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Inhalt
Einleitung Seite V
Die Erzählung von Thorstein dem Weißen
1 .von Thorstein und Thorgils 3
2. von Thorstein dem Schönen und seinem Partner Einar 4
3. Wie Thorstein sich verlobte und Einar ihn betrog .. 5
4. Thorsteins Heimkehr .. 7
5 .Wie Thorgils fiel 9
6. Wie Thorstein Genugtuung leistete .. 11
7. Wie Brodd-Helgi zu seinem Namen kam .. 13
Die Geschichte von den Männern an der Waffenförde
1 .von Brodd-Helgi .. 17
2 .von dem Achter Svart. 17
3. von den Leuten an der Kreuzbucht . 19
4. Von Thorleif dem Christen und von Hrafns Tode .. 20
5. Wie Thorleif der Christ vorgeladen werden sollte .. 23
6. Wie Brodd-Helgi eine neue Frau nahm . 25
7. von Thord und Thormod, und wie es Geitir in Hof erging .. o . 27
8. Brodd-Helgi wird von Geitir überlistet . 29
9. Brodd-Helgis Besuch bei Halla. 31
10. von Gudmund dem Mächtigen. 3l
11. von Thorarin und Geitirs Thingleuten. 32
12. Wie Geitir sich über seinen Gegner äußerte .. 34
13. Brodd-Helgis letzter Ritt zum Thing . 34
14. Bjarnis Vaterrache. 36
15. Wie Thorkel dem Bjarni nachstellte 37
16. von den Söhnen der Droplaug 40
17. Vor dem Kampf im Bödvarstal 41
18. Die versöhnung. 44
19. Schluß .. 46
Die Erzählung von Thorstein Stangenhieb
1 .Der Stangenhieb. 49
2 .Die Rache 49
3, Thorhall und Thorvard . 51
4. Der Zweikampf . 52
5 ,vom alten Thorarin . 55
6. von Bjarni und seinen Nachkommen. 56
Die Erzählung von Gunnar, dem Töter Thidrandis
1. von Thidrandi und Asbjörn Wandhammer. 59
2 Wie Thidrandi und die Korekssöhne nach der Njardbucht ritten.. 61
3. Thidrandi fällt. Sein Bruder Thorkel erkundet das versteck des Töters .. 63
4 von Sveinki .. 65
5. Wie Sveinki weiter für Gunnar sorgte . 66
6. Bjarnis Reise nach dem Schmalen Kap. .. 69
7. Gunnar bei Gudrun am Heiligen Berge .. 71
Die Geschichte vom Freyspriester Hrafnkel
1. Von Hall~ed .. 75
2. Von Hrafnkel.. 75
3, Von Freyfaxi, Einar und Sam 76
4, Der Retter inder Not.. .. 84
5. Wie das Urteil vollstreckt ward. 90
6. Wie es Freyfaxi erging. 93
7, Hrafnkel auf Hrafnkelshausen . 94
8. von Eyvind, Bjarnis Sohn . 95
9. Hrafnkels Rückkehr.. 99
10. Sams Besuch am Dorschfjord .. 100
Die Geschichte von den Söhnen der Droplaug
1. Wie Ketil Lärm seinen besten Kauf machte .. 105
2. Von Ketils Nachkommen . 107
3. Die Nachbarn. Helgis erste Tat .. o. .. 108
4. Wie Helgi, Asbjörns Sohne, der erste Streich gespielt ward.. .. 111
5. Wie Helgi, AsbjörnsSohn, zum zweitenmal unterlag 114
6. von den Händeln am Borgfjord und des Asbjörnsohnes dritter Niederlage.. 115
7 .von der verschwörung. 117
8, von Helgis Achtung und des Gegners Drohung .. 118
9. Wie Helgi Rannveig von ihrer Fellhaube befreite .. 119
10. Der Kampf im Eyvindtal .. 122
11. Wie Grim gerettet wurde. .. 126
12. Wie Grim heimlich aufbrach .. 127
13 .Grims Rache .. 128
14 . von Grims Zufluchtsorten .. 133
15. Wie Grim seinen Tod fand .. 135
Das Bruchstück von Thorstein, dem Sohn Siduhalls
1. Thorstein im Auslande .. 141
2 .von Thorhadd und Hank. 144
3. Wie Thorhadd gedemütigt ward . 145
4 von Thorhadds Rache . 148
5. Thorhadds Träume . 149
6. Wie man die Gegner zu versöhnen suchte .. 152
7. Wie Thorstein auf eine Tat sann . 154
8. Die Fahrt nach dem Bärinnenkap . 155
9. von den Nachkommen Siduhalls.. 157


Thule-Bd.12-000.03 Gesch.v. den Ostlandfamielien. Flip

Sieben Geschichten von den Ostland Familien


Übertragen von Gustav Neckel

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913



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Einleitung

Die sieben Geschichten, die dieser Band vereinigt, sind auch innerlich eine Einheit. Sie bilden im Reiche der Isländersagas die geschlossenste Provinz, zusammengehalten wie keine andere Gruppe durch den Schauplatz und durch die Personen. Auch sonst fallen ein paar Eigenschaften auf die jeweils die Mehrzahl von ihnen beherrschen die einheitliche Fabel, die novellenhafte Anlage drängt energischer an die Oberfläche als durchschnittlich; Strophen, dieses sonst fast unentbehrliche Schmuckstück der Saga, tauchen nur einmal auf; dem Waffenlärm so mancher anderen Isländergeschichte steht eine gewiße innere Stille und Friedfertigkeit gegenüber, wie sie swar im allgemeinen der Sagawelt keineswegs fremd ist, aber doch wenigstens den ersten unserer Stücke, denen, die um die Waffenförde zu Hause sind, ein deutliches Eigengepräge leibi.

Rücken somit die Ostlandgeschichten für den Betrachter nabe aneinander, so schärft sich zugleich der Blick für das. was die einzelnen unterscheidet. Es handelt sich um keine Reibe von Fortsetzungen'. vielmehr hat jede Erzählung ihren eigenen Schwerpunkt, ihre eigene Ökonomie.

Unsere sieben vertreter stellen gewissermaßen die Sagawelt im kleinen dar: reich genug, um im Ausschnitt das Ganze zu veranschaulichen, verleugnen sie einerseits Zusammenhang und Verwandtschaft nicht, andererseits ist keiner von ihnen schlechtweg der Teil eines Ganzen, sondern jeder ein Individuum, das mit seinem besondern Paar Augen in die Welt blickt.

Etwa gleichzeitig mit den andern Landesteilen (d. h. 870 bis 930) empfing auch der Osten Islands, die ,Ostfjorde', seine germanischen Bewohner. Es heißt, die Besiedelung dieses viertels sei eher abgeschlossen gewesen als die der drei andern Die Angabe ist glaubwürdig; nicht etwa, weil hier günstigere Lebensbedingungen gelockt hätten — im Gegenteil —, sondern weil die Ostseite den Färöern und Europa zugewendet ist. In der Tat sind alle ersten Besucher der Insel in ihrem Osten oder



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Südosten gelandet. Dort —beim Kap Horn —hatten die irischen Anachoreten ihre Anwesen, die sie vor den Wikingen räumten. Von ein paar der ältesten norwegischen Ansiedler — darunter Ingolf, der allererste —wird berichtet, sie ,inen aus dem Südosten, wo sie sich zuerst festgesetzt, bald ihren Wohnsitz nach der Westküste verlegt, weil dorthin die Strömung ihre Hochsitzpfeiler getriebe hatte, jene religiös verehrten Säulen, die man angesichts des Landes ins Meer warf, um den Willen des Gottes zu erkunden.

Denn viel hing davon ab, ob die bewährte göttliche Hilfe auch in der neuen Heimat dem Kolonisten treu blieb. Diese wetterharten Krieger spähten mit andern Gefühlen über den Schilderbord ihrer Drachenschiffe landwärts als etwa heute der naturbegeisterte Reisende oder der färingische Fischer. Weiß wie heute schimmerte aus den Wolken herab die Schneemasse des Wasserferners. Und wenn unten der Nebel zerriß, entstiegen graue Basaltwände der Brandung, gespalten durch schmale Fjorde, überragt von schneeigen Spitzen wie dem Berge Held (Gerpir, Islands Ostecke), weiter nördlich durchbrochen von farbenprächtigen, grünen, roten Liparitgängen, die in der Morgensonne leuchteten. Spritzte dicht neben dem Bug der Gischt einer Schäre auf, so war es die Fügung einer höheren Macht, daß man heil vorbeiglitt. Ob auch am Lande die Geister so freundlich gesonnen waren: Oben auf den Bergen und dahinter im unbekannten Innern wohnten die ,Landwichte', die Herren der menschenleeren Fjorde und Bergheiden. Wehe, wenn sie unversöhnt grollten über die Störung. Schon der gähnende Tierrachen am Vordersteven konnte sie schrecken und ihre Rache herausfordern. Nicht jedem waren sie so günstig wie jenem Ansiedler Hallfred (in ber Geschichte vom Freyspriester Hrafnkel Fet), dem der Wicht als Warner im Traume erschien, so daß er dem Bergrutsch rechtzeitig ausweichen konnte. Von den Wichten, Landwichten unb andern Wichten, und vom mitgebrachten Schicksal hing Wohl und Wehe im neuen Lande ab. Wer bisher gut gefahren war mit seinem Schicksal, ber steuerte getrost hinein in den dunklen Fjord, gesonnen, das Land und seine Geister sich zu unterwerfen. Nur immer auf der Hut sein, daß



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die Elben ihr Recht bekommen; nicht sie kränken durch Blutvergießen auf ihren Bergen (Geschichte von den Männern an der Waffenförde): Daun behält man schon Raum, die Arme zu rühren. Und wer schlecht gefahren war mit seinem Schicksal , wer etwa nur Trümmer von Sippe und Reichtum hinausgerettet hatte zum fernen Eislande; — nun, der hoffte, die neuen Landwichte würden ihm günstiger sein als die alten. opferte und ging rüstig daran, aus Stein und Rasen und etwa mitgebrachtem Bauholz sein Haus zu errichten.

