft sagen, daß ihre Nachkommenschaft kein Glück haben wird. Und so ging es auch in der Zukunft, daß alle sie verachteten.

Jetzt ist von Thorsinn zu berichten, daß er sein Schiff aufs beste gerüstet hatte, und alle Leute waren darüber einig. daß nie ein reicheres Schiff als das seine von Grönland in See gestochen war. Er hatte eine gute Überfahrt und kam glücklich nach Norwegen. Er blieb den Winter über dort und verkaufte seine Waren und sowohl er wie sein Weib genossen das größte Ansehen bei den edelsten Männern in Norwegen.

Aber im Frühling darauf rüstete er sein Schiff zur Fahrt nach Island. Als er fertig zur Abfahrt war und sein Schiff an der Brücke lag und auf guten Wind wartete, kam ein Deutscher



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aus Bremen im Sachsenlande zu ihm. Er wollte Thorsinns Schiffsfigur kaufen. "Ich will sie nicht verkaufen," sagte dieser. "Ich werde dir eine halbe Mark Gold dafür geben," sagte der Deutsche. Thorsinn fand das ein gutes Angebot, und der Handel kam zustande. Der Deutsche ging mit der Schiffsfigur fort, aber Thorsinn wußte nicht, von welchem Holz sie gemacht war. Es war aber Ahorn von Weinland.

Jetzt stach Thorsinn in See und landete im Skagafjorde in Nordisland. Dort sog er sein Schiff für den Winter aufs Land. Aber im Frühling kaufte erdas Gehöft Lärm hof und wohnte dort so lange er lebte und war der angesehenste Mann. Viele und tüchtige Leute stammen von ihm und Gudrid seinem Weibe ab.

Als Thorsinn tot war, leiteten Gudrid und ihr Sohn Snorri, der auf Weinland geboren war, das Gehöft. Als Snorri sich ein Weib nahm, reiste Gudrid nach Norwegen und dann nach Rom, und als; sie zurück zu ihrem Sohne Snorri kam, hatte er eine Kirche in Lärmhof bauen lassen. Gudrid wurde Nonne und lebte dort allein, so lange sie lebte.

Snorri hatte einen Sohn, der Thorgeir hieß, dieser eine Tochter Ingveld, die Mutter Bischof Brands. Die Tochter Snorris hieß Hallfid, ihr Sohn war Runolf, der Vater Bischof Thorlaks. Björn hieß ein Sohn Thorsinns, er war der Vater Thoruns der Mutter Bischof Björns. viele und tüchtige Leute stammen von Thorsinn ab, und erselbst hat am genauesten von allen diesen Reisen erzählt, von denen wir hier etwas aufgeschrieben haben.



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Die Geschichte von Einar, dem Sohne Sokkis



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1. Die Grönländer bitten König Sigurd um einen Bischof

Sokki hieß ein Mann. Er war Thorirs Sohn und wohnte auf dem Gehöfte Steilhang in Grönland. Er war sehr geachtet und hatte großen Anhang. Einar hieß sein Sohn, er war ein vielversprechender Mann. Vater und Sohn besäßen große Gewalt in Grönland und waren die vornehmsten aller Männer.

Einmal ließ Sokki ein Thing zusammenrufen. Er tat dort kund, er wolle nicht, daß das Land länger ohne einen Bischof sei, und wünsche, daß alle Bauern das ihrige dazu täten, daß ein Bischofsstuhl errichtet werde. Alle Bauern stimmten dem zu. Sokki bat seinen Sohn Einar, in dieser Angelegenheit nach Norwegen zu fahren. Er sagte, er wäre der geeignetste Mann zu diesem Geschäft. Einar antwortete, er würde dem Willen seines Vaters gehorchen.

Einar nahm viele Walroßzähne und Schwerter mit, um sich bei den norwegischen Häuptlingen in Gunst zu setzen. Er kam mit seiner Mannschaft nach Norwegen. Damals war Sigurd der Jerusalemsfahrer König über Norwegen. Einar kam zum Könige und erwarb dessen Zuneigung mit reichen Geschenken und trug ihm dann sein Geschäft vor. Er bat den König, ihn mit allen Kräften zu unterstützen, damit erdas erreiche, was das Land notwendig brauche. Der König antwortete ihm, daß ein Bischof dem Lande gewiß zustatten kommen würde. Dann ließ der König einen Mann zu sich rufen, der Arnald hieß. Dieser war ein Sommer Priester und sehr zum Lehramt geeignet. Der König bat ihn, sich zu dieser schwierigen Aufgabe um Gottes und seiner Bitte willen vorzubereiten: " —ich werde dich nach Dänemark zum Erzbischof Össur in Lund mit meinem Brief und Siegel schicken." Arnald antwortete, er hätte keine Lust, den Auftrag zu übernehmen, erstens seiner selbst wegen, da er wenig dazu geeignet sei, dann weil er nicht von seinen Freunden und Verwandten scheiden wolle, und zum dritten, weil er es mit schwer zu behandelnden Leuten zu tun haben würde. Der König



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sagte darauf, um so mehr Gutes würde ibm später widerfahren, wenn die Menschen ihm Schaden zufügten. Arnald antwortete, er könne nicht verantworten sich dem Auftrag des Königs zu entziehen: "— aber das bedinge ich mir, wenn ich die Bischofsweihe nehme, daß Einar mir schwört, die Rechte des Bischofsstuhles, und die Güter, die Gott gegeben wurden, immer zu stärken, und die zu züchtigen, die sie antasten, und der Verteidiger des Stuhles in allen Stücken zu sein." Der König sagte, daß Einar das tun sollte. Einar war dazu bereit. Dann begab sich der zum Bischof ausersehene Priester zum Erzbischof Össur, trug ihm sein Anliegen vor und gab ihm den Brief des Königs. Der Erzbischof empfing ihn freundlich und prüfte Arnaldo Gemüt. Ab er sah, daß dieser Mann wohl zum Lehramt geeignet sei, weihte er ihn zum Bischof und entließ ihn in Ehren. Dann kehrte Bischof Arnald zum Könige zurück, der ihn freundlich empfing.

Einar hatte einen Bären aus Grönland mitgebracht, den er König Sigurd schenkte. Dafür erwies ihm der König Ehre und Gunst.

Dann fuhren sie auf einem Schiffe, der Bischof und Einar. Auf einem andern Schiffe war der Norweger Arnbjörn mit anderen Norwegern, die auch nach Grönland wollten. Sie stachen in See; hatten aber keinen günstigen Wind, und so landeten der Bischof und Einar beim Holzachstrande am Inselberge auf Island.

Damals wohnte Sämund der Weise in Oddi. Er begab sich zum Bischof und lud diesen ein, den Winter bei ihm zuzubringen. Der Bischof dankte ihm und nahm die Einladung an. Einar verbrachte den Winter beim Inselberge.

Es wird berichtet, daß der Bischof, als er mit seinen Leuten vom Schiffe fortritt, seine Pferde bei einem Gehöfte zu Lan insel pressen ließ und selbst draußen saß. Da kam ein Weib heraus und hielt einen Wollkamm in der Hand. Sie trat zu einem Manne und sagte: "Brüderchen, willst du den Zinken in meinem Kamme festmachen:" Der Mann nahm den Kamm und sagte, er wolle tun, holte einen Schmiedebammer aus einem Sacke hervor und machte den Zinken fest, daß es dem



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Weibe sehr gefiel. Aber dieser Mann war der Bischof selbst, der sehr geschickt war, und dieser Geschichte wegen sagt man, daß er sich selbst erniedrigte,

Er blieb den Winter über in Oddi und kam mit Sämund und dessen Leuten immer gut aus. Aber von Arnbjörn und dessen Leuten hörte man nichts, und das schien den Leuten wunderlich zu sein. So vergingen einige Sommer. Der Bischof und seine Leute vermuteten, daß Arnbjörn schon in Grönland angekommen sei.

Im Sommer darauf fuhren der Bischof und Einar von Island fort; kamen nach Grönland und landeten im Erichsfjorde, wo sie aufs freundlichste empfangen wurden. Auch hier hatte man nichts von Arnbjörn gehört, und deshalb wurde viel davon gesprochen, daß er mit seinen Leuten umgekommen sein müsse.

Der Bischof errichtete seinen Stuhl in Gardar und ließ sich dort nieder. Einar und sein Vater waren seine kräftigsten Stützen. Der Bischof bevorzugte sie auch vor allen anderen Landsleuten.


2. Arnbjörn und seine Leute werden tot aufgefunden

Ein Grönländer hieß Sigurd. Er war Njals Sohn. Er fuhr oft im Herbst zum Fang in die Einöden. Er war ein großer Seefahrer. vierzehn Männer begleiteten ihn. Sie kamen im Sommer zum Gletscher Weißmantel und fanden dort einige von Menschen angelegte Feuerstellen, sowie allerhand Jagdgeräte. Da sagte Sigurd: "Was wollt ihr lieber, zurückkehren oder weiterfahren: vom Sommer ist nicht mehr viel übrig, aber unsere Beute ist nur gering." Die Mannschaft antwortete, sie wolle lieber zurückkehren, denn es wäre sehr gefährlich, in den großen Fjorden unter den Gletschern zu kreuzen. Sigurd sagte, das wäre wahr: " —doch sagt mir eine Ahnung, daß die beste Beute noch übrig ist, wenn wir sie nur erreichen." Sie baten ihn, alles zu bestimmen, und sagten, sie hätten immer seiner vorsicht vertraut und alles wäre gut gegangen.



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Da sagte er, er wolle lieber weiter geben, und so geschah es.

Steinthor hieß ein Mann, der mit ihm auf dem Schiffe war. Er begann: "Ich träumte in der letzten Nacht, Sigurd, und werde dir den Traum erzählen: als wir über diesen großen Fjord gesegelt waren, dünkte es mir, daß ich zwischen einige Berge gekommen sei und nach Rettung schrie." Sigurd sagte, der Traum wäre recht gut: " — du solltest nur deine eigene Rettung nicht mit Füßen treten und dich in eine solche Lage begeben, wo du deinen Mund nicht halten kannst." Steinthor war ziemlich heftiger Sinnsart und unvorsichtig, Als sie in den Fjord hineinsegelten, sagte Sigurd: "Liegt dort im Fjorde nicht ein Schiff, oder täusche ich mich:" Sie antworteten , daß er recht hätte. Sigurd sagte, daß sie seltsame Neuigkeiten erfahren würden. Sie fuhren immer näher heran und sahen, daß das Schiff bei einer Flußmündung aufs Land gezogen war, und dahinter war ein Zaun errichtet. Es war ein großes Meerschiff. Dann gingen sie an Land und sahen ein Schlafhaus und dicht dabei ein Zelt. Da sagte Sigurd, daß sie zuerst ihr Zelt aufschlagen sollten: " — der Tag ist jetzt bald vorbei, und ich wünsche, daß die Männer sich jetzt ruhig und vorsichtig betragen." Und das taten sie.

Am Morgen gingen sie hinaus und sahen sich um. Sie erblickten einen Pfahl, in dem ein Beil stak, und daneben die Leiche eines Mannes. Sigurd meinte, dieser Mann hätte Holz gehackt und sei vor Schwäche zusammengebrochen. Dann gingen sie zum Schlafhause und sahen dort eine zweite Mannes leiche . Sigurd meinte, dieser Mann wäre gegangen, solange er konnte, und beide seien wohl Knechte von denen im Hause gewesen. Eine Art lag auch bei diesem. Jetzt sagte Sigurd: "Ich halte es für das beste, das Haus abzudecken, um den Geruch der Leichen herausziehen zu lassen, da die wohl lange dort in Fäulnis gelegen haben. Man soll dabei vorsichtig vorgehen, denn es ist möglich, daß wir Schaden bei dieser Arbeit erleiden , die ja auch Menschen sehr zuwider ist. Doch glaube ich nicht, daß diese Männer uns Böses zufügen werden."

Steinthor sagte, es wäre sonderbar, daß man sich mehr Mühe



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machen wollte als notwendig sei, und ging zur Tür, während die andern das Dach abdeckten. Als Steinthor wieder herauskam, , sah Sigurd ihn an und sagte: "Allzusehr hat sich der Mann verändert!" Steinthor begann zu schreien und zu laufen, und seine Genossen liefen ihm nach. Er sprang dann m eine Klippenspalte; wo niemand zu ihm kommen konnte, und dort fand er den Tod. Sigurd sagte, seine Träume wären leicht zu deuten gewesen.

Dann deckten sie das Haus ab und handelten nach Sigurds Worten, und nahmen keinen Schaden. Im Hause sahen sie Leichen und viel Gut. Da sagte Sigurd: "Mir scheint am rätlichsten zu sein, daß ihr in den Kesseln, die diesen Männern selbst gehört haben, das Fleisch von den Knochen kocht, damit sie leichter zur Kirche zu bringen sind. Ich glaube, daß Arnbjörn hier gewesen ist; denn ich habe gehört, daß er solch ein schönes Schiff besessen habe, wie das zweite hier auf dem Lande."

Es war ein grosses Schiff mit Stevenfigur und viel Schnitzwerk und Bemalung. Das Handelsschiff war unten stark beschädigt, und Sigurd meinte, es sei nicht mehr zu gebrauchen . Sie nahmen da die Nägel heraus und verbrannten das Schiff, beluden ihr Lastschiff und segelten mit ihrem Boote und dem Handelsschiffe aus den Einöden fort.

Sie kamen zu den Ansiedlungen und besuchten den Bischof in Gardar. Sigurd berichtete ihm von ihren Erlebnissen und der Auffindung der Kostbarkeiten. "Ich kann nichts anderes sehen," sagte er" ,als daß der Teil des Gutes, den man den Gebeinen beigabe; am besten angewendet wäre. Wenn ich zu bestimmen hätte, sollte es geschehen." Der Bischof sagte, er hätte sich gut und klug benommen, und dasselbe sagten auch alle andern.

viel Gut wurde den Leichen beigegeben.

Der Bischof sagte, daß das Hauptschiff sehr kostbar sei. Sigurd antwortete, das richtigste sei, daß das Schiff dem Bischofsstühle die Seelen der verstorbenen zufiele. Das übrige teilten die Finder nach grönländischem Gesetze unter sich.

Als diese Nachrichten nach Norwegen kamen, hörte der Schwestersohn Arnbjörns, Össur, davon, und ebenso mehrere



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andere Männer, die verwandte auf dem Schiffe gehabt hatten. Alle diese hofften, sich in den Besitz des Gutes setzen zu können. Sie kamen in den Erichsfjord, und die Ansiedler kamen zu ihnen und begannen mit ihnen zu handeln. Dann ließen sich die Neuangekommenen nieder. Ihr Führer Össur begab sich nach Gardar zum Bischof und blieb den Winter über dort.

Damals lag bei der westlichen Ansiedlung ein anderes Handelsschiff . Es gehörte dem Norweger Kolbein, dem Sohne Thorljots . Ein drittes Schiff wurde von Hermund, dem Sohne Kodrans und seinem Bruder Thorgils geführt. Diese hatten viel Mannschaft.


3. Von Össur und dem Bischof

Im Laufe des Winters kam Össur mit dem Bischof ins Gespräch. Er sagte, daß er nach dem Tode seines verwandten Arnbjörn Erbgut zu erwarten hätte und bat den Bischof, es ihm und seinen Genossen zu übergeben. Der Bischof antwortete er hätte sich das Gut nach den in solchen Fällen gültigen grönländischen Gesetzen angeeignet. Er sagte auch, daß er darüber nicht allein zu bestimmen hätte, und daß es am besten sei, das Gut für das Seelenheil der Verstorbenen anzuwenden und die Kirche, wo sie begraben seien. Er sagte, es wäre eines Mannes unwürdig, dieses Gut jetzt zurückzuverlangen .

Jetzt wollte Össur nicht länger auf Gar dar beim Bischof wohnen und begab sich zu seinen Schiffsgenossen, mit denen er den Winter verbrachte.

Im Frühling brachte Össur seine Klage auf dem Thinge der Grönländer vor. Das Thing war zu Gardar. Dahin kamen auch der Bischof und Einar, der Sohn Sokkis, mit großem Gefolge. Össur kam mit seinen Schiffsgenossen. Als das Gericht zusammengetreten war, ging Einar mit Gefolge zu den Richtern und sagte: "Wenn derselbe Fall in Norwegen vorläge, würden es die Ausländer schwer haben mit ihren Ansprüchen durchzudringen. Hier wollen wir den Gesetzen folgen, die bier gelten." Beim Gericht wurden Anspruche der Norweger abgewiesen, und diese verließen das Thing.



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Es gefiel Össur nicht, eine Demütigung, aber kein Gut bekommen zu haben. Er verfiel auf den Ausweg, dorthin zu gehen, wo das bemalte Schiff lag und schlug über dem Kiel auf jeder Seite ein Brett heraus.

Dann begab er sich zur westlichen Ansiedelung, traf da Kolbein und Ketil, den Sohn Kalks, und berichtete ihnen das vorgefallene. Kolbein sagte: "Ungerecht hat man dich behandelt, aber dein Ausweg war auch nicht gut. Ketil sagte: "Ich will dir raten, dich an uns zu halten, denn ich habe gehört, daß der Bischof und Einar sich fest verbündet haben, und du wirst dich gegen die Klugheit des Bischofs und Einars Tapferkeit nicht balten können." Össur antwortete, es wäre am besten, diesem Vorschlage zu folgen.

Unter den Kaufleuten war ein Mann mit Namen Eis-stein

Össur kehrte nach dem Gehöfte Klippe zurück, wo er sich früher aufgehalten hatte.


4. Össurs Tod

Ber Bischof wurde sehr zornig, als er hörte, daß das Schiff zerstört sei. Er rief Einar, den Sohn Sokkis, zu sich und sagte: "Jetzt muß ich dich an den Schwur erinnern, den du ablegtest, bevor wir von Norwegen abreisten, die Schmach an denen zu rächen, die eine solche dem Bischofstuhle und seinem Besitz zugefügt haben. Ich meine, daß Össur sein Leben verwirkt hat, da er unser Eigentum zerstörte und uns in allen Stücken zuwiderhandelte. Ich kann nicht leugnen, daß es mir nicht gefällt, mich mit dem Geschehenen ruhig abzufinden, und ich werde dich meineidig nennen, wenn du dich untätig verhältst ." Einar antwortete:"Das ist nicht wohlgetan, Herr. Aber manche werden sagen, daß Össur zu entschuldigen ist, da man ihm soviel entrissen hat. Doch hat er sich nicht gut aufgeführt, als die Leute die Kostbarkeiten sahen, die ihre verwandten besessen hatten und die sie nicht bekamen. Ich weis kaum, ob ich dir etwas versprechen kann." Sie schieden kühl, und der Bischof hatte ein zorniges Gesicht.

Als man sich zu Kirchenweibe und Gelage auf Langspitz



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versammelte, waren auch der Bischof und Einar dort. viele Leute waren zum Gottesdienste gekommen, und der Bischof sang selbst die Messe. Össur war gekommen und stand südlich vor der Kirche, nahe der Kirchenwand, und ein Gefolgsmann des Bischofs, Brand, der Sohn Thords, sprach mit ihm. Dieser Mann bat Össur, dem Bischof nachzugeben und sagte: "Ich hoffe, daß alles ein gutes Ende nehmen wird, aber jetzt ist Gefahr im verzuge." Össur antwortete, er könne sich dazu nicht überwinden, so schlecht wie er behandelt worden sei. So sprachen sie eine Weile miteinander. Da ging der Bischof mit seinen Leuten aus der Kirche nach Hause, und Einar war in seinem Gefolge. Als sie bei der Haustür angekommen waren, trennte sich Einar von dem Gefolge und ging allein zum Kirchhofe, nahm einem Kirchenbesucher die Art aus den Händen und ging zur Südseite der Kirche. Össur stand dort und stützte sich auf seine Art. Einar versetzte ihm einen tödlichen Streich und ging darauf zu den andern, die bei Tisch saßen. Er ging in die Stube, setzte sich dem Bischof gegenüber und sagte kein Wort. Später kam Brand, der Sohn Thords, in die Stube, ging zum Bischof und sagte: "Ist euch etwas berichtet worden, Herr:" Der Bischof antwortete: Ich habe nichts gehört; und was hast du zu berichten:" Brand sagte: "Da draußen brach einer zusammen." Der Bischof Sagte: "Wer hat das verursacht, und wen betraf es" Brand antwortete: " Ein Mann ist in der Nähe, der davon erzählen könnte." Der Bischof fragte: "Hast du, Einar, Össur den Tod gegeben:" Er antwortete: "Gewiß, das habe ich getan." Der Bischof sagte: Solche Handlungen sind nicht gut, obgleich sie zu entschuldigen sind." Brand bat, die Leiche zu waschen und über sie singen zu lassen. Der Bischof antwortete , er wolle dazu Zeit geben. Die Männer saßen bei Tisch, aber griffen nur langsam zu, und der Bischof bestimmte erst Männer; um über die Leiche zu singen, als Einar darum bat und sagte, Össur sollte mit allen Ehren begraben werden. Der Bischof sagte: "Es wäre richtiger, Össur nicht bei der Kirche zu begraben. Doch deiner Bitte wegen soll er hier bei dieser Kirche begraben werden, bei der kein Priester wohnt." Er ließ


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erst Priester über der Leiche singen, als sie zugerichtet war. Da sagte Einar: In großer Eile find Dinge geschehn und gewiß nicht ohne euer Zutun. Aber hier haben wir es mit sehr übermütigen Männern zu tun, und mir ahnt, daß großes Unglück uns treffen wird." Der Bischof antwortete, er hoffe, daß man den Übermut zurückweisen würde, aber ehrenvolle Buße und Schiedsspruch in dieser Sache anbieten würde, wenn man nicht zu gewalttätig vorginge.


5. Einars Tod

Diese Ereignisse wurden bekannt, und die Kaufleute hörten davon.

Da sagte Ketil, der Sohn Kalfs: Es ging nicht viel anders zu, als ich voraussagte, daß er sich in große Gefahr begäbe." Ein Mann hieß Simon, ein Verwandter Össurs, er war groß und stark. Keul sagte, es wäre möglich, daß, wenn Simon seine Kräfte brauchte, er sich an den Tod Össurs, seines Verwandten, erinnern würde. Simon antwortete, daß er keine großen Worte darüber hören wollte.

Ketil ließ ihr Schiff zurüsten und schickte Leute zum Schiffsführer Kolbein, um diesem das vorgefallene zu berichten: " —und sagt ihm, daß ich gegen Einar klagen werde, denn ich bin der grönländischen Gesetze kundig und dazu bereit. Wir hätten auch ein starkes Gefolge, wenn wir nur alle unsere Anhänger sammeln können. Simon sagte, er wolle Ketils Rat befolgen. Dann begab er äch zu Kol bein. Er berichtete diesem den Totschlag und Ketils Botschaft, und daß sie ihm mit den Leuten aus der westlichen Ansiedelung zu Hilfe kommen und auf das Thing der Grönländer gehen würden. Kolbein antwortete , wenn er könnte, würde er gewiß kommen, und sagte, er wünschte; daß die Grönländer keinen vorteil davon hätten , Norweger zu töten.

Ketil übernahm dann Simons Klage und ging mit einer Schar fort, ließ aber sagen, daß die Kaufleute ihm bald folgen sollten: " — nehmt eure Waren mit!"

Sobald Kolbein diese Nachricht erhalten hatte, brach er auf, bat seine Genossen, zum Thing zu gehen und sagte, daß



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sie so großes Gefolge haben würden, daß die Grönländer sie kaum würden überwältigen können. Kolbein und Ketil trafen einander und ratschlagten. Beide waren hervorragende Männer. Bei der Abfahrt hatten sie ungünstigen Wind, kamen aber doch vorwärts. Sie hatten ein großes Gefolge; doch nicht so viele Männer; wie sie erwartet hatten.

Jetzt versammelte sich das Thing. Sokki, der Sohn Thorirs, war gekommen. Er war ein weiser alter Mann, und man wählte ihn oft, um Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. Er ging zu Kolbein und Ketil und sagte: "Ich will versuchen, einen vergleich herbeizuführen. Ich will mich erbieten, einen Schiedsspruch in eurer Angelegenheit zu fällen. Obgleich es mir schwer fallen wird, da Einar mein Sohn ist, wird mein Spruch doch so ausfallen, daß ich und andere weise Männer ihn als gerecht anerkennen. Ketil antwortete, er und seine Freunde wollten die Klage gesetzlich durchfechten und vorher keinen vergleich eingehen: " — bis jetzt ist man schlimm mit uns umgegangen, und wir sind nicht gewohnt, uns demütigen zu lassen." Sokki antwortete, daß sie seiner Meinung nach nicht gleich stark wären, wenn es zum Kampfe käme. Er sagte auch, es wäre ungewiß, ob sie nicht mehr Ehre davon hätten, wenn er den Spruch fällte.

Die Kaufleute gingen sum Gericht; und Ketil brachte die Klage gegen Einar vor. Da sagte Einar: "Weit umher wird es bekannt werden, daß sie gegen uns geklagt haben." Er ging zum Gericht, zerstreute es, und die Kaufleute kamen nicht ;u ihrem Rechte.

Da sagte Sokki: ,Den vorschlag zum vergleich nach meinem Spruch solltet ihr noch wählen können." Ketil antwortete: "Es wird nichts helfen, wenn du uns eine Genugtuung anbietest, da Einars Zügellosigkeit in dieser Sache immer dieselbe bleiben wird." Damit schieden sie,

Die Kaufleute aus der westlichen Ansiedelung hatten nicht zum Thinge kommen können, da sie widrigen Wind bekommen hatten, als sie mit ihren beiden Schiffen segelfertig dalagen.

Mitten im Sommer sollte bei Schmalland ein vergleich geschlossen werden. Da kamen die Kaufleute von Westen her und legten



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bei einer Landspitze an. Alle versammelten äch dort und berieten sich. Kolbein sagte:"Früher wären wir nicht so nahe an einem Vergleich gewesen, wenn wir alle zusammengewesen wären. Jetzt dünkt es mir aber am rätlichsten zu sein, daß wir alle vollbewaffnet zur versammlung gehen." Das geschah, und sie verbargen sich in einer kleinen Bucht dicht beim Bischofssitz. Da begann man plötzlich beim Bischofssitz zur Hochmesse ;u läuten, und das, weil Einar, der Sohn Sokkis, kam. Und als die Kaufleute das hörten, sagten sie, daß Einar eine große Ehre erwiesen würde, wenn man seines Kommens wegen läutete. und daß es eine Schande wäre, und sie wurden zornig darüber. Ketil sagte: "Erzürnt euch nicht darüber, denn es ist möglich, daß es zum Totengeläut wird, bevor noch der Abend kommt."

Jetzt näherte sich Einar mit seinem Gefolge und setzte sich bei einem Abhang nieder. Sockt holte Kostbarkeiten zur Schätzung hervor, die zur Buße bestimmt waren. Ketil sagte: "Ich will, daß Hermund, der Sohn Kodrans, und ich die Schätzung vornehmen." Sokki antwortete, so solle es sein.

Simon, Össurs verwandter, ging mit unzufriedenem Gesicht herum, während die Schätzung der Kostbarkeiten vor sich ging. Dann wurde ein alter Plattenpanzer hervorgeholt. Da sagte Simon: "Es ist schändlich, daß so etwas für einen Mann, wie Össur, geboten wird," und warf den Panzer hin und ging zu denen, die am Abhang saßen.

Als die Grönländer das sahen, sprangen sie auf und liefen den Abhang hinunter, Simon entgegen. Gleich darauf ging Kolbein ganz allein an ihnen vorbei und griff sie von hinten an. Im selben Augenblick, wo er von hinten Einar zwischen beide Schultern hieb, traf Einars Art Simon in den Kopf, und beide wurden tödlich verwundet. Einar rief, wie er siel: "Das stand zu erwarten!" Dann lief Einars Bundbruder Thord auf Kolbein zu, um ihn niederzuhauen. aber Kolbein eilte ihm entgegen und traf Thord mit der Artspitze in die Keble daß er sogleich starb. Jetzt begann ein harter Kampf. Der Bischof saß bei Einar, der in seinem Schoße verschied.

Steingrim hieß ein Mann. Er bat mit dem Kampf aufzuhören



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und trat zwischen einige der Kämpfenden, aber auf beiden Seiten war die Wut so groß, daß Steingrim in der Hitze des Streits von einem Schwert durchbohrt wurde. Einar starb oben am Abhange bei den Zelten der Grönländer.

Jetzt wurden viele Männer schwer verwundet. Kolbein und seinen Genossen gelang es, mit drei von ihren Leuten, die gefallen waren, an Bord zu kommen, und sie fuhren dann über den Einarsfjord nach den Skjalgsbuden. Dort lagen die Handelsschiffe, und man begann sie in großer Eile zu rüsten. Kolbein sagte: "Es ist heiß hergegangen, und ich glaube, daß die Grönländer jetzt weniger zufrieden als vorher sind." Ketil sagte: "Wahr sprachst du, Kolbein, daß wir Grabgeläute hören würden, bevor wir fortführen, und ich glaube, daß Einar tot zur Kirche getragen worden ist." Kolben antwortete, daß er das Seinige dazu getan hätte. Ketil sagte: "Es ist zu erwarten , daß die Grönländer uns angreifen werden. Deshalb schlage ich vor, daß alle sich entsprechend rüsten und nachts auf den Schiffen bleiben." So geschah es.

Aber Sokki war sehr betrübt über diese Geschehnisse und forderte Beistand von seinen Landsleuten.


6. Der vergleich zwischen den Grönländern und den Kaufleuten

Hall hieß ein Mann, der auf Sonnenberg wohnte. Er war klug und ein guter Bauer. Er war in Sokkis Schar und kam mit seinen Leuten zuletzt an. Er sagte zu Socke "Ich halte nicht viel von deinem Plan, mit Booten die großen Schiffe anzugreifen, die sich wohl gerüstet haben werden, und ich weiß nicht, wie zuverlässig deine Leute sind. Alle tapferen Männer werden sich schlagen, aber die andern werden sich schonen, und die Führer werden deshalb früher müde werden. Dann wird es noch schlechter um unsere Sache stehen, als früher. Ich halte es das ratsamste, wenn man einen Angriff unternehmen soll, daß jeder einzelne Mann schwört, entweder hier zu fallen oder zu siegen. Bei diesen Worten Haus wurden die Männer sehr versagt. Sokki sagte: "Wir dürfen doch



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diese Sache nicht aufgeben, ohne daß ein vergleich geschlossen wird." Hall sagte, er wolle versuchen, einen vergleich zu vermitteln, rief die Kaufleute an und sagte: "Sieht es mir frei, zu euch zu kommen:" Kolbein und Keul antworteten, daß es ihm frei stünde. Da ging Hall zu ihnen und legte ihnen die Notwendigkeit dar; daß der Streit nach solchen großen Ereignissen verglichen würde. Jene antworteten, sie wären auf alles vorbereitet, was die andern wollten, daß aber alle Gewalttätigkeiten von den Grönländern ausgegangen seien: " —da du aber so ehrlichen Willens zu sein scheinst, sind wir einverstanden, daß du zwischen uns vermittelst." Hall antwortete ; er wolle es tun, und so urteilen, wie es ihm am gerechtesten schiene, wie es auch den andern dünken möge. Dieser vorschlag wurde dem Sokki vorgetragen. Er sagte, er wäre auch damit einverstanden, daß Hall den Schiedsspruch fällte. Die Kaufleute sollten sich auch nachts mit der Rüstung ihrer Schiffe beschäftigen, denn man sagte, daß Sokki nichts anderes wolle, als daß sie aufs schnellste fortsegelten " —aber wenn sie ihre Abreise verzögern und mich damit erzürnen, können sie erwarten, wie Friedlose behandelt zu werden, wo man sie findet." Damit schieden sie, und ein Zusammentreffen um vergleich wurde verabredet.

Ketil sagte: "Es sieht nicht aus, als ob wir bald gerüstet sein werden, aber unsere Lebensmittel nehmen ab, und deshalb rate ich, nach Lebensmitteln zu suchen. Ich weiß auch, wo ein Mann wohnt, der viel Lebensmittel hat, und ich rate, sie zu holen." Sie antworteten, sie wären völlig dazu bereit.

In einer Nacht liefen sie zu den Schiffen, im ganzen dreißig Mann, alle bewaffnet, und kamen zu dem Gehöft, das aber ganz verlassen war. Thorarin hieß der Bauer, der dort wohnte. Ketil sagte: "Mein Rat war verfehlt." Sie verließen dann das Gehöft und gingen zu den Schiffen hinunter. Ihr Weg führte durch ein Gebüsch. Da sagte Ketil: "Ich bin müde und will schlafen." Sie sagten, es wäre nicht sehr ratsam, aber er legte sich doch nieder und schlief ein, während die andern um ihn saßen. Bald darauf erwachte er und sagte:



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"Viel sah ich im Traume: Es wird uns nicht schädigen, wenn wir den Busch unter meinem Kopfe herausziehen." Sie sogen den Busch heraus, und unter ihm war eine große Höhle. Keul sagte: Laßt uns erst sehn, was es hier Beute gibt," Sie fanden dort sechzig geschlachtete Rinder und zwölf Gewichte Butter und viele Fische. "Es ist gut sagte Ketil, "daß ich euch nichts Falsches gesagt habe." Jetzt gingen sie an Bord mit ihrer Beute

Nun kam die zur versammlung festgesetzte Zeit heran, und die Kaufleute wie die Bauern kamen. Da sagte Hall: "So ist mein Schiedsspruch zwischen euch: ich will, daß Össurs und Ein ars Tod sich ausgleichen, doch sollen die Norweger friedlos sein und hier weder Obdach noch Nahrung finden. Diese Totschläge sollen sich ausgleichen: des Bauern Steingrim und Simons, des Norwegers Krak und des Grönländers Thorsinn, des Norwegers Vighvat und des Grönländers Björn, Thorirs und Thords. Nun ist einer unserer Männer noch ungebüßt, nämlich Thorarin, der unversorgte Kinder hinterläßt. Er soll mit Geld gebüßt werden." Sokki sagte, ihm und anderen Grönländern gefiele der Spruch nicht, daß alle Totschläge sich ausgleichen sollten. Hall antwortete, sein Spruch solle doch bestehen, und damit schieden sie.

Bald darauf wurde Eis angetrieben und versperrte alle Fjorde; und die Grönländer freuten sich, daß sie doch die Norweger ergreifen könnten, wenn diese nicht so schnell fortführen, wie es verabredet war. Aber beim Mondwechsel trieb alles Eis fort; und die Kaufleute bekamen günstigen Wind zur Abfahrt von Grönland und segelten fort.

Sie kamen nach Norwegen. Kolbein hatte einen Eisbären von Grönland mitgebracht und ging mit dem Bären zu König Harald Gilli und gab ihm diesen. Er trug dem Könige vor; welche schwere Züchtigung die Grönländer verdienten, und verleumdete sie. Aber der König hörte später anderes darüber und hielt Kolbein für einen Verleumder und gab ihm keinen Lohn für das Tier.

Später schloß sich Kolbein Sigurd Slembidjakn an, überfiel König Harald Gilli und schlug ihm eine Wunde. Als sie



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dann an Dänemark bei scharfem Winde vorüberführen, war Kolbein im Schleppboot. Das Boot zerbrach und Kolbein ertrank. Aber Hermund kam mit seinen Leuten nach Island zu seinen Erbgütern.

Und damit schließt diese Saga.



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Die Geschichte der Leute aus Floi



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1. Jarl Atlis Tod

König Harald Goldbart herrschte in Sogn. Sein Weib war Solvör , die Tochter Jarl Hundolfs, die Schwester Jarl Anis, des Schmächtigen. Der junge König Harald war der Sohn Halfdan des Schwarzen und Thoras. Ihre Tochter war Thora, das Weib König Halfdan des Schwarzen vom Hochlande. König Harald Goldbart hatte ihm den Namen gegeben. von allen diesen starb zuerst König Harald Goldbart, dann Thora, zuletzt der junge König Harald, und so fiel das Reich an Halfdan den Schwarzen, der Jarl Ätti den Schmächtigen zum verweser bestellte. Später vermählte sich König Halfdan mit Ragnhild, der Tochter König Sigurds des Hirschen. Aslaug hieß dessen Mutter. Sie war die Tochter Sigurd Natterauges, des Sohnes Ragnar Rauhhoses. Die Mutter Sigurd Natterauges war Aslaug, die Tochter des Fafnitöters Sigurd. Dieser war ein Sohn Sigmunds , dieser war Völsungs Sohn, völsung der Sohn Rers, dieser der Sohn Sigars, Sigar der Sohn Odins, des Herrschers in Asgard. Aslaugs Mutter hieß Brynhild, sie war Budlis Tochter. Der Sohn: Halfdans des Schwarzen hieß Harald, und wurde zuerst Dosis Pflegesohn, dann Harald Filzhaar und zuletzt Harald Schönbaargenannt. Als sich Harald Schönhaar zum Herrscher über ganz Norwegen gemacht hatte, verschwägerte er sich mit Jarl Hakon, dem Sohne Grjotgards und gab ihm die Landschaft Sogn. Dann zog Harald ostwärts nach Vik, aber Jarl wollte sein Reich nicht hergeben, bevor er nicht mit König Harald zusammengetroffen wäre. So kam es zur Fehde zwischen ihnen, und beide sammelten Gefolgschaft. Bei Fjalir in der Stangenbucht trafen sie zusammen, und Hakon siegte, aber Jarl Atli wurde verwundet und auf die Altlisinfel gebracht, wo er an der Wunde starb. Atli hinterließ drei Söhne, von denen einer Hallstein hieß. Er war der älteste und klügste von ihnen. Sein Weib war Thora, die Tochter Ölvirs. Die beiden andern hießen Herstein und Holmstein. Die Brüder waren oft auf Wikingerfahrten.


2. Von Ingolf und Leif

Hromund, der Sohn Greips, hatte zwei Söhne Björnolf und Hroald. Beide waren hervorragende Männer. Totschläge halber,



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die sie verübt hatten, verließen sie Telemarken und ließen sich auf Fjalir im Talfjorde nieder. Björnolfs Sohn hieß Örn, er herrschte über Firdir. Sein Sohn hieß Ingolf und seine Tochter Helga. Beide waren schön anzusehen. Hroalds Sohn hieß Hrodmar und dessen Sohn Leif. Ingolf und Leif waren Vettern und Schwurbrüder. Leiks Mutter war Hrodny, die Tochter Ketils des Bibers, des Sohnes Hördakaris.

Zu der Zeit dieser Erzählung war Ingolf zwanzig Winter alt, aber Leif nur achtzehn. Ingolf ging zu seinem Vater und sagte ihm, er wolle auf Wikingerfahrt gehen und bat ihn um Unterstützung. Leif ging zu seinem Vater und bat ihn um dasselbe, und sie bekamen mehrere Langschisse. Dann baten sie die Söhne Atlis, die große Lust hatten, mit Ingolf auszusieben, sie zu begleiten.

Es galt aber damals ein Gesetz, daß niemand, der jünger als zwanzig Winter war, auf Heerfahrt ausziehn durfte, sonst hätten sie gern Leif mitgenommen. Da sagte Leif: "Wenn wir auf die Probe gestellt werden, wird es sich zeigen, ob ich hinter euch zurückstehe, und wenn ich nicht schlechter bin als andere, dürft ihr mich meine Jugend nicht entgelten lassen." Ingolf antwortete, daß sie zusammen oder keiner von ihnen ausziehen solle. Da wurde beschlossen, daß sie alle zusammen auf die Wikingerfahrt ausziehen sollten, und es wird berichtet, daß sich Leif eisig und tüchtig in allen Mannesproben zeigte.

Ingolf war klug und tapfer bei allen Schwierigkeiten. Sie machten im Sommer große Beute und kamen im Herbste zurück. Inzwischen war Leifs Vater Hrodmar gestorben.

Sie verabredeten sich, im nächsten Sommer wieder zusammen auf Wikingerfahrt auszuziehen und als sie im Herbste zurückkehrten , war Ingolfs Vater Örn tot.

Hallstein lud die beiden Schwurbrüder Ingolf und Leif zu einem Gelage ein, und sie nahmen das an. Als sie voneinander schieden, machte er ihnen kostbare Geschenke. Später luden die Schwurbrüder die Jarlssöhne zu einem Gelage ein. Sie luden auch noch viele andere ein, denn sie wollten große Gefolgschaft haben, falls es zu Streitigkeiten käme.



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Jetzt kamen die Brüder zum Gelage, und den Männern wurden ihre Sitze angewiesen. Beim Gelage trug Helga das Bier herum. Sie war die schönste und edelste aller Frauen.

Jetzt wird berichtet, daß Herstein sie oft freundlich ansah, und daß er bei diesem Gelage den Schwur tat, entweder solle Helga sein Weib werden oder er walle unvermählt bleiben. "Ich habe jetzt die Reihe der Reden eröffnet," sagte er "jetzt kommst du, Ingolf." Ingolf antwortete: "Hallstein soll jetzt reden, denn er ist der klügste und unser Führer in allen Dingen." Hallstein sagte: "Dies schwöre ich, gerecht zu urteilen, wenn mir ein Urteil überlassen wird, auch wenn ich Verpflichtungen haben sollte." Herstein sagte:"Dein Schwur ist nicht um so viel klarer, als du für klüger als wir angesehen wirst. Wie willst du verfahren , wenn es sich um deine Freunde oder Feinde handelt:" Hallstein antwortete: "Das werde ich mit mir selbst ausmachen ." "Diesen Schwur leiste ich," sagte Ingolf, " mit niemand mein Erbe zu teilen, als mit Leif." "Das verstehen wir nicht," sagte Herstein. Hallstein sagte: "Das ist doch leicht zu verstehen: er will seine Schwester Helga Leif zum Weibe geben." Leif gab das Gelübde, nicht ein geringerer Mann als sein Vater zu werden. Hallstein antwortete: "Dazu gehört nicht viel, da dein Vater seiner Untaten wegen aus Telemarken hierher zog." Jetzt schloß das Gelage, und Herstein sagte nichts über die Haar. Die Jarlssöhne gingen nach Hause und blieben den Winter über auf ihrem Gehöfte. Ebenso die Schwurbrüder. Zwischen ihnen herrschte damals Frieden-


3. Kampf zwischen Leif und den Jarlssöhnen

Im Frühling wollte Leif auf Wikingerfahrt ziehen, aber Ingolf riet ihm davon ab und sagte: "Es ist an der seit für uns, ruhig auf unseren Gehöften zu leben. Erinnere dich jener Gelübde." Leif antwortete: "Du kannft über deine Fahrten bestimmen , Schwurbruder, aber ich werde fahren. Doch werde ich sofort zurückkehren, falls es unfrieden gibt." Ingolf sagte, er möchte tun, was er wolle, und damit schieden sie voneinander. Leif zog auf Wikingerfahrt aus und traf mit den Jarlssöhnen



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Herstein und Holmstein bei Hisargafl zusammen. Jene griffen Leif sofort an, und es kam zum Kampfe zwischen ihnen. Leif hatte drei Schiffe, die Brüder aber sechs, und bald hatten sie ein Schiff von Leif erobert. Plötzlich sahen sie fünf Schiffe heransegeln, und auf dem größten stand ein großer und stattlicher Mann in grünem Mantel und mit einem goldenen Helm auf dem Kopfe. Er sagte: "Gegen eine große Übermacht hast du zu fechten, Vetter und es ist mannhaft, dir dabei Beistand zu leisten, Vetter Leif." Es war Ölmod der Alte, Hördakaris Sohn, der gekommen war.

Er kämpfte dann auf Leifs Seite, und das Ende des Kampfes war, daß Herstein siel und Holmstein verwundet wurde und flüchtete. Da sagte Ölmod: "Komm nach dieser Großtat mit uns nach Hause." Leif sagte: "Mein Schiff liegt hier in der Nähe vor Firdir; du hast mir große Hilfe geleistet, Vetter und ich wollte, daß du mit mir nach Hause kämst."

Darauf schieden sie und Leif eilte zu Ingolf und berichtete ihm von seiner Fahrt. Ingolf antwortete, Großes sei geschehen und bat ihn, bei ihm zu bleiben.

Sie verbrachten den Winter zusammen und hielten sich große Gefolgschaft.

Im selben Winter wollte Holmstein Ingolf und Leif überfallen und töten, aber sie erfuhren von seiner Fahrt und zogen ihm entgegen. Es kam zu einem harten Kampf, in dem Holmstein fiel. Jetzt kamen viele Leute zu den Schwurbrüdern, Freunde und verwandte aus Firdir, und sie sandten Hallstein Botschaft, daß sie sich mit ihm vergleichen wollten. Sie sagten, daß sie sich seinem Richterspruche unterwerfen würden. Ingolf fügte hinzu, daß er auf seine Gerechtigkeit vertraue und bat ihn, sich seines Gelübdes zu erinnern. Hallstein antwortete: Großes ist geschehen und schwer ist es, in dieser Sache zu richten." Dann fällte er den Spruch: "Mein Bruder Herstein scheint mir sein Leben verwirkt zu haben, und seinetwegen will ich weder Geldbuße verlangen, noch jemand des Landes verweisen. Holmstein dagegen zog aus, um seinen Bruder zu rächen, und für seinen Tod erkläre ich euren ganzen Landbesitz für verfallen. Ihr selbst sollt Firdir verlassen, bevor drei Winter verstrichen



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sind, oder ihr verfallt der Friedlosigkeit." "Das war zu erwarten," sagte Ingolf.

Später zogen die Schwurbrüder nach Island. wovon im Besiedlungsbuche berichtet ist. Nach Ingolf wurde eine Landspitze im Südlande Ingolfsspitz genannt. Hiermit schließt der Bericht über ihren Zwist.


4. Hallstein siedelt sich auf Island an

Nach dem Falle Jarl Atlis des Schmächtigen sammelte Jarl Sigurd, der Sohn Hakons des Alten, Gefolgschaft, um, in Übereinstimmung mit dem Willen König Harald Schönhaars, Hallstein zu töten. Hallstein entwich aber und zog dieser Unruhen wegen nach Island, wie es damals viele vornehme Leute taten, die sich der Gewaltherrschaft König Haralds entziehen wollten und von ihren Adelssitzen fortzogen, nachdem sie irgend eine Großtat zum Schaden des Königs vollbracht hatten.

Hallstein warf nach alter Sitte die Schlafsaalspfosten über Bord ins Meer, um eine gute Fahrt zu bekommen. Sie wurden an der Stelle ans Land getrieben, die von da an Stützenstrand genannt wurde, das Schiff aber strandete östlich vom Stützenstrande. Damals war das Land weithin aufgeteilt.

Hallstein nahm sich das Land zwischen der Rotach und der Ölvusach bis zur Stankach, das ganze Gebiet der Breitsümpfe bis nach Höh und baute seinen Hof auf Sternstein. Er hatte Thora, die Tochter Ölvirs, zum Weibe. Atli und Ölvir hießen ihre Söhne. Hallsteins Schlafsaalspfosten wurden zum Stahlstrande gebracht und als Türpfosten verwendet.

Alle Leute schätzten Hallstein sehr und sagten, er solle dort bleiben. Seine Nachbarn wollten es gern, denn sie meinten, es wäre eine große Ehre für sie, da er aus einem vornehmen Geschlecht stammte.

Hallstein wurde ein mächtiger Mann und starb in hohem Alter. Nach seinem Tode teilten seine Söhne das Erbe unter sich. Ölvir wohnte zu Sternstein, auf dem Gehöft, das jetzt Ölvirs hausen heißt, dagegen bekam Atli das ganze Land zwischen der Rotach und der Olvusach, Weghöh und Baugshof.



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Ölvir starb jung. ?Atli bekam so die ganze Erbschaft und wurde ein gebr reicher Mann. Einer seiner Knechte hieß Bratt. Dieser war ihm von großem Nutzen bei allen seinen Geschäften. Ihm schenkte Atli die Freiheit, und er wohnte dann in Brattshöh. Dasselbe tat Ätti mit einem andern, der Leidolf hieß. Dieser wohnte auf Leidolfshof. Beide waren sehr tüchtig, hatten viele Freunde und waren ?Atli ergeben.


5. Von Loft

Hallstein hieß ein Mann, der von Sogn nach Island zog. Er war der Schwager von ?litis Sohn Hallstein, der ihm den äußeren Teil von Strandrück gab. Er wohnte auf Vorspitz. Sein Sohn hieß Thorstein, der beim Ausgraben eines alten Baumstammes erschlagen wurde. Dessen Sohn hieß Thorbjörn und wohnte auch auf Vorspitz.

In dieser Zeit kam Loft, der Sohn Örns, von Norwegen nach Island.

Jetzt ist von Ätti zu berichten, daß er mächtig war, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen pflegte und in vielen Beziehungen die Eigenschaften seines Geschlechtes hatte.

Loft reiste von Gaular in jungem Alter nach Island und nahm das Land zwischen der Stierach und der Rotach, bis herauf nach Skufsbach, das Breitmoor aufwärts bis Säulenhöh. Er wohnte in Gaulmännerhofen zusammen mit seiner Mutter Oddny, der Tochter Thorbjörns von Gaular. Jeden dritten Sommer fuhr Loft nach Norwegen, um sich und seinen Oheim Flosi in dem Tempel zu opfern, dem sein Großvater Thorbjörn in Gaular vorgestanden hatte.

von Loft stammen viele berühmte Männer ab. Später kam auch sein Bruder Thorvid von Voß nach Island. Loft gab ihm Land bei Breitmoor, und er wohnte in Össahofen. Seine Kinder hießen Hrafn und Hallveig,

Aue diese Menschen lebten zu gleicher Zeit,


6. Der Streit zwischen Örn und Bödvar

Flosi, der Sohn Thorbjörns und Lofts Oheim, tötete drei Lehnsleute König Harald Schönhaars und fuhr darauf nach



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Island. Er nahm äch Land östlich von der Stierach, das ganze Gebiet der Krummachsebene östlich von der Krummach. Seine Tochter hieß Asny, die Mutter Thurids, des Weibes von valla-Brand. Der Sohn Thorleifs aus Sogn hieß Össur der Weiße. Er hatte in einem Tempel im Hochlande einen Mann erschlagen, als er sich auf der Brautfahrt mit Sigurd Bastard befand. Deswegen war er nach Island geflüchtet und nahm sich zuerst das ganze Hügelland zwischen der Thorsach und Lavabach. Er war fünfzehn Jahr alt, als er diesen Totschlag beging. Er nahm sich Hallveig, die Tochter Thorvids, zum Weibe. Ihr Sohn war Thorgrim der Bärtige. Dieses war der Vater Össurs, des vaters Thorbjörns. Össur wohnte in Kampishöh. Er starb, als Thorgrim noch ein Knabe war, und deshalb übernahm sein Oheim Hrafn die Aufsicht über seinen

Bödvar hieß ein Mann. Er war ein Höriger, den Össur freigelassen hatte, und wohnte auf Bödvarshof beim Weidenwalde. Ihm gab Össur ein Stück Waldland, unter der Bedingung , daß der Wald an ihn zurückfallen sollte, wenn Bödvar zuerst stürbe und keine Erben hinterließe.

Örn hieß ein Mann, der auf Välashütte wohnte. Sein Weib war Thorgerd, die Tochter Baugs, die Schwester Steinis in Snjalsteinshöb.

Im Herbste vermißte Örn sechzig Hammel. Er hatte Bödvar im verdacht, sie gestohlen zu haben, und beschuldigte ihn öffentlich des Diebstahls. Bödvar leugnete ibn und bot Örn keinen Ersatz an. Er glaubte sich sicher unter dem Schutze eines so mächtigen Mannes wie Hrafn, Thorvids Sohn, dem Vetter Lofts von Strandrück.

Im Frühling verklagte Örn Bödvar wegen Diebstahl. Bödvar wollte mit der Verteidigung seiner Sache nicht allein stehen und ging zu Ätti, dem Sohne Hallsteins, denn dieser wohnte näher von ihm als Hrafn, und legte ibm die Sache dar. Ätti antwortete , es wäre wohl möglich, etwas zur verteidigung gegen Örns Klage zu finden. Darauf gelobte er ihm auf Handschlag, über sein Gut zu wachen.

So blieb es bis zum Thinge.



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Auf dem Thinge wurde die Klage gegen Bödvar vorgebracht, und das Urteil sollte gefällt werden. Da ging Ätti mit großem Gefolge zum Richter und sagte, Örn solle die Klage fallen lassen:" —oder ich werde sie zunichte machen." Örn antwortete, daß die Klage nicht zunichte gemacht werden könnte, außer mit Gewalt: " —es kann sein, daß es nicht leicht ist, sein Recht gegen einen Edelgeborenen wie du es bist, durch zusetzen, Ätti, und ich denke, daß du mehr aus Geiz als aus Rechtlichkeitssinn die Sache niederfchlägst, wie es deine Ahnen auch zu tun pflegten." Über diese Worte wurde ?Atli sehr zornig, und führte seine Sache so gegen Örn, daß dieser nichts ausrichten konnte.


7. Rampf zwischen Ätti und Hrafn

Bald darauf starb Bödvar. Nach seinem Tode verlangte Hrafn für Thorgrim den Bärtigen den Wald zurück und verbot Atli, ihn irgendwie zu benutzen. Er berichtete ihm von der Verabredung zwischen Össur und Bödvar und brachte Zeugen dafür bei. ?Atli antwortete er wolle den Wald nicht herausgeben und erinnerte Hrafn daran, daß Anis Vater ihm sein Land gegeben hatte. Hrafn antwortete, daß diese schon lange bezahlt sei, und jetzt wolle er fein Recht. Atli verweigerte ihm die Herausgabe des Waldes, und damit schieden sie.

Eines Tags rüstete sich Atli zu einem Gang nach dem Weidenwalde. Sein Freigelassener Leidolf und zwei Knechte begleiteten ihn. Sie schlugen Holz. Jetzt ist zu berichten, daß Hrafns Schafhirt am selben Tage ausgegangen war, um nach dem vieh zu sehen, und er bemerkte die andern im Walde. Er tief so schnell er konnte nach Hause und berichtete Hrafn, daß Ätti jetzt den Wald nach seinem Belieben benutze: " — er fällt die besten Bäume im Walde, und man glaube nicht, daß du dich mit dem Edelgeborenen messen kannst." Hrafn wurde sehr ornig über diese Worte und rüstete sich zur Fahrt mit sieben Leuten und kam in das Tal, das später Kampftal genannt wurde, und traf dort mit Ätti zusammen. Da rief Atli "Mit Übermacht willst du uns angreifen, Hrafn!" "Das soll unsere ungleiche Abkunft ausgleichen", antwortete Hrafn.

Dann begannen sie sogleich zu kämpfen, Arti und Hrafn fochten



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gegeneinander und tauschten harte Hiebe. Auch Leidalf wehrte sich tapfer und wollte sich jetzt für seine Freilassung erkenntlich zeigen, aber zuletzt wollte er fliehen, und dabei fiel er, nachdem er noch einen Mann erschlagen hatte. Ätti tötete einen von Hrafns Knechten und griff Hrafn an. Zwei von Hrafns Knechten fielen, aber Ätti wurde tödlich verwundet.


8. Atlis Tod

Önund der Weißfleckige hieß einer der ersten Ansiedler auf Island. Er nahm das Land östlich von Hroasbach und wohnte auf Önundshöb. Sein Weib war Thorgerd, die Tochter Sigmunds des Sohnes Sigvats des Roten. Sigmund war auch der Vater Mörds des Geigers.

Önund kam jetzt hinzu und trennte Ätti und Hrafn. Er begleitete Atli nach Hause und bat ihn, zu ihm zu kommen: — ich werde dir alle Pflege zukommen lassen." Ätti antwortete , das wäre ein freundliches Angebot, er wolle aber nach Hause, nach Weghöh, und fügte hinzu, daß er wohl an seiner Wunde sterben würde, ebenso wie sein Großvater, Jarl ?Atli, dessen Namen er ja auch trüge.

Thord hieß Atlis Sohn, er war neun Winter alt, als dieses sich zutrug. ?Atli ließ ihn zu sich kommen und sagte zu ihm: "Wahrscheinlich werde ich an meiner Wunde sterben. Du erbat meinen ganzen Besitz, und wenn du deinen Ahnen gleichst, wirst du den Tod deines vaters rächen. Ich ahne, daß du und deine Nachkommen große Männer sein werden."

Darauf starb Ätti zu Hause in Weghöh, und er wurde in einem Grabhügel beigesetzt, wie es damals Sitte war. Thord übernahm den ganzen Besitz und verwaltete ihn nach dem Tode seines vaters. Er war schön anzusehen, frühreif und tapfer.

Ölvir hieß Atlis zweiter Sohn und wurde Ölvir der Schmächtige genannt. Die Brüder waren einander sehr ungleich. Thord verwaltete den Besitz in Weghöh, aber Ölvir begab sich schon in seiner Jugend auf Kauffahrten und hielt viel auf sein Äußeres. Später wurde er ein großer Wiking, und zuletzt ließ er sich in Sogn nieder und kam niemals mehr nach Island. In der Zeit herrschte Erich Blutart über Norwegen.



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9. Thord tötet Hrafn. Seine späteren Geschicke

Als Thord fünfzehn Winter alt war, dachte er daran, seinen Vater zu rächen. Hrafn war aber ein großer Held und Thord fühlte sich noch zu jung dazu.

Jetzt wird berichtet, daß Thord einmal erfuhr, daß Hrafn allein nach Einarshafen zu einem Schiff geritten war und am Abend zurückkehren wollte. Hrafn trug einen blauen Mantel, hatte ein Schwert am Gürtel und einen großen Speer in der Hand, dessen Schaftrohr mit Goldstreifen geschmückt war. Dieser Speer hatte ihm und seinem Vater gehört. Sonst war er nicht zum Kampf gerüstet. Thord lag allein im Hinterhalt bei Höhenfurt , unterhalb Weghöhs, und erwartete Hrafn. Er hatte einen Speer in der Hand und wollte jetzt seinen Vater rächen oder selbst sterben. Und als Hrafn am Abend nach Hause ritt, sprang Thord unerwartet hervor und durchbohrte ihn mit dem Speere. Hrafn fiel vom Pferde, und als er tot war, ging Thord von ihm fort. Sein Grabhügel liegt östlich von der Straße, aber westlich von ihr liegen die Grabhügel von Atli, Ölvir und Hallstein.

Thord ging jetzt nach Hause, und es dünkte den Leuten, daß sein Ansehen durch diese Tat sehr gewachsen wäre.

Später boten Hrafns Schwager und seine Sippe einen Vergleich an. Thord antwortete, er wolle zeigen, daß er nicht unbillig denke. Notwendigkeit habe ihn gezwungen, seinen Vater zu rächen. Aber er wolle sich gern vergleichen und alles, was geschehen war; sollte sich ausgleichen. Diesen Vergleich nahm Hrafns Sippe an, denn sie fand ihn nicht unbillig, und sie versöhnten sich völlig.

Thord wurde ein berühmter Mann. Er nahm Thorun um Weibe, die Tochter Asgeirs, den man den Schrecken der Norweger nannte, weil er einmal die ganze Besatzung eines Schiffes, die ihn vorher ausgeraubt hatte. in der Mündung der Grimsach tötete.

Asgeir war ein sehr mächtiger Mann, und Thorun eine nichtige Frau.



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Thord nahm den Wald in Besitz, von dem vorher die Rede war. Als Thord zweiundzwanzig Winter alt war, kaufte er sich ein Schiff im Fährensunde, um nach Norwegen zu fahren und sein Erbe zu fordern, das seine Ahnen in Sogn besaßen und das der König an sich genommen hatte. Er sagte zu Thorun, daß sie ibn begleiten sollte, aber Thorun antwortete, sie hielt es ratsamer; zu Hause zu bleiben. Thord erzürnte sehr darüber. Er nahm einen großen Teil seiner Habe und vergrub ihn in der Erde. Da sagte Thorun: "Du kannst deine Habe vergraben, denn eine Ahnung sagt mir; daß du weder von dieser, noch von der in Norwegen Nutzen haben wirst." Dann übernahm sie die Verwaltung des ganzen Besitzes. Ihr Sohn hieß Thorgils. Er war zwei Winter alt, als Thord nach Norwegen fuhr. Dies Schiff verschwand, und man hat nichts mehr von ihm gehört,


10. Thorgils tötet das Pferd Jlling

Im Winter darauf kam Thorgrim der Narbige ,nach Island und landete im Fährensunde. Seine Mutter war Thurid, die Tochter Ketilbjörns von Moorberg. Thorgrim war groß und stark. Er blieb den Winter über bei Thorun in Weghöh, und war ihr bei vielem behilflich. Er gefiel ihr, und sie bat ihn, bei ihr zu bleiben und selbst den Lohn zu bestimmen. Er antwortete, er wolle es und begehrte sie zum Weibe und sagte, er würde nur unter dieser Bedingung bei ihr bleiben. Sie beriet sich darüber mit ihren Freunden und verwandten. Es wurde beschlossen, daß er drei Winter warten müsse, denn sie solle sein Gemüt prüfen und sehen, wie sie zusammen lebten. Als die drei Winter verstrichen waren, wurde sie sein Weib und sie kamen gut mit einander aus.

Thorgrim wurde für einen großen Helden angesehen, er war aber rücksichtslos. Er war Wiking gewesen und hatte soviel Wunden davongetragen, daß man ihn den Narbigen nannte, sein Stiefsohn Thorgils aber wurde Stiefsohn des Narbigen genannt .

Thorgrim war ein guter Gode und war freundlich gegen Thorun und ihren Sohn Thorgils Ihr gemeinsamer Besitz war sehr groß.



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Jetzt wird von einem Sommer berichtet; wo die Männer sich an der geweihten Thingstätte bei Loft versammelten. Thorgils war fünf Jahre alt, als er dorthin ging, und wollte am Spiele der Knaben teilnehmen. Er suchte sich einen Platz aus und sagte, dari wolle er stehen. Die andern Knaben sagten, sie hätten sich verabredet, daß nur solche am Spiel teilnehmen dürften, die ein lebendes Wesen getötet hätten. Thorgils konnte nicht am Spiele teilnehmen und war darüber sehr traurig. Am Abend kehrten die Leute zurück.

Thorgrim besaß viel Vieh von allen Arten, Schafe wie Hammel. Eins seiner Pferde hieß Jlling, es war alt und wenig brauchbar.

Als die Leute nachts schliefen, wachte Thorgils und dachte an das Geschehene und wollte nicht noch einmal vom Spiele ausgeschlossen werden. Er stand auf, nahm einen Zaum, ging hinaus und sah die Pferde beim Gehöfte stehen. Er ging auf sie zu, nahm Jlling und führte ihn zu einem Hause. Dann nahm er einen Speer in die Hand, ging aufs Pferd zu und stieß es in den Leib, daß es tot umfiel. Dann legte er sich wieder hin.

Als die Leute am Morgen wieder an die Arbeit gingen, bat Thorgrim, Jlling nach Hause zu bringen, aber man konnte das Pferd nicht finden. Als man das Thorgrim mitteilte, sagte er, das Pferd wäre am Abend dort gewesen und man solle es suchen. Da fanden sie das tote Pferd. Sie berichteten das Thorgrim . Thorgrim sagte, er könnte sich niemand denken, der es mit ihm verderben wollte. Da sagte Thorgils: "Ich tötete das Pferd." Thorgrim Sagte ihn, warum er das getan hätte. Thorgils sagte ihm den Grund seiner Tat. "Wir werden nicht mit einander auskommen können,"sagte Thorgrim",geb du zu deinem Freunde Loft, denn wir werden uns nie verstehen können."


11. Aus Thorgils' Jugend

Am selben Tage ging Thorgils fort und zu Loft, und dieser nahm ihn voll Freude bei sich auf,

von Thorgils wird berichtet, daß er schön, mannhaft und



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verständig aussah, hoch und gerade gewachsen war, stark, aushaltend und schnell in seinen Beschlüssen, freundlich und mutig, streitlustig. Er war der erste aller Männer im Kampfe und als er erwachsen war, ermüdete er nie in Mannesproben, wie später berichtet werden wird. Er war heftig und doch standhaft, herzhaft und tapfer, und zeigte sich allen Gefahren gewachsen.

Es wird berichtet, daß Thorgils, als er neun Winter alt war, um Erlaubnis bat, mit Lofts Knechten aufs Meer zu rudern, was man ihm erlaubte, wie so vieles andere. Thorgils warf seine Leine aus und fing einen großen, flachen Fisch, aber keiner von den Anderen sing etwas an dem Tage, und als ein Unwetter aufzog, zeigte es sich, daß Thorgils zu rudern gelernt hatte obgleich er noch so jung war. Sie legten dann am Lande an. Loft sagte, daß man aus solchen Zügen schließen könnte, was später aus ihm werden würde.

Sie gingen dann nach Hause, und Thorgils zog den Fisch hinter sich her. Als er auf dem Wege ging, löste sich die Erde los, über die er den Fisch zog, und Thorgils merkte, daß er ihn über etwas Hartes zerrte. Er schaute hin und sah, daß dort ein Silberring lag. Dann gingen sie nach Hause und Thorgils gab den Ring seinem Pflegevater Loft zur Aufbewahrung.


12. Thorgils' Fahrt nach Norwegen

Im Jahre darauf geschah es, daß einige Knechte auf einem Grabhügel nach Schätzen gruben. Thorgils kam zu ihnen und sagte, daß er nicht ihnen gehörte, nahm ihnen drei Mark ab und schlug sie. Er gab Loft dieses Geld und alles andere, das er erwarb. Er wurde jetzt berühmt, obgleich er noch Sung war.

Als Thorgils fünfzehn Winter alt war, gelüstete es ibn, nach Norwegen zu fahren. Er war damals schon an Verstand und Kräften erwachsen. Er ging zu Thorbum, seinem Stiefvater, und bat ihn, sein Gut mit ihm zu teilen. Loft bat ihn, noch einen Winter bei ihm zu bleiben und sagte, dann würde er alles bekommen, was er wollte. Thorgils tat es, und als er sechzehn Winter alt war, bat er Thorgrim zum zweitenmal,



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sein Gut mit ihm zu teilen. Thorgrim antwortete: "Dazu habe ich noch keine Lust, denn ich glaube nicht, daß du besser als ich verstehst, das Gut zu verwalten." Thorgils sagte:"Ich will es jetzt haben, und wenn ich es jetzt nicht bekomme, so werde ich es bekommen, wenn ich es zum drittenmal verlangen werde." Er ging dann zu Loft und erzählte ihm das vorgefallene. Loft antwortete, er glaube nicht daß Thorgrim ihm das Gut verweigern werde wenn er es zum drittenmale verlangte. Dann gab Loft ihm Geld zur Fahrt nach Norwegen. Aber Thorgils sagte, er wolle diesmal nur wenig mitnehmen. Als er zur Reise gerüstet war; rief er seine Spielgenossen zusammen und sprach zu ihnen: "Ich will euch jetzt die Freude belohnen, die ich durch euch gehabt habe, und eure Freundschaft. Nehmt diese drei Mark Silber, die ich den Knechten abgenommen habe Mein Pflegevater Soft aber soll den Ring behalten und meine Freundschaft."

Darauf fuhr Thorgils mit geringer Habe vom Fährensunde fort und kam im Herbste nach Norwegen. Er blieb den Winter über bei einem Manne; der Olaf hieß. Olaf wohnte in Hardanger . Er war mächtig und klug.

zu jener Zeit herrschte Harald Graumantel zusammen mit seinen Brüdern und der Königsmuter Gunnhild über Norwegen. Im Winter besuchten sie die Gelage, wie es Sitte war.

Olaf rüstete nun ein prachtvolles Gelage für den König und seine Mutter, und als das Gelage in vollem Gang war, Sagten sie, wer der große, jugendliche Mann wäre, der dort war. Olaf antwortete: "Das ist ein Isländer." Der König sagte: "Aus vornehmem Geschlechte muß er stammen, das kann man an seinem Gesichte sehen."

Thorgils spielte mit dem Könige, und dieser hatte viel Freude an ihm, und Thorgils hatte immer Glück beim Spiele. Da sagte der König: "Dich werde ich Thorgils, meinen Helden, neunen " Thorgils sagte da dem Könige, daß er von seinen edlen Ahnen großen Besitz in Sogn geerbt hätte. Der König antwortete: "Meine Mutter hat jetzt deine Ländereien verwaltet und bestimmt allein darüber. Suche ihre Freundschaft, so wird es dir gut gehen." Thorgils sprach dann mit Gunnhild über diese



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Sache. Sie antwortete ihm freundlich, und bot ihm an, Hofmann beim Könige zu werden. Thorgils sagte, er wäre nicht geeignet, am Königshofe zu leben, und lehnte das Angebot ab. Darüber erzürnte die Königin und trat mit dem Fuß nach ihm und stieß ihn vom Hochsitz herunter und verweigerte ihm seine Erbgüter und sagte, er wüßte nicht, was zu seiner Ehre diente. Der König war freundlich zu ihm und gab ihm im geheimen Silber, sodaß er Geld seinen Handel hatte. "Damit wirst du reich werden können," sagte er; " wenn das Glück bei dir ist. Komm zu uns, wie ein Freund, aber am besten dann, wenn meine Mutter nicht in der Nähe ist." Dann verließ der König das Gelage.


13. Thorgils überwindet ein Gespenst

Im Frühling sagte Thorgils zu Olaf, daß er im Sommer auf Kauffahrt ziehen wolle, um sich Gunnhilds Übergriffen zu entziehen . Olaf gefiel das sehr,

Thorgils war den Sommer über auf Kauffahrt, und erstand sich gut dabei. Im Herbste kam er zur Westbucht zu einer Frau, die Gyda hieß. Sie war Witwe und hatte einen Sohn, der Audun hieß. Beide verpflegten ihn gut. Gyda kannte viele alte Künste und Wissenschaften. Audun war freundlich gegen Thorgils und bat ihn um seine Freundschaft, als dieser fortreiste.

Darauf kam Thorgils zu einem mächtigen Manne, der Björn hieß, und hatte es gut bei ihm. Dort waren die Zimmer sehr schön, und man pflegte früh zu Bett zu gehn. Thorgils Sagte, warum das geschähe; und bekam zur Antwort; das Björns Vater der vor kurzer Zeit gestorben war, umginge, und daß sich die Leute vor ihm fürchteten. Thorgils war damals sehr stars geworden. Im Winter geschah es oft, daß Thorgils hörte, wie jemand ans Dach schlug. In einer Nacht stand er auf, nahm eine Art in die Hand und ging hinaus. Da sah er ein großes und bösartiges Gespenst vor der Tür stehen. Thorgils hob die Art, da wandte sich das Gespenst ab und ging zu seinem Grabhügel. Thorgils folgte ibm, und als sie den Hügel erreichten, wandte das Gespenst sich ihm wieder zu.



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Sie begannen zu ringen, denn Thorgils hatte die Art fallen lassen, Ihr Kampf war so hart und grimmig, daß sie die Erde mit ihren Füßen aufwühlten. Endlich aber, da Thorgils zu einem längeren Leben bestimmt war, siel das Gespenst rücklings hin und Thorgils darauf. Thorgils schöpfte Atem und griff dann nach seiner Art. Er hieb dem Gespenste den Kopf ab und sprach dann über ihm, daß es keinem Menschen mehr Schaden zufügen solle, und niemals wurde es mehr gesehen. Björn erwies Thorgils große Ehre, weil er ihm so großen Frieden im Hause verschafft hatte.

In einer Nacht wurde an die Tür geklopft, und Thorgils ging hinaus. Sein Freund Audun, der Sohn Gydas war gekommen. Thorgils begrüßte ihn freundlich und fragte, was er wolle. Audun antwortete; er bedürfte seines Beistands, da seine Mutter Gyda gestorben wäre und seltsame Dinge sich bei ihrem Tode ereignet hätten " — alle Leute sind fortgezogen, denn niemand wagte zu bleiben. Jetzt will ich sie zu Grabe bringen, und du mußt mich begleiten." "Das soll geschehen," antwortete Thorgils.

Dann ging er mit Audun fort, ohne Björn etwas davon zu sagen. Sie kamen zu Auduns Gehöft, fanden dort die tote Hausfrau , und richteten die Leiche her. Audun sagte: "Du, Thorgils , sollst einen Sarg für meine Mutter zimmern und ihn unten mit Füßen versehen. Der Sarg muß mit starken Haken geschlossen werden, denn das ist notwendig, wenn wir Erfolg haben wollen." Das wurde alles gemacht. Audun sagte, er würde bestimmen, was mit dem Sarg zu geschehen hätte: — wir müssen sie forttragen und begraben, und darauf so schwere Gegenstände, wie nur möglich, legen." Sie gingen dann, und als sie eine Weile gegangen waren, begann es in dem Sarge laut zu knacken, und dann sprangen die Haken ab, und Gyda stieg aus dem Sarge heraus. Jetzt sprangen die beiden hinzu, ergriffen sie und mußten sich anstrengen, obgleich sie beide starke Männer waren. Sie beschlossen, sie zu einem Holzstoß zu bringen, den Audun errichtet hatte. Dann hoben sie sie auf den Holsstoß und warteten, bis sie verbrannt



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Nun sagte Audun "Reiche Freundschaft hast du mir erzeigt, Thorgils, und große Mannhaftigkeit, wie bei allen Gelegenheiten . Schwert und Mantel will ich dir geben, aber wenn ich später einmal das Schwert zurückverlange, so mußt du mir es geben. Doch werde ich dir dann eine andere gute Waffe dafür schenken." Mit dieser verabredung schieden sie, und Thorgils kehrte zu Björn zurück.

Wir beginnen die Erzählung wieder dort, wo Björn Thorgils vermißte. Er war sehr traurig darüber und sagte, er hätte einen guten Mann verloren: —und das wäre schlimm, wenn ein Troll oder Unhold ihn entführt hat. Wir sollten ihm zur Ehre trinken, und ich fürchte, daß es kein Empfangstrunk werden wird, denn wir haben ihn so viele Tage gesucht."

Während dieses Gelages kehrte Thorgils zurück und wurde von Björn herzlich empfangen. Das Fest begann aufs neue, und dann gingen die Männer nach Hause.


14. Jarl Hakon lädt Thorgils zu sich ein

Zu der Zeit herrschte Hakon, der Jarl von Lade, in Norwegen. Da sagte Thorgils zu Björn, daß er versuchen wolle, seinen Besitz in Sogn wiederzubekommen. Björn antwortete: "Du bist im Recht, doch fürchte ich, daß Jarl Hakon deinen Besitz wie anderes sich auch angeeignet hat, denn er ist sehr habgierig, und es ist nicht zu erwarten, daß er dir dein Eigentum zurückgeben wird. Ich werde aber zu ihm über dein Anliegen sprechen, sobald er zu mir kommt."

Jetzt kam der Jarl zur verabredeten Zeit zum Gelage, und Björn brachte ihm Thorgils Anliegen vor und sprach viel von Thorgils Mannhaftigkeit und Tüchtigkeit. Der Jarl antwortete . die Güter gehörten jetzt ihm, er wolle aber den Mann sehn, und als Thorgils zu dem Jarl kam, sagte dieser: "Du dist ein großer Held, stark und schön anzusehen, und scheinst das Glück mit dir zu haben. Ich will dich zu mir laden. und dann können wir dein Anliegen besprechen." Thorgils antwortete, er nehme das Angebot an.



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15. Der wiking Svart begehrt Olafs Schwester Gudrun Thorgils' Traum

Thorstein hieß ein Mann, und wurde der Weiße genannt. Er war ein Lehnsmann Jarl Hakons. Thorstein war sehr beliebt, und seine Güter lagen in der Nähe von Thorgils. Sie wurden bald gute Freunde und waren beide beim Jarl. Thorgils gab Thorstein den Mantel aus neuem Scharlach, den er von Audun erhalten hatte-

Damals war auch Erich der Rote bei Jarl Hakon, ein Isländer, der später Grönland auffand und es bebaute. Er war ein junger Mann, höfisch, und Thorgils' bester Freund.

Da geschah es eines Tags, daß Thorgils zum Jarl von seinen Gütern zu sprechen begann. Jarl Hakon antwortete: "Wohl gefällt mir deine Aufführung, aber ich weiß nicht, wie zuverlässig du bist. Ich will dir deine Güter nicht geben, wenn du mir nicht einen Beweis deiner Tapferkeit ablegst. Du sollst mir die Steuern von den Hebriden eintreiben, die ich drei Jahrelang nicht bekommen habe." Thorgils bat ihn, ihm einen Anführer für die Fahrt zu geben:" —so will ich ihm nach meinen Kräften beistehen." "Du sollst auf dieser Fahrt selbst der Anführer sein," antwortete der Jarl, " denn so wird sich deine Brauchbarkeit und deine Tapferkeit am besten zeigen." Thorgils sagte:"Laß den weißen Thorstein mit mir gehn." "Darüber mag er selbst bestimmen," antwortete der Jarl. Thorstein sagte, er würde Thorgils begleiten, wenn dieser es wünschte.

Jetzt rüsteten sie sich zur Fahrt und hatten zwei Schiffe, aber wenig Besatzung. Als sie zu den Hebriden kamen, forderten sie die Steuern, bekamen aber nur wenig. Im Herbst kamen sie nach Taithneß und litten dort Schiffbruch. Sie verloren dabei all ihre Habe, aber die Mannschaft wurde gerettet.

Olaf hieß der Jarl, der dort das Reich beherrschte. Als er hörte, daß sie Hakons Mannen waren, lud er sie zu sich ein. Das nahmen sie an und blieben den Winter über bei ihm.

Svart Eisenhaupt hieß ein Mann. Er war ein großer Wiking und der schlimmste Übeltäter. Er lag mit seinem Schiffe bei den englischen Inseln. Wenn er eine schöne und liebliche Frau



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sah, so war es seine Art, sie für eine Weile zu sich zu nehmen, und niemand wagte ihm zu widerstehen,

Jarl Olafs Schwester hieß Gudrun. Sie war schön anzusehn und erfahren in allen Frauenkünsten. Svart Eisenhaupt kam in diesem Winter zu Olaf und wollte dessen Schwester haben als Geliebte oder als Weib. Olaf antwortete: "Du würdest mir nur von geringem Nutzen sein, auch wenn du dein Bestes wolltest, und am wenigsten jetzt; wo du zu Bösem aufgelegt bist. Ich weise deine Werbung zurück." Der Wiking aber sagte da: "Du mußt im Zweikampf mit mir fechten oder Mannschaft sammeln und mit meinen Mannen kämpfen." Der Jarl sagte: "Besser ist es, würdig zu sterben, als schmachvoll zu leben." Svart antwortete: "Du wählst den schlechtern Teil, und daran wirst du noch oft denken. Aber ein elender Wicht bist du, wenn du nicht kommst." "Gewiß werde ich kommen", antwortete der Jarl, " oder dir einen andern Mann an meiner Stelle entgegensenden." Mit dieser verabredung schieden sie.

Der Jarl berief hierauf ein Thing und erzählte, welches Unheil ihm widerfahren war: " — ich werde dem Manne meine Schwester Gudrun zum Weibe geben, der Svart erschlägt, denn ich weiß, nur ein solcher wird sich dazu entschließen, der mir keine Schande machen wird." Niemand antwortete dem Jarl, obgleich den Männern der Kampfpreis verlockend zu sein schien, denn die Leute fürchteten sich vor apart Eisenhaupt. Thorgils und Thorstein sprachen zusammen über diese Sache, und sie schien Thorstein verlockend zu sein, aber Thorgils sagte nur wenig dazu. Thorstein Sagte: "Willst du es versuchen, Freund " Thorgils antwortete wenig darauf. Später sagte Thorstein dem Jarl, daß er den Kampf übernehmen wolle, und der Jarl freute sich darüber.

In der Nacht darauf träumte Thorgils, daß sein Freund Audun zu ihm käme und sagte: "Du schläfst, aber was ich dir sagen werde, ist eben so wahr, als wenn du es im Wachen hörtest. Du sollst mit diesem Berserk fechten, denn dir gönnen wir diese Ehre. Aber dieser Svart ist mein Bruder, obgleich ich keinen Nutzen von ihm gehabt habe, denn er ist der größte



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Übeltäter. vor einem Zweikampf fragt er immer seinen Gegner, ob er das Schwert Bladnir habe Gerade dieses Schwert habe ich dir gegeben. Du sollst es im Sande verstecken und ihm sagen, daß du nicht weißt, ob dessen Knauf über der Erde ist." Darauf verschwand Audun. Thorgils erwachte und erzählte seinem Freunde Thorstein den Traum.


16. Thorgils tötet Svart und findet eine Höhle

Am nächsten Morgen gingen Thorgils und Thorstein mit dem Jarl zum Kampfplatz, und Thorgils hatte sich zum Kampfe gerüstet. Der Wiking fragte ihn nach dem Schwerte Bladnir. Thorgils antwortete, er wüßte nicht, ob dessen Knauf über der Erde wäre.

Thorgils zog jetzt das Schwert aus dem Sande heraus, und dann fochten sie. Als sie eine Weile gefochten hatten, hieb Thorgils den unteren Rand von Svarts Schild und Svart selbst den Fuß ab. Dann schlug er ihm den Kopf ab.

Damals gab es ein Gesetz, daß man sich alle Güter dessen aneignen durfte, den man im Zweikampf gefällt hatte. Thorgils nahm Svarts sämtliche Schiffe und alle seine Habe, und bekam Gudrun, die Schwester Jarl Olafs, zum Weibe. Jetzt fehlte es Thorgils weder an Mannschaft, noch an Geld.

Im Frühling sagten sie dem Jarl, daß sie im Sommer auf Freibeuterei ausziehen wollten. Sie fuhren nach den Hebriden und stellten die Einwohner vor die Wahl, entweder Plünderung und Totschlag zu ertragen, oder Jarl Hakon die Steuern zu bezahlen. Sie zogen vor, die Steuern zu bezahlen, die ihnen auferlegt waren. Die Steuern wurden bezahlt, und dann fuhr Thorgils mit seiner Mannschaft ostwärts nach Norwegen zu Jarl Hakon, der ihn freundlich empfing. Sie gaben ihm das Geld und außerdem noch kostbare Geschenke.

Der Jarl überließ jetzt Thorgils die Landgüter in Sogn. Thorgils und der weiße Thorstein blieben den Winter über beim Jarl und wurden sehr geehrt. Im Sommer wollten sie auf Freibeuterei ziehen und im Winter zum Jarl zurückkehren



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In einer Nacht kam Audun zu Thorgils und forderte von ihm das Schwert Bladnir zurück: " — ich werde dir dafür zunächst eine Art geben, und bald ein gutes Schweri."Thorgils antwortete, er solle das Schwert nehmen. Audun dankte ihm dafür und gab ihm einen goldnen Fingerring. Als Thorgils erwachte, war das Schwert fort, und das tat ihm sehr leid.