Der fische, tatbereite Sinn des volkes war mächtiger als aller Aberglaube. Wie dem menschlichen, so trat auch dem übermenschlichen Feinde der Mann aufrecht gegenüber. Wer sterben soll, der stirbt auf jeden Fall; er ertrinkt im harmlosen Binnengewässer, und hat er auch zaghaft das Segel mit dem Ruder vertauscht. Den Heldentrotz des Wikings gelüstet es, Ägir, den Meergott, selbst mit dem Schwerte zur Rechenschaft zu ziehen für den Tod des Sohnes. Seine praktische Lebensphilosophie fließt nicht aus Denken oder Lehre, sie sitzt im Blut und in den Muskeln. Manche sprachen es offen aus, das sie auf diese Muskeln und auf ihre eigene ,Macht' mehr ver- trauten atv auf die Götter. Auch diese ,Macht' des Menschen ist etwas Göttliches, ein Geheimnis. Der eine hat es, und er ist sicher und übermütig; der andere hat es nicht, und er fügt sich darein, daß er überall vor dem Glücklicheren weichen muß. Dankbar zu sein für dieses Etwas als für eine Gabe von oben, sich zu beugen vor einer Gottheit, die die Geberin alles Guten ist, das bat allem Anschein nach den Germanen fern gelegen. Ihre Frömmigkeit war anderer Art. Der Gott, dem man vertraute, war der Freund, ein Auserwählter aus einer Schär feindlicher Wesen, denen gegenüber mißtrauische Klugheit allein geboten war. Freunde aber sollen einander erfreuen durch Gaben und Gegengaben; die Gabe sieht die Gegengabe nach sich; so schenkt Hrafnkel, der Freyspriester, dem befreundeten Gott das Miteigentum an seinem besten Hengst . . . .

Weit über ein Dutzend kleiner Fjorde schneidet vom Kap Horn bis zum Langen Kap im Nordosten in die Felsenküste ein. Im Südosten, am Fuße des Wasserferners, herrscht noch die



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Lagunen bildung des Südrandes. Solche Lagunen sind der Hornfjord, wo Grim sich landflüchtig einschifft (Geschichte von den Söhnen der Droplaug) und die Schwanenförde (Alptafjord) , beide durch lange, flache Landzungen vom Meere geschieden. Im Hintergrunde der Schwanenförde, nördlich vom Plateau der Haffheide 1 , wölbt sich der Hofgletscher, der östliche vorposten des Wasserferuers, benannt nach dem Gehöfte Hof am Fuße seiner Vorberge-Hof (sprich: How bedeutet im Altnordischen ,Tempel' und ist als Ortsname häufig. Zur Zeit, wo unsere Sagas spielen, insonderheit das Bruchstück von Thorstein, dem Sohne Siduhalls, das in diesem Winkel des Landes seinen Schauplatz hat, wurde zu Hof nicht mehr den Hetdengöttern geopfert. Siduhall batie im Jahre 997 den Missionar Dankbrand bei sich aufgenommen, der in dieser Gegend gelandet war, und hatte bald darauf sich taufen lassen, als erster unter den großen Häuptlingen der Insel. Sein Sohn Thorstein blieb der christlichen Sitte treu; Anno 1000 war durch Allthingbeschluß die neue Religion im ganzen Lande eingeführt worden. Der norwegische König stand dahinter, und unter den isländischen Großen waren Männer mit weitem Blick. Man beurteile nach unserm Bruchstück, wie weit das christliche Lebensgefühl in die Seele der ersten getauften Generationen eingedrungen sein mochte. Thorstein pocht einmal in schulmeisteindem Ton, der unsagamäßig berührt, auf ein kirchliches Moralgebot. Sein Empfinden aber und sein Handeln sind heidnisch. Dies stimmt durchaus zu den andern Isländergeschichten. die nach der Einführung des Christentums spielen. vie von ihnen erzählten vorgänge ziehen sich zum Teil hinab bis gegen die Mitte des 11. Jahrhunderts, aber Ton und Zuschnitt des Lebens sind um 1030 noch dieselben wie hundert Jahre früher, zu Anfang der Sagazeit.

Eine der nächsten Buchten ist der Bärinnenfjördr. von hohen Schneespitzen umstanden, zieht er sich als tiefe, schiffbare Rinne nordwestwäris hinein. Vor seinem Eingang liegen Inseln und Klippen verstreut, Nistplätze der Eidergans. Sein nördliches 1 

Heide bezeichnet Isländischen ein Hochland, so gelegentlich auch in diesem Buche.



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Ufer streckt sich weit hinaus als sogenannte Straße: ein schmaler Streifen zwischen Strand und Bergwand. Hier stand der Hof des von Thorstein verdrängten Thorhadd. Weiter nach innen liegt das Bärinnenkap mit mehreren Höfen; der Straße gegenüber, am südlichen Eingang, das Land- oder Baulandkap.

Wo die Straße nach Nordwesten umbiegt, Am Bogen, öffnet sich die Breitbucht mit dem Breiten Tal dahinter, landeinwärts begrenzt von steilen, phantastischen Zinnen und Zacken. Hier landete, der Geschichte von Hrafnkel zufolge; der Landnehmer Hallfred. Die weite, saftige Wiese mit dem guten Landungsplatz mag ihn gelockt haben. Aber er zog bald weiter über die Berge in das Hinterland, den Seefließbezirk.

Noch ein paar Fjorde; dann folgt der größte Einschnitt der Ostküste, die Rotwalförde (Reydarfjord, Walfjord)4 bis 5 Kilometer breit, 30 lang, in unsern Sagas am häufigsten genannt als Landungs-- und Ausfahrthafen.

Aus dem nördlich, jenseits des Berges Held, anschließenden Fjordbündel bedarf der Nordfjord der Erwähnung, als Schauplatz einer Episode der Geschichte von den Söhnen der Droplaug . Senkrechte Berg scheiden stehn zwischen den Meeresarmen, kaum Raum lassend für Graswuchs und Hofstätte. Nur am Nordfjord selbst breitet sich etwas Tiefland mit Wiesen aus. Landeinwärts ragt, 900 Meter hoch, die Firn Kippel der Fönn.

Nördlich der Schafförde und eines kleineren Fjords betont die Steilküste noch eine Strecke weit in zackigem Verlauf du Südnordrichtung, um Daun nordwestlich weiter zu ziehen. Zwischen hoben Bergen öffnen sich der kleine Borgfjord, der Namensvetter einer bekannteren Bucht im Westlande und die Njardbucht. Zwischen beiden zieht sich eine steile Geröllhalde hin, an der der einzige, gefährliche Weg von einer Einbuchtung zur andern läuft. In dieser Gegend spielt die Erzählung von Gunnar, Thidrandis Töter. Die bier genannten Buchten Breitbucht Gunnars Landungsplatz, und Häuserbucht sind zu suchen an der südnördlichen Küstenstrecke vor dem Borgfjord.



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Jenseits des Vorgebirges, das die Njardbucht westlich begrenzt, wird die Küste für eine Zeitlang flach. Das breite Schwemmland. das sich zwischen Hochländern öffnet —westlich die Butterseeheide mit dem Butterberg —, ist das Mündungsgebiet zweier stattlicher Ströme, des Seefließes (Seeflusses) und der Gletscherach (Gletscherfluß mit der Brücke), die vom Nordrande des Wasserfernrrs in nördlicher Richtung herabkommen. Zwischen ihrem Unterlauf, nahe dem Meere, liegt der Werder; darin Hallfredhausen. Weiter hinauf schiebt sich ein Hochland von zunehmender Breite zwischen sie ein, die Fließtalheide. Die Stromtäler, die es trennt, das schluchtartige Gletschertal westlich und das breite Fließtal östlich, sind die längsten Täler Islands.

Die reißende und tiefe Gletscherach ist nur auf Brücken zu überfchreiten. Deren gab es zur Sagazeit vermutlich zwei: die Brücke' im engeren Sinne, einen natürlichen Steinbogen, der den Oberlauf überquerte, und einen hölzernen Sieg, über den der Weg aus dem Werder auf die Butterseeheide hinaufführte, Die beiden Übergänge meint wahrscheinlich die Geschichte von den Droplaugsöhnen, wenn sie nach Gäms Rachetat von Wachen spricht, die an den Brücken der Gletscherach aufgestellt werden. Wenig unterhalb der oberen Brücke schneidet rechts das Hrafnkelstal in das Hochland ein. Einer der Quellbäche des das Tal durchströmenden Flusses ist die Steinfeldache, an der Hrafnkel seine Sennhütte stehen hatte. von hier reitet sein Hirt auf der Suche nach den Schafen hinauf auf das unbewohnte Hochland des Innern, weiter hinauf bis zum Fuße des Wasserferners und weiter westlich die Gletscherach hinab bis zu einer Sennhütte, die Rauchalm genannt wird. In jener Ode thronen, weithin sichtbar, die nördlichen Vorberge des Wasserferners: die eisbedeckte Glocke des Schneeberges, weiter nach dem Mücken see zu die Schulterbreite, ein abgestumpfter Kegel, breiter als hoch, mit leicht gewölbtem Firndach, das in der Mitte in einer zierlichen Spitze gipfelt, die kuppelförmigen Blauen Berge, und andere. Ein noch heute teilweise durch Steinwarten bezeichneter Reitpfad führte aus Gegend der Schulterbreite Südwestlich durch die Sprengisandwüste hinab ins Südland und weiter zum Allthing. Der



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Ritt war so um ein paar Tage kürzer als auf dem gewöhnlichen Thingmannenweg am Südabhang des Wasserferners die sogenannte Halde entlang.