Im Sommer zogen sie auf Freibeuterei. Gyrd hieß ein Wiking, den sie im Sommer bei einer Insel trafen. An einem Morgen kam eine Schute von Gyrds Schiffen zu Thorgils und überbrachte die Botschaft, daß Gyrd sich ihm anschließen wollte. Das geschah, und Gyrd sollte ebenso viele Schiffe haben, wie Thorgils und dafür die Hälfte der Beute erhalten.

Den Sommer über waren sie auf Wikingerfahrt und machten große Beute. Sie töteten viele Räuber und Wikinger, ließen aber Bauern und Kaufleute in Frieden.

Im Sommer kamen sie nach Island. Dort, wo sie landeten, befand sich ein Wald. Sie gingen in den Wald hinein und sahen, daß an einer Stelle das Laub von einem Baume gefallen war. Sie zogen den Baum heraus und sahen unter ihm eine unterirdische Höhle. In ihr waren bewaffnete Männer. Thorgils schlug seinen Leuten vor, daß derjenige die Kostbarkeiten haben sollte, der zuerst in die Höhle ginge, und alle stimmten dem zu, nur nicht Gyrd. Darauf sprang Thorgils in die Höhle und fand dort keinen Widerstand. Dort lag ein blaues Tuch, zwei Goldringe und ein gutes Schwert. Zwei Frauen waren dort, die eine war jung und schön, die andere alt, aber auch schön.

Thorgils ging durch die Höhle, und an vielen Stellen trat der Fels heraus. Er hatte eine Wurzelkeule in der Hand, mit der schlug er um sich, und die meisten flohen vor ihm. Thor~tein ging mit ihm, und als sie die Höhle verließen, nahmen sie die junge Frau mit sich aufs Schiff, und auch die ältere.

Die Leute von der Höhle verfolgten sie jetzt, aber Thorgils und seine Genossen stachen in See, sobald sie die Schiffe erreicht hatten. Jetzt trat ein Mann aus der Schar der verfolger hervor und hielt eine lange Rede, aber sie verstanden seine Worte nicht. Da sagte die gefangene Frau auf nordisch, daß jener das geraubte Gut aufgäbe, — " wenn ihr uns frei



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laßt. Dieser Mann ist Jarl und mein Sohn, ich aber stamme mütterlicherseits aus Vik. Wenn ihr meinem Rate folgt, werdet ihr den größten Nutzen aus den Kostbarkeiten ziehen, denn schwere Last folgt dem Schwerte. Mein Sohn heißt Hugi, erbietet dir, Thorgils, Geld, wenn ihr mich hier laßt. Es wird euch kein Glück bringen, uns zu entführen." Thorgils folgte ihrem Rate und brachte die Frauen ans Land. Jarl Hugi ging ihnen voll Freude entgegen und gab ihm einen Ring. Einen zweiten empfing Thorgils von Hugis Mutter und einen dritten von der Jungfrau, und dann wünschten sie ihm Glück.


17. Thorgils tötet Randvid

Nach diesem Ereignis wollten Thorgils und Thorstein mit der Freibeuterei aufhören und die Beute teilen. Da verlangte Gyrd die Kostbarkeiten. Thorgils antwortete, er hätte viele Zeugen für ihre verabredung. Gyrd sagte, er wäre ihr nie beigetreten und würde lieber kämpfen, als auf die Kostbarkeiten verzichten. Thorgils antwortete, es wäre rätlicher, nicht die ganze Mannschaft einer Gefahr auszusetzen: " — es ist besser, wenn wir zwei allein uns an einander versuchen." Dem stimmte Gyrd zu. Dann fochten sie. Thorgils brauchte das Schwert, das er in der unterirdischen Höhle gefunden hatte und schlug Gyrd den Fuß über dem Knöchel ab. Gyrd blieb am Leben und wurde später Gyrd der Lahme genannt.

Darauf fuhren Thorgils und seine Leute nach Norwegen und blieben den Winter bei Jarl Hakon. Thorgils Weib Gudrun gebar da einen Knaben, der Thorleif genannt wurde.

Im Frühling wollte Thorgils zu seinem Besitz auf Island reisen. Jarl Hakon bestätigte ihm noch einmal seinen Besitz in Sogn, und sie schieden in bester Freundschaft.

Thorgils blieb einen Sommer und einen Winter auf seinem Besitz in Sogn.

Dann sagte er zu Thorstein, daß er zu seinen Gütern auf Island reisen wolle: " - denn sie werden von Leuten verwaltet, die mir nicht gefallen. Ich habe jetzt mein Schiff rüsten und viel Gut darauf bringen lassen. Aber meine Güter bier in Norwegen



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sollst du für meinen Sohn Thorleif verwalten, denn ich habe dich als redlichen Mann kennen gelernt. Ich will dich noch mit einem andern Geschenk belohnen: mein Weib Gudrun will ich dir geben, denn ich habe gemerkt, daß du sie liebst, obwohl du versucht hast, es zu verbergen." Thorstein dankte Thorgils für das Geschenk, und den Leuten gefiel Thorgils Handlungsweise sehr.

Thorgils unternahm eine Handelsreise nach dem Oberlande und Schweden und war den Winter über bei einem Bauern, der Thrand hieß. Dieser war ein reicher Mann und hatte eine Tochter namens Sigrid. Ein Mann, der Randvid hieß, bewarb sich um sie. Er war bösartig und tapfer. Thrand wies seine Werbung ab. Da forderte Randvid Thrand zu dem Zweikampf der Faßkampf genannt wird. Man sollte in einem Faß kämpfen. Das werde oben geschlossen, und der eine hatte einen Stock in der Hand.

Thrand wollte lieber fechten, als seine Tochter einem so schlechten Manne geben. Thorgils sagte da zu Thrand: "Du haft mich gut bewirtet, und ich will dich für deine Güte damit lohnen, daß ich an deiner Stelle mit Randvid fechten werde." Thrand sagte, er nähme das an. Thorgils hatte sein Schwert Jardhusnaut 1 , Randvid hatte einen Stock, der eine Elle lang und sehr dick war. Das Faß wurde geschlossen. Randvid bat Thorgils , den ersten Schlag zu führen, denn er war der Herausgeforderte. Thorgils tat es, und schlug mit solcher Kraft in den Stock, daß dieser in Stücke sprang, und das Schwert Randvid in den Leib drang. Randvid sagte da: " wib mir jetzt dein Schwert und nimm den Stock, und ich werde dich mit dem Schwerte angreifen." Thorgils antwortete: "Mir dünkt, daß es nur noch Späne sind, aber kein Stock mehr."

Bald darauf starb Randvid. Er hatte seiner Zauberkunst vertraut, denn er hatte in Zweikämpfen in dieser Art viele Männer gefällt. Thorgils tötete noch zwei andere Wikinger, Snäkol und Snäbjörn. Thrand belohnte Thorgils reichlich , und Thorgils gewann großen Ruhm durch diese Tat. 1 

Der name bedeutet Erdhausgabe. ist das Schwert, das Thorgils aus dem unterirdischen Hause mitgenommen hatte



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Er rüstete sich dann, um den Sommer auf Island zuzubringen.


18. Von Ashild. Thorgils kehrt nach Island zurück

Olaf Doppelbraue hieß ein Mann. Er kam nach Island und nahm sich die ganze Landschaft Skeid zwischen der Stierach und dem Sandbach. Er war ein großer Berserk. Er wohnte auf dem Gehöft Ölafsfeld. Sein Grabhügel heißt Brunishöh und liegt am Fuße des Wartenberges. Olafs Weib hieß Ashild, und ihre Söhne waren Helgi und Thord.

Als Olaf gestorben war, warf Thorgrim der Narbige ein Auge auf Ashild, aber Helgi der Treue, ihr Sohn, stellte sie darüber zur Rede, begab sich von seinem Gehöfte zu ihr und sagte, er wolle nicht; daß sie sich verführen ließe, denn das würde ihr wie ihrer Sippe zur Unehre gereichen. Sie bat ihn, sich nicht zu erzürnen, denn er wäre nicht stark genug, um mit Thorgrim zu kämpfen. Er antwortete: "Es ist leicht zu sehen, daß der Mann dir fällt, aber ich will mich trotzdem nicht ruhig verhalten, während er uns solch eine Schande zufügt." Damit schloß ihr Gespräch.

Thorbum übernachtete einmal in Ölafofeld. Ashild bewirtete ihn gut, und sie gefielen einander sehr. Sie erzählte Thorbum von ihrem Gespräch mit Helgi. Helgi sprach zu Thorgrim von dessen Besuchen. Er sagte, daß sie ihm wenig gfielen und bai ihn, sie zu unterlassen. Thorgrim antwortete, daß er sich wenig um seine Gedanken und Drohungen kümmerte, solange Ashild zu ihm hielte. Darauf begleitete Ashild Thorgrim auf den Weg, und bevor sie schieden, gab sie ihm einen großen Goldring.

Ashild sagte, sie ahnte, daß sie einander nicht mehr sehen würden , aber Thorgrim antwortete, er wolle sie bald wieder besuchen. Sie sagte, es würde sie freuen, wenn erdas tun würde, und damit schieden sie. Thorgrim ritt nun seinen Weg unten am Ashildmoore vorbei.

Helgi erwartete ihn im Hinterhalt am Kreuzwege, und ab sie zusammentrafen, forderte Helgi ihn auf, seine Besuche zu unter



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lassen und ihm keinen Ärger zu bereiten. Thorgrim antwortete, er wäre kein Knabe mehr und er ware bereit, sich in allen Dingen mit ihm zu messen. Helgi sagte, er glaube, daß das Recht siegen würde: " - und ich bin es zufrieden, daß wir einander versuchen." Dann fochten sie, und ihr Kampf war hart und lang. Thorgrim war damals sehr bejahrt. Er ermüdete schnell und wurde schwer verwundet. Helgi setzte ihm hart zu, als er merkte daß Thorgrim müde wurde; und das Ende war, daß Helgi Thorgrim fällte.

Am Abend kam Helgi nach Hause. Ashild fragte ihn, was geschehen sei, und er erzählte ihr das Vorgefallene. Sie antwortete: "Großes hast du getan, und du wirft glauben, daß dein Ansehen durch diese Tat gewachsen ist. Ich aber sage dir, daß sie dir das Leben kosten wird."

Helgi bekam von einem Schiffer in Einarshafen Erlaubnis, mit nach Norwegen zu fahren. Seine Tat wurde jetzt bekannt. Damals war Thorgrims Sohn Häring siebzehn Winter alt. Er ritt selbdritt nach Höfdi zu seinem Vetter Teit, dem Sohne Ketilbjörns. Tnt begleitete ihn mit elf Knechten, und sie ritten nach Eyrar im Einarshafen und verboten dem Schiffer, Helgi mitzunehmen. Daun ritten sie wieder fort. Etwas später trafen sie mit Helgi beim Gehöfte Wald bei Helgishöh zusammen. Helgi war mit zwei Leuten vom südlich gelegenen Eyrar gekommen , und sobald er und seine Leute die Gegner sahen, eilten sie auf einen Hügel und verteidigten sich dort mannhaft. Es war ein harter, Kampf, aber Helgi fiel gegen die Übermacht- und ebenso siel einer aus der Schar der Gegner. Dann wurde der vergleich in der Sache geschlossen, daß die Totschläge sich ausgleichen sollten.

Thorgils landete bei Eyrar. Sein Pflegevater Loft war auf seinem Gehöfte. vieles war geschehen, während Thorgils in Norwegen gewesen war. Seine Mutter war gestorben. Thorgils ging nach Hause nach Weghöh, wo sein Bruder ihn freundlich empfing. Die beiden Brüder wohnten im folgenden Jahre zusammen.

Thorey hieß eine Frau; sie war die Tochter Thorvards. Ihre Mutter hieß Thorsinna und wohnte in Oddi. Thorvard war



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gestorben. Thores wartete auf dem Gehöft Kalfshöh auf, bei einem reichen Bauern, der gastein hieß. Jostein hatte Thorvard von Oddis Schwester Thorgerd zum Weibe.

Thorvard und Thorgerd waren die Kinder des Freygoden Thord. Kol und Starkad wurden zusammen mit Thorey erzogen . Ihre Schwester hieß Gudrun und war ebenfalls zusammen mit Thorey erzogen worden. Thorgils bewarb sich um Thorey, und sie wurde sein Weib. Sie lebten gut zusammen .


19. Thorgils nimmt sich Solo an

Sörli hieß ein Mann, der in der Nähe von Kalfshöb wohnte. Er kam oft zu Gudrun, der Schwester Starkards und Rols. Einmal begegnete ihm Kol auf dem Wege und bat ihn, seine Besuche bei seiner Schwester zu unterlassen. Sörli antwortete, er würde es damit halten, wie es ihm selbst gefiele und sich um Rats Worte nicht kümmern. Kol sagte: "Du, wie es dir beliebt."

Am nächsten Tage kam Sörli und saß im Gespräch bei Gudrun. Am Abend spät ging er nach Hause. Als er sich ein kurzes Stück vom Gehöfte entfernt hatte, sprang Kol vor ihm auf, ohne ihn zu grüßen. Kol erschlug Sörli, ging nach Hause und sagte zu Gudrun, daß Sörli sie nicht mehr besuchen würde. Sie antwortete, sie wolle ihn des Geschehenen wegen nicht tadeln, sagte aber, damit würde es nicht getan sein, denn Sörli war Asgrims, des Sohnes Ellida 2 -Grims Thing- mann: " —geh jetzt zu Thorgils, da du bei ihm am ehesten Schutz finden würdest."

Kol kam nach Weghöh. Es war Abend, und die Leute sollten gerade essen. Thores ging zur Tür und bai ihren Pflegebruder bei ihnen zu bleiben. Er berichtete ihr das vorgefallene."Du sollst", sagte Thorey" ,Thorgils Sagen, ob er dir in irgend einer Weise beistehen will. Aber verbirg dich bis dahin." Sie führte 1 

Ein Gode, bei dessen Hof ein Tempel des Gottes Frey stand, oder der auf andere Weise Frey vor den anderen Göttern bevorzugte. Der berühmteste, Hrafnkel aus dem Ostlande, ist der Held einer besonderen Saga 2 Sine Schiffsart



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ihn in einen Winkel und ging dann in die Stube zurück. Thorgils Sagte: "Warum sollen wir beute abend so lange auf das Essen warten, und warum ist dein Gesicht so rot Sie antwortete: "Wahr ist der alte Spruch: ,Weisen Leuten kann nichts entgehen.' Eine Maus sprang mir auf die Wange, und ich kann Mäuse nicht leiden." "Das mag sein," sagte Thorgils.

Als sie aber ins Bett gingen, sagte er, er wolle wissen, was am Abend vorgefallen sei. Sie erzählte ibm alles und sagte, sie wolle gern, daß er Kol helfe: " — du wirst es auch meinetwegen tun."

Thorgils antwortete, es solle geschehen.

Am Morgen ging Thorgils zu Kols Gehöft und ließ Kais gesamte Habe zu sich bringen, und ebenso Gudrun. Er ließ nur die Kinder und Greise zurück. Als sie fortgegangen waren, kam Asgrim und wollte Kols Habe an sich nehmen, fand aber nichts.

Kol blieb den Winter über bei Thorgils, und im Frühling klagte Asgrim Kol an. Thorgils ließ sich an, als ob er nichts wüßte, und Kol wurde friedlos erklärt. Thorgils ritt wie früher in der Gegend umber und Kol begleitete ihn, sie besuchten Versammlungen , und dadurch entstand große Feindschaft. Den Häuptlingen dünkte es nicht richtig zu sein und sie suchten einen vergleich zu vermitteln, aber Thorgils bot keinen an.

Einmal ritt er zu einem Pferdewettkampf und sein Verwalter Spart war bei ihm. An dem Tage hatten sie viel Freude. Asgrim sprach viel mit Svart.

Am Abend ritt Thorgils nach Hause und Svart ritt dicht bei ihm. Thorgils merkte, daß Svart hinter ihm reiten wollte. Es stieg in ihm ein verdacht gegen Svart auf, und er gab sich absichtlich eine Blöße. Als Thorgils es am wenigsten zu erwarten schien, hieb Svart nach ihm. Thorgils ließ sich aus dem Sattel fallen und Svarts Hieb spaltete den Sattel. Thorgils hielt Svart fest und fragte ihn, warum er das getan hätte. Svari sagte, daß Asgrim ihn darum gebeten hätte, und als Thorgils ihn schüttelte, fiel aus Svarts Mantel ein Geldbeutel heraus. Er sagte da, daß Asgrim ihm das Geld für Thorgils Kopf gegeben hätte. Thorgils tötete Svari auf



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der Stelle. Dann ritt er weiter und erzählte seinen Leuten das vorgefallene. Jedesmal, wenn er zu Versammlungen kam, zeigte er den Beutel. Drei Mark Silber waren darin, aber niemand wollte sich das Geld aneignen.


20. Thor erscheint Thorgils im Traume Thorgils bricht nach Grönland auf

Jetzt kam das Christentum nach Island und Thorgils gehörte u den ersten, die sich ihm anschlossen. In einer Nacht träumte er, daß Thor mit finsterem Gesicht zu ihm käme und sagte, er hätte ihn betrogen: " — du hast dich übel gegen mich benommen ," sagte er, " mir das Schlechteste ausgewählt, was du hattest und das Silber, das mir gehörte, in einen stinkenden Pfuhl geworfen. Aber ich werde dich dafür strafen." "Gott wird mir helfen," antwortete Thorgils, " und ich bin glücklich, daß unsere Gemeinschaft aufgehört hat."

Als Thorgils erwachte, sah er, daß sein Masteber tot war. Er ließ ihn bei einigen zerfallenen Häuser vergraben, und verbot davon zu essen. Noch einmal erschien Thor Thorgils im Traume und sagte, daß es ihm nicht schwerer fiele, ihn selbst zu erwürgen als seinen Eber. Thorgils antwortete, Gott würde darüber bestimmen. Thor drohte ihm Schaden an seinem vieh zuzufügen. Thorgils antwortete; er kümmere sich nur wenig darum. In der nächsten Nacht starb ein alter Ochse von Thorgils, und in den folgenden Nächten wachte Thorgils selbst bei seinem vieh. Aber als er an einem Morgen nach Hause kam, war er mit blauen Flecken bedeckt. Man vermutet, daß er in dieser Nacht mit Thor zusammengetroffen ist. Darauf hörte das Viehsterben auf. Thorgils gewann durch diese Tat großen

Zu ihm kam eine Botschaft von Erich dem Roten, der ihn aufforderte, zu ihm zu kommen. Er solle es dort so gut haben, wie es Erich nur möglich machen könnte. Thorgils dachte wenig daran. Er hatte damals dreizehn Winter auf Island gelebt.

Nun kam ein Schiff nach Island und darauf befand sich Thorgils Sohn Thorleif, der ihm kostbare Geschenke mit



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brachte. Thorleif war damals zwanzig Jahre alt. Thorgils Sagte sein Weib, ob sie mit nach Grönland ziehen wolle. Sie antwortete, die Folgen einer solchen Fahrt wären nicht vorauszusehen. Er sagte, Erich habe ihm eine Botschaft gesandt: " — du magst zurückbleiben, wenn du willst." "Es wird unvorteilhaft sein, dort hinzuziehen, aber doch werde ich dich begleiten, wenn du fährst,"

Häring übernahm die Verwaltung von Thorgils Gütern. Thorgils' und Thoreys Tochter hieß Thorny. Sie war. damals acht Winter alt. Thorleif, Kol und sein Bruder Starkad mit ihrer Schwester sollten mit ihm fahren, dazu auch seine Knechte Snäkol und Össur und zehn andere Knechte, auch sein verwalter Thorarin, denn Thorgils wollte sich ein Gehöft auf Grönland errichten. Jostein von Kalfsböh mit zwölf Männern entschloß sich zur Fahrt mit Thorgils, ebenso sein Weib Thorgerd und ihr Sohn. Thorgils kaufte sich jetzt ein Schiff in der Schlickbucht.

Thorolf hieß ein Mann, dem Thorgils ein Gehöft übergab, aber Häring bekam sechstausend Ellen gestreiften Fries, wovon sechs Ellen eine Unse kosteten, und außerdem Häuser und Land.

Thorgils übernachtete bei Thorodd in Stufe und hatte seine Tochter Thorny bei sich. Dort bekam Thorne eine Seuche, und Thorgils wartete drei Tage. Dann sagte er, es könnte seine Fahrt nicht hindern, daß Thorne krank wäre: " —vielleicht ist es ihr vom Schicksal bestimmt hierzubleiben." Thorodd sagte, er glaube, daß ihr Glück und ein langes Leben zuteil werden würde. Thorgils ließ sie zurück und gab ihr sechzig Hunderte 1 für den Fall, daß sie dessen bedürfte. Thorgils sagte, es siele ihm jetzt schwer zu reisen, er habe aber keine Lust, die Fahrt aufzugeben.


21. Thor erscheint zum zweiten male Torgils im Traume

Thorgils wartete jetzt auf günstigen Wind.

In einer Nacht träumte er, daß ein großer und rotbärtiger Mann ;u ihm käme und sagte: " Du haft dir eine Reise vorgenommen, aber sie wird sehr beschwerlich werden." Der Traum 

1 Nämlich: Siten Fries ungefähr an Wert von sechzig Kühen



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mann dünkte ihm zornig auszusehen und fuhr fort: "Übel wird es euch ergehen, wenn du nicht zum Glauben an mich zurückkehrst. Wenn du das aber tust, werde ich dich noch belohnen." Thorgils antwortete. er wolle nie Hilfe von ihm empfangen und hieß ihn, ihn so schnell als möglich zu verlassen: " — meine Fahrt wird vor sich gehen, so wie der allmächtige Gott es will." Dann dünkte es ihm, daß Thor ihn auf einige Klippen führte, wo die Brandung gegen die Felsen schlug:" —in solchem Wogendrange sollst du sein und niemals herauskommen können, wenn du dich nicht mir zuwendest." "Nein," antwortete Thorgils, "geh fort; häßlicher Teufel. Der wird mir helfen, der alle durch sein Blut erlöst bat."

Dann erwachte Thorgils und erzählte seinem Weibe den Traum. "Ich würde nicht fahren, wenn ich solch einen Traum gehabt hätte," sagte sie, " und ich will nicht, daß du Jostein und den andern Männern diesen Traum erzählst."

Jetzt bekamen sie günstigen Sind und segelten zum Fjorde hinaus. Jostein hatte den Teil des Schiffes vor dem Wagte zur Verfügung. Als sie das Land aus dem Gesicht verloren hatten, legte sich der günstige Sind vollständig, und sie trieben so lange auf dem Wasser umher, daß es ihnen an Essen und Getränk mangelte. Thorgils träumte da, daß derselbe Mann zu ihm käme und sagte: "Geht es dir nicht so, wie ich dir sagte Thor sagte Thorgils noch manches, aber Thorgils wies ibn mit harten Sorten ab.

Beim Beginn des Herbstes sagten einige Männer, man solle Thor anrufen. Thorgils verbot das und sagte, daß es ihnen übel ergehen werde, wenn jemand auf dem Schiffe opfern würde. Nach dieser Rede wagte niemand, Thor anzurufen.

Darauf träumte Thorgils, daß derselbe Mann zu ihm käme und sagte: "Jetzt hast du gezeigt; wie treu du mir bist, als die Leute mich anrufen wollten. Aber dafür habe ich deinen Leuten auch geholfen, und sie sind alle nabe daran, zugrunde zu gehen, wenn ich sie nicht rette. Du wirst aber nach einer Woche im Hafen sein, wenn du dich im Ernste mir zuwendest." "Auch wenn ich nie einen Hafen erreichen sollte," antwortete Thorgils, " werde ich dir doch nie Gutes tun." Thor



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antwortete: "Auch wenn du mir nie Gutes tun wirft, solltest du mir doch mein Eigentum geben." Thorgils dachte nach, was das sein könnte und erinnerte sich eines Ochsen, den er Thor gegeben hatte, als das Tier noch ein Kalb gewesen war.

Jetzt erwachte Thorgils und wollte den Ochsen über Bord werfen. Als aber Thorgerd dies hörte, wollte sie den Ochsen kaufen, denn es fehlte ihr an Nahrungsmitteln. Thorgils antwortete, der Ochse solle niemand zum Nutzen gereichen, und er wolle ihn niemand verkaufen. Thorgerd mißfiel das, aber Thorgils ließ den Ochsen über Bord werfen und sagte, es sei nicht zu verwundern, daß sie Unheil auf ihrer Fahrt erlitten, solange Thors Eigentum an Bord sei.


22. Thorgils leidet Schiffbruch unter den grönländischen Gletschern

Sie trieben jetzt noch eine Zeitlang auf dem Meere umher und hatten hartes Wetter. Thorarin war nach Thorgils der tüchtigste Mann. Er war damals zwanzig Jahre alt.

Jetzt wird berichtet, daß sie in einer sandigen Bucht unterhalb der grönländischen Gletscher Schiffbruch litten. Das Schiff erbrach im obersten Raum, aber alle Männer und das Vieh wurden gerettet, auch das Boot war unbeschädigt geblieben. Der Steven wurde an den südlichen Strand getrieben. Dies geschah eine Woche vor Wintersanfang. An beiden Seiten der Bucht ragten große Gletscher in die Höhe.

Sie bauten sich jetzt ein Haus, das durch eine hölzerne Wand geteilt war. In dem einen Teil wohnte Thorgils mit seinen Genossen, in dem andern Jostein mit den Seinen. Etwas Mehl hatten sie zum Leben. Sie singen auch Seehunde, die allen gemeinsam zugute kamen. Der größte Teil von ihrem Vieh war tot. Thorgils Leute hatten mehr Glück auf der Jagd als die anderen. Er selbst ermahnte seine Genossen, sich an den Abenden ruhig und sittsam zu verhalten und ihrem Glauben treu zu bleiben. Thores war damals hoch schwanger.

Jetzt wird berichtet, daß Jostein und seine Leute großen Lärm machten und bei ihren nächtlichen Spielen sehr laut waren.



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In einer der ersten Winternächte gebar Thorey einen Knaben. der Thorsinn genannt wurde. Thorey kam nicht zu Kräften bei der Nahrung, die sie erhielt. Thorgils ließ seine Leute zusammen mit Josteins Knechten fischen. Der Winter schritt vor, und Weihnachten näherte sich. Thorgils bai seine Leute ruhig zu sein und zeitig ins Bett zu geben.

Am Weihnachtsmorgen gab es gutes Wetter. Die Männer waren draußen und hörten von Nordwesten her laute Rufe. Dann kam der zweite Weihnachtstag. Thorgils legte sich früh schlafen und als ereine Weile geschlafen hatte, kamen Jostein und dessen Leute herein, und sie machten großen Lärm.

Als sie sich niedergelegt hatten, hörte man laute Schläge an der Tür. Da sagte einer von ihnen: "Eine gute Nachricht muß das sein," lief hinaus und wurde sofort wahnsinnig. Am nächsten Morgen starb er. Ebenso geschah es am nächsten Abend, daß ein Mann wahnsinnig wurde. Er sagte, er sähe den, der vor ihm gestorben war, auf sich zulaufen. Darauf kam eine Seuche in Josteins Schar, und sechs Männer starben. Auch Jostein bekam die Seuche und starb. Die Toten wurden in den frischen Schnee geworfen. Thorgils sprach mit seinen Leuten und bat sie, sich durch diese seltsamen Ereignisse warnen zu lassen.

Nach Weihnachten gingen alle Toten um. Dann bekam Thorgerd die Seuche und starb, und darauf starben alle, die mit Jostein gewesen waren. Alle diese gingen besonders bei Thorgils um. Alle waren im zweiten Monat des Jahres gestorben. Thorgils und seine Leute konnten nicht fortgehen, solange der Spuk seinen höchsten Stand hatte. In dem Teil des Hauses, den Jostein mit seinen Leuten innegehabt hatte, spukte es am meisten. Thorgils ließ alle Leichen auf einem Holzstop verbrennen, und von da an taten die Gespenster keinen Schaden mehr.

Der Winter ging vorbei. Sie konnten des Eises wegen nicht fortreisen, sammelten sich aber Lebensmittel im Sommer. Im zweiten Winter starb Rots Schwester Gudrun und er begrub sie unter seinem eigenen Bette. Auch als der Frühling kam, war es noch nicht möglich, fortzureisen.



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23. Thores wird ermordet

Da geschah es einmal, daß Thorey Thorgils einen Traum er zählte und sagte, sie hätte schöne Länder und weißgekleidete Männer gesehen: " - und ich meine, daß wir bald aus diesem Elend erlöst sein werden." Thorgils antwortete: "Gut ist dein Traum, doch ist es nicht unmöglich, daß er die andere Welt gemeint hat, wo es dir gut ergehen wird, und Heilige dir dein reines Leben und alle Not vergelten werden." Sie bat ihn, so schnell als möglich aus dieser Einöde fortzuziehen. Thorgils antwortete, er sähe keine Möglichkeit dazu. Thorey lag fast immer im Bett.

An einem schönen Tage sagte Thorgils, sie müßten auf die Gletscher steigen und sehen, ob sich das Eis nicht öffnete. Thorey sagte, es wäre ihr unlieb, wenn er von ihr fortginge. Er antwortete; daß er sich nur wenig entfernen würde. Die Knechte sollten auf Fang fortrudern, aber Thorarin sollte ihm helfen, das Boot ins Wasser zu bringen und dann bei Thores sein. Thorleif, Kol und Starkad baten Thorgils, ihn begleiten zu dürfen. Thorgils antwortete, daß das Haus dann unbeschützt wäre, denn er könnte den Knechten nicht trauen. Doch gingen sie alle auf die Gletscher. Thorgils hatte eine Ari in der Hand und das Schwert Jardhusnaut am Gürtel.

Am Nachmittage kehrten sie zurück und bekamen hartes Wetter. Thorgils ging voran und fand den Weg ohne Schwierigkeit . Sie kamen zum Hause und konnten das Boot nicht sehen. Sie gingen ins Haus hinein. Da waren alle Kisten und alle Menschen fort. Thorgils sagte: "Hier ist etwas Schlimmes geschehen." Als sie im Hause waren, hörten sie ein Schnarchen von Thoreys Bett, und als sie dorthin kamen, sahen sie, daß sie tot war und daß der Knabe an der Brust der toten Mutter saugte. Sie untersuchten sie und fanden eine kleine Wunde unter dem einen Arme, als ob dort ein spitzes Messer hineingestoßen wäre. Alles war mit Blut bedeckt. Dieser Anblick dünkte Thorgils der traurigste in seinem Leben zu sein. Alle Nahrungsmittel waren fortgenommen. Die Nacht über wollte Thorgils beim Knaben wachen, obgleich er nicht sah,



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wie er ihn am Leben erhalten sollte: " — es würde mich sehr betrüben, wenn ich ihm nicht helfen könnte. Ich will zunächst versuchen, meine Brustwarzen aufzuschneiden." Er tat es. Zuerst kam Blut heraus, dann eine Mischung von Blut und Milch, und er hörte nicht mit Schneiden auf, bis Milch herauskam, und so konnte er den Knaben aufziehen.

Thorgils und seine Leute lagen eisig dem Fischfang ob und bauten sich ein Lederboot mit einem Gerippe von Hoh.


24. Thorgils kommt zu dem weißen Thorstein

Eines Morgens war Thorgils draußen und sah in einem Eisloch ein großes Tier, das angeschwemmt war, und bei ihm zwei Trollfrauen, die schwere Bündel zubanden. Thorgils lief auf sie zu und traf die eine, die gerade ihr Bündel ansehen wollte, so mit dem Schwerte Jardhusnaut, daß er ihr die Hand abschlug. Das Bündel fiel zur Erde, und sie lief fort. Dann nahmen Thorgils Leute das angeschwemmte Tier und hatten jetzt genug zu essen.

Später löste sich das Eis, und Thorgils versuchte mit seinen Leuten fortzukommen. Sie erreichten im Sommer die Seehundinseln und blieben den Winter über dort.

In den ersten Sommertagen fuhren sie weiter und fanden eine kleine Insel.

Einen halben Monat später fanden sie ein Mantelmövenei und gaben es dem Knaben. Er ass aber nur das halbe Ei. Sie Sagten ihn, warum er nicht mehr äße. Er antwortete: "Ich spare an meinem Essen, damit ihr an eurem Essen spart."

Sie fuhren jetzt am Gletscher entlang und kamen an steile Klippen, zogen ihr Schiff ans Land und errichteten dort ein Zelt. Am Morgen ging Kol hinaus, konnte das Schiff nicht sehen und legte sich wieder hin, denn er wollte Thorgils nichts davon sagen. Etwas später kam Thorleif heraus und schwieg auch. Thorgils kam heraus. Er sah, daß das Schiff fort war und berichtete seinen Leuten den Verlust des Schiffes:" —jetzt ist nichts anderes zu machen," sagte Thorgils, "als sich des Knaben zu entledigen." Thorleif antwortete: "Das darf nicht



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geschehen." Thorgils bat es doch zu tun. Sie nahmen den Knaben, und Thorleif bat Kol, den Knaben umzubringen. "Ich werde das nicht tun," sagte Kol, "denn ich weiß, daß es Thorgils sehr betrüben wird, sobald er äch beruhigt hat. Ich schulde Thorgils so viel Gutes." Dann gingen sie hinein, ließen den Knaben aber draußen. Thorgils Sagte sie, ob sie den Knaben getötet hätten. Sie antworteten, es sei nicht geschehen. Er dankte ihnen herzlich dafür. Der Knabe wurde geholt und blieb die Nacht über bei Thorgils.

Dann erzählte Thorgils einen Traum: "Mich deuchte, ich wäre auf Island bei einem Thing. Dort zog ich mit Asgrim, dem Sohne Ellida-Grims an einem Seile 1 , und er verlor." Thorleif antwortete: "Dann wirst du noch einmal nach Island kommen und mit ihm in Streit geraten, und dabei wird es dir besser gehen." "Das ist möglich," sagte Thorgils.

In der nächsten Nacht hatte er wieder einen Traum gehabt und sagte: "Mir deuchte, ich war in Weghöh und dort waren viele Leute. Ich sah einen Schwan durch das simmer gehen, der zu den anderen freundlicher war als zu mir. Dann schüttelte ich ihn, und dann wurde er viel freundlicher zu mir." Thorleif sagte: "Dann wirst du wieder ein Weib nehmen, Vater sein und wirst anfänglich wenig der Liebe deines Weibes genießen, aber später wird es besser sein." "Ich träumte noch mehr, als ich zu Hause in Weghöh war: ich sah aus meinem rechten Knie fünf Lauchstauden herauswachsen, die sich in viele Stauden teilten, und eine Staude wuchs mir über den Kopf, und sie war so schön, als ob sie goldfarben wäre." Thorleifantwortete:"Ich verstehe deinen Traum: du wirst fünf Kinder haben und von ihnen werden viele Geschlechter auf Island stammen. Aber ich werde dort mein Leben nicht zubringen, und mein Geschlecht werde ich anderswohin verpflanzen. Aber die schöne Staude bedeutet; daß ein Mann von dir abstammen wird, der sich besonders auszeichnet."

Und das hat sich später bestätigt, denn von Thorgils stammt Bischof Thorlak der Heilige ab. Thorleif sagte dann: "Das träumte ich, Vater daß meine Schwester Thorny mir ein Stück 1 

Eine oft geübte Kraftprobe



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Käse gab, von dem die Rinde abgeschnitten war." Thorgils antwortete: "Dann werden wir das härteste hinter uns haben, wenn die Rinde abgeschnitten war."

Dann hörten sie einen lauten Ruf. Es wurde gerufen, das die Isländer zu ihrem Boote gehen sollten. Sie gingen gleich hinaus und sahen zwei Frauen, die aber schnell verschwanden. Ein Bär war im Eise eingebrochen und hatte sich ein Bein gebrochen. Thorgils lief hin und erstach den Bären mit dem Schwerte. So starb das Tier. Thorgils hielt es an den Ohren fest, denn er wollte nicht, daß es untersänke. Dann zogen sie es heraus und bereiteten es zu. Thorgils gab einem jeden ein Stück, und daraus kann man sehen, was schweren Mangel sie gelitten hatten. Thorleif sagte:"Du sparst mit dem Essen, Vater Thorgils antwortete:"Ja, mein Sohn, das ist notwendig." Dann wandten sie sich dem Meere zu und ruderten an vielen kleinen Buchten vorbei. Als sie an die Mündung eines Fjords kamen, waren sie ganz ermattet. Großer Durst plagte sie und nirgendwo war Wasser in der Nähe. Sie waren mit dem Knaben zusammen fünf. Da sagte Starkad: "Ich habe gehört, was Leute taten, um sich vor dem Tode zu retten. Sie haben Meerwasser und Harn zusammengemischt." Sie nahmen die Schöpfkelle und ließen ihr Wasser hineinlaufen, mischten es mit Meerwasser und baten Thorgils um Erlaubnis , es zu trinken. Er antwortete, ihr vorhaben wäre zu entschuldigen , er wolle es aber weder verbieten noch erlauben. Als sie aber trinken wollten, bat Thorgils sie, ihm die Kelle zu reichen, denn er wolle einen Trinkspruch ausbringen. Er nahm sie und sprach: " Du verfluchtes Tier, das unsere Fahrt verzögert, sollst uns doch nicht zwingen, unsere eigene Notdurft zu trinken."Im selben Augenblick flog ein Vogel, der am meisten einem jungen Alken glich, vom Schiffe fort und schrie dabei. Thorgils goß die Kelle da ins Meer aus. Sie ruderten weiter und fanden spät am Tage Wasser. Jener vogel flog nordwärts vom Schiffe. Thorgils sagte: "Spät hat dieser vogel uns verlassen, mögen ibn alle übelwollenden Geister holen. Aber darüber können wir uns freuen, daß er uns nicht dazu brachte, wozu er uns bringen wollte."



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Nach drei Tagen sahen sie ein Leinwandzelt und erkannten, daß es Thoreys Zelt war. Sie fanden dort Thorgils verwalter und fragten ihn, wie er dorthin gekommen wäre. Er sagte, daß Snäkol und dessen Leute ihn vor die Wahl gestellt hätten, mit ihnen zu gehen oder zu sterben: " — Snäkol stach Thorey mit einem spitzen Messer." Thorgils antwortete: "Ich weiß nicht, welche Strafe du verdient hast, aber unwahrscheinlich scheint mir deine Erzählung zu sein, und du sollst nicht länger leben." Sie töteten ihn und begruben ihn dort. Dann fuhren sie weiter.

Als der Herbst begann, kamen sie in einen Fjord und sahen ein Bootshaus. Sie ruderten ans Land, zogen ihr Boot hinauf gingen landeinwärts und kamen zu einem Gehöft. vor dem Gehöfte stand ein Mann und grüßte sie. Sie Sagten sich gegenseitig nach ihren Namen. Er sagte, er heiße Hrolf und lud sie ein, bei ihm zu bleiben. Sie nahmen das an, und Thorsinn wurde den Frauen zur Pflege übergeben. Sie gaben ihm Milch-Er sagte aber, die Milch seines Vaters hätte nicht so ausgesehen . Sie blieben den Winter über dort.

Im Frühling bot Hrolf Thorgils an, mit seinen Leuten dazubleiben oder aber sein Schiff zu nehmen, wenn er fortfahren wollte. Thorgils dankte ihm und sagte, er wolle das Schiff nehmen: " — es ist aber unsere Schuldigkeit, dich für deine Wohltaten zu belohnen." Hrolf antwortete, er hoffe, daß Thorgils ihm einen großen Dienst erweisen werde: " — du wirft auch dein Ansehen dadurch vergrößern, wenn du mir Frieden mit den Ansiedlern schaffst, denn sie haben mich friedlos erklärt." Thorgils versprach es, und sie nahmen freundschaftlichen Abschied voneinander.

Dann fuhr Thorgils mit seinen Leuten südwärts am Lande entlang, und sie kamen in einen Fjord, wo sie das Schiff festmachten und ihr Zelt aufschlugen. Im selben Augenblick sahen sie ein Schiff, und das war ein Handelsschiff. Es fuhr in den Fjord hinein, vom selben Winde geführt, den Thorgils benutzt hatte, und legte an derselben Stelle an. Thorgils sagte: "Das ist ein freudiges Ereignis. Geht hin, Thorleif und Kol, und sucht zu erfahren, wer die Leute sind."



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Sie gingen bin, kamen ans Schiff und bestiegen es. Hinten bei der Kajüte saß ein Mann in rotem Mantel. Er sprang auf und umarmte Thorleif. Es war der weiße Thorstein, der gekommen war, Thorleifs Stiefvater und Erzieher. Er Sagte nach Thorgils, und ihm wurde geantwortet, daß er dort sei. Thorstein suchte Thorgils auf, und sie begrüßten einander voll Freude. Thorstein berichtete, daß er von Island käme, und daß es gut um seinen Besitz stände. Er sagte, daß er vier Jahre lang nichts von Thorgils gehört hätte und daß Thorgils Tochter Thorny das Weib Bjarnis von Grab, des Sohnes des Goden Thorsteins , eines der ersten Ansiedler auf Island, geworden sei:" — und da Thorleif nicht nach Norwegen zurückkehrte, rüstete ich mein Schiff und fuhr nach Island und blieb dort zwei Winter. Da ich dort nichts von dir hörte, kam ich hierher, um dich zu suchen." "Immer habe ich nur Gutes von dir erwartet," sagte Thorgils. Bald kamen Leute zu ihnen. Der Bauer, der dort am nächsten wohnte, hieß Thorir. Er lud Thorstein zu sich ein, und dieser ging zu ihm. Erich der Rote bat Thorgils zu sich, und Thorgils ging mit zwölf Männern

Thorgils saß bei der Tafel Erich gegenüber, neben ihm zur Tür zu saßen Thorleif, Kol und Starkad.

Thorsinn hatte eine Amme bekommen, er wollte aber keine Milch trinken, bevor sie nicht dunkel war. Dann wurde er entwöhnt.

Erich gab sich nicht viel mit Thorgils ab, und die Bewirtung war geringer, als Thorgils es sich gedacht hatte. Thorgils erfuhr, daß seine Knechte dort im Lande wären, ließ sich aber an, als ob er es nicht wüßte,


25. Thorgils erlegt den Bären

Im Winter geschah es, daß ein Bär das Vieh der Leute raubte und großen Schaden anrichtete. Zu jener Zeit kamen Leute zu Thorgils, um mit ihm zu handeln, und viele waren in einem Vorratshause, in dem er seine Waren hatte. Dort war auch Thorsinn. Dieser sagte zu seinem Vater: "Vater, draußen ist ein schöner, großer Hund." Thorgils antwortete: "Kümmere



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dich nicht um ihn und lauf nicht hinaus." Der Knabe lief aber doch hinaus, wie er gewohnt war, und der Bär ergriff ibn und warf ibn unter sich. Der Knabe schrie laut. Thorgils lief mit seinem Schwerte Jardhusnaut hinaus. Das Tier hatte mit dem Knaben gespielt. Thorgils hieb das Tier zwischen die Ohren und spaltete ihm den Schädel, daß es tot zur Erde siel, dann nahm erden Knaben, der nur leicht verletzt war. Durch diese Tat wurde Thorgils sehr berühmt, und es schien den Leuten, daß er ein großes Glück gehabt hätte. Erich gefiel die Tai nicht, doch ließ er das Tier zubereiten. Manche Leute behaupteten , daß er das Tier nach alter Weise angebetet habe. Jetzt wird von einem Wintertage berichtet, wo Leute von Steilbang auf den Abtritt gegangen waren. Doch nicht alle auf einmal, denn einige standen vorn im Hause, unter diesen Kol und Starkad. In ihrem Gespräche verglichen sie Thorgils und Erich. Kol sagte, daß Thorgils viele Heldentaten ausgeführt habe. Ihm antwortete ein Mann, der Hall hieß — er war einer von Erichs Knechten: " —sie sind einander nicht gleich, denn Erich ist ein großer und berühmter Häuptling, aber dieser Thorgils hat in Not und Elend gelebt, und ich weiß nicht, ob er ein Mann oder ein Weib ist." Kol antwortete: "Das sagst du, elendester der Männer," und durchbohrte ihn mit dem Speer, daß er starb. Erich gebot seinen Leuten aufzustehen und Kol zu ergreifen. Alle Kaufleute liefen herzu und verteidigten Kol. Da sagte Thorgils: " Es liegt am nächsten , Erich, daß du selbst deinen Knecht rächst." Jetzt legten sich beider Freunde ins Mittel. Es dünkte ihnen nicht leicht zu sein, jene anzugreifen. Jetzt verglichen sie sich auf die Weise, daß Erich und Thorgils in der Sache entscheiden sollten. Sie einigten sich wohl um die Bedingungen, aber ihre Freundschaft wurde geringer, und Thorgils wollte nicht mehr lange bei Erich bleiben.

Im Winter geschah es, daß Räuber großen Schaden anrichteten. Thorstein hieß ihr Führer. Sie waren dreißig, und alle waren für friedlos erklärt. Sie fügten den Ansiedlern durch ihre Raubzüge großen Schaden zu, und jene baten Erich um Hilfe. Die Räuber wohnten auf einigen Inseln im Erichsfjorde.



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Erich sprach mit Thorgils darüber und sagte, er wolle seinen Beistand haben. Thorgils antwortete, er sei nicht nach Grönland gekommen, um sein Leben gegen Übeltäter aufs Spiel ;u setzen, und daß er Erichs wegen viel Ungemach erduldet habe Doch wolle er der bedrängten Bauern wegen die Fahrt unternehmen. Er sagte; er wäre bereit, sobald Erich fahren wolle, doch wolle er vorher noch einige Geschäfte zu Ende bringen: "-sei gerüstet, wenn ich dir eine Botschaft schicke."

Dann ging er mit seinen Leuten aufs Schiff und wollte zu der westlichen Ansiedelung fahren, denn dort hatten die Leute ihm den Bärenzoll 1 noch nicht bezahlt. Thorgils erreichte auch, daß Hrolf für schuldlos und unverletzlich erklärt wurde.

Als Thorgils aber zur westlichen Ansiedlung kam, empfing ibn ein Mann, der Bjalsi hieß. Dieser sagte, er schulde ihm viel Dank für sein Kommen: " —ich werde dein Geld dich eintreiben , du bist ein berühmter Mann und wirst mir Beistand leisten, denn ich bin in großer Not. Hier gerade meinem Besitz gegenüber liegen die Inseln, auf denen die Räuber wohnen, und ihr Häuptling hat die Absicht, hierher zu kommen, um meine Tochter zu entführen. Deshalb wollte ich, daß du um uns beizustehen und uns zu beschützen." Thorgils sagte, er wolle es tun. Der Bauer ging fort und trieb das Geld ein, aber die Wikinger kamen nicht.

Der Bauer kam wieder nach Hause. Da sagte Thorgils: "Du hast uns beherbergt; Bauer, aber wir haben dir bis jetzt keinen Nutzen gebracht. Jetzt werde ich die Wikinger aufsuchen, denn sonst wirst du keinen Frieden haben, wenn wir wieder fort sind." Der Bauer dankte ihm, aber sagte doch, daß Thorgils und seine Leute sich in eine zu große Gefahr begeben wollten.


26. Thorgils tötet die Wikinger

Jetzt rüstete Thorgils sein Schiff und fuhr mit dreißig Männern . Er sandte Erich Botschaft, daß dieser mit ebensovielen Männern kommen und nicht später als Thorgils bei den Inseln sein solle. Thorgils und seine Leute kamen zu den Inseln, aber 

1 Einen solchen war er von allen viehbesitzern für die Erlegung eines Raubtieres zu fordern berechtigt



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Erich war nicht gekommen. Thorgils ratschlagte mit seinen Leuten. "Schwer fällt es mir," sagte er, "hier fortzugehen, aber ich glaube, daß ich Erich durchschauen kann. Er will uns diesen Übeltätern ausliefern und denkt, daß wir es nicht über uns gewinnen können, umzukehren, obschon er nicht gekommen ist.

Die Wikinger hatten nicht das Festland betreten, seitdem Thorgils in die westliche Ansiedlung gekommen war.

In Grönland war ein Mann, der An der Narr hieß. Er lief durch das ganze Land, und alle Leute kannten ihn.

Thorgils lag in einer verborgenen und hafenlosen Bucht.

Einmal stieg er ins Boot und ruderte vom Schiffe fort. Da sah er auf dem Lande Burschen, die Essen bereiteten, und sie sotten Grütze in ihren Kesseln. Thorgils hatte dürftige Kleider an, als er zu den Leuten kam. Sie Sagten ihn, wer er wäre. Thorgils antwortete: "Ich heiße An." Sie lachten über ihn, besonders da er sich närrisch benahm. Er fragte, wo ihr Häuptling wäre. Sie sagten, er wäre in der Nähe auf der Insel und käme am Abend zu ihnen zurück. Dann trieben sie rohe Scherze mit ibm. Thorgils ging dann zu seinem Boot und brachte es zum Kentern. Sie lachten über ibn.

Einer sagte: "Seltsame Dinge geschehen jetzt." Ein anderer Sagte: "Was meinst du:" Sein Genosse sagte: "Ein Mann ist in die Ansiedlung gekommen, der Thorgils heißt. Er ist mächtig und berühmt. Und seinetwegen gebt der Häuptling nicht ans Land, und mit unserem Glück ist es jetzt vorbei. Als ich heute Morgen herauskam, hörte ich folgendes Gespräch von den Schiffen: das Schiff, das Stakanhöfdi heißt, sagte: Weißt du, Vinagaut, daß Thorgils uns besitzen wird?' Ich weiß es,' antwortete das andere Schiff, ,und es gefällt mir wohl,' und dies", fuhr der Mann fort, "hat gewiß etwas zu bedeuten."

Jetzt kehrte Thorgils wieder zu seinen Schiffen zurück. Zur selben Zeit ruderten die Räuber zu ihrem Lagerplatz. Thorgils bereitete sich zum Angriff vor. Die Wikinger waren sum Hause gekommen. Thorgils überfiel sie unerwartet und ließ sofort Feuer am Hause anlegen. Die Wikinger leisteten nur



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schwachen Widerstand. Sie gaben sich verloren und baten um Gnade. Thorgils antwortete, sie hätten ihrer vielen Übeltaten wegen keine zu erwarten. Ihre ganze Schar wurde getötet, nur ihrem Anführer bot man Schonung an. Er sagte, er wolle keine "— denn ich könnte euch nie treu sein." Da wurde auch er niedergehauen .

Thorgils und seine Leute machten da große Beute, die sie mit sich nahmen, und ebenso nahmen sie die Schiffe Stakanhöfdi und Vinagaut und fuhren dann zum Lande. Bjalfi nahm sie freundlich auf.

Thorgils gab vielen Leuten die Güter zurück, die die Wikinger ihnen geraubt hatten und behielt doch noch viel für sich selbst. Durch dieses vorgehen erwarb er sich viele Freunde. Hrolf war nach Süden gezogen und wurde friedlich aufgenommen. Thorgils war übel mit Erich zufrieden.

Thorgils erfuhr jetzt, wo Snäkol sich aufhielt und sagte, daß er ihn aufsuchen wolle. Der weiße Thorstein antwortete, es wäre nützlicher, ihn zu verkaufen, als ihn zu töten. Das tai Thorgils auch. Die Knechte waren alle durch ihre Heiraten wohlhabend geworden. Thorgils nahm ihnen ihren großen Besitz ab und verkaufte sie in Knechtschaft. Dann reiste Thorgils fort und hatte Ruhm und Ehre gewonnen.

Sie stachen in See und kamen nach Irlands Westküste. Jetzt berieten sie, ob sie den Winter über dort bleiben oder weiterfahren sollten. Thorstein sagte, es sei nicht ratsam, weiter zu fahren, da der Sommer schon so weit vorgeschritten sei. Sie richteten sich nabe beim Schiffe zum Überwintern ein. Thorgils wohnte bei einem Manne, der Anakol hieß und hatte es gut bei ihm.

Jetzt ging es auf den Winter zu. Anakol pflegte die halbe Weihnachtszeit zu Gelagen auszuziehen und lud Thorgils ein, ibn zu begleiten. Thorgils nahm die Einladung an. Kol und Starkad blieben zurück, um für Thorsinn zu sorgen.

Gipar hieß einer von Anakols Knechten. Er forderte Kol auf, mannhaft zu trinken. "Es ist leicht zu sehen,"sagte er",daß ihr große Stücke auf euch selbst haltet." Kai antwortete, er wolle über sein Trinken selbst bestimmen, wie jener über sein An



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stacheln dazu zu bestimmen hätte. Gipar tadelte ibn deswegen sehr; und es kam so weit, das er Kol mit einem Trinkhorne schlug und sagte, er solle das als erstes nehmen und auf Schlimmeres warten. Starkad trennte sie und wollte keine Rache zulassen, bevor Thorgils nicht zurück wäre.

Jetzt kamen Thorgils und der Bauer nach Hause, und ihnen wurde das vorgefallene erzählt. Thorgils lobte sie, daß sie Gipars Tat nicht gerächt hatten: " — wir sind den Winter über beim Bauern gut verpflegt worden, und jetzt werde ich ihn auffordern, die Tat zu büßen." Und das tat er. Der Bauer antwortete, er wolle sich nicht in den Streit der Knechte einmischen. Thorgils sagte, dies wäre keine gute Antwort.

Als die Gäste, die die zweite Hälfte der Weihnachtszeit bei Anakol bewirtet wurden, fortgegangen waren, ergriffen Thorgils Leute Gipar und töteten ihn nach Weihnachten. Dann gingen sie auf ihr Schiff und bereiteten sich zur Verteidigung vor. Sie sahen eine große Schar mit Schilden herankommen . Es waren nicht weniger als hundert Mann. Da sagte Thorgils: "Es ist möglich, daß wir bald mit genügend vielen zu tun haben werden." Jene rüsteten sich schnell, und ihr Häuptling begann zu sprechen: "Damals, als dieser Thorgils mir meine Schwester zurückgab, dachte ich, daß ich nicht die Schar seiner Feinde vermehren würde." Jarl Hugi war gekommen und lud sie ein, zu ihm zu kommen, und das nahmen sie an. Hugi ließ ihr Schiff ausbessern, und sie blieben den Rest des Winters über bei ihm. Hugis Schwester lebte noch und empfing sie voll Freude. Ihre Mutter war inzwischen gestorben. Der Jarl ließ Thorgils ganze Habe sammeln und aufs Schiff bringen und vermittelte einen Ausgleich zwischen Thorgils und Anakol, der sie beide zufriedenstellte. vor ihrer Abreise beschenkte er sie.


27. Thorgils tötet Randvid

Dann stachen sie in See und trieben lange auf dem Meere umher. Im Herbste kamen sie nach Helgeland, und da zerbrach der Kiel unter dem Schiffe. Björn hieß ein guter Bauer, der Thorgils, Thorsinn und Kol bei sich aufnahm, während Thor



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finn, Thorleif und Starkad in der Nähe Obdach fanden. seitig besserten sie ihr Schiff aus.

Damals sog ein Mann durch das Land, der Randvid 1 hieß; er war ein großer Übeltäter. Er kam zum Bauern Björn und sagte, er wolle seine Tochter Ynghild an sich nehmen oder mit ihm kämpfen, wenn er das lieber wolle. Björn antwortete, er wolle lieber mit ihm kämpfen. Da sprach Thorgils:"Wir wollen nicht, daß du dich dieses Übeltäters wegen einer Gefahr ausg , und ich will lieber mit ihm kämpfen." Thorgils ging ;u Randvid und bat ihn, den Bauern, der schon so alt wäre, in Frieden zu lassen. Jener sagte, es wäre ihm gleichgültig, was Thorgils darüber sagte. Thorgils antwortete: "Ich will fur den Bauern eintreten."

Thorgils ging sum Zweikampf mit Randvid und schlug ihm gleich den Schild in Stücke. Dann spaltete er den Kämpfer mitten durch. Aber während er schlug, warf Randvid sein Schwert, traf ihn am Knie und verwundete ihn. Diese Wunde heilte so zu, daß der eine Fuß kürzer wurde als der andere, und Thorgils hinkte, so lange er lebte.

Björn dankte ihm sehr und bot Thorgils Geld an. Thorgils aber antwortete, er hätte es nicht Geldes wegen getan. Sie schieden als Freunde.


28. Thormanns Tod

Darauf stachen sie in See und hatten eine harte Überfahrt, bis sie Island in Sicht bekamen. Da legte der Wind sich, der sie hergeführt hatte, und sie bekamen starken Nordwind, der sie zwölf Tage lang zurücktrieb. Dann kam ein starker Südwind , mit dessen Hilfe sie in zwei Tagen zum Lande hinsegelten . Jetzt wollte Thorgils nicht länger segeln lassen. Er hatte zwei Tage im Schiffsraum gearbeitet. Acht Wellen hatten ins Schiff hereingeschlagen. Starkad bat ihn, den Schöpfraum zu verlassen. Da kam die neunte Welle, und die war die größte von allen. Sie riß Thorgils von dem Querbalken des Schöpfraumes fort und schleuderte den Knaben von seinen Knieen 

1. Auffälligerweise gleicht dieser Randvid fehr dem Randvid, von dem am Anfang der Saga die Rede war



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fort über Bord. Jetzt sagte Thorgils: "Über das Schiff ging eine Welle, die weiteres Schöpfen unnötig macht." Die Welle warf den Knaben wieder lebend ins Schiff. Er sagte: "Die See geht über das Schiff, mein Vater Da sagte Thorgils: "Schöpft jetzt, wie ein jeder nur schöpfen kann!" Sie taten es und schöpften alles Wasser aus dem Schiffe heraus. Am selben Tage begann der Knabe Blut speien, und er starb.

Zwei Tage später sahen sie Hjörleifsspis und landeten im Hafen Adlershofmünde.

Jetzt wollten sie Thorsinns Leiche zur Kirche bringen. Thorgils sagte aber, sie wären so lange zusammengewesen, und er wolle sich noch nicht so schnell von ihm trennen. Thorstein Sagte Starkad, ob er lieber Thorgils an Land locken wollte oder die Leiche zum Grabe bringen wollte.


29. Thorgils in Weghöh

Sigmund hieß ein Mann. Er verlangte von Thorgils Schiffszoll , denn ihm gehörte das Land, wo sie gelandet waren.

Jetzt verabredeten Thorstein und Sigmund sich, so zu tun, als ob sie in Streit geraten seien. Kol teilte Thorgils mit, daß Thorstein Hilfe brauchte. Thorgils eilte sofort ans Land, und somit gelang der Anschlag.

Sigmund und Thorstein verglichen sich, und inzwischen nahm Kol Thorsinns Leiche und begrub sie auf dem Kirchhofe. Als Thorgils erfuhr, was Kol getan hatte, wurde er sehr zornig und drohte ihn zu töten. Kol antwortete er möge es tun, wenn er dadurch schneller sum Himmel käme. Durch Thorsteins vermittlung versöhnten sie sich wieder. Vier Tage lang hatte Thorgils weder Speise noch Schlaf gehabt. Er sagte; die Frauen, die ihre Kinder selbst genährt hätten, seien zu entschuldigen, wenn sie diese mehr liebten als andere Menschen.

Thorgils und seine Genossen waren kurz nach dem Thinge nach Island gekommen. Thorgils ging nach Hause nach Weghöh; Thorstein und die anderen begleiteten ihn. Sein Bruder Häring empfing ihn voll Freude und wünschte, daß Thorgils seinen ganzen Besitz übernähme. Thorgils antwortete; er wolle das nicht vor dem Frühling tun. Thorleif fuhr im selben Sommer



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nach Norwegen. Er trennte sich in Freundschaft von Thorgils, Thorgils war den Winter über in Wegholt, und die Brüder Kol und Starkad waren bei ihm. Bei ihm waren auch noch andere, deren Namen nicht berichtet sind. Häring verpflegte sie gut. Einmal sagte Thorgils zu seinem Bruder: "Etwas gefällt mir nicht von dir; Vetter: du hast meiner Tochter Thorne eine große Mitgift gegeben, als sie das Weib Bjarnis von Grab wurde." Häring antwortete: "Den Leuten dünkte es, daß sie eine gute Wahl tat. Sie bekam hundert Hunderte Ellen Fries mit, aber wenn du meinst, daß es zu viel war, so nimm von meinem Gut, was dir gefällt." Thorgils wollte das unter keinen Umständen tun.


30. Helga wird Thorgils' Weib

Als der Winter seinem Ende zuging, übernahm Thorgils seinen ganzen Besitz. Er gewann sofort großes Ansehen bei allen Leuten, doch war er nicht sehr freundlich gegen seinen Schwiegersohn Bjarni.

Im Frühling kamen viele Leute zum Arnes-Thing. Dorthin kamen auch Thorgils und Bjarni, sein Schwiegersohn und Thorne, seine Tochter.

Eines Morgens ging Thorgils zu Bjarnis Zelt und Bieli das Schwert Jardhusnaut in der Hand. Als er in der Zelttür stand, sah seine Tochter Thorne, daß er gekommen war. Sie bat Bjarni aufzustehen und sagte, er solle vorsichtig sein, denn ihr Vater wäre zornig. Bjarni sprang sofort auf denn er war ein kluger Mann, ging Thorgils entgegen, begrüßte ihn freundlich und bat ihn, dort zu bleiben: " — all mein Gut steht zu deiner verfügung, wenn du mich dann nur lieber haben wirst, als früher." "Das ist gut gesprochen," antwortete Thorgils, "und ich werde dein Angebot annehmen. Ungewiß wäre sonst der Ausgang gewesen." Bjarni lud ihn ein, zu ihm zu kommen . Thorgils antwortete, er würde vom Thinge mit ihm zusammen fortgehen und sich von seinem vieh aussuchen, was ihm gefiele. Bjarni bat ihn, nach seinem Belieben zu verfahren. Sie kamen nach Grab. Thorgils sah sich das Vieh an und sagte, er wolle zwanzig Kühe und hundert Milchschafe mit



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sich fortnehmen. Thorny bai ihn, nach seinem Belieben zu verfahren, und sagte, es würde am besten sein, wenn er über alles bestimmte.

Ein Mann hieß Thorolf. Er war bei Thorgils Vater Thord gewesen und hatte von Thorgils Geld zu fordern. Jetzt bat Thorgils Bjarni, Thorolf sechzig Hunderte zu bezahlen. Bjarni antwortete, er würde sein Verlangen erfüllen.

Sie schieden, als dies geschehen war. Als Thorgils nach Hause gekommen war, kam seine Tochter Thorny zu ihm. Thorgils fragte sie, was sie dort wolle. Sie antwortete, sie wolle ihrem Gut folgen, wenn es Thorgils ehrenhafter dünkte; daß sie sich von Bjarni trennte: " - und mich der Hilfe eines Mannes beraube , der dir von größtem Nutzen sein könnte, denn du brauchst keinem anderen Manne nachzugeben, wenn ihr beide zusammenhaltet." Thorgils antwortete: "Gut hast du dich benommen, Tochter, und gut habt ihr euch beide benommen. Jetzt sollst du nach Hause gehen, denn ich will nicht eure Ehe trennen." Er gab ihnen so viel Geld, daß sie wohl zufrieden waren. Im Sommer lud Thorgils Bjarni und dessen Weib nach Weghöh ein, wo sie freundlich empfangen wurden und reiche Geschenke erhielten. Von da an bestand große Freundschaft zwischen ihnen.

Einmal sagte Thorgils zu Bjarni, daß er sich ein Weib suchen wolle. Bjarni billigte es und sagte: "Du sollst um Helga, die Tochter des Goden Thorodds in Ölfus, des Sohnes Eyvinds, meines verwandten, werben." Thorgils brachte seine Werbung vor. Skafti, der Sohn Thorodds, war nicht für die Heirat und ebensowenig Helga selbst. Ihr schien, daß der Mann wohl großsinnig, aber doch ziemlich alt sei.

Ein anderer Mann bewarb sich auch um Helga. Es war Asgrim, der Sohn Ellida-Grims. Skafti antwortete ihm freundlich, aber Thorodd wollte lieber Helgas Heirat mit Thorgils sehen. Auf dem Thinge hatte man darüber gesprochen, doch war nichts beschlossen worden.

So verging ein Jahr. Im zweiten Sommer ritt Thorgils zu einem Schiff, das in Einarsspitz angekommen war. Er hatte gehört, daß auch Skafti dorthin kommen würde und wollte



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mit ihm zusammentreffen. Thorgils ritt nach Floisspitz mit fünf Männern. Bei ihm waren die Brüder Kol und Starkad, sein Vetter Thorolf und zwei Knechte. Sie hielten sich in einigen Büschen versteckt und erwarteten Skafti. Das war in der Nähe von Kalladarnes.

Skafti sah vom Fährboote, daß gesattelte Pferde beim Bache grasten. Er sagte; man sollte umwenden, denn er hätte gehört, daß sie später bessere Geschäfte machen könnten, und damit fuhren sie nach Hause. Thorodd Sagte, warum sie so schnell nach Hause kamen: " — oder fürchtest du Thorgils mit dem lavafarbenen Barte: Mir scheint es besser zu sein, ungefährdet durchs Land zu reiten und ihm Helga zu geben, als immer in Sorge um dich zu sein."

Im Sommer wurde auf dem Thinge Helgas Heirat besprochen. Thorodd unterstützte Thorgils, aber Skafti Asgrim. Da sagte Thorodd:"Ich kann sehen, wie es gehen wird, wenn man Thorgils die Frau verweigert: dann werden viele Männer Schaden leiden. Was aber Asgrim angeht; so hoffe ich ihn mit guten Freundes geschenken zu versöhnen." Nach dieser Rede von Thorodd wurde beschlossen, Helga Thorgils zu verloben, und die Hochzeit fand in Stufe statt. Damals war Thorgils in den Fünfzigern.

Er sog dann mit Helga nach Weghöh, aber sie war so unzufrieden, daß sie kaum sprach.

Einmal, als Thorgils fortgegangen war, um sein Land zu bebauen, sagte Helga, sie wolle nach Stufe gehen und am Abend nach Hause zurück kehren. Sie hieß einen Knecht, sie begleiten. Uls sie nach Stufe gekommen waren, sagte sie zum Knechte, er brauche nicht zu warten. Skafti begrüßte Helga freundlich, aber Thorodd nicht. Helga blieb viele Tagein Stufe. Thorgils kam nach Hause und ließ sich an, als ob er nichts wüßte. Eines Tages rüstete er sich zur Fahrt, ritt nach Stufe und fand die Leute beim Essen. Er ging in voller Waffenrüstung zum Tische und zu Helga, faßte sie bei der Hand und führte sie hinaus, und es dünkte den Leuten, die drinnen saßen, daß er nicht freundlich aussähe. Skafti bai die Leute ihn zu verfolgen, aber Thorodd sagte: "Thorgils hat sein



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Eigentum geholt, und niemand soll sich unterstehen, ihn zu verfolgen." Thorgils ritt nach Hause und sendete Skafti Botschaft, daß er Asgrim treffen walle. Das geschah, und durch Thorodds vermittlung wurden sie versöhnt und waren van da an gute Freunde.

Thorgils wurde ein großer Häuptling und war von allen sehr geachtet.


31. Thorgils tötet Bjalsi

Es wird berichtet, daß Thorgils und Helga einmal draußen saßen und sahen, wie eine Henne den Hahn anschrie, aber der Hahn verfolgte sie und schlug sie, bis sie erschöpft war. Thorgils sagte: "Siehst du, Helga, wie Hahn und Henne zusammen leben:" Helga fragte:"Was meinst du damit:" " Anderer Verhältnis", antwortete Thorgils, "könnte ähnlich sein." Von jetzt an lebten sie gut zusammen. Sie bekamen einen Sohn, der Grim der Schwätzer hieß. Thorgils war jetzt alt, aber doch noch rüstig.

Ein Mann wohnte in der Nähe von Thorgils, der Sam hieß. Sein Weib hieß Thorfinna. Ein Mann lebte in der Gegend, der Bjalsi hieß. Dieser war ein unartiger Mensch. stellte Sams Weib nach und wohnte lange bei Sam und bedrohte sogar den Bauern. Dem gefiel dies übel. Bjalfi stellte ihn vor die Wahl, mit ihm im Zweikampf zu fechten: " — oder überlaß mir dein Weib." Sam suchte jetzt Thorgils auf und erzählte ihm, daß Bjalfi ihn zum Zweikampf gefordert hätte. "Ich werde dir helfen," sagte Thorgils.

Jetzt kehrte Sam grob nach Hause zurück. Am nächsten Tage ging Thorgils zu Sam. Dieser empfing ihn sehr freundlich, und etwas später kam Bjalfi und Sagte, warum er gekommen sei. Er sagte, er hätte keinen Grund, ihm für den Besuch zu danken. "Darum kümmere ich mich nicht," sagte Thorgils, "denn ich darf wohl dahin kommen, wo du hinkommst, und da du Sam zum Zweikampf gefordert hast, sollst du dich mit mir messen und nicht mit ihm." Bjalfi antwortete: "Das kommt davon, daß der Feigling Sam nicht wagt, mit mir zu fechten."Jetzt gingen sie zum Kampfe, und von ihrem Gefechte



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ist nur berichtet, daß Thorgils Bjalfi tötete und den Bauern dadurch errettete. "Genützt hat es dir,"sagte Thorgils, "daß du mir so nahe warst."

Asgrim, der Sohn Ellida-Grims, war ein großer und hervorragender Häuptling : und besaß eigene Schiffe zu Handelsfahrten. Er hatte zwei Söhne, die beide Thorhall hießen. Der ältere Thorhall war ganz erwachsen, als diese Ereignisse vor sich gingen. Gunnvör hieß eine Tochter Bjarnis von Grab. Sie war aber keine Tochter Thornys. Gissur der Weiße wohnte damals in Höfdi und hatte Thorodds Tochter Thordis zum Weibe. Asgrims Mutter war Jorun, die Tochter Teits.

Thorgils besaß das Land in der Nähe des Anlegeplatzes der Schiffe und forderte Hafenzoll, und seine Pächter holten den soll, doch bezahlte Asgrim ihn niemals Thorgils' Pächtern.


32. Von Asgrim und Thorgils

Einmal traf Thorgils Asgrim und bat ihn, doch an den Zoll zu denken. Asgrim sagte, die Schiffe landeten dort, wo das Glück sie hinführte. Er wäre nicht gewohnt, Schiffszoll wie Kleinbauern zu bezahlen. Er bat Thorgils, solches nicht von ihm zu verlangen. Thorgils antwortete ihm, daß er nicht für sich, sondern für andere den Zoll fordere, und damit schieden sie.

Im Frühling wurden Leute von Asgrim zusammengerufen, um ein Schiff ins Wasser zu ziehen, und viele kamen. Überall auf dem Sande waren Pfützen, die mit Wasser gefüllt waren, obgleich es Ebbe war. Asgrim hielt als einer der ersten am Seile und hatte hauptsächlich Frauen bei sich. Er hatte gefärbte Kleider an. Jetzt zogen sie stark an.

Da ritt ein Mann zum Strande. Er war hoch gewachsen und hatte ein Art in der Hand. Er sah dem Schiffsziehen zu. Asgrim trieb jetzt die Leute an, sich tüchtig anzustrengen.

Als Thorgils zu den Pfützen kam, die die die Flut zurückgelassen hatte, sah er, wie Asgrim am Seile zog. Er lief hinzu und kappte das Seil. Asgrim, der stark gezogen hatte, taumelte zurück und fiel in die Pfütze und die Frauen auf ihn. Asgrims ganze Kleidung wurde naß und schmutzig, und ihm selbst erging es ebenso. Ihm dünkte dies eine große Schande zu sein. Er



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sah jetzt, wer der Urheber war und sagte, daß es zwischen ihm und Thorgils mit dieser Tat kaum sein Bewenden haben würde. Thorhall bat ihn, nach Norwegen zu fahren: " — und dann wird sich die Mißstimmung legen, die jetzt zwischen euch herrscht."Asgrim antwortete, er wolle selbst über seine Reisen bestimmen.

Da geschah es einmal, daß Thorhall seinen Vater bat, mit ihm zur Brautwerbung zum Bauern Bjarni in Grab ;u gehen. Asgrim sagte, es wäre in vielen Beziehungen eine gute Wahl: "—aber wenig gefällt es mir, daß Thorgils mit herangezogen wird.""Thorgils wird mir nichts schaden," antwortete Thorhall . Dann gingen sie. Bjarni nahm ihre Werbung freundlich auf, und die Heirat wurde beschlossen. Asgrim bai, Thorgils nicht einzuladen. Bjarni, antwortete, er würde ihn aufs freundlichste empfangen, wenn er käme: " —doch will ich ihm deiner Bitte wegen keine Botschaft schicken." Bjarni rüstete jetzt alles zur Hochzeit zu.

Eines Tages kam Thorny herein und sagte, daß ein Mann unten vom Walde her angeritten käme: "— und er gleicht meinem Vater." Bjarni ging hinaus, und da war Thorgils mit einem Knechte gekommen. Bjarni begrüßte ihn freundlich . Thorgils fragte: "Weshalb hast du mir keine Einladung geschickt, Schwiegersohn:" "Du bist immer eingeladen ," antwortete Bjarni, "und bist willkommen, als wenn du es wärst."

Am Abend kam Asgrim. Bjarni ging ihm entgegen und empfing ihn freundlich. Da fragte Asgrim, ob Thorgils dort sei. Ihm wurde geantwortet, er sei dort: " — und er wird hier verweilen. Ich habe gehandelt, wie du es wünschtest und ihn nicht eingeladen. Aber immer, wenn er will, kann er bei mir sein." Asgrim wurde darüber zornig und wollte nach Hause reiten. Thorhall bat ihn, es nicht zu tun. Er blieb dort, war aber verstimmt beim Feste.

Als die Leute sich zur Heimfahrt bereit machten, sahen sie, daß Asgrim etwas mit dem Knechte Kol verabredete.

Am Abend ritten alle nach Hause. Der Bauer Thorgils und sein Knecht Kol ritten abends bei einigen zerfallenen Häusern



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hinunter. Asgrim hatte dem Knechte drei Mark Silber für Thorgils Kopf gegeben. Kol hatte ein träges Pferd, das unter ihm hinkte. Thorgils schlug den Knecht, und dabei fiel der Geldbeutel aus seinem Mantel. Thorgils fragte ihn, woher das Geld stamme. Der Knecht sagte die Wahrheit. Thorgils erschlug da den Knecht auf der Stelle, die heute noch Kolsbach heißt.

Jetzt glaubte Thorgils Gewißheit zu haben, daß Asgrim ihm nach dem Leben trachte. Er ließ sich jetzt Gefolgschaft sammeln und hatte wohl sechzig Männer. Er wollte jetzt Asgrim anklagen.

Nun kam Gissur der Weiße zu Thorgils und fragte; wohin er zu ziehen gedenke. Er sagte, er wolle Asgrim, den Sohn Ellida-Grims heimsuchen. Gissur antwortete: "Das ist nicht rat )am, denn er hat eine viel größere Gefolgschaft als du." Thorgils sagte, er kümmere sich nicht um Asgrims Gefolgschaft, Gissur riet weiter von der Fehde ab, und auf seine Bitte ritt Thorgils nach Ey und bezeichnete neun ansässige Zeugen. Dann ritten sie fort und meinten, sie hätten die gesetzlichen Schritte getan.


33. Thorgils läßt die Klage gegen Asgrim fallen

Jetzt kamen viele Männer zum Thinge. Skafti Sagte seinen Schwager Thorgils, auf welche Weise er seine Klage vorbereitet habe. Dieser antwortete, er habe neun ansässige Zeugen bezeichnet. Skafti antwortete: "Einer erwartete Leute und mußte den Quirl lecken. 1 Lieber Schwager; laß deine Klage fallen, sie führt zu nichts." "Warum das fragte Thorgils. Skafti antwortete: "Ich kenne die Gesetze, Schwager," sagte er, "und ich sehe genau, daß deine Klage zu nichts führen wird. Es ist besser, sie fallen zu lassen, denn euer Handel ist doch so verlaufen, daß er dir nicht zur Unehre gereicht." Thorgils gab dem Drängen seines Schwagers nach.

Die Leute ritten dann vom Thinge fort, und die Sache wurde völlig fallen gelassen, 

1 d. h. den heißen Quirl, Sinne unseres Ausdrucks er verbrenne sich die Finger



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34. Thorgils erschlägt Helgi und vergleicht sich mit dessen Brüdern

Helgi hieß ein Norweger, der in Einarshafen landete. Er hatte ein Gehöft in der Gegend und reiste mit seinen Waren nach Brachwald. Zur selben Zeit ritt Thorgils von Grab fort. Helgi und Thorgils begegneten einander. Beide ritten scharf. Als sie auf einander trafen, stieß Helgi Thorgils fast aus dem Sattel, denn Thorgils saß der Kälte wegen ganz verkrümmt auf dem Pferde. Helgi lachte da und sagte: "Wenig kann man es dir jetzt ansehen , Thorgils, daß man dich einen großen Krieger genannt hat, obgleich du jetzt alt bist."Thorgils antwortete: "Bis jetzt haben die Leute noch nicht ihren Spott mit mir getrieben. Aber so unbedeutend und alt ich dir auch erscheinen mag, fordere ich dich auf, dich mir sofort zum Zweikampf zu stellen, und da wird sich zeigen, wer dem andern überlegen ist."Helgi antwortete, Thorgils dürfe nicht erwarten, ihn damit zu erschrecken: "—doch wird es mir wenig Ehre bringen, einen Schwächling wie dich zu überwinden." Der Norweger hatte eine Art in der Hand. Thorgils sagte: "Schärfere Waffen mußt du brauchen, wenn sie meine Stirn treffen sollen."

Thorgils hatte das Schwert Jardhusnaut in der Hand und war in voller Rüstung. Er eilte auf Helgi zu und traf ihn mit dem Schwerte an der Achsel, daß jener gleich tot war.

Thorgils war damals siebzig Jahre alt. Er sagte, das wäre seine unbesonnenste Tat gewesen und erklärte sich bereit, dafür Buße zu bezahlen.

Zwei Jahre später kamen zwei Brüder von Helgi nach Island, und niemand hatte ihre Landung bemerkt. Der eine hieß Einar und der andere Sigurd. Sie gingen sofort nach Weghöh und erreichten es am Abend und fanden niemand in den Häusern die Gäste.

Als die Knechte am nächsten Morgen an ihre Arbeit gegangen waren, gingen die Brüder in das Gehöft, blieben an der Tür zum Schlafzimmer stehen und sprachen darüber, was sie tun sollten. Es gefällt mir nicht, einen alten Mann zu töten-"sagte Einar. Thorgils hörte ihr Gespräch, sprang safari auf, ergriff das



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Schwert Jardhusnaut und forderte sie auf, hereinzukommen, wenn sie wollten. Einar sagte: "Man braucht uns nicht zur Bruderrache aufzustacheln, denn wir könnten dich völlig überwinden, wenn wir wollten. Aber wir werden dir keinen Unfrieden bereiten, Bauer. Wir Brüder wollen ein anderes Geschäft vorbringen." Thorgils nahm das gern an und antwortete: "Auch mir ist es so viel lieber, denn du scheinst ein tüchtiger Mann zu sein. Für den Tod eures Bruders will ich völlige Buße bezahlen. Dir, Einar, will ich das Schwert Jardhusnaut geben, denn ich sehe, du wirst es zu brauchen verstehen. Deinem Bruder will ich fünf Mark Silber geben." Dann schieden sie in guter Freundschaft, und die Brüder kehrten nach Norwegen zurück.


35. Thorgils' Tod

Es geschah einmal, daß Thorgils und Helga einen Besuch in Stufe machten. Darauf bekam der Bauer Thorgils eine Seuche — er war damals fünfundachtzig Jahre alt — und starb eine Woche darauf. Bald darauf starb der Bauer Thorodd und Bjarni der Weise. Sie wurden alle in der Kirche begraben, die Skafti westlich vom Bache hatte errichten lassen, aber später wurden ihre Gebeine nach der Stelle übergeführt, wo jetzt die Kirche steht denn Skafti hatte das Gelübde getan, eine Kirche bauen zu lassen, damals als Thora beim Waschen ein Bein brach. Thorgils, der Stiefsohn des Narbigen, wurde als einer der bemerkenswertesten Männer angesehen. Seinen Freunden war er treu. Besonnen und ausdauernd war er, mutig und zu großen Taten geneigt, wenn man gegen ihn etwas unternahm, und er ertrug männlich schwere Prüfungen. Von ihm stammt ein großes Geschlecht ab. Und hier schließt diese Saga.



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Die Geschichte von Fuchs dem Listigen



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1. Refs Jugend und seine Fahrt nach Grönland

In den Tagen König Hakon Adalsteinsfostris wohnte draußen in Island im Breitfjorde auf dem Hofe Frauenhalde ein Mann, der Stein hieß. Sein Weib hieß Thorgerd. Sie war die Tochter Oddleifs, der Schwester Gests von Bardsstrand. Stein war reich, ein guter Bauer und dabei sehr alt. Sie hatten einen Sohn, der Ref 1 hieß. Er war von großem Wuchs und jung, schön anzusehen, aber gewalttätig. Doch niemand wußte, wie stark er war. Er pflegte nah bei der Feuerstelle zu sitzen, und keine andere Beschäftigung hatte er, als äch den vorbeigehenden vor die Füße zu wälzen. Seine Eltern waren sehr betrübt, daß ihr Sohn äch so wenig zu anderen Männern hielt. Die meisten nannten ihn einen Narren.

Ein Mann hieß Thorbjörn, er war reich und gewalttätig. Er hatte viele Totschläge verübt und war höchst übermütig. Er hatte in allen Landesteilen gewohnt. Die Häuptlinge und das ganze Volk hatten ihn aus allen Landschaften Islands seiner Gewalttaten und Totschläge wegen verjagt. Niemals hatte er Geldbußen bezahlt. Ranveig hieß sein Weib. Sie war närrisch und eigensinnig, und deswegen, sagte man, daß Thorbjörn manches Unheil weniger begangen hätte, wenn sie ihn nicht angestachelt hätte.

Thorbjörn hatte jetzt das Land gekauft, das Schafberg heißt. Viele Männer, die vorher von ihm gehört hatten, erschraken sehr bei seinem Kommen. Thorbjörns und Steins Gehöfte lagen nahe beieinander. und in der Mitte floß ein Bach, der ihre Ländereien trennte. Aber als Thorbjörn dort eine Weile gewohnt hatte, gingen seine Schafe auf Steins Land, denn Thorbjörn hatte viel vieh.

Einmal kam Stein mit seinem Nachbar Thorbjörn ins Gespräch und sagte: "So ist es doch, daß wir zwei Winter beieinander gewohnt haben, und unser verhältnis ist eher gut als schlecht gewesen. Obgleich dein Ruf im allgemeinen nicht gut ist, habe ich 

1 Ref bedeutet Fuchs; auf die Bedeutung des namens wird mehrfach an- gespielt



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weder von dir noch von den Deinen bis jetzt Schaden gehabt, aber jetzt kommt dein Vieh auf meine Wiesen und weidet dort. Nun will ich, daß du auf meine Worte hörst und das vieh besser bewachen läßt, als es bisher geschehen ist. Ich, der ich kein Lügner bin und dem manche von denen glauben werden, die dir nachstellen, kann auch sagen, daß du mir keine Gewalt angetan hast; oder mein Eigentum mit Unrecht begehrtest." Thorbjörn antwortete: "Noch nie hat jemand so friedlich und klug mit mir gesprochen . Ich wollte, daß andere Männer so gesprochen hätten, dann hätte ich weniger Totschläge begangen. Nach deiner Rede soll es auch gewiß besser werden."

Damit schieden sie. Thorbjörn gedachte so sehr Steins Rede, daß sein vieh ihm nie mehr Schaden zufügte.

Bald darauf wurde Stein krank. Er sagte, daß er keine andere Krankheit mehr bekommen und daß diese zum Tode führen würde. Er sprach da zu Thorgerd, seinem Weibe: "Ich wollte, daß du dein Land nach meinem Tode verkauftest und westwärts nach Bardisstrand zu Gest deinem Bruder, zogst. Mir ahnt, daß Thorbjörn nicht in Frieden mit dir zusammenleben wird, obgleich wir gut miteinander ausgekommen sind. Ich fürchte, daß es ihm jetzt mehr gefallen wird, dein Land als Weide zu benutzen, als früher, wo ich da war."

Darauf starb Stein. Thorgerd hatte keine Lust, das Land aufzugeben, denn sie fand es schön und größtenteils gut.

Es dauerte aber nicht lange, so wurde es schlimmer mit Thorbjörns viehherden. Seine Schafe weideten Tag und Nacht auf Thorgerds Wiesen. Sie gingen auf die gepflegten Wiesen und fraßen alles Gras auf. Das dauerte zwei Jahre, und Thorgerds Vieh mußte Heumangels wegen geschlachtet werden. Thorgerd sagte oft zu Thorbjörn, daß er besser auf sein vieh achten solle, aber das half nichts. Jetzt sah sie sich um, ob jemand ihr Land kaufen wollte, aber niemand wollte so nahe bei Thorbjörn wohnen. So wurde das Land nicht verkauft.

Jetzt wird berichtet; daß ein Mann sich in der Gemeinde aufhielt , der Bardi hieß. Er war sehr klein und wurde Bardi der Kleine genannt. Er war sehr leichtfüßig und er lief nicht schlechter als das beste Pferd. Er hatte außerordentlich scharfe



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Augen. Im Sommer pflegte er Viehwächter zu sein. Er war treu und zuverlässig in auen Stücken,

Diesen Mann traf Thorgerd auf dem Frühlingsthinge und fragte ihn, ob er ihr vieh hüten wollte. Sie wollte ihn so lohnen nen, daß er damit zufrieden sein würde. Sie sagte ihm auch, daß er öfters und ohne nachzulassen, Thorbjörns vieh zurückhalten müsse, wenn sich dieses auf falschem Wege befände, und berichtete ihm von allen ihren Schwierigkeiten, die zwischen ihnen bestanden. Bardi antwortete: "Keine andere Stelle würde ich mir wählen, als bei dir zu sein, so wie du alles darstellst. Und ich Fürchte mich nicht, dein Land gegen das Abweiden durch anderer Leute vieh zu schützen."

Dann ging Bardi mit Thorgerd zu ihrem Gehöfte und begann das vieh zu hüten. Er baute sich zwei Hütten, die eine beim Berge und die andere am Rande des Baches, der zwischen den Gehöften floß. Dort hatte er immer seine Nachtstätte und schützte Thorgerds Land gegen Thorbjörns vieh, sodaß dieses nicht über den Bach kam. Er stand am Ufer und gab von dort aus auf das Vieh acht. Niemals überschritt er den Bach. Thorgerds vieh gedieh jetzt, was in den Sommern vorher gar nicht geschehen war.

Der Hausbau Ranveig dünkte die Ausbeute des Sommers gering zu sein. Sie sprach eines Tages mit Thorbjörn und fragte, wohin sein vieh zum Weiden getrieben würde. Er antwortete, es weidete täglich am Bache. "Wie ist das möglich," sagte sie, "daß jener Mann bei Thorgerd ist, um unserem vieh die Weiden zu verwehren, auf denen es in den letzten Sommern gegangen ist. Hast du denn immer so falsch gehandelt, Thorbjörn, daß du die Männer überfallen hast, die unbescholten waren, aber diesen Narren so Schändliches tun läßt, wie unserem vieh das Land zu wehren, wo es hingehen will: " Wer ist dieser Mann " fragte Thorbjörn. "Er heißt Bardi," antwortete Ranveig, "und ist der kleinste und elendeste auer Männer. Jede Nacht liegt er draußen und wehrt unserem vieh, über den Bach zu kommen."

Darauf nahm Thorbjörn sein Pferd, ritt über den Bach und kam dorthin, wo Bardi bei seiner Hütte war. Da sagte Thor



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björn: "Ist es wahr, daß du unserem vieh diese Wiesen verwehrst , so daß es nicht wagt, an dem Ufer des Baches zu grasen? So haben wir gar keinen Nutzen von den Schafen." Bardi antwortete:"Es ist nicht gelogen, daß ich deinem vieh nie erlaube, auf unser Land zu kommen, aber das ist nicht wahr, daß ich dein vieh schlage oder es verhindere, auf deinem eigenen Lande zu grasen. Ich hoffe, daß eure Sommerausbeute nicht geringer sein wird, als in den vorgegangenen Sommern. Und jetzt habt ihr euren Gewinn auf eine gerechtere Weise erhalten." Thorbjörn sagte: "Wahrscheinlicher scheint es mir zu sein, daß du im Unrecht bist, als ich, aber du kannst dich friedlos nennen, wenn der Heimtrieb der Schafe im Herbste schlecht ist. Und jetzt will ich, daß du dich anders verhältst , oder es wird dir schlecht gehen." Bardi antwortete: "So habe ich am häufigsten die Viehhut übernommen, das ich meine Pflicht treu versehen habe, und so soll es auch jetzt sein."

Thorbjörn erschlug Bardi, schleppte ihn in die Hütte, ritt dann nach Hause und berichtete, was er getan hatte. Ranveig war mit dem Geschehenen zufrieden und ließ das Vieh sofort auf Thorgerds Land treiben. Die Schafe gingen auf die eingehegte Wiese, stießen die Heuhaufen um und richteten großen Schaden an. Thorgerd kam heraus und sah das vieh um das ganze Gehöft herumstehen. Sie glaubte zu wissen, daß Böses geschehen sein müsse. Sie sandte Leute aus, um das vieh fortzutreiben, und sie fanden Bardi erschlagen in seiner Hütte. Diese berichteten das Thorgerd. Sie ging da in die Feuerstube und sah dort ihren Sohn Ref. Sie sagte: "Immer schaudere ich vor Abscheu, wenn ich dich, die Schande deines Geschlechts, vor meinen Augen sehe, und wie unglücklich war ich, als ich dich Narren gebar. Besser wäre es, eine Tochter zu haben, dann könnte ich sie dem Manne geben, der uns eine Stütze wäre. Aber obwohl unser Land abgeweidet oder das Heu heruntergerissen wird oder Männer getötet werden, so liegst du fauler Bursche da und läßt dich an, als ob wir nichts tun könnten." Da sprang Ref auf und rief: "Hart würde es sein, noch mehr Vorwürfe von dir zu hören. Mutter, wenn die ersten so sind."



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nahm eine scharfe Hellebarde herunter. Stein hatte viele Waffen besessen.

Ref ging jetzt aus dem Gehöfte heraus, und zwar so, daß er den Speer fortschleuderte und ihm nachlief. Thorbjörns Knechte waren an der Arbeit und sahen Ref kommen. Sie erkannten ihn und verspotteten ihn sehr. Ref ging auf Thorbjörns Gehöft ;u, und als er vor der Tür stand, sah er dort niemand. Er hörte, daß Frauen in der Stube waren und davon sprachen, ob Thorbjörn aufgewacht wäre. Thorbjörn hatte sich zum Schlafen niedergelegt. Ref brach den Schaft seines Spießes ab und ging dann schnell hinein und in die Schlafstube.

Thorbjörn hörte den Mann kommen und Sagte, wer dort herum ginge. Ref antwortete: "Ich gehe jetzt hier herum:" "Wer bist du:" Sagte Thorbjörn. "Ein Mann von einem anderen Gehöfte," sagte Ref. "Einen Namen wirst du doch haben," sagte Thorbjörn. "Ich heiße Ref," und damit trat er in den Schlafraum und an das Bett heran.

Thorbjörn hatte die Decken abgeworfen und sagte: "Ich muß ja blind sein, daß ich dich nicht gleich erkannte. Sei willkommen , Ref, und welches Geschäft führt dich hierher:" Ref sagte: "Es hängt sehr von dir ab, welcher Aries ist." "Wieso:" fragte Thorbjörn. Ref antwortete: "Ich bin hierhergekommen, um Buße für den Tod Bardis, meines Knechtes, zu verlangen. Ich will wenig verlangen und das nehmen, was dir am wenigsten ausmacht. Es ist nur meiner Ehre wegen, da du einen einfachen Mann getötet hast." Thorbjörn kleidete sich jetzt schnell an und sagte: "Wohl ist solches versucht worden, und es ist möglich, daß ich etwas büße. Aber ebenso möglich ist, daß weder ich diesen Totschlag büße, noch irgend einen andern ." Ref sagte: " Es wäre richtiger, etwas zu bezahlen." Thorbjörn sagte: "Da du so gut sprichst, sollst du etwas erhalten ."

Thorbjörn war jetzt bekleidet. Er faßte mit der Hand am Bettrande herunter und holte ein großes Messer herauf, das aus einem Stück Eisen geschmiedet war, und einen Schleifstein. Thorbjörn nahm dann ein Schwert in die Hand, bot das Messer und den Schleifstein Ref an und sagte: " Ein weiches Eisen



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gebührt dem weichen Manne." Im selben Augenblicke stach ihn Ref mitten durch den Leib. Thorbjörn fiel wieder zurück und konnte das Schwert nicht brauchen. Es stak noch fest in der Scheide, und alles war schnell vor sich gegangen. Ref schloß die Tür nach dem Wandbette zu und ging dann zur Haustür. Zugleich wurde die Stubentür geschlossen.

viele Stämme von Treibholz standen vor der Tür zum Männer zimmer . Ref beschloß, sich zwischen den Hölzern zu verbergen, denn er wußte, daß Thorbjörns Knechte auf dem Wege waren und seiner sofort gewahr werden mußten, wenn er nach Hause ginge. Die Frauen hatten das Gespräch der Männer gehört und wollten sehen, was vorgefallen war. Dabei sahen sie Blut über den Boden laufen und riefen die Knechte; und als diese herbeikamen, fanden sie Thorbjörns Leiche. Sie suchten Ref und fanden ihn nicht. Keiner meinte, daß er ihn hatte nach Hause gehen sehen.

Am Abende wurde das Suchen aufgegeben. Da ging Ref aus dem Holze heraus und nach Hause. Er weckte seine Mutter und bat sie, herauszukommen. Das tat sie, und als sie herausgekommen war, fragte sie, ob Thorbjörn auf irgend welche Weise den Totschlag Bardis gebüßt habe. Ref sagte das Lied:

"Mir bot der Mann ein breites
Weser und einen Schleifstein.
Doch die Gabe des Goldverteilers
Galt mir nichts als Bußgeld.
Mit dem Schwert in der Hand
Forschte ich nach dem Stege
Zu seinem Hergen. Ich habe
Heute den Mann erschlagen."

"Deine Worte sind die willkommensten, die ich hören könnte;" sagte sie. "Nimm jetzt zwei Pferde hier vom Hofe und bringe sie hierher zu mir." Auf das eine Pferd wurde ein Sattel gelegt, das andere wurde aber mit Taschen beladen, in denen kostbare Sachen waren. Ref zog auch ein schönes Gewand an. Er sah jetzt äußerst kriegerisch aus. Thorgerd sagte da: "Ein Mann heiß t Grim, der nah von bier im Tale auf unserem Lande wohnt. soll dich begleiten. Und ich sende dich westwärts



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nach Bardisstrand ;u meinem Bruder Gest. Ich will, daß du so lange bei ihm bleibst, bis dieser Totschlag verglichen ist."

Ref ging jetzt seines Weges und hielt nicht an, bis er Hagi erreichte. Ref wurde dort freundlich empfangen, und als man ins Gespräch kam, fragte Gest, ob Ref etwas Neues zu berichten wisse. Ref antwortete, er hätte nichts zu sagen. "Weißt du doch etwas:" fragte Gest. Ref sagte, daß es nicht unmöglich sei, und berichtete, was er getan hatte. Gest antwortete, er würde ihn gewiß gern bei sich behalten, und fragte, ob er irgend eine Fertigkeit besäße. Ref sagte, er hätte durchaus keine. Gest sagte: "Ich sehe dir an, daß du auf irgend welchem Gebiete der tüchtigste Mann bist. Aber welches das ist, werde ich bald sehen."

Ref blieb jetzt eine Zeitlang dort. Einmal kam Gest mit Ref ins Gespräch und sagte: "Jetzt weiß ich deine Fähigkeit. Du bist ein großer Künstler, wenn du nur willst. Ich habe es gemerkt, wie du den Rundstab behandelt haft. Du hast ihn weder schief, noch verdreht, noch ungleich zugeschnitten, und es hat große Geschicklichkeit verraten, so wie du es versucht hast." "Das mag sein," sagte Rer "ich habe nie geschnitzt." Gest sagte: "Ich will es versuchen: ich will, daß du mir ein Boot zum Seehundsfange baust." Ref antwortete: "Schaff mir dann Hol; und Werkzeuge, so daß von allem mehr als genug da ist, denn es ist die Gewohnheit vieler Männer zu sagen, daß der Mangel an Baustoff die Ursache wäre, wenn etwas nicht gelingt. Ich will auch, daß kein Mensch etwas von dieser Arbeit erfährt, denn wenn sie gut wird, würde man sagen, daß jemand hinzugekommen ist, der sie mich gelehrt hat."

Gest ließ jetzt einen großen Schuppen bauen und dorthin viel Holz bringen. Ein Handelsschiff war bei Gests Küste gestrandet, und Gest hatte das Schiffsholz gekauft. Alles dieses Hols ließ Gest in Refs Schuppen bringen und dazu alle Nägel. Gest besaß auch ungeschmiedetes Eisen, und Ref sagte, daß er es ;u sich nehmen wollte; denn er wollte selbst Nägel schmieden. Werkzeug aller Art ließ Gest dahinbringen, ebenso ein Feuerbecken und Kohlen. Dann sagte Gest: "Jetzt habe ich alles in deinen Schuppen bringen lassen, so daß du nichts



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mehr brauchen würdest, um ein Handelsschiff zu bauen, das wohl zu andern Ländern fahren könnte." Ref sagte, Gest könnte nicht mehr ihn tun, wie auch die Arbeit ausfallen würde.

Jetzt begann Ref mit der Arbeit. Er stand früh auf, aber kam spät nach Hause. So ging es drei Monate lang.

Da geschah es eines Morgens, daß Gest seinen Vertrauten zum Schuppen schickte und ihn bat, in Erfahrung zu bringen, wie es um den Seebundsfänger stände. Er sagte, Ref müsse mit der Arbeit fertig sein, auch wenn er ungelehrt darin sei. Der Bote ging und kam dorthin, ohne daß Ref seiner gewahr wurde. Er sah sich die Arbeit genau an. Dann ging er nach Hause und sagte Gest, daß solch ein Seebundfänger nicht oft zu sehen sein würde . " —denn ich glaube nicht, daß größere Schiffe je hierher gekommen sind." Gest bat ihn, sich nicht darum zu bekümmern.

So gingen zwei Monate hin. Da geschah es eines Morgens, als Gest aufgestanden war, daß er Ref auf seinem Lager liegen sah. Gest schüttelte ihn und sagte: "Lange schläfst du heute, Vetter. Ist der Seehundfänger jetzt fertig:" "Die Schiffswand ist fertig, und ich will nichts mehr dazu tun, bevor du sie gesehen hast." "Wir sollten heute hingehen," sagte Gest, "und deine Arbeit ansehen." Gest ging darauf mit wenigen Männern zum Schuppen, denn er wollte nicht, daß alle die Arbeit sähen, falls sie ungeschickt wäre, und als er dorthin kam, stand ein seetüchtiges Handelsschiff dort. Gest sah sich das Schiff genau an und bekam eine hohe Meinung von Refs Kunstfertigkeit, denn dieser hatte nie vorher ein Schiff gebaut, dankte ihm für die Arbeit und sagte: "Ich will dich jetzt damit belohnen, daß ich dir dieses Schiff schenke." Ref antwortete, daß er es gern annähme.

Jetzt wurde es weit herum bekannt, daß Ref, der Sohn Steins, ein seetüchtiges Handelsschiff gebaut hätte, denn er war von vielen für einen Narren gehalten worden.

Bei Refs Vater hatte sich ein Norweger mit seinem Sohne aufgehalten. Der Sohn des Norwegers und Ref waren gleichaltrig gewesen. Der junge Norweger besaß als Spielzeug ein



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Schiff, das in Norwegen hergestellt und einem seetüchtigen Handelsschiffe nachgebildet war. Bevor der junge Norweger fortging, schenkte er Ref dieses Schiff, und Ref hatte sich damit vergnügt, in der Feuerstube das Schiffchen nach zuschnitzen. Jetzt verging der Winter, und die Leute begannen sich bei Spielen zu versammeln,

Ein Mann hieß Gellir. Er pflegte viel zu reisen und hielt sich immer einen Winter in Norwegen auf und den nächsten auf Island. Er war ein großer Lärmmacher und beteiligte sich oft an Spielen. Seine Mutter wohnte in der Nähe auf dem Gehöfte, das Hang heißt. Sie hieß Sigrid und war sehr reich. Ihr Mann war gestorben und deshalb wurde Gellir der Sohn Sigrids genannt.

Gellir ging viel zu Spielen und war einer der Stärksten von denen, die sich da zusammenfanden.

Da geschah es eines Tages, daß Gellir mit einigen Männern in Hagi sum Spielen ging. Er fragte Ref, ob er mit ihm gehen wolle. Ref antwortete, daß er nicht zu Spielen tauge und nicht mitgehen würde. Gellir Sagte nun, ob Ref dann bereit wäre, mit ihm zu ringen. Ref antwortete, daß er das nicht tun würde. Da sprang Gellir vom Pferde, ging auf Ref zu und sagte: "Schäme dich, daß du dich weigerst zu ringen, wenn ich es will. Jetzt sollst du gegen deinen Willen doch ringen." Er versuchte auf verschiedene Weise Ref zu Fall zu bringen, aber es gelang ihm nicht. Ref wich aus, während Gellir ihn aufs heftigste angriff. Aber als Gellirs Angriffe schwächer wurden, faßte Ref ihn unter dem Hosengurt mit einer Hand, mit der andern zwischen den Schultern und schleuderte ihn weit fort auf den hartgefrorenen Boden. Gellir fiel auf die Ellbogen und verletzte sie beide. Aber seine Stirn war blau.

Er sprang schnell auf, stieg aufs Pferd und ergriff einen Speer, schwang den Schaft und schleuderte ihn auf Ref. Der Speer traf ihn auf die Schulter und sprang von dort an den Kopf, verletzte ihn aber nicht. Gellir und seine Genossen liefen fort und rühmten sich sehr. Sie sagten, daß Gellir Ref wei schwere Hiebe zugefügt hätte, brachten das weit herum und sagten, daß Ref sich nicht rächen würde. Ref ließ sich an, als ob er



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nichts davon wüßte. Gest war zu der seit nicht zu Hause gewesen.

Nach Weihnachten teerte Ref sein Schiff und rüstete es aus. Es wird berichtet, daß Gellir fortreiste, und sein Weg führte ihn am Schuppen vorbei und er sah sich das Schiff an. Ein Mann begleitete ibn. Ref hörte, daß Gellir gekommen sei und sprang mit seinem Beile vom Schiffe herunter auf Gellir zu. Er rief: "Jetzt werde ich dir zwei Hiebe mit einem vergelten." Dann schlug er zu und das Beil trag Gellir schwer. Er fiel tot zur Erde, aber sein Genosse ritt fort. Ref ging nach Hause und traf dort Gest. Dieser sagte: "Du siehst so glücklich aus. Was ist denn geschehen:" Ref sagte das Lied:

Heut hab ich in Gellirs
Blut die Art gebadet.
Der bekannte Mann
Fiel durch meine Hand.
Rache ist erreicht.
Warmen Schweiß gewann
Der Rabe. Kluge Menschen
Werden dies besprechen."

"Willkommenster der Männer," rief Gest, "das würde ich getan haben, als ich überall hörte, daß Gellir dir zwei Hiebe zugefügt habe. Doch was willst du jetzt tun " Ref antwortete:" Ich denke mit meinem Schiffe nach Grönland zufahren." Gest sagte: "Jetzt hast du gewählt, was ich wünschte, denn du würdest in Norwegen keinen Frieden finden, wenn dieser Totschlag dort bekannt wird. Jetzt werde ich dir eine Rudermannschaft sammeln und dir die Waren geben, die du haben willst. Aber mit deiner Mutter werden wir dann darüber abrechnen, wie es uns gut dünkt."

Ref rüstete jetzt sein Schiff, und kräftige Bauernsöhne entschlossen sich, ihm zu folgen. Gest beschenkte ihn reich, und als sie schieden, sagte Gest zu ihm: "Wenn es dir nicht erlaubt wird, nach Island zurückzukehren, laß einen Bericht deiner Reise schreiben, denn sie wird manchen sonderbar dünken, und ich glaube, daß du einer der klügsten Männer unseres Geschlechtes bist. Du wirst es auch zu etwas bringen. Ich wünsche



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dir, daß derselbe, der die Sonne geschaffen hat, dir zu Gutem verhelfe." Ref dankte Gest sehr für seine Hilfe.

Setzt schieden sie, und Ref stach in See. Er hatte eine gute Überfahrt, bis sie Grönland erblickten. Dann aber wurden sie lange umhergetrieben, und die Strömung führte sie nordwärts an der Küste entlang. Endlich kamen sie an einen Fjord in den nördlichen Einöden. Soweit sie sehen konnten, streckten sich Gletscher nach Süden hin aus, und da sie durch die Meeresfahrt gelitten hatten, sehnten sie sich nach Land. Sie warfen Anker. Ref ruderte ans Land und stieg auf den höchsten Berg, um Umschau zu halten. Er sah, daß sich der Fjord tief ins Land schnitt, an das sie gekommen waren, und zwei vorgebirge lagen im Fjorde einander gegenüber. Ref kehrte auf das Schiff zurück.

Am nächsten Morgen gebot er das Schiff bis an das Ende des Fjords zu bringen. So geschah Als sie aber an die Vorgebirge kamen, sahen sie, daß dort ein breiter und tiefer Fjord begann . Als sie an das Ende dieses zweiten Fjords kamen, fanden sie dort einen guten Hafen. An allen Seiten waren Wald und grüne Halden. Von allen Seiten waren sie von Gletschern umgeben . Dort waren Tiere vieler Arten. Schwemmholz lag bei jeder Ebbe da, und genug Jagdbeute fand sich. Sie konnten nicht mehr zu den Ansiedelungen fahren.

Nun bauten sie ein großes Schlafhaus und richteten sich gut ein. Sie blieben den Winter über dort. Ref baute ein Lastschiff. Er rüstete es im Frühjahr zur Fahrt nach den Ansiedelungen aus und verwahrte das Handelsschiff gut.

Dann segelten sie zu den Ansiedelungen und kamen in eine Bucht. In der Nähe lag ein Gehöft. Dort wohnte einmann, der Björn hieß. Er hatte ein Weib und eine Tochter, die Helga hieß. Sie war schön und klug, und wurde für die begehrenswerteste Frau der Gegend gehalten. Ref verkaufte seine Waren nicht, sondern begann zu arbeiten. Björn begann mit Ref zu sprechen und Sagte ihn, ob er sein Gehöft ausbauen wolle. Ref war dazu bereit und dann machten sie den Preis aus. Ref begann jetzt mit dem Bau und schmückte ihn herrlich aus Dieses Gehöft hieß Hang.



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Auf der andern Seite der Landzunge, die sich vorstreckte, befand sich ein Gehöft, das Bucht hieß. Ein Mann wohnte dort, der Thorgils hieß, und Vikarskalli genannt wurde. Er war boshaft, verleumderisch und verschlagen. Streitsüchtig war er, und allen dünkte es übel zu sein, mit ihm zu tun zu haben. Er war bejahrt und hatte ein Weib. Theingil hieß sein ältester Sohn, der zweite Orm, der dritte Thorstein, der vierte Geir. Olof hieß seine Tochter. Sie war das Weib eines Mannes, der Gunnar hieß. Theingil hatte sich um Helga beworben, sie hatte ihn aber abgewiesen.

Ref war jetzt bei Björn und baute dessen Gehöft aus, und dann bewarb er sich um Helga. Björn nahm seine Werbung freundlich auf. Bei ihm war auch der Mann, der Thormod hieß, er war Helgas Pflegebruder. Er freute sich sehr über diesen Entschluß, und so kam es, daß Ref dem Weibe verlobt wurde; und der Hochzeitstag wurde festgesetzt. Dann wurde beschlossen, daß Ref mit Helga auf Hang wohnen sollte, aber Björn wollte als ihr Gast bei ihnen sein.

Im Frühling darauf übernahm Ref das Gehöft. Er verdiente viel Geld mit seinen Arbeiten.

Helga war auch überaus tüchtig. Aber als sie eine kurze seit zusammen gelebt hatten, starb Björn. Dann wurde ihnen ein Sohn geboren, der Stein hieß. Zwei Winter darauf wurde ihnen ein weiter Sohn geboren, der Björn hieß. Die Brüder waren die vielversprechendsten Männer. Ref wohnte acht Winter in Grönland auf demselben Wohnsitz. In diesem Winter baute er ein großes Lastschiff. Sein Schuppen stand draußen auf der Landspitze, die sich zwischen Bucht und Hang ausstreckte. Früh ging er hin und kehrte spät zurück. Sein Beil ließ er nachts im Schuppen und ging unbewaffnet nach Hause.

Da geschah es eines Abends, daß er nach Hause ging, wie er es gewohnt war. Da erblickte er vorn auf der Landspitze einen Eisbären. Der Bär beschleunigte jetzt seinen Gang, da er einen Mann bemerkte. Ref dünkte es, daß er unklug gewesen sei. Frischer Schnee lag auf der Erde, und deutliche Spuren liefen nach allen Richtungen hin. meinte, es wäre nicht seine Aufgabe, waffenlos dem Bären entgegenzugehen.



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Er wandte sich wieder dem Schuppen zu und holte sein Beil. Jetzt ging er wieder dorthin, wo der Bär gewesen war und fand ihn tot. Die Brüder, Thorgils' Söhne, hatten den Bären erlegt, als sie vom Rudern zurückkehrten. Ref ging nun nach Hause.

Jetzt ist davon zu berichten, wie die Söhne Thorgils' nach Hause kamen. Ihr Vater Sagte sie, was sie gefischt hätten. Sie antworteten, sie hätten nicht gesischt: -aber wir haben einen Eisbären erlegt." Thorgils sagte: "Gut ist eure Haltung, daß ihr so zu unserem Haushalt beiträgt, und wenige werden solche Beute gewinnen." Theingil sagte: "Es verhielt sich so, daß wir wenig Ausbeute von dieser Jagd gehabt hätten, wenn nicht Ref der Feige seine Mannhaftigkeit gezeigt hätte. Ich meine, daß nie ein tatenloserer Kopf, als der, den er trägt, nach Grönland gekommen ist, denn eine Männerspur führt vom Schuppen und zu ihm zurück, und Harn war in die Spur gelaufen." Theingil gebrauchte dann noch viele schimpfliche Bezeichnungen Ref. Sein Vater schwieg. Theingil Sagte, warum er schweige: " — oder weißt du, Vater, nicht, wer Ref der Feige ist:" Thorgils antwortete: "Hierüber ist schlecht zu reden, und immer mußte Grönland erröten, wenn es von Ref reden hörte. Ich sah damals schon, als er eben gekommen war, daß Grönland seine größte Schande erhielte. Deshalb habe ich mich wenig um ihn gekümmert, denn als ich auf Island war, war er nicht vom selben Wesen, wie andere Männer: eher war er ein Weib jede neunte Nacht und verlangte da nach einem Manne, und er wurde Ref der Weibische genannt. Immer gingen Gerüchte über seine Sonderbarkeiten herum. Jetzt wünsche ich, daß ihr euch nicht mit ihm abgeht." Damit schloß ihr Gespräch, und sie gingen fort, um das Fleisch des Bären zu holen.

Aber wohin die Thorgils söhne auch kamen, wiederholten sie die Verleumdungen und erzählten überall, daß Ref seines weibischen Wesens wegen von Island verjagt sei und daß er eine Geldsumme erhalten hätte, damit er das Land verließe. Sie setzten noch andere Lügen hinzu, und diese wurden zum allgemeinen Gerede, so daß auch Ref sie erfuhr. Er ließ sich an,



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als ob er nichts davon wüßte. Aber das Schiff, das er in Arbeit hatte, rüstete er in allen Stücken auf das beste aus. Im Herbste ließ er viel schlachten, aber für einen Teil seiner Schafe tauschte er grönländische Waren ein.

Ref hielt ein großes Herbstgelage und lud dazu seine Freunde ein. Aber im stillen verkaufte er sein Land gegen bares Geld. Es stand im Vertrage, daß er im nächsten Halbjahr seine Ländereien räumen und die andern das wissen lassen sollte. Er hatte bei sich viele kräftige Leute, nicht weniger als zwölf. Ref war sehr reich geworden. Es war im September.

Da geschah es eines Tages, daß Thormod mit Ref ins Gespräch kam und sagte: "In einem schlechten Rufe stehst du überall, und das haben Thorgils und seine Söhne verschuldet. Als ich wünschte, daß du Helga zum Weibe nehmen würdest, glaubte ich, daß sie das Weib eines tüchtigen Mannes werden würde, und daß ich dich dafür halten müßte. Aber zu sehr scheinst du mir das Gerede übelwollender Männer zu bestätigen , da du sie ruhig gewähren läßt. Jetzt bitte ich dich, sie den verdienten Lohn für ihre verleumdungen finden zu lassen." Ref antwortete: "Zuerst sollte man mit sich selbst ;u Rate gegangen sein, bevor man sich in Gefahr begibt oder andere dazu aufstachelt." Damit brach ihr Gespräch ab, und Ref ging an die Arbeit und begann sich jetzt einen ungewöhnlich großen Spieß herzustellen, mit dem man schlagen und stoßen konnte. Er machte einen kur en Schaft und umwand diesen ganz mit Eisen. Dann schärfte er den Spieß, so das er auf einer Torfwand stehen konnte.

Darauf ging am Nachmittage allein vom Hause fort. Als einzige Waffe führte er seinen Spieß mit. Er ging nach Bucht und kam dort spät abends Thorgils saß beim Kochen in der Küche. Ref ging dorthin. Thorgils Sagte, wer dort herumginge. Ref sagte, er wäre es. Thorgils sagte: "viel Rauch ist mir in den Augen, so daß ich dich nicht erkennen kann. Sei willkommen." Ref antwortete: "Das nehme ich gern an." Thorgils Sagte: "Was ist dein Geschäft:" Ref antwortete: "Ich bin gekommen, um Buße für die Verleumdungen zu verlangen, die ihr über mich verbreitet habt." Thorgils sagte: "Wann



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haben wir Böses über dich geredet, und was für Worte wirfst du uns vor Ref sagte die Worte. Thorgils sagte da: "Ich will nicht leugnen, daß wir viel im Scherze sagen, aber doch ist dies nicht gelogen, und ich halte jedes Wort für wahr." Ref schlug ihn da mit dem Spieß und spaltete seinen Kopp bis auf die Schultern. Dann zog er schnell den Spieß zurück; ging zum Strande herunter und stellte sich ins Bootshaus der Thorgilssöhne. Es war ganz dunkel,

Bald darauf hörte er die Ruderschläge; und als die Brüder ans Land kamen, sprang Theingil über Bord, ging ans Land und wollte die Schwellen aus dem Bootshause holen, um das Boot ans Land ziehen zu können. Aber als er dorthin kam, schlug ihm Ref den Kopf ab. Dann sprang Thorstein aus dem Boote. Er wußte nichts von dem Geschehenen, denn es war so dunkel, daß er nicht bis zum Bootshaus sehen konnte. Er nahm die Ruder und trug sie hinauf, und als er ans Bootsbaus kam, durchstieß ibn Ref mit dem Spieß. Thorstein rief: "Rettet euch, Burschen, euer Bruder Theingil ist erschlagen und ich hin durchbohrt." Orm nahm die Ruder aus einem anderen Schiffe und stieß das Boot ab. Sie ruderten fort und dorthin, wo Refs Schuppen an der Landzunge stand, denn sie glaubten, daß Ref sie dorthin nicht verfolgen würde. Aber als sie das Boot hinaufgesogen hatten, kam Ref und tötete sie beide.

Darauf ging Ref nach Hause und sagte seinen Leuten, daß sie Lebensmittel wie Waren an Bord bringen sollten. Ref ließ jetzt das Schiff beladen. Und gerade als der Morgen anbrach, da war alles, was Ref mitnehmen wollte, aufs Schiff gekommen. Er beschenkte reich die jungen Leute, die bei ihm gewesen waren und bat sie, sich bereit zu machen, ihm zu folgen, sobald er sie das wissen ließe, wann das auch sei. Das versprachen sie ihm gern. Dann schickte er eine Botschaft an die Käufer seiner Ländereien, daß sie sie jetzt übernehmen sollten.

Ref ging nun auf das Lastschiff mit seinem Weibe und seinen Söhnen. Stein zählte damals neun Winter, und Björn sieben. Thormod hieß Refs dritter Sohn und war damals drei Winter alt. Thormod, Helgas Pflegebruder, sollte auch mit ihnen



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fahren. Sie bekamen Wind vom Lande her und hißten die Segel. Den ganzen Tag lang fuhren sie in gerader Richtung vom Lande fort. Vorläufig kommen sie in der Geschichte nicht mehr vor.


2. Gunnar und Bard finden Refs Festung Damit ist jetzt zu beginnen, daß die Hausbewohner sich um Thorgils Leiche bemühten. Am Abend ging man an den Strand und fand die, die dort erschlagen waren: Theingil und Thorstein, aber die Leichen jener beiden anderen wurden am Morgen gefunden.

Diese Ereignisse wurden weitherum bekannt, und es gab nur wenige, die den Tod Thorgils und seiner Söhne betrauerten. Aber den Leuten dünkte es eine große Tat zu sein, daß ein Mann an einem Abend diese Taten vollbracht hätte und das er mannhaft die Verleumdungen zuschanden gemacht hätte. Gunnar, Thorgils' Schwiegersohn, erfuhr jetzt, was geschehen war und ließ auf jeder Landspitze in den beiden Ansiedlungen eine Steinwarte errichten, falls Ref im Herbste zu Lande zurückkehrte. Aber Refs Gut konnte er sich nicht aneignen, da alles verkauft war. Gunnar war der Häuptling der westlichen Ansiedlung. Niemand wußte etwas von Ref.

Im Frühling sandte Gunnar Männer nordwärts in die Einöden, um nach Ref zu suchen, aber er wurde nicht gefunden. Gunnar glaubte deshalb, daß Ref umgekommen sei, da er nur mit sechs untüchtigen Männern aufs Schiff gegangen war.

So vergingen jetzt vier Winter. Niemand hörte etwas von Ref, und das Suchen nach ihm wurde aufgegeben. Man glaubte jetzt zu wissen, daß er umgekommen oder mit seinem Schiff in die Einöden getrieben worden sei. Jetzt wollen wir vorläufig diesen Bericht abbrechen.

Und während dieser Ereignisse und Refs Heranwachsen hatte ein großer Häuptlingswechsel in Norwegen stattgefunden. König Harald, der Sohn Sigurds, besaß jetzt das Reich. Am Hofe des Königs war ein Mann, der Bard hieß. Er war der Freund des Königs. Im Sommer pflegte er Handelsreisen



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nach verschiedenen Ländern zu unternehmen, nach Island oder den britischen Inseln,

Auch in dem Sommer, von dem jetzt die Rede ist, war er auf Reisen. Er rüstete sein Schiff und wollte nach Island fahren-Der König ließ ihn zu sich rufen und fragte ihn, wohin er fadren wolle. "Nach Island," sagte Bard. Der König sagte: "Ich will, daß du woanders hinfährst. Du sollst nach Grönland segeln und uns Walroßzähne und Häute bringen." Hard sagte, daß der König darüber bestimmen sollte. Darauf stach er in See und hatte eine gute Überfahrt. Er kam nach Grönland und wohnte im Winter bei Gunnar. Als er dort eine Weile gewesen war, begann er mit Gunnar zu sprechen und Sagte, ob es wahr wäre, daß ein Isländer an einem Abend einen Vater und vier Söhne erschlagen hätte, um die verleumdungen zu rächen, die man über ihn ausgestreut habe. Gunnar antwortete, daß etwas Wahres daran sei. Bard Sagte, was aus jenem Manne geworden sei."Dies denken wir," sagte Gunnar, "daß er im Meere umgekommen ist, denn er war so furchtsam, daß er bei Wintersanfang mit sechs Männern fortsegelte ." Bard fragte, was sich zwischen ihnen ereignet hätte. Gunnar sagte jetzt, was er wußte. Bard sagte:"Überaus würde ich mich wundern, wenn jaer Mann untergesunken ist, und es ist allzusehr sein Glück gewesen, daß er euren Händen entschlüpft ist, und mir dünkt, daß sein Glück ihn gegen alle Erwartung wieder verlassen haben müßte. Habt ihr denn die Einöden durchforscht:" Gunnar antwortete, sie wären überall gewesen, wo es zu erwarten war, daß Menschen sein könnten, und sogar noch weiter. Bard sagte: "Wie konnte er dem Winter entgegen mit einem Lastschiff in See siechen: Ich glaube, daß du ihn mit Absicht für gestorben ausgibst, da du Thorgils und seine Söhne nicht rächen kannst. Ich will jetzt, daß du bei Frühlingsanfang ein Schiff für uns rüsten läßt, und wir fahren dann zu den Einöden, und ich halte es für sicher, daß er umgekommen ist, wenn ich ihn nicht finde." Gunnar sagte, daß es so sein solle.

Der Winter ging jetzt vorüber, und als das Eis sich löste, rüstete sich Gunnar seiner Fahrt. Sie hatten sieben Männer



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auf dem Schiffe. Sie fuhren in die Einöden und durchsuchten jede kleine Bucht, aber fanden nichts, was auf den Aufenthalt von Menschen hingewiesen hätte. Bard hatte sehr scharfe Augen.

An einem Abend kamen sie an einem großen Fjord an, der sich in Windungen ins Land hineinstreckte, und sie fuhren so weit, bis sie auf Grund stießen. Sie legten ihr Schiff in der Nacht in einer Bucht an. Bard ruderte in einem Boote ans Land. Er ging auf ein vorgebirge, das sich bei der Fjordmündung fand, und sah sich um. Es war eine helle Nacht. Ein schwacher Wind kam vom Meere her. Er sah, daß eine Tangmasse auf das Ende des Fjordes hereingeschwemmt wurde und dort verschwand. Dies wunderte Bard sehr, und er ging auf die vorderste Spitze des Vorgebirgs. Er sah, daß ein zweiter Fjord dort anfing, der groß und lang war, und er sah ein schönes und großes Tal an den Bergen hinaufgehen. Dann ging er wieder zum Schiffe und legte sich zum Schlafen hin.

Am Morgen Sagte Bard, ob sie den Fjord in seiner ganzen Ausdehnung kannten. Gunnar sagte, daß sie ihn kannten. Bard sagte, er wolle dorthin fahren, wo der Fjord völlig zu Ende war, und das taten sie. Sie kamen dorthin, wo die vorgebirge einander vorgelagert waren, wischen ihnen schnitt sich ein Sund ein. Dieser war sehr schmal, aber sehr tief. Dann öffnete sich der Fjord wieder in großer Länge.

Spät abends kamen sie in eine Bucht. Die Männer wollten nicht mehr das Land untersuchen, und alle legten sich hin, ausgenommen Bard. Er ruderte im Boot ans Land und ging allein am Ufer entlang, und kam dahin, wo ein großer Haufen von Holzspänen war. Er hob einige Späne auf und nahm sie mit sich und kehrte dann zum Schiffe zurück.

Am Morgen zeigte Bard Gunnar die Späne und sagte: "Säe in meinem Leben sah ich so geschickt zugeschnittene Späne. Besaß Ref Handfertigkeit:" Gunnar antwortete: "Kein Handwerker war tüchtiger als er." Bard jagte: "Dann würde ich vermuten, daß wir Ref jetzt suchen können, als wenn er am Leben wäre." Und damit verließen einige Männer das Schiff. Sie konnten bald sehen, daß eine Festung nahe am Rande des Strandes



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stand. Sie gingen dorthin und um die Festung herum und sahen sie genau an und meinten, nie eine so schöne Arbeit gesehen zu haben. Sie war groß und stark, unverpicht und viereckig. Nirgends sahen sie Fugen. Sie sah aus wie aus einem Stücke. Als sie sie noch betrachteten, trat ein hochgewachsener Mann hervor. Er grüßte Gunnar, und dieser nahm sein Gruß entgegen. Sie erkannten ihn, und es war Ref. Er fragte, wohin ihre Fahrt ginge. Bard antwortete: "Nicht weiter, als hierher ." Ref Sagte nach Neuigkeiten. Bard sagte, er hätte keine zu berichten. Ref sagte, sie sollten von ihm nicht mehr erfahren, als er für nötig hielt.

Bard bat sie dann, Brennholz an die Festung heranzubringen. Als das Holz um die Festung herumgelegt war, zündeten sie es an. Das Holz geriet schnell in Brand, und dann sahen sie, daß das Feuer erlosch. Sie häuften zum zweiten Male Brennholz um die Festung. Sie sahen, daß ein großer Wasserfall aus der Festung herauskam und alles Feuer auslöschte . Sie suchten um die Festung herum und fanden kein Wasser. Jetzt stapelten sie Holz bis zur Brüstung der Festung an und zündeten es dort oben an, und von oben kam nicht weniger Wasser, als von unten. Ref trat auf die Brüstung und sagte: " Es ist wohl nicht leicht, die Festung zu erobern." Bard sagte: "Wohl magst du dich deiner Zauberkünste rühmen, die uns swingen, vorläufig zurückzukehren. Aber ich verspreche dir, daß Gunnar und ich dich töten werden, wenn du bis zum nächsten Frühling hierzubleiben wagst." Ref antwortete: "Weder dir noch anderen Grönländern wird es gelingen , mich zu töten, auch wenn ich hier noch so viele Winter bleibe, falls ihr nicht Beistand von anderen Männern erhaltet, die klüger sind, als ihr es seid-"


3. Bard erbittet Rat von König Harald

Darauf kehrten Bard und Gunnar mit ihren Leuten zum Schiffe zurück und segelten zu den Ansiedelungen. Sie kamen im Herbste zur westlichen Ansiedelung, und Hard verbrachte einen zweiten Winter bei Gunnar. Im Sommer darauf rüstete Bard sein Schiff zur Fahrt nach Norwegen, und Gunnar gab



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ihm Geschenke mit. Er sandte König Harald drei Geschenke: das war ein ausgewachsener Eisbär, der ausgezeichnet gezähmt war; das zweite Geschenk waren kunstvoll geschnitzte Schachfiguren aus Waboßsahn; das dritte Geschenk war ein Walroßschädel mit allen Zähnen; er war ganz geschnitzt und mit viel Gold ausgelegt. Die Zähne staken fest im Schädel. Das war der größte Schatz.

Bard stach jetzt in See und hatte eine gute Überfahrt. Er kam in den Hafen, den er sich gewählt hatte. Er brachte König Harald viele wertvolle grönländische Waren. Eines Tages kam Bard vor den König und sagte: "Hier ist ein Schachspiel, Herr, das der edelste Mensch von Grönland, der Gunnar heißt, Euch gesendet hat, und er will kein Geld dafür haben, aber Eure Freundschaft. Ich war bei ihm zwei Winter, und er hat sich mir als tüchtiger Mann gezeigt, er will gern Euer Freund sein." Es war sowohl ein Brettspiel wie ein Schachspiel. Der König besah sich die Geschenke und bat, dem seinen Dank zu überbringen, der solches sende: " — und wir werden sie mit unserer Freundschaft vergelten."

Es dauerte nicht lange, bis Bard einen Eisbären in die Halle führen ließ. Dem Hofe gefiel der Bär sehr. Bard sagte:"Herr, dieses Tier sendet Euch Gunnar von Grönland." Der König sagte: "viele Geschenke sendet mir dieser Mann, aber was will er dafür von uns haben:" "Sicherlich, Herr, Eure Freundschaft und Euren weisen Rat." "Weshalb sollte er deren nicht würdig sein fragte der König.

Eines Tages im Winter bat Bard den König in seine Festhalle zu kommen. Das tat er, und als sie dorthin kamen, brachte Bard den Schädel in seiner ganzen Pracht vor den König und sagte:"Der edelste Mann auf Grönland, Gunnar, sendet Euch diesen Schatz." Der König betrachtete den Schädel genau und sagte dann, daß ihm die Sendung ausgezeichnet dünke und befahl, sie wohl zu bewahren. Er sagte dann: "Sage mir jetzt, Bard, was sich unter diesen Geschenken verbirgt. Denn ich weiß jetzt, daß sich mehr unter ihnen verbirgt, als die Bitte um meine Freundschaft allein." Bard sagte: "Es ist, wie ich Euch sagte, Herr, er will Eure Freundschaft und weisen



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Rat haben, um einen Fuchs 1 zu fangen, der den Grönländern großen Schaden zugefügt hat." Der König fragte, was für ein Fuchs das wäre. Hard antwortete: "Es ist ein Isländer, der einen Vater und vier Söhne an einem Abend erschlagen hat. Später ist er in die Einöden mit sechs Männern gesegelt und hat sich dort eine Festung aus großen Balken gebaut. Wir fanden ihn und legten Feuer an die Festung, aber überall sprang Wasser aus ihr und löschte das Feuer aus. Und der Fluß des Wassers war eben so groß oben wie unten und in der Mitte der Festungswand, aber wir fanden keinen Bach." Der König sagte: "Es wird derselbe Ref sein, der ein Handelsschiff auf Island baute, ohne je früher eins gesehen zu haben. Und auf diesem Schiffe fuhr er nach Grönland. Als er dort einige Jahre gewohnt hatte, wurde eine schlimme verleumdung über ihn verbreitet, und erbat diese so mannhaft gerächt, daß er fünf Männer an einem Abend erschlug:" Bari antwortete: "Wir meinen beide eben denselben Mann." Der König Sagte, wie die Örtlichkeit ausgesehen habe Bard berichtete es jenem."So sind es doch Männer," sagte der König. Bard sagte: "Dieses sprach er bei unserem Abschied: daß niemand ibn von dort würde vertreiben können." "Das mag sein," sagte der König" ,doch ist es auch möglich, daß er anders darüber gesprochen hat. Aber dies will ich dir raten, daß du nicht öfter dorthin fährst, denn du würdest von dort nicht mehr fortkommen können, wenn du noch einmal hinführest." Bard antwortete: "Ich habe es Gunnar versprochen und das will ich halten." Damit schloß ihr Gespräch.

Der Winter zog vorüber, und im Frühling rüstete Bard sein Schiff. Als es gerüstet war, ging er zum Könige und sagte: "Herr, habt Ihr über Gunnars Verlegenheit nachgedacht:" Der König antwortete: "Ich habe bedacht, was dir nottäte daß du nicht nach Grönland fährst, denn es ist nicht deine Aufgabe, jenem Manne zu zürnen, dem du nichts Böses zu vergelten hast. Mir ahnt, daß es dir schlecht ergehen wird, wenn du doch fährst." Bard erwiderte: "In anderen Dingen werdet Ihr die Wahrheit vorhersagen, Herr." Der König sagte: "Ich 

1 Wortspiel: Fuchs heißt isländisch Ref



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meine, daß, wenn ich mich hierin irre, ich nur in wenigen Dingen die Wahrheit vorhersagen kann. Wenn du aber doch fahren willst, werde ich euch einen Rat mitgeben, falls Gunnar und dir viel daran liegt." "Darüber wollen wir nicht sprechen," sagte Bard. "Dieses vermute ich," sagte der König, "daß in dem kleinen Tal, daß an den Gletschern hinaufgeht sich Wasser findet. Ref wird das Wasser abgeleitet und Röhre an Röhre gefügt haben, bis das Wasser an die unterste Ecke der Festung kam. Dort, glaube ich, wird er zwei Röhren gelegt baden, und daß das Wasser aus der einen in die beiden läuft, und daß es so alle Teile der Festung füllt. Aber die ganze Festung wird aus hohlen Balken erbaut sein und jeder Balken wird sich an die andern anschließen, und so wird die Festung oben und unten mit Wasser gefüllt sein. So wird es sich meiner Meinung nach verhalten. Daß ihr keine Fuge gesehen habt, als das Wasser überall der Festung entsprang, wird den Grund haben, daß er lange Löcher gebohrt haben wird, die so fein sind, daß man sie nur mit den kleinsten Holssplittern verstopfen kann. Und ich meine, daß er solche Holzsplitter überall in die Festungsbalken eingesetzt hat. Die Keile, glaube ich aber, wird er etwas gelockert haben, als er wollte, daß das Wasser aus der Festung liefe. Alle diese Keile wird er mit der größten Kunstfertigkeit geschnitzt haben, und dasselbe Holz wird in den Keilen und in den Balken gewesen sein. Jetzt will ich Gunnar raten, im Frühling nordwärts mit zwei Schiffen zu fahren, mit zwölf Mann auf jedem Schiffe, zwölf sollen nördlich von der Festung, doch in ihrer Nähe, einen Graben graben, ebenso lang wie die Festungsseite und so tief, daß er einem Manne unter die Achseln reicht, und sie werden die Leitung des Baches finden. Und wenn sie diese gefunden haben, dämmen sie den Bach ab, so daß er kein Wasser mehr zur Festung führen kann. Die andern zwölf sollen Brennholz an der Festung anhäufen. Dann scheint es mir möglich zu sein, daß ihr die Festung verbrennen könnt, ohne von Wasser dabei gehindert zu werden. Und jetzt habe ich Gunnar solche Ratschläge gegeben, daß ich ihm versprechen kann, daß eins von beiden Dingen geschieht: entweder muß Ref die Festung und Grönland verlassen, oder Gunnar wird ihn ergreifen. Ich


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sehe nicht, wie dieser Mann dann entkommen könnte, wenn er nicht große Weisheit in der Brust trägt. Aber nicht will ich, daß du selbst fährst, Bard, denn ich weiß nicht, was du bei Ref finden wirst." Bard sagte, er könnte nicht anders tun. Er dankte dem Könige für seinen Rat und löste seine Schiffstaue .


4. Ref entkommt und tötet Grant. Seine Erlebnisse in Dänemark

Jetzt ist wieder von dort zu erzählen, wo Ref sich in den Einöden aufhielt. Seine Söhne entwickelten sich zu den prächtigsten Männern.

Im selben Frühling sandte Ref sie südwärts in die Ansiedelungen zu den Männern, welche Ref Gefolgschaft gelobt hatten, wie früher berichtet wurde. Die Brüder rüsteten im geheimen, und Gunnar erfuhr nichts von ihrer Fahrt. Und als jene Refs Botschaft erfuhren, freuten sie sich und begaben sich sofort zu ihm. Ref ließ dann das Schiff ins Wasser setzen, es war dasselbe, das er von Island mitgebracht hatte. Das Schiff hatte an Holzwerk und Teerung keinen Schaden gelitten. Ref ließ das Schiff mit grönländischen Waren beladen, Walroßbäuten , Walroßzähnen und Fellen. Und als das Schiff gerüstet war, fuhren sie in den nächsten nördlich gelegenen Fjord und legten dort das Schiff in eine versteckte Bucht. Auf dem Schiffe war sein Weib Helga, ihr Pflegebruder Thormod, Thormod ihr Sohn und die zwölf Männer, die aus den Ansiedelungen gekommen waren. Ref sagte ihnen, er werde mit seinen Söhnen noch eine Weile die Festung bewohnen.

Von Bards Reise ist zu berichten, daß ereine gute Überfahrt hatte. Er landete an der Stelle auf Grönland, die er sich gewählt hatte. Gunnar empfing Bard mit großer Freude. Sie bestimmten sofort Männer, um Bards Waren zu bewachen, aber sie selbst fuhren unverzüglich in die Einöden mit ebensoviel Männern, wie der König ihnen geraten hatte. Sie wußten jetzt Bescheid und fanden schnell den Fjord, in dem Refs Festung stand. Gunnar brachte sein Schiff in dem äußeren Fjorde ans Land, denn es ging schwer unter den Rudern, weil es mit



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ihren Lebensmitteln beladen war. Es dünkte ihnen leichter zu sein, in den Fjord hinein zu gehen.

Bard und seine Leute ruderten dicht an die Festung heran, dann kam auch Gunnar mit seinen Leuten dorthin. Sie gingen alle zur Festung hinauf Dort war nichts verändert, soweit sie sehen konnten, nur ein Graben war von der Festung zum Meere hinunter gegraben. Dort war dieses sehr tief, auch bei Ebbe. Dieser Graben war nicht tiefer, als daß er einem Manne an den Gürtel reichte.

In diesem Augenblick trat ein Mann auf die Festung. Sie erkannten ihn, und es war Ref. Er begrüßte sie und Sagte nach Neuigkeiten. Bard sagte: "Keine andere werde ich dir sagen, als daß du mit totgeweihten Füßen auf der Festung stehst." "Das sind keine großen Neuigkeiten," antwortete Ref. Bard ließ dann sofort einen Graben ausheben, und bald fanden sie die Balken, die mit Birkenrinde umwunden waren. Sie hieben die Balken auf, und da sprang viel Wasser heraus. Gunnar und seine Leute zogen jetzt gegen die Festung und trugen Feuer heran. Zuerst sprang viel Wasser aus der Festung heraus, aber bald begann die Festung auszutrocknen. Ref ging da auf der Festung vor und fragte, wer ihnen diesen Rat gegeben hätte. Bard antwortete, daß ihn das nichts anginge. Ref sagte: "Ich weiß auch, daß niemand von euch auf diesen Plan gekommen wäre, wenn ihr nicht von klügeren Leuten Nutzen gesogen hättet." Bard antwortete: "Wer uns auch diesen Rat gab, wir werden heute über dich und dein Eigentum bestimmen und dich so aufhängen, daß du diesen deinen Wohnsitz überschauen kannst, oder du wirst verbrennen." Da sagte Ref dieses Lied:

"Kluger Krieger glaubt
Unseres Schicksals zu walten.
Schwertschwingers Stärke
Macht wohl es glaubhaft.
Doch ahnt mir, daß List ihn täuscht,
      Ehe er mich fängt.
mir ist Raum bestimmt.
Wahrheit spricht das Lied."


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Ref kehrte wieder in die Festung zurück. Jene verstärkten jetzt das Feuer, und es gab viele glühende Kohlen und ungeheuren Dampf.

Im selben Augenblick hörten sie ein großes Krachen in der Festung, und als sie es am wenigsten erwarteten, brach die Feftungs seite zusammen, die auf das Meer hinaussah. Es war gerade so berechnet, daß die Festung in die Rinne vorn am Strand fiel. Sie war so glatt wie ein Brett. Und während die Festung zusammenbrach, lief ein Schiff auf Rädern ins Meer. Ref und die Seinen hißten die Segel, und ein leichter Wind kam von Norden her; an den Bergen entlang. Während des Zusammenbruchs der Festung gerieten vier von Bards Männern unter die Trümmer und waren sofort tot,

Bard rief jetzt seine Leute an. Ihrer acht liefen zum Schive, hißten sofort die Segel und ruderten aus vollen Kräften. Sie waren dicht hinter Ref. Aber Gunnar durchforschte jetzt die Festung, doch hier fanden sich nur wertlose Dinge. Dann wandte er sich mit seinen Männer dem Ausgange des Fjordes, seinem Schiffe zu.

Ref sah, daß Bard ibn bald einholen würde und sagte: "Jetzt müssen wir unsere Segel herunterlassen. Mir scheint, daß jenes Schiff so schnell fährt; daß sie es nicht anhalten können, und jene vermuten nicht, daß wir warten werden, und da wird ihr Schiff an uns vorbeifahren. Dann sollst du, Stein, ihr Stag durchhauen, aber du Björn, sollst mit den Rudern plätschern, so daß es jenen scheint, als ob wir mit allen Kräften rudern, aber du läßt das Schiff nur ganz wenig vorwärts geben." Ref schlug jetzt die Räder von seinem Schiff ab, und dann nahm er einen kleinen Speer und schärfte ihn.

Jetzt ist von Bard und seinen Leuten zu berichten, daß sie segelten und ruderten, aber nicht glaubten, daß Ref anhalten lassen würde. Ihr Schiff lief an Refs vorbei. In diesem Augenblick warf Ref seinen Speer nach Bard. Er durchbohrte ihn und spießte ihn an der Schiffsseite fest. Stein hieb alle ihre Stage durch, da fiel ihr Segel über Bord mit allem Zubehör, und dabei sah es aus, als ob dav Schiff kentern würde. Jetzt sogen Refs Leute ihre Segel auf und waren bald weit fort, und



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fuhren dann weiter, bis sie aus dem inneren Fjorde hinaus waren. Bards Schiff genossen konnten ihr Takelwerk auffischen. Sie legten dann bei einer Landspitze an.

Gunnar und seine Leute sahen, daß Ref aus dem Fjorde heraussegelte. Sie glaubten da zu wissen, daß der Zusammenstoss zwischen ihm und Bard gewiß derart gewesen sei, wie Bard ihn sich nicht gewünscht hätte. Gunnar befahl da seinen Leuten, aufs Schiff zu eilen und die Mündung des Fjordes abzusperren . Das taten sie. Es begann jetzt zu dämmern.

Als Ref und seine Söhne aus dem Sunde kamen und der Fjord sich sum zweiten Male öffnete, sahen sie, wie Gunnar und seine Leute so schnell sie konnten vom Lande fortruderten. Es begann jetzt sehr dunkel zu werden, nur der Mond leuchtete schwach. Da sagte Ref: "Wir müssen versuchen, so stark wie möglich zu rudern. Aber du, Björn, sollst unser Segel immer mehr und zuletzt ganz einziehen." Sie taten es. Gunnar sagte dazu seinen Männern: "Das Rudern gelingt ihnen seltsam gut, wir waren ihnen vorhin so nah, daß ich glaubte, wir würden sie bald erreichen, aber jetzt entfernen sie sich von uns, so daß ihr Schiff wie ein kleiner Erdhaufen aussieht. Da draußen muß mehr Wind sein, und deshalb haben sie den Vorsprung. Jetzt müssen wir zum Lande zurückkehren und Ref nicht nachts auf hoher See verfolgen." Das taten sie.

Am Morgen kamen Bards Leute zu Gunnar und erzählten ihre unglücklichen Erlebnisse. Sie führten Bards Leiche mit sich. Gunnar kehrte jetzt wieder zur Ansiedelung zurück und war wenig mit seiner Fahrt zufrieden. Es war auch die Rede aller Leute, daß wenige so große Niederlagen von einem einzigen Manne erlitten hätten,

Die Ruderer, die bei Bard gewesen waren, tauschten schnell ihre Waren um und segelten im Herbste nach Norwegen, und es wird nicht berichtet, ob Gunnar König Harald Geschenke sandte. Sie erzählten dem Könige von Bards Tode und ihrem Zusammentreffen mit Ref. Der König meinte, es wäre nicht anders zugegangen, als er es vorausgesagt hätte.

Ref und seine Söhne wendeten zu ihrem Schiffe zurück, und die Männer freuten sich ihres Wiedersehens. Sie rüsteten sich



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dann zur Meerfahrt, und als alles bereitet war, stachen sie in See. Sie hatten eine lange und angenehme Seefahrt.

Im Herbste kamen sie nach Norwegen und erreichten zuerst die Insel, die Ädö heißt. Sie liegt eine Meile südlich von Drontheim. Bauern Sagten, wer das Schiff steuere. Ref nannte sich Narsi und gab sich für einen Isländer aus. Narfi fragte, wo der König im Lande sei. Die Bauern sagten, er wäre in Drontheim .

Narsi segelte von Ädö zum Festlande und verbarg sein Schiff in einer versteckten Bucht. Dort ließ er seine Genossen zurück und mietete sich ein sechsrudriges Boot und einen Lotsen. Seine Söhne und sein Weib begleiteten ihn. Seine Mannen sollten das Schiff bewachen.

Nichts wird von Narfis Fahrt berichtet, bevor er zur Kaufstadt Drontheim kam und sich dort eine Hütte mietete. Dort verbrachten sie einige Nächte. Narfi verbot seinen Leuten aufs strengste, jemals so die Hütte zu verlassen, daß Helga allein zurückbliebe. Er ließ sich einen blauen Mantel machen und trug immer einen Gürtel aus Walroßhaut. Er hatte sich auch einen weißen Bart angebunden und gab sich für einen alten Kaufmann aus. So beschaffen ging er auf den Markt. Einen Spieß mit kurzem, eisenumwundenem Schafte hielt er in der Hand.

Der König war damals mit großem Gefolge in der Stadt. Ein Hofmann des Königs hieß Grani und wurde Scheiden Grant genannt. Er war schön anzusehen und hielt auf Waffen und Kleider. Grani stellte sehr den Weibern nach. Damit fügte er vielen großen Schaden zu. Es wurde bei ihm geduldet, denn er besaß das vertrauen des Königs.

Da geschah es eines Tages, daß der König ein großes Thing in der Stadt abhielt, und durch Trompetenstoße wurden alle Männer aufgefordert, dorthin zu kommen. Narsi ging mit seinen Söhnen Stein und Thormod zum Thinge. Björn blieb bei seiner Mutter zurück, aber bald wurde er neugierig, was dort auf dem Thinge gesprochen wurde und begab sich dorthin. Narfi erblickte ihn auf dem Thinge, ging zu ihm und fragte ihn, wer bei Helga wäre. Er antwortete, daß niemand dort sei. Narfi kehrte da zur Hütte zurück.



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Bald nachdem Björn fortgegangen war, war ein Mann in die Hütte gekommen. Er war in blauem Mantel und prangte mit schönen Kleidern und Waffen. Helga begrüßte den Mann und fragte ihn nach seinem Namen. Er gab an, Grani zu heißen und ein Hofmann König Haralds zu sein: " — und deshalb bin ich hierhergekommen, um mir ein Weib zu kaufen." Sie bat ihn, in dieser Angelegenheit woanders hinzugehen. Grani sagte, es wäre unziemlich, daß ein alter Mann ein so frisches und schönes, junges Weib hätte. Sie antwortete, das wäre ihre und nicht seine Sache. Grani sagte, er nähme das nicht so genau und griff nach Helga. Sie sprang auf und wehrte sich, und sie begannen miteinander zu ringen.

Im gelben Augenblicke kam Narfi ans Fenster und schaute hinein. Als aber Grani den Schatten am Fenster vorbeigleiten sah, ließ er Helga fahren und lief zur Tür. Narfi wollte auch zur Tür kommen. Grani konnte vorher entschlüpfen und begann sofort zu laufen. Helga lief zur Tür und wollte Narfi festhalten: "Laß Grani gehen," sagte sie, "denn er hat nichts von deinem Gute beschädigt." Narfi stieß Helga fort, lief Grani nach und forderte ihn auf, stehen zu bleiben. Aber Grani mäßigte seinen Lauf nicht, bis er an einen Holzzaun kam. Jetzt war nur eine kurze Strecke zwischen ihnen. Grani sah da, daß er ergriffen werden würde, drehte sich um und sagte: "Überlege dir, was du tun willst. Wenn du mich erschlägst, ist es dein Tod. Andererseits werde ich dir keinen Schaden zufügen, solange du hier in der Stadt bist." Er bat aus Kräften um sein Leben. Narfi sagte: "Wahr ist, daß dir nur schlechte Eigenschaften gegeben sind. Du prahlst mehr als andere Männer und glaubst groß zu sein und bereitest vielen Schande, aber jetzt weißt du nicht, was du tun sollst, oder wie du dich anstellen willst, so sehr fürchtest du dich. Mach dich bereit, denn ich werde mich jetzt nicht versöhnen lassen."

Darauf stieß Narfi mit dem Speer nach ibm. Grani hatte eine Art in der Hand, damit wehrte er den Stoß ab. Das tai er mehreremal. Narfi setzte ibm hart zu, und das Ende war, das er ibn mit dem Speer durchstieß. Dann schleppte er ibn unter



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den Zaun, während Grani mit dem Tode kämpfte und verbarg den Leichnam dort.

Narfi fiel es jetzt ein, daß es für ihn nicht rätlich wäre, den Mann ermordet zu haben, 1 und daß es am besten wäre, es dem König selbst zu sagen. Zuerst aber ging er nach Hause zur Hüne und bat Helga, ihre Sachen zusammen zu nehmen und aufs Schiff zu bringen, und ebenso ihre Begleiter.

Dann ging er dorthin, wo das Thing war. Dort waren viele Männer und ein großes Gedränge. Narfi zwang sich hindurch, bis er vor dem Könige stand. In diesem Augenblicke antwortete der König auf die Klagen, die man ihm vorbrachte. Trotzdem ergriff Narsi das Wort und sagte: "Herr König, mit Schwerthausgrani hatte ich heute eine Trunkeinigkeit, als er mein Weib bergschluchten wollte. Ich großteichte ihn durch die Grasbeugeraugen. Da langhauste er, Herr. Dann langhauste ich, Herr. Da nestkugelte ich ihn, Herr, aber er vielroßte dagegen . Da schönrockte ich ihn, Herr, und er schiffsrandete dabei. Da heidekrautbündelte ich ihn, Herr, unter einen Zaun in der Nähe, und beendigte das Gewebe über ihm." Narsi ging dann sofort weg und auf sein Boot und beschleunigte seine Reise sehr. Am Abende und in der Nacht fuhren sie südwärts am Lande entlang, bis sie zu Narfis Schiff kamen. Dann stachen sie sofort in See,

Jetzt ist von König Harald zu berichten, daß er sich auf dem Thinge aufhielt, wie vorher erzählt wurde. Aber während Narfi sein Geschäft vorbrachte, hielt der König nicht mit seiner Rede inne und niemand fand, daß er auf das acht gab, was Narsi sagte. Und als Narfi seine Sache vorgetragen hatte, ließ er zur Ruhe blasen und sagte dann: "Wer war dieser uns unbekannte Mann, der in blauem Mantel und mit einem großen Gürtel aus Walroßhaut und mit einem Speere in der Hand vor uns stand, und woher ist er:" Man antwortete ihm, daß niemand wüßte, woher er wäre und daß er einige Tage in der Stadt sei, sich eine Hütte gemietet habe und sich Narfi 

1 D. h. mord liegt vor, wenn die Tat geheim gehalten wird, sonst Tot- schlag. Diese im Isländischen korrekten Wortspiele wiederzugeben, ohne dabei der deutschen Sprache Gewalt anzutun, ist unmöglich



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genannt habe. Der König sagte: "Was dünkte euch, daß er sagte:" Die Männer antworteten, sie könnten nichts anderes glauben, als daß er irr und unsinnig gewesen wäre. "Es mag so sein," sagte der König, " aber der Mann schien mir nicht unbedeutend zu sein, und wo ist Scheiden-Grani, unser Hofmann Führt ihn vor mich." Sie suchten ihn, aber fanden ihn nicht, Da sagte der König: "Gewiß hat sich etwas Schlimmes ereignet. Jener sprach so: ,mit Schwerthaus-Grani hatte ich heute eine Trunkeinigkeit. Er wollte mein Weib bergschluchten.' Ich glaube, daß er meinen Hofmann Scheiden-Grani, Schwerthaus-Grani genannt hat, denn die Scheide ist das Haus des Schwertes. Er ist wohl um die Häuser geschlichen, um sich ein Weib zu suchen. vielleicht ist er dabei auf Narfis Weib gestoßen . Es gibt auf Island einen Trank, der Miß heißt, und Missen und Saufen und Trinken bezeichnen dort dasselbe. Sie werden gewiß miss-einig geworden sein. Er sagte: ,Gram habe sein Weib bergschluchten wollen'. Wenn aber der Führer den Weg über den Berg nicht gut kennt, und in eine Schlucht gerät, so sagt man, jener hätte einen verführt. So wollte Grani Narsis Weib verführen. Er sagte dann, daß er durch das Grasbeugerauge großgeteicht habe. Das ist richtig. Seen nennt man große Teiche, und ihr wißt, daß in der Skaldensprache der Wind der Grasbeuger heißt. Aber Windauge ist ein anderer Name für Fenster. Narfi hat durch die Fenster des Hauses sehen können, wie sie zusammen waren. ,Da langhauste ich, König, und da langhauste er.' Ein langes Haus heißt aber eine Rannte, und da rannten sie beide. Narfi wird schnell an der Wand der Hütte entlang gelaufen sein, als er die beiden zusammen gesehen hat. Das wird Grani gehört haben, und vielleicht hat er sein vorhaben aufgegeben und ist geflüchtet. Da nestkugelte ich ihn,' sagte Narsi. Mit Nestkugeln bat er die Eier gemeint. Die Eier bilden aber den Retz des Nestes. Da hat er ihn gewiß gereizt zu warten. Aber er vielroßte dagegen.' Viele Rosse nennt man einen Stand, und da hat Grani standgehalten. Dann sagte Narfi, er hätte Grani, schöngerockt, aber er schiffsrandete.' Auf Island braucht man Mäntel, die Felder heißen, und das grobe Haar auf diesen


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nennt man Rocken oder Stoß. Da hat er ihn gewiß durchstoßen. Aber er ,schiffsrandete dabei.' Schläge nennt man die Spitze des Kiels, die zum Schiffsrande emporgebogen wird. Grani wird sterbend um sich geschlagen haben. Da ,heidekrautbündelte ich ihn unter einen Zaun in der Nähe.' Ein Heidekrautbündel bildet eine Trage. Da hat er ihn unter einen Zaun getragen. Da ,beendigte er das Gewebe über ihn.' Es gibt eine Redensart auf Island, daß die Weiber ein Gewebe verstecken, wenn wir sagen, daß sie es beendigen. Da wird er ihn versteckt haben. "Jetzt will ich,"sagte der König, "daß ihr nach diesen Männern sucht, sowohl nach dem Getöteten, wie nach dem Totschläger." Die Männer taten, was der König verlangte. Sie fanden Grani tot, aber Narfi wurde nicht gefunden.

Am Morgen ließ der König zur Versammlung blasen und sprach: "Solche Dinge sind gestern geschehen, die glücklicherweise selten sind. Einer unserer Hofleute ist erschlagen. Ich kann mir nicht den Isländer denken, daß er wagte, solche Dinge hier unter unserer Hand zu vollbringen. Jetzt werde ich eine Vermutung aussprechen, wer dieser Mann ist. Hierher muß derselbe Ref gekommen sein, der den Grönländern viel Schaden zugefügt hat."Darauf bestimmte der König Männer, um diesen Mann zu Wasser und zu Lande zu suchen. Sie befolgten die Ratschläge des Königs.

Jetzt ist von Refs Reise zu berichten, daß er auf seiner Fahrt nicht anhielt, bis er nach Dänemark kam. Er begab sich sofort zum Könige, berichtete ihm alle Umstände seiner Zusammenkunft und bat ihn um Aufnahme. Der König sagte; daß seine Erzählung ihm so dünke, daß Not ihn oft zu Gewalttaten gezwungen hätte: " — und so gefällst mir mit deinen Söhnen , daß ich Gefolgschaft haben möchte. Da ihr jetzt zu uns gekommen seid, du auch Waren in unser Land gebracht hast, die wir in langer seit unserer Feinde wegen nicht haben bekommen können, wie Walroßhaut zu unseren Schiffstauen , so werden wir euch bei uns aufnehmen und euch Land und Hof geben, wo uns gefällt. Aber deine Söhne, Stein und Björn, sollen bei uns sein, und unsere Ehrenbeweise werden sich danach richten, welchen vorteil ich von ihrer Gefolgschaft



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habe, solange ich sie prüfe. Dein Sohn Thormod soll bei dir bleiben." Ref antwortete, er wolle gern, daß der König hierüber bestimmte: "— aber doch müssen wir, Herr, zuerst nach unseren Waren sehen und die Brüder für den Aufenthalt bei Euch ausstatten." Der König sagte; so solle es sein.

Ref kehrte mit den Seinigen zu seinem Schiffe zurück. Da wurde es bekannt, daß sie große Schätze von Walroßhäuten, Watroßzähnen, Fellen und vielen anderen Dingen hatten, da von grönländischen Waren wenig in Dänemark gesehen wurden. Sie hatten fünf Eisbären und fünfzig Falken und davon waren fünfzehn weiß.

Jetzt ist davon zu berichten, daß jenes Schiff im Herbst von Grönland zurückkehrte; das Bard gesteuert hatte. Der König erfuhr jetzt den Tod Bards und alles, was dort geschehen war. Der König ließ jetzt eines Tages zur Versammlung blasen und berichtete den Männern vom Tode seines Hofmannes Bard auf Grönland: " — und die Umstände bei Granis Tod weiß ich jetzt gewiß, daß dieser Narfi der Sohn Steins gewesen ist; ich werde seinen Namen verlängern und ihn Kroka-Ref 1 nennen. Und obgleich er ein tüchtiger Mann ist, werden wir dach unsere Ehre wahren und anderen die Lustvertreiben, unsere Hofleute töten, und deshalb erklären wir heute hier diesen Mann friedlos im ganzen Norwegen und so weit, wie unsere Macht sich erstreckt." Darauf trug der König Erich, Granis Bruder, und elf Männern, auf, südwärts nach Dänemark zu fahren, um Ref nach dem Leben zu trachten.


5. Ref überlistet Erich. Sein Tod

Erich rüstete sich jetzt zur Fahrt mit den Männern, die ihn begleiten sollten. Sie hielten ihre Fahrt nicht an, bis sie nach Dänemark kamen, und lagen bei Jütland einige Tage in einem guten Hafen.

Als sie dort lagen, kam ein alter Mann auf zwei Krücken und einem gestrickten Mantel und altersweißem Bart vom Lande herunter. Sie empfingen ihn freundlich und fragten nach seinem Namen. Er nannte sich Sigtryg der ,Siegsichere'. Sie Sagten 

1 Fuchs den Listigen



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ihn, wo sein Geschlecht wäre. Er antwortete, er wäre aus Norwegen gebürtig, aber setzt hätte er sich eine Zeitlang in Dänemark aufgehalten und wäre dort arm geworden. Sie sagten, er wäre ein guter Mann und könnte ihnen manches berichten. Er fragte, wonach sie ihn Sagen wollten. Sie antworteten, sie wären neugierig auf den Mann, der Ref hieße und im Sommer mit einigen Leuten zu Schiff dorthin gekommen sein müsse. Sigtryg sagte:"Wird es mir zu etwas dienen, wenn ich euch das sage, was ihr wollt:" Sie antworteten ihm, er würde mehrere Tage keinen Mangel an Speise haben. Sigtryg sagte: "Nicht nur der Speisung wegen werde ich euch das von Ref sagen, denn ich weiß vom Gerede der Leute, daß ihr ihm nach dem Leben trachtet. Jetzt werde ich auch die Bedingungen sagen, unter denen ich euch begleiten werde, bis ihr Ref seht und seine Söhne und die zwölf Männer, die im Sommer ihn begleitet haben: dafür will ich eine Unze Silber von jedem von euch und eine Kostbarkeit von eurem Schiffe haben, dazu sollt ihr mich, wenn ich es will, auf eure Kosten nach Norwegen bringen. Ihr sollt mich auch über eure Fahrt bestimmen lassen, bis wir Ref finden." Sie gingen auf seine Bedingungen ein. Sigtryg sagte: "Jetzt müssen wir sofort unser Zelt von eurem Schiffe nehmen und um die Landspitze herum rudern." Sie taten es und legten dort an. "Jetzt werde ich hinaufgehen," sagte der Mann, "und zwei eurer Männer sollen mich begleiten und sehen, was wir erfahren können." Das taten sie.

Ein Wald war in der Nähe; und als sie eine kurze Strecke in den Wald gegangen waren, wurden sie von Bewaffneten überfallen. Es waren Refs Söhne und die zwölf andern. Die beiden Norweger wurden ergriffen. Sigtryg warf da die Lumpen und den Bart fort. Sie gingen dann auf einem andern Wege zur Küste und dort lagen zwei Langschiffe mit zweihundert Männern. König Svein hatte diese Schar Ref zur Hilfe gesandt, da er wußte, daß Späher nach diesem ausgesandt worden waren.

Ref und seine Leute bewaffneten sich und ruderten gegen Erich und seine Leute an. Als sie zusammentrafen, war der Kampf schnell entschieden, und alle von Erichs Mannen wurden getötet,



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außer zehn, die gefangen genommen wurden. Da sagte Ref: "Nun ist es so geschehen, Erich, daß Sigtryg hierher gekommen ist, dein Genosse und Kunde den du gestern übend fandest. Jetzt habe ich gehalten, was ich dir versprach, daß du Ref und seine Söhne hier sehen könntest. Da ich aber deinen Bruder erschlagen habe, will ich dir das Leben schenken, , wenn du mir schwören willst, nie meinem Leben oder dem meiner Söhne nachzustellen. Du sollst auch König Harald die volle Wahrheit über unser Zusammentreffen berichten. Sage ihm auch, daß ich jetzt sum Teil die Ratschläge gegen mein Leben vergolten habe, die er den Männern gab, die mich töten wollten. Aber dem König Harald war es nicht bestimmt mich töten zu lassen. Dagegen wird nur der Mann, der noch mehr vermag als ich, ihm noch mehr schaden können als ich."

Darauf schwor Erich diesen Eid. Ref gab Erich einen Sechsruderer und dazu alle Dinge, deren er bedurfte.

Ref nahm das Langschiff, das sie dort gehabt hatten und fuhr zu König Svein. Der König lobte Refs vorgehen sehr und sagte, es wäre mutig und mannhaft gewesen. "Jetzt sollst du auch diesen Namen behalten," sagte der König" ,und in unserem Reiche Sigtryg heißen, denn dein anderer Name ist hier selten. Aber zur Namenfeste wollen wir dir diesen Goldring geben, der eine Mark schwer ist, und dazu sollst du von mir zwölf Gehöfte in Vendesyssel erhalten, die du dir selbst wählst, weil ich verstehe, daß du ein sehr kluger Mann bist." Ref dankte dem Könige mit schönen Worten für die prächtigen Gaben und alle Ehre, die er ihm erwiesen hätte.

Ref begab sich jetzt an den Wohnsitz, den der König ihm geschenkt hatte mit Helga seinem Weibe und Thormod ihrem Sohne. Sigtryg wurde dort ein großer Häuptling, Als er dort einige Winter gewohnt hatte, rüstete er sich zur Romfahrt und besuchte das Heim des heiligen Petrus. Auf dieser Fahrt bekam Sigtryg die Seuche, die seinen Tod herbeiführte, und er ist in einem reichen Mönchskloster draußen in Frankreich begraben.

Stein und Björn waren lange bei König Svein, und er ehrte



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sie sehr. Er vermählte sie beide reich in Dänemark und siedelte sie dort an. Sie wurden angesehene Männer. von Stein stammt Erzbischof Absalon, der in den Tagen König Waldemars , des Sohnes Knuds, lebte.

Refs Sohn Thormod fuhr nach dem Falle König Haralds nach Island und nahm sich Land bei Frauenhalde und vermählte sich auf Island, und viele tüchtige Männer stammen von ihm. Hier schließen wir die Saga von Fuchs dem Listigen.



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Die Geschichte von den Schwurbrüdern



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1. Von Vermund

In den Tagen König Olafs des Heiligen standen viele Häuptlinge unter seiner Herrschaft, nicht nur in Norwegen, sondern in allen Ländern, die ihm untertan waren, und Gott ehrte besonders jene, die der König am meisten liebte.

In jener Zeit gab es einen mächtigen Häuptling auf Island im Eisfjorde. Er hieß Vermund, der Sohn Thorgrims. Vermund hatte sein Gehöft im Wasserfjorde. Er war klug und hatte viele Freunde. Sein Weib hieß Thorbjörg. Man nannte sie die dicke Thorbjörg. Sie war die Tochter Olafs des Pfauen. Sie war eine kluge und willensstarke Frau.

Immer, wenn Vermund nicht zu Hause war, stand sie der Gegend und den Leuten vor, und ein jeder war damit einverstanden , daß sie seine Angelegenheiten ordnete.


2. Thormods und Thorgeirs Jugend. Jödur erschlägt Havar

Havar hieß ein Mann. Er war Klepps Sohn und wohnte auf einem Gehöfte, das Gletscherquell hieß. Er stammte aus dem Süden von Akranes und hatte Totschläge wegen die Gegend verlassen müssen, denn er war ein wilder und gewalttätiger Mensch, der schon viele Totschläge verübt hatte.

Er hatte ein Weib, das Thorelf hieß. Sie stammte aus dem Breitfjorde und war die Tochter Alfio aus Dalir, der ein tüchtiger Mann aus angesehenem Geschlechte war.

Havar und Thorelf hatten einen Sohn, der Thorgeir hieß. Dieser war schon zeitig erwachsen und ein großer, starker und streitlustiger Mann. Schon in jungem Alter übte er sich mit dem Schilde und im Gebrauche der Waffen.