Das Fließtal war allem Anschein nach der volkreichste Bezirk und die Hauptpulsader für das Leben im Ostlande. Davon zeugen die vielen Siedelungsnamen in der Geschichte von den Droplaugsöhnen, die hier ihre wichtigsten Schauplätze hat. Zu beiden Seiten des seeartig sich verbreiternden Fließes ziehen sich die Höfe hinab von Weitfelden und Hrafnkelshausen bis zu den Engen und zum Werder. Dazwischen liegen westlich vom See, unter der Fließtalheide, über deren Vorberge die Hallfredgasse südwärts führt, Arnheidhausen (die Heimat der Droplaugsöhne), der Witwenberg und der Rücken, letzteres Gehöft unmittelbar am Ufer. Am Ostufer springen mehrere Landzungen vor mit Höfen darauf: das Schmale Kap, das Felderkap (gegenüber dem Rücken), das Mückenkap. Auch das Lämmerkap, das als Thingstätte erwähnt wird, gehört in diese Reihe. Nabe beim Mückenkap mündet die Eyvindache, die von den Abhängen der Fönn nordwestwärts strömt. Dieses nördliche Fließtal ist flach und heißt die Felder. Weiter südlich ziehen niedrige Bergrücken parallel mit dem Wasser. Sie bilden das Rutschental (das im Hinterlande des Breiten Tals seinen Anfang nimmt) und westlich davon das Geißtal. Am Ende des sie trennenden Rückens lag das Muli-thing (muti ,Bergrücken'). Zwischen Geißtal und See erhebt sich der Hals, der nordwärts bis Gunnlaughausen und Bocksach, beinahe bis sum Schmalen Kap, reicht.

Am Fuße des Halses, nahe der Atlibucht, steht heute ein ziemlich stattlicher Birkenwald, einer der größten in Island. Im übrigen sind der Fließtalbezirk und die angrenzenden Täler ziemlich kahl. Im Mittelalter war das anders. Wie die Insel überhaupt viel waldreicher war, so auch diese Gegend, eine der blühendsten des Landes. Der Hof Bei den Engen z. B. lag zur Sagazeit inmitten dichten Waldgestrüpps. Die Wälder müssen das ihrige getan haben, die für Islands verhältnisse heitere Landschaft noch freundlicher erscheinen zu lassen als heute. Das Fließ, ihr Hauptschmuck, war fischreich, und es war



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zugleich der wichtigste Verkehrsweg, zumal in den langen Wintern durch die bequeme Eisbahn. vermutlich war es auch für Seeschiffe erreichbar, was beute durch einen Wasserfall nahe der Mündung ausgeschlossen ist.

Die Butterseeheide trennt den Fließtalbezirk, zu dem auch die Gletscherach noch gehört, von dem nächsten Siedlungsgebiet nordwestlich: der Waffenförde. Hier spielen die drei ersten Stücke unserer Sammlung. Im Mittelpunkte des Interesses steht überall die Familie der Goden von Hof. Das ansehnliche Gehöft dieses Namens liegt in dem geräumigsten der dem Fjorde zugewandten Täler, da, wo es sich verbreiternd den Blick freigibt auf die Förde, deren Ufer weit auseinander gebogen sind, das rechte, höhere östlich verlaufend zur kleinen jaren bucht, zum Bödvarstal und zum Schöntal, das linke nordwärts geschwungen (der ,Strand'). Oberhalb der Kreuzbucht ragen stattliche Berge. Auf ihnen findet Grim, Droplaugs Sohn, nachdem er den Bruder gerächt, eine Zeitlang ein versteck. In das Tal von Hof mündet von rechts das Sonnental. Parallel mit jenem verläuft das Westtal, so benannt aus dem Gesichtskreise der Leute von Hof.

Nur ausnahmsweise ragt das Gebiet nordwestlich von der Waffenförde in unsere Geschichten herein. Noch diesseits des Langen Raps liegt der Mittfjord. Dahinter fängt das Nordviertel an: der breite Distelfjord trennt das Lange Rap von dem rechteckigen Hochland der Fuchsebene (Polarfuchsebene), und jenseits der Fuchsebene öffnet sich der Axtfjord (Breitfjord). An der Westseite des Distelfjords liegt die Sveinungsbucht, am Axtfjord der Bolunghafen 1 . Der nächste große Einschnitt an der Nordseite ist die Inselförde, in deren Hinterland der Lauter see und das Tal der Lauterseescharte liegen.

Hin und wieder wendet sich der Blick entfernteren Landesteilen zu: der Südküste, die in ihrem östlichen Abschnitt noch 1 

Der Ritt Thorsteins zum Bolunghafen (in der Erzählung von Thorstein dem Weißen) topographisch ungenau beschrieben. vermutlich ist etwas ausgelassen und vielleicht auch noch eine verwechslung im Spiel; man hat vermutet, ursprünglich sei vielmehr ein Landungsplatz am Distelfjord gemeint gewesen. Auch sonst ist gelegentlich zu beobachten, daß die Sagas außerhalb des engeren Bezirks der Handlung weniger gut Bescheid wissen.



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um Ostviertel gerechnet wurde (Schweinberg, der Wohnsitz des einmal erwähnten Flosi), dem Kockenfund, Hausberg, Grimskap im Südwesten, dem Dorschfjord an der Westseite des Landes. Mindestens einmal verschiebt sich der ganze Schauplatz in eine andere Gegend: Sams Not und Errettung in der Geschichte von Hrafnkel spielt auf der Allthingebene (Thingvellir) . Diese bedeutsamste Stätte Islands liegt im Südwesten, einen Tagesritt landeinwärts von der Rauchbucht (Reykjavik), am Nordufer des größten Binnensees der Insel. Dem See zu strömt durch die Ebene der Axtfluß, nachdem er mit zwei Fällen die Allmännerkluft durchquert bat, jenen berühmten Felsgraben, der das Thingfeld westlich begrenzt. Die hochgetürmte äußere Mauer dieser Kluft bildete den nächsten Hintergrund des bewegten Treibens, das sich Sommer für Sommer an ihrem Fuße abspielte. Da tagten die Gerichte auf dem Gesetzesfelsen, einem vorsprung an der Allmännerkluft, und der Gesetzessprecher hielt von da oben seinen vortrag vor der Landsgemeinde. Man hauste in Buden, deren feste Wände jedesmal neu mit einem leichten Dach versehen wurden. Die Leute aus den Ostfjorden hatten ihre Buden östlich vom Axtfluß, die aus dem Westen jenseits. Während der Dauer der Verhandlungen weideten die Pferde auf der Allmende unten am See oder an den Abhängen der umgebenden Berge 1. — Es fügt sich gut, daß unsere Sammlung den Leser auch an diesen Mittelpunkt altisländischen Lebens führt. Das Allthing spielt in der Geschichte von Hrafnkel eine würdige Rolle: es bedeutet in dem Drama den Punkt der höchsten Spannung und des Umschwunges

Die Geschichte von Hrafnkel steht zeitlich an der Spitze; ihre Handlung wird um 900 fallen. In kurzem Abstand folgt die Erzählung von Thorstein dem Weißen. Ins Jahr 989 setzen die isländischen Annalen den Kampf im Bödvarstal, 

1 Die Allthingstätte ist von vielen Reisenden beschrieben und abgebildet worden. verwiesen sei auf das reichhaltige Werk von Paul Herrmann: Island, 3 Bände, 1907 —io, das auch einige Ansichten aus dem Ostlande bringt.



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mit dem die späteren Händel an der Waffenförde abschließen. Um die Wende deo Jahrtausends spielt die Haupthandlung von den Droplaugsöhnen (Helgi fällt nach dem Schlußsatze der Saga 998), ebenso Thorstein Stangenhieb und Gunnar; Helgi, Asbjörns Sohn, ist Hrafnkels früh geborener Enkel. Den Beschluß macht Thorstein, Siduhalls Sohn, der zwanzigjährig in der Brjansschlacht bei Clontarf (roig) mitkämpft.

Beim Treffen im Bödvarstal vermißt Thorkel die saga würdigen Taten. Ähnliche Aussprüche kommen auch sonst vor. Sie beleuchten gut den Charakter der Saga als einer Heldendichtung in ungebundener Rede. In der Tat sind die Isländergeschichten, wenigstens von der einen Seite gesehen, das Epos der isländischen Heldenzeit, wie die Eddalieder das germanische Heldenalter rückblickend verklären. Zwar nimmt keine der Ostlandgeschichten ihren Flug so hoch wie einige große Sagas aus anderen Landesteilen, die die Ideale des Volkes in Kolossalsiguren ausprägen wie Egil und Grettir, Gunnar und Kari. Doch wie die stabreimende Heroendichtung Töne findet nicht nur für den Trotz des letzten Burgunden, sondern ebenso für Brynhilds abendliche Eifersucht und Sigurds halbe Wünsche, behaupten auch die feinen Charakterstudien vom Ufer der Waffenförde ihren Rang als Dichtung, als verfeinerte heroische Prosa.

Dies der Grundakkord, der jede echte Saga durchhallt-menschengrösse und Menschenschicksal sind das Thema, beide gesehen aus den Gesichtspunkten der heidnischen Germanen gesellschaft .