Bersi hieß einmann, der im Eisfjorde auf dem Gehöfte wohnte, das Prachtmoor hieß. Sein Weib hieß Thorgerd, und Thormod ihr Sohn. Dieser war schon in jungem Alter ein behender und mutiger Mann, mittelhoch, mit schwarzem, lockigem Haar.

In dieser Zeit wohnte in Reykjaholar auf Rauchspitz Thorgils, der Sohn Aris. Er war ein großer Häuptling, klug und beliebt, mächtig und rechtschaffen. Jllugi hieß sein Bruder, er war



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ein Hofmann König Olafs des Heiligen. Er war weitgereist und pflegte einen Winter bei König Olaf zu verbringen und den andern auf Reykjaholar. Auf seinem Schiffe hatte er Holz für die Kirche und das Schlafhaus nach Island gebracht.

Thorgeir und Thormod wuchsen im Eisfjorde auf. Sie schlossen bald Freundschaft, denn sie waren ähnlichen Sinnes. Bald erfaßte sie die Ahnung, die sich später als Wahrheit erwies, daß sie unter Waffen sterben würden, denn sie waren so gesinnt, daß sie sich niemals unterwerfen wollten, mit wem sie es auch zu tun hatten. Mehr lag ihnen an dem Ruhm in dieser Welt, als an den Freuden der andern.

Sie gaben einander dies feste Versprechen, daß der, der länger lebte, den andern rächen sollte. Denn obgleich sich die Leute Christen nannten, war das Christentum in jener Zeit noch jung und unvollkommen, da noch viele Funken des Heidentums zurückgeblieben waren.

Es war die Sitte unter berühmten Männern gewesen, einander zur Pflicht zu machen, daß der überlebende den andern rächen sollte. Dann mußten sie unter drei Rasenstreifen hindurch gehen , um den Schwur zu befestigen. Und so ging dies vor sich: man mußte drei lange Rasenstreifen so von der Erde losschneiden, daß ihre Enden fest in der Erde blieben, und die Streifen in einem Bogen in die Luft heben, und unter ihnen durchgehen. Auf diese Weise befestigten auch Thormod und Thorgeir ihren Schwur.

Thormod war etwas älter, trotzdem war Thorgeir stärker. Die beiden wurden bald bekannt. Sie kamen weit herum und waren nicht beliebt, denn sie standen im Rufe, rücksichtslos zu sein. Sie fanden immer Halt und Stütze bei ihren vätern, wie es zu erwarten war. Viele aber meinten, daß jene ihnen bei unrechtem Tun hülfen. Die Leute, die von ihnen Unrecht erlitten zu haben glaubten, gingen zu Vermund und baten ihn, diesem Übel abzustellen. Vermund entbot Havar und Bersi zu sich und sagte ihnen, daß den Leuten die Aufführung ihrer Söhne nicht gefiele.

"Nicht in unsere Gegend gehörst du, Havar," sagte er, "und hast dich hier ohne jemandes Erlaubnis niedergelassen. Wir



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haben bis jetzt nichts gegen deinen Aufenthalt hier gehabt. Aber jetzt scheint mir Unruhe und Sturm von deinem Sohne Thorgeir auszugehen. Wir wollen deshalb, daß du mit deinem Hausstände aus dem Eisfjorde ziehst.

Was aber Bersi und seinen Sohn betrifft, so wollen wir sie nicht von hier vertreiben, weil sie von hier stammen. Wir denken, daß Thormod weniger Unheil anrichten wird, wenn Thorgeir fort ist." Havar antwortete: " Es steht bei dir, darüber zu bestimmen, Vermund, ob wir mit unserer Habe aus dem Eisfjorde fortziehen. Aber ich weiß nicht, ob Thorgeir sich über seinen Wohnsitz vorschriften machen läßt."

Nach diesem Gespräch verlegte Havar seinen Wohnsitz südwärts nach dem Borgfjorde, und baute sich das Gehöft, das jetzt Havarsheim heißt.

Thorgeir war bald bei seinem Vater bald bei Thormod im Eisfjorde, und wo er hinkam war er ein Schrecken W viele Leute, obwohl er noch so jung war. Oft war er auf Reykjaholar bei seinem Vetter Thorgils und wurde gern von ihm gesehen. Sehr befreundet war er mit Thorgils' Sohn Ari von Jugend auf, und sie hielten ihre Freundschaft, solange beide lebten.

Jödur hieß ein Mann, er wohnte auf einem Gehöfte, das Schalenhang hieß. Er war ein großer Kriegsheld und Häuptling, gewalttätig und unbillig gegen viele und sehr unternehmungslustig. Sein Wort hatte Gewicht in der Gegend. viele Totschläge hatte er verübt, und nur selten büßte er sie mit Geld.

Da geschah es in einem Winter, daß Jödur mit seinen Knechten nach Akranes ritt, um Mehl zu kaufen. Auf der Reise kam er zu Havar und bat ihn, ihm bis Akranes ein Pferd zu leihen. Havar gab ihm das Pferd: " —doch will ich, daß du das Pferd hier zurücklässest, wenn du zurückkommst und es nicht länger behältst." Jödur antwortete, daß es so sein sollte.

Dann ritt er nach Akranes und kaufte Mehl, wie es seine Absicht gewesen war. Sobald er damit fertig war, begab er sich auf den Heimweg.

Als er am Grundfjorde an Havars Gehöft vorbeiritt, sagten ihm



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seine Knechte, daß sie zu Havar gehen müßten, um das Pferd zurückzugeben. Jödur antwortete: "Ich habe keine Lust zu einem solchem Aufenthalte. Das Pferd soll unter seiner Bürde mit uns gehen, bis wir zu Hause sind, und wir senden es Havar, wenn wir es nicht mehr brauchen." Die Knechte sagten:"Das kannst du tun, wie du willst. Aber Havar pflegt es nicht gern zu sehen, daß man gegen seinen Willen handelt." "Damit ist nichts zu machen," sagte Jödur.

Havar sah ihren Zug und erkannte die Männer. Er ging ihnen entgegen, grüßte sie und sagte:"Jetzt werdet ihr also das Pferd hier lassen." Jödur antwortete "Willst du mir nicht das Pferd bis zu meinem Gehöfte Schalenhang leihen:" Havar sagte: "Ich will nicht, daß das Pferd noch weiter geht." Jödur antwortete: "Dann werden wir das Pferd doch behalten, obgleich du es uns nicht leihen willst." Havar sagte: "Vielleicht geschieht das."

Er lief zum Pferde, schlug das Gepäck herunter, faßte das Pferd am saume und führte es auf den Weg nach dem Gehöfte

Jödur hatte einen Speer mit Widerhaken in der Hand, mit dem stürzte er auf Havar und durchbohrte ibn. An dieser Wunde verlor Havar sein Leben. Jödur nahm das Pferd mit sich nach Schalenbang.

Havars Hausleute wunderten sich, weshalb er nicht nach Hause käme. Sie suchten ihn und fanden ihn tot auf der Stelle liegen, wo er erschlagen war. Ihnen schien das ein großes Ereignis zu sein. Der Tod Havars wurde weit herum besprochen. Thorgeir war damals westwärts im Eisfjorde.


3. Thorgeir tötet Jödur. Die Schwurbrüder kommen zu Sigrfljod

Es ist berichtet, daß Thorgeir sich wenig um Frauen kümmerte. Er sagte, es wäre eine Schande für seine Kraft, sich vor Weibern zu bücken. Selten lachte er. Unfreundlich war er fast immer gegen die Leute. Er war bach gewachsen, mannhaft anzusehen und stark. Er besaß eine sehr graße und breite Art



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Sie war sehr scharf und hatte vielen Raben Nachtfraß verschafft. Er hatte auch einen breiten Spieß mir gehärteter Spitze und scharfen Schneiden, mit langem Schaftrohre und dickem Schafte. In jener Zeit wurden auf Island selten Schwerter gebraucht.

Als Thorgeir den Tod seines Vaters erfuhr, veränderte sich sein Gesicht nicht, er errötete nicht, denn der Zorn drang ihm nicht in die Haut, er wurde nicht blaß, denn der Zorn drang ihm nicht in die Knochen. Er veränderte sich nicht, denn sein Herz war nicht bluterfüllt wie das eines Vogels, der vor Furcht bebt, sondern vom höchsten Schmiede war es gehärtet worden und bereit zu jeder mannestat.

Er ging nach Reykjaholar zu Thorgils und sagte ihm, er wolle südwärts zum Borgfjorde, hinüber zu seiner Mutter gehen. Er bat ihn, ihn über den Breitfjord übersetzen zu lassen. Thorgils erfüllte seine Bitte.

Jetzt ging Thorgeir südwärts, und es ist nicht bekannt, wo er die Nächte zubrachte. Die Wege waren gut, und in der ganzen Gegend lag kein Schnee. Alle Wasserläufe waren zugefroren. Als er die andere Seite der Weißach erreichte, nahm er den Weg nach Schalenhang. Die Luft war neblig und lau. Es war dunkel, des Nebels wegen, und weil die Nacht hereinbrach.

Spät am Abend kam Thorgeir nach Schalenhang.

Als er an das Gehöft kam, waren die Türen geschlossen, und die Leute waren eben aus der Küche in die Stube gekommen. Hier brannte Licht.

Thorgeir klopfte an die Tür. Jödur sagte: "Es hat geklopft. Geh einer von euch Burschen hinaus."

Da ging ein Knecht hinaus und sah einen bewaffneten Mann vor der Tür stehen und Sagte; wer er wäre. Jener antwortete: ",Kampflust' heiß ich." Der Knecht sagte: "Tritt ein, Obdach sollst du haben." Thorgeir antwortete. "Nicht ein Knecht soll mir eine Nachtstätte anweisen: sag du, daß Jödur herauskommen soll." Der Knecht ging hinein, aber Thorgeir blieb draußen stehen.

Der Bauer Sagte den Knecht, als er in die Stube kam: "Wer ist der Mann draußen:" Der Knecht anwortete: "Ich glaube



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nicht, daß er es selbst weiß. Wie sollte ich es wissen!" Jödur fragte: "Batest du ihm Nachtstätte an:" Er antwortete: Ich bot sie ihm an." Jödur fragte: "Was antwortete er hierauf:" "Er wollte nicht das Angebot zur Nachtstätte von einem Knechte annehmen. Er bat dich herauszukommen."

Jödur nahm einen Speer in die Hand und setzte einen Helm auf. Er trat unter die Tür. Zwei Knechte waren bei ihm.

Er sah den Mann vor der Tür stehen, senkte den Speer und setzte die Spitze auf die Schwelle. Dann fragte er, wer der Ankömmling sei. Dieser sagte: "Ich heiße Thorgeir." Jödur fragte: "Was für ein Thorgeir bist du?"Er antwortete: "Ich hrn Havars Sohn." Jödur Sagte:"Was für ein Geschäft führt dich hierher:" "Wie es verlaufen wird, weiß ich nicht: denn ich will Sagen, ob du Bußgeld für den Totschlag geben willst, den an meinem Vater verübt hast." Jödur sagte: "Ich weiß nicht, ob du gehört hast, daß ich manchen Totschlag begangen habe, ohne je dafür Bußgeld zu geben." "Unkundig bin ich dessen," sagte Thorgeir, " aber wie es sich auch damit verhält, meine Sache ist es, jetzt Bußgeld zu verlangen, denn abe von mir fiel dein Schlag." Jödur erwiderte: "Ich bin nicht unwillig, dir in irgendeiner Weise entgegenzukommen. ther deshalb kann ich dir nicht Bußgeld für diesen Totschlag geben, Thorgeir, weil es dann andern dünken würde, daß ich ihnen die Totschläge büßen müßte." Thorgeir antwortete: Du magst bestimmen, welche Genugtuung du mir geben willst, aber meine Ansicht darüber ist meine Sache."

Als sie diese Worte wechselten, stand Thorgeir nicht sehr nahe der Tür. Er hielt einen Speer in der rechten Hand, mit der Spitze nach vorn und eine Art in der linken Hand.

Jödur und seinen Leuten fiel es schwer, in das Dunkel zu sehen, da sie aus dem Licht kamen. Aber für Thorgeir war es leichter, jene zu sehen, die in der Tür standen. Als sie es am wenigsten erwarteten, ging Thorgeir auf sie zu und durchstieß Jödur, so daß erin die Arme seiner Leute fiel.

Thorgeir ging schnell im Dunkel der Nacht fort, während Jödurs Knechte sich mit dem Toten abgaben.



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Damals war Thorgeir fünfzehn Winter alt, und es war dieser Totschlag, den Thormod im Totenlied auf Thorgeir meinte:

"Dies war seine erste
Sübntat: Kläings Sohn
Starb durch seinen Stoß.
Rache nahm für Havar
Kühner Seeheld. Kundig war
    Er zu solchen edlen
Dingen. Damals nur
Fünfzehn Winter alt."

Thorgeir ging durch die Nacht und hielt nicht an, bevor er Havarsheim erreichte. Er klopfte dort an der Tür, aber es dauerte lange, bis jemand kam. Thorelf sagte einem Knechte, er solle hinausgehen. Dieser erwachte, rieb sich die Augen und hatte keine Lust aufzustehen und sagte: "Ich sehe nicht ein, daß es notwendig ist, hinauszugehen, wenn Leute in der Nacht kommen. Thorelf sagte: "Wer in Nacht und großer Dunkelheit kommt, hält es gewiß für notwendig." "Das weiß ich nicht," sagte der Knecht und stand auf, aber ziemlich langsam . Er ging zur Tür und sah einen Mann draußen im Dunkel der Nacht stehen und grüßte ihn nicht, eilte wieder herein, legte sich ins Bett und breitete die Decke über sich.

Thorgeir ging hinein und schloß die Tür hinter sich und kam in die Stube. Thorelf fragte: "Was ist das ein Mann:" Der Knecht antwortete: " Weder weiß ich das, noch scheint mir das wissenswert zu sein." Thorelf sprach:"Wenig neugierig bist du." Sie sagte zu einer Dienerin: "Steh du auf und sieh, wer der Ankömmling ist."

Die Dienen stand auf und ging zur Stube, öffnete die Tür ein wenig und fragte, ob jemand in der Stube wäre. Ihr wurde geantwortet: "Hier ist ein Mann." Sie Sagte, wer er wäre. Er antwortete: "Thorgeir heiß ich." Sie schloß die Tür wieder und ging in die Schlafftube. Thorelf fragte: Wer ist der Mann:" Die Dienerin antwortete: "Ich glaube, daß es dein Sohn Thorgeir ist."

Da stand Thorelf auf, machte Licht und ging in die Stube. Sie begrüßte ihren Sohn und Sagte ihn, was es gäbe. Thor



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geir antwortete: "Eine Wunde wurde beute abend auf Schalenhang geschlagen." Thorelf fragte:"Wer hatte Teil daran " Thorgeir antwortete: "Ich kann nicht leugnen, daß ich dabei war," Thorelf fragte: "Wie groß war die Wunde?" Thorgeir antwortete: "Ich glaube nicht, daß die Wunde, die er von mir empfing, verbunden zu werden braucht. Das sah ich an meinem Speer, daß er ganz durch gegangen war, und der Mann fiel rücklings in die Arme seiner Leute." Da rief Thorelf aus froher Brust: "Nicht knabenhaft war die Tai, und Heil sei mit dir, mein Sohn. Aber warum verfolgten seine Leute dich nicht:" "Beschäftigt waren sie zuerst mit anderen Dingen und dann verloren sie mich der Dunkelheit wegen bald aus dem Gesichte." Thorelf sagte: "So wird es sich verhalten."

Dann wurde das Nachtmahl für Thorgeir aufgetragen, und als er satt war, sagte Thorelf: "Jetzt scheint mir am rätlichsten zu sein, daß du dich jetzt zum Schlafen niederlegst, aber vor Tagesanbruch aufstehst, dein Pferd besteigst und westwärts zum Breitfjorde reitest. Meine Knechte werden dich so weit begleiten, wie du willst. Hierher werden morgen Leute kommen und dich suchen, und wir sind nicht stark genug, um dich gegen viele zu verteidigen. Die Waßerläufe werden bald aufbrechen, wenn das Tauwetter anhält, und schwerer wird der Weg, wenn sie wieder fließen. Jetzt hast du das Notwendigste getan. Überbring meinem Vetter Thorgils diese Botschaft vor mir: er soll mir im Westen eine Zufluchtsstelle bei sich schaffen, denn ich werde meinen Besitz hier verkaufen d dorthin ziehen, wo mein Geschlecht gewohnt hat."

Thorgeir folgte dem Ratschläge seiner Mutter, legte sich zum Schlafen hin und stand bei Tagesanbruch auf. Er ritt bald darauf fort, und nichts ist über seine Fahrt bekannt, als daß nach dem Breitfjorde kam, Wo er ein Schiff bestieg und westwärts nach Rauchspitz fuhr und die Tötung Jödurs berichtete.

Alle Leute, die diese Nachricht hörten, meinten, es wäre ein wunderbares Ereignis, daß ein junger Mann einen so mächtigen Häuptling und großen Helden wie Jödur gefällt hatte.



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Aber doch war es nicht wunderbar, denn der höchste Bildner hatte in Thorgeirs Brust ein so kühnes und hartes Herz gelegt, daß er sich nicht fürchtete und sich in allen Mannesproben wie ein Löwe hielt. Und da alle guten Dinge Gottes Gaben sind, ist auch die Tapferkeit von Gott in die Brust mutiger Männer gelegt und damit die Freiheit ihrem eigenen Willen nach gut oder böse zu handeln. Denn der Heiland hat die Christen zu seinen Söhnen gemacht, aber nicht zu seinen Knechten. Doch wird er jeden nach seinen Taten belohnen. Thorgeir hielt sich nun zuweilen auf Reykjaholar auf und zuweilen westlich beim Eisfjorde.

Im Frühjahre darauf zog Thorelf mit ihrem ganzen Gute westwärts nach Rauchspitz.

Im Sommer wurde ein Vergleich über Jödurs Tod geschlossen.

Thorgeir hielt üch jetzt oft bei Bersi auf. Er und Thormod waren die besten Freunde. Sie verschafften sich ein Boot. Mit sieben andern Männern besuchten sie im Laufe des Sommers verschiedene Orte und waren nicht gern gesehen.

Ingolf hieß ein Mann, der im Gleischerfjorde wohnte. Er wurde Ingolf der versengte genannt. Dav Gehöft, auf dem er wohnte, hieß Sengstätte. Thorbrand hieß sein Sohn. Er war ein tapferer Mensch, gewalttätig und unbeliebt. Beide, Vater und Sohn, waren sehr unbillige Männer, die oft anderer Leute Gut mit Gewalt und Raub an sich brachten. Sie waren Vermunds Thingleute. Er hielt immer seine Hand über sie, denn sie machten ihm große Geschenke. Ihr Übermut, den sie gegen viele zeigten, wurde deshalb nicht gerächt, weil Vermunds Schwur sie schützte.

Sigrsljod hieß eine Witwe, die im Gletscherfjorde wohnte. Sie war klug und beliebt, und manchem war sie von Nutzen gewesen. Zwischen Sigrsljods und Ingolfs Gehöften lag ein Fjord, aber doch hatte die Witwe in vielen Dingen große Unannehmlichkeiten durch Vater und Sohn.

Thorgeir und Thormod rüsteten sich nordwärts nach Strand, um auf Fang zu gehen. Als sie fertig waren, bekamen sie Gegenwind und konnten nicht aus dem Fjorde hinauskommen, und



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viele Männer litten durch sie große Ungemach in diesem Sommer. Als der Winter herankam, erhob sich günstiger Wind. Sie setzten die Segel auf und fuhren aus dem Eisfjorde bei gutem, aber schwachem Winde hinaus. Das Schiff ging langsam, und als sie eine Weile gesegelt waren, begann die Luft dicker zu werden. Dann fing es an zu schneien, und als sie vor den Gletscherfjord kamen, blies ihnen scharfer, kalter Wind mit Schneewehen entgegen, so daß sie nicht wußten, wo sie fuhren. Der Nacht und des Schneegestöbers wegen war es sehr dunkel. Sie drehten das Schiff nach dem Winde und bekamen schwere Sturzwellen, daß sie alle naß wurden und die Kleider an ihnen gegoren. Raus Töchter 1 lockten sie und boten ihnen ihre Umarmung an.

Schließlich kamen sie in einen Fjord und fuhren in ihn hinein. Am Ende des Fjordes war ein Schuppen mit Booten. dort legten sie mit ihrem Schiff an, zogen es herauf und befestigten es. Dann gingen sie ans Land, suchten irgendeine Unterkunft und fanden endlich ein kleines Gehöft. Sie klopften an die Tur. Ein Mann trat heraus, grüßte sie und bat sie herein zu kommen, weil das Wetter so schlecht sei. Sie gingen in die Stube, und dort brannte Licht. Sie wurden willkommen geheißen und setzten sich auf die geringere Bank.

Da fragte eine Frau, wer von den Angekommenen der Führer wäre. Ihr wurde geantwortet, daß es Thorgeir und Thormod wären: " —aber wer fragt:" Ihnen wurde gesagt, daß esche Hausbau Sigrfljod getan hätte.

"Ich habe über euch sprechen hören," sagte sie, " aber ich habe euch noch nicht gesehen. Sind Wetter und Leute euch heute gut gesinnt gewesen:"

Sie antworteten:"viele würden sagen, daß beider Gesinnungen einander ähnlich gewesen sind. Doch werden darüber nicht alle übereinstimmen, ob die Gesinnungen günstig oder ungünstig waren." Sigrsljod sagte: "Es mag sein, daß es sich so verhält." 1 

Dichterische Umschreibung für die Wellen, wie später ,Elris Hund' für den Wind.



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4. Thorgeir und Thormod gehen auf Sigrfljods Aufforderung nach Sengstätte

Jetzt gebot sie, den Schwurbrüdern die Kleider abzunehmen. Ein Feuer wurde angezündet, um sie daran aufzutauen. Dann wurde Essen aufgetragen, und man geleitete sie zu ihren Betten. Alles war gut für sie bereitet. Sie schliefen bald. Schneesturm und Frost herrschten die ganze Nacht hindurch. Elris Hund bellte die ganze Nacht mit nie ermüdendem Maule und biß mit scharfem Kältezahne in die Erde.

Als es am Morgen hell wurde, schaute einer heraus. Wie er sich wieder umwandte, Sagte Thorgeir, was für ein Wetter draußen wäre. Jener antwortete, das Weiter sei ebenso, wie am Abende vorher. Sigrsljod sagte: "Ihr dürft euch nicht um das Wetter kümmern. Denn ihr sollt es hier so gut haben, wie wir es nur vermögen. Geht nicht von hier fort, bevor nicht das Wetter besser geworden ist." Thorgeir antwortete: "Ein gutes Angebot machst du uns, Hausfrau, doch uns berührt nicht das schlechte Wetter. Wir haben weder für Frauen noch für Kinder noch für Vieh zu sorgen."

Das Unwetter begann dann auf die Buchten und Fjorde eine dicke Eisdecke zu legen.

Eines Morgens stand Sigrfljod früh auf und sah hinaus. Als sie herein eilte, fragte Thorgeir sie, was für ein Wetter draußen wäre. Sie antwortete: "Jetzt ist das Wetter schön klar und sieht nicht nach Wind aus." Thormod sagte: "Steht dann auf, Leute." Sigrsljod Sagte: "Was gedenkt ihr zu tun?" Thormod antwortete: "Wir werden nordwärts nach Strand gehen, und sehen, ob sich uns dort ein Fang darbietet. Unser Schiff lassen wir aber hier." Sigrfljod sagte: "Seltsame Männer seid ihr: geht nach Strand zu Walen und nehmt nicht die näher liegende Beute, die eines Mannes würdiger ist." Thormod sagte: "Was ist das für eine Beute:" Sie antwortete: "Mannhafter scheint es mir zu sein, die Übeltäter zu töten, die hier die Leute berauben, als Walen nachzugehen." Thormod fragte: "Wen meinst du:" Sie antwortete: Ich meine Ingolf und Thorbrand, die vielen Leuten Scham und Schande



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bereitet haben. viele würdet ihr rächen, wenn ihr jene töten würdet, und viele würden euch für die Tat belohnen." Thormod sagte: "Ich glaube nicht, daß du uns jetzt einen guten Ratschlag gibst; denn jene sind Vermunds Freunde. Schwere Folgen hätten wir zu tragen, wenn jenen etwas zustieße. Sie sagte: "Jetzt geht es, wie man sagt: ,von schlechten Kerlen soll man nur aus der Ferne hören, sie aber nicht prüfen'. Ihr glaubt kampfmutig zu sein, wenn ihr arme Leute bedrückt, aber fürchtet euch, wenn männliche Tat gefordert wird."

Da sprang Thorgeir auf und rief: "Steht auf, Burschen, und lohnt die Hausfrau für die Gastfreundschaft." Dann standen sie auf und legten ihre Waffen an. Als sie gerüstet waren, gingen sie hinaus.

Sie gingen über den zugefrorenen Fjord und kamen zum Gehöfte Sengstätte, noch bevor dort die Leute aufgestanden waren.

Ingolf erwachte und hörte, daß draußen vor dem Hause Männer gingen. Es waren ihrer nicht wenige, und ihre Schuhe waren hart gefroren.

Thorgeirs Leute gingen an die Tür und klopften. Da erwachten alle, die in der Schlafstube waren und sprangen schnell auf die Füße. Vater und Sohn schliefen immer in Kleidern, weil sie mit vielen in Unfrieden lagen. Sie hatten zwei Knechte bei sich. Alle vier bewaffneten sich, und jeder nahm einen Speer in die Hand. Sie gingen zur Tür und schlossen auf. Da sahen sie acht Männer draußen, und alle waren bewaffnet. Sie fragten , wer der Anführer der Schar wäre. Thorgeir antwortete, er wäre es " — wenn ihr von Havars Sohn Thorgeir oder von Berfis Sohn Thormod gehört habt, könnt ihr sie jetzt sehen." Thorbrand erwiderte: "Zweifellos ist es, daß wir von Thorgeir und Thormod gehört haben, und selten im Guten. Und welcher Art ist euer Geschäft hier Thorgeir antwortete: "varin besteht unser Geschäft: Klüfte auszufüllen und Ungleiches auszugleichen. Wir wollen euch zwei Bedingungen stellen: entweder ihr geht von all dem, was ihr mit Unrecht erworben habt, und erkauft euch damit euer Leben- oder ihr verteidigt euch mannhaft, so lange Leben in euch



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ist." Thorbrand sagte: "Wir haben unser Gut mit Mut und Mannhaftigkeit erworben und wollen es auf keine andere Weise verlassen. Aber ich denke, Thorgeir, daß du dein Früh-stück eher auf meinem Speere als auf meinem Gute genießen wirst." Thorgeir antwortete: "Ich pflege wahre Träume zu haben, wie es in meinem Geschlechte liegt, und besonders günstig habe ich von mir geträumt, aber schlecht von dir. Und es wird so gehen, wie ich geträumt habe: Hel, dein Weib, wird dich in ihre Arme nehmen. und dein ganzes Gut wirst du lassen müssen, denn: ,Was Gewalt erwarb, wird Gewalt wieder nehmen '."


5. Die Schwurbrüder töten Thorbrand und Ingolf. Sigrfljod vergleicht sie mit Vermund

Nach diesem Wortwechsel drängten sich Thorgeir und Thormod an Vater und Sohn, verboten aber ihren Knechten, sie anzugreifen. Sie wollten selbst über jene siegen. Thorgeir und seinen Leuten fiel es schwer, in die Tür hineinzusehen, denn es war ziemlich dunkel. Aber leichter war es hinauszusehen. Und die; die drinnen standen, war es leichter, sich zu wehren, als die andern, sie anzugreifen. Ingolfs Knechte liefen zuweilen hinaus und verwundeten Thorgeirs Gefolge. Das Ende des Kampfes war, daß Thorgeir Thorbrand fällte und Thormod Ingolf. Aus Thorgeirs Gefolge sielen zwei Männer. Ingolfs Knechte wurden schwer verwundet, doch erholten sie sich wieder.

Dies Ereignis meint Thormod in seinem Totenliede auf Thorgeir "

Allvaters Zelt in der Hand
Tötet im Zorne der Krieger
Ingolfs Sohn. Thorbrand sank
Unter dem Schlage des Lenkers
  Des bemasteten Pferdes.
Manchem Mann zum Schaden
  War sein Tod: hierüber
Darf kein Zweifel sein."


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Thorgeir und seine Leute nahmen zwei Pferde und beluden sie mit Nahrungsmitteln. Die drei fettesten Ochsen trieben sie vor sich her und kamen dann über den Fjord.

Sigrfljod stand vor dem Hause als sie zurückkamen. Sie begrüßte sie und Sagte, was geschehen sei. Jene erzählten, was sich zugetragen hatte. Sigrfljod sagte: "Zu guter Tat wart ihr fortgegangen, und guten Erfolg hat euer Walfang gehabt. Manchen Mannes Schmerz und Scham und Erniedrigung habt ihr gerächt. Aber jetzt werde ich zum Wasserfjorde zu Vermund gehen und ihm dies erzählen. Ihr aber müßt hier warten." Sie baten sie zu gehen.

Sigrsljod befahl ihren Leuten, ihr zu folgen. Sie nahmen ein sechsrudriges Boot, das Sigrfljod gehörte und ruderten in den Eisfjord hinein. Sie hielten nicht an, bevor sie spät am Abend im Wasserfjorde waren.

Sigrsljod sagte nun zu ihren Leuten: "Jetzt sollt ihr mir dies versprechen: nichts von den Dingen sagen, die geschehen sind. Laßt mich das Wort führen." Jene antworteten, daß es so sein solle.

Dann gingen sie zum Gehöfte und begannen sich mit den Leuten dort zu unterhalten. Vermund empfing sie freundlich und fragte sie nach Neuigkeiten. Sie sagten, sie hätten keine zu berichten.

Sie blieben die Nacht über dort, und an nichts fehlte es ihnen.

Am Morgen sagte Sigrfljod, daß sie nach Hause fahren muste. Vermund bat sie sehr, zu bleiben: " —so selten läßt du dich hier sehen, und es gibt keinen Grund, so schnell wieder fortzugehen." Sie sagte: "Wenig Zeit habe ich, von Hause fortzubleiben. Jetzt ist das Wetter so schön, daß ich es nicht verstreichen lassen will. Aber ich wollte, Vermund, daß du mich zum Boote begleitetest." Da sagte er: "Laß uns gehen."

Dann gingen sie zum Boote, und unterwegs sagte Sigrfljod: "Hast du von dem Totschläge gehört, der im Gletscherfjorde verübt wurde:" Vermund fragte:"Was istdas für ein Totschlag?" Sie antwortete: "Thorgeir und Thormod erschlugen Ingolf und Thorbrand." Vermund sagte: "Sehr weit gehen die



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Schwurbrüder jetzt, daß sie uns zum Schaden Männer töten. Wir wollen nicht, daß sie noch andere von unseren Leuten erschlagen." Sie sagte: "Ich verstehe, daß ihr die Tat so anseht . Aber manche Leute würden sagen, daß sie nicht euch zum Schaden jene Männer erschlugen, sondern euch damit einen Dienst getan haben. Denn wer soll Unrecht bestrafen, oder Gewaltat oder Übergriffe, wenn ihr es nicht wollt, die ihr die Häuptlinge in der Gegend genannt werdet: Mir scheint, daß Thorgeir und Thormod das vollbracht haben, was zu tun oder tun zu lassen euch obgelegen hat, und euch muß dasselbe scheinen , wenn ihr gerecht in dieser Sache urteilen wollt. Ich bin hierher zu dir gekommen, um die Männer bei dir freizukaufen, die diesen Totschlag verübt haben. Aber nicht als ob die Erschlagenen einer Buße wert waren — denn schon lange haben sie ihr Leben und Gut verwirkt —sondern weil wir dir alle Ehre erweisen wollen, die dir gebührt. Hier sind jetzt dreihundert Lot Silber, die ich dir zum Freikauf für Thorgeir und Thormod geben will." Jetzt nahm sie den Geldbeutel von ihrem Gürtel und schüttete das Geld in Vermunds Schoß.

Das Silber war gut.

Bei der Übergabe des Geldes glättete sich Vermunds Stirn und sein Zorn wurde besänftigt. Er verhieß Thorgeir und Thormod bedingten Frieden, doch sagte er, er wolle nicht, das Thorgeir sich lange im Eisfjorde aufhielte.

Dann schieden sie voneinander. Sigrfljod fuhr nach Hause zu ihrem Gehöfte und erzählte Thorgeir und seinen Leuten, wie es ihr bei Vermund ergangen war. Sie dankten ihr den Beistand, den sie ihnen geleistet hatte, und blieben den Winter bei ihr.

Als der Frühling kam und das Wetter besser wurde, setzten sie ihr Schiff ins Wasser und rüsteten es zu. Als sie zur Reise bereit waren, dankten sie Sigrfljod für die Gastfreundschaft und alle Wohltaten, die sie ihnen erwiesen hatte und für den Edelmut, mit dem sie für sie eingetreten war. Sie schieden als Freunde.

Thorgeir und Thormod fuhren nordwärts nach Strand, wo sie den Sommer über blieben. Sie hatten Glück mit Beute



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und Fang und bekamen von allen Leuten, was sie verlangten, denn alle fürchteten sie, wie das Vieh den Löwen, der in die Herde einbricht.

Bersi verlegte seinen Wohnsitz nach Ouellenbof im Quellentale, denn Vermund wollte den Aufenthaltsort von Thorgeir und Thormod nicht so nahe von seinem Gehöfte haben.

Im Herbste fuhren sie südwärts von Strand nach dem Eisfjorde, wo sie ihr Schiff an einer geeigneten Stelle aufs Land sogen und abrüsteten.

Thormod ging dann seinem Vater, aber Thorgeir wollte südwärts nach Rauchspitz zu seiner Sippe gehen. von ihren Genossen ging ein jeder dorthin, wo sein Geschlecht wohnte.

Bevor sie schieden, sagten sie zueinander, daß sie sich im Frühling wieder dort treffen wollten, wo das Schiff lag, und zum Fange wieder nordwärts nach Strand fahren. Mit dieser Verabredung schieden sie voneinander.


6. Von Butraldi

Thorkel hieß ein Mann, der in Zeugtal wohnte. Er war wohl reich, aber von niedriger Gesinnung, nachgiebig und furchtsam. Er war verheiratet, aber es waren nur zwei Menschen bei ihm: sein Weib und eine Dienstmagd.

Einmann hieß Butraldi. Er war unverheiratet, groß von Wuchs und stark, häßlich anzusehen, hart, jähzornig und rachgierig und hatte schon manchen Totschlag verübt. Er arbeitete im Sommer gegen Tage geld, im Winter aber wanderte er mit zwei Leuten herum und verbrachte oft mehrere Nächte auf einem Gehöfte. Er war mit Vermund aus dem Wasserfjorde verwandt , und deshalb bekam er nicht den Lohn, den er verdiente. Butraldi kam am Abend mit zwei Leuten zu Thorkel nach Zeugtal , um dort zu übernachten. Obgleich Thorkel geizig in bezug auf Speisung Fremder war, wagte er doch nicht; ihm die Herberge abzuschlagen. Sie wurden in die Stube geführt, machten Licht und saßen dort mit ihren Waffen, aber Thorkel war mit seinen Leuten im Schlafraume,

In diesen Tagen lag der Schnee in tiefen Wehen auf den Bergen . In den Niederungen war es ganz schneefrei, aber bei dem



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Frostwetrter und Schneesturm waren die Wasserläufe angeschwollen .

Thorkel kam in die Stube und Sagte jene nach den Dingen, die er begierig war zu erfahren. Er fragte Butraldi, wohin er zu gehen gedächte. Jener antwortete, er wolle südwärts zum Breitfjorde gehen. Thorkel dachte, es wäre nicht sicher, ob das Wetter am nächsten Tage so sein würde, daß man über die Heide kommen könnte. Da schlug ihm gleich das Herz, weil er fürchtete, jene würden länger bleiben, denn in seiner Brust trafen Geiz und Feigheit zusammen.

In diesem Augenblick hörte man, daß angeklopft wurde, und das erfreute Thorkel nicht. Er ging zur Tür, öffnete und sah einen großen Mann mit Waffen draußen stehen. Thorkel fragte den Mann nach seinem Namen. Jener sagte, er hieße Thorgeir. Thorkel Sagte, wessen Sohn er sei. Jener antwortete, er sei Havars Sohn. Da drang Furcht in Thorkels Brust, und mit klopfendem Herzen sagte er: "Butraldi ist mit zwei Männern hierher gekommen, und ich weiß nicht, ob er friedlich gegen dich gesinnt ist. Doch glaube ich, das seine Gedanken gegen dich nicht freundlich )ind, denn als Vermunds Freund ist er euer Feind. Aber ich kann kein Menschenblut sehen und würde in Ohnmacht fallen, wenn ihr zu fechten begännt." Thorgeir antwortete: Aus unserer Ankunft, Bauer, soll dir kein Schade entstehen."

Damit ging er in die Stube. Thorkel und sein Weib folgten ihm. Er nahm einen Tisch und stellte ihn vor Butraldi hin. "Kurz ist mein Tisch," sagte er, "so geh du Thorgeir und setz dich zu Butraldi." Thorgeir tat es, ging quer über den Estrich und setzte sich an das untere Ende von Butraldis Tisch.

Über das Essen wird genau berichtet: zwei Schüsseln wurden aufgetragen, auf der einen lag ein altes Rippenstück und auf der andern alter Käse im Überfluß. Butraldi segnete schnell das Essen, nahm dann das Rippenstück und schnitt sich davon ab und ass. Er legte es erst wieder hin, als alles Fleisch von den Rippen verschwunden war. Thorgeir nahm den Käse und schnitt sich von ihm ab, wieviel ibm gefiel. Der Käse war



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aber hart und schwer zu essen. Weder wollten sie die Messer noch die Speisen tauschen. Obgleich das Essen schlecht war, wollten sie doch nicht ihre eigenen vorräte hervorsuchen, denn es wäre beschämend für ihre Männlichkeit gewesen.

Dann wurde Essen für Thorkel und sein Weib aufgetragen. Sie aßen am Feuer und kamen zuweilen an die Tür und schauten ängstlich in die Stube. Als die Gäste satt waren, kam Thorkel mit seinem Weibe zu ihnen, und während die Frau das Essen vom Tische nahm, sagte Thorkel: "Diesen Lohn will ich für meine Gastfreundschaft haben, daß ihr einander kein Leid antut, solange ihr auf meinem Gehöfte seid. Es würde mir viel Ungemach bringen, wenn ihr hier zu fechten begännt. Es scheint mir am besten zu sein, daß Thorgeir bei uns schläft, Butraldi mit seinen Leuten, aber in der Stube."

Sie schliefen auf diese Weise in der Nacht.

Am nächsten Morgen waren sowohl Butraldi und Thorkel wie Thorgeir früh auf den Füßen. Es wurde Licht in der Stube gemacht und die Tische mit Essen hereingetragen, gerade so wie am Abende vorher. Jetzt nahm Thorgeir das Rippenstück und schnitt sich davon ab. Butraldi ass vom Käse.

Als sie satt waren, ging Butraldi mit seinen Leuten fort. Er nahm den Weg durch das Tal hinauf

Etwas später folgte ihm Thorgeir.

Durch das Zeugtal zieht sich ein steiler Rücken, über den die Landstraße führt. Am Rücken lagen hohe und harte Schneewehen.

Thorgeir sah, wo Butraldi ging und meinte, man käme hier schwer vorwärts.

So überschritt er den Fluß und folgte dem Ufer, während jene den Rücken erstiegen. Dann kehrte er auf die Landstraße zurück. Butraldi kam heran und schlug sich mit seiner Art den Weg. Oben vom Rücken sah Thorgeir; wo Butraldi ging. Butraldi rief: "Jetzt lief der Held." Thorgeir antwortete: "Ich lief nicht fort; sondern nahm den andern Weg, um mir nicht im Schnee vorwärts helfen zu müssen. Aber jetzt erwarte ich euch." Dabei stand Thorgeir oben auf dem Rücken, während Butraldi sich einen Weg durch den Schnee hieb.



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Und als er bis zur Mitte des Abhanges gekommen war, setzte sich Thorgeir auf seinen Speerschaft und drehte die Spitze nach vorn. Er glitt mit erhobener ?Art auf dem Schnee hinunter und auf Butraldi zu. Dieser hörte das Sausen von Thorgeirs Fahrt und blickte auf, aber bevor er sichs versah, hieb ihm Thorgeir in die Brust. Er fiel rücklings hin, aber Thorgeir lief über ihn, um in die Ebene zu kommen, so schnell, daß Butraldis Leute nach beiden Seiten flogen. Über diese Tat ist dies Lied gedichtet:

"Wohl taugt es, zu erwähnen
    Wie Butraldi fiel.
Oft springt der Speer,
Adlerschrei klingt.
Wenig Dank wird man
Thorgeir zuerkennen,
Daß er ihn erschlug,
Ich versteh das wohl."

Butraldis Leute wagten nicht, ihn zu rächen und Thorgeir anzugreifen , denn sie glaubten schlecht unter Thorgeirs Waffen zur Nachtruhe zu kommen. Sie nahmen sich Butraldis an, aber Thorgeir wandte sich zur Heide und ging südwärts bis Reykjaholar.

Er wurde freundlich empfangen. Er blieb den Winter über dort und man verpflegte ihn gut. Der Winter war sehr streng in der ganzen Gegend. Das vieh starb den Leuten, und viele gingen nordwärts nach Strand zum Walfange.


7. Thorgeir streitet mit Thorgils um den Wal. Thorgeirs Übermut. Die Schwurbrüder scheiden voneinander

Zum nächsten Frühling ging Thorgeir zum Eisfjorde, zu der Stelle, wo ihr Schiff lag, Dorthin kamen auch Thormod und die andern Schiffsgenossen. Sobald sie günstigen Wind hatten, fuhren sie nordwärts nach Strand-

Thorgils hieß ein Mann. Er wohnte in Auentreff im Weidentale. Er war ein großer und starker Mann, im Gebrauch der Waffen geübt, und ein guter Hausvater. Er war aus dem



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selben Geschlechte wie Grettis Vater, Asmund Langhaar. Er war auch mit Thorstein, Kuggis Sohn, verwandt. Sein Vater hieß War.

Auch er fuhr mit seinen Genossen nach Strand, der Wale wegen, die bei dem Gemeindelande angetrieben wurden.

Thorgeir hatte dort, wo er hingegangen war, kein Glück beim Fange. Weder ein Wal noch andere Beute fiel ihm zu.

Jetzt hörte er, daß Thorgils beim Zerlegen eines Wales wäre, und ging mit Thormod dorthin. Als sie dort waren, sagte Thorgeir: "Ihr habt euch viel vom Wale heruntergeschnitten. Es wäre richtig, auch andere Nutzen haben zu lassen. Hier haben alle gleiches Recht." Thorgils antwortete: "Das ist richtig. Jeder behalte, was er sich abgeschnitten hat." Thorgeir sagte: "Ihr habt euch viel vom Wale abgeschnitten, und das könnt ihr behalten. Wir wollen, daß ihr entweder jetzt vom Wale geht mit dem, was ihr euch abgeschnitten habt und wir den Rest behalten, oder daß der Wal in allem geteilt wird, im Abgeschnittenen, wie im Nichtabgeschnittenen ." Thorgils antwortete: "Ich habe keine Lust, vom Wale zu gehen. Wir wollen euch auch nichts von dem überlassen, was wir abgeschnitten haben, so lange wir den Wal verteidigen können." Thorgeir sagte: "Jetzt werden wir sehen, wie lange ihr den Wal gegen uns halten könnt." Thorgils antwortete: "Wir werden ja sehen."

Nun machten sich beide Parteien zum Kampfe fertig. Als sie bereit waren, sagte Thorgeir: "Es wäre richtig, Thorgils, daß wir beide zusammen fechten, denn du bist ganz erwachsen und tüchtig und erprobt in Tapferkeit. Auch bin ich begierig, meine Kräfte an dir zu prüfen. Kein anderer soll sich in unseren Kampf mischen." Thorgils antwortete: "Das gefällt mir."

Ihre Scharen waren gleich stark. Sie gingen auf einander zu und begannen zu fechten. Thorgeir und Thorgils ließen die Hiebe schnell aufeinander folgen, denn beide waren geübt im Gebrauche der Waffen. Weil aber Thorgeir mehr zu Mannes schädigung bestimmt war, bel Thorgils von seiner Hand.

In diesem Kampfe sielen drei Männer aus Thorgils' Gefolgschaft . Andere drei fielen aus Thorgeirs Gefolgschaft.



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Nach diesem Kampfe fuhren Thorgils' Genossen nordwärts in großem Schmerze.

Thorgeir nahm den ganzen Wal, sowohl das Abgeschnittene, wie das Nichtabgeschmttene. Wegen des Totschlages an Thorgils wurde Thorgeir für friedlos erklärt. Kuggis Sohn Thorstein und Asmund Langhaar übernahmen seine verfolgung.

Thorgeir und Thormod waren diesen Sommer in Strand. Alle Leute flüchteten vor ihnen, denn sie gingen vor, wie das Feuer im Getreide.

So sagen einige Leute, daß Thorgeir zu Thormod sprach, als ihr Übermut aufs höchste gestiegen war: "Kannst du zwei andere Männer nennen, die uns an Mut und Mannhaftigkeit gleichen und die ebenso erprobt in vielen Manneskämpfen sind wie wir:" Thormod antwortete:"Wenn man suchte, fände man gewiß Männer, die nicht weniger tapfer sind, wie wir." Thorgeir sagte: "Was meinst du, wer würde von uns siegen, wenn wir uns aneinander versuchten:" Thormod antwortete: "Das weiß ich nicht. Aber das weiß ich, daß deine Frage unser Zusammenleben und unsere Gefolgschaft trennt, da wir nicht länger zusammen sein können." Thorgeir sagte: "Es war mir nicht Ernst damit, daß wir uns im Fechten aneinander versuchen sollten." Thormod antwortete: "Es kam dir doch in den Sinn, während du sprachst, und jetzt müssen wir voneinander scheiden."

Sie taten es. Thorgeir bekam das Schiff und Thormod dafür mehr von der beweglichen Habe, und damit ging er nach Quellenhof, aber Thorgeir blieb den Sommer über in Strand und war ein böser Gast für viele Menschen.

Im Herbste brachte er sein Schiff in Strand aufs Land und versah seinen Besitz. Später fuhr er nach Reykjaholar zu Thorgils, Aris Sohn, und blieb den Winter über dort.

Thormod spielt in Thorgeirs Totenlied etwas auf ihre Uneinigkeit an und sagt:

Nicht mehr wollten wir dulden
                       —Alle wissen das —
Schändliche Verleumdung.
Rat gab mir des Wundenwurms,


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Röter ich prüfte Jener gehässiges Reden. Doch will ich gedenken Ihrer nur im Guten."


8. Thorgeir tötet Bjarni und Skuf. Seine Meerfahrten

Ein Schiff lag oben in der Nordach bei Floi, wo Schiffe in der Zeit anzulegen pflegten. von diesem Schiffe kauften Thorgils und sein Bruder Jllugi heimlich einen Teil für Thorgeir und ließen eine entsprechende Menge Waren an Bord bringen. Thorgils und Jllugi ritten im Sommer nicht zum Beginn des Things. Sie wollten nicht durch die Täler des Breitfjordes kommen, bevor nicht Thorstein, Kuggis' Sohn, zum Thinge geritten war, denn sie wollten Thorgeir, der auf Thorsteins Betreiben friedlos erklärt worden war, auf das Schiff begleiten.

Ein Mann hieß Skuf er wohnte in Hundetal in Dalir. Skuf war ein guter Bauer und hilfsbereit. Bjarni hieß Skufs Sohn, der bei ihm lebte. Skuf hieß auch der Schafhirt des Bauern Skuf in Hundetal.

Als alle Leute zum Thinge ritten, begaben sich Thorgils und seine Leute von Reykjaholar ostwärts. Sie hatten Leute voraus zum Thinge geschickt, um die Zelte aufzuschlagen. Sie blieben zum Nachtessen in Schmutzhof, aber ritten in der Nacht weiter ostwärts in Tal und wollten zum Mittagessen in Hundetal sein.

Frühmorgens kamen sie nach Mitteltal, das vor Dickwald liegt. Dort aßerti und schliefen sie.

Thorgeir besaß ein schönes rotes Pferd, das sehr groß und gut zum Reiten war,

Am Morgen baten sie ihre Gefolgsmannen die Pferde zu holen. Jene standen auf und holten sie. Thorgeirs Pferd konnte man nicht finden. Sie begannen zu suchen, denn damals lagen große Wälder an allen Abhängen, aber das Pferd war nicht zu finden. So nahmen sie ein Lastpferd und verteilten dessen



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Bürde auf mehrere Pferde, und Thorgeir ritt nun das Lastpferd .

Dann sahen sie einen Mann auf einem roten Pferde reiten. Es war ein gutes Reittier. Er trieb einige Schafe von Schafberg her über die Sandbänke. Er drängte sie hart. denn er hatte ein schnelles Pferd. Es schien Thorgeir, daß es dem seinen gliche. Nun ließ er sich an, als ob er nichts wüßte — beobachtete nur, wohin der Mann ritt, und sah, daß er die Schafe zum Gehöfte in Hundetal trieb.

Skuf hatte einige Schafe westlich aus dem Lachstale bekommen. Sie waren fortgelaufen, und Skufs Sohn Bjarni war sie suchen gegangen und hatte Thorgeirs Pferd genommen.

Jetzt ritten alle zum Gehöfte Hundetal. Die Brüder geboten ihren Genossen, die Pferde draußen zu lassen, damit sie nicht auf die umhegte Wiese kämen. Die Brüder selbst aber ritten mit einigen Leuten zum Hause hinauf.

Thorgeir ritt zur Schafhürde, wo er sein Pferd zu sehen glaubte.

Skuf war nach Hause gekommen und trieb die Pferde in die Hürde. Bjarni saß auf dem Pferde und hatte gerade die Schafe, die er gefunden hatte, in die Hürde getrieben. Thorgeir fragte: "Wer ist der Mann, der dort auf dem Pferde sitzt?" "Er heißt Bjarni." Thorgeir sagte: " Du besitzt ein schönes Pferd, oder gehört das Pferd einem andern:" Bjarni antwortete: "Wahrlich, das Pferd ist schön, aber ich weiß nicht, wem es gehört." Thorgeir fragte: "Weshalb nahmst du es denn:" Bjarn antwortete: "Ich nahm das Pferd, weil ich es angenehmer hielt zu reiten, als zu gehen." Thorgeir sagte: "Es scheint mir jetzt das Richtige zu sein: daß du jetzt vom Pferde steigst und es in die Hände seines Eigentümers kommen läßt." Bjarni antwortete: "Ich werde es nur noch wenig brauchen, denn ich werde nicht länger reiten, als bis zur Tür." Thorgeir sagte: "Ich will, daß du sofort absteigst." Bjarni sagte: "Es kann dem Pferde nichts schaden, wenn ich bis zur Tür reite." Thorgeir sagte: "Ich will dir raten, nicht weiter zu reiten."

Bjarni wollte das Pferd zur Hoftor wenden und zum Hause



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reiten, aber Thorgeir durchbohrte ihn mit seinem Speer, daß er tot zur Erde siel.

Der Schafhirt Skuf sah Bjarni vom Pferde fallen. Er lief von der Hürdentür, die er gerade schließen wollte, auf Thorgeir zu, faßte seine Art mit beiden Händen und schlug auf ihn ein. Thorgeir wehrte die Schläge mit seinem Speerschaft ab, dann faßte er die Art mit der rechten Hand und schlug Skuf auf den Kopf und spaltete ihn bis auf die Schultern. Skuf war auf der Stelle tot.

Thorgeirs Genossen eilten zu Thorgils und Jllugi und erzählten ihnen, was vorgefallen war. Diesen schien es eine schlimme Nachricht zu sein. Sie ließen gleich Thorgeir von einigen Männern fortbringen, damit er Bjarnis Vater oder verwandten aus den Augen käme. Darauf berichteten sie dem Bauern Skuf das Geschehene. Der sah ein, daß er keine größere Genugtuung haben könnte, als selbst die Buße zu bestimmen, was ihm die Brüder anheimstellten, da die Brüder so edle Männer waren, und der Totschläger schon als Friedloser diesen Totschlag beging. So verglichen sie sich. Über diesen Totschlag hat Thormod in Thorgeirs Totenlied folgendes gesagt: "

Seinen großen Eifer
vergalt der Held
Dem Sohne Mars,
Da im Streit er gab
Rohes Fleisch den Raben.
Skuf und Bjarni sielen
Durch ihn. Häufig führte
Er die Hand um Hieb."

Thorgils und Jllugi aßen mit ihren Leuten ihren Morgenimbiß in Hundetal. Darauf ritten sie südwärts sum Borgfjorde und begleiteten Thorgeir aufs Schiff.

Dorthin war ein Mann gekommen, der Gant hieß. Er war Sleitas Sohn und ein naher verwandter von Mars Sohn Thorgils, den Thorgeir erschlagen hatte.

Gaut war hoch von Wuchs, stark, streitsüchtig und unbändig. Er hatte sich die Mitfährt beim Steuermann ausbedungen



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und wußte nicht, das Thorgeir mit demselben Schiffe ausfahren wollte.

Bei Thorgeirs Ankunft zog er die Brauen zusammen. Es schien den Leuten schwierig zu sein, sie auf demselben Schiffe zu bergen, so wie sie beide gesinnt waren.

Das Schiff war zur Abreise fertig, die Ladung befestigt, und Gauts Waren befanden sich dabei,

Als Thorgeir die Norweger darüber murren hörte; daß er und Gaut zusammen auf dem Schiffe sein sollten, sagte er: "Ich werde verstehen, mit Gaut Frieden auf dem Schiffe zu halten, wie stark er auch die Brauen zusammenzieht."

Aber was auch Thorgeir über ihr Zusammensein sagte; es wurde doch beschlossen, daß die Last geöffnet werde. Gauts Waren wurden ans Land getragen, und erselbst ritt nordwärts davon.

Die Norweger fuhren nun den Fluß hinunter und beim Seehundstrande hinaus.

Die beiden Brüder gingen erst fort, als das Schiff das Meer erreicht hatte. Sie ritten mit großem Gefolge zum Thinge und schlossen in Thorgeirs Namen vergleich wegen des Totschlages an Mars Sohn Thorgils und gaben dies bekannt.

Thorger und seine Genossen trieben eine Zeitlang auf dem Meere umher. Endlich sahen sie Land vor dem Steven. Die Norweger erkannten das Land. Es war Irland. Es schien ihnen ungewiß zu sein, ob sie friedlich empfangen werden würden wenn sie dort angetrieben würden. Thorgeir sagte "Wenn wir uns mannhaft wehren, können wir einigen Leuten ein prächtiges Nachtessen bereiten, bevor man uns tötet."

Nicht zu nahe am Lande warfen sie Anker, nahmen ihre Waffen hervor und machten sich zum Kampfe bereit. Dann sahen sie viele Männer am Lande mit so vielen Speeren, daß es wie ein Wald aussah. Obgleich die Iren langschäftige Speere hatten, erreichten sie doch nicht die Norweger. Diese behielten Gut und Leben und segelten fort, Sobald sie günstigen Wind bekamen.

Sie fuhren nach England und blieben dort eine Weile. Thormod hatte ein Lied darüber gedichtet, daß Thorgeir große Geschenke von den Fürsten bekam.



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Dann fuhr er nach Dänemark und wurde mit solchen Ehren behandelt, als ob er ein König sei, nach dem was Thormod über ihn in einem Liede berichtet.

Von dort fuhr er nach Norwegen und kam zu König Olaf dem Heiligen und begrüßte ibn.

Der König nahm seinen Gruß freundlich entgegen und Sagte, wer er wäre. Er antwortete: "Ich bin ein Isländer und heiße Thorgeir." Der König fragte: "Bist du Thorgeir, Havars Sohns" Er antwortete: "Der Mann bin ich." Der König sagte: "Ich habe von dir erzählen hören. Du bist hoch an Wuchs und mannhaft anzusehen. Aber doch ist das Glück nicht immer bei dir."

Der König bot ihm an, bei ihm zu bleiben, und so wurde Thorgeir König Olafs Gefolgsmann. Der König hielt ihn hoch in Ehren, denn in auen Mannesproben zeigt er sich tüchtig und tapfer.

Thorgeir ging auf Kauffahrt südwärts nach Pommern, und in der Zeit war dort die Kaufleute aus den Nordländern nur wenig Friede. Auf dieser Fahrt gewann er Ruhm, denn er nahm einem jeden ab, was er vom ihm haben wollte.

Thorgeir hielt es jetzt so mit seinen Fahrten, daß er immer einen Winter in Norwegen bei König Olaf verbrachte und den andern auf Island in Reykjaholar. Er pflegte mit seinem Schiffe in den Borgfjord zu segeln und von dort nach Floi in der Nordach. Er brachte sein Schiff westlich vom Fluß für den Winter aufs Land an der Stelle, die jetzt Thorgeirs schuppen heißt: sie liegi südlich vom Hügel, der Schmiedehöh heißt.

Thorgeir fuhr sechsmal mit seinem Schiffe von Island fort, nach dem, was Thormod sagt:

Der freigiebige Krieger
Rüstete sechsmal zur Fahrt.
Der Runder der Ringe fuhr
Mit überflutetem Fahrzeug.
Dieses hab' ich gehört.
Strenge Kämpfe im eignen
Vaterlande bestand der
Streuer des Goldes."


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9. Von Thormod und Kolbak

Jetzt ist von Thormod zu berichten, was er unternahm, während Thorgeir auf seinen Fahrten war. Nachdem er sich von Thorgeir getrennt hatte, ging er zu seinem Vater Bergi nach Quellenhof und blieb dort viele Winter. Oft langweilte er sich, denn wenige Menschen waren bier.

Eine Frau hieß Grima. Sie wohnte auf einem Gehöfte, das Kleinbucht dieß. Sie war Witwe und wohlhabend. Es wurde über sie gesagt, daß sie sich auf manches verstünde, und zauberkundig wäre. Und da das Christentum jung und schwach war, schien es manchen Leuten, es bedeute viel, zauberkundig zu sein. Thordis hieß Grimas Tochter, sie war schön und tüchtig in ihrer Arbeit, aber übermütig. Sie lebte zu Hause bei ihrer Mutter. Kolbak hieß einer von Grimas Knechten, er war groß und stark und schön von Aussehen, aber sehr streitbar. Thormod legte seinen Weg oft nach Kleinbucht und saß im Gespräche bei Thordis, und seiner Besuche wegen kam die Rede auf, daß er sie verführen wolle.

Als Grima das hörte, kam sie mit Thormod ins Gespräch und sagte "Es gebt das Gerücht, Thormod, daß du meine Tochter Thordis verführen willst. Es gefällt mir wenig, daß sie deinetwegen in den Mund der Leute kommt; nicht deshalb, als ob du ihrer nicht wert wärest, sondern deshalb, weil Männer, die die Absicht haben, um sie zu werben, meinen könnten, daß hier ein Troll vor der Tür steht, wenn sie hören, daß du es auf sie abgesehen hast. Aber wenn du sie zum Weibe begehrst, werde ich sie dir geben." Thormod antwortete: "Gut verstehst du deine Worte in dieser Sache zu wählen, und gewiß werde ich ihrer gedenken. Aber mein Sinn ist nicht auf Heiraten gerichtet. Obgleich ich mir kein besseres Weib als deine Tochter erhoffen kann, wird nichts daraus werden."

Nach diesem Gespräche schieden sie voneinander. Thormod ging nach Hause und blieb den Sommer über dort.

Mit dem Winter kam dickes Eis, und die Wege wurden gut, auch der Kleinbuchtsee fror zu.

Thormod langweilte sich, denn wenig Vergnügen gab es in



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Quellenhof. Schließlich begannen wieder seine Besuche in Kleinbucht und seine Gespräche mit Thordis.

Da kamen dieselben Gerüchte und Reden über Thordis und Thormods Freundschaft wieder auf.

Thormod pflegte sich mit Schild und Schwert auszurüsten, wenn er nach Kleinbucht ging, denn er lag im Unfrieden mit einigen Männern.

Grima redete nun mit Thormod und jagte, daß er seine Besuche unterlassen solle: " — damit meine Tochter nicht ins Gerede kommt." Thormod antwortete freundlich, aber kam wieder dorthin.

Da geschah es eines Tages, als Thormod in Kleinbucht war, daß Grima zu Kolbak sagte: "Ich will dich nach einem Gehöfte mit Einschlag schicken, der gewebt werden soll."

Kolbak machte sich fertig. Grima schloß eine Truhe auf, die ihr gehörte, nahm einige Garnknäuel heraus und ein kurzes Schwert, das alt, spitz und scharf war, legte es Kolbak in die Hände und sprach: "Nimm es, damit du nicht wehrlos bist." Kolbak nahm die Waffe in die Hand, aber Grima verbarg die Knäuel unter seinen Kleidern und strich mit ihren Händen über seinen ganzen Körper.

Darauf ging Kolbak seines Weges. Die Luft wurde schwer und tauig, und der Schneefall, der geherrscht hatte, war im Abnehmen.

Als der Tag zur Neige ging, sagte Thordis zu Thormod: "Ich wollte, daß du einen andern Weg nach Hause gehst, als den, den du gewohnt bist. Geh am Kleinbuchtfjorde entlang und dann über die Halde nach Quellenhof." Thormod erwiderte: "Was ist der Grund deines Wunsches, daß ich diesen Weg nehme:" Thordis antwortete: "Es ist möglich, daß das Eis in der Bucht mürbe geworden ist, weil die Luft tauig ist. Ich will nicht, daß du dich einem Unglück aussetzst." Thormod antwortete: "Das Eis wird fest sein" Thordis sagte: "Ich bitte dich um so wenig, Thormod, daß ich es übel aufnehmen würde, wenn du meine Bitte abschlügest."

Da sah Thormod, daß Thordis viel daran gelegen war, wenn er den Weg ginge, den zu gehen sie ihn bat, und er versprach es ihr.



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Spät am Abend verließ Thormod Kleinbucht. Als er ein kurzes Stück gegangen war, meinte er, daß es Thordis gleichgültig sein könne, wo er ginge. Er veränderte seinen Beschluß und ging den kürzesten Weg über das Eis der Bucht. Ein Schafhaus stand am Strande, und um die Hütte war eine Wiese. Thormod ging an der Tür vorbei.

In diesem Augenblick sprang Kolbak mit gezogenem Schwerte heraus und schlug nach Thormod. Der Hieb traf oberhalb des Ellbogens in den Arm und verursachte eine große Wunde. Thormod warf den Schild fort, faßte das Schwert mit der linken Hand und hieb mit beiden Händen auf Kolbak ein. Schnell folgten seine Hiebe aufeinander. Das Schwert verwundete aber nicht, denn Kolbak war durch Grimas Zauber so gehärtet, daß keine Waffe ihn verletzen konnte. Kolbak hatte nur das eine Mal nach Thormod geschlagen. Er sprach: "Alles kann ich dir zufügen, Thormod, wenn ich will. Aber ich werde dir nichts mehr antun."

Kolbak wandte äch jetzt nach Hause und erzählte das vorgefallene . Grima meinte, daß er Thormod zu wenig angetan hätte. Sie sagte, daß sie mehr von ihm erwartet hätte.

Thormod riß, seine Leinwandhose in Streifen und verband seine Wunde. Dann ging er nach Hause nach Quellenhof. Eine Dienstmagd erwartete ihn in der Stube. Dort war noch Licht, obgleich alle andern Leute zu Bett gegangen waren.

Als Thormod in die Stube kam, wurde ein Tisch vor ihn hingestellt und Essen aufgetragen. Thormod ass nur wenig.

Die Magd sah, daß er blutig war. Sie ging zu Bersi und sagte ihm, daß Thormod mit blutbefleckten Kleidern nach Hause gekommen wäre. Bergi stand auf und ging in die Stube, grüßte Thormod und fragte ihn, was geschehen sei. Dieser erzählte von seiner Begegnung mit Kolbak und der Wunde, die jener ihm zugefügt hatte. Bergi sagte: "verhielt es sich so, daß kein Eisen Kolbak verletzte:" Thormod antwortete: "Oft schlug ich mit dem Schwerte nach ihm und verwundete ihn nicht stärker als wenn ich mit Fisch bein geschlagen hätte." Bersi sagte:"Das kam von Grimas Zauberei." Thormod sagte das Lied:



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"Wund ist mein Arm,
Das hat ein Weib verursacht.
    In heißem Streit
Schwang ich den Schild,
Den mir weihte der König.
Nicht weiß ich, wann ich
Rache nehmen kann
Am rohen Sieger."

Bersi sagte: "Es ist ungewiß, wann diese Schande gerächt werden wird, denn mit Zauberei haben wir es zu tun."


10. Grima schafft Kolbak nach Norwegen

Bersi verband dann Thormods Wunde, denn er war ein guter Arzt. Am Morgen ging er mit vielen Begleitern nach Kleinbucht.

Bevor sie zu dem Gehöfte kamen, sagte Grima zu ihren Knechten: "Jetzt solli ihr in die Stube gehen und euch auf die geringere Bank setzen. Dort müßt ihr sitzenbleiben, solange Bersi mit seinen Leuten hier ist."

Sie taten wie Grima gebot, gingen in die Stube und setzten sich auf die geringere Bank. Sie waren alle bewahret. Grima setzte Kolbak mitten auf die Bank und bewegte die Hände über seinem Kopf.

Jetzt kam Bersi mit seinen Männern zum Gehöfte und klopfte an. Grima ging zur Tür und begrüßte ihn. Bersi sagte: "Wir meinen, daß unser Wohlergehen dich wenig kümmert und du sollst auch wissen, daß es uns wenig betrüben würdewenn es dir schlecht ginge." Grima erwiderte: "Sehr unerwartet kommt mir deine Rede. Wir dachten, daß du unser Freund seist; wie wir deine Freunde sind. Oder habt ihr etwas zu berichten:" Bergi antwortete: "Diese eine Nachricht bringen wir, die du schon wissen wirst." Grima sagte: "Wir haben keine Neuigkeiten in letzter Zeit gehört. Was könntet ihr berichten" Bergi antwortete: "Wir können von der Wunde berichten , die dein Knecht Kolbak meinem Sohne Thormod zugefügt hat." Grima sagte: "Das ist eine große und böse Nachricht, und das schlimmste ist, daß sie wahr zu sein scheint, denn



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ich schickte Kolbak mit Einschlag zu einem Gehöfte, und gestern abend kam er nicht nach Hause. Ich vermute. das er mir nicht unter die Augen zu treten wagt, weil er weiß, wie groß meine Freundschaft zu Thormod ist. Ich habe es mir lange gedacht, daß Kolbak es auf Thordis abgesehen hat. Jetzt hat er die große Torheit begangen, aus seiner Eifersucht heraus Thormod zu verwunden, diesen tüchtigen Mann. Er hat meine Tochter ins Gerede gebracht und uns Scham und Schande bereitet . Es ist meine Schuldigkeit; sein Vergehen zu rächen, so gut ich es vermag." Bersi antwortete: "Es sagen manche Leute, Grima, daß du es zuweilen verstehst, gegen dein besseres Wissen zu reden. Aber es wird bald sich zeigen, wie aufrichtig du in dieser Sache bist." Grima sagte: "Ich werde euch dankbar sein und es gern sehen, wenn ihr mein Haus jetzt untersucht, damit ihr den Verdacht aufgebt, daß wir an Kolbaks Untat teilhaben."

Da ging Bersi mit seinem Gefolge in die Stube und setzte sich auf die vornehme Bank. Dort saß er eine Weile, ohne Kolbak zu sehen, denn Grima hatte einen Tarndelm über ihn gedeckt, daß niemand ihn sehen konnte. Bersi ging weiter und suchte überall im Hofe, aber fand Kolbak nicht.

Darauf machte er die Untat bekannt, die Kolbak gegen Thormod begangen hatte, und ging nach Hause; als das geschehen war.

Thormods Wunde wurde schlechter. Er mußte lange liegen und blieb sein ganzes Leben lang linkshändig.

Kolbak blieb den Winter über in Kleinbucht, wo Grima ibn verborgen hielt.

Im Frühling kam Bersis Klage gegen ihn vor das Thing, und Kolbak wurde zur Friedlosigkeit verurteilt.

Ein Schiff lag in Flachwasser am Lande. Es wurde von einem Norweger gesteuert; der Ingolf hieß. Auf dem Schiffe war alles zurzeit des Althings bereit, aber sie hatten keinen Wind. Als die Männer aus der Gemeinde zum Thinge geritten waren, kam Grima mit Kolbak ins Gespräch und sagte: "Sicher erscheint mir, daß sie dich der Wunde wegen, die du Thormod zugefügt hast, friedlos erklären werden. Aber weil du es



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meinetwegen getan hast, will ich dir die Freiheit geben, und du sollst nicht länger Knecht sein. Du mußt vier Pferde im Geheimen bereitmachen, zwei zum Reiten und die zwei andern als Lastpferde für die Waren und die Kost; die ich dir mitgeben will. Ich will dich heimlich zum Schiffe begleiten, wenn es nur irgend möglich ist, und dich von Flachwasser fortbringen." Kolbak war sehr glücklich über die Freigabe und die Geschenke, die er von Grima erhielt.

In der Nacht bereitete er heimlich die Reise vor, so daß sie Kleinbucht verlassen konnten, ohne daß jemand ihrer gewahr wurde. Sie ritten über die Glamasheide um Adlerfjorde und dann über das Hochland und an den Bergen entlang nach Bardisstrand und kamen nachts nach Flachwasser.

Die Kaufleute schliefen auf dem Schiffe, aber der Steuermann in einem Zelte am Lande.

Grima schlug eine Zeltdecke auf, während Kolbak auf die Pferde achtgab. Sie ging ins Zelt und weckte den Steuermann Ingolf, deim sie kannte ihn vom Ansehen.

Ingolf grüßte sie und Sagte nach Neuigkeiten. Grima sagte: Das ist mein Geschäft dessentwegen ich zu euch gekommen bin: ich will euch einen Mann mitgeben, der mit mir hergeritten ist." Ingolf fragte: "Wer ist der Mann:" Grima antwortete: "Kolbak heißt er." Ingolf Sagte: "verwundete er nicht Bersis Sohn Thormod:" "Ja, das hat er getan." Ingolf sagte: "Schwierig scheint es mir zu sein, diesen Mann mitzunehmen, denn sicherlich wird er in diesem Sommer für friedlos erklärt werden, und so hartnäckige Leute verfolgen ihn wie Thormod und sein Vater Bersi. Wir sind bier jetzt so lange mit segelfertigem Schiffe gelegen, und es kann sein, daß Bersi in diese Gegend zurückkehrt, bevor wir günstigen Wind bekommen. Und es wäre dann möglich, daß wir den Mann nicht verbergen könnten."

Als Grima sah, wie langsam Ingolf in dieser Sache war, zog sie einen Geldbeutel unter ihrem Mantel hervor, schüttete zweihundert Silberstücke dem Steuermann auf die Knie und sagte: "Dies Geld will ich dir geben, wenn du dich Kolbaks annimmst." Ingolf antwortete: "Schön ist dies Geld, aber



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teuer wird es sein, wenn Vater und Sohn uns finden, bevor wir fortkommen und den Friedlosen mitnehmen können." Da sagte Grima: "So schlage ich einen andern Handel vor: du nimmst Kolbak zu dir und das Geld, das ich dir geboten habe, und bringst ihn von Island fort und nimmst dich seiner an, falls ihr heute günstigen Wind bekommt." Ingolf antwortete: "Es soll geschehen, wie du willst."

Ingolf nahm das Geld entgegen, stand auf und brachte Kolbak und seine Waren aufs Schiff.

Aber Grima blieb den Tag über am Lande und entsann sich der alten Lieder, die sie in ihrer Kindheit gelernt hatte. Im selben Augenblick legte sich der Gegenwind, der lange geweht hatte. Ingolf hieß die Felldecken an Bord bringen und sich mit den Vorbereitungen eilen.

Früh am Morgen war alles gerüstet, und als die Sonne im Südosten stand, erhob sich günstiger Wind.

Ingolf und Kolbak gingen aufs Land und boten Grima Lebewohl. Grima machte sich auf den Heimweg. Nichts ist über ihre Reise bekannt, als daß sie nach Kleinbucht kam. Das war lange bevor die Männer vom Thinge zurückkehrten. Sobald Grima fort war, ging Ingolf aufs Schiff und hißte die Segel. Sie hatten guten Wind und waren nur kurze Zeit auf dem Meere; bis sie nach Norwegen kamen. Kolbak schloß sich einigen Wikingern an und zeigte sich als tapferer Mann in allen Mannesproben.

Thormod kam vom Thinge nach Quellenhof und blieb einige Winter bei seinem Vater Nichts haben wir darüber gehört, ob Thormod größere Genugtuung für Kolbaks Überfall bekam , als Kolbaks Friedlosigkeit.


11. Von Thormod und Thorbjörg Schwarzbraue

Thormod dünkte es langweilig zu sein, zu Hause bei seinem Vater zu leben. Im Sommer nach dem Thinge rüstete er sich zur Fahrt mit den Knechten seines Vaters, um Fische zu holen. die Bersi draußen in der Stapelbucht hatte. Sie benutzten ein Fahrzeug, das Bersi gehörte. Sie segelten bei gutem Wetter



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den Eisfjord entlang. Als sie das Adlertal erreichten, bekamen sie Gegenwind und mußten landen. Sie warfen Anker und schlugen ein Zelt am Strande auf. Sie blieben dort eine Weile, denn sie konnten nicht weiterfahren

Katla hieß eine Frau, die im Adlertale wohnte. Sie war die Witwe eines Mannes, der Glum gehießen hatte. Ihre Tochter hieß Thorbjörg. Sie lebte zu Hause bei ihrer Mutter. Thorbjörg war wohlerzogen, aber nicht besonders schön. Sie batie schwarzes Haar und schwarze Brauen —weshalb man sie Schwarzbraue nannte — ein kluges Gesicht und reine Haut, war gerade und hoch gewachsen und setzte die Füße auswärts beim Geben.

Da geschah es eines Tages, daß Thormod vom Zelte hinauf zum Gehöfte ging. Er betrat die Stube. Hier waren keine Männer, nur die Frauen ganz allein. Katla begrüßte den Ankömmling und Sagte ihn nach dem Namen. Thormod sagte den seinen. Sie Sagte ihn, wessen Sohn er wäre. Er beantwortete ihre Frage. Katla sprach: "Ich habe von dir reden hören, aber erst heute sehe ich dich."

Thormod blieb den Tag über da, und die Frauen waren sehr froh über ihn. Thormod wandte seine Augen der Tochter der Hausbau zu, und sie gefiel ihm sehr. Sie hatte sich auch ihn betrachtet und sie fand Gefallen an ihm. So blieb Thormod den Tag über dort und kehrte am Abende zu seinem Zelte zurück. von nun an kam Thormod oft zu Katlas Haus, und einige Liebeslieder dichtete er damals, die den Frauen sehr gefielen.

Da geschah es eines Tages, daß Raila sagte: "Hast du, Thormod , ein Geschäft in der Bucht, wo du dich mit den Knechten deines Vaters aufhältst:" Thormod antwortete: "Ich habe kein anderes Geschäft, als mich zu vergnügen, und langweilig scheint es mir zu Hause zu sein." "Was würde dir angenehmer sein, mit jenen zu gehen oder hier zu bleiben und dich hier zu vergnügen, während jene den Dörrfisch holen: Du bist willkommen, wenn du bier bleiben willst, denn viele Freude bereitest du uns." Thormod antwortete "Gut stellst du deine Worte, und ich werde das mit Dank annehmen, was du mir bietest, denn es scheint mir unterhaltender bei euch zu sein."



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Dann ging Thormod zu seinen Genossen und sagte ihnen, daß er zurückbleiben würde, während sie in die Bucht hinaus nach den Fischen führen. Er bat sie, beim Adlertal wieder anzulegen, wenn sie zurückkämen. Dann würde er wieder zu ihnen aufs Schiff kommen.

Damit schieden sie. Thormod ging zum Gehöfte, jene aber fuhren ihrem Geschäfte nach, sobald sie Wind bekamen.

Thormod war einen halben Monat im Adlertale. Er dichtete ein Loblied auf Thorbjörg Schwarzbraue, das er Schwarzbrauenlied nannte. Als das Gedicht fertig war, sagte er es so, daß es viele Leute hörten. Ratla zog einen Goldring von ihrer Hand, der groß und gut war, und sagte: "Diesen Ring will ich dir, Thormod, als Skaldenlohn und zur Namensfeste schenken, denn ich will dir einen Beinamen geben, und du sollst Thormod Schwarzbrauenskald heißen."

Thormod dankte ihr für das Geschenk und den Namen, den er auch behielt.

Bersis Knechte kamen zurück, um mit Thormod zusammenzutreffen. Er ging zu ihnen aufs Schiff und dankte der Hausfrau für die Gastfreundschaft, die sie ihm erwiesen hatte. Katla sagte, Thormod solle nicht an ihrem Gehöfte vorbeigehen, wenn er wieder in die Gegend käme, und damit schieden sie. Thormod fuhr nach Hause nach Quellenhof und blieb dort, bis der Sommer vorbei war.

Als der Winter kam, und Eis die Wasser deckte, gedachte Thormod der Freundschaft, die er für Thordis, Grimas Tochter in Kleinbucht gehabt hatte und ging dorthin.

Grima empfing ihn mit dem freudigsten Gesicht, aber Thordis war mürrisch zu ihm und hob die Schultern, wie es Frauen zu tun pflegen, denen nicht alles bei einem Manne gefällt. Das fühlte Thormod gleich und sah auch, daß sie ihn zuweilen von der Seite oder über die Schulter ansah. Da fiel ihm ein, daß man leichter ziehen könnte, wenn man die halbe Last vom Wagen ablädt. Er erinnerte sie an die alte Freundschaft, die zwischen ihnen bestanden hatte. Thordis sagte: "Ich habe gehört, daß du eine neue Liebste bekommen und ein Loblied auf sie gedichtet hast." Thormod antwortete: Wer ist die



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Liebste, von der du sagst, daß ich ein Lied auf sie gedichtet habe?"Thordis antwortete: "Es ist Thorbjörg aus dem Adlertale" . Thormod antwortete: "Es ist nicht wahr, daß ich ein Lied auf Thorbjörg gedichtet habe. Aber dieses ist wahr: als ich im Adlertale war, habe ich ein Loblied auf dich gedichtet, denn es fiel mir ein, daß deine Schönheit hoch über Thorbjörgs steht, und ebenso deine Sittsamkeit. Jetzt bin ich hierher gekommen, um dir dies Lied mitzuteilen."

Thormod sagte jetzt das Schwarzbrauenlied und veränderte die Stellen, die am meisten Thorbjörg galten, zum Lobe von Thordis. Und wie eine Regenwolke aus dem Meere aufsteigt und nach kurzer Dunkelheit vorbeizieht, und dann hellerer Sonnenschein mit warmer Luft kommt, so sog das Lied alle traurigen Gedanken und alle Dunkelheit aus Thordis' Seele und füllte sie mit heißer Liebe und warmer Zärtlichkeit zu Thormod.

Thormod kam von da an oft nach Kleinbucht und wurde freundlich empfangen.

Als eine seit vergangen war, geschah es in einer Nacht, als Thormod zu Hause im Quellentale war, daß er träumte, Thorbjörg Schwarzbraue kamme zu ihm und frage ihn, ob er wache oder schlafe. antwortete, daß er wache. Sie sagte: "Du schläfst, aber das, was ich dir sagen werde, wird so sicher in Erfüllung gehen, als wenn du wach wärst. Denn wie verhält es sich: hast du nicht einer anderen Frau das Lied gegeben, das du auf mich gedichtet hast" Thormod antwortete: "Das ist nicht wahr" . Thorbjörg sagte: "Wahrheit ist, daß du mein Loblied Grimas Tochter Thordis gegeben hast; und das verändert hast, was mich am meisten betraf. Du wagtest nicht, kleiner Mensch, einzugestehen, welche Frau du das Lied gedichtet hattest. Aber jetzt werde ich deine Falschheit und Lüge lohnen. Du wirst so starke und strenge Augenschmerzen bekommen, daß dir beide Augen aus dem Kopfe springen. wenn du nicht deine schändliche Handlung bekannt machst, daß du mein Loblied von mir nahmst und es einer andern Frau gabst. Du wirst nie mehr gesund werden, wenn du nicht die Stellen zurück nimmst, die du zum Lobe von Thordis



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verändert hast, und sie wieder so herstellst, wie du sie auf mich gesagt hast, und das Lied nicht nach einer andern nennst, als nach der, für die es gedichtet wurde." Thormod schien, daß Thorbjörg zornig und schrecklich anzusehen war. Er glaubte, ihren Geist zu sehen, als sie hinausging.

Er erwachte mit so starken Augenschmerzen, daß er kaum unterlassen konnte zu schreien, und nicht schlief, solange die Nacht währte. Er blieb am Morgen lange liegen.

Bersi stand auf, wie er es zu tun pflegte, und als alle außer Thormod aufgestanden waren, ging er zu ihm und fragte, ob er krank wäre, da er nicht aufstände, wie er es sonst zu tun pflegte. Thormod sagte das Lied:

"Weh! Ich gab dem Weib
Was Schwärbraues war.
Streng erschien des Goldrings
  Göttin mir im Traum,
Bracht mir ihren Spruch.
Strafe muß ich tragen,
Die vom Mädchen kam.
Wär' ich mit ihr doch versöhnt"

Bersi fragte: "Was hast du geträumt:" Thormod erzählte den Traum und alles, was das Gedicht betraf. Da sagte Bersi: "Schädliche Geliebte hast du: der einen wegen bist du so verstümmelt worden, daß du nie mehr ein gesunder Mann werden wirst, und jetzt läufst du der andern wegen Gefahr, daß dir beide Augen aus dem Kopf springen. Ich will dir raten, das Gedicht wieder so zu wenden, wie es zuerst gewesen ist. Thorbjörg Schwarzbraue sollst du es geben, da du es sie gedichtet hast." Thormod antwortete: "Deinem Rate will ich folgen."

Jetzt gab er öffentlich bekannt, wie es sich mit dem Gedichte verhielt, und gab es in Gegenwart vieler Zeugen Thorbjörg aufs neue. Sein Augenübel besserte sich schnell, und er wurde ganz gesund von dieser Krankheit.

Jetzt werden wir die Erzählung von Thormod Schwazbrauenskald ruhen lassen und etwas von Thorgeir berichten.



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12. Thorgeir erschlägt sachsen-snorri und dessen Knechte. von Snorris Sohn Helgi

Nun ist von Thorgeir; Havars Sohn, dem Hofmanne König Olafs, zu berichten.

Es geschah in einem Sommer, daß er mit seinem Schiffe in die Weißach und ganz hinaus in die Nordach fuhr, wo er es im Herbste an der Stelle aufs Land setzte, die jetzt Thorgeirsdach heißt. Er ging im Winter westwärts nach Reykjaholar, blieb dort bei seiner Sippe und verkaufte seine Waren. Zeitig im Frühling fuhr er südwärts sum Borgfjorde und rüstete sein Schiff zur Abreise. Kurz vor dem Thinge begab er sich westwärts nach Reykjaholar, um die Waren zu holen, die er im Tausche für die seinen bekommen hatte. Er brachte sie zum Waldstrande und verschaffte sich Pferde, ging dann südwärts sum Borgfjorde mit einem Manne, der vor ihm her ritt und ein Pferd am Seil führte. Thorgeir trieb einige Packpferde vor sich her. Er trug Schild, Speer und Art.

Der Mann wohnte im Weißhorn der Snorri hieß. Man nannte ihn Hachsen-Snorri. Er war hochgewachsen und stark; schön anzusehen, aber grimmig, unfreundlich, jähzornig und rachsüchtig. Helgi hieß Snorris Sohn. Zur Zeit dieser Geschehnisse stand er in jungem Alter. Die Häuser lagen damals weiter unten auf der Landzunge als heute, und das Gehöft hieß Mel. Ein großes Schafhaus stand westlich von der Wiese, an der Stelle, die jetzt Snorrishöh heißt.

Thorgeir und sein Begleiter ritten an diesem Gehöfte vorbei, aber die Packpferde, die Thorgeir trieb, liefen auf die umzäunte Wiese. Snorri kam in dem Augenblick heraus, ab Thorgeir sie von der Wiese fortzujagen suchte. Den Pferden gefiel es dort zu fressen, und das eine blieb stehen, wenn er das andere fortjagte. Snorri ging auf die Wiese und nahm einen großen Speer; der mit Widerhaken versehen war. Er lief den Pferden nach und verfluchte sie und Thorgeir. Er stieß mit dem Speer nach den Tieren und verwundete sie.

Thorgeir befürchtete, daß Snorri die Pferde töte. Er sprang aus dem Sattel und hielt den Schild vor sich. Die Art hielt er



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mit dem Schilde in der linken Hand, den Speer aber in der rechten und ging so auf Snorri los. Dieser zog sich zum Schafhause zurück und wehrte sich mit seinem Speere.

Zwei Knechte hatten Snorri zornig mit seinem Speere hinauslaufen sehen. Jeder von ihnen nahm eine Art in die Hand, und so ausgerüstet eilten sie Snorri zu Hilfe,

Thorgeir wehrte sich mit großem Geschick und griff sie mit großer Kraft und Furchtlosigkeit wie ein bösartiges Tier an. Die Knechte waren bald von Thorgeir verwundet, denn sie hatten nur kurzstielige Arte, und Thorgeir stieß oft und hart mit seinem Speere.

Snorri und seine Knechte wichen jetzt ins Schafhaus zurück. Die Türen waren niedrig und schmal, und es war schwer, den Männern da nachzudringen. Da sprang Thorgeir aufs Dach und riß es auf. Durch das Loch stieß Snorri nach ihm und verwundete ihn, aber nur leicht. Da warf Thorgeir den Speer fort und nahm die Art in die rechte Hand. Durch das Loch im Dach griff ihn Snorri hart an, aber Thorgeir verteidigte sich mit Schild und Art. Er wollte nur Snorris Speerspitze vom Schafte abhacken, und dieses Spiel nahm kein anderes Ende, als daß es ihm gelang. Im selben Augenblicke sprang er mit Schild und Art durch das Loch im Dache in das Haus und hieb Snorri so hart auf den Kopf, daß der Schädel gans zersprang. An dieser Wunde starb Snorri auf der Stelle.

Thorgeir wandte sich dann den Knechten zu und bedrängte sie. Er schützte sich mit dem Schilde und griff hart mit seiner Art an, die schon vielen Männern zur Nachtruhe verholfen hatte.

Der Kampf endete damit, daß er sie beide erschlug. Dann ging er hinaus, bestieg sein Pferd, ritt zur Haustür und rief den Leuten zu, daß er ihnen etwas zu sagen hätte. Hachsen-Snorri wolle sie sprechen und erwarte sie im Schafhause. Dann ritt er fort, um seinen Begleiter zu suchen. Dieser hatte die Packpferde von der Wiese fortgetrieben, während die andern kämpften. Sie ritten nun um Schiffe. Thorgeir setzte es instand und fuhr dann zum Seehundsstrande. Dort wartete er auf günstigen Wind. Sobald der sich einstellte, stach er in See. Er hatte



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guten Wind und eine schnelle Fahrt nach Norwegen, wo er gleich zu König Olaf ging und ihm ein freundlicher Empfang zuteil wurde.

Über diese Ereignisse sagte Thormod im Totenliede auf Thorgeir:

"Der Röter der Schwerter,
  Der Könige strafte,
Zerbrach das Dach,
Das Snorri, Häkils Sohn schirmte.
     Tatenfloh tötete er
Drei tapfere Männer.
Die Sucher des Goldes
Erzählten mir dies."

Snorris Sohn Helgi wohnte lange in Weißhof. Er war seinen Ahnen und seiner Sippe ungleich in Aussehen und Gemüt. Er baute seine Häuser dort, wo jetzt das Gehöft steht. Man nannte ihn den weißen Helgi, denn er war schön und hatte feines, helles Haar. Nach ihm ist das Gehöft Weißhof genannt. Helgi war freundlich und hilfbereit zu auen Menschen und ein guter Vorsteher der Gemeinde. Er hatte einen Streit mit Thorstein, dem Sohne Egils um die Gufufitjar, denn Thorstein wollte sie kaufen, aber Helgi wollte sie nicht verkaufen.

Helgi ging eines Winters mit seinen Knechten zu der Gususitjar. Er fuhr sein Heu auf Ochsen nordwärts über die Sümpfe, wie er es zu tun pflegte. Thorstein folgte ihm mit seinen Knechten. Sie trafen bei den Langinseln, südlich von Weißhof zusammen. In diesem Kampfe wurde Helgi schwer verwundet.

Wohlmeinende Leute, die von beider Fahrten wußten, kamen hinzu, trennten die Kämpfenden und vermittelten einen Vergleich, daß Thorstein die Gufufitjar kaufte, aber dem weißen Helgi nach dem Urteil guter Männer eine Buße für die Wunde zahlte.


13. Thorgeir rächt König Olafs Hofmann. Vegglags Diebstähle

Thorir hieß ein Mann, der auf Hrofach im Stemgrimsfjorde wohnte. Er war ein großer Lärmmacher, störrisch und unfreundlich.



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Mit einem Hofmann König Olafs war er bei einem Handel im Steingrimsfjorde uneins geworden und hatte dem Königsmanne eine schwere Wunde zugefügt,

In dieser Sache war kein Vergleich geschlossen worden, und als der König davon hörte, mißfiel es ihm sehr. Er sagte zu Thorgeir, Havars Sohn "Ich wünsche, Thorgeir, daß du die Gewalttat, die meinem Hofmanne auf Island zugefügt wurde, so rächst; daß es den Isländern Leid wird, meine Leute zu mißhandeln." Thorgeir antwortete: "Ich hoffe, daß ich rächen kann, was hier wider Euch verbrochen wurde." Der König sagte: "Ich übergebe dir dies zu tun, weil ich glaube, daß du meinen Willen erfüllen wirst."Thorgeir antwortete:"Schuldig bin ich dir, deinen Willen zu erfüllen."

Er rüstete sein Schiff und fuhr früh im Sommer nach Island. Der Wind war ihm günstig. Er landete mit seinem Schiffe in Flachwasser. Dann fuhr er westwärts nach Reykjaholar und begann ein Haus zu bauen. Ein Mann hieß Vegglag, der auch am Hause baute. Jeder weitere baute eine Seite des Hauses. Eine einzige Scheidewand ging der Länge nach durch das Haus. Sie stand noch, als der weite Magnus Bischof in Skalholt war.

Beim Anfange des Winters fuhr Thorgeir nordwärts zum Steingrimsfjorde nach Hrofach. Ihn begleitete der Baumeister Vegglag. Sie kamen spät am Abend zum Gehöfte und klopften an. Eine Frau kam zur Tür, grüßte sie und fragte, wer sie wären. Thorgeir sagte wahrheitsgemäß, wer sie seien und fragte, ob der Bauer Thorir zu Hause wäre. Sie antwortete; er sei da. Thorgeir sagte: "Bitt ihn, herauszukommen."

Sie ging hinein und sagte Thorir, daß Männer draußen wären: " —sie wollen mit dir sprechen." Thorir fragte: "Wer sind die Männer:" Sie antwortete: "Ich glaube, der eine ist Thorgeir, Havars Sohn." Thorir stand auf, nahm seinen Speer, ging zur Tür und setzte die Spitze auf die Schwelle. Er grüßte die Angekommenen. Thorgeir erwiderte seinen Gruß nicht. Er sagte: "Das ist mein Geschäft hier, daß ich hören will, welche Buße du König Olaf die Schändung seines Hofmannes geben willst."Thorir fragte: "Bist du der gesetzliche



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Führer dieser Sache:" Thorgeir antwortete: "Ich bin der Führer in dieser Sache, denn ich handle im Auftrage des Königs ." Thorir erwiderte: "Wahr mag es sein, daß du in seinem Auftrage handelst. Doch kaum ist es für mich dasselbe, ob ich den König höre oder dich."Thorgeir antwortete: "Wahr ist es, daß du ihn nicht selbst sprechen hörst; aber doch kannst du seine Macht zu fühlen bekommen."

Und als Thorir es am wenigsten erwartete, stieß Thorgeir mit dem Speere nach ihm. ,Der Stoß traf in die Brust, und Thorir fiel in die Tür und war auf der Stelle tot. Etwas später waren Thorgeir und sein Begleiter fort, und nichts ist weiter über ihre Fahrt nach Reykjaholar berichtet. Über diese Ereignisse hat Thormod dies Lied gedichtet

"Des Seefahrers denk ich,
Des herrlichen Sohnes von Havar.
Trefflich durch glückliche Taten,
Durchbohrte er Thorir. Der edle
  Meerheld rächte so Odd.
Die Adler Saßen sich satt.
Tapfer wie immer war Thorgeir,
Als er dies alles vollbrachte."

In diesem Winter wurde viel auf Reykjaholar gestohlen. Den Leuten verschwanden viele Kostbarkeiten aus den Truhen. und so schlimm ging es zu, daß fast aus eines Jeden Truhe etwas verschwand, so stark die Schlösser auch waren, und doch war kein Schloß erbrochen. Aris Sohn, Jllugi, war in diesem Winter zu Hause in Reykjaholar.

Kurz nach Weihnachten versammelten die Brüder ihr Gesinde. Thorgils begann zu sprechen: "Es ist allen Leuten bekannt, daß hier im Winter viel gestohlen wurde. vieles ist verschwunden, das unter Schloß und Riegel lag. Wir wollen, daß jetzt alles untersucht wird. Zuerst sollen die Truhen von meinem Bruder und mir nachgesehen werden, und dann die aller andern. Wenn das Gestohlene nicht hier gefunden wird, dann werden wir zu den andern Gehöften gehen und dort alles durchsuchen." Jetzt wurden die Truhen aller Leute untersucht, aber man fand nichts vom Vermißten. Der Baumeister Vegglag hatte einen



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großen Kasten, der nicht untersucht worden war. Thorgils sagte, er solle den Kasten aufschließen und zeigen, was darin wäre. Er antwortete: "Niemals bin ich wie ein Dieb untersucht worden. Ich werde den Kasten nicht ausschließen." Thorgils sagte: Du bist nicht der einzige, dem das geschieht. Unsere Truhen sind untersucht worden. Du mußt nur dasselbe dulden, was über viele andere ergangen ist." Da antwortete Vegglag: "Obgleich bei euch allen untersucht worden ist, werde ich doch nicht meinen Kasten zur Untersuchung aufschließen."

Jetzt sprang Jllugi auf. Er hielt ein Beil in der Hand, ging zur Kiste und sagte: "Hier habe ich einen Königsschlüssel. der auf alle Kästen und Schlösser paßt. Mit ihm werde ich jetzt den Kasten aufschließen, wenn du mir nicht den Schlüssel gibst." Vegglag sah, daß Jllugi den Kasten zerschlagen würde, wenn er nicht aufschlösse, und gab ihm den Schlüssel.

Jllugi öffnete den Kasten und fand dort viele Schlüssel, die auf alle Schlösser paßten, die es in Reykjaholar gab. Er fand dort auch viele Kostbarkeiten, die die Leute vermißt hatten. Da glaubten die Leute zu wisen, daß Vegglag der Dieb war. Er wurde zum Geständnis gezwungen und begleitete die Leute zu den verschiedenen Stellen, wo er die Diebesbeute versteckt hatte.

Jetzt sagte Jllugi: "Mir scheint; daß Vegglag sein Leben verscherzt hat. Meiner Meinung nach muß er gehängt werden." Thorgeir erwiderte:"Du wirst nicht einem deiner eigenen Leute ein solches Ende bereiten wollen." Jllugi antwortete: "Unrecht scheint mir zu sein, einen so großen Dieb entschlüpfen zu lassen." Da sagte Thorgeir: "Was dir auch das Rechte in dieser Sache zu sein scheint; so wird euch dieser Mann teuer zu stehen kommen. Ihr dürft ihm nicht sein Leben nehmen, wenn ihr auf mich hören wollt." Jllugi sagte: "Mit großem Eifer verwendest du dich für den Dieb, und keinen Vorteil wird es dir bringen. Dein Eid wird ihn nicht immer gleicher Weise retten, wenn er auch heute entschüpfen mag. Aber er soll jetzt gleich Rauchspitz verlassen und nie wiederkommen." Thorgeir antwortete: "So soll es sein."

Thorgeir begleitete Vegglag westwärts nach Quellenhof im



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Quellentale zu Bersi und Thormod und bat sie, ihn bis zum Vorsommer bei sich zu behalten und ibn dann in Flachwasser aufs Schiff zu bringen. Er sagte, daß er ihn dann von Island fortschaffen würde. Thorgeirs wegen behielten jene Vegglag den Winter über bei sich. Thorgeir kehrte nach Reykjaholar zurück und blieb den Winter über dort.

Im Frühling rüstete er sein Schiff. Vegglag kam zu ihm. Thorgeir nahm ihn mit und brachte ihn fort. Ihr Schiff kam zu den Orkney -Inseln. Rögnvald, Brusis Sohn, hatte sich damals zu einer Heerfahrt gerüstet, denn viele Wikinger lagen damals bei den Inseln und raubten Bauern und Kaufleute aus, und Rögnvald wollte sie für ihre Übeltaten strafen. Thorgeir verkaufte sein Schiff und verdingte sich bei Rögnvald. Rögnvald hielt ihn und seine Genossen hoch in Ehren, denn je größer die Gefahren waren, desto tapferer zeigte sich Thorgeir , wie Thormod in seinem Liede sagt: "

Der tapfere Kämpfe;
Kühn ging er aufs Schiff,
Mit Rögnvald wollte erfechten.
   Nicht sparte in Fehden
Das Leben der Helden
Havars herrlicher Sohn.
Der Ruhm des Recken
Wuchs reich durch die Tat."

Bei der Heerfahrt zeigte sich Thorgeir als hochgesinnter und waffengeübter Mann.

Der Jarl wurde durch diesen Kriegszug berühmt, denn er siegte in allen Kämpfen in diesem Sommer und verschaffte Bauern und Kaufleuten Frieden,

Vegglag aber fuhr nach Schottland und zeigte sich auch dort als großer Dieb und wurde später getötet.


14. Thorgeir ist zum letzten male bei König Olaf in Norwegen

Spät im Herbste fuhr Thorgeir nach Norwegen und blieb den Winter über bei König Olaf, der ihn hoch in Ehren hielt. Der



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König dankte ihm, daß er den Schimpf gerächt hatte, den Thorir ihm zugefügt hatte. Auch Jllugi, Aris Sohn, war diesen Winter bei König Olaf.

Im Frühling rüstete Jllugi sein Schiff, um nach Island zu fahren. Thorgeir sagte ihm, daß er mit ihm fahren wolle. Aber Jllugi antwortete ihm folgendermaßen: "Unrätlich scheint es mir zu sein, daß du nach Island fährst. Dort hast du in vielen Gegenden große Taten verrichtet, und an den meisten Orten Hast du schlechten Frieden. Aber hier ehrt dich der König, und guten Frieden hast du von allen Menschen. Ich will dich nicht vom Frieden um Unfrieden bringen, denn auf Island wirst du es nicht so gut haben wie hier, wo der König dich so sehr ehrt." "Es ist möglich," antwortete Thorgeir, "daß ich nach Island komme, obwohl du mich nicht mitnehmen willst." Nun rüstete Jllugi sein Schiff und stach in See, sobald er günstigen Wind hatte.

Nach seiner Abfahrt ging Thorgeir eines Tages zum Könige und bat ibn um Erlaubnis, fortzufahren. König Olaf sagte: "Mir scheint, daß du weniger Glück auf Island hast, als hier Deshalb halte ich es für richtiger, daß du hier bei uns bleibst, anstatt nach Island zu gehen, denn hier hast du es besser als dort." Thorgeir drängte den König sehr, und als der König sah, wieviel es Thorgeir an der Erfüllung seiner Bitte lag, sagte er: "Jetzt wird es in Erfüllung gehen, was ich dir damals sagte, als du zum erstenmal zu uns kamst: ,daß dein Glück nicht immer bei dir ist'. Ich werde dir erlauben, nach Island zu fahren, aber wir werden uns nicht mehr wiedersehen, wenn wir jetzt voneinander scheiden." Thorgeir antwortete: "Ich danke Euch, daß Ihr mir erlaubt zu fahren. Aber ich will nächsten Sommer zu Euch zurückkehren." Der König sagte:"Es ist möglich, daß du es willst, aber es wird nicht geschehen." Nach diesem Gespräche schieden sie.

Thorgeir machte die Fahrt mit einem Norweger, der Jökul hieß, und fuhr mit ihm nach Island. Ihr Schiff kam nach Flachwasser, und Thorgeir ging nach Reykjaholar, um dort zu bleiben.

Jllugi trieb im Sommer lange auf dem Meere herum. Spät im Herbste kam er zum Lavahafen bei der Weißfuchsebene im



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Nordlande. Dort zog er sein Schiff aufs Land und ließ Leute zurück, die es den Winter über bewachen sollten. Dann wollte er südwärts nach Reykjaholar gehen. Gaut, Sleitas Sohn, von dem früher berichtet wurde, kam zu Jllugi und erhielt von ihm die Erlaubnis, ihn im nächsten Sommer zu begleiten.

Eines Tages als Jllugi und seine Genossen ihre Pferde fütterten, ritt ein Mann in einer weißen Kutte auf den Futterplatz und begrüßte Jllugi. Dieser nahm den Gruß entgegen und fragte, wer der Ankömmling wäre. Er antwortete: "Ich heiße Helgi." Jllugi fragte: "Woher stammt deine Sippe und wo ist dein Heime?" Helgi antwortete : "Meine Sippe ist weit verstreut, doch wohnt sie zum größten Teile im Nordlande. Aber weder habe ich ein Heim, noch das Glück ein ganzes Jahr am selben Orte sein zu dürfen. Aber im Sommer habe ich gewöhnlich verdienst gehabt, und so ist es auch in diesem Sommer gewesen . Viele wüßten, wer ich bin, wenn sie meinen Beinamen hörten." Jllugi Sagte: "Wie lautet dieser:" Helgi antwortete: "Man nennt mich Helgi Seehundshode." Jllugi erwiderte: "Selten wird dieser Name genannt. aber doch habe ich von dir reden hören." Helgi sprach: "Das ist mein Geschäft hier, daß ich wissen will, ob du mich in diesem Sommer nach Norwegen bringen willst." Jllugi fragte: "Bist du in Schwierigkeiten oder bast du Gut:" Er anwortete: "Ich bin in keinen Schwierigkeiten, aber habe nicht den geringsten Besitz. Doch könnte ich euch wohl von Nutzen sein, denn ich bin ein sehr behender Mann." Jllugi fragte: "Bist du sehr stark Jener antwortete: "Ich bin in Leibesübungen nicht tüchtig, aber auf meine Füße kann ich mich verlassen und habe eine starke Brust. Niemand kann es mir im Laufen gleichtun. Jllugi sagte: "Ein vorteil für Furchtsame." Helgi erwiderte: "Ich habe mich noch nie so schr gefürchtet. Aber wissen will ich, ob du mir die Überfahrt geben willst." Jllugi sagte: "Komm im Frühjahre zu mir und hilf mir, meine Waren zusammenzubringen. Dann magst du mit mir nach Norwegen kommen." "Diese Bedingungen gefallen mir," sagte Helgi.

Darauf schieden sie, und Jllugi begab sich westwärts nach Reykjaholar. Er blieb den Winter über dort.



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15. Thorgeir und Sant im Lavahafen bei der Weißfuchsebene

Zwei Brüder wohnten in Garpstal, der eine hieß Kalf, der andere Steinolf. Sie waren jung, wohlhabend und beliebt.

Thordis hieß eine Frau, die im Qlafstale wohnte. Sie war Witwe, eine gute Hausbau und hilfreich. Ihr Sohn hieß Eyolf und wohnte bei ihr. Er war tüchtig und beliebt. Thorgeir hieß ein Vetter von Thordis, den sie erzogen hatte. Er war ein geschickter Mann, der den Namen Thorgeir Übermaß erhalten hatte, weil er zu allem mehr Geld ausgab als nötig war, auch wenn er nur wenig Geld hatte.

Zwischen den Pflegebrüdern Eyolf und Thorgeir Übermaß bestand schon in der Jugend große Freundschaft. Sie waren beide kräftig und fleißig, und bei ihren Spielen machten sie großen Lärm.

Eine alte Frau, die Thordis in Pflege hatte, nahm oft Ärgernis an ihnen und besonders dann, wenn sie miteinander rangen, aber je mehr sie sich ärgerten, desto mehr neckten jene sie.

Eines Tages, als sie miteinander in der Stube rangen, gerieten sie gerade dorthin, wo die Frau saß, und rissen ihr die Arbeit von den Knien fort. Da sagte die Frau: "Wenig Ehre bringt es euch, meine Arbeit zu zerstören und mich zu necken. Aber ich kann euch voraussagen: so groß eure Freundschaft jetzt auch ist, so wird sie doch ein schlimmes Ende nehmen." Sie erwiderten: "Wenig geschickt zum Wahrsagen scheinst du uns zu sein." Die Frau sagte: "Was ihr auch darüber denken mögt: mein Wort wird doch in Erfüllung gehen."

In dem Frühling, der auf den Winter folgte, in dem Jllugi und Thorgeir, Havars Sohn, auf Reykaholar gewesen waren, bat Thorgeir Jllugi, ihn mit sich zu nehmen, sobald er von Island fortführe. Jllugi versprach es ibm. Er wollte auch Kalf und Steinolf mitnehmen.

Als die Leute dann im Frühling zum Schiffe gingen, sagte Jllugi zu Thorgeir: "Ich wollte, Vetter, daß du mit meinen Leuten nordwärts zum Schiffe gingest und es während des



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Things zurüstest. Ich will meine Freunde auf dem Thinge treffen. Dann werde ich nordwärts reiten, und ich wünsche, daß das Schiff segelfertig ist, wenn ich nach dem Norden komme." Thorgeir sagte, es solle geschehen.

Jetzt ritt Thorgeir nordwärts nach der Weißfuchsebene um Schiffe. Jllugi begab sich zum Thinge. Steinalt Kalf und Helgi Seebundshode begleiteten Thorgeir. Ihre Waren hatten sie schon vorher hinbringen lassen. Thorgils, Aris Sohn und Ari sein Sohn und Jllugi, sein Bruder, ritten mit Gefolge vom Breitfjorde zum Thinge.

Als Thorgeir zum Lavahafen kam, brachte er das Schiff ins Wasser und rüstete es. Gaut, Sleitas Sohn, war hergekommen, aber er und Thorgeir nahmen ihre Mahlzeiten getrennt ein. Es war knapp mit der Feuerung, und sie wechselten sich ab, Holz zu suchen. An einem Tage ging Thorgeir mit seinen Genossen, und am nächsten Tage Gaut mit den seinen.

Eines Tages war Thorgeir fortgegangen, um Brennholz zu holen, während Gaut zurückgeblieben war. Gauts Genossen hatten einen Kessel aufgesetzt, und gerade begann es zu kochen, als das Holz ausging. Sie gingen zu Gaut und berichteten ihm das Mißgeschick. Dieser ging zu Thorgeirs Zelt und nahm Thorgeirs Speer, hieb die Spitze vom Schafte ab und warf sie auf das Bett. Er nahm auch Thorgeirs Schild und ging damit zur Feuerstelle. Er schlug den Schild und den Schaft in Stücke und warf diese unter den Kessel ins Feuer, daß sie ihr Essen fertig kochen konnten.

Am Abend kam Thorgeir nach Hause. Er vermißte sogleich seine Waffen. Er fragte, wer sie fortgenommen hätte: " — meinen Schild und meinen Speer." Gaut antwortete: "Ich nahm deinen Schild und deinen Speerschaft und warf sie unter unsern Kessel, denn sonst hätten wir unser Essen nicht fertig kochen können. Wir hatten kein Brennholz mehr, und wollten nicht Ungekochtes essen." Thorgeir ließ sich nicht anmerken, daß ihm Gants verhalten mißfiel.

Am nächsten Tage ging Gaut mit seinen Genossen fort; um Brennholz zu holen, aber Thorgeir blieb zurück und arbeitete am Schiffe. Thorgeirs Genossen, die das Essen zubereiten sollten,



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hatten nur wenig Brennholz. Als sie das Essen fertig machen sollten, gingen sie zu Thorgeir und sagten es ihm. Er ging zu Gauts Zelt und nahm Gauts Speer und Schild, hieb vom Speere den Schaft ab und zerschlug den Schild. Dann warf er die Stücke unter den Kessel. Jetzt mangelte es ihnen nicht an Brennholz, um ihr Essen zu kochen.

Gant kam am Abend nach Hause und Sagte, ob jemand wüßte, wo sein Schild und sein Speerschaft wären. Thorgeir antwortete: "Deinen Schild und deinen Speerschaft zerschlug ich und warf die Stücke heute unter den Kessel, denn meinen Leuten fehlte es an Brennholz, um das Essen zu kochen." Gant erwiderte: "Spät hörst du auf, uns Verdruß zu bereiten." Thorgeir antwortete: "Jedem wird mitgespielt, wie er sich um Spiele bereitet hat." Da hieb Gaut nach Thorgeir, aber dieser wehrte den Schlag mit seiner Art ab. Er wurde nur leicht am Fuße verletzt. Jetzt sprangen andere zwischen sie und hielten sie zurück. Thorgeir sagte: "Ihr braucht mich nicht zu halten, denn ich werde jetzt keinen Unfrieden stiften." Sie wurden getrennt, und jeder ging nach seinem Zelte, verzehrte sein Abendessen und legte sich hin.

Als alle schliefen, erhob äch Thorgeir, nahm seine Art in die Hand und ging sum Zelte, in dem Gant lag. Er hob einen Zeltlappen auf trat ein, schritt zu Gauts Bett und weckte ihn. Gaut erwachte, sprang auf und wollte nach seinen Waffen greifen . Im selben Augenblicke hieb Thorgeir nach ihm und spaltete ihm den Kopf bis auf die Schultern. Dann kehrte Thorgeir in sein Zelt zurück. Gauts Zeltgenossen erwachten beim Lärm. Sie eilten zu seiner Leiche und gaben sich mit ihr ab. Über dies Ereignis hat Thormod das Lied gedichtet:

"Sleitas Sohn, Gaut
Sank hin durch den Krieger.
   hartem Männerkampf
Zaudert er nie. Den zum
Tode geweihten lohnte er
Mit großem Schmerz.
Schwer wird geprüft,
Wer das Thing der Schwerter besucht."


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16. Thorgeirs Genossen werden in einen Hinterhalt gelockt

Nach diesem Ereignis sah Thorgeir eines Tages ein Schiff in den Lavahafen segeln. Es warf Anker, doch nicht allzunah von Thorgeirs Schiff.

Dieser fuhr mit seinen Genossen in einem Boote um Kauffahrteischiffe und fragte, wer es führe. Ihm wurde gesagt, es wären Thorgrim Trölli, Einars Sohn, ein Grönländer, den man den Riesen nannte, und der Nordländer Thorarin, der Wilde, Thorvalds Sohn. Jene Sagten, wer das Schiff führte, das im Hafen lag. Ihnen wurde geantwortet, daß Jllugi, Aris Sohn, das Schiff besäße, daß aber Thorgeir, Havars Sohn, jetzt da- Schiff führte. Thorgeir fragte, wieviel Männer sie an Bord hätten. Ihm wurde gesagt, daß es vierzig Mann wären.

Da sah Thorgeir, daß jene viel stärker waren, falls es zwischen ihnen zum Kampf kommen sollte, denn er hatte nur dreißig Männer. Er sagte: " Euch Steuerleute bitte ich auf das zu hören, was ich jetzt sage: es ist vielen gesagt worden, daß wir auf beiden Seiten streitbare Männer sind und nicht vor einer Gewalttat zurückschrecken. Jetzt will ich bitten, daß wir nicht unklug Mut und Mannhaftigkeit im Unfrieden gegeneinander brauchen. Es dünkt mir rätlich, daß wir einander zu unserer Sicherheit Frieden geloben."

Thorgrim und Thorarin nahmen das gern an. Hierüber hat Thormod das Lied gedichtet : "

Die Krieger bat Thorgeir
Um Schonung. Er schaute
Wie schwach seine Schar war.
Friedensschwüren freuten ihn
   Zu seinem Schaden.
Denn der Vernichter des Goldes
Hat den schwächern Gegner
Schmählich betrogen."

Nachdem sie einander Frieden gelobt hatten, fuhr Thorgeir zu seinem Schiffe und ließ alles, was seine Genossen besaßen, an Bord bringen und nicht allzunah vom Lande Anker werfen.



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Alle seine Leute waren auf dem Schiffe, denn er traute Thorgrim und Thorarin nicht ganz, obwohl sie Frieden gelobt hatten.

Männer kamen vam Lande zu Thorgrims Leuten und berichteten, wie Gaut, Sleitas Sohn, im Lavahafen erschlagen worden war, denn Thorgeir hatte ihnen nichts von diesem Totschläge gesagt. Und als Thorarin dies erzählen hörte, nahm er Thorgrim beiseite und sprach: "Ich würde nicht Frieden gelobt haben, falls ich vom Tode Gauts, meines Vetters, gewußt hätte. Jetzt will ich wissen welchen Beistand ich von dir erwarten kann, wenn ich Gaut räche."Thorgrim antwortete: "Ich werde dich nicht im Stiche lassen, aber ein schwer zu Besiegender scheint mir Thorgeir zu sein."Thorarin sagte:"Wir werden an irgendeinem Tage Kleider, Linnen und andere schöne Dinge ans Land tragen und zum Trocknen ausbreiten. Es ist möglich, daß einige von Thorgeirs Leuten hingehen, um sie zu beschauen. Dann werden wir erst diese töten und damit ihre Schar vermindern." Thorgrim sagte: "versuchen magst du es." Thorgrim und Thorarin hatten die Absicht, zusammen nach Grönland zu fahren und besaßen Schiff und Ladung gemeinsam.

Eines Tages, als das Wetter schön war, trugen Thorarin und seine Genossen Kleider, Linnen und andere schöne Dinge ans Land und breiteten sie zum Trocknen aus. 'Am selben Tage fuhren Kalf und Steinolf mit zehn Männern in einem Boote ans Land, um Wasser zu haten. Als sie die Waren ausgebreitet sahen, liefen drei von ihnen hin, um sie zu beschauen. Als sie dahin kamen, wurden sie getötet. Darauf fielen Thorarin und Thorgrim mit ihren Leuten über Kalf und seine Begleiter her, und nahmen sie gefangen und legten sie in Fesseln. Aber jene Saiten drei Männer bei der Wasserstelle getötet.

Helgi Seehundshode gab einem von Thorarins Leuten den tödlichen Streich und lief dann fort. Er wurde verfolgt, aber entkam. Er lief über die Berge, Tage und Nächte, und hielt nicht an, bis er die Thingebene erreichte. Er berichtete Thorgils und Jllugi, was im Lavahafen geschehen war, als er fortlief.



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17. Thorgeir wird in hartem Kampfe überwunden und getötet

Nach den Geschehnissen, die wir jetzt berichtet haben, nahm Thorgrim mit seinen Leuten das Boot, mit dem Kalf und seine Leute ans Land gekommen waren, und fuhren zu ihrem Schiffe, Thorgeir war mit acht Männern an Bord. Niemand von ihnen wußte, was am Lande vorgefallen war, denn zwischen der Wasserstelle und dem Schiffe lagen Hügel.

Thorgeir wurde erst aufmerksam, als Thorarins Leute in voller Rüstung mit dem Handelsschiffe und zwei Booten herankamen. Thorgeir und seine Genossen griffen zu den Waffen und verteidigten sich tapfer. Thorgrims Leute brachten ihr Schiff Seite an Seite mit dem Thorgeirs. Ein harter Kampf begann. Bald waren jene oben auf Thorgeirs Schiff. Kein langes Weilen gab es zwischen den gewaltigen Hieben. Thorgeir schlug die ganze seit mit der Art, die erin beiden Händen hielt. Lange blieb er unverletzt, denn es gelüstete keinem nach der Nachtruhe unter seiner Art, und doch erhielten sie viele. Thorgeirs Leute fielen bald. Da sprang er nach dem Steven zurück, denn dort konnte er sich am besten als einzelner Mann gegen die Übermacht verteidigen, wie Thormod in seinem Liede sagt:

"Stark war der Steurer
Des Schiffes. Vierzig
Krieger mußt er bekämpfen.
  Rühmend redet man
Über den Herrscher des Goldes.
Auf seinem Heer schiff fiel
Er in starkem Streite.
viele wurden verletzt.
Gelehrt hat der große
Sieger, seiner Sippe zu
Helfen, doch hart war
Seine Gefolgschaft,
vernehmt, daß zum vorbild
  Thorgeir nur taugt


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Mir sagten das Männer des Nordens voll Mut."

Alle bewunderten ihn, wie tapfer er sich verteidigte, und alle waren einer Meinung über seinen Mut. Es dünkte sie, daß sie niemals seinesgleichen gesehen hätten.

Thorgeir hieb hart und oft mit großer Kraft und furchtlosem Sinn. Sein Mut war ibm Schild und Brunne. Niemand hatte je solch eine verteidigung gesehen. Der Allmächtige hatte ein so kühnes und furchtloses Herz in Thorgeirs Brust gelegt. Und seine Tatkraft war weder von Menschen gezeugt noch ihm in die Brust gelegt, sondern vom höchsten Schöpfer. Und weil Thorgrim und seine Genossen es für gefährlicher hielten, Thorgeir anzugreifen, als ihre Frauen zu liebkosen, so griffen sie ihn nur zögernd an, und er kam ihnen teuer zu stehen. Denn wie Thormod in seinem Liede sagt, erschlug Thorgeir dreizehn Männer, bevor er fiel.

Zwei, die er erschlug, sind in Thorgeirs Totenliede erwähnt. War hieß der Norweger, der Thorgeir die erste Wunde beibrachte . Er verletzte ihn am Arme. Thorgeir empfing noch eine weite Wunde von ihm, bevor er ihn tötete. Dann ist ein zweiter Norweger genannt, Thorir, der Thorgeir mit dem Speere durchbohrte. Aber Thorgeir ging auf ihn zu und erschlug ihn, wie Thormod in seinem Liede sagt:

"Noch hab ich vernommen:
Nicht an Mut mangelte
Es dem Krieger, stritt er
In der Schlacht. Es fällte
Der beredte Thorgeir
War und Thorir. Kurz war
Friede zwischen ihnen.
Dies hab' ich erfahren.
Dreizehn Männer fällte der
Schwinger des Schwertes,
Dann erst fiel er selbst.
Nicht zur Flucht gelüstete


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Es den starken Schiier. Nie bericht ich mehr von des Tapfern Taten, Anderes beginn ich."

Jetzt war Thorir gefallen. Obgleich sein Speer mitten in Thorgeirs Brust stak, hielt dieser sich aufrecht. Thorarin und Thorgrim waren in der Nähe und fielen über ihn her. Sie fällten ihn, daß er sein Leben ließ.

Thorarin schlug Thorgeir den Kopf ab und nahm ihn mit sich fort. Einige Leute sagen, daß er ihn hiv zum Herzen spaltete und sehen wollte, wie dieses aussähe, da Thorgeir ein so mutiger Mann gewesen war. Aber man sagt, daß Thorgeirs Herz ganz klein gewesen sei. Einige Leute glauben, daß das Herz eines Mutigen kleiner sei, als dav eines Feiglings, denn in einem kleinen Herzen ist weniger Blut als in einem großen, und wenn man sich fürchtet, kommt das vom vielen Blute im Herzen.


18. Thormod bei König Olaf. Von Kalf und Steinolf und deren Genossen

Nach diesem Kampfe haben Thorgrim und Thorarin ihre Gemeinschaft auf, denn Thorarin meinte einen großen Sieg gewonnen zu haben. Er erwartete große Ehren hier im Lande. Thorgrim bekam das Schiff, Thorarin dagegen Geld und Waren.

Thorgrim fuhr nach Grönland und hatte eine gute Fahrt.

Thorarin verschaffte sich Pferde und Gefolgschaft und ritt südwärts aus dem Lavahafen mit zwölf Männern. Er hatte Thorgeirs Kopf in einem Lederbeutel zum Zeugnis seines Sieges am Sattel hängen. Wenn sie rasteten, vergnügten sie sich damit; den Kopf aus dem Beutel zu nehmen, auf einen Erdhaufen zu setzen und ihren Spott mit ihm zu treiben.

Als sie nach dem Inselfjorde kamen, rasteten sie nahe von Schuppen. Sie nahmen Thorgeirs Kapf heraus und setzten ihn auf einen Erdhaufen, wie sie zu tun pflegten. Da sah der Kopf so grausig aus: Augen und Mund waren offen, und die



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Zunge hing heraus, daß sie vor Schrecken bedien. Da gruben sie mit ihren Arten neben dem Kopfe ein Loch, warfen den Kopf hinein und deckten ihn mit Grassoden zu.

Die Leute der Weißfuchsebene gingen auf Thorgeirs Schiff und brachten die Leichen aufs Land und begruben alle Leichen, die sich auf dem Schiffe oder am Lande fanden. Sie hatten keine Lust, die Leichen zu einer Kirche zu bringen, denn in jener Zeit fand sich keine in der Nähe. Kalf und Steinolf wurden nach dem Kampfe aus den Fesseln gelöst und halfen den andern beim Begraben der Leichen. Sie bewachten die Waren, die sich auf dem Schiffe befanden, bis Jllugi aufs Schiff kam. Obgleich das Christentum in jener Zeit noch jung hier im Lande war, war es doch nicht Sitte, sich das Gut Erschlagener anzueignen.

Im selben Sommer fuhr Jllugi nordwärts von der Weißfuchsebene fort.

Eyolf aus dem Qlafstale und sein Pflegebruder Thorgeir Übermaß fuhren von Grimsachmünde aus nach Norwegen. Dieses Schiff kam zur Insel, die Lafon heißt.

Thormod Schwarzbrauenskald war lange über Thorgeirs Tod sehr betrübt. Im selben Sommer segelte er von Flachwasser nach Norwegen. Er suchte König Olaf den Heiligen auf, begrüßte ihn, und der König erwiderte freundlich seinen Gruß und Sagte, wer er wäre. Thormod antwortete: "Ich bin ein Isländer und heiße Thormod. Bersi heißt mein Vater." Der König fragte: "Bist du vielleicht der Thormod, den man Schwärbrauenstald nennt und der Schwurbruder von Thorgeir, Havars Sohn:" Ja," sagte Thormod" ,der bin ich." Der König sagte: "Seinetwegen sollst du es gut bei uns haben, und sei willkommen . Du sollst wissen, daß mich der Totschlag, der an Thorgeir, meinem Hofmanne, verübt wurde, gekränkt hat; und daß ich dem Manne danken werde, der ihn rächt." Da sagte Thormod das Lied.

"Mutig seien Leute,
Welche lange leben
Mit dir sollen. Massvoll
Ist dein Wort, mein König,


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Meine Sippe zeigte wenig Mut an Höfen Sonst so tadels eic Männer. Andres taugt für uns."

So wurde Thormod König Olafs Hofmann.

Der König sprach: "Deine Skaldenkunst muß viel Freude bereiten ."

Im Sommer kam ein Schiff von Grönland nach Norwegen. Ein Mann steuerte es, der Skuf hieß. Er war aus grönländischem Geschlechte, weitgereist, klug und beliebt. Er war mit dem Könige befreundet und stand in seinem Dienste. Skuf blieb den Winter über an König Olafs Hofe. Im selben Winter befanden sich in Norwegen: Jllugi, Aris Sohn, Steinolf und Kalf, Eyolf und Thorgeir Übermaß.

Im Frühling darauf, einen Winter nach dem Tode Thorgeirs, Havars Sohn, klagten Thorgils, Aris Sohn, und sein Sohn Ari Thorarin und seine Genossen wegen der Tötung Thorgeirs an. Sie betrieben eifrig die Sache. Auf dem Thinge wurde ein Vergleich geschlossen und Thorgils bestimmte, daß zwei Hundert in Silber zu zahlen wären und davon erhielt Gudmund der Reiche 1 Hundert nach Thorgils' Bestimmung.

Im selben Sommer wurde Thorarin bei einem Treffen im Inselfjorde erschlagen.

Im selben Sommer fuhren Kalf und Steinolf nach Island Sie landeten bei Flachwasser am Bardisstrande und fuhren nach Hause nach Garpstal.

Eyolf und Thorgeir Übermaß kauften in Norwegen ein Schiff und fuhren nach Island, sobald es gerüstet war. Sie wurden lange herumgetrieben und kamen spät im Herbste in den Borgfjord. Als sie dort waren, wurden sie über den Landungsplatz uneins. Eyolf wollte im Stromfjorde anlegen, denn dorthin wehte der Wind, aber Thorgeir Übermaß wollte das Schiff treiben lassen und sehen, ob der Wind sie am Gletscher vorbeibrächte und dann bei Dögurdarnes anlegen. Da 

1 Gudmund der Reiche naar einer der mächtigsten Häuptlinge im Inselfjorde. Thorgils gab ihm die Hälfte des Bußgeldes, damit Gudmund Thorarin ermorden liesse.



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gingen alle zum Mast und zählten, ob mehr von der Mannschaft für das Landen oder für das Weiter segeln wären. Weil den Leuten die lange Meerfahrt leid war, so waren mehr fürs Landen. Die Pflegebruder waren so zornig aufeinander, daß sie zu den Waffen griffen, aber andere traten dazwischen, so daß diesmal nichts geschah.

Sie legten im Stromfjorde an und sobald das Schiff am Lande festgemacht war, verschaffte sich Thorgeir Übermaß ein Pferd und ritt westwärts nach Garpstal. Dort wohnte er bei den Brüdern Steinolf und Kalf.

Eyolf blieb beim Schiffe, bis er alles geordnet hatte. Dann ging er nach Olafstal zu seiner Mutter und blieb den Winter über bei ihr.


19. Thorgeir Übermaß und Eyolf töten einander

Die weise Frau, von der früher berichtet worden ist, wurde von einer Seuche ergriffen und lag lange krank. Sie starb in der Nacht nach Palmsonntag. Ihre Leiche wurde auf einem Schiffe zur Kirche nach Reykjaholar gebracht, denn keine Kirche lag Olafstal näher als diese. Eyolf und seine Knechte brachten sie zur Kirche.

Als die Leiche beigesetzt war, wurde das Wetter schlecht. Es gab Schneesturm und Frost. Der Fjord fror so weit hinaus zu, daß man mit dem Schiffe nicht nach Hause nach Olafstal kommen konnte. Da sagte Thorgils zu Eyolf: "Ich halte es für das beste, daß du hier bleibst, bis die Osterwoche vorüber ist. Ich werde dir Leute mit aufs Schiff geben, sobald man des Eises wegen wieder fahren kann. Wenn es aber nicht möglich ist, mit dem Schiffe zu fahren, werde ich dir ein Pferd zum Reiten leiben. Falls es notwendig ist, können deine Knechte ja vorher nach Hause gehen."

Eyolf antwortete: "Dein Angebot nehme ich an."

Eyolfs Knechte gingen am Kroksfjorde entlang nach Hause. Er selbst blieb auf Reykjaholar bis tief in die Osterwoche hinein. Am fünften Tage der Osterwoche sagte Eyolf zu Thorgils, daß er nach Hause wolle. Thorgils antwortete, er müßte selbst



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darüber bestimmen. Thorgils ließ ein beschlagenes Pferd ihn fertig machen und bot ihm einen Mann als Begleiter an, falls er eines solchen bedürfe. Er antwortete, er wolle allein reiten.

Jetzt ritt er ven Rauch spitz am Berasfjorde und am Kroksfjorde entlang. Als er sich ein kurzes Stück vom Garpstal entfernt hatte, standen Kalf und Steinolf an einem Hause und sprachen miteinander, und plötzlich sahen sie Männer über die Wiese gehen. Sie glaubten sie zu erkennen und zusehen, daß Thogeir geir, Havars Sohn und die neun Männer dort gingen, die auf dem Schiffe mit Thorgeir gefallen waren. Sie waren alle blutbedeckt und gingen auf der Wiese am Gehöfte vorbei. Als sie an den Bach kamen, der an Häusern vorbeiläuft, verschwanden sie plötzlich. Den Brüdern wurde es bei diesem Anblick unheimlich zumute. Sie gingen in die Stube.

Önund hieß der Kuhhirt in Garpstal. Er kam aus dem Viehstalle und sah, daß ein Mann auf einem überaus schönen Pferde von der Ebene her angeritten kam. Am Gürtel hatte er ein Schwert, trug einen Speer in der Hand und einen Helm auf dem Kopfe. Als er sich dem Gehöfte näherte, erkannte Önund, daß es Eyolf war. Önund ging in die Stube. dort waren nur wenige Leute: Thorgeir Übermaß und einige Frauen. Önund sagte: "Jetzt reitet Eyolf am Gehöfte vorbei."

Als Thorgeir Übermaß das hörte, lief er hinaus und nahm einen Speer in die Hand. Jetzt war Eyolf am Gehöfte vorbeigekommen, aber Thorgeir lief ihm nach. Jener ritt seines Weges und sah nicht den Mann hinter sich herlaufen. Er kam an den angeschwollenen Fluß Garpstalsach. Eyolf mußte sich eine Furt suchen. Thorgeir rief ihm zu, er solle auf ihn warten, wenn er es wage. Eyolf hörte den Ruf wandte sich um und sah Thorgeir ihm nachlaufen. Er sprang vom Pferde und lief ihm entgegen. Als sie aufeinander trafen, durchbohrten sie einander und fielen gleicher Zeit. So ging das in Erfüllung, was die Seherin gesagt hatte,

Die Brüder Kalf und Steinolf waren in die Stube gegangen, ab das Grauen von ihnen gewichen war. "Wo ist Thorgeir:" Sagten sie. Ihnen wurde geantwortet, daß er hinausgegangen



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sei und einen Speer genommen habe, als Önund das Kommen Eyolfs meldete. Die Brüder eilten zum Flusse. Da lagen die beiden und lebten noch. Die Brüder setzten sich zu ihnen und warteten, bis jene tot waren und brachten dann die Leichen zur Kirche.


20. Thormod und Gest fahren mit Skuf nach Grönland

Als Thormod Schwarzbrauenskald einen Winter bei König Olaf gewesen war, rüstete Skuf ein Schiff, um nach Grönland zu fahren. Thormod ging zum Könige und sagte: "Ich wollte, König, daß Ihr mir erlaubt, in diesem Sommer mit Skuf nach Grönland ;u fahren." Der König sagte:"Was für ein Geschäft haft du in Grönland: Willst du deinen Schwurbruder Thorgeir rächen" Thormod antwortete: "Ich weiß nicht, was das Schicksal hierüber beschlossen hat." Der König sagte: "Ich will dir die Fahrt nicht verbieten, denn ich glaube zu wissen, was du willst." Damn schloß ihr Gespräch. Thormod bekam von Skuf die Erlaubnis, mit ihm zu fahren. Als sie alles gerüstet hatten, gingen sie zum Könige und dankten ihm die Freundschaft, die er ihnen erwiesen hatte. Der König wünschte ihnen eine glückliche Fahrt. Als sie schieden, gab er Thormod einen Goldring und ein Schwert.

Dann gingen Thormod und Skuf an Bord. Als sie dort waren, kam ein Mann auf die Schiffsbrücke. Er war hochgewachsen, schulterbreit und dick und trug einen breiten Hut, daß man sein Gesicht nicht sehen konnte. Dieser Mann grüßte Skuf. Skuf nahm den Gruß entgegen und Sagte ihn nach dem Namen. Jener sagte, er hieße Gest. Skuf fragte: "Wo ist deine Sippe:" Gest antwortete: "Weit verstreut ist meine Sippe. Aber das ist mein Geschäft hier, daß ich dich fragen will, ob du mich in diesem Sommer nach Grönland bringen willst." Skuf sagte: "Unbekannt bist du mir, und ich werde meine Mannschaft Sagen, was ihnen rätlich zu sein scheint, dich mitzunehmen oder nicht."Gest sagte:"Ich dachte, daß der Steuermann dem Schiffe vorstände und nicht die Mannschaft. Ihr könnt sicher sein, daß ich die Arbeit tun werde, die mir zukommt, daß deine Mannschaft



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nicht für mich zu arbeiten braucht." Damit schloß ihr Gespräch, daß Skuf versprach, Gest mitzunehmen.

Gest ging zur Stadt hinauf und kam nach einer kleinen Weile mit einer großen Bürde zurück, die so schwer war, daß zwei Männer sie kaum hätten tragen können.

Gest wählte sich einen Platz hinter der Last. Er kümmerte sich wenig um die andern und mischte sich nicht in ihre Angelegenheiten.

Skuf stach in See. Sie bekamen hohen Wellengang und rauhes Wetter. Je größer die Schwierigkeiten waren, desto tüchtiger zeigte sich Gest. Manchem der Männer schien es, daß er die Kraft von zwei Männern habe. Aber er und Thormod kamen immer in Streit, sobald sie etwas gemeinsam zu tun hatten.

Da geschah es eines Tages, daß Thormod und Gest zusammen Wasser schöpften. Damals hatte man Schöpfkellen auf den Schiffen, aber keine Pumpen. Thormod stand unten im Kielraume und füllte die Kellen, Gest nahm sie auf Deck in Empfang und goß sie über Bord aus. Thormod war nicht stark und reichte die Kellen oft nicht hoch genug. Gest sagte ihm, er solle sie höher hinaufreichen. Thormod antwortete nichts, aber tat wie vorher. Als er es am wenigsten erwartete, ließ Gest eine gefüllte Kelle auf Thormod fallen. Dieser wurde gan; naß, lief aus dem Kielraume und griff nach seinen Waffen. Gest griff nach den seinen. Sie wollten miteinander kämpfen. Skuf sagte: " Es ziemt sich nicht, daß Leute auf einem Kauffahrteischiffe auf offenem Meer uneins werden, denn es führt zu vielem Ungemach. Selten wird ein Schiff glückliche Fahrt haben, wenn sich die Männer an Bord streiten. Deshalb will ich euch beide bitten, einander Frieden zu geloben, solange ihr auf dem Meere seid." Das taten sie.

Das Schiff wurde lange umhergetrieben, und sie hatten starken Sturm. Dabei zerbrach ihnen eine Rahe, und das Segel fiel über Bord. Sie zogen es wieder herein, und dabei leistete Gest die beste Hilfe,

Skuf wußte, daß die Leute, die er von Grönland mitgebracht hatte, nur wenig handfertig waren. Er hatte aber gesehen, daß



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Thormod und Gest geschickt in Holzarbeiten waren. Skuf fragte deshalb Thormod: "Willst du die Rahe zusammenfügen:" Thormod antwortete: "Ich bin nicht handfertig. Bitt Gest, die Rahe instandzusetzen. Er ist so stark; daß er die Enden zusammendrücken kann."

Skuf ging zu Gest und bat ihn, die Rabe zusammenzufügen. Gest antwortete: "Ich bin nicht handfertig. Bitt Thormod es zu tun. Er ist so redegewandt, daß er die Rabeenden zusammenreimen wird. Da wir aber in Not sind, will ich das eine Ende zurechtmachen, falls Thormod das andere zurechtmacht."

Dann nahm jeder seine Art und begann an seinem Ende zu arbeiten. Ab und zu sah Gest über seine Schulter zu Thormod. Wie er mit seinem Ende fertig war, setzte er sich auf die Last. Thormod brauchte bei seinem Stück etwas mehr Zeit.

Als auch erinit der Arbeit fertig war, fügte er die Enden aneinander und sie paßien vollständig zusammen. Gest setzte die Rahe wieder instand. Dann hißten sie das Segel und fuhren weiter. Spät im Herbste kamen sie nach Grönland und landeten im Erichsfjorde. Damals war Leifs Sohn Thorkel dort Häuptling. war mächtig und beliebt und ein guter Freund König Olafs des Heiligen.

Sobald sie angelegt hatten, kam Thorkel aufs Schiff und kaufte von den Steuerleuten und der Besatzung alles, was er brauchte. Skuf ließ Thorkel wissen, daß ein Hofmann König Olafs an Bord sei, der Thormod hieß. Er sagte, daß der König Thormod zu ihm geschickt hätte, um ihm mit Rat und Tat beizustehen, wenn er dessen bedürfte. Deshalb wurde Thormod Gast in Steilhang. Skuf besaß ein Gehöft auf Stokkanes, auf der andern Seite vom Erichsfjorde gegenüber Steilhang.

Bei Skuf wohnte ein Mann, der Bjarni hieß. Er war klug und beliebt; tüchtig und geschickt in vielen Dingen. Skuf und er hatten sich zusammen geschlagen, und Bjarni verwaltete das Gehöft, wenn Skuf auf Reisen war. Es ging ihnen gut in ihrer Gemeinschaft. Gest nahm Aufenthalt am Erichsfjorde im Gehöfte Bucht. Dort wohnte ein Mann, der Thorgrim hieß.



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21. Von Lodin, Sigrid und Thormod

Thorgrim Trölli, Einars Sohn 1 wohnte auf Längenspitz im Einarsfjorde. Er war Gode, ein großer Häuptling, reich und hatte großen Anhang. Er war ein gewaltiger Mann. Bei ihm wohnte seine Schwester Thordis. Sie war das Weib eines Mannes gewesen, der Hamund hieß. Ihre vier Söhne wohnten bei Thorgrim. Sie hießen Bödvar, Falgeir, Thorkel und Thord. Sie waren alle tüchtige und mutige Männer. Eine zweite Schwester von Thorgrim hieß Thorun. Sie wohnte im Einarsfjorde, auf dem Gehöfte Längenspitz. Sie hatte einen Sohn, der Ljot hieß. Er war ein hochgewachsener Mann. Alle Männer aus Thorgrims Sippe waren gewalttätig und unbillig. Sigrid hieß eine Frau, die das Gehöfte Hamar bewohnte. Es war gui und ertragreich. Sigurd hieß ihr Sohn, der bei ihr lebte. Er war ein tüchtiger Mann, beliebt und friedlich und bestand nicht immer auf seinem Rechte. Lodin hieß ein Knecht auf Steilhang. Er war ein guter Arbeiter. Er teilte sein Lager mit einer Frau, die Sigrid hieß. Diese war angehalten, für Thormod zu sorgen. Ein vorratshaus war in Steilhang, das nicht mit den andern Häusern verbunden war. Hier schliefen Thorkel und seine Gäste. In jeder Nacht brannte hier Licht, die Leute schliefen aber auf dem Gehöfte selbst.

Jetzt meinte Lodin, daß Sigrid an den Abenden lange im Vorratsbause verweilte und ihn vernachlässigte. Ihm kam in den Sinn, was über leichtfertige Frauen gesagt worden ist: "

Auf rollendem Rad 2
Schuf man ihr Herz;
Wankelmut wohnt drin."

Er sagte Sigrid, er wolle nicht, daß sie abends so lange im vorratshause bliebe. Sie antwortete ihm darauf wie es ihr die Laune eingab.

Da geschah es eines Abends, als Thorkel und Thormod zum vorratshause gehen wollten und Sigrid mit ihnen, daß Lodin sie an sich riß und festhielt. Sie versuchte sich von ihm loszu 1 

Thorgrim Trölli, Einars Sohn, hatte zusammen mit Tyorarin, wie vorher berichtet worden ist, Thormods Schwurbruder Thorgeir erschlagen.
 
2 Ein alter Spruch, den auch die Eddalieder kennen.



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machen. Als Thormod dieses sah, faßte er Sigrid an den Händen und wollte sie Lodin entreissen, aber das gelang ihm nicht gleich. Thorkel sah ihr Streiten und sprach zu Lodin: "Laß Sigrid ihrer Wege gehen. Kein Schatten liegt auf ihrem abendlichen verweilen im vorratshause. Ich werde darüber wachen, daß ihre und deine Ehre dort nicht gekränkt wird, aber sonst mußt du selbst über sie wachen."


22. Thormod erschlägt Lodin

Als es auf Weihnachten zuging, ließ Thorkel Bier brauen, denn er wollte ein Weihnachtsgelage veranstalten und damit berühmt werden. Gelage waren selten in Grönland. Dazu lud Thorkel seine Freunde ein, und viele Leute kamen. Skuf von Stokkanes und Bjarni waren auch dabei. von ihnen hatte Thorkel Hausrat, Trinkschalen und Decken für die Weihnachtstage entliehen. Die Männer hielten ihr Gelage mit großer Freude und Luft.

Als Weihnachten vorüber war, schickte man sich zur Abreise an. Lodin gab den Leuten ihre Kleider, Schwerter und Handschuhe zurück, die er in Verwahrung gehabt hatte. Er brachte auch das Boot von Skuf und Bjarni ins Wasser. Die Knechte brachten Trinkschalen und Decken herbei. Lodin trug Wams und Hosen aus Seehundsfell.

In der Stube waren Thormod und Bjarni allein. Thormod lag auf dem Rande der Bank. Da trat Lodin mit drei Begleitern herein, ergriff Thormod bei den Beinen, sog ihn von der Bank herunter und über den Estrich. Da sprang Bjarni auf faßte Lodin um den Leib, hob ihn in die Höhe und warf ihn hari hin. Er schalt die andern, die Thormod zogen, und gebot ihnen, ihn loszulassen. Jene gehorchten. Thormod stand auf und sagte zu Bjarni: "Uns Isländer erregt solches nicht sonderlich, denn wir sind daran von unserm Hautziehn 1 gewöhnt." Dann gingen alle hinaus, als ob nichts vorgefallen wäre.

Als Skuf alles zur Abfahrt bereitet hatte, begleiteten ihn Thorkel und seine Genossen zum Boote. Sie hatten eine Fähre. Eine 

1 Ein Spiel, wo zwei an den Enden einer Sant ziehn, um zu sehen, wer der Stärkere ist.



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Brücke führte von der Fähre ans Land. Bjarni stand am Strande und wartete auf Skuf, der mit Thorkel plauderte. Lodin hatte den Schiffsleuten ihre Kleider zurückgegeben und stand jetzt bei der Fähre. Thormod war in seiner Nähe. Wie man es am wenigsten erwartete, zog Thormod eine Art unter seinem Mantel hervor und hieb Lodin auf den Kopf, daß Lodin tot zur Erde fiel. Thorkel hörte den Lärm und schaute sich um. Er sah, daß Lodin gefallen war und gebot seinen Leuten, Thormod zu töten, aber sie zögerten. Da sagte Bjarni, daß Thormod aufs Schiff hinausgehen solle. Das tat Thormod. Bjarni und Skuf folgten ibm.

Als sie auf dem Schiffe waren, zogen sie die Brücke ein. Thorkel feuerte seine Leute zum Angriffe an und wollte mit Skuf und Bjarni kämpfen, wenn sie nicht Thormod herausgaben. Da sagte Skuf: "Übereilt handeltest du, Bauer Thorkel, wenn du Thormod töten wolltest, der dein Gast ist und der Hofmann und Skalde König Olafs. Er wird dir teuer zu stehen kommen , wenn König Olaf erfährt, daß du ihn hast töten lassen, besonders, da er euch zu Hilfe gesandt ist; falls ihr dessen bedürftet . Es zeigt sich jetzt wie oft, daß der Zorn verblendet. Wir bieten dir Geldbuße für den Totschlag, den Thormod verübt bat und die Schande, die dir dadurch zugefügt wurde."

Durch diese Rede von Skuf ließ Thorkel sich besänftigen, um so mehr, als viele für den Vergleich eintraten. Schließlich überließ Skuf Thorkel die Höhe der Buße für den Tod Lodins zu bestimmen. Thormod wohnte von nun an auf Stokkanes.


23. Thormod erschlägt Thorgrim. Seine Großtaten in seiner Friedlosigkeit

Egil hieß ein Knecht bei Skuf. Er war hochgewachsen und stark, häßlich anzusehen, plump und unverständig. Er führte den Spottnamen: Narrenegil.

Jetzt war Thormod lange verstimmt, und als Bjarni und Skuf ihn Sagten, ob sie sein Gemüt nicht erheitern könnten, antwortete er "Ich wollte, ihr gäbt mir einen Gefolgsmann, der mich überallhin begleiten soll." Sie antworteten, es solle geschehen und baten ihn, sich unter ihren Knechten den auszuwählen,



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den erhaben wollte. Thormod sagte: "Narrenegil — er ist groß und stark —ihn wähle ich. Er wird nicht zu klug sein, um alles zu tun, was man von ihm verlangt." Jene antworteten , er solle seinen Willen haben, aber sie wunderten sich, daß er Egil wählte.

Bjarni schmiedete eine breite Art für Thormod nach dessen Anweisung. Das ganze Blatt war bis zur Schneide ohne besondere Stahleinlage aus einem Stück gehämmert. Die Waffe sah sehr scharf aus.

Im Sommer darauf gingen die Leute zum Thinge nach Gardar im Einarsfjorde. Die Männer aus dem Erichsfjorde hatten ihre Zelte so aufgeschlagen, 1 daß zwischen ihnen und denen aus dem Einarsfjorde ein Hügel stand.

Als die meisten schon ihre Zelte aufgeschlagen hatten, fehlte noch Thorgrim. Aber bald wurde sein Herannahen bemerkt. Er hatte ein prächtiges Schiff und eine ausgesuchte und gut gerüstete Gefolgschaft. So groß war sein Übermut, daß die Leute kaum mit ihm zu sprechen wagten.

Das Jagdgerät hatten die Grönländer immer auf dem Schiffe. Als Thorgrim am Lande angelegt hatte, gingen Leute an den Strand, um die prächtigen Kleider und Waffen zu betrachten. Thormod war auch dort und hob eine Harpune auf, die am Lande lag. Ein Gefolgsmann von Thorgrim nahm sie ihm fort und sagte: "Fort von der Harpune, Mann l In deinen Händen wird sie unbrauchbar sein, denn ich meine, du wirst dich wenig auf den Gebrauch von Harpunen verstehen." Thormod antwortete: "Ungewiß scheint es mir zu sein, ob du sie besser zu brauchen verstehst als ich." "Kein Zweifel kann darüber sein," erwiderte jener. Da sagte Thormod dieses Lied:

"Der Baldur der Brünnen
Rühmt sich die Harpune
Härter für den Fang —
Als ich kann —zu brauchen.
In der Schildburg erste Reihe
  Stellte mich der König, 
1 Die wände dieser Thingzelte waren aus festem Material errichtet. Wenn die Zelte in Gebrauch genommen wurden, wurden sie überdacht.


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Reich beschenkt er uns, Er besitzt das Gold."

Dann ging er zu Thorgrims Zelt, das gerade mit großer Sorgfalt aufgeschlagen und aufs beste eingerichtet wurde.

Da geschah es an einem Tage, als das Wetter schön war; daß alle Leute aus dem Zelte von Skuf und Bjarni fortgegangen waren. Nur Thormod lag noch da und schlief. Er hatte über sich einen Mantel gebreitet, der an beiden Seiten behaart war, auf der einen Seite war er schwarz, aber weiß auf der andern. Dieser Mantel gehörte ihm.

Als er eine Weile geschlafen hatte, erwachte er und sah, daß alle Leute fortgegangen waren. Er wunderte sich darüber, denn als er einschlief, waren viele im Zelte gewesen. In diesem Augenblicke kam Egil in das Zelt gelaufen und sagte: "Zu fern von einem großen vergnügen hältst du dich." Thormod Sagte: "Wo kommst du her, und mit welchen Spielen vergnügt man sich jetzt:" Egil antwortete: "Ich war im Zelte von Thorgrim, dem Sohne Einars. Dort sind jetzt die meisten Thingleute versammelt." Thormod fragte: "Womit vergnügt man sich :" Egil antwortete: "Thorgrim erzählt eine Saga." Thormod fragte: "von wem handelt die Saga, die er erzählt:" Egil antwortete: "Ich weiß nicht genau, von wem die Saga handelt. Aber dies weis ich, daß Thorgrim schön und unterhaltend erzählt. Er sitzt auf einem Stuhle vor dem Zelte, und die Leute sitzen um ihn herum und hören ihm zu." Thormod sagte: "Du solltest doch irgendeinen Mann aus der Saga nennen können, besonders da du die Saga so unterhaltend findest." Egil erwiderte: "von irgendeinem großen Helden Thorgeir war die Rede in der Saga. Dann glaube ich, daß Thorgrim selbst darin vorkam, und daß er sich als einen großen Helden gezeigt hat, wie es ja auch von ihm zu erwarten war. Ich wollte, du gingest hin und hörtest zu." "Es soll geschehen," sagte Thormod und stand auf. Er legte sich den Mantel um mit der schwärzen Seite nach außen, nahm seine Art in die Hand und setzte sich einen Hut auf den Kopf. Dann ging er zu Thorgrims Zelt, und Egil begleitete ihn. Sie nahmen an der Zeltwand Platz und



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lauschten, konnten aber nicht recht verstehen, was erzählt wurde.

Das Wetter war bis dahin klar gewesen und die Sonne hatte immer geschienen. Aber gerade als Thormod sum Zelte gekommen war, begann die Luft sich zu verdichten. Thormod sah abwechselnd auf den Himmel und vor sich auf die Erde. Egil Sagte: "Wonach schaust du aus :" Er antwortete: "Himmel und Erde sehen aus, als ob es bald einen schrecklichen Donnerschlag geben würde." Egil fragte: "Wann pflegt das einzutreten:" Thormod antwortete: "Immer vor großen Ereignissen. Wenn du ihn jetzt hörst, so schütz dich so gut es geht und lauf in unser Zelt so schnell du kannst. Verbirg dich dort."

Als sie noch zusammen sprachen, kam ein großer Regenschauer und starkes Unwetter. Die Leute liefen fort, ein jeder nach seinem Zelt, denn niemand hatte sich für einen Regenguß vorgesehen . Viele liefen in Thorgrims Zelt hinein und in der Tür entstand ein großes Gedränge. Thorgrim blieb auf seinem Stuhle sitzen und wartete, bis es mehr Raum in der Zelttür gäbe. Jetzt sagte Thormod zu Egil "Bleib hier. Ich werde zum Zelte gehen und nachsehen, was dort vorgeht. Wenn du aber einen Schlag hörst, so lauf so schnell du kannst in unser Zelt." Dann ging Thormod dorthin wo Thorgrim saß. Er sagte: "Was für eine Saga hast du vorhin erzählt:" Thorgrim antwortete: "Das kann man nicht in wenigen Worten sagen. Aber von großen Dingen handelt sie. Doch wie ist dein Name?"Thormod sagte: ,Traumir nicht' beiß ich." "Wessen Sohn bist du :" ",Gefahr' heißt mein Vater."

Jetzt wollte Thorgrim sich von seinem Stuhle erheben, aber Thormod hieb ihn in den Kopf und spaltete ihn bis auf die Schultern. Dann verbarg er die Art unter seinem Mantel und stützte Thorgrim unter den Armen und rief: "Kommt her! Thorgrim ist erschlagen worden." Da kamen viele herzu und sahen das Geschehene. Sie fragten Thormod, ob er wüßte, wer Thorgrim erschlagen hätte. Er antwortete: "Eben habe ich ihn noch gesehen, aber ich sprang herzu, um Thorgrim zu stützen, als er den Hieb empfing, und so sah ich nicht, wohin der Mörder lief. Jetzt sollten einige von euch Thorgrim



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stützen, die andern aber den Mörder verfolgen." Da griffen einige Thorgrim unter die Arme. Thormod aber ging an den Strand und um eine Landzuge herum. Dort legte er seinen Mantel so um, daß die weiße Seite sichtbar war.

Als Egil den Schlag gehört hatte, den Thormod gegen Thorgrim führte, lief er nach seinem Zelte. Skufs Leute sahen ihn laufen und glaubten, er wäre Thorgrinis Mörder. Egil fürchtete sich sehr, als er sich durch Bewaffnete verfolgt sah. Als sie ihn ergriffen, zitterte jedes Glied von ihm vor Angst. Jene sahen aber, daß es Egil war und glaubten zu wissen, daß er nicht der Mörder Thorgrims sein könne. Da verließ ihn die Angst wie die Hitze das Eisen.

Dann durchsuchten jene alle Zelte, aber fanden niemand. Sie gingen an den Strand und um die Landzunge herum. Dort trafen sie einen Mann in weisem Mantel und fragten ihn nach seinem Namen. Ernannte sich ,Kampflust'. Sie Sagten, wohin er ginge. Er anwortete: Ich suche den Mann, der Thorgrim erschlagen hat." Sie trennten sich dann und ein jeder ging so schnell, daß sie bald weit voneinander entfernt waren. Skuf und Bjarni hatten inzwischen Thormod vermißt. Es schien ihnen nicht unwahrscheinlich zu sein, daß er der Täter wäre, denn Skuf hatte in Norwegen die Worte des Königs über die Rache für Thorgeir dem Sohne Havars gehört.

Als sich die Männer etwas beruhigt hatten, nahmen sich Skuf und Bjarni ein Boot, legten einige Lebensmittel hinein und ruderten dann um die Halbinsel herum, denn es war gesagt worden, man hätte dort einen Mann in weißem Mantel gesehen , der sich ,Kampflust' nannte.

Als sie um die Landzunge herumgekommen waren, bemerkten sie Thormod. Sie ruderten ans Land und riefen ihm zu, er solle ins Boot kommen. Er tai es. Sie fragten ihn, ob er Thorgrim erschlagen habe. Er antwortete, er hätte es getan. Sie Sagten ihn, wie alles vor sich gegangen sei und wie groß die Wunde sei, die er Thorgrim zugefügt hatte. Thormod antwortete mit diesem Liede:

"Den zum Tod geweihten
Traf der Tritt des Mannes,


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Dem die Rechte lahm ist. Aller Ruhm verließe Mich den Skalden, hätt ich Schwächlich in den schwarzen Kopf ibn nur getroffen. Doch er ist gestorben."

Dann sagte er: "Es ist möglich, daß ich nicht sehr stark zugeschlagen habe, denn ein linkshändiger Mann schlug. Aber ich schlug nur einmal zu, denn ich dachte, es würde genügen." Skuf antwortete:"Glücklich bist du, daß jene dich nicht erkannt haben, als du Thorgrims Haupt stütztest oder als sie dich bei der Landzunge trafen" . Da sagte Thormod das Lied:

"Leicht bin ich zu kennen,
An der Sprache wie am Haar.
  viele Zeichen trag ich.
Nicht war es bestimmt,
Dieses Mal zu sterben
Für den Krieger, der den
Kampf der Schwerter kennt.
Jener sank zur Erde."

Leicht zu erkennen bin ich", wiederholte Thormod",schwarzes lockiges Haar habe ich und stottere. Aber es war mir nicht bestimmt, jetzt zu sterben. Es ist möglich, daß ich nicht umsonst entkommen bin, und daß sich noch manche aus Thorgrims Sippe vor mir ins Gras legen werden." Bjarni antwortete: Laß es jetzt mit der Rache für Thorgeir gut sein. Du hast deine Pflicht getan." Da sagte Thormod dieses Lied:

"Nicht mit vielen stritt ich
Um die Rächung Thorgeirs.
Gab dem Raben rohen
Fraß der Wölfe.
Einen schlug ich, mögen
Andre Freunde Thorgeirs
Stärkre Rache üben
Mein Schwert hat geklungen."

"Mir scheint," sagte Bjarni, "daß du nichts weiter als Rache für Thorgeir zu tun brauchst. Eine große, große Tat hast



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du, ein Ausländer, allein vollbracht, da du den zweitgrößten Häuptling von ganz Grönland gefällt hast, und nicht weißt, ob du entschüpfen kannst, denn Thorgrim hat viele mächtige Freunde und eine eifrige Gefolgschaft."

Sie brachten jetzt Thormod in den Erichsfjord und begleiteten ihn in eine Höhle, die jetzt Thormodshöhle heißt. Sie liegt wischen den Klippen auf der andern Seite von Stokkanes. Über und unter der Höhle sind steile Abhänge, und der Zugang ist schwierig. Skuf und Bjarni sagten zu Thormod: "Halte dich jetzt in der Höhle verborgen. Wir werden wieder zu dir kommen, sobald das Thing vorbei ist." Dann gingen sie fort und kehrten zum Thinge zurück.

Dort wurde Thormod vermißt. Jetzt verstanden die Leute, daß er Thorgrim erschlagen haben müßte. Bödvar und Falgeir verklagten ihn, und er wurde dieses Totschlags wegen für friedlos erklärt.

Skuf und Bjarni besuchten ibn und brachten ihm Lebens- mittel und anderes, dessen er bedurfte. Sie berichteten ihm das Urteil. Sie sagten, er solle in der Höhle bleiben. Er wurde nirgends Frieden haben, wenn die Leute wüßten, wo er wäre. Sie sagten auch, sie würden zuweilen zu ihm kommen. vor dem Eingang der Höhle war ein Grasfleck so tief unten, daß nur die geschicktesten Männer von dem Abhange auf ihn springen konnten.

Thormod langweilte sich in der Höhle, denn es gab dort nur wenig, um sich die seit zu vertreiben,

Eines Tages, als das Wetter schön war, ging er fort. Er kletterte an den Klippen hinauf. Seine Art hatte er bei sich. Als er sich ein kleines Stück Wegs von der Höhle entfernt hatte, begegnete er einem Manne. Dieser war hochgewachsen, sah aber dumm und häßlich aus. Er hatte einen Mantel an, der aus vielen Flicken zusammengenäht und gefaltet wie ein Labmagen war, einen Hut trug er von ähnlicher Ari, und alles war voll von Läusen. Thormod fragte ihn, wie er hieße. Er antwortete: "Ich heiße Oddi." Thormod Sagte: "Was bist du, odde Er antwortete: " Ein Unfreier und ein Bettler bin ich und man nennt mich Lause-Oddi. Faul bin ich und nicht ver



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logen, vieles weiß ich und lebe von den Gaben guter Leute. Wie heißt du aber:" Thormod antwortete: "Ich heiße Torrad." Oddi Sagte: "Was bist du, Torrad:" Er antwortete: "Ich bin ein Kaufmann. Willst du mir nicht etwas verkaufen: Oddi antwortete: "Ich habe wenig zu verkaufen. Was willst du denn von mir kaufen:" "Ich will deinen Mantel kaufen," Oddi erwiderte: "Du brauchst mich nicht zu verspotten." Thormod antwortete: "Das ist kein Spott. Ich will dir meinen Mantel geben. wenn du mir den deinen gibst und eine Botschaft von mir nach Stokkanes bringst. Du sollst Skuf und Bjarni sagen, daß du einem Mann begegnet bist, der sich Torrad nannte, und der mit dir den Mantel tauschte. Ich verlange sonst nichts von dir. Mein Mantel soll dir gehören, sobald du diese Botschaft überbracht hast." Oddi sagte: "Es ist nicht leicht, über den Fjord zu kommen. Dazu brauche ich ein Boot. Aber wenn ich will, kann ich wohl heute abend noch Stokkanes sein." Dann tauschten sie ihre Mäntel. Oddi empfing Thormods schwarzen Mantel und gab ihm seinen dafür.

Thormod begab sich jetzt nach dem Einarsfjorde; wo er einen Schafhirten von Thordis auf Längenspitz traf. Er fragte, ob Thordis' Söhne zu Hause wären. Der Schafhirt antwortete: "Bödvar ist nicht zu Hause. Seine Brüder waren letzte Nacht hier, aber jetzt sind sie zum Fischfang fortgerudert. Thormod antwortete: "Das mag wohl sein." Damit trennten sich Thormod und der Schafhirt und dieser dachte, er hätte mit Laufe Oddi gesprochen,

Thormod ging in Thordis Bootshaus und versteckte sich dort. Als der Abend herankam, sah Thormod, daß die Brüder ans Land ruderten. vorn ruderte Thorkel, in der Mitte Thord und Falgeir im Schöppraum,

Sobald das Schiff den Strand berührte, stand Thorkel auf und ging um Steven, um das Schiff anzulegen. Da trat Thormod aus dem Bootshaus. Jene aber glaubten, es wäre Lause-Oddi. Thormod näherte sich Thorkel und hieb ihm mit beiden Händen auf den Kopf, daß die Hirnschale sprang und er tot umfiel. Thormod lief dann fort und warf den Mantel ab. Thord und Falgeir verfolgten ihn, aber Thormod lief mit



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aller Kraft, erreichte die Klippen über der Höhle und sprang auf den Grasfleck hinunter. Thord sprang ihm nach, sank aber in die Knie und beugte sich dabei vor. Da schlug ibm Thormod zwischen die Schultern mit solcher Kraft; daß die Art bis zum Schafte eindrang. Bevor er aber die Ari wieder aus der Wunde ziehen konnte, sprang Falgeir auf den Grassieck hinunter und hieb nach ihm. Der Schlag traf ibn zwischen die Schultern und verursachte eine tiefe Wunde. Weil er waffenlos war, lief er Falgeir unter die Arme, aber er merkte daß er diesem unterlegen war. Es schien ihm, daß es schlimm um ihn stände, da er waffenlos und schwer verwundet war. Er wandte seine Gedanken König Olaf zu und setzte seine Hoffnung auf dessen Glück. Im selben Augenblicke entglitt Falgeirs Art dessen Hand und fiel über die Klippen ins Meer. Thormod faßte gleich neuen Mut, da sie jetzt beide waffenlos waren. Dann stürzten sie beide über die Klippen ins Meer. Sie versuchten ihre Schwimmkünste und tunkten einander wechselweise. Thormod fühlte, daß die tiefe Wunde und der Blutverlust ihn geschwächt hatten, aber weil es ihm nicht bestimmt war, damals zu sterben, platzte das Band an Falgnrs Hose. Thormod sog ihm die Hose herunter. Jetzt konnte Falgeir sich nur schwer über Wasser halten. Einmal übers andere wurde er untergetunkt und schluckte viel Wasser. Sein Gesicht und sein Steiß tauchten auf, und bei seinem Tode erschien sein Gesicht. Mund und Augen waren aufgerissen und glichen denen eines lächelnden Mannes.

Thormod war jetzt sehr müde. Er schwamm zu einer Schäre, kletterte hinauf und legte sich hin. Er erwartete nichts anderes, als daß er dort sein Leben lassen würde, denn er war erschöpft und schwer verwundet, und das Land war weit.

Jetzt ist von Laufe-oddi zu berichten, daß er seiner Verabredung mit Thormod gemäß zu Skuf und Bjarni ging und ihnen sagte, daß er einem Manne begegnet sei, der sich Torrad nannte und mit ihm den Mantel tauschte und ihm gebot nach Stokkanes zu Bjarni und Skuf zu gehen und ihnen von ihrem Zusammentreffen und Kleidertausche zu berichten. Sie erkannten den Mantel und glaubten zu wissen, daß Thormod Lause-Ooddi zu



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ihnen geschickt habe, weil er irgendeine Großtat im Sinne hatte.

Sie nahmen sich am Abende heimlich ein Boot und ruderten in der Nacht über den Fjord. Als sie sich der Höhle näherten, sahen sie etwas Lebendiges auf einer Schäre und fragten sich, ob es ein Seehund wäre oder etwas anderes. Sie ruderten zur Schäre hin, stiegen hinauf und sahen einen Mann dort liegen. Sie erkannten Thormod und fragten ihn, was vorgefallen sei. Er erzählte; was in der Nacht geschehen war.

Skuf sagte:"Du bist nicht umsonst von dem Gardarihinge entkommen, wenn du an einem Abend drei so tapfere Männer aus vornehmem Geschlechte erschlagen hast." Thormod antwortete: "Nur das eine dachte ich, bevor ihr kamt: daß ich hier auf der Schäre mein Leben lassen müßte. Aber jetzt scheint es mir nicht mehr unmöglich zu sein, daß ich wieder gesund werde. Ich denke auch nicht, daß ich um sonst gerettet worden bin." Sie fragten ihn nach seinem Streite mit Falgeir und dessen Brüdern. Thormod antwortete mit dem Liede: "

Als der törichte Mann
Schimpflichem Tode erlag,
Ruhte ich auf dem Meere.
Lächelnd streckt er die Beine.
Den feigen Träger des Schwertes
Hasen die Götter. Der Fant
Glotzte mich an und verzog
Grinsend im Tod sein Gesicht."

Skuf und Bjarni trugen Thormod auf einer Decke in ihr Boot denn er war nicht imstande zu gehen. Dann holten sie aus der Höhle seine Kleider und Lebensmittel, denn sie meinten, er könne dort nicht länger sein und ruderten nach dem Erichsfjorde.

Gamli hieß ein Mann, der am Ende des Erichsfjordes, dicht unter den Gletschern, wohnte. Er war ein armer Mann, der seine eigenen Wege ging, und ein großer Jäger. Bei ihm wohnte nur noch sein Weib, das Grima hieß. Sie war in vielen Dingen tüchtig, heftig, eine gute Ärztin und verstand auch etwas von Zauberei. Sie kamen selten zu andern Leuten, und selten kamen Leute zu ihnen.