Aber die Saga ist freilich noch mehr als ein Heldengedicht in Prosa. Nicht nur ihr Stil, die trockene Alltagssprache, erweckt zunächst andere Empfindungen. Auch ihr stofflicher Inhalt, ihr Interesse unterliegt teilweise anderen Zwecken als denen der ästhetischen Spannung, Erschütterung und Teilnahme. vieles, was die Saga erzählt, besitzt die Teilnahme der Zuhörer von vornherein, braucht sie nicht durch die Mittel der Kunst zu erzeugen. Wo Hallfred landete, wohin er der Reibe



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nach seinen Wohnsitz verlegte, woher das Rutschental und der Hof Arnthrudhausen ihren Namen haben, das alles ist interessantes Wissen für Nachbarn und Nachkommen, auch wenn es zu keiner menschlich erregenden Handlung in irgendeiner Beziehung steht. Diese Dinge find nicht Dichtung, sondern Geschichte, sei es nun geschichtliche Überlieferung oder geschichtliche Kombination. Auch da, wo wir uns rein ästhetisch gefesselt fühlen, ist solch geschichtlicher Untergrund meist irgendwie vorhanden, und zuweilen liegt er sichtbar an der Oberfläche . Als Thidrandi von Gunnars Speer durchbohrt wurde, war ein blutiges Gefecht vorangegangen, in dem es fünf Tote gab. Diese Gefallenen zählt unsere Erzählung mit Namen auf; zwei der Namen begegnen nur an dieser einen Stelle-wir haben das Gefühl: Zahl und Namen find echt; wozu hätte man sie erfinden sollen Mancher ist vielleicht versucht, weiter zu fragen was gehen uns diese Namen an: sind sie nicht toter Ballast: Der Empfängliche jedoch wird empfinden, daß dieser Ballast nicht wertlos ist: erläßt das Schiff des Erzählers besser segeln, sicherer Kurs balten. Eben das Tote, das scheinbar Unkünstlerische gibt dem Ganzen höheres Leben, denn es leiht den Eindruck der Glaubwürdigkeit auch jenen Elementen der Erzählung, die tatsächlich Dichtung sind. Weil wir das eine glauben, glauben wir auch das andere. Wir erleben die aufreizenden Worte der Magd und die Gemütsstimmung , in der Gunnar aufsteht und zum Speer greift; als objektive Wirklichkeit. Der Eindruck der dichterischen Willkür kommt nicht auf. Aus dem Lande des alltäglichen Erlebens, des Äußerlichen und handgreiflich Faktischen, wandern wir an sicherer Hand unvermerkt hinein in das innere Geschehen der Gesinnungen und Leidenschaften, das nur Dichterkünste wahr machen können. Oder besser der Erzähler führt uns bis an die Grenze, so daß wir hinein schauen müssen, ob wir wollen oder nicht, während er selbst diesseits bleibt.

Nicht überall wird diese Funktion der chronikartigen Bestandteile gleich fühlbar. Es gehört zum Stil der Isländergeschichte , daß sie chronikhaft anfängt und schließt; von vornherein einen festen Untergrund herstellt und zum Schluß einschärft,



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daß wir noch immer auf dem Boden dep Wirklichkeit sind. Sind diese Stücke sehr umfänglich, so können sie den modernen Leser anmuten wie eine ermüdende Geröllhalde um den Fuß eines Aussichtsberges, und sie können ihm die Freude der Ausficht beeinträchtigen. Da gilt es su bedenken, daß die Saga eben auch Faktisches vermitteln will, familiengeschichtliche, antiquarische Belehrung. Die Saga will historisch sein und ist es von Haus ans in hohem Grade gewesen. Augenzeugen haben berichtet — ihr Standpunkt wird mit Bewußtsein festgehalten —, aufmerksame Zuhörer haben das Gehörte weitergegeben, und so fort, Generationen und Jahrhunderte hindurch bis zur Aufzeichnung (im 13. Jahrh.). Jeder erzählte mit dem Anspruch, Geschehenes wahrheitsgetreu zu überliefern. Viele Erzähler waren darauf bedacht, ihr Wissen um die Dinge zu bereichern, und sie gaben dann alles, was sie hatten erfahren können, verdiente es irgend Glauben und Beachtung. Dieses Sammeln und Sichten ist unzertrennlich vom Wesen der Saga. Es ist mitbedingend für ihre stärkste Tugend: ihren Realismus. Wir fühlen es oft den Texten an, wie der Erzähler vor der lauschenden Menge in heiliges Feuer geraten ist; das die Zuhörer hinreisst und ihn selber mitreißt. Aber ganz von selbst fügt sich seine Phantasie den Zügeln eines strengen Wirklichkeitssinnes. den sein Amt als Historiker ihm auferlegt. Er ergänzt, malt aus, getrieben von Formbedürfnissen, von denen er nicht hätte Rechenschaft geben können, und ohne zu merken, wie sich der Stoff unter seinen Händen umfärbt und verschiebt. Und gewiß selten genug bat es ein Hörer gemerkt, um so weniger, als den begleitenden, oft sehr starken Gefühlen saft nie verstattet wird, sich unmittelbar su äußern. Kein Erzähler der Sett hält unpersönlicher gieb zurück als der isländische Sagamann. Es ist darum doppelt schwer, in sein Inneres zu blicken. Aber mit der Tatsache müssen wir uns abfinden, wir müssen sie nachzuerleben suchen, daß er in einem Atemzuge vom Dichter zum Chronisten wird: er gestaltet in Sorten, die zu beben scheinen, den tragischsten Konflikt, und im nächsten Augenblick zählt er die Glieder eines Stammbaums auf.


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Zwei sehr verschiedene Wertmaßstäbe lassen sich demnach an die Isländergeschichten anlegen: man betrachtet sie vorwiegend als Quellen, oder vorwiegend als Kunstwerke. Uns liegt die zweite Betrachtungsweise näher. Es soll hier versucht werden, die sieben Geschichten, die dieser Band enthält, nach gewissen ästhetischen Eigenschaften zu kennzeichnen.

Die umfänglichste und personenreichste ist die Geschichte von den Söhnen der Droplaug. Sie nähert sich dem Charakter einer Bezirkschronik, so wechselnd und so weitverstreut — vom Nordfjord bis ins obere Fließtal — sind ihre Schauplätze. Die Ansprüche, die sie an Gedächtnis und Uberblick stellt, grenzen an das Höchstmaß dessen, was in dieser Hinsicht die Isländergeschichten von uns verlangen. Und sie verlangen durchschnittlich nicht ganz wenig. Aufmerksamkeit und wacher Verstand wird beim Publikum vorausgesetzt .

Gleichwohl ist die Geschichte von den Droplaugsöhnen ein wohlgegliedertes Ganzes.

Im großen überschaut, zerlegt sie sich in zwei Stücke: Bild und Rahmen. Der Rahmen schildert das halb galante Abenteuer des vorfahrs in Norwegen (Einleitung) und das ritterliche Ende des zweiten Helden, gleichfalls in Norwegen (Schluß). Seine milderen, lichteren Farbentöne stechen fühlbar ab von den harten und dunklen Konturen des Bildes selbst, das die heimischen Berge Islands zum Hintergrunde hat. Es ist ein jüngerer Geschmack, der Geschmack des Mittelalters, der der Einleitung und dem Schluß dieses Sondergepräge leiht. Die echte Saga mit ihrem Geist germanischen Altertums herrscht nur in dem Hauptteil der Geschichte.

Der Hauptteil hat ein einheitliches Thema: Helgis Reibereien mit seinem älteren Namensvetter, dem Goden Helgi, Asbjörns Sohne, sein heldenhafter Tod und Grims treue Rache. Dieser Faden wird, sobald er einmal aufgenommen, mit keinem Satze verlassen. Das erregende Moment ist die Verleumdung der Droplaug durch einen Freigelassenen des Goden und die prompte



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Sühne durch die kaum mündigen Brüder. Diese erste Tat Helgis zeigt zugleich eindrucksvoll und begeisternd (wenigstens für die alten Hörer) seine angeborene, früh ausbrechende Mannesart. Er tritt dann dreimal — man beachte hier und anderswo die formelhafte Zahl —in fremder Sache dem Nebenbuhler gegenüber, jedesmal siegreich in seinem jugendlichen Übermut. Köstlich istdie Sicherheit und überlegene Schlauheit; womit der als Gesetzeskenner bekannte Helgi dem allgemeinen Bewußtsein einen Paragraphen über trottelhafte Richter aufzwingt. Für dieses Mal verliert der Angegriffene sein Godentum. Beim zweiten Zusammenstoß wird er noch tiefer gedemütigt: was er durch ruhige Entscheidung beim eigenen Klienten nicht durchsetzen kann, erreicht der Jüngere durch rücksichtsloses vorgehen und giebt mit unmäßig reicher Beute ab. Der dritte Zusammenstoß überbietet wiederum die beiden ersten, inhaltlich, denn es ist eine Totschlagsklage im Spiel, und formell, denn er ist seinerseits dreifach, mit Steigerung, gegliedert wie der ganze Abschnitt. Dann erfolgt eine Sendung durch den Tod des Stiefvaters und Helgis Achtung, die seinen Fall im Gefolge hat. Zu dessen Voraussetzungen gehört auch die Drohung, die Helgi, Asbjörns Sahir, einmal am Thingfelsen ausgestoßen hat. Sie wird deshalb in Kapitel 8 eingeschoben, mitten in die Erzählung von Rannveig und Thorgrim Fellhaube, die den Anlaß zu der Katastrophe gibt. Ein besserer Platz dafür ist kaum denkbar; in den Zusammenhang der drei Begegnungen paßt die Drohung aus mehr als einem Grunde nicht hinein. Die Katastrophe selbst wird in typischer Weise eingeleitet. Der Fall des Helden pflegt in den Isländergeschichten einen dunklen Schatten voraus zu werfen. So auch hier (die weinende Freundin, der Traum), obgleich die Gefahr nur zufällig auftaucht: Helgi sieht ja nicht auf den Kriegspfad wie andere, wenn sie solche düsteren Vorzeichen erleben, die vorzeichen pind also schlechtweg wunderbar. Aber niemand bezweifelte das Vorkommen solcher Sunder, und sie waren, wie gesagt, dem Stilgefühl unentbehrlich. Etwas so Großes wie der Kampf an der Strandkluft darf nicht unangemeldet aus heiterm Himmel hereinbrechen. Der Schilderung des Gefechtes


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selbst fühlt man bei all ihrer ruhigen Gegenständlichkeit deutlich die leidenschaftliche Teilnahme des Erzählers an. Der Hinweis auf die Alternative, vor die Özur gestellt ist, überschreitet beinahe die Grenze der vorgeschriebenen Zurückhaltung. Der Höhepunkt ist da, wo Helgi, um den Bruder su rächen, hemmungslos vorstürmt in den Tod. Hier ist wilde germanische Kämpferleidenschaft. Man halte daneben das Treffen im Bödwarstal, wie es die Geschichte von den Männern an der Waffenförde darstellt.