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Skuf und Bjarni legten ihr Boot in der Nähe von Gamlis Gehöft an. Skuf ging zu den Häusern, aber Bjarni blieb bei Thormod.

Grima empfing Skuf freundlich und fragte ihn, womit sie ihm behilflich sein könne. Skuf sagte: "Einen wunden Mann haben wir bei uns, und ich wollte, daß ihr ihn in Pflege nähme." Grima Sagte: "Wer ist der Mann:" Skuf antwortete: "Thormod der Skalde und Hofmann König Olafs ist schwer verletzt." "Wer hat ihn verletzt" Sagte Grima. Skuf erzählte ihr das vorgefallene. "Großes ist geschehe- und viele Schwierigkeiten hat er sich zugezogen. Gefährlich ist es, sich eines Mannes anzunehmen, der auf Betreiben von Thorgrims Sippe für friedlos erklärt worden ist; zumal er noch so große Taten in seiner Friedlosigkeit vollbracht hat." Skuf erwiderte: "Ich werde die gesetzliche Geldbuße für ihn bezahlen, falls man dich seinetwegen zur Verantwortung ziehen will. Der Ausgaben wegen, die er dir verursachen wird, brauchst du auch keine Sorge zu haben."

Damit schloß ihr Gespräch. Grima nahm Thormod bei sich auf. Er wurde zum Hause hinaufgetragen, Grima wusch und verband seine Wunde, und gleich fühlte er sich besser. Skuf und Bjarni kehrten nach Stokkanes zurück.

Allen Leuten schienen das große Ereignisse zu sein.

Es dauerte aber lange, bis die ganze Wahrheit bekannt war, denn als Falgeirs Leichnam gefunden wurde, hatten viele geglaubt , daß auch Thormod dort ertrunken wäre.

Thormods Wunde war schwer zu behandeln, und er mußte zwölf Monate liegen. Im Winter nach diesen Ereignissen konnte er zwischen Küche und Stube gehen, aber seine Wunde war noch nicht geheilt.

Im Frühling darauf geschah es, daß Thordis auf Längenspitz in einer Nacht unruhig schlief. Die Leute meinten, es wäre am besten, sie zu wecken. Ihr Sohn Bödvar aber sagte: "Laßt meine Mutter ihrer Träume genießen, denn vielleicht wird ihr etwas offenbart, was sie zu wissen begehrt."

Sie wurde nicht geweckt. Aber als sie aufwachte, holte sie schwer Atem. Ihr Sohn Bödvar Sagte Du schliefst so unruhig, Mut



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ier, hast du etwas im Traume gesehen" Thordis antwortete: "Weit fort bin ich heute nacht gewesen und Dinge habe ich erfahren , die mir vorher unbekannt gewesen sind." Bödvar fragte: "Was sind das für Dinge:" Thordis antwortete: "Thormod, der Mörder meiner Söhne und deiner Brüder, lebt und wohnt bei Gamli und Grima am Ende des Erichsfjordes. Ich will jetzt zu ihnen geben und Thormod mit schmachvollem Tode für den Schaden lohnen, den er uns zugefügt hat. Wir werden jetzt nach Steilhang aufbrechen und Thorkel bitten, uns zu begleiten. Er würde es übel aufnehmen, wenn Gamli und Grima Schaden zugefügt würde, da er seine Hand über sie hält." Bödvar antwortete, er wäre bereit, sofort zu gehen.

In der Nacht standen sie auf und nahmen eine Schute, die ihnen gehörte, bestiegen sie mit dreizehn Männern und ruderten nach dem Erichsjorde.

In derselben Nacht, wo Thordis sich mit ihren Genossen auf den Weg machte, lag Grima, wie berichtet wird, unruhig im Schlafe. Thormod sagte zu Gamli, er solle sie wecken. Gamli antwortete: "Grima liebt nicht geweckt zu werden, denn oft werden ihr im Schlaf Dinge offenbart, die sie betreffen." Damit schloß ihr Gespräch, und bald wachte Grima auf. Gamli Sagte sie: "Unruhig hast du geschlafen, Grima. Was hat sich dir offenbart:" Grirna antwortete: "Dieses hat sich mir offenbart, , daß Thordis von Längenspitz sich mit dreizehn Knechten auf den Weg gemacht hat und zu uns kommen will, denn sie hat durch ihre Zauberkunst erfahren, daß Thormod hier bei uns lebt. Sie will ihn töten. Jetzt bitte ich dich, daß du heute zu Hause bleibst und nicht auf die Jagd gehst, denn ihr seid ja nicht zu viele, wenn fünfzehn gegen euch zwei kommen, besonders erb, da Thormod nicht kampffähig ist. Aber doch möchte ich euch nicht auf die Gletscher schicken. Bleibt lieber zu Hause." In der Nacht war Thordis nach Steilhang gekommen. Thorkel empfing sie freundlich und fragte, ob sie seiner bedürfte. Thordis antwortete:"Dieses liegt vor: ich habe im Sinne, deine Thingleute Gamli und Grima aufzusuchen, denn ich halte es für sicher, daß der durch uns für friedlos erklärte Thormod bei ihnen ist, obgleich viele glauben, daß er ertrunken sei. Ich wollte, daß



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du mit uns gingest und uns hilfst, unser Recht bei Gamli und Grima durch zu setzen, Du wirst am besten verstehen, was zwischen uns vorliegt, wenn du unsere Gespräche hörst."Thorkel antwortete: "Unglaubhaft scheint mir zu sein, daß Grima den friedlosen Thormod beherberge. Ich werde dich aber begleiten , wenn du es wünschst

Dann aßen Thordis und ihre Begleiter dort ihr Morgenbrot, aber Thorkel sammelte seine Männer; denn er traute Thordis und Bödvar nicht, im Falle, daß sie sich nicht gütlich mit Gamli und Grima einigten.

acts die Männer satt waren, bestieg Thorkel mit zwanzig Begleitern ein Schiff Sobald alles gerüstet war, fuhren sie ab.

Gamlis Weib, Grima, hatte einen Stuhl, auf dessen Rücklehne ein großes Bildnis von Thor ausgeschnitten war.

Am Morgen sagte sie: "Jetzt will ich alles bestimmen, wie es heute vor sich gehen soll: meinen Stuhl werde ich mitten in die Stube stellen. Ich will, daß du, Thormod, auf dem Stuhle sitzest; wenn die Leute kommen, und nicht solange Thordis auf dem Gehöfte ist. Wenn es dir auch scheinen wird, daß Seltsames geschieht oder Unfrieden dich bedroht, so darfst du doch nicht aufstehen, denn wenn der Tod du bestimmt ist, nützi es dir nichts, dich in die Sinket zu verkriechen. Gamli soll einen Kessel über das Feuer setzen und Seehundfleisch dann kochen und Kehricht auf das Feuer werfen, damit das Haus sich mit Rauch fülle. Ich aber werde in der Tür sitzen und spinnen und die Fremden empfangen."

Beide taten, wie Grima sagte: sobald man die Schiffe von Thorkel und Thordis sah, setzte sich Thormod auf den Stuhl, Gamli hängte den Kessel über das Feuer und warf Kehricht auf das Feuer. Da füllte dichter Rauch das ganze Haus, und es wurde so dunkel, daß man nichts mehr sehen konnte. Grima saß auf der Schwelle. Sie spann und sang dazu etwas, was niemand verstehen konnte.

Die Schiffe legten an. Thorkel ging mit seinen Genossen zum Gehöfte hinauf. Grima begrüßte ihn freundlich und bat ihn, bei ihr zu verweilen. Thorkel antwortete: "Thordis von Längenspitz



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ist mit uns. Sie glaubt, daß der friedlose Thormod bei dir ist. Wir verlangen, daß du ihn freigibst, wenn du weißt, wo er ist, denn es wird deine Kräfte übersteigen, einen Friedlosen gegen Thordis und ihren Sohn Bödvar zu beschützen." Grima antwortete: "Seltsam scheint mir Thordis' Meinung zu sein, daß ich einen Friedlosen vor so mächtigen Leuten, wie denen in Längenspitz verbergen könnte, da ich hier allein mit meinem Gatten lebe." "Gewiß ist das seltsam, aber doch wollen wir dein Haus durchsuchen." Grima sagte: "Das könntet tun, auch wenn ihr nicht so viel Leute bei euch hättet. Ich freue mich immer, wenn du in mein Haus kommst. Aber wenig würde es mir gefallen, wenn die Leute aus dem Einarsfjorde durch mein Besitz eilen und alles zerschlagen." Thorkel antwortete: "Thordis und ich allein werden hinein kommen und das Haus durchsuchen."

Das taten die beiden. Sie gingen hinein, um alles zu durchsuchen. Das war kein langer Aufenthalt, denn das Haus war sehr klein, und als sie die Tür zur Stube öffneten, war alles voll Rauch, so daß sie nichts sehen konnten. Überall war Rauch, und sie blieben kürzere Zeit drin, als sie getan hätten, wenn es keinen Rauch gegeben hätte. Sie verließen das Haus und durchsuchten den Hof.

Dann sagte Thordis: "Ich habe des Rauches wegen nicht alles in der Stube sehen können. Wir müssen in die Stube zurückgehen und die Fenster 1 öffnen, daß er hinausziehen kann und dann genau sehen, was in der Stube ist."

Jetzt traten Bödvar und Thordis wieder in die Stube und öffneten die Fenster. Da zog der Rauch hinaus, und sie konnten alles in der Stube sehen. Sie konnten Grimas Stuhl sehen, der in der Mitte der Stube stand, sie sahen Thor mit seinem Hammer an der Rücklehne des Stuhles ausgeschnitten, aber Thormod sahen sie nicht. So gingen sie wieder zur Tür,

Jetzt sagte Thordis: "Bei Grima ist noch etwas Heidentum zurückgeblieben, da Thors Bild auf der Rücklehne ihres Stuhles ausgeschnitten ist." Grima antwortete: "Ich komme selten in die Kirche, um gelehrter Männer Rede zu hören, denn 

l Rahmen, die mit Pergament überzogen waren.



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ich muß weit gehen, und wir sind nur wenige hier auf dem Gehöfte. Wenn ich Thors Bild sehe, das aus Holz gemacht ist, und das ich zerbrechen und verbrennen kann, wann ich will, muß ich oft daran denken, wieviel größer der sein muß, der Himmel und Erde geschaffen hat und alle sichtbaren und unsichtbaren Dinge und allen Dingen Leben gegeben hat, und den niemand überwinden kann." Thordis antwortete: "Es mag sein, daß du solches denken mußt, aber das weiß ich: wäre nicht Thorkel mit seinem großen Gefolge hier, würde ich dich zwingen, die Wahrheit zu sagen, denn ich bin überzeugt, daß du weißt; wo Thormod ist." Grima erwiderte: "Jetzt kommt es, wie das Wort sagt: ,oft irrt, wer vermutet' und der wird geborgen, dem der Tod nicht bestimmt ist.' Aber du bedarfst des Schutzes der Heiligen, damit der Teufel dich nicht so sehr in seine Gewalt bekommt, wie du es selbst zu wünschen scheinst. Es ist zu entschuldigen, daß man zuweilen falsche vermutungen hegt, aber nicht zu entschuldigen ist, daß man die Wahrheit nicht glauben will, obgleich sie klar daliegt."

Mit diesem Gespräche schieden sie. Thorkel fuhr nach Steilhang und Thordis nach ihrem Gehöfte.

Skuf und Bjarni kamen heimlich zu Gamli und Grima und brachten ihnen, was sie brauchten und erstatteten ihnen reichlich die Kosten, die sie Thormods wegen gehabt hatten.


24. Thormods letzte Rachetaten auf Grönland. kehrt mit Skuf nach Norwegen zurück. Sein Tod nach der Schlacht von Stiklestatt

Atg Thormod wieder von der Wunde genesen war, die Falgeir ihm zugefügt hatte, brachten Skuf und Bjarni ihn nach Stokkanes und verbargen ibn dort in einem vorratshause. Dort lebte Thormod drei Winter.

Im dritten Winter verkauften Skuf und Bjarni ihr Gehöft auf Stokkanes, ihre Ländereien und alles Vieh, denn sie wollten von Grönland fortziehen.



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Beim Beginn des Frühlings rüsteten sie ihr Schiff und setzten es ins Wasser.

Jetzt gelüstete es Thormod aus dem Vorratshause herauszukommen . Er sagte, erhärte ein Geschäft an der Nordseite des Fjordes.

Er verschaffte sich ein Boot. und Narrenegil begleitete ihn. Egil ruderte und Thormod steuerte. Egil war ein guter Ruderer und auch ein tüchtiger Schwimmer. Das Wetter war klar und schön, fast windstill, und die Sonne schien.

Sie fuhren in den Einarsfjord herein, und Thormod wurde sehr unruhig, rückte von der einen Seite zur andern, daß ihr Boot hin und her schwankte. Egil Sagte: "Warum benimmst du dich so närrisch, ganz wie ein Toller: Willst du das Boot zum Kentern bringen:" Thormod antwortete: "Ich bin so unruhig." Egil sagte: "Ich kann nicht rudern, wenn du dich so aufführst. Du mußt dich beherrschen, wenn wir nicht kentern sollen."

Aber was Egil auch sagte, das Ende war, daß Thormod das Boot zum Kentern brachte. Thormod tauchte unter und schwamm große Strecken unter der Oberfläche, bis er das Land erreichte. Seine Art hatte er bei sich.

Egil kletterte auf das Boot und kam auf den Kiel. Dort ruhte er aus und sah sich nach Thormod um, konnte ihn aber nicht entdecken. Dann brachte erdas Boot in die richtige Lage, setzte sich an die Ruder, fuhr aus dem Fjorde heraus und nach Hause nach Stokkanes. Er erzählte Skuf und Bjarni von der Fahrt und fügte hinzu, er glaube, Thormod sei ertrunken. Jenen schien das Ereignis seltsam zu sein. Sie wollten nicht glauben, daß Thormod wirklich ertrunken sei.

Jetzt ist von Thormod zu berichten, was er sich vornahm, als er ans Land kam. Er rang zuerst seine Kleider aus. Dann begab er sich auf den Weg und ging, bis er nach Hamar zu Sigrid kam.

Es war spät abends. Er klopfte an die Tür. Eine Frau kam heraus, grüßte ihn und ging dann wieder in die Stube. Thormod folgte ihr und setzte sich auf die geringere Bank.

Sigrid nahm das Wort und sprach: "Wer kam :" Er antwortete:



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",Schonungslos' heiße ich." Sigrid sagte: "Jeder ist so, wie sein Name sagt. Willst du hier die Nacht über bleiben:" Er antwortete, daß er das wolle.

Am nächsten Morgen begann Sigrid mit ihm zu sprechen und Sagte, auf was für einer Fahrt er sei. Thormod antwortete: "Denk daran, daß ich mich gestern ,Schonungslos' nannte." Sie sagte: "Ich glaube dich zu erkennen, obgleich ich dich noch nie gesehen habe. Bist du nicht Thormod Schwarzbrauenskald: Er antwortete: "Es bat keinen Zweck dies zu leugnen , denn du hast richtig vermutet. Ich will nach Längenspitz zu Thorun, der Tochter Einars, gehen und ihren Sohn Ljot aufsuchen, Oft haben die beiden mir geschadet." Sigrid sagte: "Dann soll mein Sohn Sigurd dich begleiten. Lange haben Thorun und Ljot uns bedrückt." Thormod erwiderte: "Unratsam scheint es mir, daß Sigurd mich begleitet. Ihr werdet nicht hier wohnen bleiben können, wenn es zwischen Ljot und uns zum Kampfe kommt." "Gern will ich meine Wohnstätte hier aufgeben, wenn Ljot Schmach zugefügt werden kann," sagte Sigrid.

Dann gingen Sigurd und Thormod nach Längenspitz zu Thorin. Sie klopften an die Tür. Eine Frau kam heraus und begrüßte sie. Sigurd fragte, ob Ljot zu Hause wäre. Sie anwortete: " Er ist in der Stube." Sigurd sagte: "Bitt ihn, herauszukommen ."

Die Magd ging herein und sagte, daß Ljot herauskommen solle. Er Sagte: "Wer sagte das : "Sigurd von Hamar," antwortete jene, " und ein anderer Mann, den ich nicht kannte." "Wie sah der Mann aus, den du nicht kanntest:" Sie antwortete: "Schwarze Locken hatte er." Ljot sagte: "Dann gleicht er dem friedlosen Thormod,

Damit ging er hinaus. Alle Frauen, die dort waren, begleiteten ihn, Er nahm einen Speer in die Hand, trat in die Tür, erkannte Thormod und stieß sofort nach dessen Brust. Thormod wehrte den Stoß mit der Art ab und schlug den Speer hinunter. Da traf ihn die Spitze unter das Knie und gab ihm eine tiefe Wunde.

Ljot hatte sich beim Stoß vorgebeugt. Jetzt hieb ihm Sigurd



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zwischen die Schultern und verwundete ihn schwer. Ljot sprang in die Tür zurück, und die Frauen stellten sich vor ihn.

Da wandten sich Thormod und Sigurd um. Thormod sagte zu Sigurd, er solle nach Hause nach Hamar gehen —und berichte deiner Mutter das vorgefallene."

Damit schieden sie. Sigurd kehrte zu seiner Mutter zurück und erzählte ihr das vorgefallene. Sigrid sagte:"Das ist mein Rat, daß du zu Skuf gehst und ihn bittest, sich deiner anzunehmen. Sag ihm, daß ich mein Land verkaufen und mit ihm zusammen von Grönland fortfahren will." Dann ging Sigurd zu Skuf und richtete seine Botschaft aus.

Skuf nahm ihn bei sich auf, verkaufte Sigrids Land und brachte ihre Habe auf sein Schiff.

Thormod verband seine Wunde und ging zu einem Bootshause hinunter, das Thorun gehörte. Er sah, daß ein Boot fehlte und meinte, daß Thoruns Knechte damit hinausgerudert wären. Er ging dann an den Strand und bereitete sich ein Lager in einem Tanghaufen und blieb den Tag über dort liegen. Als der Abend herankam, hörte er Ruderschläge und sah, daß Thoruns Knechte ans Land kamen.

Jene sprachen: " Gutes Wetter wird es morgen geben, und wir werden wieder hinausrudern können. Wir brauchen unser Boot nicht hinaufzuziehn, sondern können es hier im Hafen lassen."

Das taten sie und gingen dann nach Hause. Bald war es ganz dunkel. Als sie fortgegangen waren, stand Thormod auf, ging zum Boote, löste die Stricke, setzte sich an die Ruder und ruderte auf den Fjord hinaus und auf das Gehöft Bucht zu.

In derselben Nacht lag Thordis auf Längenspitz unruhig im Schlafe. Als sie erwachte, sagte sie: "Wo ist Bödvar, mein Sohn:" Er antwortete: "Hier bin ich, Mutter. Was willst du?' "Ich will, daß wir auf den Fjord hinausrudern, denn dort ist eine gute Jagdbeute." Bödvar fragte: "Was für eine Jagdbeute ist das" Thordis antwortete: "Der friedlose Thormod ist in einem Boote auf dem Fjorde. Wir müssen hinausfahren und ihn suchen."

Thordis nahm fünf Knechte mit. Dann fuhren sie in der Nacht



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auf den Fjord hinaus. Thormod hörte die Ruderschläge. Er ahnte, daß Thordis mit ihren Knechten dort sei. Es schien ihm, daß es übel um ihn stände, wenn jene ihn fänden.

Eine kleine Insel war in seiner Nähe. Sie war flach, und die Hochflut ging über sie hin. Sonst ragte sie aber aus dem Wasser hervor. Da beschloß Thormod, das Boot zu kentern, und schwamm zur Insel. Sie war ganz mit Tang bedeckt. Thormod drückte sich zwischen zwei Steinen nieder und deckte sich mit Tang zu. Thordis sah in der Nacht etwas schwarzes auf dem Wasser. Sie ließ dorthin rudern und sah, daß es ein gekentertes Boot war und daß die Ruder in den Stroppen hingen. Ihre Knechte sagten: "Hier muß Thormod gegen einen Stein gestoßen sein. Es siebt zu vermuten, daß er ertrunken ist." Thordis sagte: "Thormod ist nicht hier ertrunken. vielleicht ist er unser gewahr worden und hat selbst das Boot zum Kentern gebracht, damit wir glauben sollen, daß er tot sei, Er mag auf die Insel geschwommen sein und sich dort verborgen haben. Jetzt müssenwir mit dem Boote an der Insel anlegen und sie absuchen. Ihr sollt sie mit den Speerspitzen mehr als einmal durchsuchen."

Die Knechte taten, wie sie befahl, fanden aber Thormod nicht. Da hielt er es für unwahrscheinlich, daß sie ihn finden würden

Thordis sprach " Eine Ahnung sagt mir, daß er hier auf der Insel ist, obgleich ihr ihn nicht finden könnt. Wenn Thormod mich jetzt hören kann, so antworte er mir, wenn er den Mut eines Mannes und nicht den einer Stute hat.

Thormod hörte ihre Sorte und wollte ihr antworten, aber er konnte nicht sprechen, denn es war ihm, als ob ibm einer 1 den Mund zuhielte

Darauf fuhr Thordis mit ihren Leuten fort. Sie nahmen auch das Boot mit sich, mit dem Thormod gekommen war. sie sich entfernt hatten, erhob sich Thormod aus seinem Tanghaufen. Er schwamm dorthin, wo ihm das Land am nächsten zu sein schien. Er erklomm die Schären, die sich unterwegs fanden, und ruhte sich auf ihnen aus. Als er nahe vom Lande 

1 wogt König Olaf der Heilige,



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war, kam er auf eine Schäre und war so müde, daß er nicht mehr weiter schwimmen konnte,

In derselben Nacht träumte der Bauer Grim auf Bucht, daß ein Mann zu ihm käme. Schön und vornehm war dieser, mittelhoch, untersetzt und breitschultrig. Er fragte Grim, ob er wache oder schlafe. Grim antwortete: "Ich wache. Aber wer bist du Der Traum mann sagte: "Ich bin König Olaf; der Sohn Haralds, und das ist mein Geschäft hier: ich will, daß du zu meinem Hofmanne und Skalden Thormod fährst und ihn von der nahen Schare birgst, auf der er liegt. Als Zeichen, daß die Offenbarung wahr ist, sage ich dir, daß der Ausländer, der sich bei dir aufhält und der sich Gest nennt, Steinar heißt und Helgu-Steinar genannt wird. Er ist ein Isländer und kam hierher nach Grönland, um Havars Sohn Thorgeir zu rächen. Aber obgleich Steinar mutig und tüchtig ist, wird er doch keinen Teil an der Rache Thorgeir haben, und er wird seine Tapferkeit an andern Orten zeigen."

Als König Olaf dies gesagt hatte, erwachte Grim. Er weckte Gest und bat ihn, aufzustehen. Dieser tat es, bewaffnete sich und ging mit Grim hinaus. Sie setzten sich nieder und Grim fragte: "Wie heißt du doch:" Gest antwortete: "Erinnere dich dessen, was ich sagte." Grim sagte: "Gewiß erinnere ich mich, wie du dich nanntest. Jetzt frage ich dich aber, ob du so heißt wie du dich nanntest." Gest antwortete: "Warum sollte ich das nicht?"Grim sagte:"Weil du Steinar heißt und Helgu-Steinar genannt wirst." Gest fragte: "Wer hat dir das gesagt:" Grim sagte: "König Olaf." Gest fragte: "Wann bist du mit König Olaf zusammengewesen Da antwortete Grim ihm und erzählte ihm seinen Traum. Gest sagte darauf; "Wahr ist der Traum in dem, was mich betrifft." Jetzt gingen Steinar und Grim fort, um Thormod zu suchen. Sie fanden ihn auf der Stelle, die König Olaf ihnen bezeichnet hatte, brachten ihn nach Bucht, pflegten ibn heimlich und heilten seine Wunde.

Als Thormod von der Wunde genesen war, die Ljot ihm zugefügt hatte, brachte Steinar ihn auf Skufs Schiff. Skuf war nicht dort, aber Steinar und Thormod blieben an Bord.

Skuf kam mit; als das Thing vorbei war.



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Bödvar, der Sohn Thordis setzte durch, daß Sigurd, der Sohn Sigrids wegen der Wunde, die er Ljot zugefügt hatte, für friedlos erklärt wurde-

Nach dem Thinge rüstete sich Skuf zur Abreise. An dem Morgen , wo Skuf fortsegeln wollte, verließen Thormod und Steinar ohne sein Wissen in einem Boote das Schiff. Sie ruderten in den Einarsfjord bis zu Thoruns Gehöft. Da sahen sie vier Männer in einem Boote fischen. Sie erkannten Ljot; den Sohn Thoruns unter ihnen. Sie griffen sofort an, und es kam zum Kampfe. Ihr Zusammentreffen endete damit, daß Ljot fiel und mit ihm die drei andern Männer. Darauf kehrten Thormod und Steinar zum Schiffe zurück und fanden Skuf segelfertig vor. Skuf, Bjarni und Thormod stachen jetzt in See, aber Steinar blieb zurück. Er ging nach Steilhang und blieb bei Thorkel.

Die andern bekamen günstigen Wind und hatten eine glückliche Reise nach Norwegen, Als sie landeten, teilten sie ihre Habe: Bjarni bekam das Schiff und Skuf die beweglichen Dinge. Bjarni ging südwärts nach Dänemark und dann nach Rom zu den heiligen Aposteln Petrus und Paulus. Auf dieser Reise starb er. Sigrid und ihr Sohn Sigurd kauften sich Land in Norwegen und lebten dort bis zu ihrem Tode.

Skuf und Thormod gingen zum Könige und blieben bei ihm bis zu ihrem Tode. Der König war anfänglich nicht sehr freundlich gegen Thormod, denn vorher war ein Isländer zum Könige gekommen, der sich Grim nannte und sagte, er hätte Thorgeir, den Sohn Havars, schon vor Thormod gerächt. Der König hatte ihn sehr geehrt und ihn beschenkt aber Thormod wußte von Grim, daß er ein schlechter Mensch war und einen Mann auf Island ermordet 1 hatte. So ging Thormod zum Könige und sagte das Lied:

"König, zu viel gabst du
Grim, man dichtet schlimme
    Lieder über ihn.
wir gabst du zu wenig,
Hündisch, würdig eines
1 
d. h. erschlagen hatte, ohne andern davon 3u berichten.


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Diebes war sein Werk. Doch ich wahrte tapfer Deinen Ruhm, wie meinen."

Der König Sagte: "Glaubst du, Thormod, größeres auf Grönland vollbracht zu haben, als Grim auf Island:" Thormod antwortete: "Gewiß." König Olaf Sagte: Was für Großtaten hast du dort ausgeführt:"

"Thorgrim Trölli schlug ich,
  Tot fiel er zur Erde.
Tatbereit hab ich getötet
Vorher Lodin. Thorkel
Ließ durch mich sein Leben.
Thord war dann der vierte.
   Falgeir fällte ich,
Ihren starken Führer."

König Olaf sagte: "Mehr Totschläge hast du auf Grönland vollbracht, als ein Fischer meint, er müsse Fische fangen. Denn dieser glaubt, er hätte seine Schuldigkeit getan, wenn er vier Fische gefangen hat, einen für sich, den zweiten für sein Boot, den dritten für den Haken, den vierten für seine Leine. Du hast mehr getan. Weshalb hast du so viele erschlagen:" Thormod antwortete: "Einen üblen Vergleich brauchten sie. Sie sagten, ich wäre unter Männern wie eine Stute unter Pferden." Der König sagte: "Ich verstehe; daß dir solche Rede mißfiel. Du hast sie ihnen aber auch gut vergolten." Thormod antwortete mit dem Liede: "

Grause Wunden schlug ich
Grönlands Männern. Großen
Schaden schuf ich denen,
Die mich friedlos machten.
Nie wird die Narbe sich schließen
Auf dem Rücken der Schmiede
Goldner Ringe, wenn unvergolten
  Meine Großtaten bleibt."

So wird es sein," sagte der König."Spät werden die Wunden sich schließen, die du ihnen schlugst."

Jetzt stand Thormod in hohem Ansehen beim Könige und



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zeigte sich als der tüchtigste Held in allen Mannesproben. Er begleitete den König auf dessen Auslandfahrten und kehrte auch mit ihm nach Norwegen zurück; denn er wollte lieber mit ihm sterben, als ihn überleben.

Als der König nach Drontheim in das Tal kam, das veratal heißt, und sich von den aufsässigen Einwohnern umgeben wußte, fragte er Thormod im Scherze: "Was würdest du tun, wenn du der Führer unserer Heerschar wärst: Thormod antwortete mit dem Liede:

"Hätt ich zu bestimmen,
Würde Hverbjörg brennen.
Mit den Waffen wehren
Will das Volk das Land,
Kalte Kohlen hätten
Drontheims Männer; König,
Statt der Bauernhütten.
Laß die Balken flammen."

Der König sagte: "Es ist möglich, daß es helfen würde; wenn wir deinem Rate folgten. Aber wir müssen auf anderes sinnen, als unser eigenes Land zu verbrennen. Ich zweifle aber nicht, daß du so handeln würdest, wie du sagst."

Am Tage der Schlacht von Stiklestatt bat der König Thormod , etwas zum Zeitvertreibe vorzutragen, und Thormod sagte das alte Lied von Bjarki. 1 Der König sprach Gut hast du das Gedicht gewählt, da wir heute kämpfen werden. Ich werde das Lied die ,Aufmunterung der Knechte' nennen."

Setzt wird berichtet, daß Thormod vor der Schlacht verstimmt war Der König merkte es und fragte: "Warum bist du so schweigsam, Thormod:" Er antwortete: "Herr, es scheint mir unsicher zu sein, ob wir heute abend an derselben Stelle Ruhe finden werden. Wenn du mir aber sagst; daß wir beide zusammen sein werden, bin ich wieder stob." König Olaf sagte: "Ich weiß nicht, ob ich darüber zu bestimmen haben werde. wenn es aber von mir abhängen sollte, wirst du heute abend 

1 Bjareamal - Ein Kampflied zweifelhaften Ursprungs aus dem .Jahr- hundert.



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dort sein, wo ich bin." Da wurde Thormod froh und sagte das Lied:
"Laßt den Schwertsturm sich nähern:
   Dunkle Nacht zieht herauf.
Mutig sein sollen die Männer,
Nicht in Zagheit versinken.
Lebend kommen wir fort
Oder decken das Schlachtfeld.
Doch der krächzende Rabe
Wird keinen Hunger leiden."

König Olaf sagte: "Es wird sein, Skalde, wie du sagst: die Männer, die hierher gekommen sind, werden entweder lebend fortziehen können, oder bleiben hier liegen." Da sagte Thormod das Lied:

"Wo die Männer sich sammeln,
Bist du mutig, o König.
Bei dir werde ich bleiben.
Andere Skalden verschwanden.
Wann glaubst du, kehren sie wieder,
Mächtiger Pfleger des Schildwurms?
     Ich aber bleibe bei dir,
Folg dir im Leben und Tode."

König Olaf antwortete: "Auf den Skalden Sighvat spielst du an, obgleich das unrecht ist, denn er würde hier sein, wenn er gewußt hätte, was bevorsteht. Es ist auch möglich, daß er uns von großem Nutzen sein kann." 1 Thormod erwiderte: "Es mag so sein. Aber ich meine, dünn würde die Mannschaft heute um die Fahne stehen, wenn viele wie er nach Rom gegangen wären."

Hoch rühmten die Männer, wie tapfer Thormod bei Stiklestatt kämpfte, wo König Olaf fiel. Er trug weder Schild noch Brünne, sondern schwang unentwegt die breite Art mit beiden Händen, und die Reihen der Fytkinger wichen vor ihm, denn niemand wollte die Nachtruhe unter seiner Art finden-

Jetzt wird berichtet, daß Thormod noch nicht verwundet war, 

l mit seinen Gebeten nämlich.



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als die Schlacht vorbei war. Das betrübte ihn sehr, und er sprach: "Jetzt denke ich, daß ich heute nacht nicht zusammen mit dem König ausruhen werde. Aber schwerer erscheint es mir zu leben, als zu sterben."

In diesem Augenblick kam ein Pfeil geflogen und traf ihn in die Brust, und Thormod wußte nicht; woher er kam. Da wurde er fiala, denn er glaubte zu wissen, daß er an dieser Wunde sterben würde. Er ging in einen Kornschuppen, in dem viele verwundete Kriegsmannen waren. Eine Frau wärmte Wasser in einem Kessel und wusch die Wunden der Männer damit. Thormod lehnte sich an eine Wand, und die Frau fragte ihn: "Bist du ein Krieger des Königs: Oder gehörst du zu den Bauern:" Thormod sagte das Lied: "

Sieh, an unsern Wunden
Weib, daß kampsfroh wir
König Olaf folgten.
Acht auf meinen Schild.
Keinen Frieden fand ich.
Kalt umblies den Skalden
Schneesturm. Fast getötet
Hätte mich der Feind."

Die Frau Sagte: "Warum läßt du deine Wunden nicht verbinden, wenn du verletzt bist:" Thormod antwortete: "Meine Wunden sind von der Art, daß sie keines verbandes bedürfen." Die Frau Sagte: "Welche Krieger gingen heute am tapfersten mit dem König vor?" Thormod antwortete:

"Mutig kämpfte Harald
An des Herrschers Seite.
In dem harten Schwertthing
Gingen Hring und Dag.
Unter roten Schilden
Standen tapfer diese
vier. Mit dunklem Bier
Tränkten sie die Raben."

Die Frau Sagte dann: "Wie verhielt sich der König in der Schlacht?" Thormod antwortete mit dem Liede:



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"Hoch schlug Olafs Herz.
Stolz bei Stiklestatt
Stand er, und die scharfen
Schwerter waren blutrot.
Mit dem Schild sich schirmen
  Sah ich alle Krieger
—Hart war ihre Prüfung —
Nur den Herrscher nicht."

In dem Schuppen waren viele schwerverwundete Männer. Aus den tiefen Wunden klangen laute Geräusche, wie es bei Hohlwunden der Fall ist.

Als jetzt Thormod das Lied gesagt hatte, kam ein Mann von den Bauern herein, hörte jene Geräusche, die von den verwundeten Männern ausgingen und sagte: " Es ist nicht sonderbar, daß es dem Könige schlecht in der Schlacht gegen die Bauern ging, da seine Krieger so weichlich sind. Mir scheint, daß die Männer, die hier sind, kaum ihre Schmerzen ertragen können ohne zu seufzen." Thormod fragte: "Dir scheint also, daß hier keine mannhaften Krieger sind:" Jener antwortete: "Gewiß scheint mir daß viele weichliche Männer hierhergekommen sind." Thormod sagte: " Es ist möglich, daß ein sehr weichlicher Mann hier unter der Schar ist. Meinst du nicht, daß meine Wunde schwer ist:"

Der Bauer ging zu Thormod, um dessen Wunde zu sehen, aber Thormod schwang seine Art und schlug ihm eine tiefe Wunde. Jener schrie und stöhnte laut. Da sagte Thormod "Ich wußte, daß hier ein weichlicher Mann unter der Schar ist. Es stimmt schlecht zusammen, daß du anderen Weichlichkeit vorwirfst und selbst so unmännlich bist. Hier sind viele schwerverwundete Männer und keiner von ihnen stöhnt. Denn dafür können sie nichts, daß Geräusche aus ihren Hohlwunden klingen. Aber du stöhnst und jammerst, obgleich du nur eine kleine Wunde empfangen hast."

Als Thormod dies sagte, lehnte er wieder an der Waus. Wie er geendet hatte, fragte ihn die Frau, die das Wasser wärmte: "Warum wirst du so bleich und weiß wie eine Leiche, und



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weshalb läßt du dir nicht die Wunden verbinden?" Thormod sagte das Lied "
Nicht bin ich rot, doch sage;
Schlankes Weib, ist dein Gatte
Rot noch Todgeweiht bin ich:
   Tief in der Wunde
Steckt mir das alte Eisen.
Edle! Dänische Waffen,
Die in der Schlacht mich trafen,
Schufen mir brennende Pein."

Als er dies gesagt hatte, starb er an der Wand lehnend und fiel tot zur Erde nieder. Harald, der Sohn Sigurds, vollendete das Lied, das Thormod gesagt hatte, indem erdas Wort ,Pein' hinzufügte: " — so hatte er schließen wollen: ,Schufen mir brennende Pein'."

So endete das Leben Thormod Schwarzbrauenflalds, und hier schließen wir den Bericht über das, was wir von Thormod, dem Kriegsmanne König Olafs des Heiligen, zu berichten hatten.



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Die Geschichte der Leute auf den Färöern



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1. Grim Kamban kommt zu den Färöern

Grim Kamban hieß der Mann, der sich als erster in den Tagen Harald Haarschöns auf den Färöern anfiedelte.

Damals entzogen sich viele dessen Gewaltherrschaft. Manche ließen sich auf den Färöern nieder, einige fuhren nach anderen unbewohnten Inseln. Aud die Tiefsinnige fuhr nach Island und kam auf der Fahrt zu den Färöern, wo sie Olof, die Tochter ihres Sohnes Thorsteins des Roten vermählte, und von ihr stammt das vornehmste Geschlecht der Färinger ab, das man Gatabewohner nennt, und das auf der Ostinsel wohnt,


2. Thrand fährt nach Dänemark

Thorbjörn hieß ein Mann, der auf Gata wohnte. Es liegt auf der Ostinsel in den Färöern. Gudrun hieß sein Weib. Sie hatten zwei Söhne: der ältere hieß Thorlak, und der jüngere Thrand. Sie waren vielversprechende Männer. Thorlak war groß und stark, und Thrand glich ihm darin während er heranwuchs , aber sonst waren die Brüder einander sehr unähnlich, Thrand war rothaarig, sommersprossig im Gesichte, mit harten Zügen. Thorbjörn war reich, aber alt, als diese Dinge vor sich gingen. Thorlak vermählte sich dort auf den Inseln, blieb aber zu Hause bei seinem Vater in Gata.

Bald darauf starb Thorbjörn von Gata und wurde nach altem Gebrauch aufgebahrt und hinausgetragen, denn damals waren die Färinger nach heidnisch.

Seine Söhne teilten das Erbe, und jeder von ihnen wollte das Gehöft in Gata als Wohnsitz haben, denn es war von größtem Wert. Sie losten darum, und das Gehöft fiel Thrand zu. Nach der Erbteilung bat Thorlak Thrand, ihm den Heimatsort gegen einen größeren Teil des geerbten Geldes zu überlassen, aber Thrand wollte das nicht. Thorlak ging da fort und nahm sich einen andern Wohnsitz dort auf den Inseln. Thrand verpachtete das Land von Gata an viele Männer und erhob sehr hohen Zins.

Im Sommer segelte er mit wenigen Handelswaren nach Norwegen und verbrachte den Winter auf einem Bauernhose. Immer schiener düster auszusehen. Damals herrschte Harald Graumantel



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über Norwegen. Im Sommer darauf fuhr Thrand mit großem Gefolge südwärts nach Dänemark und kam nach Helsingör. Dort hatten sich sehr viele Menschen eingefunden, und es wird gesagt, daß sich zur Markt zeit dort mehr Leute versammelten, als sonst je in den nordischen Ländern.

Damals herrschte König Harald Blauzahn, der Sohn Gorms, über Dänemark. König Harald war im Sommer in Helsingör und viele Männer waren bei ihm. Zwei Brüder; Hofleute des Königs, die auch bei ihm waren, werden genannt, der eine hieß Sigurd, der andere Harek. Sie gingen auf dem Handelsplätze umher und wollten sich den Goldring kaufen, der ihnen am besten gefiele und am größten sei. Sie kamen in eine Bude, die besonders schön eingerichtet war. Dort saß ein Mann, der sie freundlich empfing und fragte, was sie kaufen wollten. Sie antworteten, sie wollten einen großen und schönen Goldring kaufen, Er erwiderte, daß er eine gute Auswahl hätte. Sie Sagten ihn nach dem Namen. Er sagte, er hieße Holmgeir der Reiche. Er holte jetzt seine Schätze hervor und zeigte ihnen einen dicken Goldring. Das war ein großer Schatz, aber so teuer, daß sie nicht wußten, woher sie im Augenblick all das Silber nehmen sollten, das er verlangte, und sie baten ihn, ihnen bis morgen Frist zu lassen. Er ging darauf ein.

Als die verabredung getroffen war, gingen sie fort, und die Nacht verstrich. Am Morgen ging Sigurd vom Zelt fort, aber Harek blieb zurück. Bald darauf trat Sigurd von außen an die Zeltwand und sagte: "Harek, mein Bruder, gib mir schnell den Beutel, in dem das Silber ist, das wir zum Ankauf des Ringes bestimmt haben, denn jetzt ist der Handel abgemacht. Aber bleib du hier und bewache das Zelt." Harek reichte ihm das Silber durch den Zeltschlitz hinaus,


3. Thrands Rat

Etwas später kam Sigurd ins Zelt zu seinem Bruder und sagte: "Gib mir jetzt das Silber, der Handel ist abgeschlossen." Er antwortete:"Ich habe dir das Silber vor kurzer Zeit gegeben." "Nein," sagte Sigurd, "ich habe es nicht bekommen." Nun stritten sie sich darüber und trugen es dem Könige vor. Der



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König verstand, und ebenso andere Männer, daß das Geld gestohlen sei.

Jetzt verbot der König das Fortreisen, so daß kein Schiff fortsegeln durfte, bis der Dieb gefunden sei. Es dünkte viele ein großer Schaden zu sein, länger dableiben zu müssen, als der Markt anhielt.

Die Norweger versammelten sich zum Beraten. Thrand war auf ihrer versammlung und sprach so: "Die Männer sind hier sehr ratlos." Sie fragten ihn: "Kannst du einen Rat geben " "Gewiß," sagte er. "Laß uns deinen Ratschlag wissen!" sagten jene. "Nicht umsonst," sagte er. Sie fragten, wieviel er verlangte. Er antwortete: "Jeder von euch soll mir eine Unze Silber geben." Sie sagten, das wäre viel, und sie einigten sich dahin, daß ein jeder ihm eine halbe Unze sofort gab, die andere halbe Unze aber, sobald sich der Rat als durchführbar erwiesen hätte.

Am nächsten Tage versammelte der König ein Thing und sagte, daß niemand fortsegeln dürfte, solange der, Diebstahl nicht aufgeklärt sei. Da nahm ein junger Mann das Wort, er hatte langes, rotes Haar, war sommersprossig im Gesicht und unfreundlich anzusehen. Er sagte: "Die Männer sind bier ziemlich ratlos." Die Ratgeber des Königs Sagten, welchen Rat er geben könnte. Er antwortete:"Das ist mein Rat, daß jeder Mann, der hierher gekommen ist, so viel Silber herausgeben soll, wie der König bestimmt, und wenn das Geld gesammelt ist, soll man den Schaden dem ersetzen, der ihn erlitten hat. Aber der König behalte als Ehrengeschenk, was übrigbleibt. Ich weiß, daß er es gut anwenden wird, und die vielen Männer brauchen nicht hier festzuliegen, als ob es keinen Wind gäbe, und dadurch großen Schaden erleiden." Der vorschlag fand sofort allgemeinen Beifall, und die Männer sagten, daß sie lieber dem Könige ein Ehrengeschenk gäben, als sum Schaden hier untätig warteten. Man nahm den Vorschlag an und das Geld wurde gesammelt und ergab eine große Summe.

Darauf segelten eine große Menge Schiffe fort. Der König hielt wieder ein Thing ab und besah das viele Geld, und den Brüdern wurde davon der Schaden ersetzt. Dann sprach der König mit



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seinen Männern darüber, was man mit dem vielen Gelde machen sollte. Da ergriff ein junger Mann das Wort und sprach."Herr, was dünkt Euch, das der verdient, der diesen Rat gab:" Sie sahen jetzt, daß derselbe junge Mann den Rat gegeben hatte, der jetzt vor dem Könige stand. König Harald antwortete: "Alles dies Geld soll in zwei gleiche Teile geteilt werden. Meine Mannen sollen die Hälfte haben, aber die andere Hälfte soll wieder in zwei gleiche Teile geteilt werden. Den einen Teil davon soll dieser junge Mann haben, aber über die andere Hälfte werde ich bestimmen." Thrand dankte dem Könige mit schönen und sanften Worten, und sein Teil war soviel, daß man kaum ausrechnen konnte, wie viel Mark Silber es ausmachte.

König Harald segelte fort, und ebenso die Menge Männer, die dort gewesen waren. Thrand fuhr mit denselben Kaufleuten nach Norwegen, die ibn nach Dänemark begleitet hatten, und sie gaben ihm das Geld, wie es verabredet war, und er kaufte sich ein großes und gutes Lastschiff. Auf dieses lud er alles Gui, das er auf dieser Fahrt erworben hatte, und fuhr mit diesem Schiffe nach den Färöern.

Er kam mit seiner ganzen Habe wohlbehalten an, ließ sich im Frühling in Gata nieder und litt jetzt keinen Mangel an Geld. Thrand war groß gewachsen, rothaarig und rotbärtig, sommersprossig im Gesichte, unfreundlich anzusehen, dunklen Gemütes, schlau und tückisch, unverträglich und boshaft gegen alle, schmeichlerisch gegen vornehmere, aber immer falsch im Herzen.


4. Sigmund und Thorir werden geboren

Hafgrim hieß ein Mann, er wohnte auf der Südinsel in den Färöern. Er war ein mächtiger Mann, bart und reich an Geld. Gudrid hieß sein Weib und war Snäulfs Tochter. Hafgrim war Häuptling über die Hälfte der Inseln und hatte diese Hälfte als Lehen von König Harald Graumantel erhalten, der damals über Norwegen herrschte. Hafgrim war sehr heftigen Gemütes, galt aber nicht als klug,

Einar hieß ein Mann, der bei ihm wohnte und der den Beinamen Südinselmann führte. Ein anderer Mann hieß Eldjarn Spitzmütze und war auch bei Hafgrim. Er war geschwätzig



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und boshaft, töricht und böse, untätig und träge, verlogen und verleumderisch.

In der Saga werden zwei Brüder genannt, die auf der Buschinsel wohnten. Der eine hieß Brestir, der andere Beinir. Sie waren Sigmunds Söhne. Sigmund, ihr Vater, und Thorbjörn von Gata, Thrands Vater, waren Brüder.

Brestir und Beinir waren ausgezeichnete Männer und Häuptlinge über die andere Hälfte der Inseln. Die hatten sie damals als Lehen von Jarl Hakon, dem Sohne Sigurds, der in dieser Zeit über Drontheim herrschte. Brestir und Beinir waren Hofleute Jarl Hakons und seine besten Freunde. Brestir war der größte und stärkste aller Männer, und von allen Häuptlingen auf den Inseln war niemand streitlustiger als er. Er war ein ansehnlicher Mann und behende bei allen Spielen. Beinir glich in vielen Beziehungen seinem Bruder, doch erreichte er ibn nicht. Schlecht standen sie mit Thrand, obgleich sie so nahverwandt waren. Unvermählt waren die Brüder, doch hatten sie Kebsweiber. Cecilia hieß Brestirs Kebsweib, aber Thora jene; die Beinir folgte. Sigmund hieß Brestirs Sohn und war flüh erwachsen. Thorir hieß Beinirs Sohn und war zwei Jahre älter als Sigmund. Ein zweites Gehöft besaßen die Brüder auf Dimun, und dieses Gehöft war klein. Die Söhne der Brüder waren sehr jung, als dieses vor sich ging. Suäulf Hafgrims Schwager, wohnte auf der Sandinsel. Sein Geschlecht stammte von den Hebriden, und er war wegen Totschlags und Unverträglichkeit von den Hebriden nach den Färöern geflohen. In seiner Jugend war er Wiking gewesen und war noch immer unverträglich und hart im Umgange .


5. Gewalttaten auf den Färöern

Bjarni hieß ein Mann, der auf der Schweinsinsel wohnte, und wurde Schw ein Bjarni genannt. Er war ein tüchtiger Bauer und besaß viel Geld, war aber sehr heimtückisch. Er war ein Oheim von Thrand aus Gata.

Die Thingstätte der Färinger war auf der Strominsel und dort liegt der Hafen, den sie Thorshafen nennen.



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Hafgrim wohnte auf der Südinsel zu Hof. Er verehrte sehr die alten Götter, denn damals waren alle Färöer heidnisch.

Da geschah es in einem Herbste beim Bauer Hafgrim auf der Südinsel, daß Einar und Eldjarn Spitzmütze beim Opferfeuer saßen. Sie begannen Männer zu vergleichen. Einar rühmte seine verwandten Brestir und Beinir, aber Eldjarn Hafgrim und bezeichnete diesen als vornehmer. Es kam so weit, daß Eldjarn aufsprang und nach Einar mit einem Stück Holz schlug, das er in der Hand hielt. Er traf Einar auf die Schulter; und dieser wurde sehr erregt. Einar ergriff eine Art und schlug Spitzmütze auf den Kopf, so daß er verwundet wurde und bewußtlos iim sank. Aber als Hafgrim dessen gewahr wurde; jagte er Einar fort und hieß ihn zu seinen Verwandten auf der Buschinsel zu fahren, da er sich auf deren Seite gestellt hatte. "Und so wird es geschehen," sagte Hafgrim, " ob es früher oder später ist, daß wir und die Männer von der Buschinsel in Streit geraten werden."

Einar fuhr fort, kam zu den Brüdern und berichtete ihnen, was geschehen war. Sie empfingen ihn freundlich, und er blieb den Winter über dort und wurde gut behandelt. Einar bai Brestir, seine Sache zu übernehmen, und das tat dieser. Brestir war klug und gesetzkundig.

Im Winter Star Hafgrim auf einem Schiffe nach der Buschinsel , suchte die Brüder auf und Sagte, wie sie die Schande gut machen wollten, die Einar Eldjarn Spitzmütze zugefügt hatte. Brestir antwortete, daß sie die Sache dem Urteil der besten Männer unterbreiten wollten, so daß ein billiger vergleich zustande käme. Hafgrim erwiderte: "Nichts wird aus unserem vergleiche werden, wenn ich nicht allein zu entscheiden habe." Brestir antwortete: ,-Unbillig ist das, und nichts wird daraus werden." Dalud Hafgrim Einar auf das Thing von der Strominsel und als das geschehen war, schieden sie.

Brestir hatte sofort überall bekannt gemacht, daß Eldjarn zuerst Einar angegriffen hätte,

Nun kamen beide Parteien mit großem Gefolge zum Thinge. Aber als Hafgrim zum Gerichte ging, um seine Klage gegen Einar vorzutragen, gingen die Brüder Brestir und Beinir mit



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großem Gefolge auf die andere Seite, und Brestir machte es Hafgrim unmöglich, seine Klage durchzuführen. Er behauptete Eldjarn habe die alten Landesgesetze gebrochen, da er einen unschuldigen Mann geschlagen habe, und erreichte einen Rechtsspruch gegen Hafgrim: Eldjarn wurde zur Friedlosigkeit und vollständiger Geldbuße verurteilt. Hafgrim sagte, daß dieses gerächt werden würde. Brestir antwortete, er wäre bereit , das zu erwarten und kümmere sich nicht um Hafgrims Drohungen. Darauf schieden sie.


6. Hafgrim sucht Rat bei Thrand

Bald darauf zog Hafgrim aus, sechs Männer und sein Weib Gudrid begleiteten ihn. Sie fuhren mit einem Schiffe zur Sandinsel . Dort wohnte Snäulf, der Vater von seinem Weibe Gudrid. Und als sie die Insel erreichten, sahen sie niemand vor dem Gehöfte und niemand auf der Insel. Sie gingen zum Gehöfte hinauf und in die Häuser hinein und fanden niemand. In die Stube gingen sie, und dort war ein Tisch mit Speisen und Getränken angerichtet, aber niemand war zu erblicken. Das wunderte Hafgrim und die Seinen, und sie blieben die Nacht über dort.

Aber am nächsten Morgen rüsteten sie sich zum Aufbruch und segelten an der Insel entlang. Da wurde ihnen ein Schiff entgegengerudert, das mit Menschen gefüllt war. Sie sahen, daß es der Bauer Snäulf mit seinem ganzen Gesinde war. Hafgrim ruderte auf sie zu und grüßte Snäulf, den Vater seines Weibes, aber dieser erwiderte den Gruß nicht. Da fragte Hafgrim ihn, welchen Rat er ihm in bezug auf seinen Streit mit Brestir und Beinir geben könne, so daß er Ehre daraus gewönne. Snäulf antwortete: "Auf einen schlechten Weg bist du gekommen, daß du ohne Grund Männer verfolgst, die besser sind als du, und dabei unterliegst du doch immer." "Mir scheint, antwortete Hafgrim, "daß etwas anderes nützlicher gewesen wäre, als ein Tadel, und ich will dich nicht mehr anhören."

Da ergriff Snäulf einen Speer und schleuderte ihn auf Hafgrim . Aber dieser deckte sich mit seinem Schilde. Der Speer



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blieb im Schilde feststecken, und Hafgrim wurde nicht verletzt, Darauf kehrte Hafgrim nach der Südinsel zurück und war mit seinen Erlebnissen übel zufrieden.

Hafgrim und sein Weib Gudrid hatten einen Sohn, der Össur hieß. Er war zu dieser seit neun Jahre alt und ein vielversprechendes Kind.

Nach einiger Zeit fuhr Hafgrim von Haufe fort und zu Thrand auf der Ostinsel. Thrand empfing ihn freundlich, und Hafgrim versuchte einen Rat von ihm zu bekommen, wie er sich Brestir und Beinir von der Buschinsel gegenüber verhalten solle. Er nannte Thrand den weisesten Mann auf den Inseln und sagte, daß er sich gern ihm erkenntlich zeigen wolle. Thrand sagte, es wäre ein sonderbares Ansinnen, daß er sich an einer verschwörung gegen Männer aus seinem eigenen Geschlechte beteiligen sollte: " — es kann kaum dein Ernst sein, und ich fühle, daß du im Sinne trägst, andere Männer hineinzuziehen, aber nichts hingeben willst, um dafür irgendwie unterstützt zu werden." " So verhält es sich nicht," antwortete Hafgrim, "und ich will dir viel zuwenden, wenn du mir dazu verhilfst , daß ich den Brüdern das Leben nehme." Thrand antwortete: "Ich werde dir ermöglichen, die Brüder anzugreifen, aber du sollst es mir damit vergelten, daß du mir in jedem Frühjahr zwei Milchkühe gibst und jeden Herbst zweihundert Ellen Frieß. Und diese verpflichtung sollst du dein Leben lang haben, und auch nach deinem Tode soll sie weiterbestehen. Doch soll ich zu nichts verpflichtet sein, wenn sich nicht noch andere dir anschließen. Ich will, daß du meinen Oheim Bjarni von der Schweinsinsel aufsuchst und ihn deinen Anschlag gewinnst.,,

Hafgrim stimmte dem zu und begab sich von dort zur Schweins- insel, suchte Bjarni auf und bat ihn um seinen Beistand, wie Thrand ihm geraten hatte. Bjarni antwortete, daß er sich nicht an diesem Anschlage beteiligen würde, wenn er nicht etwas dafür erhielte. Hafgrim bat ihn, seine Ansprüche zu sagen. Bjarni sagte: "Jeden Frühling sollst du mir drei Milchkühe geben und jeden Herbst den Wert von dreihundert Ellen Frieß." Hafgrim stimmte dem zu und kehrte so wohlverrichteter Sache heim.



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7. Der Kampf

Jetzt ist von den Brüdern Brestir und Beinir zu berichten, daß sie zwei Gehöfte besaßen, das eine auf der Buschinsel, das andere auf Dimun. Brestir hatte ein Weib. das Cecilia hieß, sie war aus norwegischem Geschlecht. Sie hatten einen Sohn, der Sigmund hieß. Er war neun Jahre alt, als diese Dinge sich ereigneten und sowohl hochgewachsen wie schön. Beinir hatte ein Kebsweib. das Thora hieß, und von ihr einen Sohn, der Thorir hieß. Dieser war damals elf Jahre alt, und man konnte viel von ihm erwarten.

Jetzt ist zu berichten, daß die Brüder Brestir und Beinir damals, als sie auf Dimun wohnten, zur unbewohnten Insel Klein-Dimun hinüberführen, wo sie ihre Schafe weiden ließen und das Hornvieh, das sie zum Schlachten bestimmt hatten. Die Knaben Sigmund und Thorir baten, mitfahren zu dürfen. Die Brüder erlaubten es ihnen, und sie fuhren zur Insel hinüber . Die Brüder führten alle ihre Waffen mit sich.

Nun wird von Brestir gesagt, daß er groß und stark gewesen sei und allen anderen Männern in der Führung der Waffen überlegen , weise und von allen seinen Freunden geliebt. Beinir, sein Bruder, war auch ein hervorragender Mann, doch konnte er sich nicht mit Brestir messen.

Jetzt fuhren sie von der Insel Klein-Dimun fort, und während sie eilig der bewohnten Insel Dimin zusteuerten, sahen sie drei Schiffe mit bewaldeten Männern ihnen entgegenfahren. zwölf Männer waren auf jedem dieser Schiffe. Brestir und Beinir erkannten die Männer: es waren Hafgrim von der Südinsel auf dem ersten Schiffe, Thrand von Gata auf dem zweiten und Bjarni von der Schweinsinsel auf dem dritten. Es gelang ihnen zwischen die Insel und die Brüder zu kommen, so daß diese nicht den Landungsplatz erreichen konnten, sondern mit ihrem Schiffe auf den Strand gerieten. Eine steile Klippe erhob sich hier, und die Brüder liefen mit ihren Waffen hinauf . Sie setzten die Knaben neben sich auf die Klippe. Die Klippe war oben breit und gut zur verteidigung geeignet,

Hafgrim und seine Genossen kamen jetzt mit ihren drei Schiffen,



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Sie sprangen unverzüglich von den Schiffen auf den Strand und liefen zur Klippe. Hafgrim und Bjarni griffen sofort die Brüder an, aber die verteidigten sich geschickt und mannhaft. Thrand ging inzwischen mit seinen Schiffsgenossen am Strande auf und ab und beteiligte sich nicht am Angriffe. Brestir verteidigte die Klippe da, wo sie leicht anzugreifen aber schwierig zu verteidigen war.

Jetzt sog sich der Kampf eine Weile hin. Da sagte Hafgrim: So war unsere Abrede, Thrand, daß du mir Hilfe leisten solltest, und dafür gab ich dir mein Vieh." Thrand antwortete: "Du bist ein elender Wicht, daß du mit zweimal zwölf Männern nicht zwei Männer überwältigen kannst. Immer sollen sich andere deinetwegen in Gefahr bringen, aber du wagst dich nicht zu nähern, wenn es gilt, Mannhaftigkeit zu zeigen. Wenn du zu irgend etwas taugst, so wäre es ratsam, daß du an der Spitze der andern zuerst Brestir angreifst. Sonst würde ich meinen, daß du zu nichts nütze bist."

Mit solchen Worten erhitzte er Hafgrim aufs heftigste, und Hafgrim lief die Klippe hinauf gegen Brestir an und bohrte seinen Spieß mitten durch ihn. Und als Brestir fühlte, daß die verletzung tödlich war, ging er auf Hafgrim zu und hieb mit seinem Schwert nach ihm. Der Hieb traf Hafgrims linke Schulter und spaltete von oben her die Schulter und die Seite, so daß der Arm abfiel. Hafgrim stürzte tot von der Klippe hinunter und Brestir auf ihn. So starben diese beiden männer.

Jetzt griffen die andern Beinir an, der sich tapfer verteidigte. Der Kampf endete damit, daß Beinir dort sein Leben ließ.

Man erzählt sich, daß Brestir drei Männer getötet habe, bevor er Hafgrim erschlug, und das Beinir zwei getötet habe.

Nach diesen Ereignissen sagte Thrand, daß man die Knaben Sigmund und Thorir töten solle. Bjarni antwortete: "Sie sollen nicht getötet werden." Thrand erwiderte: "Doch werden sie den Tod der meisten herbeiführen, die hier sind, wenn sie mit dem Leben davonkommen." Bjarni sagte: "Ebensowenig wie ich, sollen sie getötet werden." "Es war nicht mein Ernst," sagte Thrand, "ich wollte euch nur versuchen und sehen, wie ihr diesen vorschlag aufnehmen würdet. Als Buße dafür,



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daß ich bei diesem Kampfe zugegen war, erbiete ich mich, die Knaben aufzuziehen."

Die Knaben saßen auf der Klippe und hatten das Geschehene angesehen. Thorir weinte, aber Sigmund sprach: "Laß uns nicht weinen, Vetter sondern uns dieses Tages lange erinnern." Darauf fuhren alle fort, und Thrand nahm die Knaben zu sich nach Gata. Hafgrims Leiche wurde nach der Südinsel gebracht und dort nach den alten Gebräuchen beerdigt. Aber die Freunde von Brestir und Beinir ließen die Leichen der beiden Brüder nach der Buschinsel bringen und begruben sie dort nach den alten Gebräuchen.

Jetzt wurden diese Ereignisse überall auf den Färöern bekannt, und jedermann betrauerte den Tod der Brüder.


8. Rafn nimmt Sigmund und Thorir zu sich

In diesem Sommer kam ein Schiff von Norwegen nach Island. Der Steuermann hieß Rafn, er war aus Btk gebürtig und besaß ein Gehöft in Tönsberg. Er segelte häufig nach Nowgorod und wurde Nowgorodfahrer genannt. Dieses Schiff kam nach Thorshafen.

Aber als die Kaufleute zur Abreise gerüstet waren, ist von einem Morgen zu berichten, wo Thrand von Gata zu einer der Schuten kam und verlangte den Steuermann Rafn allein zu sprechen. Er sagte, daß er zwei junge Sklaven zu verkaufen hätte. Rafn antwortete. er wolle sie nicht kaufen, ohne sie gesehen zu haben. Thrand führte ihm zwei geschorene Knaben in weisen Kutten vor. Sie waren schön anzusehen, doch waren ihre Gesichter vor Kummer aufgedunsen.

Als Rafn die Knaben sah, sagte er: "Thrand: Sind das nicht die Söhne Brestirs und Beinirs, die ihr vor kurzem getötet habt?" "Ich glaube, ja," antwortete Thrand. "Sie kommen nicht in meine Gewalt," sagte Rafn, wenn ich Geld für sie geben soll." So müssen wir beide nachgeben," erwiderte Thrand, "Hier habe ich zwei Mark Silber, die ich dir geben will, wenn du die Knaben fortschaffst, so daß sie nie mehr zu den Färöern kommen."

Jetzt legte er das Silber dem Steuermann auf die Knie, zählte



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es und übergab es ihm. Rafn gefiel das Silber, und das Gespräch schloß damit, daß er die Knaben mit sich nahm.

Sobald er günstigen Wind bekam, stach er in See und landete dort, wo er es beabsichtigt hatte, östlich von Tönsberg. Dort verbrachte er den Winter; und die Knaben waren bei ihm und wurden gut behandelt.


9. Von Sigmund, Rafn und Thrand

Im Frühling rüstete er sein Schiff zur Fahrt nach Osten und fragte dabei die Knaben, wie ihnen ihr Aufenthalt bei ihm gefiel . Sigmund antwortete: "Gut, wenn ich an die Zeit denke, wo wir in Thrands Gewalt waren." Rafn fragte: "Kennt ihr meine Abrede mit Thrand:" "Gewiß kennen wir sie," antwortete Sigmund. "Ich halte es für das rätlichste," sagte Rafn, "daß ihr ohne Rücksicht auf mich geht wohin ihr wollt. Und was das Silber betrifft, das Thrand zusammen mit euch mir übergab, so halte ich es für das beste, daß ihr es zu eurem Nutzen gebraucht. Ihr werdet trotzdem oft in einem unbekannten Lande ratlos sein."

Sigmund dankte ihm und sagte, daß er sich edelmütig gegen sie in ihrer bedrängten Lage aufführte.

Jetzt ist von Thrand zu berichten, daß er alle Färöer unter seine Herrschaft brachte und alles Geld und Eigentum, das die Brüder Beinir und Brestir, seine Vettern, besessen hatten. Den Knaben Össur, Hafgrims Sohn, nahm er zu sich und zog ibn auf Össur war damals zehn Jahre alt.

Thrand herrschte jetzt allein über alle Färöer, und niemand erdreistete sich, ihm zu widersprechen,


10. Von Sigmund

In dem Sommer, wo die Brüder Brestir und Beinir getötet wurden, wechselte Norwegen seinen Herrscher. Harald Graumantel war gefällt, an seine Stelle kam Jarl Hakon, der zuerst steuerpflichtiger Jarl König Haralds, Gorms Sohns, gewesen war und das Reich von ihm zum Lehen hatte. Damit war die Herrschaft der Gunnbildsöhne zerstört, einige waren getötet und einige verließen das Land,



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Jetzt ist von Sigmund und Thorir zu berichten, daß sie zwei Jahre in Vik verbrachten, nachdem Rafn sie freigelassen hatte, und das Geld, das Rafn ihnen gegeben hatte, war verbraucht. Sigmund war damals zwölf Jahre alt, und Thorir vier ebu. Sie hörten von Jarl Hakons Macht und beschlossen, ihn aufzusuchen, falls dieses ihnen gelänge. Sie meinten, daß es ihnen auf irgendeine Weise von vorteil sein könnte, da ihre Väter ihm gedient hatten.

Sie wanderten aus Vik fort und zum Oberlande und nahmen den Weg durch Hedemarken und dann nordwärts über das Dovregebirge. Hier kamen sie beim Beginn des Winters an, und Frost und Schneegestöber trat ein.

Sie waren so unbedacht, trotzdem das Gebirge zu ersteigen, verirrten sich und mußten ohne Nahrung mehrere Nächte draußen verbringen. Zuletzt legte sich Thorir nieder und bat Sigmund, sich selbst zu helfen und sich einen Weg aus dem Gebirge zu suchen. Sigmund antwortete, daß sie entweder beide davonkommen würden, oder keiner von ihnen. Aber Sigmund war so viel stärker, daß er Thorir auf seinen Rücken nahm und ihn weiter trug. Beide ermüdeten dabei sehr.

Es begann bergab zu gehen, und eines Abends fanden sie eine kleine Talschlucht im Gebirge und gingen in ihr entlang. Endlich rochen sie Rauch und fanden bald darauf ein Gehöft. Sie traten ein und gingen in die Stube. Dort saßen zwei Frauen, beide waren schön anzusehen. Die eine war alt, die andere aber ein junges Mädchen. Sie begrüßten die Knaben freundlich, sogen ihnen die Kleider aus und brachten ihnen trockene Sachen an deren Stelle. Dann gaben sie ihnen gleich etwas zu essen, brachten sie zu Bett und hüllten sie sorgfältig ein. Sie sagten, sie wollten nicht, daß der Bauer die Knaben gewahr würde, denn er sei finstern Sinnes.

Jetzt erwachte Sigmund dadurch, daß ein großer Mann eintrat, der mit einem Renntierpelz bekleidet war und ein Renntier auf dem Rücken trug. Er rümpfte die Nase und Sagte zornig, ob jemand gekommen sei. Die Hausfrau antwortete; daß zwei Knaben gekommen seien, die so elend, durchfroren und ausgehungert wären, daß sie dem Tode nahe seien. Er



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antwortete: "So wirst du uns bald verraten haben, wenn du Leute in unserem Hause aufnimmst, und oft habe ich dir das gesagt. "Ich konnte es nicht übers Herz bringen," sagte die Hausfrau, "zwei so prächtige Burschen hier bei unseren Häusern sterben zu lassen."

Der Bauer gab sich damit zufrieden und begann mit den Frauen zu essen und legte sich dann mit ihnen schlafen. Es gab zwei Lager in der Schlafstube. Der Bauer lag mit der Hausfrau auf dem einen, und die Tochter auf dem andern. Den Knaben aber war ein drittes Lager in der Stube bereitet worden.

Am Morgen stand der Bauer zeitig auf und sagte zu den Knaben: "Ich halte es mit den Frauen für das beste, daß ihr euch heute hier ausruht, wenn euch das gefällt."

Sie antworteten, daß sie das gern wollten.


11. Sigmunds Aufenthalt bei Ulf

Nun war der Bauer den Tag über von Hause fort. Er kam am Abend zurück und war sehr freundlich zu Sigmund und Thorir.

Und am folgenden Morgen kam er zu den Knaben und sagte: "Es war so bestimmt, daß ihr hierher zu meinem Gehöfte kommen solltet. Jetzt scheint es mir am ratsamsten zu sein, daß ihr den Winter über hier verweilt, wenn euch das gefällt. Die Frauen haben euch gern, und ihr seid vom Wege abgekommen, und es ist weit von hier zu Ansiedlungen."

Sigmund und Thorir dankten dem Bauer für sein Angebot und sagten, daß sie gern bei ihm bleiben wollten.

Der Bauer sagte. sie sollten den Frauen die Mühe damit vergelten, daß sie ihnen bei den Arbeiten behilflich wären: " —aber ich muß jeden Tag fortgehen, um Nahrung zu schaffen, soweit mir möglich ist."

Nun blieben die Knaben auch dort, sie wurden gut behandelt, die Frauen waren freundlich zu ihnen. Der Bauer aber war jeden Tag fort. Sigmund und Thorir gefiel ihr Aufenthalt Die Häuser waren gut und stark gebaut und mit allem versehen.

Der Bauer hieß Ulk Ragnhild hieß sein Weib und Thund



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ihre Tochter. Sie war die schönste Frau und von edler Gesinnung . Sigmund und Thurid standen in gutem Einvernehmen. Sie plauderten oft miteinander, ohne daß der Bauer oder sein Weib sich dem widersetzten.

So verging der Winter, und der erste Sommertag kam. Da kam der Bauer Ulf mit Sigmund ins Gespräch und sagte: "Es hai sich so gefügt, daß ihr den Winter hier bei mir verbracht habt. Wenn euch jetzt nichts anderes vorteilhafter dünkt, als hier zu sein, so mögt ihr hier bleiben und hier aufwachsen. Vielleicht werden wir später noch mehr Gemeinsames miteinander haben. Aber eine Warnung will ich euch geben: geht nicht in den Wald nördlich von dem Gehöfte."

Sie versprachen es und dankten dem Bauern Ulf für sein Anerbieten, das sie gern annahmen.


12. Sigmund tötet den Bären

Ein Teich lag in der Nähe des Gehöftes. Der Bauer ging oft mit den Knaben dorthin und lehrte sie schwimmen. Sie gingen auch, um sich im Schießen zu üben, und Sigmund lernte schnell alle Fertigkeiten von Ulf, so daß er sehr tüchtig in allen Leibesübungen wurde. Auch Thorir lernte viel, doch konnte er sich nicht mit Sigmund messen. Ulf war groß und stark, und die Knaben jähen bald, daß er in allen Leibesübungen außerordentlich gewandt war.

Sie waren dort drei Winter, und Sigmund war fünfzehn Jahre alt, Thorir aber siebzehn. Sigmund war stark und erwachsen wie Thorir, doch war er diesem in allen Beziehungen überlegen, obgleich er zwei Jahre jünger war.

Jetzt geschah es irgendeinmal im Sommer, daß Sigmund zu Thorir sagte: "Was mag geschehen, wenn wir auch in den Wald gehn, der hier nördlich vom Gehöfte liegt:" Thorir antwortete:' "Ich bin nicht neugierig, das zu erfahren." "Aber ich," sagte Sigmund, "und ich will dorthin gehen." "Du magst entscheiden," antwortete Thorir. "Aber wir übertreten das verbot unseres Pflegevaters."

Jetzt gingen sie, und Sigmund hatte eine Baumart in der Hand, Sie kamen in den Wald und auf eine schöne Lichtung. Und als



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sie hier kurze Zeit gewesen waren, hörten sie ein starkes Krachen im Walde, und bald darauf sahen sie einen sehr großen und grimmigen Bären. Es war ein großer Waldbär mit wolf- grauem Pelze.

Sie liefen jetzt den Steig zurück, den sie gekommen waren, Der Steig war lang und schmal. Thorir lief voran und Sigmund hinter ihm. Das Tier lief ihnen auf dem Steige nach. Der Steig war so schmal, daß der Bär im Laufen die Bäume knickte. Sigmund sprang da schnell zwischen die Bäume und wartete, bis das Tier gerade vor ihm stünde. Da hieb er mit den Händen die Art genau zwischen die Ohren des Bären, so daß sie Art bis zum Stiele eindrang. Der Bär brach zusammen. Er war tot und rührte sich nicht mehr.

Thorir sah jetzt was geschehen war und sprach: "Dir war diese Heldentat bestimmt; Vetter, aber nicht mir. Und das mußte auch so sein, da ich dir in vielem nachstehe." Sigmund sagte: "Jetzt müssen wir versuchen, den Bären aufzurichten."

Es gelang ihnen, den Bären aufzurichten, dann die Bäume so zu biegen, daß er nicht fallen konnte, und steckten ibm einen Pflock ins Maul, so daß der Bär das Maul aufzusperren schien. Dann gingen sie nach Hause,

Als sie nach Hause kamen, stand ihr Pflegevater Ulf auf der Wiese vor dem Gehöfte und wollte gerade ausgehn, um sie zu holen. Er war zornig und fragte, wo sie gewesen seien. Sigmund antwortete: "Setzt ist es uns schlimm ergangen, mein Pflegevater! Wir haben nicht auf deinen Rat gehört, und der Bär hat gais verfolgt."

Ulk antwortete: "Es stand zu erwarten, daß es so kommen würde. Ich will aber, daß er euch nicht noch einmal verfolgt. Und obgleich das Tier so ist, daß ich nicht gewagt habe, mit ihm zu scherzen, so wollen wir es jetzt doch versuchen."

Ulf ging nun ins Haus, holte sich einen Spieß und ging mit Sigmund und Thorir in den wald,

Jetzt sah ulk den Bären und lief sofort auf ihn zu und bohrte ihm den Spieß in den Leib. Dabei fiel der Bär um. Ulf sah, daß der Bär schon tot gewesen war und sagte: "Haltet ihr mich zum Narren, und wer von euch hat den Bären getötet:"



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Thorir antwortete: "Nicht kann ich die Tat in Anspruch nehmen, denn Sigmund tötete das Tier."

"Das ist die größte Heldentat," sagte Ulf, " und viele werden dieser Ruhmestat folgen, Sigmund! !"

Darauf gingen sie nach Hause, und Ulk achtete Sigmund von da an noch mehr als früher.


13. Sigmund und Thorir verlassen Ulf

Nun blieben die beiden bei Ulf, bis Sigmund achtzehn und Thorir zwanzig Jahre alt war. Sigmund zeichnete sich durch Größe, Stärke und Geschicklichkeit aus. Am kürzesten kann man sagen, daß er Olaf Tryggvason in allen Fertigkeiten nahe kam. Und als er so weit gekommen war, sagte Sigmund zu seinem Pflegevater Ulf, daß er fortgehen wolle: " —denn es scheint mir, daß wir nur wenig vorwärts kommen werden, wenn wir nicht andere Leute kennen lernen." "Es soll so geschehen, wie ihr wollt," erwiderte Ulf.

Aber das war ihnen aufgefallen, daß Ulf in den Jahren, wo sie bei ihm gewesen waren, in jedem Frühjahr und in jedem Herbst ungefähr sieben Nächte fortgeblieben war und mit allerhand notwendigen Dingen wie Leinwand und Tuch und anderem zurückgekommen war.

Jetzt hiess Ulf ihnen Kleider machen und rüstete sie gut aus, Den Frauen konnte man anmerken, daß die Trennung sie betrübte, am meisten jedoch die jüngere.

Jetzt schieden sie, und Ulf begleitete Sigmund und Thorir ein Stück des Weges. Er begleitete sie über das Dovregebirge bis dorthin, von wo aus sie nordwärts bis Örkedalen sehen konnten. Da setzte sich Ulf nieder und sagte, daß er sich ausruhen wolle. Jetzt setzten sich die andern auch hin, und Ulf sprach: " Nun möchte ich gern erfahren, wen ich aufgezogen habe aus welchem Geschlechte ihr seid und wo ihr geboren seid."

Sie erzählten nun da alles, was sie in ihrem Leben erlitten hatten, und Ulf hatte großes Mitleid mit ihnen. Dann sagte Sigmund: "Jetzt will ich, Pflegevater, daß du uns dein Leben berichtest und was dir begegnet ist." " Das soll geschehen", antwortete Ulf.



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14. Thorkel erzählt Sigmund und Thorir die Geschichte seines Lebens

"Damit beginne ich meine Saga, daß ein Bauer Thoralf hieß und in Hedemarken im Oberlande wohnte. Er war reich und war der Amtmann vom Könige des Oberlandes. Er hatte ein Weib, das Idun hieß. Ragnhild hieß ihre Tochter. Sie war fast am schönsten von allen Frauen anzusehn.

Nicht weit von ihnen wohnte ein Bauer, der Steingrim hieß, er war ein guter Bauer und wohlhabend. Thora hieß sein Weib. Sie hatte einen Sohn, der Thorkel hieß. Dieser war tüchtig, groß und stark. Thorkels Geschäft bestand in der Zeit, wo er bei seinem Vater wohnte, darin, daß er in jedem Herbste, wenn der Frost begann und Eis sich auf die Wasser deckte, mit einigen Genossen hinaus auf die Marken zog und Tiere jagte. Er war der beste Bogenschütze. So war sein Geschäft; das er bei Bars ausübte, und deshalb nannte man ihn Barfrost.

Irgendeinmal kam Thorkel mit seinem Vater ins Gespräch und sagte, er wolle, daß sein Vater für ihn um Ragnhild, die Tochter des Bauern Thoralf werbe. Sein Vater antwortete, daß er zu hoch hinauswolle, aber die beiden gingen doch zum Bauern Thoralf und brachten ihr Anliegen vor, daß Thorkel sich um seine Tochter Ragnhild bewerbe. Thoralf antwortete zögernd, daß er seiner Tochter einen höhergestellten Mann zugedacht hätte, als Thorkel es sei. Wegen seiner Freundschaft mit Steingrim wolle er diesem in allen Stücken zu Willen sein, doch hieraus könne nichts werden.

Damit schieden sie, und Vater und Sohn kehrten nach Hause zurück.


15. Von Thorkel und Thoralf

Bald darauf ging Thorkel mit einem Begleiter in einer Nacht von Hause fort. Er hatte erfahren, daß Thoralf nicht zu Hause sei, sondern in seinen Geschäften verreist sei. Thorkel tratins Haus, ging zu Ragnhilds Lager, nahm sie in seine Arme, trug sie hinaus und führte sie mit sich nach Hause. Sein Vater wurde zornig darüber und sagte, Thorkel hätte etwas übernommen, was über seine Kräfte ginge, und verlangte, daß Thorkel Ragnbild



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sofort wieder zurückbrächte. Thorkel antwortete: ,Das werde ich nicht tun.'

Darauf gebot ihm sein Vater Steingrim, fortzuziehen. Thorkel tat es, ging mit Ragnhild fort und lebte draußen in den Wäldern. Es begleiteten ihn zwölf Männer. Es waren seine Genossen und Spielgefährten.

Nun kam der Bauer Thoralf nach Hause und sah, was geschehen war. Er sammelte sich sofort eine Schar und hatte hundert Männer. Mit diesen ging er zum Bauer Steingrim und forderte ihn auf, ihm dessen Sohn auszuliefern und seine Tochter zurückzugeben. Steingrim antwortete, daß die beiden nicht dort seien. Thoralf und seine Leute durchsuchten das ganze Gehöft, aber fanden nicht, was sie wollten. Darauf gingen sie in den Wald und suchten die beiden. Dabei verteilten sie sich so, daß dreißig Männer Thoralf begleiteten.

Jetzt ist von einem Tage zu berichten, wo Thoralf zwölf Männer im Walde sah und eine Frau als dreizehnte. Er glaubte sicher zu sein, daß es die Gesuchte wäre und ging mit seinen Leuten auf sie zu.

Thorkels Genossen sprachen jetzt darüber, daß man sie verfolgte und Sagten Thorkel, was sie tun sollten. Er antwortete: ,In unserer Nähe ist ein Hügel, und dorthin werden wir alle zusammen gehen. Es ist ein guter Verteidigungsplatz. Dort müssen wir Steine brechen und uns mannhaft verteidigen.'

Nun gingen sie auf den Hügel und bereiteten sich zur verteidigung vor.

Bald kam Thoralf mit seinen Leuten dorthin, griffen die andern unverzüglich mit ihren Waffen an, aber Thorkel und seine Genossen verteidigten sich gut und tapfer. So endete das Zusammentreffen, daß zwölf Männer von Thoralfs Schar fielen, aber sieben von Thorkels Genossen. Die übrigen fünf waren verwundet. Der Bauer Thoralf selbst war tödlich verwundet.

Nun floh Thorkel mit seinen Genossen in den Wald, und damit war das Treffen zu Ende. Ragnhild blieb zurück und wurde mit ihrem Vater in die Ansiedlung zurückgebracht. Und als Thoralf in die Anfiedlung kam, starb er an dieser Wunde, und



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es geht unter den Leuten die Rede, daß Thorkel seinen Tod verursacht habe Diese Ereignisse wurden überall bekannt. Thorkel kehrte zu seinem Vater zurück, er war nur leicht verletzt , aber die meisten seiner Genossen schwerer. Nun wurden sie alle geheilt.


16. Das Ende von Thorkels Erzählung. Sigmund und Thorir kommen zu Jarl Hakon

Darauf versammelten sich die Oberländer zu einem Thinge und Thorkel Barfrost wurde auf dem Thing friedlos erklärt.

Als Steingrim und Thorkel das erfuhren, sagte Steingrim, daß Thorkel nicht zu Hause sein dürfe, solange ibm am meisten nachgestellt würde:, —du mußt fortgehn, Freund! Geh zu jenem Bache, der nah an unserem Gehöfte herabfließt. An den Ufern finden sich große Schluchten, und in diesen Schluchten ist eine Höhle. Diesen Zufluchtsort kennt niemand, als ich. Dorthin sollst du gehen und Eßwaren mit dir nehmen.'

Thorkel tai, wie ihm geheißen und blieb in der Höhle, während man ihm am meisten nachstellte, und er wurde nicht entdeckt.