Nach diesem ersten, höchsten Gipfel ersteigt die Saga einen zweiten, der notwendig folgen muß, in Grims Rache. Der Kontrast der Zurüstung und Stimmung ist so groß, daß der bloße Hinweis die Gestaltungskunst der Saga gewahr werden läßt. Auf den letzten Gipfel muß ein leises Abschwellen folgen: Grims Gefahr und Errettung.

Die ausschließlichen Helden sind die Brüder Helgi und Grim, erst Helgi, dann Grim. Auch das entspringt einer künstlerischen Rücksicht, daß bis zu Helgis Fall Träger der Handlung ist. Erst von da an tritt Grim in den vordergrund; als der Totgeglaubte unter den Händen der Frauen zum Leben erwacht, wird er für uns zum ersten Male lebendig. In dieser verteilung der Aufgaben, zusammen mit der verschiedenheit der Charaktere, liegt das schöne Gleichgewicht der Erzählung. Helgi, Asbjörns Sohn, kann es nicht stören. Trotz häufiger Erwähnungen wird er dach nur soweit charakterisiert, um als Gegenspieler ernst genommen zu werden. Im ganzen bleibt sein Bild beschattet, selbst da, wo er zuerst handelnd hervortritt, an der Strandkluft: ehe er einen Hieb ausgeteilt, wird er kampfunfähig. Er ist weniger Subjekt als Objekt, noch im Tode, wie Etzel unter Gudruns Rache im alten Etzelliede der Edda.

Damit hängt es zusammen, wenn Helgi, Asbjörns Sohn, nicht, wie Brauch, den Zuhörern präsentiert wird. Seine Persönlichkeit gilt als bekannt, wie noch einige andere, die zwar im Leben sehr wichtig waren, aber für die Erzählung wenig bedeuten. Es ist das eine sorglose Frische der Komposition. Etwas anderes ist es, wenn ein paarmal Örtlichkeiten und



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Personen verwechselt werden. Solche kleinen Unglücksfälle konnten beim mündlichen Erzählen begegnen und also auch wohl einmal auf dem Pergament fixiert werden. Dagegen wird es von Anfang an der Saga eigen gewesen sein, daß der Beweggrund zur Tötung des Stiefvaters unklar bleibt, eben )ö die Art und Weise, wie Grims Abgesandter (bei der Rache) das Schwert Helgis in seine Hand bringt. In beiden Fällen ist der Standpunkt des Zuschauers (im zweiten Falle Gäms!) folgerecht festgehalten, um Spannung und Überraschung zu erzeugen. Aber sonst pflegt der Erzähler wenigstens mit einem Wink unserer Vermutung die Richtung zu weisen.

Die Geschichte von den Männern an der Waffenförde hat etwas von einer Adelschronik; denn sie erzählt ausführlich von zwei Generationen der Leute von Hof, Sie erfüllt teilweise die Aufgaben einer Bezirksgeschichte; denn auch die andere große Familie der Gegend. die von der Kreuzbucht, wird in mehreren Gliedern umfassend geschildert, und kleinere Hofbefitzer treten daneben auf. Aber weder eine Familienbiographie noch eine Bezirksgeschichte haben wir vor uns, sondern die fein abgetönte Darstellung einer Verwandtenfehde. Wollen wir sie nach einem Helden benennen, so muß sie die Geschichte von Brodd-Helgi heißen. Denn mit Brodd-Helgis Kindheit hebt sie an; seine erste Waffentat führt zu der Weissagung des Sterbenden. der das ganze Unheil der Familie vorausverkündet; seine starke Persönlichkeit mit ihren grimmig-ironischen Kernsprüchen beherrscht alles Geschehen bis zu seinem Fall und darüber hinaus, denn um seinetwillen führt sein Sohn Bjarni den verhängnisvoller Streich nach dem Haupte des Oheims, und von da an ebbt sie Feindschaftswoge ab, die recht eigentlich von Brodd-Helgis Herrennatur aufgewühlt war.

von der nächtlichen Prophezeiung an erblicken wir eine steigende tragische Handlung. Die erste Entzweiung der Schwäger entspringt aus einem gemeinsamen unlauteren Unternehmen, dessen eigentlichen Urheber wir Brodd-Helgi erraten. Schon bier rückt Brodd-Hetgi in kritische Beleuchtung: sein Unter-



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nehmen gegen Thorleif den Christen ist zwar kunstvoll mit der Haupthandlung verknüpft (indem es ein Hebel zu (Sei tiro Charakteristik und ein neuer Faktor der Entzweiung wird), aber schon durch seine Breite zeigt es an, daß es auch eine selbständige Aufgabe hat: der Held soll eine Niederlage erleiden durch die innerlich überlegene Persönlichkeit des Christen. Wie Brodd-Helgi und Geitir zum zweiten Male aneinander geraten, ist es wegen der Frau, die sie verbindet. Dies reizt Geitir iim ersten Male empfindlich. Wieder behält der Erzähler den neuen Faden in der Hand: wie Thorleif, so wird ihm auch Halla zu einer selbständigen Charakterstudie, und sie hat ihre Rolle das Ganze noch nicht ausgespielt. Einstweilen folgt die dritte Begegnung, noch feindlicher als die zweite; es kommt zu Tätlichkeiten, und es gibt Tote. Geitir tröstet die Seinen mit witzigem Wort, auf Brodd-Helgis Kosten. Und in der Tat wird nun Brodd-Helgi von Geitir überlistet — seine zweite moralische Niederlage —, wenn er auch im wichtigsten, vor Gericht, Steger bleibt. Geitirs Groll wird verschärft durch seiner Schwester Tod; Brodd-Helgis Besuch bei ihr gibt zugleich dieser Episode die Krönung. Geitir scheint schon auf offene Feindschaft zu sinnen; doch Gudmund der Mächtige, der in diesem Kapitel nur beide Gegner überlegen kennzeichnen und in den Augen des Hörers demütigen soll, versagt sich ihm verdientermaßen, und Geitir gerät in ohnmächtige, furchtbeklommene Wut gegen Brodd-Helgi, bis seine Leute ihn zum Handeln zwingen. vorher muß er die Formel aussprechen für Helgis Übermut, denn jetzt ist dieser reif, um zu fallen. Sein Tod wird ahnungsvoll vorausverkündet . Leider fehlte in der Membran, auf der die erhaltenen Abschriften beruhen, das Blatt, auf dem dieser Tod erzählt war.

Schon dieser erste Teil zeigt vollkommen deutlich die feinere, kompliziertere, seelisch vertiefende Art dieser Geschichte gegenüber der zuerst besprochenen. Der Aufbau ist klar. der Fortschritt der Handlung stetig, aber es wird viel mehr gegeben als das, vor allem eine Charakteristik von erstaunlicher Feinfühligkeit, bald ironisch schimmernd, bald —so will es scheinen



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leicht elegisch. Wir haben den Eindruck einer überlegenen Erzähler persönlichkeit, die zwar einen Brodd-Helgi bewundert, aber mit vorbehalt. Welch einzigartiges Bild, dieser Christ, der den dicken Ketil beschämt abziehen läßt. Anderswo (in der Kristni-Saga) hören wir von der vorladung, die Thorleif von Ketil erfuhr wegen seines Christenglaubens. Daß Brodd-Helgi dahinter gesteckt habe, giebt aus wie eine Kombination desselben Mannes, dessen Hand wir auch sonst in der Geschichte spüren: er wollte den Horizont erweitern und dadurch das Format der alten Helden verkleinern. Drei Figuren sind es im ganzen, die stumm oder mit Worten den Glanz der überlieferien Hauptperson verdunkeln: außer Thorleif Halla und Gudmund der Mächtige; letzterer als bekannte Größe eingeführt.

Die Fortsetzung ist des Anfangs würdig. Der geschlossene vergleich. die bezahlte Buße beseitigen das Recht auf Rache. Aber Rache muß kommen für einen Mann wie Brodd-Helgi. So ist es geweissagt, so heischt es die Witwe, und Bjarni fügt sich. Die Szene, wie Geitir fällt, ist eine der psychologisch feinsten der gesamten Saga-Literatur. Sie bewährt mit am glänzendsten die oft bewährte Kunst dieser Geschichten, unter der leichten Decke der Worte die schwer arbeitende Seele fühlen zu lassen. Bjarnt ist seinem Vater unähnlich; er hat mehr von der Mutterseite geerbt. Doch ist er weniger eine problematische Natur als in eine problematische Lage hineingeboren: sein innerer Konflikt konnte jedem zustoßen, es ist der Widerstreit zwischen Rachepflicht auf der einen Seite, Vertrags- und Sippenpflicht auf der andern. Auch der Gegner scheint diesen Widersteit zu empfinden. Seine Maßregeln gleichen Schachzügen , die getan werden, weil die Spielregel sie erfordert. Thorkel handelt aus Pflichtgefühl und, wie es ernst wird, mit Pflichteifer, und er erreicht sein Ziel: blank geht sein Ehren- Schild hervor aus dem Kampf im Bödvarstal. Die Fehde ahne Haß findet ihr würdiges Ende in der Versöhnung, die beiden Ehre macht in Heiden- und in Christenaugen.

Wenn der Schluß eine Wiederholung des Versöhnungs- motivs bringt, so verdanken wir diesen störenden Nachtrag



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wohl am ehesten dem Mißverständnis eines reproduzierenden Erzählers: die in der Geschichte selbst künstlerisch geformte und motivierte Einladung ist dieselbe, die zugleich in getreuerer Überlieferung als einzelne Tatsache nachgelebt hatte.

Bei dem vorherrschenden Interesse das Innenleben der Menschen werden die äußeren vorgänge doch auch mit der gewohnten Liebe veranschaulicht; so der Kampf mit der Intervention des wackeren Eyvind. Die drei Anschläge Thorkels auf Bjarnis Leben gehorchen dem Gesetz der Steigerung. Neben ihnen steht selbständig das Kapitel von den Droplaugsöhnen, das in seiner ganzen Anlage und charakterisierenden Funktion der vorhemschenden Art unserer Geschichte verwandter ist als jene Abenteuer.