Er langweilte sich aber dort, und nach einiger Zeit verließ er die Höhle und ging zu jenem Gehöfte, das dem Bauer Thoralf gehört hatte. Er entführte Ragnhild zum zweitenmale und zog in das Gebirge und in die Einöde: —und hier siedelte ich mich an," sagte er, " wo jetzt mein Gehöft steht, und hier habe ich seitdem mit Ragnhild achtzehn Jahre verlebt, und das ist das Alter Thurids, meiner Tochter. Nun habe ich die Saga meines Lebens erzählt."

"Groß scheint mir deine Saga zu sein, Pflegevater!" sagte Sigmund . "Aber jetzt will ich dir sagen, daß ich dir deine Wohltaten und deine Pflege nicht gut gelohnt habe denn als wir schieden, sagte mir deine Tochter, daß sie schwanger sei, und niemand anders als ich kann der Vater ihres Kindes sein. Deswegen wollte ich hauptsächlich fortziehen, weil ich fürchtete; daß dieses sich zwischen uns stellen würde." Thorkel antwortete: "Lange habe ich gewußt, daß ihr euch in Liebe verstündet, und



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ich wollte es euch nicht wehren." Sigmund sprach: "Darum möchte ich dich bitten, mein Pflegevater: daß du deine Tochter Thurid keinem anderen Manne zum Weibe gibst. Denn sie muß ich besitzen, oder kein Weib." Thorkel antwortete: "Meine Tochter kann nicht einen besseren Mann finden. Aber darum will ich dich bitten, Sigmund: wenn du Einfluß bei den Großen erhältst, wollest du dich meines Namens erinnre und mir Frieden und Vergleich verschaffen, denn ich bin dieser Einöden überdrüssig geworden."

Sigmund versprach das zu tun, wenn er so weit käme, und damit trennten sie sich.

Die Vettern zogen jetzt weiter, bis sie nach Lade 1 zu Jarl Hakon kamen, der dort seinen Hof hielt. Sie traten vor den Jarl und grüßten ihn. Er empfing sie freundlich und fragte, wer sie wären. Sigmund sagte, er sei Brestirs Sohn: " —dieser war eine Zeitlang Euer Amtmann auf den Färöern und wurde erschlagen. Ich habe Euch aufgesucht, Herr, weil ich erwarte durch Euch zu Ehren zu kommen. Ich und mein Vetter, Herr, wollen in Euren Dienst treten."

Jarl Hakon antwortete, daß er nicht wissen könne, wer er sei: " — aber du bist nicht Brestir gleich, und selbst kannst du zeigen, aus welchem Geschlecht du bist. Ich werde nicht mit Essen für euch sparen."

Er wies ihnen Sitze unter seinen Gästen an. Sein Sohn Svein war damals jung und lebte zu dieser Zeit am Hofe seines vaters.


17. Sigmund spricht mit Jarl Hakon und Svein

Sigmund kam mit dem Jarhsohne Svein ins Gespräch und spielte mancherlei Spiele vor ihm, und der Jarlssohn hatte viel Freude an ihm. Sigmund brachte Svein sein Anliegen vor und bat ihn, sich dafür bei seinem Vater zu verwenden, daß Sigmund auf irgendwelche Weise Ehren gewinnen könnte. Svein fragte ihn, was er sich wünschte. 

1 Bei Drontheim



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"Auf Heerfahrt will ich am liebsten," sagte Sigmund, " wenn dein Vater mich dabei unterstützen will." "Das ist wohl gedacht ," antwortete Svein.

Jetzt ging der Winter bis zum Julfest hin, und zum Julfest kam Hakons Sohn Jarl Erich ostwärts von Vik her, wo er seinen Sitz hatte. Sigmund kam mit Jarl Erich ins Gespräch und trug ihm seine unerfüllten Wünsche vor. Jarl Erich versprach ihm, bei seinem Vater Hakon für ihn einzulretenund sagte: "Mein Beistand wird nicht geringer sein als der Jarl Hakons." Und nach dem Julfest erinnerte Sigmund Jarl Hakon an die versprochene Unterstützung und erwähnte seinen Vater Brestir, der Hakons Dienstmann gewesen wäre. Jarl Hakon antwortete: "Gewiß verlor ich einen guten Diener, als mein Hofmann Brestir erschlagen wurde, dieser wackere Mann, und Böses haben die verschuldet, die ihn erschlugen. Aber was ist dein Begehr:"Sigmund antwortete, er wolle auf Heerfahrt und entweder Ehre gewinnen oder sterben. Der Jarl sagte, das wäre gut gesprochen. " — im Frühling, wenn die Männer sich zu ihren Fahrten rüsten, wirst du erfahren, was ich für dich tun will."

Jetzt verging der Winter, und Sigmund erinnerte Jarl Hakon an seine freundlichen Worte. Der Jarl antwortete:"Ein Langschiff will ich dir geben und auf ihm vierzig Männer mit Waffen Aber diese Mama schaft wird nur wenig ausgewählt sein, denn die meisten werden dir Ausländer und unbekanntem Manne nicht folgen wollen."

Sigmund dankte dem Jarl und berichtete Erich vom ver- Sprechen seines Vaters. Jarl Erich antwortete: "Das war eine geringe Hilfe, doch wird sie dir zugute kommen. Ein weites Schiff will ich dir geben und vierzig Männer dazu."

Das Schiff, das Erich Sigmund gab, war in allem aufs beste ausgerüstet.

Jetzt erzählte Sigmund Svein, welche Unterstützung Vater und Sohn ihm geben wollten. Svein antwortete: "Ich bin in einer solchen Lage, daß es mir nicht ebenso leicht ist, meine Freunde zu unterstützen, wie meinen Vater und meinen Bruder. Aber doch will ich dir das dritte Schiff mit vierzig



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Männern geben, und das sollen meine eigenen Mannen sein. Ich erwarte, daß sie dir am besten von allen Männern folgen werden, die dir als Begleiter gegeben find,"


18. Sigmunds Kampf mit Randver

Sigmund rüstete sich nun zum Aufbruch mit seinem Gefolge und segelte, sobald wie er gerüstet war, ostwärts nach Vik und von dort nach Dänemark und durch den Öresund bis in die Ostsee. Dort fuhr er den Sommer umher und erbeutete nur wenig, da er mit seiner geringen Schar sich nicht an Orte wagte, wo er starke Gegner wußte. Doch ließ er Kaufleute in Frieden fahren.

Als der Sommer zu Ende ging, segelte er westwärts, bis er zu den Götaelffchären kam, wo gewöhnlich ein großes Wikingerlager war. Und als sie im Schutze eines Holms lagen, bestieg Sigmund die Schare, um sich um zusehen. Er sah an der andern Seite des Holms fünf Schiffe liegen, darunter ein Drachen-Er

Er ging zu seinen Leuten zurück und berichtete ihnen, daß fünf Wikingerschiffe an der anderen Seite der Schare lägen: —jetzt will ich euch sagen, daß es mir wenig darum zu tun ist; ohne jeden versuch von jenen wieder fortzuziehen. Wir werden auch niemals etwas erbeuten, wenn wir uns nicht in Gefahr begeben." Seine Leute baten ihn, alles zu bestimmen .

Jetzt müssen wir Steine auf die Schiffe tragen," sagte Sigmund , "und uns so rüsten, wie es uns am besten dünkt. Wir müssen unsere Schiffe an den Ausgang der Bucht legen, in die wir jetzt gekommen sind, denn die Bucht ist dort am schmalsten, und gestern abend. als wir hereinsegelten, schien es mir, daß sich keine Schiffe neben uns legen kannten, wenn wir unsere Schiffe nebeneinander legen. Es kann uns nützen, daß wir nicht von allen Seiten angegriffen werden können." Das taten sie. Am nächsten Morgen aber, als sie ihre Schiffe an den Ausgang der Bucht gelegt hatten, ruderten fünf Wikingerschiffe auf sie zu. Am Steven des Drachenschiffes stand ein großer und starker Mann und fragte unversieglich, wer



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die Schiffe führe. Sigmund nannte sich und fragte den andern nach dessen Namen, Jener antwortete: er hieße Randver und wäre aus Nowgorod gebürtig. Er stellte Sigmund vor die Wahl: entweder seine Schiffe aufzugeben und sich ihm selbst zu überantworten, oder sich zu wehren. Sigmund sagte, daß die Bedingungen ungleich wären und daß sie zuerst ihre Waffen prüfen müßten. Randver befahl seinen Leuten, mit drei Schiffen anzugreifen, da sie nicht mit allen herankommen kannten. Er selbst aber wollte erst abwarten, wie es ginge.

Sigmund steuerte das Schiff, das der Jarlssohn Svein ihm gegeben hatte, und Thorir dasjenige, das Jarl Erich gehört hatte. Jetzt griffen die Wikinger an, und der Kampf begann. Sigmunds Mannen schleuderten anfänglich so heftig mit Steinen, daß jene nichts anderes tun konnten, als sich decken, und die Steine verbraucht waren, schossen sie so hart mit Pfeilen, daß ein großer Teil der Wikinger fiel und viele verwundet wurden. Sigmund und seine Leute griffen darauf zu ihren Hiebwassen, und der Kampf begann für Randvers Mannen schwierig zu werden.

Als aber Randver seine Leute zurückweichen sah, rief er ihnen zu, daß sie große Tölpel wären, da sie nicht Männer überwinden könnten, die gar keine richtigen Männer seien. Sie erwiderten, daß er die Seinen oft aufreizte, sich selbst aber berge, und forderten ihn auf selbst vorzugehen. Er antwortete, daß es geschehen sollte.

Er führte jetzt das Drachenschiff und ein zweites Schiff heran, dessen Mannschaft noch Fäsch war. Ein drittes Schiff bemannte er mit unverwundeten Männern.

Jetzt griffen die Wikinger zum zweiten Male an, und der Kampf war viel härter als vorher. Sigmund war der vorderste Mann auf seinem Schiffe und schlug bart und oft. Sein Vetter Thorir bieli sich tapfer. Sie kämpften lange, und es war nicht zu sehen, wem der Sieg zufallen würde. Da sprach Sigmund zu seinen Leuten: "Wir werden nicht völlig siegen, wenn wir uns nicht weiter vorwagen. Jetzt will ich versuchen, das Drachenschiff zu besteigen, und ihr sollt mir mannhaft folgen."



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Mit elf Männern gelang es Sigmund, das Drachenschiff zu besteigen, und er tötete einen nach dem andern. Seine Leute folgten ihm tapfer.

Thorir konnte auch mit vier Männern auf das Drachenschiff kommen, und jetzt wichen alle vor ihnen zurück. Und als Randver das sah, sprang er vor, auf Sigmund zu. Sie trafen zusammen und fochten sehr lange.

Jetzt zeigte Sigmund seine Fertigkeit. Er warf sein Schwert in die Luft und faßte mit der linken Hand das Schwert, aber mit der rechten den Schild und hieb mit dem Schwerte nach Randver und schlug ihm den rechten Fuß unter dem Knie ab. Da siel Randver. Sigmund versetzte ihm einen Hieb durch den Hals, der den Kopf abtrennte.

Jetzt ließen Sigmunds Mannen den Kriegsruf erschallen, und da flüchteten die Wikinger mit drei Schiffen. Aber Sigmund räumte mit seinen Leuten das Drachenschiff indem sie jedes Menschenkind töteten, das darauf war.

Nun musterten sie ihre Schar. Dreißig Männer waren auf ihrer Seite gefallen.

Sie legten ihre Schiffe vor Anker, verbanden ihre Wunden und ruhten sich einige Nächte aud.

Sigmund nahm .das Drachenschiff in Besitz, und ebenso ein zweites Schiff, das die Wikinger zurückgelassen hatten. Sie machten große Beute an Waffen und anderen Schätzen.

Jetzt segelten sie fort, kamen nach Dänemark und fuhren von dort nach Brk. Sie suchten Jarl Erich auf, der Sigmund freundlich empfing und ibn einlud, bei ihm zu bleiben. Sigmund dankte dem Jarl für sein Angebot, sagte aber. er müsse zuerst nordwärts zu Jarl Hakon fahren.

Er ließ zwei Schiffe in verwahrung beim Jarl, da er zu wenig Mannschaft für die eroberten Schiffe hatte.

Dann kamen sie zu Jarl Hakon, und dieser empfing Sigmund und seine Genossen aufs freundlichste. Sigmund blieb den Winter beim Jarl und war jetzt ein angesehener Mann.

Aber zur Julzeit wurden Sigmund und Thorir Jarl Hakons Hofleute und lebten ruhig und in guten Umständen.



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19. Sigmund tötet Björn

Zu dieser Zeit herrschte König Erich der Siegreiche über Schweden. Er war ein gewaltiger König.

In einem Winter waren zwölf norwegische Kaufleute über Kjölen nach Schweden gefahren. Und als sie in Schweden angekommen waren, hielten sie Markt mit den Landleuten. Dabei entstand ein Zwist, und ein Norweger tötete einen Schweden . Und als König Erich das erfuhr, schickte er seine Gäste dorthin und ließ diese zwölf Männer töten.

Als nun der Frühling herangekommen war, fragte Jarl Hakon, wohin Sigmund im Sommer zu fahren gedächte. Sigmund antwortete, daß dies von den Absichten des Jarls abhinge . Jarl Hakon sagte: "Ich wollte, daß du dich dem Reiche des Schwedenkönigs nähertest und die Schweden daran erinnerst ; daß sie vor kurzem im Winter zwölf von meinen Leuten getötet haben, was noch nicht gerächt ist."

Sigmund sagte, er wolle es tun, wenn es möglich wäre. Jarl Saran gab ihm eine auserlesene Mannschaft von seinen Hofmannen annen, dazu eine Schar von seinen eigenen Kriegern. Jetzt begehrten alle, Sigmund zu folgen.

Sigmund segelte ostwärts nach Vik und suchte Jarl Erich auf, und dieser gab ihm noch eine tüchtige Schar mit. Jetzt hatte Sigmund über dreihundert Männer und fünf gut ausgerüstete Schiffe.

Sie segelten von dort südwärts nach Dänemark und dann ostwärts an der schwedischen Küste entlang und legten an Schwedens Ostküste ihre Schiffe an. Da sagte Sigmund zu seinen Leuten: "Hier müssen wir an Land gehen und als Wikinger vordringen."

Sie gingen jetzt ans Land und kamen dreihundert Mann stark in die Ansiedelungen und töteten Menschen, machten Beute, und verbrannten Gehöfte. von den Landleuten floh auf die Wiesen und in die Wälder, was nur entkommen konnte.

Nicht weit von der Gegend entfernt, wo Sigmunds Mannen die Flüchtigen verfolgten, herrschte ein Amtmann König Erichs, der Björn hieß. Dieser sammelte sich eine Schar, sobald er vom



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Überfall hörte, und kam mit großem Gefolge zwischen Sigmunds Schar und die Schiffe, und eines Tages sahen Sigmunds Leute das Landheer. Sie sprachen mit Sigmund darüber, was sie beschließen sollten.

"Viele guten Auswege gibt es," sagte Sigmund, "und nicht immer siegt die Überzahl, sondern die; die am schnellsten angreifen . Wir sollten unsere Schar in Schlachtordnung aufstellen und zwar in der keilförmigen Ordnung. Thorir und ich werden die vordersten sein, dann kommen drei und dann fünf. Aber die Männer mit Schilden sollen an beiden Flanken stehen. Und ich halte das rätlichste, daß wir gegen unsere Feinde anstürmen und versuchen, ihre Schlachtordnung zu durchbrechen. Die Schweden werden nicht fest im Felde stehen." Das taten sie. Sie stürmten gegen die Schweden an, und es gelang ihnen, deren Schlachtordnung zu durchbrechen.

Jetzt entstand ein harter Kampf, und viele von den Schweden fielen. Sigmund drang tapfer vorwärts und hieb nach beiden Seiten. Er traf auf Björns Fahnenträger und verwundete ibn tödlich. Dann feuerte er seine Leute an, die Schildburg zu durchbrechen. die um Björn geschlossen war, und das taten sie. Sigmund konnte an Björn herankommen und focht mit ihm. Er überwand ihn schnell und erschlug ibn.

Nun brachen die Wikinger in den Siegesruf aus, und die Landleute flüchteten. Sigmund sagte zu den Seinen, daß sie die Fliehenden nicht verfolgen sollten, da sie nicht stark genug zu einem solchen Unternehmen in einem unbekannten Lande seien. Sie machten aber große Beute und brachten diese auf ihre Schiffe. Jetzt segelten sie von Schweden fort und ostwärts nach Nowgorod und verheerten dort die Inseln und Küsten.

Zwei Brüder aus dem Reiche des Schwedenkönigs werden genannt. Der eine hieß Vandil, der andere Adil. Sie waren Landwehrmänner des Schwedenkönigs und hatten niemals weniger als zwei Drachen schiffe und acht andere Schiffe.

Als der Schwedenkönig erfuhr, daß ein Einfall in sein Land verübt war, sandte er den Brüdern eine Botschaft und bat sie, Sigmund und seinen Genossen das Leben zu nehmen. Sie erklärten sich willig dazu.



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Aber im Herbste segelten Sigmund und seine Leute westwärts und kamen an eine Insel, die vor der schwedischen Rüste liegt. Da sagte Sigmund zu seinen Mannen: "Jetzt sind wir nicht zu Freunden gekommen, da hier Schweden sind. Wir müssen vorsichtig sein, und ich werde die Insel ersteigen und mich umsehen."

Das tat er und sah an der andern Seite der Insel zebn Schiffe liegen. Es waren zwei Drachen schiffe und acht andere.

Sigmund sagte jetzt zu seinen Mannen, daß sie sich rüsten sollten und ihr Gut ans Land schaffen, dafür aber Steine auf die Schiffe bringen sollten. Und in der Nacht rüsteten sie sich zum Kampfe.


20. Sigmunds Kampf mit Bandit

Am frühen Morgen ruderten sie auf die zebn Schiffe zu, und deren Führer Sagte unverzüglich, wer die Wikinger schiffe führe. Sigmund sagte seine Namen.

Als jene erfahren hatten, wer diese Männer wären, brauchten sie nicht mehr nach ihrem Geschäft zu fragen. Sie griffen nach ihren Waffen, und der Kampf begann. Nirgendwo waren Sigmunds Mannen auf eine solche Probe gestellt worden.

Bandit legte jetzt sein Drachenschiff an Sigmunds Drachenschiff. Hart war der Empfang. Und als sie eine Weile gekämpft hatten, sprach Sigmund zu seinen Leuten: "Wir werden nicht Suber siegen, als bis wir den Feind angreifen. Jetzt will ich auf das Drachen schiff springen. Folgt mir mannhaft!" Somit sprang Sigmund auf das Drachenschiff, und eine große Schar folgte ihm. Er tötete bald den einen und den andern, und die Schweden zogen sich vor dem Angriffe zurück. Bandit drang jetzt gegen Sigmund vor, und die beiden fochten lange miteinander. Sigmund gebrauchte denselben Kunstgriff wie früher, die Waffen zwischen den Händen zu tauschen. Er hieb mit dem Schwerte in der linken Hand auf Bandit ein und trennte ihm die rechte Hand vom Arme, Das Schwert fiel nieder, das jener in der Hand gehalten hatte. Sigmund überwand ihn nun schnell und tötete ihn. Da riefen Sigmunds Mannen den Siegesruf. Jetzt sagte Adil: "Das Glück bat sich gewandt, und Bandit muß gefallen sein. Laßt uns fliehen, und jeder sorge für sich."



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Nun flohen Adils Mannen auf fünf Schiffen, aber vier Schiffe und ein Drachenschiff blieben zurück. Sigmunds Mannen töteten jedes Menschenkind, das noch auf den Schiffen war. Sigmund aber nahm das Drachenschiff und die andern Schiffe an sich.

Sie fuhren jetzt fort und kamen in das Reich des Dänenkönigs, wo sie sich sicher und ungefährdet wußten. Sie ruhten sich aus und verbanden ihre Wunden.

Aber als sie sich erholt hatten, segelten sie weiter und kamen rach Vik zu Jarl Erich und wurden freundlich empfangen. Sie verweilten dort und fuhren dann nordwärts nach Drontheim und kamen zu Jarl Hakon. Er empfing freundlich Sigmund und seine Mannen und dankte ihm für die Taten, die er im Sommer ausgeführt hatte. Sigmund und Thorir blieben den Winter über beim Jarl und einige ihrer Genossen mit ihnen. Ihre Mannen fanden anderswo Obdach. Sie litten jetzt keinen Mangel an Geld.


21. Ein Treffen zwischen Sigmund und Harald

Aber als es Frühling wurde, Sagte Jarl Hakon Sigmund, wohin er im Sommer zu ziehen gedächte. Sigmund antwortete , das hinge von den Wünschen des Jarls ab.

"Ich will dich nicht anreizen, auszuziehen, um die Schweden zu necken. Ich will, daß du westwärts über das Meer zu den Orkneyinseln fährst. Dort soll sich ein Mann aufhalten, der Harald Eisenstirn heißt. Ich habe ihn in meinem Lande friedlos erklärt, denn er ist mein größter Feind und hat viel Unruhe in Norwegen verursacht. Er ist ein starker Mann. Ich will, daß du ihn tötest, wenn du das ausführen kannst."

Sigmund antwortete, daß er ihn aufsuchen würde, wenn er seinen Aufenthaltsort erführe.

Nun segelte Sigmund mit acht Schiffen von Norwegen fort, und Thorir steuerte das von Bandit erbeutete Drachenschiff, aber Sigmund das von Randver erbeutete.

Sie segelten westwärts über das Meer, und es war den Sommer über schlecht um Beute bestellt. Und als der Sommer zu Ende



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ging, kamen sie nr Angelinsel, die im englischen Meere liegi. Da sahen sie sehn Schiffe vor sich liegen, und darunter fand sich ein großes Drachenschiff. Sigmund erfuhr bald, daß Harald Eisenstirn diese Schiffe führte. Sie verabredeten den Kampf zum nächsten Morgen.

Jetzt verging die Nacht, und bei Sonnenaufgang griffen sie zu ihren Waffen und kämpften den ganzen Tag bis zur Nacht. Sie trennten sich in der Dunkelheit und verabredeten miteinander , den Kampf am nächsten Morgen fortzusetzen.

Und am andern Morgen rief Harald zu Sigmunds Schiff hin über und Sagte, ob er noch weiter kämpfen wollte. Sigmund antwortete, daß er nichts anderes wolle.

"Jetzt werde ich das sagen, was ich früher nicht gesagt habe," sagte Harald, "daß ich wünsche, daß wir Genossen werden und nicht länger gegeneinander kämpfen."

Dem schlossen sich die Man von beiden anund sagten, es wäre wünschenswert, sich zu vergleichen und eine Schar zu bilden, da nur wenige ihnen dann widerstehen könnten. Sigmund sagte, ein Umstand mache den Vergleich unmöglich.

"Was ist das:" Sagte Harald. Sigmund antwortete: "Jarl Hakon hat mich nach deinem Kopfe ausgesandt." "Böses habe ich von ihm erwartet," antwortete Harald" ,und ungleiche Männer seid ihr, denn du bist der tüchtigste Mann, aber Hakon ist einer der schlechtesten Menschen." "Wir sind nicht gleicher Ansicht über ihn," sagte Sigmund. Jetzt bemühten sich ihre Mannen, einen vergleich herbeizuführen, und das Ende war; daß sie sich verglichen und alle ihre Beute zusammenlegten. Sie sogen im Sommer weit umher, und wenige konnten ihnen widerstehen. Aber im Herbste sagte Sigmund, daß er nach Norwegen fahren wollte. Harald antwortete: "So müssen wir voneinander scheiden." " Das soll nicht geschehn," sagte Sigmund. Ich will, daß wir beide jetzt nach Norwegen fahren. Ich würde doch gewissermaßen das versprechen erfüllen, das ich Jarl Hakon gab, wenn ich dich zu ihm führe." "Wie könnte ich zu meinem größten Feinde gehen "Laß mich das ordnen," sagte Sigmund. "Ich glaube an dein Wort," sagte Harald, "und auch daran, daß du dich auf diese Sache verstehst."



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Sie segelten dann nordwärts nach Norwegen und kamen nach Hardanger. Dort wurde ihnen berichtet, daß Jarl Hakon in Nordmäre wäre und zwar in Bergund. Sie fuhren dorthin und legten ihre Schiffe bei Steenvaag an. Dann begab sich Sigmund mit zwölf Mann in einem Ruderboote nach Bergund, um zuerst allein Jarl Hakon aufzusuchen, während Harald in Steenvaag liegen blieb.

Nun kam Sigmund zu Jarl Hakon und fand diesen am Trinktische sitzen. Sigmund trat erfreut vor den Jarl hin und begrüßte ihn. Der Jarl empfing ibn liebreich und gebot, Sigmund einen Stuhl zu geben. Das geschah. Sie sprachen eine Weile miteinander, und Sigmund erzählte dem Jarl von seinen Fahrten, doch erwähnte er nicht sein Zusammentreffen mit Harald Eisenstirn. Aber als es Hakon dünkte, daß Sigmund zu lange zögerte, hiervon zu erzählen, Sagte er ihn, ob er mit Harald zusammengetroffen sei.

"Gewiß," sagte Sigmund und berichtete von den Ereignissen und ihrem vergleich. Da schwieg der Jarl, wurde blutrot im Gesichte und sagte nach einer Weile: "Oft hast du, Sigmund, meine Aufträge besser ausgeführt, als jetzt." "Jetzt ist der Mann hierher gekommen, Herr" sagte Sigmund. "Er ist in Eurer Gewalt, und ich wünsche, daß Ihr Euch meinetwegen mit ihm vergleicht, so daß ihm Leben und Gesundheit und der Aufenthalt hier im Lande sicher sei." "Das kann nicht geschehen," sagte der Jarl. "Ich werde ihn sofort töten lassen, wenn ich ihn finde." "Ich will mich für ibn verbürgen, Herr" sagte Sigmund" ,und biete Euch soviel Geld an, wie Ihr nur fordert." "Keinen vergleich will ich mit ihm schließen," sagte der Jarl. Sigmund antwortete: "Wenig hat es mir genützt, daß ich dir gedient habe; wenn ich nicht einmal einem Manne Frieden und Vergleich verschaffen kann. Ich werde dieses Land verlassen und dir nicht länger dienen und ich hoffe; daß es dir teuer zu stehen kommt, bevor er getötet wird."

Sigmund stand auf und ging aus der Stube hinaus, aber der Jarl blieb stehen und schwieg, und niemand wagte, Sigmund zu bitten. Da sprach der Jarl: "Zornig war Sigmund jetzt, und es würde ein Verlust mein Reich sein, wenn er



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fortginge. Aber das wird nicht sein Ernst sein." "Das war gewiß sein Ernst," sagten seine Mannen. "Geht ihm nach," sagte der Jarl, "und wir wollen uns unter den Bedingungen vergleichen, die er anbot.

Jetzt gingen Jarls Mannen Sigmund nach und sagten ihm das, und dieser ging zum Jarl. Dieser begrüßte ihn jetzt zuerst und sagte, daß sie sich unter den Bedingungen vergleichen sollten, die er vorher anbot: " —ich will nicht, daß du von mir fortziehst." Sigmund nahm den Frieden und vergleich von Jarl Hakon Harald entgegen und ging dann zu Harald und sagte ihm, daß der Vergleich geschlossen sei. Harald antwortete, es wäre kaum möglich, dem Jarl zu glauben, doch ging er mit Sigmund zum Jarl und verglich sich mit ihm.

Darauf fuhr Harald nordwärts nach Helgeland, aber Sigmund blieb den Winter über beim Jarl in großer Freundschaft. Auch Thorir war dort und eine große Schar mit ihnen. Sigmund sorgte gut für seine Leute, was Kleider und Waffen anging.


22. Von den Inselbewohnern und Sigmund

Setzt ist von den Färingern zu berichten, daß Hafgrims Sohn Össur bei Thrand von Gata aufwuchs, bis er ein völlig reifer Mann war. Er war stattlich anzusehen und tüchtig.

Thrand verschaffte ihm als Weib die beste Bauerntochter von den Inseln und sagte dann, daß sie sich in Gewalt und Herrschaft über die Inseln teilen wollten Össur sollte die Hälfte bekommen, die sein Vater besessen hatte, und Thrand die Hälfte, die den Brüdern Brestir und Beinir gehört hatte.

Thrand sagte auch zu Össur, daß er es für das richtigste hielte, wenn Össur alles Gut an Land und beweglicher Habe ansich nehme; das den Brüdern gehört hatte; und das sollte Sühngeld für seinen Vater sein,

Nun geschah alles, wie Thrand es geraten hatte,

Össur besaß jetzt drei Gehöfte, eins in Hof, das er von seinem Vater geerbt hatte; ein zweites auf der Buschinsel, das dritte auf Dimun, dem väterlichen Erbe Sigmunds und Thorirs.

Die Färinger hatten von Sigmund gehört, daß er ein berühmter



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Mann geworden sei, und hatten sich gut gerüstet. Össur ließ eine Schanze um das Gehöft auf der Buschinsel anlegen, wo er sich am meisten aufhielt. Die Buschinsel ist so hoch, daß sie sich gut verteidigen läßt. Sie hat nur einen Anstieg, und die Leute sagen, daß sie nicht erobert werden kann, wenn zwanzig oder dreißig Burschen sie verteidigen und wenn sie auch noch so viele angreifen,

Össur war auf seinen Fahrten zwischen seinen Gehöften immer von zwanzig Männern begleitet, aber zu Hause hatte er immer dreißig Mann und seine Arbeiter bei sich.

Kein Mann auf den Färöern war aber so mächtig, wie Thrand. Das viele Silber, das er in Helfingör bekommen hatte, ging nie zu Ende, und er war der Reichste von allen und beherrschte allein alle Färöer, denn Össur konnte sich an Klugheit nicht mit ihm niesen.


23. von Jarl Hakon und Sigmund

Jetzt ist von Sigmund zu berichten, daß er zu Jarl Hakon sagte, daß er jetzt seine Heerfahrten aufgeben und zu den Färöern gehen wollte. Er sagte, er wolle nicht länger hören, daß er seinen Vater nicht gerächt habe, denn das wäre ein Vorwurf. Er bat den Jarl um Unterstützung und Rat, wie er sein Unternehmen beginnen solle. Hakon antwortete, das Meer bei den Inseln sei schwer zu befahren und es herrsche dort eine starke Brandung: " — und dorthin kann man nicht mit Langschiffen kommen, und ich werde für dich zwei Handelsschiffe bauen lassen und dir Männer mitgeben, so daß sie uns gut ausgerüstet zu sein dünken." Sigmund dankte ihm für seine Wohltat.

Er bereitete sich jetzt im Winter zur Fahrt, und diese Schiffe waren im Frühling vollkommen ausgerüstet, und ihre Besatzung war zur Stelle.

Harald suchte im Frühling Sigmund auf und bereitete sich zur Fahrt mit ihm, und als er fast ganz gerüstet war, sagte der Jarl: "Den soll man auf der Ausreise begleiten, den man wiedergekehrt sehen will."

So gab der Jarl Sigmund das Geleit und fragte "Was sagst du jetzt hierzu und auf wen vertraust du:" Sigmund antwortete:"



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Ich glaube an meine Kraft und Stärke." Der Jarl sprach: "Das darf nicht sein, sondern du mußt dein vertrauen auf das Wesen lenken, dem ich wohl vertraue, und das ist Thorgerd, die Seherin von Hardanger. Wir müssen zu ihr gehen und dort dein Heil suchen."

Sigmund bat ibn darüber zu bestimmen. Und dann gingen sie auf einem Wege um Walde, und weiter auf einem kleinen Steige. Sie kamen auf eine Lichtung und dort stand ein Haus, das von einem Zaune umgeben war. Das Haus war sehr schön. Mit Gold und Silber waren die Holzschnitzereien ausgegossen .

Hakon und Sigmund gingen mit wenigen Leuten in das Haus hinein. viele Götzenbilder waren im Hause, und viele Glasfenster, so daß es nirgendwo Schatten gab. Eine schön geschmückte Frau befand sich im Hause, gerade dem Eingange gegenüber.

Der Jarl warf sich vor ihren Füßen nieder und lag so lange da. Dann stand er e und sagte zu Sigmund, daß sie der Frau ein Opfer darbringen und das Silber auf den Stuhl vor ihr hinlegen müßten.

"Aber daran werden wir sehen," sagte Hakon, " wie sie unser Opfer annimmt, ob ich ihr den Ring abstreifen kann, den sie an ihrer Hand trägt. Dieser Ring wird dir, Sigmund, Glück bringen."

Der Jarl versuchte den Ring zu nehmen, und es dünkte Sigmund, daß die Frau ihre Hand zu einer Faust ballte; und der Jarl bekam den Ring nicht.

Der Jarl warf sich zum zweiten Male vor ihr nieder, und Sigmund sah, daß er Tränen in den ?lugen hatte. Als er dann darauf wieder aufstand und nach dem Ringe griff, war dieser lose; und der Jarl gab Sigmund den Ring und sagte, daß Sigmund sich nie von dem Ringe trennen dürfe; und Sigmund versprach es.

Darauf schieden sie, und Sigmund ging zu seinen Schiffen, und es wird berichtet, daß sich fünfzig Männer auf jedem Schiffe befunden haben,

Nun stachen sie in See; und sie hatten günstigen Wind, bis sie



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vögel von den Inseln sahen, und hielten ihre Schiffe zusammen. Harald Eisenstirn war auf demselben Schiffe wie Sigmund, aber Thorir steuerte ein anderes Schiff. Dann überfiel sie ein Sturm und trennte die Schiffe. Sie wurden mehrere Tage umhergetrieben .


24. Sigmund kommt zu Thrand

Jetzt ist von Sigmund und seinen Genossen zu berichten, daß sie günstigen Wind bekamen und auf eine Insel zu segelten. Sie sahen, daß sie sich an der östlichen Seite der Inseln befanden Auf Sigmunds Schiff befanden sich einige Männer, die die Beschaffenheit des Landes kannten und wußten, daß sie in die Nähe der Ostinsel gekommen waren.

Sigmund sagte, daß er am liebsten versuchen wollte, Thrand in seine Gewalt zu bekommen.

Aber als sie sich der Insel näherten, begegneten sie Wind und Sturm, so daß sie nicht an die Insel herankommen konnten. Sie kamen aber bei Tagesgrauen zur Schwnnsinsel, da sie landeskundige Männer an Bord hauen. Sie liefen vierzig Mann stark sofort zum Gehöfte hinauf, während zehn das Schiff bewachten. Sie umstellten das Gehöft, erbrachen es, ergriffen den Bauer Bjarni in seinem Bett und führten ihn hinaus . Bjarni fragte, wer ihr Führer wäre. Sigmund nannte sich. "Da wirst du grimmig gegen den gesinnt sein, der dir nichts als Böses in dem Treffen erzeigt hat, wo dein Vater getötet wurde, und nicht will ich dir verhehlen, daß auch ich dort war. Aber entsinnst du dich dessen, was ich in bezug auf dich sagte, als vorgeschlagen wurde; dich und Thorir zu töten: Ich sagte, daß man euch ebensowenig wie mich selbst töten würde." "Gewiß erinnere ich mich daran," sagte Sigmund. "Wann wird mir das vergolten werden ?" fragte Bjarni. "Jetzt" antwortete Sigmund. "Du sollst Frieden haben, aber was alles übrige betrifft, so will ich allein darüber bestimmen." "So soll es gewiß sein," sagte Bjarni. "Du sollst mit uns zur Ostinsel fahren," sagte Sigmund. "Solange dieses Wetter anhält, kommst du ebensowenig dorthin, wie in den Himmel hinauf," sagte Bjarni. "Dann sollst du mit uns zur Buschinsel fahren,



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falls Össur zu Hause ist." "Du magst darüber bestimmen, und ich glaube, daß Össur dort ist;" sagte Bjarni.

In der nächsten Nacht fuhren sie zur Buschinsel und kamm wieder bei Morgengrauen zur Insel. Es traf sich für Sigmund so glücklich, daß keine Wache beim Einstieg dort auf der Buschinsel stand. Sie gingen sofort hinauf, und fünfzig Männer begleiteten sie, die Bjarni ihnen mitgegeben hatte. Als sie zur Schanze kamen, hatte Össur mit seinen Mannen sie besetzt, und Össur fragte, wer die Männer seien, die gekommen wären. Sigmund nannte seinen Namen.

"Du wirst glauben, daß du Ansprüche an uns hast, und ich will dir den Vergleich anbieten," sagte Össur, "daß die besten Männer von den Färöern zwischen uns richten." "Nichts kann aus einem Vergleiche zwischen uns werden," antwortete Sigmund , " wenn ich nicht allein die Bedingungen festsetze." "Ich werde mich nicht so vergleichen," sagte Össur, "daß ich mich völlig deinem Urteile unterwerfe. Ich weiß nichts davon, daß zwischen uns Männern oder unseren Rechten ein solcher Unterschied besteht, daß ich dessen bedürfte."

Als Antwort wandte sich Sigmund an seine Mannen und sagte, daß sie einen Scheinangriff auf die Schanze ausführen sollten: " — aber ich werde überlegen, was ich zu tun habe." Harald Eisenstirn war hart mit seinen Ratschlägen und verwarf jeden vergleich.

Össur hatte dreißig Mann auf der Schanze, und diese war schwer anzugreifen. Össur hatte einen Sohn, der Leif hieß. Dieser war damals ein kleines Kind,

Nun griffen Sigmunds Mannen die Schanze an, und jene verteidigten sie. Sigmund ging um die Schanze herum und betrachtete sie genau.

Er war folgendermaßen ausgerüstet: er hatte einen Helm auf dem Kopfe und ein Schwert am Gürtel, in der Hand hielt er eine silberbeschlagene und ausgeschweifte Art, deren Schaft umwunden war. Es war eine vortreffliche Waffe. Er trug einen roten Rock und darüber einen leichten Brustharnisch. Freunde und Feinde sagten, daß sonst nie ein solcher Mann auf die Färöer gekommen war.



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Sigmund sah, daß an einer Stelle die Wand der Schanze etwas eingestürzt und leichter als sonst zu ersteigen war. Sigmund trat etwas zurück, nahm einen Anlauf und sprang so hoch an der Schanze hinauf, daß er die Art oben in der Schanze festhaken konnte. Er kletterte dann schnell am Axtschafte hinauf und gelangte so auf die Schanze,

Ein Mann lief gleich auf ihn zu und hieb mit seinem Schwerte nach ihm. Sigmund sing den Hieb mit der Art auf und stieß mit der Artspitze zu, so daß die Art dem Manne tief in die Brust drang und er bald starb.

Das sah Össur und lief auf Sigmund zu und hieb nach ihm, aber Sigmund fing auch diesen Hieb auf und schlug nach Össur mit seiner Art. Er trennte Össurs rechte sand ab, so daß sein Schwert niederfiel. Dann schlug Sigmund zum zweiten Male zu und traf Össur in die Brust, so daß die Art tief eindrang, und Össur zusammenbrach.

Jetzt stürzten sich viele Männer auf Sigmund, aber dieser sprang rückwärts von der Schanze hinab und kam auch auf die Füße zu stehen.

Nun sammelten sich die Männer um Össur, bis er tot war.

Sigmund rief jetzt den Männern zu, die äch noch auf der Schanze befanden, daß sie die Wahl zwischen zwei Dingen hätten: entweder in der Schanze ausgehungert oder verbrannt zu werden, oder aber einen vergleich einzugehen, und ihm allein zu überlassen, die Bedingungen festzusetzen. Sie stimmten dem zu und ergaben sich.

von Thorir ist zu berichten, daß er zur Südinsel gekommen war und mit Sigmund zusammentraf, nachdem sich jene Ereignisse zugetragen hatten.

Jetzt gingen Boten zwischen Sigmund und Thrand bin und her, um einen Vergleich zu finden. Waffenstillstand wurde geschlossen und eine Zusammenkunft war in Thorshafen auf der Strominsel verabredet. Dort war die Thingstätte der Färinger. Sigmund und Thrand kamen mit großem Gefolge dorthin, und Thrand war sehr übermütig.

Der Vergleich wurde jetzt besprochen, und Thrand sagte: "Es war nicht richtig von mir, daß ich bei dem Treffen zugegen



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war, dem dein Vater getötet wurde, Vetter Sigmund. Deshalb will ich dir einen Vergleich zugestehen, der für dich am ehrenvollste ist, und der dich befriedigen muß, und ich will, daß du alle Streitigkeiten zwischen uns entscheidest." "Das will ich nicht," antwortete Sigmund, "ich will, daß Jarl Hakon alle Streitigkeiten schlichte, oder daß wir unverglichen bleiben, was ich besser halte. Aber wir müßten beide zu Jarl Hakon fahren, falls wir uns vergleichen wollen." "Ich hielte es für das Wünschenswerteste, Vetter," sagte Thrand, "das du richtest. Ich bedinge mir nur aus, daß ich Landes- frieden habe, und die Herrschaft behalte, die ich jetzt habe." "Nichts wird aus dem Vergleiche,"sagte Sigmund",außer unter den Bedingungen, die ich anbot."

Und als Thrand sah, daß alles andere härter sei, verglichen sie sich unter den Bedingungen und verabredeten, im Sommer zusammen nach Norwegen zu fahren.

Eins von Sigmunds Schiffen kehrte im Herbste nach Norwegen zurück und führte viele von Sigmunds Mannen mit sich. Sigmund blieb mit seinem Vetter Thorir und Harald Eisen- stirn den Winter über auf der Buschinsel, und viele Männer waren bei ihnen. Sigmund entfaltete große ,Pracht und ließ es sich an nichts fehlen.

Jetzt verging der Winter und Sigmund rüstete sein Schiff. Thrand rüstete ein Frachtschiff aus, das ihm gehörte. Jeder von ihnen wußte von den Vorbereitungen des andern.

Sobald Sigmund gerüstet war, segelte er fort. Thorir und Harald Eisenstirn begleiteten ihn, und fast zwanzig Männer waren auf dem Schiffe. Sie landeten in Norwegen bei Süd- möre, und hörten, das Jarl Hakon nicht weit sei. Sie kamen bald zu ihm, und er empfing sie freundlich. Sigmund berichtete ihm von seinem vergleiche mit Thrand. Der Jarl antwortete: "Ihr seid nicht gleich klug gewesen. Ich zweifle daran, daß Thrand bald zu mir kommt."

Jetzt verstrich der Sommer, und Thrand kam nicht. Ein Schiff kam von den Färöer, und die Besatzung berichtete, daß Thrand zurückgetrieben sei, und daß sein Schiff beschädigt und nicht mehr seetüchtig wäre,



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25. Jarl Hakon entscheidet zwischen Sigmund und Thrand

Jetzt sagte Sigmund dem Jarl, er wolle, daß der Jarl doch zwischen ihm und Thrand entscheide, obwohl dieser nicht gekommen sei. Der Jarl sagte, daß es geschehen sollte: " — dir erkenne ich eine doppelte Mannesbuße zu für die beiden Brüder, eine dritte, weil Thrand wollte, daß ihr beide getötet würdet, nachdem er eure väter hatte töten lassen, ein viertes Bußgeld soll dazu kommen, weil Thrand euch als Sklaven verkaufte. Aber zu dem viertel der Färöer; das jetzt unter deiner Herrschaft steht, soll soviel von Thrands Beute und Össurs Erbe hinzugefügt werden, daß es zur Hälfte der Inseln wird. Die andere Hälfte soll mir dafür zufallen, daß Hafgrim und Thrand meine Hofleute Brestir und Beinir erschlugen. Für Hafgrims Tötung soll keine Buße geleistet werden, da er Brestir erschlagen und unschuldige Männer angegriffen hat. Össur soll nicht gebüßt werden, da er sich ohne Recht dein Gut angeeignet bat, auf dem er erschlagen wurde. Aber du sollst alle Geldbußen mit deinem Vetter Thorir nach Gutdünken teilen. Thrand soll Landesfrieden haben, wenn er diesen vergleich hält. Alle Inseln sollst du zum Lehen von mir haben und mir eine Steuer für meine Hälfte bezahlen."

Sigmund dankte dem Jarl für diesen Schiedsspruch und blieb den Winter über bei ibm-

Im Frühling fuhr er zu den Färöern, und sein Vetter Thorir begleitete ihn, aber Harald Eisenstirn blieb in Norwegen zurück. Sigmund hatte gute Fahrt und kam zu den Färöern. Er berief Thrand zu einem Thinge in Thorshafen auf der Strominsel. Thrand kam dorthin und ebenso viele andere Männer.

Sigmund sagte, daß Thrand den vergleich schlecht gehalten habe und gab den Schiedsspruch des Jarls bekannt. Er forderte dann Thrand auf, entweder den vergleich zu halten, oder ihn zu verwerfen. Thrand bat Sigmund darüber zu bestimmen und sagte, es wäre am besten, daß ein so hervorragender Mann darüber urteile. Sigmund antwortete, daß Thrand ihn nicht



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länger hinhalten solle, und verlangte ein klares Ja oder Nein. Er fügte hinzu, daß er ebensogern unverglichen bliebe.

Thrand wählte, lieber den Vergleich zu halten, und bai sich eine längere Frist zur Bezahlung der Gelder aus, denn der Jarl hatte bestimmt, daß das Geld im Laufe eines halben Jahres bezahlt werden müsse. Auf die Bitte der andern Männer willigte Sigmund ein, daß das Geld im Laufe von drei Jahren zu bezahlen sei. Thrand sagte, ihm würde es zusagen, wenn sein Vetter Sigmund ebensolange die Herrschaft ausübte, wie er früher, und es wäre billig, daß es so geschähe. Sigmund antwortete , Thrand brauche nicht mit solchen Heucheleien zu kommen . Sie trennten sich nun so, daß alle Männer verglichen waren.

Thrand nahm jetzt Össurs Sohn Leif zur Erziehung zu sich nach Gata, und dort wuchs dieser auf.

Sigmund rüstete sein Schiff im Sommer zur Fahrt nach Norwegen , und Thrand bezahlte ihm ein Drittel des Geldes, doch zögerte er sehr damit.

Bevor Sigmund von den Inseln fort segelte, erhob er die Steuern für Jarl Hakon. Er hatte eine gute Fahrt und kam mit seinem Schiffe nach Norwegen. Er traf bald Jarl Hakon und gab ihm die Steuern. Der Jarl empfing Sigmund freundlich und ebenso seinen Vetter Thorir und alle ihre Genossen. Sie blieben jetzt den Winter über beim Jarl,


26. Von Thorkel Barfrost und Sigmund

In dem Sommer, der auf den Winter folgte, wo Jarl Hakon zur Julzeit Sigmund zu seinem Hofmanne ernannt hatte, war Sigmund mit dem Jarl zum Thinge auf Frosta gefahren, und dort hatte Sigmund die Bitte seines Schwiegervaters Thorkel vorgebracht, daß Jarl Hakon ihm wieder vollen Landesfrieden gebe, und Jarl Hakon hatte das sofort verfügt,

Der Jarl hatte dann Thorkel und die Seinen holen lassen, und Thorkel hatte mit seinem Weibe und seiner Tochter Thurid den folgenden Winter beim Jarl verlebt. Sie hatte in demselben Sommer, wo Sigmund und Thorir fortgezogen waren, eine Tochter geboren, die Thora genannt wurde.



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Im Frühling darauf hatte Jarl Hakon Thorkel Barfrost zum Amtmann in der Landschaft Örkedalen ernannt, und dort hatte dieser die ganze Zeit durch gewohnt, soweit die Geschichte bis jetzt gekommen ist.

Jetzt ritt Sigmund nach Örkedalen und suchte Thorkel auf, der ihn freundlich empfing. Und nun brachte Sigmund seine Werbung vor und bat um Thurid. Thorkel nahm die Werbung freundlich auf. und es dünkte ihn, daß seine Tochter, wie er mit den Seinen dadurch Ehre und Ansehen gewönne.

Sigmund hielt seine Hochzeit in Lade bei Jarl Hakon, und der Jarl ließ das Gelage sieben Nächte lang währen.

Thorkel Barfrost wurde Jarl Hakons Hofmann und liebster Freund. Darauf kehrten alle wieder nach Hause zurück, aber Sigmund blieb mit seinem Weibe beim Jarl, bis er im Herbste zu den Färöern hinausfuhr, wobei ihm sein Weib Thurid und seine Tochter Thora begleiteten.

Den Winter über war alles auf den Färöern ruhig.


27. Sigmund treibt die Steuern auf den Färöern ein

Im Frühling begaben sich die Männer zum Thinge auf der Strominsel, dabei kamen viele Leute zusammen, und Sigmund hatte ein großes Gefolge mitgebracht.

Thrand kam dorthin, und Sigmund forderte das zweite Drittel seines Geldes und sagte, daß er eigentlich die ganze Summe zu fordern hätte und sich auf Fürbitte der andern Männer damit begnügen wolle. Thrand antwortete: "So verhält es sich, Vetter daß der Knabe, der Leif heißt und Össurs Sohn ist, sich bei mir aufhält. Ich habe ihn zu mir genommen, als wir uns verglichen. Jetzt will ich dich bitten, Vetter, daß du Leif etwas Bußgeld nach dem Tode seines vaters Össur gönnst, den du getötet hast; und ich möchte ihm gern das Geld auszahlen, das du bei mir zugute hast." "Darauf gehe ich nicht ein," antwortete Sigmund,"und du sollst mir mein Geld bezahlen." "Mein vorschlag muß dir auch billig dünken," sagte Thrand. Sigmund antwortete: "Bezahl du das Geld, sonst geht es dir schlecht."



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Thrand gab ihm da die Hälfte des Drittels und sagte, er könnte jetzt nicht mehr bezahlen. Da ging Sigmund auf Thrand zu. In der Hand hielt er die silberbeschlagene Art, mit der er Össur getötet hatte. Er setzte Thrand die Artspitze vor die Brust und sagte, er würde so zudrücken, daß Thrand es deutlich fühlen würde, wenn er nicht sofort das Geld bezahlte. Thrand sagte da: "Ein gefährlicher Mann bist du," und bat einen seiner Leute in sein Zelt nach dem Geldbeutel zu gehen, der dort lag und nachzusehen, ob er noch etwas Silber enthielte .

Jener ging und brachte Sigmund den Beutel, und als das Geld gewogen wurde, zeigte es sich, daß es noch gerade so viel war, wie Sigmund zu fordern hatte. Darauf trennten sie sich.

In diesem Sommer fuhr Sigmund nach Norwegen mit den Steuern Jarl Hakons und wurde dort freundlich empfangen. Er blieb nur kurse Zeit beim Jarl und kehrte dann zu den Färöern zurück, wo er den Winter verbrachte. Sein Vetter Thorir war immer bei ihm.

Sigmund hatte sich viele Freunde auf den Inseln erworben. Er und Bjarni von der Schweinsinsel hielten genau ihren vergleich, und Bjarni vemittelte beständig zwischen Sigmund und Thrand, sonst wäre es schlimm gewesen.

Im Frühling begaben sich die Männer zum Thinge auf der Strominsel, und viele Leute kamen dort zusammen.

Sigmund forderte sein Geld von Thrand, aber Thrand bat um Bußgeld für Leif, da Sigmund seinen Vater Össur erschlagen habe, und viele Männer versuchten zu vermitteln. Sigmund ant- wortete: "Thrand bezahlt Leif ebensowenig wie mir, aber der Worte guter Männer wegen mag die Schuld noch stehenbleiben Aber ich verzichte nicht darauf und gebe kein Bußgeld für Össurs Tod, so wie die Sachen liegen." Damit schieden sie und kehrten vom Thinge zurück,

Sigmund rüstete sich, um im Sommer mit Jarl Hakons Steuern nach Norwegen zu fahren, und wurde spät fertig. Als er gerüstet war, stach er in See. Sein Weib Thurid blieb zurück, aber sein Vetter Thorir begleitete ihn.



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Sie hatten eine gute Überfahrt und landeten im Spätherbste bei Drontheim. Sigmund ging zu Jarl Hakon und wurde freundlich empfangen.

Damals war Sigmund siebenundzwanzig Winter alt.

Er blieb jetzt bei Jarl Hakon,


28. Sigmund überwindet Bui

In diesem Winter kamen die Jomswikinger nach Norwegen und kämpften gegen Jarl Hakon und seine Söhne. Die Vettern Sigmund und Thorir waren in der Schlacht bei den Jarlen Hakon und Erich, und es wird berichtet, daß Sigmund als Erster auf das Schiff Buis des Starken sprang, als dieser am heftigsten kämpfte, und daß Thorir ibm mit dreißig Mann folgte.

Aber als Sigmund und Bui miteinander fochten, sah Sigmund, daß er Bui an Kraft und Stärke der Hiebe nicht ebenbürtig sei. Er wandte seine Kunstgriffe an, warf Schild und Schwert in die Luft und vertauschte sie in seinen Händen, wie er es oft tat. Damit überraschte er Bui und hieb ibm die linke Hand beim Handgelenk ab.

Darauf sprang Sigmund wieder auf sein Schiff zurück mit sieben Männern, aber alle andern, die Thorir gefolgt waren, waren gefallen. Bui sprang dann über Bord, und sein Schiff wurde geräumt.

Im Frühling darauf machte Jarl Hakon Sigmund große Geschenke, bevor sie schieden. Die Vettern segelten dann zu den Färöern hinaus, siedelten sich dort an, und Sigmund herrschte dort ganz allein.


29. Sigmund kommt zu König Olaf 1

Jetzt ist davon zu berichten, daß König Olaf zwei Winter in Norwegen gewesen war und alle Bewohner von Drontheim zum Christentum bekehrt hatte. 

1 Die Saga überspringt folgende Ereignisse, die sie natürlich bei ihren Hörern als bekannt voraussehen darf: König Olaf war aus seiner verbannung mit einer Flotte nach Norwegen zurückgekehrt und hatte sich das ganze Sand unterworfen. Jarl Hakons Sohn Erling fiel im Kampfe gegen ihn. Hakon selbst flüchtete, nur von einem tristen Knechte namens Rare begleiten,



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Da sandte der König eine Botschaft nach den Färöern zu Sigmund , entbot ihn zu sich und ließ ihm sagen, daß Sigmund geehrt werden und zum mächtigsten Manne auf den Färöern gemacht werden sollte, wenn er König Olafs Gefolgsmann würde.

Als der Sommer seinem Ende zuging, reiste König Olaf von Drontheim südwärts nach Südmöre und hielt sich bei einem reichen Bauern auf.

Da kamen auf die Botschaft des Königs hin Sigmund und Thorir von den Färöern. Als Sigmund vor den König trat, empfing ihn dieser aufs freundlichste, und sie kamen bald ins Gespräch. Da sagte der König: "Gui hast du daran getan, Sigmund, daß du diese Reise unternommen hast. Deshalb entbot ich dich hauptsächlich zu mir, weil mir so viel von deiner Tapferkeit und deiner Geschicklichkeit erzählt worden ist. Ich will gern dein vollkommener Freund sein, wenn du mir in den Dingen gehorchen willst, an denen mir am meisten liegt. Manche Männer sagen auch, daß unsere Freundschaft nicht ungehörig sei, da wir beide nicht als unmannhaft gelten, dagegen aber lange Widerwärtigkeiten und Elend erduldet haben, bevor wir die uns zukommende Achtung erlangten. Manche Dinge sind uns nicht ungleich in unserer Landflüchtigkeit und Knechtschaft begegnet: du warst ein Kind und sahest zu, wie dein unschuldiger Vater getötet wurde. Aber ich war noch im Mutterleibe, als mein unschuldiger Vater verräterisch durch Bosheit und Habgier seiner Sippe getötet wurde. Dann ist mir auch berichtet worden, daß man, statt dir Bußgeld für den Tod deines Vaters zu bieten, dich wie deinen Vetter töten wollte. Später wurdest du als Sklave verkauft, man hat sogar noch Geld dafür gegeben, um dich zu einem Knechte und Sklaven zu machen, und so wurdest du von deinem Gute und deiner Heimat vertrieben und weggeführt. Lange Zeit hindurch hast du nichts gehabt, um dir in einem unbekannten 

zu seiner Geliebten Thora auf deren Hof Rimol der nähe von Dront- heim. Thora verbarg die beiden männer in einem Stall. Kark ermordete aber seinen Herrn und brachte Hakons Haupt zu König Olaf, der ihn für diese Untat hinrichten lieg.



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Lande das Leben zu fristen, wenn sich nicht fremde Menschen aus Barmherzigkeit deiner angenommen hätten, unter der Leitung dessen, der alles vermag. Aber gan; ähnliches wie das, was ich von dir aufgezählt habe, ist mir begegnet. Gleich nach meiner Geburt wurde mir von meinen Landsleuten nachgestellt , die mir nach dem Leben trachteten, so daß meine Mutter in bitterer Armut mit mir von ihrem Vater und ihrer Sippe und ihrem ganzen Gute fliehen mußte. Das waren die ersten drei Jahre meiner Kindheit. Dann wurden wir beide von Wikingern erbeutet, und ich wurde von meiner Mutter getrennt, so daß ich sie nie mehr wiedergesehen habe. Dreimal wurde ich als Sklave verkauft und lebte in Esthland unter ganz fremden Menschen, bis ich neun Jahre alt war. Da kam einer aus meiner Sippe mir, der meine Herkunft erfuhr. Er erlöste mich aus der Knechtschaft und brachte mich ostwärts nach Nowgorod. Und dort lebte ich weitere neun Jahre als Heimatloser , obgleich man mich einen Seien Mann nannte. Dann erholte ich mich etwas und genoß größere Ehre und Ansehen von König Waldemar, als einem Ausländer zustehen mag. Auch das kann mit den Ehrungen verglichen werden, die Jarl Hakon dir zuteil werden ließ. Jetzt ist es endlich dahin gekommen, daß jeder von uns sein väterliches Erbe und Geburtsland wieder erworben hat, nachdem wir lange Glück und Ehre entbehrt haben. Und hauptsächlich, weil ich erfahren habe, daß du nie nach der Sitte anderer Heiden Götzen geopfert hast, hoffe ich, daß der hohe Himmelskönig, der Schöpfer aller Dinge, dich durch meine Worte zur Kenntnis seines heiligen Namens und des heiligen Glaubens führen wird und dich zu meinem Genossen im rechten Glauben machen wird, da wir in Kraft und Fertigkeiten und anderen Beweisen seiner Gnade gleich sind, die er mir gegeben hat, lange bevor ich etwas von seiner Herrlichkeit vernommen hatte. Nun gebe der allmächtige Gott, daß ich dich sum wahren Glauben und zu seinem Dienste bringe, so daß du dann durch seine Barmherzigkeit und mein Beispiel und meine Aufmunterung alle deine Untergebenen zu seiner Herrlichkeit führest, was ich bestimmt erhoffe. Wenn du auf die Worte hörst, die ich jetzt gesprochen habe,


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und Gon treulich und standhaft dienst, sollst du auch von mir Ehre und Freundschaft erhalten, obgleich das nichts gegen die Ehre und das Glück ist, die der allmächtige Gott dir wie jedem andern zuteil werden läßt, der seine Gebote aus Liebe zum Heiligen Geiste erfüllt und die seines großen Sohnes, des Königs aller Könige, der ewig in der höchsten Herrlichkeit des Himmelreichs herrscht."

Als der König seine Rede beendet hatte, antwortete Sigmund: "Es ist Euch bekannt, Herr, was Ihr auch vorhin in Eurer Rede erwähntet, daß ich ein Dienstmann Jarl Hakons war. Er war gut zu mir, und ich war zufrieden. Er war huldreich und aufmerksam und liebevoll gegen seine Freunde, aber grimmig und listig gegen seine Feinde. Doch ist ein großer Unterschied zwischen Euren Glaubensbekenntnissen. Ich sehe aus Euren Worten, daß Euer Glaube in allen Beziehungen schöner und besser ist, als der der Heiden, und will gern Eurem Rate folgen und Eure Freundschaft erwerben. Den Götzen habe ich nicht opfern wollen, weil ich schon lange sah, daß der Glaube an sie nichts nützte, obwohl ich von keinem besseren wußte."

König Olaf Sente sich über Sigmunds Worte und darüber, daß er so bereitwillig seinen vorschlag annahm.

Sigmund wurde jetzt getauft und ebenso alle seine Genossen, und der König ließ sie in der heiligen Lehre unterweisen.

Sigmund blieb den Winter über in großen Ehren beim Könige.


30. Sigmunds Fahrt, um das Christentum auf den Färöern 3u verkünden

Als der Frühling sich näherte, kam der König eines Tages mit Sigmund ins Gespräch und sagte, daß er ibn nach den Färöern senden wolle, um dort die Leute zum Christentum zu bekehren. Sigmund bat, ihm den Auftrag zu erlassen, fügte sich aber dann doch dem Willen des Königs. Der König ernannte ihn da zum Herrn aller Inseln und gab ihm Geistliche mit, um das Volk zu taufen und es in der Lehre zu unterrichten Sobald Sigmund gerüstet war, segelte er fort und hatte eine glückliche Überfahrt.

Als er zu den Färöern kam, berief er die Bauern zu einem



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Thinge auf der Strominsel, und viele Leute kamen dort zusammen . Als das Thing geordnet war, stand Sigmund auf und hielt eine lange Rede, in der er berichtete, daß er in Norwegen bei König Olaf, dem Sohne Tryggvis, gewesen sei. Er sagte auch, daß der König ihm Gewalt über alle Inseln gegeben hätte. Darüber freuten sich die meisten Bauern. Dann sagte Sigmund:"Dieses will ich auch bekannt machen, daß ich einen andern Glauben angenommen habe und Christ geworden bin. König Olaf hat mir jetzt auch den Auftrag und das Gebot gegeben, alle Leute auf den Inseln zum wahren Glauben zu bekehren."

Thrand antwortete ihm und sagte, es wäre billig, daß die Bauern eine so wichtige Angelegenheit untereinander besprachen. Die Bauern sagten, das sei gut gesprochen.

Sie zogen sich jetzt auf die andere Seite des Feldes zurück. Thrand sprach jetzt auf die Bauern ein und sagte, daß am besen wäre, sich sofort zu weigern, diese Botschaft entgegenzunehmen und seine Überredungskunst brachte es so weit, daß ihm alle beistimmten.

Als Sigmund aber sah, dag alle Männer zu Thrand übergegangen waren, so daß bei ihm nur noch seine eigenen Männer zurückgeblieben, die Christen waren, sagte er: "Zu große Macht habe ich Thrand gegeben."

Bald darauf strömten die Männer dorthin, wo Sigmund mit seinen Mannen saß. Sie hoben ihre Waffen und zeigten sich nicht friedlich gesinnt. Sigmund und seine Leute sprangen ihnen entgegen. Da sagte Thrand "Setzt euch jetzt alle nieder und seid nicht so heftig. Aber das muß dir gesagt werden, Vetter Sigmund, daß wir Bauern gegenüber dem Ansinnen, das du stellst; alle darin einig sind, unsern Glauben nicht wechseln zu wollen. Und wir werden dich hier auf dem Thinge angreifen und töten, wenn du deinen Antrag nicht zurück nimmst und schwörst, nie mehr jene Botschaft hier auf den Inseln vorzubringen ."

Als Sigmund sah, daß er diesmal nichts für den Glauben tun konnte und nicht stark genug war, gegen alle die Männer zu fechten, die dort zusammengekommen waren, versprach er das



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verlangte mit Worten und Handschlag, und damit schloß das Thing.

Sigmund hielt sich den Winter über zu Hause auf der Buschinsel auf und ärgerte sich darüber, daß er vor den Bauern hatte zurückweichen müssen. Doch ließ er sich nichts anmerken.


31. Thrand wird gezwungen, sich taufen zu lassen

Einmal im Frühling waren die Strömungen so stark, daß es die Leute für unmöglich hielten, auf dem Meere oder zwischen den Inseln zu segeln.

Da segelte Sigmund mit dreißig Männern und zwei Schiffen von Hause fort und sagte, daß er jetzt entweder den Auftrag des Königs ausführen oder sterben wollte. Sie steuerten auf die Ostinsel zu.

Sie kamen dort spät nachts an, ohne daß jemand ihrer gewahr wurde, und umstellten das Gehöft in Gata, stießen mit einer Stange gegen die Tür der Kammer, in der Thrand schlief; brachen sie auf, ergriffen Thrand und führten ihn hinaus.

Da sagte Sigmund: " Das Glück hat gewechselt, Thrand du bezwangst mich im Herbste und ließest mir die Wahl zwischen zwei harten Bedingungen. Jetzt will ich dir zwischen zwei ungleichen Bedingungen die Wahl lassen: der guten, daß du den rechten Glauben annimmst und dich taufen läßt, und der anderen, hier auf der Stelle getötet zu werden. Und das wäre schlimm für dich, denn du würdest bald deine Reichtümer und das irdische Glück dieser Welt vertieren, um dafür die Qual und ewige Höllenpein der anderen Welt zu erhalten." Thrand antwortete: "Ich will meinen alten Freunden nicht die Treue brechen."

Da bestimmte Sigmund einen Mann, um Thrand ;u töten und gab ihm eine große Art in die Hand.

Und als der Mann mit erhobener Art auf Thrand zuging, sah Thrand ihn an und sprach: "Schlag nicht so schnell auf mich ein l Ich will zuerst noch etwas sagen. Wo ist mein Vetter Sigmund: "Hier bin ich," antwortete dieser. "Allein du sollst zwischen uns entscheiden," sagte Thrand, "und ich will den



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Glauben annehmen, den du willst." Da sagte Thorir: "Schlag zu, Mann !" Sigmund antwortete: "Diesmal soll er nicht niedergehauen werden." Thorir sprach: "Es bedeutet dein Tod und der deiner Freunde, wenn Thrand jetzt mit dem Leben davon kommt." Sigmund antwortete, man müsse es darauf ankommen lassen.

Thrand und sein ganzes Gesinde wurden jetzt von einem Priester getauft. Als Thrand getauft war, nahm Sigmund ihn mit sich.

Sigmund zog jetzt auf allen Färöern herum und ruhte nicht eher, als bis alle Leute getauft waren.

Als dann der Sommer herangekommen war, rüstete er ein Schiff und wollte nach Norwegen fahren, um König Olaf seine Steuern zu bringen, und dazu Thrand von Gata.

Aber als Thrand merkte, daß Sigmund ihn zum Könige bringen wollte, bat er, ihm die Fahrt zu erlassen. Sigmund willigte nicht darein, und sie segelten ab, sobald sie günstigen Wind bekamen.

Sie waren aber nicht weit ins Meer hinausgekommen, als sie in starke Strömungen und schwere Stürme gerieten, so daß sie den Färöern zurückgetrieben wurden. Ihr Schiff scheiterte und verlor die ganze Ladung, aber von der Besatzung wurden die meisten gerettet. Sigmund rettete Thrand und viele andere. Thrand sagte, die Reise würde für sie schlecht enden, wenn sie ihn zwängen, gegen seinen Willen mitzufahren. Sigmund antwortete , daß Thrand mitfahren müsse, obgleich es ihm nicht gefiele. Darauf nahm Sigmund ein anderes Schiff und eigenes Geld, iim es dem Könige als Steuer zu bringen, denn es mangelte ihm nicht an Geld.

Sie stachen jetzt sum zweiten Male in See und kamen weiter hinaus als das vorige Mal, trafen aber doch einen starken Gegenwind, wurden zu den Färöern zurückgetrieben, und ihr Schiff wurde zertrümmert.

Sigmund sagte, ihm schiene es, daß große Hindernisse sich der Fahrt entgegenstellten. Thrand antwortete, daß es so gehen würde; so oft sie es auch versuchten, wenn er gezwungen mitführe .



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Sigmund ließ jetzt Thrand unter der Bedingung frei, daß er einen heiligen Eid schwur, den christlichen Glauben zu halten und zu bewahren, König Olaf und Sigmund treu und ergeben zu sein, niemand auf den Inseln zu verhindern oder abzuhalten, ihm treu und gehorsam zu sein, sondern die Botschaft König Olafs zu fördern und zu verbreiten und ebenso alles andere auf den Färöern auszuführen, !was er ihm gebieten würde.

Thrand beschwor ohne Widerspruch alles, was Sigmund auch von ihm verlangte.

Thrand kehrte darauf nach Gata zurück, und Sigmund hielt sich diesen Winter über auf seinem Gehöfte auf der Buschinsel auf, denn der Herbst war schon weit vorgeschritten, als sie zum zweiten Male zurückgetrieben wurden. Das Schiff, das weniger beschädigt war, ließ Sigmund ausbessern.

Dieser Winter verlief ruhig und völlig ereignislos auf den Färöern.


32. Thrand will nicht zu König Olaf reisen

Als Sigmund nach dem Gebote König Olaf Tryggvasons 1 alle Färinger zum Christentum bekehrt hatte, wollte er Thrand von Gata mit sich nach Norwegen führen und wurde zweimal zurückgetrieben, wie vorhin berichtet wurde.

Darauf rüstete er sich wieder zur Reise und hatte eine glückliche Überfahrt nach Norwegen und traf König Olaf in Drontheim Er gab dem Könige Geld an Stelle der Steuern, die im vorigen Sommer verloren gegangen waren und dazu die Steuern, die jetzt fällig waren. Der König empfing ihn freundlich , und Sigmund verweilte während eines großen Teils des Frühlings beim Könige. Sigmund berichtete dem Könige genau alles, was sich zwischen ihm und Thrand und den übrigen Färingern ereignet hatte, Der König antwortete: Es ist schlimm, daß Thrand nicht zu mir gekommen ist. Er wird in euren Ansiedlungen großen Schaden anrichten, wenn man ihn nicht fortschaffen kann, denn ich halte ihn den schlechtesten Menschen in allen Nordlanden." 

1 Olaf, der Sohn Tryggvis



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Da geschah es an einem Frühlingstage, daß König Olaf zu Sigmund sprach: "Jetzt wollen wir uns heute vergnügen und unsere Fertigkeiten versuchen." "Dazu bin ich sehr ungeschickt , Herr" antwortete Sigmund, "doch soll es nur von Euch abhängen, wie alles andere, worüber ich bestimmen kann." Darauf prüften sie sich im Schwimmen und Schießen und anderen Fertigkeiten, und so geht die Rede der Leute, daß Sigmund dem Könige in vielen Fertigkeiten am nächsten gekommen sei, doch erreichte er ihn in keiner, obgleich er dem Könige weniger nachstand als alle anderen Männer, die damals in Norwegen lebten.


33. König Olaf bittet Sigmund um den Ring

Jetzt wird davon berichtet, daß König Olaf einmal beim Gelage saß und seine Hofleute bewirtete. Er hatte viele Männer eingeladen. Zwischen Sigmund und dem Könige bestand damals große Freundschaft, und nur zwei Männer saßen zwischen dem Könige und Sigmund. Sigmund legte seine Hände auf den Tisch. Der König sah zu ihm und bemerkte einen dicken Goldring an Sigmunds Hand. Er sprach: "Las mich den Ring sehen, Sigmund!" Sigmund streifte den Ring ab und gab ihn dem Könige. Der König sagte: "Willst du mir diesen Ring geben:" Sigmund antwortete: "Ich habe gewünscht, Herr, mich nie von diesem Ringe zu trennen." "Ich werde dir einen andern dafür geben, der weder kleiner noch weniger schön sein wird," sagte der König. "Ich werde mich nicht von diesem Ringe trennen," sagte Sigmund, " denn ich habe Jarl Hakon versprochen, als er mir den Ring in großer Anhänglichkeit gab, mich nicht von ihm zu trennen, und das werde ich auch halten, denn ich habe den Geber geachtet, und er hat mir in vielen Dingen Gutes erwiesen." Da sagte der König: "Habe so großes Gefallen wie du willst, sowohl am Geber wie am Ringe, aber unglücklich wirft du jetzt werden, denn dieser Ring wird dir den Tod bringen. Das weiß ich nicht weniger gut als das, wie du ihn bekommen hast und woher er stammt. Ich habe den Ring mehr deshalb gefordert,



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um meine Freunde vor Unglück zu bewahren, als um ihn selbst zu besitzen." Der König war blutrot in seinem Gesicht geworden, aber dieses Gespräch brach ab, und nie mehr war der König so freundlich gegen Sigmund wie früher. Sigmund blieb jedoch noch eine Weile beim Könige und fuhr im Frühsommer zu den Färöern hinaus. Er trennte sich von dem Könige in Freundschaft, und Sigmund sah ihn nie mehr wieder.

Sigmund kam zu den Färöern und wohnte in seinem Gehöfte auf der Buschinsel. Aber da geschah es, wie der König gesagt hatte, daß Thorgrim der Böse mit seinen beiden Söhnen Sigmund des Ringes wegen ermordete, als Sigmund vom Schwimmen ermattet in der Sandbucht auf der Südinsel lag.


34. Sigmund besucht die Jarle Svein und Erich 1

Die Jarle Svein und Erich sandten eine Botschaft zu den Färöern und ließen Sigmund sagen, daß er zu ihnen kommen solle.

Sigmund versäumte diese Fahrt nicht. Er begab sich nach Norwegen und traf die Jarle in Lade bei Drontheim. Sie empfingen ihn mit großer Herzlichkeit und erinnerten ihn an ihre alte Freundschaft und machten ihn zu ihrem Hofmanns Sie gaben ihm die Färöer zum Lehn, und sie schieden in gröster Freundschaft.

Im Herbste kehrte Sigmund zu den Färöern zurück. 1 

Im Jahre 1000 hatte König Olaf einen Zug nach den Wenden unternommen, um das Erbe seines Weibes zu holen. Als er zurückkehrte, traf er mit Erich, dem Sohne Jarl Hakons, der sich mit König Olaf von Schweden und König Svein von Dänemark verbündet hatte, bei Rügen zusammen. Im Kampfe fiel König Olaf Tryggvason. Die Könige von Schweden und Däne- mark teilte darauf Norwegen so unter daß König Svein den Süden und die ganze Westküste erhielt. Als steuerpflichtige vasallen König Sveins von Dänemark erhielten die Söhne Jarl Hakons Svein und Erich die Westküste Norwegens mit den Färöern,



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35. Thrands Drohungen gegen Sigmund

In der Saga werden drei Männer erwähnt, die bei Thrand in Gata aufwuchsen. Der eine von ihnen hieß Sigurd und war der Sohn von Thorlak, dem Bruder Thrands. Er war groß und stark und schön anzusehen und hatte helles Haar, das in Locken herabfiel. Er war geschickt in allen Kunstfertigkeiten , und man sagt, daß er darin Sigmund am nächsten gekommen sei. Thord hieß sein Bruder und wurde der Kleine genauen. Er war sehr behende und stark an Kräften. Gaut der Rote hieß der Dritte, er war ein Schwestersohn Thrands. Alle diese drei Männer waren groß und stark. Leif wurde zusammen mit ihnen erzogen. Sie waren alle gleichaltrig.

Diese waren die Kinder Sigmunds und Thurids: Thora hieß ihre älteste Tochter, die im Gebirge geboren war. Sie war groß und tüchtig, aber nicht besonders schön, doch zeichnete sie sich schon früh durch ihren scharfen Verstand aus. Thoralf hieß ihr ältester Sohn, der zweite Steingrim, der dritte Brand, der vierte Hjeri. Sie waren alle vielversprechende Jünglinge, Mit dem Christentum auf den Färöern ging es nun so zu, wie auch weiter umber an anderen Orten im Reiche der Jarle, daß jeder es damit hielt, wie er wollte, doch waren die Zarte selbst ihrem Glauben treu. Sigmund hielt seinen Glauben, und ebenso sein ganzes Gesinde, und er liess auf seinem Gehöfte eine Kirche bauen. von Thrand wird aber berichtet, daß er seinen Glauben ganz abschüttelte, und ebenso sein ganzer Anhang.

Jetzt beriefen die Färinger ein Thing. Dorthin kamen Sigmund und Thrand aus Gata und viele andere. Thrand sagte zu Sigmund: "So verhält es sich, Vetter Sigmund, daß ich dich im Namm Leifs, des Sohnes Össurs, bitte, ihm Bußgeld für den Tod seines vaters zu bezahlen." Sigmund antwortete, man müßte dem Urteil gehorchen, das Jarl Hakon in bezug auf ihre ganze Angelegenheit ausgesprochen hatte. Thrand sagte, es dünke ihn richtiger zu sein, Leif ein Bußgeld für seinen Vater zu gönnen, wie es die besten Männer hier auf den Inseln festsetzten. Sigmund antwortete, darüber brauchten sie nicht zu streiten, denn es würde nicht geschehen.



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Thrand sagte: "Es ist sehr wahr, daß du starrköpfig bist. Es ist auch möglich, daß meine Neffen, die bei mir aufwachsen, dich für einen sehr unbilligen Mann ansehen werden, wenn du nicht die Herrschaft mit ihnen teilen willst, von der uns mehr als die Hälfte zukommt. Ich glaube nicht, daß man sich noch lange darein finden wird. Du hast mir viel Schande angetan, und die größte war; daß du mich zum Glaubenswechsel zwangst, und immer grämt es mich, daß ich mich dem fügen mußte. Du mußt dich darauf vorbereiten, daß man deiner Willkür überdrüssig wird." Sigmund antwortete, er würde trotz dieser Drohungen ruhig schlafen. Damit schieden sie.


36. Thrand greift Sigmund zweimal an Es wird berichtet, daß Sigmund an irgendeinem Sommertage mit einem Schiffe zur Insel Klein-Dimun fuhr, und daß Those und Einar von der Südinsel ihn begleiteten, denn Sigmund wollte sich einige Schlachtschafe holen, die auf der Insel weideten .

Sigmund und Thorir waren oben auf der Insel, als sie Männer die Insel ersteigen sahen, deren schöne Schilde blinkten. Sie zählten die Männer, und es waren zwölf. Sigmund Sagte, wer die Männer wohl wären. Thorir antwortete, er könne sie erkennen, und es wären Leute von Gata, Thrand und seine Sippe. "Was sollen wir nun tun:" fragte Thorir. "Das ist nicht schwer zu sagen," antwortete Sigmund, " wir alle wollen ihnen mit unseren Waffen entgegengehen, und falls sie uns angreifen, laufen wir nach allen Seiten auseinander, treffen aber dort wieder zusammen, wo der Aufgang zur Insel ist." Thrand und seine Genossen verabredeten, daß Leif zusammen mit den Thorlakssöhnen und einem vierten Manne Sigmund entgegengehen sollte. Sigmunds Leute hörten das.

Sie gingen jetzt aufeinander zu, und Thrand griff mit seinen Begleitern unverzüglich an. Sigmund und seine Genossen liefen auseinander; aber trafen wieder zusammen und liefen zum Aufgange, wo nur ein Mann stand. Sigmund erreichte ihn zuerst und tötete ihn bald.

Nun verteidigte Sigmund den Aufgang, aber Thorir und



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Einar liefen zu Thrands Schiff. dessen Tau ein Mann festhielt , während äch ein zweiter auf dem Schiffe befand. Thorir lief auf den zu, der das Tau hielt, und tötete ihn. Einar lief zu Sigmunds Schiffe und machte es flott.

Sigmund verteidigte den Aufgang und sprang dann auf den Strand hinunter. Er wollte zu den Schiffen gelangen, und tötete auf dem Strande einen von Thrands Leuten. Dann lief er mit Thorir auf das Schiff. Sigmund warf den Mann auf dem Schiffe über Bord.

Dann ruderten sie mit beiden Schiffen fort, aber der Mann, den Sigmund über Bord geworfen hatte, schw-imm ans Land. Thrand und seine Leute gaben Feuerzeichen, und man ruderte zu ihnen hinaus und brachte sie nach Gata.

Sigmund sammelte sich jetzt eine Schar und wallte Thrand mit seinen Genossen dort auf der Insel gefangennehmen, als er erfuhr, daß sie fort waren.

Etwas später im Sommer fuhr Sigmund mit zwei anderen Männern auf einem Schiffe fort, um seine Pachten einzutreiben. Sie ruderten in einen schmalen Sund zwischen mehrere Inseln hinein, und als sie aus dem Sunde herauskamen, segelte ihnen ein Schiff entgegen und war schon dicht bei ihnen. Sie erkannten die Männer auf dem Schiffe, und es waren die Gatabewohner , Thrand und elf andere. Da sagte Thorir: "Allzu nahe sind uns jene, und was sollen wir jetzt tun, Vetter Sigmund :" "Wenig ist bier notwendig," antwortete Sigmund, aber wir müssen uns entschließen, ihnen entgegenzurudern. Sie werden das Segel einziehen wollen. Wenn unser Schiff an ihrem Schiffe vorbeistreicht, müßt ihr eure Schwerter ziehen und die Wanten an der Seite durchschneiden, wo das Segel nicht eingesogen ist. Ich aber werde tun, wag mir gut dünkt."

Nun ruderten sie den anderen entgegen. Und als Sigmunds Schiff an dem anderen vorbeiglitt, schnitten Thorir und Einar die Wanten an der Seite durch, wo das Segel nicht eingezogen war. Sigmund ergriff einen Stab, der in seinem Schiffe lag und stieß so hart gegen die Wand von Thrands Schiff, daß dieses sofort den Kiel nach oben drehte. Er hatte gegen



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die Schiffswand an der Seite gestoßen, wo das Segel eingesogen war und wohin sich das Schiff schon vorher neigte. Deshalb schlug das Schiff sofort um, da er mit seiner ganzen Kraft dagegen stieß. Dabei ertranken fünf von Thrands Leuten, Thorir sagte, sie müßten einen jeden töten, den sie erreichen könnten. Sigmund antwortete, daß erdas nicht wolle, lieber wolle er sie so beschämen.

Damit trennten sie sich. Da sagte Sigurd, der Sohn Thorlaks: "Denselben Schimpf wie früher hat uns diese neue Fahrt gegen Sigmund eingebracht." Er richtete das Schiff wieder auf und barg mehrere Männer.

Als Thrand ins Schiff gekommen war, sagte er: "Jetzt muß das Glück zwischen mir und Sigmund gewechselt haben, denn er hat eine große Unvorsichtigkeit damit begangen, daß er uns nicht tötete, als wir vollkommen in seiner Gewalt waren. Wir wollen von heute an vorsichtig sein und nicht eher ruhen, bevor wir nicht Sigmund getötet haben." Sie antworteten, daß sie das gern wollten. Darauf kehrten sie nach Gata mick.

Der Sommer ging jetzt zu Ende, und für diesmal ließen sie alles auf sich beruhen.


37. Sigmunds Kampf mit Thrand

Da geschah es eines Tags kurz vor Wintersanfang, daß Thrand Männer um sich sammelte. Sie waren sechzig Mann stark, als sie fortfuhren. Thrand sagte, daß sie jetzt Sigmund aufsuchen wollten und fügte hinzu, er hätte geträumt, daß sie ihm jetzt nahe kommen würden.

Sie hatten zwei Schiffe und eine ausgewählte Mannschaft. In Thrands Gefolge befanden sich Leif, der Sohn Össurs, Sigurd, der Sohn Tharlaks, Thord der Kleine, Gaut der Rote, Steingrim, ein Bauer von der Ostinsel und Eldjarn Spitzmütze, der sich lange bei Thrand aufgehalten hatte. Bjarni von der Schweinsinsel hatte sich nicht mehr in diesen Streit gemischt, seitdem er sich mit Sigmund verglichen hatte.

Thrand fuhr mit seinen Mannen jetzt so lange, bis sie zur



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Buschinsel kamen. Sie sogen ihre Schiffe ans Land und gingen alle hinauf, bis sie zu dem Aufgange kamen.

Die Buschinsel ist so leicht zu verteidigen, daß die Leute sagen, sie sei uneinnehmbar, wenn zehn Männer den Aufgang verteidigen, wenn auch noch so viele angreifen.

Eldjarn Spitzmütze ging als Erster hinauf und traf auf Sigmunds Wächter beim Aufgange. Sie begannen sofort miteinander zu kämpfen, und ihr Kampf endete damit; daß sie beide von der Klippe herabstürzten und dabei ihren Tod fanden.

Jetzt ging Thrand mit allen seinen Leuten zum Gehöfte hinauf sie umstellten das Gehöft und kamen so unerwartet, daß die Bewohner nichts von ihrem Kommen gemerkt hatten.

Sie erbrachen die Türen. Sigmund und seine Leute, die dort waren, liefen unverzüglich zu ihren Waffen. Die Hausbau Thurid ergriff auch eine Waffe und war in ihrem Gebrauche nicht weniger tüchtig als irgendein Mann.

Thrand und seine Leute trugen jetzt Feuer an die Häuser und wollten das Gehöft mit Feuer und Waffen angreifen.

Jetzt entstand ein harter Kampf, und als sie eine Zeitlang gefachten hatten, ging die Hausbau Thurid zur Tür und sagte: "Wie lange gedenkst du, Thrand, gegen führerlose Leute zu fechten?"Thrand antwortete: "Das wird die Wahrheit sein, und Sigmund muß geflüchtet sein."

Nun ging Thrand um das Gehöft herum und pfiff. Dann kam er zu einem Höhleneingang, der ein Stück vom Gehöfte entfern war. Nun handelte er so: er steckte eine Hand in die Erde und führte sie darauf an die Nase und sprach: "Hier sind die drei gegangen, Sigmund, Thorir und Einar." Jetzt ging Thrand eine Weile herum und schnüffelte, als ob er wie ein Hund eine Spur suchte. Er bat die anderen, nicht zu ihm zu kommen, und ging so lange, bis er an eine Schlucht kam, die die Buschinsel durchquerte. Da sagte Thrand:"Hier sind sie gegangen, und Sigmund muß hier hinübergesprungen sein, wo- hin er sich auch gewandt hat. Jetzt müssen wir unsere Schai teilen, Leif und Sigurd sollen mit einigen Leuten zu einem Ende der Schlucht gehen, aber ich zum anderen Ende. Wir



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werden uns dann an der anderen Seite der Schlucht wieder treuen."

Das taten sie jetzt. Dann sagte Thrand: "Jetzt magst du dich zeigen, Sigmund, wenn du Mut bast und den tapferen Mann angesehen werden willst, für den du lange gegolten

Es war jetzt sehr dunkel, und bald nachdem Thrand gesprochen hatte, sprang ein Mann über die Schlucht und auf Thrands Schar zu. Er schlug mit dem Schwerte nach Steingrim, der Thrands Nachbar war, und spaltete ihn bis zu den Schultern. Das war Sigmund gewesen. Er sprang sofort über die Schlucht zurück.

"Da ging Sigmund," sagte Thrand, " und wir müssen sie bis sum Ende der Schlucht verfolgen." Das taten sie und trafen Leif und alle seine Begleiter.

Sigmund und seine Genossen kamen jetzt zu einer Klippe am Meere und hörten überall um sich her Menschenstimmen. Da sagte Thorir: "Jetzt müssen wir uns hier so gut verteidigen, wie das Schicksal uns bestimmt hat."

Ich tauge zu keiner verteidigung," sagte Sigmund, "denn ich verlor vorhin mein Schwert, als ich über die Schlucht zurücksprang. Wir müssen hier von der Klippe hinunterspringen und fortzuschwimmen versuchen."

"Last uns tun, wie du es für gut hältst;" antwortete Thorir. Sie entschlossen sich dazu und sprangen von der Klippe hinab. Da sagte Thrand, als er Plätschern hörte: "Da entschlüpfen sie uns. Jetzt müssen wir ein Schiff nehmen, wo wir es nur bekommen können, und sie suchen, einige auf dem Wasser und einige auf dem Lande."

Das taten sie, aber sie fanden jene nicht,


38. Sigmund wird ermordet

Jetzt ist von Sigmund und seinen Genossen zu berichten, daß sie eine Weile schwammen und auf die Südinsel zu hielten, denn diese war am nächsten, obwohl sie eine lange Seemeile entfernt war.

Als sie die Hälfte des Sundes durchschwommen hatten, sagte



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Einar: "Hier müssen wir uns trennen!" Sigmund antwortete: "Nein, lege dich auf meine Schultern, Einar!" Das tat Einar. Sigmund schwamm nun eine Weile. Dann sagte Thorir: "Wie lange willst du, Vetter Sigmund, einen Toten hinter dir herschleppen :" "Ich halte das nicht für nötig," antwortete Sigmund .

Jetzt schwammen sie so weit, daß ein viertel des Sundes noch übrig war.

Da sagte Thorir: "Unser ganzes Leben lang, Vetter Sigmund , sind wir zusammen gewesen und haben große Liebe zu einander gehabt. Aber jetzt scheint es, daß unser Zusammensein aufhören wird. Ich habe mich angestrengt, wie ich vermochte. Ich will, daß du dich und dein Leben rettest, aber dich nicht um mich bekümmerst, denn du würdest dein eigenes Leben einbußen, wenn du versuchst, mich mit dir zu ziehen." "Nie werden wir uns so trennen, Vetter Thorir," sagte Sigmund. "Entweder können wir beide das Land erreichen oder keiner von uns."

Sigmund nahm jetzt Thorir auf seine Schultern. Thorir war so erschöpft, daß er sich kaum bewegen konnte.

Sigmund schwamm nun bis er die Südinsel erreichte. Eine starke Brandung war an der Insel, und Sigmund war so erschöpft, daß er zuweilen vom Lande abgetrieben und dann wieder hingetrieben wurde. Thorir wurde ihm von den Schultern gespült und ertrank, aber Sigmund konnte endlich ans Land kriechen, denn er war so ermattet, daß er nicht gehen Sonnte. Er kroch an dem Strande hinauf und legte sich in einem Tanghaufen nieder.

Das geschah beim Morgengrauen, und er lag da, bis es hell war.

In der Nähe lag ein kleines Gehöft auf der Insel, das Sandbucht hieß. Dort wohnte ein Mann, der Thorgrim der Böse genannt wurde. Er war groß und stark und hatte sein Gehöft von Thrand in Gata gepachtet. Er hatte zwei Söhne; die Ormstein und Thorstein hießen. Beide waren vielversprechende Männer. Am Morgen ging Thorgrim der Böse zum Strande und hielt eine Art in der Hand. Er kam dorthin, wo er ein Stück roten



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Tuches aus einem Tanghaufen herausragen sah. Er räumte den Tang fort und sah einen Mann liegen. Er Sagte ihn, wer er sei. Sigmund nannte seinen Namen. "Niedrig liegi jetzt unser Häuptling,"sagte Thorgrim",und wie ist das gekommen?" Sigmund erzählte ihm alles, was sich ereignet hatte.

Nun kamen Thorgrims Söhne. Sigmund bat sie, ihm zu helfen. Thorgrim beeilte sich nicht und sprach leise zu seinen Söhnen:"Sigmund hat so große Schätze bei sich, wie mir scheint, wie wir sie nie besessen haben. Sein Goldring ist sehr dick. Ich halte es für das beste, daß wir ihn töten und dann vergraben, Das wird nie entdeckt werden." Seine Söhne widersprachen ihm eine Zeitlang, aber stimmten ihm schließlich zu.

Sie gingen jetzt dorthin, wo Sigmund lag und hielten ihn am Haar fest während Thorgrim der Böse ihm mit der Art das Haupt abschlug. So starb Sigmund, dieser in jeder Hinsicht so hervorragende Mann.

Jene nahmen seine Kleiser und Schätze, zogen ihn dann zu einem Erdhügel und vergruben ihn dort. Thorirs Leiche wurde angetrieben, und sie vergruben sie neben Sigmunds und verwischten die Spuren.


39. Die Erlebnisse der Färinger nach Sigmunds Tod

Von Thrand und seinen Genossen ist zu berichten, daß sie nach diesen Ereignissen nach Hanse fuhren,

Das Gehöft auf der Buschinsel wurde aber gerettet, als Leute dorthin kamen, und es hatte nur wenig durch den Brand gelitten. Nur wenige Männer waren im Kampfe gefallen.

Die Hausfrau Thurid, die man später die Hauptwitwe nannte, verwaltete ihr Gehöft auf der Buschinsel nach dem Tode ihres Gatten Sigmund. Dort wuchsen ihre Kinder von Sigmund auf, und von ihnen allen ließ sich Großes erwarten.

Thrand und Leif, Össurs Sohn, unterwarfen sich jetzt alle Färöer und beherrschten sie. Thrand ließ Thurid Hauptwitwe und ihren Söhnen einen vergleich anbieten, aber sie gingen nicht darauf ein. Und deshalb suchten Sigmunds Söhne keine Hilfe bei den norwegischen Häuptlingen, weil sie noch zu jung waren.



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So vergingen einige Winter; und alles war ruhig auf den Färöern.

Einmal kam Thrand mit Leif dem Sohne Össurs ins Gespräch und sagte, er wolle ihm ein tüchtiges Weib suchen. "Wo soll es gesucht werden:" fragte Leif. "Dort, wo Thora ist, die Tochter Sigmunds," antwortete Thrand. "Das scheint mir nicht richtig zu sein," sagte Leif. "Du wirst kein Weib finden, wenn du nicht auf Werbung gehst sagte Thrand.

Sie unternahmen jetzt mit einigen Männern eine Fahrt zur Buschinsel, aber wurden dort kalt empfangen. Thrand und Leif boten Thurid und ihren Söhnen den vergleich an, daß die besten Männer auf den Inseln zwischen ihnen entscheiden sollten. Jene beeilten sich nicht mit der Annahme dieses vorschlages.

Da sprach Thrand für Leif und bat für ihn um Sigmunds Tochter Thora. Das dünkte sie der beste Ausweg für einen vollkommenen vergleich zu sein. Thrand erbot sich, Leif mit viel Geld auszustatten. Das wurde von allen freundlich aufgenommen , aber Thora selbst antwortete so: "Für mannstoll müßt ihr mich halten. Ich will aber folgende Bedingung stellen: kann Leif beschwören, daß er weder meinen Vater getötet, noch Leuten auferlegt hat, meinen Vater zu töten, so verlange ich von ihm, daß er Gewißheit darüber schafft, wie mein Vater umgekommen ist, oder wer seinen Tod verursacht hat. Wenn das ausgeführt ist; werden wir nach Beratschlagung mit meinen Brüdern und meiner Mutter und andern Verwandten uns mit euch vergleichen."

Das dünkte alle wohlgesprochen und klug erdacht zu sein, und sie einigten sich dahin, daß Thrand und Leif es versprachen. Damit trennten sie sich.


40. Thrand bei Thor grim dem Bösen

Bald darauf fuhr Thrand mit Leif von Gata fort. Sie hatten ein Schiff und waren zusammen zwölf Männer. Sie fuhren zur Südinsel und kamen nach Sandbucht zu Thorgrim dem Bösen. Das geschah einige Winter nach dem Tode Sigmunds. Sie kamen spät abends bei der Insel an und gingen zum Gehöfte



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hinauf. Thorgrim empfing sie freundlich, und sie traten ein. Thrand und der Bauer Thorgrim gingen in die Stube, während Leif mit seinen Genossen in der vorhalle beim Feuer stehenblieb. das für sie angezündet worden war.

Zwischen Thrand und Thorgrim wurde viel gesprochen. Thrand sagte: "Was glauben die Leute über den Tod Sigmunds:" "Die Leute glauben es nicht genau zu wissen," antwortete Thorgrim, "einige meinen, daß ihr ihn an der Küste oder im Sande gefunden und dort erschlagen habt. "Das in schlecht gedacht und unwahrscheinlich," erwiderte Thrand, denn alle wußten, daß wir Sigmund töten wollten, und weshalb hätten wir ihn heimlich morden sollen: Das ist unfreundlich gesprochen."

"Andere sagen," sagte Thorgrim darauf, "daß sie im Meere untergegangen seien, oder daß Sigmund irgendwo an Land gekommen sei, da er doch in sieben Künsten erfahren war, und erschlagen und verscharrt wurde, als er erschöpft ans Land kain." "Das läst sich wohl hören", sagte Thrand" ,und meine Ansicht ist, daß sich alles so zugetragen bat. Aber verhält es sich nicht so, Genosse, wie mir ahnt, daß du den Tod Sigmunds verursacht hast:" Thorgrim bestritt es auf das bestimmteste. "Du brauchst es nicht zu leugnen," sagte Thrand, "denn ich glaube zu wissen, daß du wirklich der Mörder bist." Thorgrim leugnete es wie vorher. Thrand ließ da Leif und Sigurd herbeirufen und hieß sie, Thorgrim und dessen Söhne in Fesseln legen. Das taten sie, und jene wurden gefesselt und gebunden.

Thrand ließ dann ein großes Feuer in der Feuerstube anfachen und ließ vier Holzgitter machen und sie zu einem viereck zusammenstellen und zeichnete neun Felder an allen Seiten des vierecks ab. Er selbst aber setzte sich auf einen Stuhl zwischen das Gitterwerk. Er bat jetzt, nicht mit ihm zu sprechen, und sie gehorchten.

Thrand saß jetzt eine Weile dort. Dann kam ein Mann in die Feuerstube und war ganz naß. Sie erkannten ihn, und es war Einar von der Südinsel. Er ging zum Feuer, streckte seine Hände eine Weile aus und ging dann wieder hinaus,



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Und nach einer Weile kam ein Mann in die Feuerstube. Er ging zum Feuer, streckte seine Hände aus und ging dann hinaus. Sie erkannten, daß es Thorir war. Bald darauf kam ein dritter Mann in die Feuerstube.

Dieser Mann war groß und sehr blutig. Er trug ein Haupt in der Hand. Alle erkannten ihn, und es war Sigmund. Er blieb eine Weile auf dem Estrich stehen und ging dann hinaus. Und nun stand Thrand vom Stuhle auf, stöhnte qualvoll und sagte: "Jetzt könnt ihr sehen, wie diese Männer umgekommen sind. Einar ist zuerst erfroren oder ertrunken, denn er war der schwächste. Darauf wird Thorir gestorben sein, und Sigmund wird ibn mit äch geschleppt haben und dabei sehr ermüdet sein. Aber Sigmund wird erschöpft an Land gekommen sein, und diese Männer werden ihn getötet haben, da er uns blutig und ohne Kopf erschien."

Thrands Genossen meinten alle; daß es äch so zugetragen haben müsse.

Jetzt sagte Thrand, daß sie alles durchsuchen wollten. Das taten sie, aber fanden keine Beweise. Thorgrim und seine Söhne leugneten und sagten, daß sie keinen Teil an dieser Tat hätten. Thrand antwortete, daß sie nicht zu leugnen brauchten und bat seine Leute, alles aufs genaueste zu durchzusuchen. Sie taten es sum zweitenmal.

Eine große alte Truhe stand in der Feuerstube. Thrand fragte seine Leute, ob sie die Truhe durchsucht hätten. Sie antworteten. daß sie es nicht getan hätten und brachen sie auf. Es schien ihnen, daß die Truhe nichts als Abfälle enthielt und suchten eine Weile in ihr derum. Thrand sagte: "Stürzt die Truhe um," und das taten sie.

Da fanden sie ein Lumpenbündel, das in der Truhe gewesen war und reichten es Thrand. Er wickelte es auf, und er war aus vielen Lumpen zusammengewickelt, und endlich fand Thrand darin einen Goldring. Er erkannte den Ring, daß er der war, den Sigmund besessen und den Jarl Hakon ihm gegeben hatte. Und als Thorgrim das merkte, gestand er, daß er Sigmund ermordet hatte und erzählte, wie sich alles zugetragen hatte. Er sagte ihnen den Ort; wo Sigmund und



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Thorir verscharrt waren, und Thrand nahm die Leichen mit sich.

Sie wurden dann auf der Buschinsel bei der Kirche begraben, die Sigmund hatte bauen lassen.

Thrand hieß jetzt Thorgrim und dessen Söhne ihm zu folgen.


41. Thora, Sigmunds Tochter, wird Leifs Weib

Darauf ließ Thrand ein großes Thing in Thorshafen auf der Strominsel berufen, wo die Thingstätte der Färinger war, Dort gestanden Thorgrim der Böse und seine Söhne; so daß alle Thingmänner es hörten, daß sie Sigmund getötet und seine Leiche verscharrt hatten. Nachdem sie das gestanden hatten, wurden sie dort auf der Thingstätte aufgehängt und ließen so ihr Leben.

Leif und sein Pflegevater Thrand warben jetzt um Thora und boten einen vergleich an, mit dem Sigmunds Sippe zufrieden sein konnte; und das Ende war; daß Thora Leifs Weib wurde und daß ein vollständiger vergleich geschlossen wurde.

Leif ließ sich jetzt auf seinem väterlichen Erbe auf der Südinsel zu Hof nieder.

Jetzt war eine Zeitlang alles auf den Färöern ruhig.

Sigmunds Sohn Thoralf nahm sich ein Weib, wohnte auf Dimun und war ein guter Bauer,


42. Von den Färingern und König Olaf dem Heiligen

weise Männer haben richtig geschrieben und wahrheitsgemäß berichtet, daß König Olaf sich alle die Länder, die jetzt Norwegen unterworfen giaid, außer Island, steuerpflichtig gemacht hat: zuerst die Orkneys, dann Shetland, die Färöer und Grönland.

Man erzählt, daß in dem neunten Jahre seiner Regierung auf seine Botschaft hin Gilli der Gesetzeskundige von den Färöern nach Norwegen reiste, zusammen mit Leis dem Sohne Össurs, Thoralf von Dimun und vielen anderen Bauernsöhnen. Thrand von Gata rüstete sich zur Fahrt, aber als er gerüstet war, über



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fiel ihn eine Seuche, so daß er nicht fahren konnte und zurückblieb.

?lts die Färinger zu König Olaf kamen, rief er sie zu sich und versammelte sie bei sich. Er gab ihnen den Grund seiner Botschaft an und sagte ihnen, daß er Steuern von den Färöern haben wollte, und daß die Färinger die Gesetze annehmen sollten, die er ihnen geben würde. Auf dieser versammlung ging aus den Worten des Königs hervor, daß er in dieser Sache eine Sicherheit von den Färingern haben wollte, die gekommen waren, und verlangte, daß sie sich mit einem Eide bänden. Er versprach den Männern, die gekommen waren, daß die Vornehmsten unter ihnen seine Hofleute werden und Ehren und seine Freundschaft erhalten würden, wenn sie darauf eingingen. Die Färinger dünkte es unsicher zu sein, wie diese Sache sich wenden würde, wenn sie nicht auf die Forderungen des Königs eingingen. Und obgleich sie sich mehrmals hierüber berieten, so gingen sie doch auf alles ein, was der König verlangte. Sie unterwarfen sich dem Könige, und Leif, Gilli und Thoralf wurden seine Hofleute. Aber alle ihre Genossen schworen König Olaf zu, die Gesetze und das Recht auf den Färöern zu halten, die er ihnen gebe, und ihm Steuern zu bezahlen, wie er sie verlangte.

Dann rüsteten sich die Färinger zur Heimfahrt, aber als sie vom Könige schieden, gab der König Freundschaftsgeschenke denen, die seine Hofleute geworden waren.

Als sie gerüstet waren, traten sie ihre Heimfahrt an. Der König ließ aber Schiffe ausrüsten und sandte Männer zu den Färöern, um die Steuern zu holen, die die Färinger ihm bezahlen sollten. Sie waren bald gerüstet, und von ihrer Fahrt ist zu berichten, daß sie nicht zurückkehrten, und daß keine Steuern im folgenden Sommer bezahlt wurden. Die Leute sagen, daß sie nicht zu den Färöern gekommen seien, und daß niemand die Steuern eingefordert hätte.


43. Sigurds Fahrt nach Norwegen

In diesem Frühling war ein Schiff von Norwegen zu den Färöern mit der Botschaft König Olafs gekommen, daß irgend



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einer seiner Hofleute Leif, Gilli oder Thoralf von den Färöern nach Norwegen kommen sollte.

Als diese Botschaft zu den Färingern kan und verkündet wurde, besprachen sie untereinander, was ihr Zweck wäre, und sie glaubten alle zu verstehen, daß der König sie nach den Geschichten fragen wollte, die einige fürwahr hielten, daß die beiden Schiffe, von denen niemand zurückgekehrt war, bei den Inseln untergegangen seien. Sie verabredeten, daß Thoralf fahren sollte.

Er rüstete ein Frachtschiff aus, das ihm gehörte, und bemannte es mit sehn oder zwölf Mann.

Als sie aber gerüstet waren und auf günstigen Wind warteten, geschah es auf der Ostinsel, daß Thrand an einem schönen Tage in die Stube trat, wo Sigurd, Thord und Gaut auf der Bank lagen. Da sagte Thrand: "vieles verändert sich während eines Menschenlebens. Selten geschah es in unserer Jugend, daß kräftige Männer bei schönem Wetter still saßen oder lagen, und unsere Vorfahren hätten geglaubt, daß Thoralf von Dimun tüchtiger sei, als ihr. Das Frachtschiff, das mir gehört, und das hier still liegt, ist wohl so alt geworden, daß es unter der Teerung verfault. Dabei ist hier jedes Haus mit Wolle angefüllt, und die Wolle wird nicht verkauft. Das verhielte sich nicht so, wenn ich einige Jahre jünger wäre."

Sigurd sprang auf, rief Thord und Gaut an und sagte, er wolle diese Vorwürfe nicht länger anhören. Sie gingen hinaus und dorthin, wo die Knechte waren, setzten das Frachtschiff ins Wasser, ließen die Waren herbeischaffen und beluden das Schiff.

In wenigen Tagen waren sie gerüstet. Sie waren zehn oder zwölf Männer auf dem Schiffe. Sie reisten zu gleicher Zeit wie Thoralf ab, und sie konnten einander beständig auf dem Meere sehen.

Nachts landeten sie bei Herlö. Sigurds Schiff lag etwas weiter draußen am Strande, doch war nur ein kleiner Abstand zwischen beiden Schiffen.

Eines Abends, als es dunkel geworden war, und Thoralf und seine Genossen sich schlafen legen wollten, geschah es, daß Thoralf



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mit einem anderen Manne an Land ging, um dort etwas zu verrichten . Als sie aber bereit waren, zurückzukehren, wurde —wie Thoralfs Begleiter später erzählte ihm ein Tuch über den Kopf geworfen, und er wurde vom Boden emporgehoben. Im selben Augenblick hörte er einen Schlag.

Dann wurde er fortgetragen und zum Wurf geschwungen. Dort unten aber war das Meer. Er wurde ins Wasser geworren .

Als er ans Land kam, ging er dorthin, wo er von Thoralf getrennt worden war. Er fand Thoralf und dieser war bis zu den Schultern gespalten und tot.

Aber als Thoralfs Genossen das erfuhren, trugen sie die Leiche auf ihr Schiff und ließen sie die Nacht über da.

Damals war König Olaf zu Gast in Lyren, und ihm wurde sofort Botschaft gesandt. Da wurde durch das Herumsenden eines Pfeils ein Thing anberaumt, und der König kam selbst auf das Thing. Er hatte die Färinger von beiden Schiffen auf das Thing laden lassen, und sie kamen dorthin.

Als das Thing eröffnet war, stand der König auf und sprach: "Solche Dinge, wie die, die hier geschehen sind, werden glücklicherweise nur selten gehört. Hier ist ein braver Mann getötet worden, von dem wir glauben, daß er unschuldig war, Ist hier auf dem Thinge ein Mann, der uns sagen könnte; wer diese Tat verübt hat Aber niemand rührte sich. Da sagte der König: "Ich will nicht verhehlen, was meine Meinung über diese Tat ist. Ich glaube, daß die Färinger sie verübt haben. Ich halte es das glaubhafteste, daß Sigurd, der Sohn Thorlaks, den Mann getötet, aber Thord den anderen Mann ins Meer geworfen hat. Der Grund dazu wird gewesen sein, daß sie nicht wollten, daß Thoralf von ihren Untaten berichtete, von denen er wußte, die wir aber ahnten, nämlich die Morde und Verbrechen, als meine Sendboten dort ermordet wurden."

Als der König seine Rede geschlossen hatte, stand Sigurd, der Sohn Thorlaks, auf und sprach:"Nie früher habe ich auf einem Thinge gesprochen und bin deshalb nicht redegewandt. Mir scheint es jetzt aber notwendig zu sein, etwas zu antworten.



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Ich vermute, daß die Beschuldigungen, die der König int vorgebracht hat, die verleumdungen solcher Männer sind, die viel unvernünftiger und schlechter als er sind, und es ist nicht zu leugnen, daß diese unsere wahren Feinde sind. Es ist auch unver-ständig gesprochen, daß ich Thoralf habe Schaden zufügen wollen, denn er war mein Pflegebruder und guter Freund. Wenn aber wirklich etwas zwischen Thoralf und mir vorgelegen hätte, wäre ich doch so klug gewesen, die Tat lieber zu Hause auf den Färöern auszuführen, als bier unter Eurer Hand, Königl Jetzt will ich diesen verdacht von mir und allen meinen Schiffsgenossen abweisen und Euch einen Eid darauf anbieten, wie es Eure Gesetze bestimmen. Wenn Euch das nicht genügt, will ich Eisen tragen und will, daß Ihr selbst bei der Probe zugegen seid."

Als Sigurd seine Rede beendet hatte, wandten sich viele an den König und sagten, man müsse es Sigurd ermöglichen, sich zu reinigen. Es dünkte sie, daß Sigurd wohlgesprochen hätte, und daß er unschuldig an dem verbrechen wäre, dessen er angeklagt war. Der König antwortete: "Bei diesem Manne liegen zwei Möglichkeiten vor: wenn er unschuldig in dieser Sache ist, muß er ein guter Mann sein. Sonst muß er aber ohne Beispiel frech sein, und zu der Ansicht neige ich. Doch glaube ich, daß er selbst Zeugnis über sich ablegen wird."

Auf die Bitte der Männer nahm der König Sigurds Angebot zur Eisenprobe an. Er sollte am nächsten Morgen nach Lyren kommen, und der Bischof sollte dort die Eisenprobe mit ibm vornehmen.

Damit schloß das Thing, und der König kehrte nach Lyren zurück.

Sigurd kehrte aber mit seinen Genommen zu ihrem Schiffe zurück. Bald darauf begann die Nacht hereinzubrechen. Da sagte Sigurd zu seinen Genossen: "Um die Wahrheit zu sagen: wir sind in eine sehr schwierige Lage gekommen und schwer beschuldigt worden, und der König ist so verschlagen, daß unser Schicksal vorauszusehen ist, wenn wir in seiner Hand sind. Zuerst ließ er Thoralf töten, und jetzt will er uns friedlos machen. Es wird ihm leicht sein, die Eisenprobe zu unserem



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Nachteil auszudeuten. Ich glaube, daß es dem schlecht ergeht, der sich mit ihm einläßt. Es, weht jetzt ein leichter Wind vom Lande her. Ich rate, daß wir unser Segel an der Mastspise hissen und in See stechen. Thrand mag in einem andern Sommer selbst fahren und seine Wolle verkaufen, wenn er will. Wenn ich aber jetzt entschlüpfen kann, so hoffe ich, nie mehr nach Norwegen zu kommen."

Den Färingern schien das ein kluger Rat zu sein. Sie hißten ihre Segel und fuhren in der Nacht aufs Meer hinaus, so weit sie kommen konnten und hielten nicht eher an, bis sie zu den Färöern kamen.

Thrand schalt sie wegen ihrer Fahrt, und sie antworteten ihm nicht freundlich.


44. Karl von möre kommt zu König Olaf

König Olaf erfuhr bald, daß Sigurd mit seinen Mannen entwichen war. Da wurde böse über ihre Fahrt gesprochen. Manche sagten, daß Sigurd und seine Genossen die verbrechen verübt hätten, die sie früher geleugnet hatten.

König Olaf sprach wenig über diese Angelegenheit, doch schien es ihm, daß er jetzt sicher wußte, was er früher nur ahnte-Er zog jetzt zu den Gelagen, die ihm bereitet waren.

König Olaf rüstete sich im Frühling zur Fahrt von Drontheim, und ein großes Heer sammelte sich für ihn aus der Gegend um Drontheim und weitherum aus dem Norden des Landes. Als er ;u seiner Fahrt gerüstet war, sog er mit seinem Heere erst südwärts nach Möre und sammelte dort seine Gefolgsmannen und ebenso in Romsdal. Dann begab er sich nach Südmöre, lag bei Herö und wartete auf sein H. :er. Oft hielt er Hausthing ab, und dabei kam ihm viel zu Ohren, worüber er mit seinen Leuten zu beratschlagen für nötig hielt. Auf einem Thinge, das er abhielt, brachte er die Sache von dem verluste seiner Mannen vor, den er bei den Färöern erlitten hatte."Die Steuern aber,"sagte er" die mir versprochen waren, sind nie gekommen. Jetzt gedenke Männer nach den Steuern auszusenden."



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Er wandte sich an verschiedene Männer mit der Aufforderung, sich zu dieser Reise zu rüsten, aber erhielt von allen die Antwort , daß sie sich der Fahrt entziehen wollten.

Da stand ein Mann von dem Thinge auf. Er war groß und stattlich und hatte einen roten Mantel, einen Helm auf dem Kopfe, ein Schwert am Gürtet und einen Schlagspieß in der Hand, Er sagte: "Wahrlich, hier sind die Männer febr verschieden. da ihr einen guten König habt, aber er hat schlechte Knechte, Ihr entzieht euch der Sendfahrt, die er von euch verlangt, aber habt vorher Freundschafts geschenke und viele Ehrenbeweise angenommen. Ich bin bisher kein Freund des Königs gewesen, er war mein Feind und hat Grund dazu gehabt, Jetzt erbiete ich mich, König, diese Fahrt zu unternehmen , wenn sich keine besseren Männer dazu finden."

Der König antwortete: "Wer ist dieser mutige Mann, der meine Rede beantwortete. Du hast viel vor andern voraus, die hier sind. Du bietest dich zu der Fahrt an, der sich jene entziehen, von denen ich glaubte, daß sie bereit wären. Aber ich kenne dich gar nicht und weiß nicht einmal deinen Namen." Jener antwortete:".Ein Name fehl mir nicht, König! Ich denke, daß Ihr mich habt nennen hören. Man nennt mich Karl von Möre." Der König sagte: "So ist es, Karl! Ich habe von dir reden hören, und wahrlich, es hat seiten gegeben, wo du nichts von unserem Zusammentreffen hättest berichten können, wenn wir damals zusammengestoßen wären. Aber jetzt will ich mich nicht schlechter aufführen als du, und da du mir deinen Beistand anbieiest, will ich ihn im Gegenteil gnädig annehmen. Und du sollst, Karl, heute zu mir kommen und mein Gast sein. Da können wir über diese Angelegenheit sprechen."

Karl antwortete, daß es so sein solle, und damit schloß das Thing.


45. Karl von Möre begibt sich zu den Färöern

Karl von möre war ein großer Wiking gewesen und ein gefährlicher Seeräuber; und der König hatte oft Leute ausgesandt , um ihn zu töten. Aber Karl von möre war aug einem großen Geschlecht und war sehr tüchtig in vielen Fertigkeiten.



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Doch als er üch zu dieser Fahrt entschlossen hatte, verzieh ihm der König und behandelte ihn freundlich.

Der König ließ alles aufs beste zu Karls Fahrt rüsten, und zwanzig Männer waren auf dem Schiffe. Der König sandte seinen Freunden auf den Färöern die Botschaft, daß sie sich Karls annehmen sollten. Dort waren Leif, der Sohn Össurs, und Gilli, der Gesetzeskundige. Ihnen sandte der König seine Wahrzeichen.

Sobald Karl gerüstet war, segelte er fort und hatte günstigen Wind. Er kam zu den Färöern und landete in Thorshafen auf der Strominsel.

Dann wurde ein Thing angesagt, und viele Männer kamen dorthin. Thrand von Gata kam mit großem Gefolge, und ebenso kamen Leif und Gilli.

Als sie ihre Zelte aufgeschlagen und alles bereit hatten, gingen sie zu Karl von Möre, und ihre Begrüßung war freundlich. Dann brachte Karl die Worte und die Kennzeichen König Olafs vor und die Grüße an Leif und Gilli. Jene nahmen sie freundlich entgegen, luden Karl zu sich ein und boten ihm an, ihm bei seinem Geschäfte beizustehen und es nach Kräften fördern, was Karl dann auch dankbar annahm.

Etwas später kam Thrand dorthin und begrüßte Karl freundlich . "Ich freue mich," sagte er, "daß so ein Mann im Auftrage unsers Königs hierher gekommen ist, dem wir alle gehorchen müssen. Ich will nichts anderes, als daß du den Winter bei mir verbringst, und das mit so vielen von deinen Leuten, wie du willst. und du für dein Ansehen für notwendig hältst." Karl sagte, daß er zu Leif gehen würde: " —sonst hätte ich dein Angebot mit Freuden angenommen." Thrand antwortete: "So hat das Schicksal Leif eine große Ehre bestimmt. Aber kann ich euch nicht in irgendwelchen andern Dingen behilflich sein ?"Karl sagte, daß er es sehr schätzen würde, wenn Thrand die Steuern von der Ostinsel und allen Nordinseln einzöge. Thrand antwortete, es wäre seine Schuldigkeit und Pflicht, den Auftrag des Königs zu fördern. Darauf kehrte Thrand ;u seinen Zelten zurück, und von diesem Thinge ist nichts mehr zu berichten.



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Karl sog zu Leis und war dort den Winter über zu Gast. Leif zog die Steuern von der Strominsel und allen südlich gelegenen Inseln ein.

Im folgenden Frühling wurde Thrand sehr krank. Er hatte Augenschmerzen und auch andere schwere Krankheiten. Er rüstete sich aber doch zum Thinge, wie er gewohnt war. Aber als er zum Thinge kam und seine Zelte aufgeschlagen waren, ließ er ein schweres Zelt unter seinem andern aufschlagen, damit es dunkler sei als zuvor.


46. Karl nimmt das Geld

Als einige Tage verstrichen waren, gingen Leif und Karl mit großem Gefolge zu Thrands Zelt, und als sie dorthin kamen, standen einige Männer vor dem Zelte. Leif fragte, ob Thrand im Zelte sei. Jene antworteten, daß er dort sei. Leif sagte, sie sollten ibn bitten, herauszukommen. Er und Karl hätten ein Geschäft mit ihm.

Als jene aber zurückkamen, sagten sie, Thrand hätte solche Augenschmerzen, daß er nicht hinausgehen könnte und bäte Leif und seine Genossen, hereinzukommen. Leif sagte zu seinen Genossen, daß sie vorsichtig sein sollten, wenn sie in das Zelt hineinkämen: " —drängt nicht, und der gehe zuerst hinaus, der zuletzt hereingekommen ist."

Leif ging zuerst hinein, und dann Karl mit seinen Genossen. Sie waren alle voll bewaffnet, als ob sie sich zu einer Schlacht gerüstet hätten.

Leif ging in das schwarze Zelt hinein und fragte, wo Thrand wäre. Thrand antwortete und hieß ihn willkommen. Leif nahm seinen Gruß entgegen und Sagte, ob er irgendwelche Steuern von den Nordinseln eingetrieben hätte, und wie er über dieses Geld Rechenschaft ablegen wollte. Thrand antwortete; daß er die verabredung mit Karl nicht vergessen hätte und er sagte, daß die Steuern richtig bezahlt werden würden: " hier ist ein Geldbeutel, Leis den du bekommen sollst; und Silber ist darin." Leif sah sich im Zelte um und er erblickte wenige männer. Einige lagen auf der Bank, aber wenige faßen aufrecht.



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Er nahm den Beutel entgegen und trug ihn vor das Zelt, wo es hell war. Er schüttete das Silber in seinen Schoß, rührte mit seiner Hand darin herum und sagte, daß Karl das Geld ansehen sollte. Sie betrachteten es eine Weile.

Dann fragte Karl, wie ihm das Geld gefiele. Leif antwortete: : "Ich glaube, daß alles schlechte Geld, das man auf den Nordinseln finden konnte, hier zusammengekommen ist." Das hörte Thrand und Sagte: "Ist das Geld nicht gut :" Leif antwortete: "Nein." Thrand sagte: "So find meine verwandten nicht geringe Schelme, und man kann ihnen in nichts vertrauen. Ich habe sie im Frühling ausgesandt, die Steuern von den Nordinseln einzutreiben, denn ich bin zu nichts in diesem Frühling fähig gewesen. Aber sie haben sich von den Bauern bestechen lassen, falsches Silber anzunehmen, mit dem man nichts bezahlen kann. Jetzt sollst du, Leif, das Geld ansehen, das mir als Pacht bezahlt worden ist."

Leif gab ibm da das Silber zurück, nahm den andern Beutet entgegen und trug ihn zu Karl, und sie untersuchten beide dieses Geld.

Karl Sagte, wie dieses Geld Leif gefiele. "Schlecht," antwortete er, "doch könnte man es als Zahlung in einem Falle annehmen, wo vorher nichts verabredet war. Aber für König Olaf will ich dieses Geld nicht annehmen." Ein Mann, der auf der Bank lag, warf die Mütze fort, die er auf seinem Kopf gehabt hatte, und sagte: "Wahr ist das alte Wort: je älter jemand ist, um so feiger ist er. Und das trifft auch in bezug auf dich zu, Thrand, da du Karl von möre an deinem Gelde den ganzen Tag lang mäkeln läßt." Das war Gant der Rote. Bei Gauts Worten sprang Thrand auf und sprach heftig und schalt seine Verwandten hart. Schließlich sagte er, daß Leif ihm das Geld zurückgeben solle: " —aber nimm diesen Beutel, den meine eigenen Bauern mir im Frühling gebracht haben. Obgleich ich nicht gut sehen kann, so ist doch jedem die eigene Hand die getreuste."

Jetzt erhob sich ein Mann von der Bank, und das war Thord der Kleine und sprach: "Der Schimpf ist nicht gering, den wir



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Karl von Mores wegen leiden müssen, und er hat dafür seinen Lohn verdient."

Leif nahm das Silber entgegen und trug es erfreut zu Karl, und sie betrachteten es. Da sagte Leif: Man braucht nicht lange dieses Silber anzusehen. Hier ist ein Pfennig besser als der andere, und dieses Geld wollen wir baden. Bestimme einen Mann, Thrand, als Zeugen, wie das Silber gewogen wird." Thrand antwortete, daß er sich keinen besseren vertreter als Leif denken könnte.

Leif mit seinen Genossen gingen dahinaus, setzten sich in der Nähe der Zelte nieder und wogen das Silber. Karl nahm den Helm vom Kopf und schüttete das Silber hinein, das gewogen war, Sie sahen einen Mann zu sich kommen, der einen Speer in der Hand hielt, einen flachen Hut auf dem Kopf und einen grünen Mantel anhatte und barfuß war. Er trug festgebundene leinene Hosen. Er stieß den Speer in die Erde und sagte: "Sieh dich vor, Karl von Möre, daß mein Speer dir kein Seid antut."


47. Karl wird erschlagen

Bald darauf kamen vollbewaffneie Männer und riefen laut, daß Leif so schnell wie möglich zum Zelte Gillis des Gesetzeskundigen kommen sollte, dort wäre Sigurd, der Sohn Thorlaks , durch die Zeltöffnung hereingelaufen und hätte einen Mann tödlich verletzt.

Leif sprang auf und ging sofort mit allen seinen Leuten zu Gilli dem Gesetzeskundigen, aber Karl blieb sitzen, und die Norweger standen im Kreise um ihn herum. Da lief Gaut der Rote auf ihn zu und schlug mit einer Handart über die Köpfe der Männer weg. und die Art blieb in Karls Kopf stecken, doch war die Wunde nicht groß. Thord der Kleine ergriff den Speer; der auf dem Boden stand, und schlug damit auf den Artrücken, so daß die Art Karl ins Gehirn drang. Im selben Augenblick stürzten viele Männer aus Thrands Zelt heraus. Karl wurde tot fortgetragen,

Thrand tadelte diese Untat sehr, aber erbot sich doch, für seine verwandten Buße zu zahlen,



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Leif und Gilli trugen die Sache dem Gericht vor, und da wurde die Geldbuße verworfen. Sigurd wurde für den Überfall auf Gillis Zeltmann für friedlos erklärt, und ebenso Thord und Gaut wegen des Totschlages von Karl.

Die Norweger rüsteten ihr Schiff, das Karl nach den Färöern gebracht hatte, und kehrten zu König Olaf zurück.

Das Schicksal hatte aber nicht bestimmt, daß diese Taten gerächt wurden, da in Norwegen Unfrieden war.

Und hier schließt der Bericht über die Ereignisse, die dadurch verursacht wurden, daß König Olaf Steuern von den Färöern verlangte. Aber doch entstanden nach dem Tode Karl von Mores große Streitigkeiten auf den Färöern zwischen Thrand von Gata, Leif und Gilli dem Gesetzeskundigen, und hierüber ist noch viel zu berichten.


48. Der Vergleich zwischen Thrand und den Färingern

Nach dem Tode Karl von Mores und dem Überfalle auf den Zeltmann Gillis des Gesetzeskundigen wurden Thrands Verwandte Sigurd, der Sohn Thorlaks, Thord der Kleine und (Sant der Rote landevverwiesen und von den Färöern verjagt. Thrand gab ihnen ein seetüchtiges Schiff und etwas Geld. Es schien ihnen aber, daß sie schlecht ausgestattet seien und machten Thrand große vorwürfe, daß er sich ihr väterliches Erbe angeeignet hätte und es ihnen vorenthielte. Thrand sagte, sie hätten viel mehr erhalten, als ihnen zukäme. Er hätte sie lange verpflegt und ihnen oft Dinge gegeben, aber schlechten Dank dafür erhalten.

Jetzt stachen Sigurd und seine Genossen in See. Sie waren zwölf Männer auf dem Schiffe. Man meinte, daß sie nach Island segeln wollten. Und als sie eine kurze Zeit auf dem Meere gewesen waren, erhob sich ein großer Sturm, und das Unwetter hielt fast eine Woche lang an.

Alle Färinger wußten, daß dieses Wetter der Fahrt Sigurds und seiner Genossen aufs höchste entgegen war, und man stellte verschiedene Vermutungen über ihre Fahrt an.

Als der Herbst zu Ende ging, fand man die Trümmer ihres



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Schiffes auf der Oftinsel, und als der Winter kam, gingen viele Gespenster auf Gata und überall auf der Ostinsel um, und Thrands verwandte zeigten sich oft, und das war den Männern von großem Schaden: manche erlitten Knochenbrüche oder andere verletzungen. Sie suchten Thrand so hart heim, daß er nirgendwo hinzugehen wagte. Im Winter wurde viel hierüber gesprochen.

Als der Winter zu Ende ging, sandte Thrand Leif eine Botschaft, daß sie zusammenkommen wollten. Das taten sie, und als sie zusammen waren, sagte Thrand: "Wir gerieten, Pflegesohn , im vorigen Sommer in große Schwierigkeiten, und es war nahe daran, daß alle Thing leute miteinander gekämpft hätten. Jetzt will ich, mein Pflegesohn, daß unser Kat zum Gesetz erhoben wird, daß die Männer nie bewahret auf ein Thing kommen, wo sie ihre Angelegenheiten und Vergleiche besprechen sollen." Leif antwortete, das sei wohl gesprochen: " —und darüber sollten wir mit meinem Vetter Gilli dem Gesetzeskundigen beratschlagen. Gilli und Leif waren Schwestersöhne .

Jetzt trafen sie alle zusammen und besprachen sich hierüber. Gilli antwortete Leif so: "Gefährlich scheint es mir zu sein, Thrand zu trauen, und ich werde dem vorschlage nur dann zustimmen, wenn wir vertrauensleute des Königs alle unsere Waffen behalten und ebenso einige Männer aus unserem Gefolge die andern mögen aber waffenlos sein." Jetzt beschlossen sie das.

Der Winter ging nun vorüber, und im Sommer versammelten sich die Männer zum Thinge auf der Strominsel.

Jetzt geschah es eines Tages, daß Gilli und Leif von ihren Zelten auf einen Hügel gingen, der auf der Insel war, und dort miteinander sprachen. Da sahen sie, daß im Osten der Insel unter dem Sonnenaufgang nicht wenige Männer auf ein Vorgebirge stiegen, das dort lag. Sie konnten dreißig Männer zählen. Im Sonnenscheine blinkten schöne Schilde und blanke Helme, Äxte und Spieße. Es war eine kriegerische Schar. Sie sahen, daß ein großer und kräftiger Mann in rotem Mantel voranging, dessen Schild halb blau und halb gelb de



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malt war. Er hatte einen Helm auf dem Kopfe und einen großen Schlagspieß in der Hand. Sie glaubten in ihm Sigurd, Thorlaks Sohn, zu erkennen. Neben ihm ging ein starker Mann in rotem Mantel und hatte einen roten Schild. Sie glaubten, mit Sicherheit zu erkennen, daß es Thord der Kleine sei. Der dritte Mann hatte einen roten Schild, auf dem ein Menschenkopf gemalt war. Er hielt eine große Art in der Hand. Das war Gaut der Rote.

Leif und Gilli kehrten jetzt schnell zu ihren Zelten zurück.

Sigurd und seine Genossen kamen bald, und sie waren alle woblbewaffner. Thrand ging aus seinem Zelte mit vielen Männern ihnen entgegen, und alle seine Mannen waren bewaffnet.

Leif und Gilli hatten nur wenige Männer, und der größte Unterschied gegen Thrands Schar war, daß nur einige wenige Waffen hatten.

Thrand ging mit seinen Genossen auf Leifs Schar zu und sagte: " So verhält es sich, Pflegesohn Leif, daß meine Verwandten hierhergekommen find, die neulich eilig von den Färöern fortgefahren sind. Jetzt will ich mich nicht mehr mit meinen verwandten unter dein und Gillis Joch beugen. Ich stelle zwei Bedingungen: entweder entscheide ich allein zwischen euch, oder, wenn ihr das nicht wollt, werde ich meine verwandten nicht von ihrem vorhaben abhalten."

Leif und Gilli sahen, daß ihre Schar es nicht mit der Thrands aufnehmen könnte. Sie nahmen die Bedingung an, die ganze Entscheidung Thrand zu überlassen, und dieser sprach sie sofort aus und sagte, daß er später nicht weiser sein würde. "So ist mein Spruch," sagte er, "daß es meinen verwandten freistehen soll, sich hier auf den Färöern aufzuhalten, wo es ihnen beliebt, obwohl sie vorher landesverwiesen sind. Bußgelder sollen nicht bezahlt werden. Die Herrschaft über die Färöer soll so geteilt werden, daß ich ein Drittel habe, das zweite Leif, dritte Sigmunds Söhne. Diese Herrschaft ist lange die Ursache von Haß und ein Zankapfel gewesen. Dir, Pflegesohn Leif; biete ich an, deinen Sohn Sigmund aufzuziehen. Das will ich noch für dich tun." Leif antwortete: "Ich will, daß die Frage



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der Erziehung meines Sohnes von der Bestimmung meines Weibes Thora abhängen soll, ob sie will, daß ihr Sohn mit dir geht, oder bei uno bleibt."

Darauf trennten sie sich, und als Thora davon erfuhr, daß Thrand ihren Sohn erziehen sollte, antwortete sie: "vielleicht bin ich hierüber wieder anderer Ansicht als du. Aber ich will meinem Sohn Sigmund diese Erziehung nicht nehmen, denn mir dünki, daß Thrand viel vor den meisten Männern voraus hat."

Sigmund, der Sohn Thoras und Leifs, ging zur Erziehung zu Thrand nach Gata und wuchs dort auf. Er war damals drei Jahre alt, und man konnte das Beste von ihm erwarten.


49. Von Thorhall

Zu der Zeit, wo Svein König in Norwegen war und zusammen mit seiner Mutter Alfifa herrschte, war Thrand zu Hause in Gata, und seine Neffen Sigurd, Thord und Gaut der Rote waren bei ibm. Man berichtet, daß Thrand kein Weib gehabt habe, doch hatte ereine Tochter, die Gudrun hieß. Und als seine Neffen eine Zeitlang bei ihm gewesen waren, kam erinit ihnen ins Gespräch: er wolle nicht, daß sie länger bei ihm blieben, da sie träge und tatenlos seien. Sigurd antwortete heftig und sagte, daß Thrand seinen verwandten nur Böses gönne, und sagte, er säße auf seinem väterlichen Erbe. Sie stritten da mit harten Worten gegeneinander.

Dann fuhren die drei Vettern zur Strominsel, die von allen Färöern am stärksten besiedelt ist. Dort wohnte der Mann, der Thorhall der Reiche hieß. Er hatte ein Weib, das Birna hieß und die Strominsel-Birna genannt wurde. Sie war eine hochmütige und ansehnliche Frau. Thorball war damals bejahrt, und Birna war ihm seines Reichtums wegen zum Weibe gegeben worden. Fast jeder Mann schuldete Thorhall Geld, und viele bezahlten ihm nur wenig,

Sigurd, Thord und Gaut kamen zur Strominsel und suchten den Bauern Thorhall auf. Sigurd bot ihm an, gegen die Hälfte des Geldes bei Thorhalls unsichersten Gläubigern einzutreiben . Aber wenn er die Sache vor (bericht bringen müßte,



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sollte ihm Thorball auch das seine Mühe bezahlen, was er zur gerichtlichen Durchführung der Klage brauchte. Der Bauer sollte seinerseits die Hälfte bekommen. Thorhall dünkten die Bedingungen hart zu sein, aber sie einigten sich doch auf sie. Sigurd fuhr jetzt weit auf den Färöern herum und trieb Thorhalls Geld ein, und klagte nach dem Gesetze, wenn erdas für nötig hielt. Er erhielt bald so viel Geld, daß er selbst reich wurde.

Sigurd war jetzt lange mit seinen Vettern bei Thorhall. Oft sprachen Sigurd und Birna zusammen, und so ging die Rede der Leute, daß sie in verkehr miteinander gestanden hätten-so verging der Winter.

Im Frühling sagte Sigurd, daß er mit Thorhall gemeinsamen Haushalt führen wollte, aber Thorhall zögerte mit seiner Einwilligung, bis die Hausbau dazu kam. Da willigte der Bauer ein und ließ die Hausbau alles ordnen.

Thorhall wurde beiseite geschoben, und Sigurd und Birna ordneten alles, wie sie es für gut hielten.


50. Thorhalls Tod

Da geschah es im Sommer, daß ein Schiff zu den Färöern kam und bei der Südinsel strandete. viel von der Ladung ging dabei verloren, und von den zwölf Männern, die auf dem Schiffe gewesen waren, ertranken fünf, aber sieben kamen lebendig an Land. Einer von ihnen hieß Hafgrim, die andern hießen Bjarngrim und Hergrim. Sie waren alle Brüder und die Führer des Schiffes. Sie litten Mangel an Lebensmitteln und andern Dingen, deren sie bedurften.

Sigurd, Thord und Gaut gingen zu ihnen, und Sigurd sagte, daß sie in einer üblen Lage wären und lud sie alle zu sich ein. Da kam Thorhall mit Birna ins Gespräch und sagte, es dünke ihn, daß Sigurd übereilt gehandelt hätte. Sigurd sagte, sie sollten auf seine Kosten leben. Sie blieben jetzt dort und wurden besser gehalten als Thorhall.

Der Bauer Thorhall war engherzig und geriet oft mit Bjarngrim in Streit.

Da geschah es eines Abends, als die Leute in der Stube saßen,



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daß der Bauer Thorhall mit Bjarngrim in Streit geriet. Thorhall saß auf einer Bank und hielt einen Stock in der Hand. In erregtem Gespräch schwang er den Stock, und da er kurzsichtig war, schlug er mit dem Stock Bjarngrim auf die Nase. Hierüber wurde Bjarngrim zornig und wollte nach einer Art greifen und sie Thorhall in den Kopf schlagen. Sigurd sprang schnell hinzu, hielt Bjarngrim fest und sagte, daß er sie vergleichen wollte. Das Ende war; daß sie sich verglichen.

Sie blieben den Winter über dort, aber gingen von da an einander aus dem Wege.

Als der Winter zu Ende ging, sagte Sigurd, daß er ihnen auf irgendeine Weise helfen wollte. Er gab ihnen ein gutes Lastschiff, das ihm und Thorhall gemeinsam gehörte. Thorhall äußerte, daß ihm das übel gefiele, bis die Hausfrau ihm zuredete. Sigurd gab ihnen Lebensmittel und sie begaben sich aufs Schiff. Dort verbrachten sie die Nächte, aber tagsüber waren sie auf dem Gehöfte.

Als sie gerüstet waren, geschah es eines Morgens, daß sie zum Gehöfte zurückkehrten. Sigurd war nicht zu Hause, sondern war zu Arbeiten gegangen, die er für nötig hielt. Bjarngrim und seine Genossen waren jetzt den Tag über im Gehöfte.

Als Sigurd nach Hause kam und zu Tisch ging, waren die Kaufleute zu ihrem Schiffe hinunter gegangen. Sigurd Sagte, als er ;u Tisch kam, wo der Bauer Thorhall wäre. Ihm wurde geantwortet, daß er wohl schlafe. "Das ist ein unnatürlicher Schlaf," sagte Sigurd. "Ist er angekleidet oder nicht? Wir wollen mit dem Essen auf ihn warten."

Jetzt gingen Leute zum Schlafraum, und dort lag Thorhall in seinem Bett und schlief. Das wurde Sigurd berichtet. Er sprang auf und trat an Thorhalls Bett und überzeugte sich schnell, daß Thorhall tot sei. Sigurd zog ihm die Kleider aus. Er sah, daß sein Beit blutgetränkt war, und fand unter dem linken Arme eine Munde. Thorball war mit einem schmalen Eisen ins Herz gestochen worden,

Sigurd sagte, das sei eine sehr schlimme Untat: " — der erbärmliche Bjarngrim muß sie verübt haben, und jetzt glaubt er den Stockschlag gerächt zu haben. Wir müssen nun zu dem



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Schiffe hinunter gehen und uns an ihnen rächen, wenn es noch möglich ist."

Die Vettern griffen jetzt nach ihren Waffen, und Sigurd hielt eine große Art in der Hand. Sie liefen zum Schiffe hinunter, und Sigurd schalt laut. Er sprang sofort auf das Schiff.

Im selben Augenblick sprangen die Brüder auf, da sie die Schimpfworte und Flüche hörten. Sigurd lief auf Bjarngrim zu und hieb ihm mit beiden Händen die Art in die Brust, so daß die Art tief eindrang und Bjarngrim auf der Stelle starb. Thord der Kleine schlug mit dem Schwerte nach Hafgrims Schulter und spaltete ihm den Arm ab, so daß Hafgrim sofort starb. Sant der Rote hieb mit seiner Art nach Hergrims Kopf und spaltete ihn bis auf die Schultern.

Als sie alle drei tot waren, sagte Sigurd, daß man die Überlebenden nicht verfolgen solle. Aber er verlangte das Gut, das die Brüder besessen hatten, doch das war nur wenig.

Sigurd und seine Genossen kehrten jetzt mit diesem Gute nach Hause zurück. Es schien ihnen, daß sie jetzt den Bauer Thorhall gut gerächt hätten. Doch gingen böse Worte über Sigurd und seine Vettern in bezug auf Thorhalls Tod herum.

Sigurd nahm jetzt Birna um Weibe und verwaltete mit ihr zusammen das Gehöft. Sie hatten viele Kinder.


51. Thorvalds Tod und Gauts Hinterlist

Thorvald hieß ein Mann, der auf der Sandinsel wohnte; Thorbera hieß sein Weib. Er war vermögend und alt, als dieses sich zutrug.

Gaut der Rote kam zu Thorvald und bot ihm an, sein Geld einzutreiben , das er bei säumigen Gläubigern zugute hatte, und ihr Handel glich sehr dem zwischen Thorhall und Sigurd. Gaut war bei Thorvald nicht kürzere Zeit, als bei Sigurd. Bald wurde davon gesprochen, daß Gaut Thorvalds Weib verführe. Gaut trieb viel Geld eim

Einmal kam ein Fischer, der Thorvald viel Geld schuldete. Am Abend war es dunkel in der Stube, wo die Männer saßen. Da verlangte Thorvald sein Geld von dem Fischer, aber dieser antwortete langsam und ziemlich böse.



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Gant ging mit einigen Männern im Dunkel auf dem Estrich hin und her. Aber als man es am wenigsten erwartete, sagte Thorvald: "Elendester der Männer! Suchst du einem alten, unschuldigen Mann dein Kurzschwert in die Brust!" Er taumelte gegen die Bretterwand und war sogleich tot.

Als Gaut das hörte, sprang er sofort auf den Fischer zu, tötete ihn durch einen Hieb und sagte, er solle nicht mehr Unheil anrichten.

Dann verwaltete Gant das Gehöft zusammen mit der Witwe und nahm sie zum Weibe.


52. Leif, Thorirs Sohn, kommt zu den Färöern

Leif hieß ein Mann. Er war Thorirs Sohn, der der Sohn Beinirs gewesen war. Leif unternahm Handelsreisen zwischen Norwegen und den Färöern und hatte viel Geld. Wenn er auf den Färöern war, wohnte er abwechselnd bei Leis, dem Sohne Össurs, und der Hauptwitwe Thurid und deren Söhnen. Nun geschah es einmal, als Leif der Sohn Thorirs, mit seinem Schiffe zu den Färöern kam, daß Sigurd, der Sohn Thorlaks, zu sich nach der Strominsel einlud, und daß Leif die Einladung annahm.

Leif, der Sohn Össurs, kam zum Schiffe und freute sich nicht, daß sein Namensvetter sich entschlossen hatte, zu Sigurd zu gehen. Er sagte, er könne es nicht gutheißen, und Leis Thorirs Sohn, wisse doch, daß er bei ihm auf der Südinsel wohnen könne. Leis Thorirs Sohn, erwiderte, daß es jetzt so de- stimmt sei und so geschehen werde, und zog zu Sigurd, und Sigurd setzte ihn neben sich und behandelte ihn aufs beste. Leif blieb den Winter über dort.


53. Sigmund erscheint Thurid Hauptwitwe

Es wird berichtet, daß Sigurd an einem Tage des nächsten Frühlings sagte, daß er sein Geld von seinem Nachbarn fordern wollte; der Björn hieß: " - und ich will, Leis, daß du uns begleitest, um zwischen uns zu vermitteln, denn Björn ist sehr



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hartnäckig, und ich habe lange kein Geld von ihm bekommen können." Leif antwortete, daß er ihn begleiten wolle, wie Sigurd es wünsche.

Sie gingen jetzt beide zu Björn, und Sigurd forderte Sent Geld, aber Björn antwortete ihm böse. Darauf entstand groser Lärm, und Björn wollte nach Sigurd hauen, aber Leif sprang zwischen sie, und Björns Art traf ihn in den Kopf, so daß er sofort tot war. Sigurd lief da auf Björn zu und erschlug ihn.

Diese Ereignisse wurden jetzt bekannt. Sigurd war jetzt der einzige, der davon berichten konnte. Da gingen wieder schlimme Gerüchte über ihn um.

Die Hauptwitwe Thurid und ihre Tochter Thora schalten Leif, den Sohn Össurs, sehr, daß ernie Rache nehmen wollte, wie großen Schimpf man ihm auch zufügte. Sie zeigten sich gegen ihn grollend und feindlich, aber er bewies große Geduld. Sie sagten, daß seine Geduld nichts anderes als Feigheit und Faulheit sei.

Mutter und Tochter waren über den Tod Leifs, des Sohnes Thorirs, sehr betrübt und glaubten zu wissen, daß Sigurd ihn erschlagen hätte.

Jetzt wird berichtet, daß die Hausbau Thurid einmal träumte, daß Sigmund, ihr Gatte, so wie er gewesen war, zu ihr kam. Er sprach zu ihr: "Es verhält sich so, wie es dir scheint, daß ich hierher gekommen bin, und Gott selbst hat es mir erlaubt. Hege keine harten Gedanken gegen Leif, den Gatten deiner Tochter, denn er ist vom Schicksal dazu ausersehen worden, eure Schmach zu rächen."

Darauf erwachte Thurid und erzählte ihrer Tochter Thora den Traum, und von dem Tage an waren sie freundlicher gegen Leif als früher.


54. Kampf zwischen Arnljot und den Vettern

Jetzt ist davon zu berichten, daß ein Schiff zu den Färöern kam und in der Nähe von Sigurds Gehöft bei der Strominsel anlegte . Es waren Norweger, und der Steuermann hieß Arnljot. Achtzehn Männer waren auf seinem Schiffe.



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Beim Anlegeplatz des Schiffes wohnte ein Mann, der Skopti hieß. Er arbeitete für die Kaufleute und diente ihnen gut. Auch sie hatten Gefallen an ihm.

Der Steuermann kam mit Skopti ins Gespräch und sagte: "Ich werde dir mein Geheimnis entdecken, daß Bjarngrim und seine Brüder, die Sigurd mit seinen Vettern erschlagen hat, meine Söhne gewesen sind. Ich wünsche, daß du mich unterstützt; daß ich Sigurd und seine Genossen treffen kann, meine Söhne rächen." Skopti antwortete, daß er Sigurd nichts Hutes zu lohnen hätte und versprach Arnljot, ihn sofort zu benachrichtigen , wenn sich eine Gelegenheit darböte, Sigurd und seine Vettern zu treffen.

Irgend einmal im Sommer fuhren die drei Vettern Sigurd, Thord und Gaut, auf einem Schiffe zu einer Insel, um Schlachtschafe zu holen, denn es ist Sitte bei den Färingern, in jeder Hälfte des Jahres frisches Fleisch haben. Und als sie fortgefahren waren, benachrichtigte Skopti Arnljot davon.

Die Kaufleute brachen sofort auf und waren fünfzehn Mann auf einem Boote, das zum Handelsschiffe gehörte. Sie kamen zu der Insel, auf der sich Sigurd mit seinen Genossen schon befanden, und zwölf gingen auf die Insel hinauf, aber drei bewachten das Boot.

Sigurd und seine Genossen sahen die Männer die Insel hinaufkommen und sprachen untereinander, wer sie sein mochten. Sie sahen, daß die Männer gefärbte Kleider trugen und bewaffnet waren. "Es mag sein," sagte Sigurd, "daß wir die Kaufleute vor uns haben, die den Sommer über hier lagen, und vielleicht ist ihr Geschäft ein anderes, als nur Märkte abzuhalten, und es gilt uns. So müssen wir uns bereithalten. Jetzt müssen wir ihnen entgegengehen und Sigmund Brestirssohns Rat befolgen, nach allen Seiten auseinander zu laufen und uns alle bei unserem Schiffe wieder zu treffen."

Jetzt gingen sie jenen entgegen. Arnljot forderte sofort seine Genossen auf und bat sie, den Tod seiner Söhne zu rächen. Sigurd und seine Vettern liefen nach allen Seiten auseinander und trafen auch am Strande bei ihrem Schiffe wieder zusammen. Jetzt kam Arnljot mit seinen Genossen und griff sie an. Sigurd



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hieb nach dem Manne, der ihn angriff und schlug ihm beide Beine über den Knien ab, so daß erstarb. Thord erschlug einen zweiten, und Gant einen dritten.

Dann liefen sie zu ihrem Schiffe und ruderten an der Insel entlang und fanden das Boot der Kaufleute, in dem drei Männer waren.

Sigurd lief auf das Boot zu und tötete einen von ihnen und warf die beiden andern über Bord. Sie nahmen das Boot und ruderten mit beiden Fahrzeugen nach Hause.

Sigurd sammelte sich eine Schar und fuhr zu der Insel hinaus und ging ans Land. Die Norweger liefen zusammen und wollten sich verteidigen. Da sagte Thord der Kleine: "Das rate ich, Vetter Sigurd, diesen Männern Frieden zu geben, die ganz in unserer Gewalt sind, und wir haben Arnljot vorhin großen Schaden zugefügt." Sigurd antwortete: "Das ist wohl gesprochen, aber doch will ich, daß sie sich ganz in meine Gewalt begeben, wenn sie Frieden haben wollen."

Die Norweger gaben sich da ganz in Sigurds Gewalt, und dieser bestimmte, daß Arnljot jedem von ihnen dreifache Mannesbuße bezahlen sollte. Arnljot bezahlte das Geld, und das war die Buße, die er seine Söhne erhielt, und damit fuhr er von den Färöern fort.

Sigurd erfuhr von Skopas verrat und sagte, daß er sein Leben behalten dürfte, aber die Färöer verlassen müßte. Skopti fuhr nach Norwegen und war von den Färöern verbannt.


55. Thord wirbt um Thurid Hauptwitwe

Jetzt ist davon zu berichten, daß Sigurd seinem Bruder Thord zuredete, er solle sich ein Weib nehmen. Thord Sagte, wo Sigurd ein Weib für ihn wüßte. "Ich will bei der Wahl nicht an dem Weibe vorübergehen, das mir am besten von allen hier auf den Färöern gefällt. Das ist Thurid." "Ich will nicht so hoch hinaus," antwortete Thord."Du wirst kein Weib finden, wenn wir nicht auf Werbung gehen," sagte Sigurd. "Ich habe keine Lust, es zu versuchen," sagte Thord, "und sie wird weit davon entfernt sein, mein Weib werden zu wollen. Aber du magst es versuchen, wenn du willst."



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Am nächsten Tage sog nun Sigurd zur Buschinsel und trug diese Angelegenheit Thurid vor. Sie zögerte mit der Antwort, aber er drang in sie, und es kam soweit, daß sie ibm antwortete, sie wollte die Sache mit ihren Freunden und Söhnen besprechen und ihm eine Botschaft darüber senden.

Sigurd kehrte jetzt nach Hause zurück und berichtete Thord, daß Thurids Antwort nicht abschlägig gewesen sei. "Wunderlich kommt mir das vor," sagte Thord, "und mir ahnt, daß es ihr nicht ganz Ernst gewesen ist."

Thurid ging zu Leif und Thora, ihrer Tochter, und erzählte ihnen von der Werbung. Thora fragte, was sie geantwortet hätte. Thurid sagte, sie hätte die Werbung abgewiesen, doch weniger heftig, als sie gesinnt see " —aber was ist dein Rat, Tochter:" Thora antwortete: "Du darfst die Werbung nicht abweisen, wenn ich raten kann, und es dir im Sinne liegt, den Schimpf zu rächen, der uns angetan wurde. Ich sehe keinen anderen Köder, der geeigneter wäre, jene herzulocken. Ich brauche meiner Mutter keine Worte in den Mund zu legen, denn auf viele Weise wird sie jene zu täuschen wissen, so daß jene nicht ihren Willen durchsetzen." Leif stimmte Thora zu und sagte; er wolle sich überlegen, wie die Vettern endlich die Strafe bekommen könnten, die sie verdient hätten. Sie setzten jetzt einen Tag fest, wo jene kommen sollten, um die Angelegenheit abzuschließen.

Jetzt sagte Leif: "Weit hat Thrand vorausgesehen, als er mir anbot, unser Kind aufzuziehen, und das ist deine Schuld, Thora. Es bedeutet den Tod Sigmunds, unseres Sohnes, wenn er bei Thrand ist und sich etwas zwischen uns und Sigurd ereignet." "Ich will nicht," antwortete Thora, "daß er länger von Hause fort ist. Es wird am besten sein, daß wir zur Ostinsel fahren und Thrand, deinen Pflegevater, aufsuchen."

Darin stimmten alle ihr zu,


56. Leis und sein Weib fahren zu Thrand

Leif fuhr jetzt mit seiner ganzen Sippe fort, und es waren sieben Männer auf dem Schiffe. Sen ganzen Tag über schlugen die Wellen in das Schiff hinein, und alle wurden durchnäßt; nur Thora blieb trocken.



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Sie kamen zur Ostinsel und gingen zum Gehöfte in Gata hinauf, Thrand empfing sie freundlich. Er ließ für Leif und seine Begleiter das Feuer anfachen, und dort war der Knabe Sigmund, ihr Sohn, mit ihr zusammen. Er war damals neun Jahre alt und sah sehr kräftig aus. Seine Mutter fragte ibn, was Thrand ihm gelehrt hätte, und er antwortete, daß er alle gerichtlichen Klagen durchführen könne, sowohl eigene Rechtshändel. wie die von andern, und daß er sich gut darauf verstehe. Dann fragte sie, was sein Pflegevater ihm von der heiligen Lehre gelehrt hätte. Sigmund sagte, er könne das vaterunser und das Credo. Thora wollte es gern hören, und es dünkte sie, daß er das vaterunser leidlich sänge, aber Thrands Credo lautete so:

"Allein nicht geh ich,
vier mir folgen,
Fünf Engel Gottes.
Für mich bet ich Gebete.
  Bete vor Christo.
Sieben Psalmen fing ich:
Gott mag für mich sorgen."

Im selben Augenblicke kam Thrand in die Stube und fragte, worüber sie sprächen. Thora antwortete, ihr Sohn Sigmund hätte ihr das aufgesagt, was Thrand ibn im Glauben gelehrt hätte: " — und ich kenne nichts, was diesem Credo gleicht." "Es verhält sich so, wie du weißt," sagte Thrand, "daß Christus zwölf oder mehr Jünger hatte, und jeder von diesen hatte sein eignes Credo. Jetzt habe ich mein Credo, wie du das hast, das du gelernt hast, und es gibt viele verschiedene. So verhält es sich, und sie brauchen nicht gleich zu sein, um richtig zu sein." Damit schloß ihr Gespräch.

Am Abend wurden sie gut bewirtet, und es wurde stark gen unken. Dabei war Thrand der heiterste und sagte, daß man ihnen ein Lager in der Stube bereiten solle, und war ein Flach bett auf dem Estrich. Leif sagte, daß sie damit zufrieden wären. Thora sagte, sie wollte, daß Sigmund ihr von seinem Leben erzähle und die Nacht über bei ihr läge. "Das geht nicht an," sagte Thrand, " denn dann werde ich in der Nacht nicht schlafen



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können." "Du mußt es mir gönnen, mein Thrand," sagte Thora. Und sie setzte durch, daß der Knabe bei ihr lag.

Thrand hatte eine kleine Kammer; in der er immer mit dem Knaben schlief, und wenige Männer waren bei ihm.

Spät nachts ging Thrand in seine Kammer. Leif wollte schlafen und legte sich hin und wandte dabei seinem Weibe den Rücken zu. Sie berührte seinen Rücken und bat ibn, nicht zu schlafen. "Steht auf," sagte sie, "und geht in der Nacht zu allen Schiffen, die bei der Ostinsel liegen und bohrt sie an, so daß keins seetüchtig ist.

Das taten sie. Leif kannte dort jede Bucht. Sie bohrten jedes Fahrzeug an, so daß keins mehr seetüchtig war.

Sie schliefen nicht in der Nacht und standen früh am Morgen auf. Thora und Sigmund gingen sofort zu ihrem Schiff hinunter, aber Leif ging zu Thrand in die Kammer und nahm Abschied von ihm und dankte ihm für den freundlichen Empfang:" —und Thora will, daß Sigmund mit ihr fahre."Thrand hatte wenig in der Nacht geschlafen und sagte, es dürfe nicht sein, daß Sigmund fortführe.

Leif eilte zu seinem Schiff, aber Thrand glaubte jetzt die ganze List von Leif und seiner Sippe zu durchschauen und bat seine Knechte eine Schute zu nehmen, die ihm gehörte.

Da liefen viele Männer an den Strand. Sie nahmen die Schute, aber das dunkelblaue Wasser strömte herein, und sie waren fiala, daß sie wieder an Land kommen konnten. Kein Schiff bei der Insel war seetüchtig, und Thrand mußte dort bleiben, ob ihm das gefiel oder nicht,

Leif fuhr solange, bis er nach Hause kam und sammelte sich eine Schar. Und das war am Tage; bevor Sigurd und Thord kommen sollten.


57. Leif tötet Sigurd und dessen Vettern

Jetzt ist von Sigurd und Thord zu berichten, daß sie sich zur Abfahrt rüsteten und daß Sigurd auf Eile drängte. Thord sagte, ihm läge wenig an dieser Fahrt: " — und ich glaube, daß du zum Tode bestimmt bist, da du so eifrig bist." "Sei nicht so sonderbar," antwortete Sigurd, "und fürchte dich nicht, wo



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keine Gefahren sind. Wir werden gewiß zu der Zusammenkunft gehen, die wir verabredet haben." "Du magst darüber bestimmen ," sagte Thord, " aber es käme mir nicht unerwartet, wenn wir nicht alle gesund heute abend nach Hause zurückkehrten."

Sie fuhren auf einem Schiffe fort und waren zusammen zwölf Männer auf dem Schiffe. Alle waren wohl bewaffnet. Sie hatten den Tag über Sturm und starke Strömungen, aber kamen wohlbehalten zur Buschinsel. Da sagte Thord, daß er nicht weiter gehen wollte, aber Sigurd antwortete, daß er zum Gehöfte hinaufgehen würde, und wenn er es allein tun müßte. Thord sagte, Sigurd müsse zum Tode bestimmt sein.

Sigurd ging auf die Insel hinauf. Er trug einen roten Rock und einen blauen Mantel mit Bändern auf den Schultern. Ein Schwert hatte er am Gürtel und einen Helm auf dem Kopfe.

Er ging auf die Insel hinauf, und als er in die Nähe des Hauses kam, sah er, daß die Türen geschlossen waren. Die Kirche, die Sigmund hatte bauen lassen, stand auf der Wiese der Tür gegenüber; und als Sigurd jetzt zwischen die Häuser und die Kirche kam, sah er, daß die Kirchentür offen war und eine Frau in rotem Rock und mit einem roten Mantel um die Schultern aus der Kirche herauskam. Sigurd erkannte sie als die Hausfrau Thurid und ging auf sie zu. Sie begrüsste ihn freundlich und ging zu einem Baumstamm, der auf der Wiese lag. Sie setzte sich auf den Baumstamm und sie wollte sich der Kirche zuwenden , aber er wollte sich der Haustür zuwenden. Sie setzte ihren Willen durch, und sie wandten sich der Kirche zu. Sigurd Sagte, was für Männer gekommen seien. Sie antwortete, daß nur wenige dort seien. Er Sagte; ob Leif da sei. Sie antwortete, daß er nicht da sei. "Sind deine Söhne zu Hause:" fragte er. "Ja," antwortete sie. "Was haben sie zu unserer Angelegenheit gesagt:" Sagte er. "Wir sind darüber einig geworden, daß du allen Frauen am besten gefällst, und ich würde wenig zögern, wenn du ledig wärst." "So ist mir mein Glück sehr verkürzt worden," sagte Sigurd, "doch das läßt sich schnell ändern, so daß ich ein Freier werde." "Das mag sein," antwortete sie, und da wollte er sie an sich ziehen und schlang die Arme um sie, aber sie zog seinen Mantel mit den Bändern ansich, und im selben



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Augenblick wurde die Tür geöffnet, und ein Mann mit entblößtem Schwerte lief heran, und das war Hjeri, der Sohn Sigmunds . Als Sigurd das sah, kauerte er äch unter dem Mantel nieder und streifte ihn damit ab, aber Thurid hielt noch den Mantel fest.

Jetzt kamen mehrere Männer heraus, und Sigurd lief auf das Feld hinunter. Hjeri ergriff einen Speer und lief ihm nach und holte ihn ein. Er schleuderte den Speer nach Sigurd, und Sigurd sah, daß der Speer auf seine Schultern zu flog. Da warf er sich auf den Boden, und der Speer flog über ibn weg und blieb im Boden stecken.

Sigurd sprang schnell auf und ergriff den Speer und schleuderte ihn zurück, und Hjeri wurde mitten in die Brust getroffen und starb bald.

Sigurd lief dann den Steig hinunter, aber Leif kam dorthin, wo Hjeri lag, wandte sich schnell ab, lief auf der Insel weiter und sprang an den Klippen hinunter, und die Leute sagen, daß er fünfzehn Faden tief auf den Strand herabsprang. Er kam auf die Füße zu stehen und lief zum Schiffe der Brüder.

Da war Sigurd zum Schiffe gekommen und wollte hinaufspringen, aber Leif stach ihm das Schwert nach der Seite, aber Sigurd wand sich, und das Schwert traf ihn in den Unterleib, wie es Leif vorkam. Sigurd sprang jetzt aufs Schiff, und seine Genossen ruderten vom Lande fort, und damit schieden sie.

Leif ging auf die Insel zu seinen Leuten und bai sie, schnell auf ihre Schiffe zu gehen: " —denn wir wollen sie verfolgen." Sie fragten ihn, ob er wüßte, daß Hjeri tot sei, und ob er Sigurd getroffen hätte. Er antwortete, jetzt sei keine Zeit zum Schwatzen.

Sie bemannten schnell zwei Schiffe. Leif hatte achtzig Männer, und ihre Abfahrt verzögerte sich sehr,

Sigurd und Thord kamen zur Strominsel. Sigurd hatte das Schiff gesteuert, aber war wenig gesprächig. Aber als er vom Schiffe herunterging, fragte ihn Thord, ob er schwer verwundet sei. Sigurd antwortete, daß er das nicht genau wüste.

Sigurd ging zum Bootshause, das dicht am Meer lag und stützte seine Arme an die Wand. Die andern aber räumten das Schiff



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und gingen dann zum Bootshause und sahen, daß Sigurd dort stand und steif und kalt war.

Sie brachten seine Leiche nach Hause und erzählten nichts von diesen Ereignissen.

Dann gingen sie um Abendessen, und als sie beim Essen saßen, kam Leif mit seinen Leuten zum Gehöfte. Sie versuchten einen Angriff und legten Feuer an. Die andern verteidigten sich gut. Sie waren elf Männer, aber dreißig griffen an. Und als das Feuer das Haus ergriff, lief Gaut der Rote heraus, weil er es nicht länger ertragen konnte. Steingrim, Sigmunds Sohn, griff ihn an, und ebenso zwei andere Männer, aber er wehrte sich tapfer. Gaut hieb nach Steingrims Knie und schlug ihm die Kniescheibe ab. Das gab eine große Wunde, so daß Steingrim sein Leben lang hinkte. Gaut tötete auch einen von Steingrims Genossen.

Dann kam Leif hinzu, und sie fochten miteinander, und das Ende war, daß Leif Gaut tötete.

Jetzt lief Thord der Kleine heraus, und Sigmunds Sohn Brand und zwei andere Männer traten ihm entgegen, und so endete ihr Kampf, daß Thord Brand und die beiden andern Männer tötete. Jetzt kam Leif herzu und durchstach Thord mit demselben Schwerte, mit dem er vorhin Sigurd, dessen Bruder, getötet hatte, und Thord starb bald darauf.


58. Leif herrscht jetzt allein. Thrands Tod

Nach diesen Ereignissen kehrte Leif nach Hause zurück und wurde sehr berühmt durch seine Taten.

Aber als Thrand von dem Geschehenen hörte, nahm er es sich so zu Herzen, daß er aus Kummer starb.

Leif herrschte jetzt allein über alle Färöer; und das war zur Zeit König Magnus des Guten, des Sohnes von Olaf.

Leif fuhr nach Norwegen zu König Magnus und erhielt von ihm die Färöer als Leben. Dann kehrte er zu den Färöern zurück und wohnte dort bis zu seinem Alter. Sein Sohn Sigmund wohnte nach seinem Vater Leif auf der Südinsel und war ein angesehener Mann.

Thurid und Leif starben zur Zeit des Königs Magnus, aber



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Thora blieb bei ihrem Sohne Sigmund und wurde ihr Leben lang für eine sehr tüchtige Frau gehalten.

Sigmunds Sohn hieß Hafgrim, dessen Söhne waren Einar und Skeggi, die vor kurzer Zeit Amtmänner auf den Färöer waren.

Steingrim der Lahme wohnte auf der Buschinsel und wurde für einen guten Bauern angesehen. Von andern denkwürdigen Taten Sigmunds, des Sohnes Brestirs oder seinen Nachkommen wird bier nichts berichtet.



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Nachbemerkung

Die Übersetzung beruht auf den besten Texten, denen genau gefolgt wurde. Nur wurden gelegentlich ermüdende Genealogien gekürzt, und in einigen Fällen geringfügige Umstellungen vorgenommen, um den Zusammenhang besser zu wahren. Bei der Geschichte von Erich dem Roten wurde jedoch das erste Kapitel fortgelassen, das in keinem Zusammenhang mit der Erzählung steht, und ebenso fielen aus der von den Schwurbrüdern einige Abschweifungen fort.

Die geographischen Namen sowie die Beinamen der Personen wurden nach Möglichkeit verdeutscht.

Die Anmerkungen wurden auf das notwendigste beschränkt. In der Geschichte von den Färingern mußte mehrfach auf die sich gleichzeitig in Norwegen abspielenden politischen vorgänge hingewiesen werden, da diese für das verständnis der Saga selbst notwendig find.

Die benutzten Texte sind folgende: die Geschichte von Erich dem Roten und die von den Grönländern die kritische Textausgabe von Gustav Storm, in einigen Fällen entschied sich der Übersetzer jedoch für von

Storm verworfene Lesarten und Zusätze — die Geschichte von Einar, dem Sohne Sokkis, die Textausgabe in ,Grönlands historiske Mindesmärker' Band ll - für die Geschichte der Leute aus Floi die Textausgabe von

Thorleif Jonsson — für die Geschichte von Fuchs dem Listigen die kritische Textausgabe von Palmi Palsson — für die Geschichte von den Schwurbrüdern die Textausgabe von Valdimar Asmundarson — für die Geschichte der Leute auf den Färöern die kritische Textausgabe von C. C. Rafn.