Die Symmetrie des Aufbaus liegt darin: bis zur Mitte eine sich verschärfende Spannung zwischen von Haus aus ungleichen Freunden; von Geitirs Fall an Annäherung der verfeindeten, einander würdigen Vettern bis zur Versöhnung. Denn das Fehlschlagen von Thorkels Versuchen wirkt hemmend, und der offene Streit; obgleich einen Augenblick bange Furcht erweckend, ist doch der erste Schritt um Frieden. Man kann nicht umhin, innere verwandtschaft zu empfinden zwischen diesem großmütig gebotenen und angenommenen Frieden am Ende und Thorleifs überlegener Großmut am Anfang: das früh auftauchende Friedensgebot — Thorleif verkündet es durch sein Handeln gegen Ketil, dessen vorgehen jeden andern schwer gereizt hätte — wird nach traurigen Wirren am Ende schön verwirklicht. Im ersten Teil hält Halla die Partei des Mannes, den sie bewundernd liebt, mit selbständigem Fühlen gegenüber dem Bruder; und im weiten Teil ist es wieder eine Frau, die, klug und wohlmeinend, die letzten Bedenken des Ehrgefühls zum Schweigen bringt.

Ähnlich gestimmt sind die beiden kleineren Erzählungen aus der Gegend der Wassenförde: von Thorstein dem Weißen und Thorstein Stangenhieb. Beide wären mit modernem Ausdruck als Novellen zu bezeichnen. Sie erzählen je eine merkwürdige Episode aus dem Leben zweier Herren von Hof.



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Die Erzählung von Thorstein dem Weißen hat zum Ziel djs einzig dastehende Versöhnung zwischen dem blinden Greise und dem Manne; der für den Tod seines besten Sohnes die Verantwortung trägt. Das Ziel ist dies; nicht der Inhalt. Niemals füllt eine einzelne Szene, und sei sie noch so reich, eine Isländergeschichte aus. Diese Denkmäler treiben nicht Stimmungsmalerei, noch auch lassen sie Szenen sich selbst exponieren wie gelegentlich das altgermanische Heldenlied; sie entwickeln die Handlungen ihrer vollen Länge nach. Die unserer Erzählung hebt damit an, wie Thorstein der Schöne mit der Familie von Hof sich verfeindet. Dazu ist es nötig, daß sein Handel mit Einar vorgeführt wird. Diese vorgänge haben ihre selbständigen Höhepunkte in Einars und Thorgils' Tod. Beide fallen unter solchen Umständen, daß unsere Sympathie für die Gegenpartei nur gesteigert wird. Was für widerwärtige Gesellen sind dieser Einar und der gehässige Ratgeber des Thorgils Wir gönnen dem Grani seinen Unfall bei der Sennhütte. Thorgils selbst hat unser tragisches Mitleid. Er ist zu gut ein solches Ende, und doch durfte er die Warnung nicht achten. Sein Tod ist ein Unglücksfall —ohapp, wie die Isländer sagten, nicht nur für die Seinen, den Vater sondern auch für die Sippe der Täter. Was wird das Ende sein: Der normale verlauf wäre der, daß die Brüder des Erschlagenen für die Rache sorgen. Diese Brüder werden am Anfang genannt; warum sie nicht eingreifen, bleibt unbegründet; folgerecht müßte jene Anfangspräsentation fehlen. Für die Erzählung sind nur der greise Vater und der unmündige Sohn vorhanden. Solange letzterer unerwachsen ist, braucht Thorstein nichts su fürchten. Sein Verhalten in dieser Lage ist seiner würdig. Er war von Anfang an der wackere Bursche. Einars Tötung war nach der alten Ethik gerechte Notwehr; Thorstein verfuhr mit Mäßigung, so schwer er gekränkt war. Darum gönnen wir ihm die doppelte Genugtuung (daß das Mädchen nun für den Freier entwertet sein könnte davon läßt der Erzähler sich nichts träumen). Auch hier endet der Kriegszustand mit Freundschaft durch großmütigen Entschluß, mag auch die Großmut zugleich Klugheit sein.



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Ähnlich in der Erzählung von Thorstein Stangenhieb. Diese kleine Perle der Sagakunst wird dem heutigen Geschmack von allem bier Gebotenen am leichtesten eingehen. Sie begnügt sich mit zwei Orten und zusammen acht Personen, von denen fünf episodisch sind und keine überflüssig oder bloßer Statist ist. Die Handlung, so kurs und einfach wie möglich, ist klar gegliedert und verläuft in schöner Linie vom erregenden Moment (dem Stangenhieb) stetig aufwärts zum reich entwickelten Gipfel, um nach einem Augenblick der letzten Spannung, wie üblich, leise zu verklingen. Thorstein ist kräftig in den Mittelpunkt gestellt. Um ihn gruppieren sich die Nebenfiguren, Licht werfend auf den Helden: der alte Vater härter, hitziger und ehrbedachter als der Sohn und doch so stolz auf ihn (in interessantem Gegensatz zu Thorstein dem Weißen); der übermütige Thord, der des bescheidenen Jünglings glaubt spotten zu können; die beiden Hetzer; deren verdientes Ende seine Reckenhaftigkeit verbürgt; die ängstliche Gattin, die vor dem Höllenkerl warnt; die Magd, die seine Partei nimmt gegen Thord und damit auch ihrem Herrn Bjarni einen Dienst leistet. Bjarni, der Gegenspieler, ist von vornherein der stille Bundesgenosse des Helden, der Einzige, der seinesgleichen ist, an Heldenart (der Kampf im Bödvarstal ragt legitimierend herein) und an ruhigem Wesen —,wohl gestillt' nannten es die Isländer. Doch was bei Bjarni Gereiftheit ist; ist bei Thorstein angeborene Art, und des Totschlag-Bjarni bewährtes Heldentum steht unbezweifelt über dem des namenlosen Bauernsohnes, der auch als der bedeutend Jüngere zu denken ist. Durch diese Überlegenheit erst wird der Hauptauftritt möglich. Thorstein bleibt darin derselbe , der er war, nur daß sein Bild noch etwas bereichert wird durch Züge von Ritterlichkeit und beinahe Ehrerbietung gegen Bjarni. Dieser bekommt erst im folgenden Auftritt mit dem Vater seine volle Rundung als vollsaftiger Charakter. Wir gönnen ibm den rüstigen Helfer in der Wirtschaft herzlicher noch als seinem Urgroßvater, Thorstein dem Weißen.

Kaum irgendwo im Bereiche der Isländergeschichten scheint der Stoff so nach rein künstlerischen Gesetzen gewachsen zu



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sein, kaum irgendwo gebt die Unterwühlung des heidnischen Lebensbodens durch mildere Seelenmächte so weit wie in der Erzählung von Thorstein Stangenhieb. Man wird aber bemerken , wie fest doch auch hier noch jener Lebensboden gegründet erscheint.

Die Erzählung von Gunnar ist eine bescheidenere Leistung, sowohl was Charakterzeichnung angeht wie Geschlossenheit des Aufbaus. Die meisten Figuren entbehren der lebensvollen Rundung. Doch heben sich die Porträtköpfe zweier Nebenfiguren eindrucksvoll ab, die als Kontraste gedacht scheinen, Asbjörn und Sveinki. Der menschliche Gehalt ist nicht gering, und die Geschichte wird in ihren Grenzen geschickt und lebendig erzählt; beides Dinge, die man bei dieser Literaturgattung selten vermißt. Vielleicht lassen sich die typischen Kunstmittel der Saga hier, wo sie mit geringerer Meisterschaft gehandhabt werden, leichter studieren als anderswo.

Thidrandis Tod ist nur die vorgeschichte. Das Hauptthema bildet Gunnars Ächter leben. Der reckenhafte verfolgte war ein Lieblingsheld der dichtenden Phantasie (vgl. Band s und 8 dieser Sammlung). Gunnars Abenteuer bekommen ihre eigene Farbe durch die wackeren Helfer, die um ihres Schützlings willen sogar das Leben aufs Spiel setzen: Sveinki, Helgi und Thordis, Gudrun. Sie reichen sich die Hände in ununterbrochener Kette, so daß die eigentliche Not des Ächter lebens (wie sie etwa Gisli erfährt, der Held der nach ihm benannten Geschichte) dem Helden fern bleibt und er am Ende glücklich in die Heimat entkommt. Am reichsten ausgeführt ist Gunnars Aufenthalt bei Sveinki am Borgfjord (gegen das Stilgesetz der Steigerung). Hier ist die Gefahr am größten, die List am erfinderischsten, und die Kameradschaft der starken und wackern Männer hat etwas Herzerquickendes. Man beachte den Hinweis: einige erzählten, auch der gefürchtete Helgi, der Droplaugsohn, sei unter den verfolgern gewesen. Der Erzähler , der Sveinkis standhaften Mut im Auge hat, will ihm doch nicht mehr nachrühmen als wahrscheinlich ist. Die fol



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senden Rettungen wirken schwächer. Aber die Erzählung versteht es, sie in eine gerade Linie zu rücken, überall die trotzig-hilfsbereite Gesinnung der Freunde scharf zu beleuchten. In diesem Sinne weicht denn auch der Schlußauftritt, am Heiligen Berge, bezeichnend ab von der Darstellung desselben vorganges in der Geschichte von den Leuten aus dem Lachstal (Kap. 69; Bd. 6 dieser Sammlung),

Die Geschichte vom Freyspriester Hrafnkel gibt sich wie eine Biographie. Aber sie behandelt nur ein eng umgrenztes Ereignis aus Hrafnkels Leben, allerdings wohl das wichtigste, denn es führte zu seiner — der Saga zufolge siebenjährigen Verbannung von seinem Herrensitz Adelfarm. In leichtem biographischen Rahmen tritt uns wieder eine Novelle entgegen. Es ist eine der farbenprächtigsten, dramatisch bewegtesten kleineren Isländergeschichten, die wir besitzen. Die Charakteristik steht in ihrer Kraft und Feinheit auf gleicher Höhe mit den besten.

Die künstlerische Liebe des Erzählers gehört weniger dem Titelhelden ab den wichtigeren Beifiguren, zumal dem Gegenspieler Sam und seinem Bruder Eyvind, dem Hauptträger des Tragischen in der Geschichte. Diese, und vorher Einar, sind denn auch abwechselnd die eigentlichen Helden, ohne daß jedoch des Freyspriesters Bild undeutlich würde. Er bleibt der ideelle Mittelpunkt, wird mit Achtung und verständnis überall begleitet, darf Tüchtigkeit und Energie entwickeln und wird mindestens einmal auch unserm menschlichen Mitgefühl nahe gebracht: wie er nach der schadenfrohen Mißhandlung um der Söhne willen das Leben wählt. Diese Szene ist bezeichnend für das subjektive Ethos der Geschichte. Hrafnkels elementare Herrennatur wird uns nicht vergönnt zu schauen. Einar erschlägt er mit halbem Herzen; der Erzähler entschuldigt ihn und läßt ihn später sich selbst halb und halb entschuldigen. Und über den Angriff auf Eyvind wird kunstvoll ein Schleier gezogen. Es muß uns genügen, daß uns gesagt wird: er war ein großer Gewaltmensch. Einen künstlerischen Mangel bedeutet dies nicht, die alten Hörer schon deshalb nicht, weil



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jedermann ohnehin wußte, wie gefürchtet Hrafnkel gewesen war. Aber auch für uns nicht: die Geschichte hat ihren Schwerpunkt anderswo. Nach dem, was man von Hrafnkel gewußt zu haben scheint, war er wenig geeignet, als dichterischer Held im Mittelpunkt einer Saga zu strahlen (etwa wie Helgi, der Sohn der Droplaug); weder aufregende Abenteuer noch große Taten noch ein tragischer Untergang verklärten ihn. Aber nicht dies allein ist der Grund, warum wir seine Wildheit nicht erleben dürfen. Daß er so menschlich im Umgang ist, so redselig Aufschluß gibt über seine Beweggründe, das ist um so sicherer subjektive Interpretation, als ähnliche Fuge auch andern Personen beigelegt werden; und dieselbe Subjektivität ist bei der verteilung von Licht und Farben über das Ganze hin ohne Zweifel im Spiel.

Taucht der Erzähler in Hrafnkels Seele gleichsam nur bis zur halben Tiefe ein, so ist dafür sein eigentliches Studium Sam, dieser junge Mensch, dem das Unerhörte gelungen war. Wie er für die Klage gewonnen wird, hartnäckig aushält auch in der schwärzesten Stunde, den Retter gewinnt und unverhofft siegt, dann angetrieben werden muß, um weiterzugehn, und wieder zu früh Halt macht, zu seinem verderben und doch so begreiflich bei dem Jungen, Unerfahrenen, Bescheidenen , das ist unübertrefflich erzählt. Man beachte, wie das Äußere des Retters am Axtfluß stark hervortritt unter den angstvoll spähenden Blicken der beiden Einsamen; daß die typische Personenschilderung so organisch aus der Handlung herauswächst, ist selten.

Um Sam gruppieren sich andere Charakterköpfe: zunächst die Thjostarssöhne, lebensvolle Häuptlingsfiguren in ihrer überlegenen Klugheit, Unternehmungslust und Schadenfreude . Die humoristisch absonderliche Art, wie der Gode gewonnen wird, war für die alten Hörer mindestens ebenso reizvoll wie die Exekution in ihrer barbarischen Grausamkeit. Sam muß von dieser Grausamkeit entlastet werden. Hier ragt ein Stück Wirklichkeit wie eine scharfe Klippe in die Dichtung herein. — Und dann der alte Thorbjörn. Er wäre kein rechter Mann, wollte er des großen Herrn gnädiges Angebot



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als Sühne gelten lassen, und für solche Gesinnung haben unsere Geschichten ein Herz, auch wo sie im gebrechlichsten Leibe wohnt. Bald freilich sinkt der schwache Greis herab zur Folie für Sam.

Einar und Eyvind sind episodische, aber stark tragische Figuren . Einar ist Hrafnkels bester Knecht. Die Teilnahme für ihn wird rege gemacht schon beim Abschiede vom Vater Wir fürchten ihn, wie er das verbotene Roß sattelt: erst das Gebiß, dann die Decke. Der Renner ist gut, aber das Unheil schreitet schnell, und Einar ist zu ehrlich, um aus eichen, als er es kommen sieht. — Dem arglosen und mannhaften Eyvind glauben wir, daß er Sams Bruder ist. Der junge Bursche an seiner Seite, den er aus dem Elend gezogen und der ihn vergebens warnt, macht ihn uns noch lieber. Und eben deshalb muß er fallen. Das ist die moralische Weltordnung der Isländergeschichten.

Die Geschichte von Thorstein, dem Sohne Siduhalls ist nur als Bruchstück auf uns gekommen. Die vorgeschichte der Händel mit Thorhadd ist verloren, ebenso das Hauptstück des Schlusses. Des Helden Auslandreise, mit der das Erhaltene beginnt, unterbricht den Fluß der Ereignisse und weicht auch in der Erzählweise ab: direkte, überwiegend preisende Charakteristik statt indirekter durch die Mittel der Kunst. Thorstein wird erst lebendig für uns, sobald er wieder isländischen Boden unter den Füßen bai. Wir sehen einen jungen Hitzkopf im Streit mit einem alten Fuchs. Wie Thorstein heftig ausbricht in Entrüstung und gekränktem Stolz, Thorhadd brummt und schon hier gleich mit einer Anzüglichkeit bei der Hand ist, das läßt uns die Gestaltungskunst des Erzählers achtbar vorkommen. Sie hai etwas Skizzenhaftes, rasch Vorbeieilendes; aber die wenigen Striche werden mit sicherer Hand hingeworfen. Das war schon bei den Auftritten zwischen Thorhadd, seinem Schwiegersohn und seiner Tochter zu bemerken. Auch was folgt; wird in derselben Weise vorgetragen. Die Handlung ist nicht reich, arm an Personen und an Spannung. Thorhadds prophetische



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Träume, zur formelhaften Zwölfzahl erweitert, müssen ihr Fülle geben. von da an steuert alles auf Thorhadds Ende los: das Lachen auf der Butterseeheide; die Begegnung am Fluß; die Erscheinung der Mutter. Endlich die Ausfahrt mit der charakteristischen Aufmerksamkeit auf die vorzeichen, wie immer, wenn man in den Sagas zu wichtiger Unternehmung aufbricht. Der Fall von Thorhadds Söhnen wird uns noch gegönnt; sein eigener nicht mehr.

Auch hier ein deutlicher heroischer Schimmer. Aber die Menschen scheinen einer niedrigeren Sphäre anzugehören als in den meisten Isländergeschichten. Thorhadd ist ein Plebejer. Die abergläubisch-obszöne Verleumdung, die seine Hauptwaffe ist, und die witzigen Grobheiten, die er von dem Traumdeuter einstecken muß, charakterisieren ihn genügend. Thorstein selbst fehlt es ein wenig an Haltung. Er macht einen fühlbar andern Eindruck als die Häuptlinge alten Schlages. — Die übrigen Personen, alle nur kurz auftretend, werden höchstens ansatzweise gekennzeichnet.

Es ist eine untergegangene Kultur, in die uns die Isländergeschichten führen, eine Menschengesellschaft, die von der heutigen europäischen recht verschieden ist. Diese Erzählungen muten uns zu, daß wir Staat und Kirche und alles, was daran hängt, vergessen und ihnen folgen in eine fremde Welt. Das erschwert natürlich zuerst den ästhetischen GenußEs sind Schwierigkeiten da, die überwunden sein wollen. Und seien wir offen: Wenige überwinden diese Schwierigkeiten ganz und schauen auf die alten Menschen und Schicksale mit denselben Augen wie die Erzähler und ihre Zeitgenossen. Dennoch muß es versucht werden. Wer sich diesen Geschichten willig ergibt, kann bald das Gefühl haben, einem neuen Lande gegenüberzustehen, ein Entdecker zu sein. Nicht nur, daß die Reize der alten Kunst sich entschleiern; auch die germanische vorzeit enthüllt sich. Wir sehen aus nächster Nähe das kriegerische Leben und lernen seine Wurzeln empfinden als die Wurzeln auch unseres Daseins. Denn auf diesem Gleichgeblieben sein, ja, wenn man will, dieser Allgemein



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menschlichkeit der seelischen Wurzeln beruht die Möglichkeit unseres verständnisses der Saga. Und sind wir den Menschen erst nahe getreten, verstehen wir sie in ihrem gekränkten Ehrgefühl und der nagenden Sühnepflicht, so werden wir uns bald einleben mihr ganzes Sein und auch ihre äußeren Lebensformen verstehen lernen, die Lebensformen des heidnischen Germanentums.

Auf der andern Seite bieten die Isländergeschichten uns Lebenswerte. Ernst und unsentimental, wie sie sind, lehren sie eine Weltbetrachtung, die nichts vertuscht und nichts zu entschuldigen braucht, keinen anklagt und jedem das Seine gibt. Die beispiellose Offenheit im Enthüllen der Menschennatur wirkt auf den, der sie wahrzunehmen versteht; ebenso erfrischend wie der Sinn für Heldentum, dem es sich von selbst versteht, daß das Leben nicht der Güter höchstes ist. Neben vielem, was uns primitiv oder naiv, rauh oder roh anmuten mag, stehen sprechende Zeugnisse eines fein entwickelten Gefühls für moralische Werte, Würde und Schicklichkeit. Im ganzen aber will die Luft, die durch diese Geschichten weht, doch empfunden sein als ein gesunder Hauch aus lebensvoller vorzeit, rein und kräftig genug, um inbrünstig eingeatmet zu werden wie von manchem die Lüfte von Hellas.

Die Übersetzung beruht auf der Originalausgabe der Ostfjordgeschichten von Jakob Jakobsen, Kopenhagen 1903.

Zur Aussprache der altnordischen Namen sei bemerkt:

Das a in Asbjörn, das o in Thjostar, Jorun, die Vokale in An, AS, Brjan, Glum, Grim, Hol, Ost, Sam und einigen andern Namen sind lang. ey klingt wie eu: Eyvind, Frey. v ist zu sprechen wie in vulkan: Eyvind. Der Ton liegt auf der ersten Silbe.



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Die Erzählung von Thorstein dem Weisen



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1. Von Thorstein und Thorgils

Es war ein Mann namens Ölvir der Weiße, ein Sohn des Asvald, Enkel des Göngu-Hrolf, Urenkel des Ochsen-Thorir. Er war Lehnsmann in Norwegen und wohnte in Namdalen. vor der Übermacht des Jarls Hakon wich er nach Yrjar bei Drontheim, und dort starb er. Er hinterließ einen jungen Sohn, Thorstein, der Thorstein der Weiße genannt wurde. Der segelte gleich nach dem Tode des vaters mit all seiner Habe nach Island und fuhr in die Waffenförde ein. Damals war herrenloses Land in ganz Island nicht mehr zu haben. Es wohnte aber zu Hof an der Waffenförde Steinbjörn Kart. Er hatte das Gut von seinem Oheim als Geschenk erhalten, alles Land zwischen der Waffenfördenache und der Westtalache. Steinbjörn war ein arger Verschwender in der Wirtschaft. Da nun Thorstein erfuhr, daß alles Land schon besetzt war, ging er zu Steinbjörn, kaufte von ihm Grund und Boden und baute ein Gehöft zu Toptfelden . Dort wohnte er ein paar Jahre und kam zu Vermögen und Ansehen. Nicht lange hatte er gewirtschaftet, als er sich aufmachte, um zu freien. Er bewarb sich um ein Mädchen namens Ingibjörg, die Tochter Hrodgeirs des Weißen. Er bekam sie zur Frau und hatte mit ihr fünf Kinder. Ein Sohn hieß Önund, der zweite Thord, der dritte Thorgils; die Töchter Thorbjörg und Thora. Thorgils war ein höchst stattlicher Mensch.

Steinbjörn Kart geriet in Geldverlegenheit und bat Thorstein um ein Darlehn. Der war willig dazu. Allmählich erhielt Steinbjörn so viel von ihm, daß ihm von seinem Gui fast nichts mehr gehörte. Da wurde dem Thorstein der Gläubiger zu schlecht, sein Geld schien ihm übel untergebracht, und er forderte es zurück. Es endete so, daß Steinbjörn dem Thor-stein das Gut Hof abtrat. Thorstein zog nach Hof kaufte sich ein Godentum 1 und wurde ein mächtiger Bezirkshäuptling. Dabei war er überall beliebt. Als er manches Jahr auf Hof 1 

Die Goden waren Tempelpriester und zugleich die weltlichen Herren alten Island. Beides war an den Bestie eines Tempels gebunden.



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gewohnt hatte, da geschah es, daß Jngibjörg krank wurde und starb. Das dünkte Thorstein ein schwerer verlust. Aber er hielt seine Wirtschaft aufrecht wie zuvor.

Es war ein Mann namens Thorir, Sohn des Atli. Er wohnte an der Atlibucht am Ostufer des Seefließes; da stehn jetzt Schafställe. Thorir war verheiratet; seine Frau hieß Aslaug und war die Tochter Brynjolfs des Alten. Sie hatten zwei Kinder, einen Sohn namens Einar und eine Tochter namens Olöf. Einar war ein strammer Bursche, wenn auch nicht groß an Wuchs, hochfahrend und nicht besonders beliebt. Olöf war ein außerordentlich schönes und beliebtes Mädchen. Thorstein dem Weißen geschah es, daß er eine Augenkrankheit bekam und das Gesicht verlor. Nun glaubte er nicht mehr wirtschaften zu können, sprach mit Thorgils und bat ihn, die Leitung des Gesindes zu übernehmen. Thorgils sagte, es sei seine Schuldigkeit, zu helfen, so viel er könne. Sein Vater redete davon, er solle eine Frau nehmen und um Olaf werben, Thorirs Tochter, und so kam es. Sie zog mit ihm nach Hof, und sie lebten in glücklicher Ehe und bekamen zwei Kinder, Helgi —den bekannten Brodd-Helgi —und Gudrun. Thorgils war damals wohl zwanzigjährig.


2. von Thorstein dem Schönen und seinem Partner Einar

Zu Hof wohnte ein Mann namens Grani Goldhut als Pflegebruder des Thorgils und Verwandter der Olöf. Er war von hochfahrendem Wesen und galt für hinterlistig. Hof lebte ferner als Verwandter der Familie ein gewisser Thorkel Schinder. Der war groß und stark.

An der Sveinungsbucht, zwischen der Fuchsebene und dem Distelfjord, wohnte Thorbjörn, ein wackerer Bursche und von starken Muskeln, ein guter Freund Thorsteins des Weißen. Auf Skeggihausen im Hnefilstal wohnte Thorfinn. Er besaß noch einen zweiten Hof. Er und seine Frau hatten drei Söhne, Thorstein den Schönen, Einar und Thorkel, lauter stattliche Menschen. Die Führung unter ihnen hatte Thorstein, der zur Zeit dieser Geschichte voll erwachsen war.



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Es war ein Mann namens Kraki, der wohnte am Krakibach. Er war wohl begütert, hatte eine Frau mit Namen Gudrun und eine kaum erwachsene Tochter Helga, die war ein sehr schönes Mädchen und galt die beste Partie im Fließtalbezirk . —

Es wird berichtet, daß Thorstein der Schöne seinen Vater um einen vorschuß auf sein Erbe anging, weil er außer Landes reisen walle. Thorfinn erwiderte, das könne geschehen, und gab ihm, so viel er verlangte. Er war nun ein paar Sommer auf Handelsfahrten, kam zu Geld und Ansehen, und jedesmal, wenn er von neuem aussegelte, ließ er etwas vom verdienst zurück, was, wie er glaubte, er und sein Vater nötig hatten. Da kam in einem Frühjahr, als Thorstein den Winter über hier gewesen war, Thorirs Sohn Einar zu seinem Vater hat ihn um einen vorschuß und sagte, er wolle sich an Thorsteins Handel beteiligen. Thorstein erklärte, er wolle Einar die Beteiligung nicht versagen, schenkte ihm sogar das halbe Eigentumsrecht an seinem Schiffe, meinte aber, ihm schwane nicht gerade das allerbeste fin ihre gemeinsamen Unternehmungen, weil Einar von so unverträglichem Wesen sei. Sie segelten ab und machten zusammen Geschäfte. Thorstein hatte immer Einars vorteil im Auge und hielt ihn hoch in Ehren, und doch stellte äch heraus, daß Thorstein bei dm Leuten in höherem Ansehen stand als Einar, weil er sich als wackerer Bursche und gefälliger Freund erwies. Eine Zeitlang ging es gut mit ihrer Teilhaberschaft.


3. Wie Thorstein sich verlobte und Einar ihn betrog

Eines Winters als sie beide hier draußen waren, redete Thorfinn mit Thorstein und fragte ihn, wo erden Sommer verbringen wolle. Er wolle hinaus, antwortete Thorstein. Thorsinn sagte, er habe ihn bitten wollen, mit ihm den Hof zu übernehmen. Dazu habe er keine Lust, erwiderte Thorstein, doch könne der Vater von seinem Gelde so viel bekommen, wie er wolle. Er hatte viel Geld mit bei seinen Handelsfahrten. Thorsinn sagte, er habe sich eine Heirat für ihn überlegt, er



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wolle für ihn um Helga werben, Krakis Tochter. Das sei eine allzu gute Frau für ihn, versetzte Thorstein, denn sie sei ja Krakis alleinige Erbin. Thorsinn meinte jedoch, die Heirat sei für ihn gerade passend, sowohl was die Sippe wie was das Mädchen selbst betreffe. So ritten sie denn hin und machten Kraki ihren vorschlag. Dem gefiel es nicht übel. Die Sache wurde Helga vorgetragen, und in dem, was sie darauf sagte, fand man keine Weigerung. Die beiden väter waren Zeugen bei Thorsteins verlobung. Er wollte erst ausfahren; nach seiner Rückkehr sollte die Hochzeit sein.

Er ging mit Einar unter Segel, und auf See bekam er den Skorbut, wie man es nennt, und wurde davon bettlägerig. vie Leute lachten über ibn, allen voran Einar. Und als sie nach Norwegen kamen, mieteten sie da ein Haus, kümmerten sich aber sonst nicht um Thorstein. Er lag da den ganzen Winter. Einar verhöhnte ihn oft und ließ Spottlieder auf ihn machen. Im Frühling kam er zu ihm und forderte die Auflösung der Teilhaberschaft; das Schiff wolle er für sich allein haben, Thorstein scheine ihm untauglich, mit auszusegeln. Thorstein meinte, es sei etwa so gekommen, wie er es von Ein ars Charakter erwartet habe. Sie teilten nun ihr Gut so, daß Einar zuerst wählte und Thorstein von seinem Bette aus Anweisungen gab. So bekam Einar auch das Schiff und segelte damit im Sommer nach Island.

Bei der Landung wurde er nach Neuigkeiten gesagt. Er antwortete, Genaues könne er nicht melden, Thorstein sei bei seiner Abfahrt nicht gerade tot gewesen, doch habe es so ausgesehen, als würde er nicht mehr beim kommen. Einar ritt zu seinem Vater und schmähte in allem, was er erzählte, sehr auf Thorstein.

Im Herbst lief ein Schiff in die Rotwalförde ein. Einar ritt hin und bestach den Norweger, er solle Thorsteins Tod melden. Der tat es und desgleichen alle seine Matrosen. Als Einar nach Hause kam, meldete er Thorsteins Tod: er habe noch denselben Winter ein klägliches Ende genommen,

Bald bat Einar seinen vater; er solle für ihn um Helga, Krakis Tochter, werben, und Thorir war es recht. Sie brachen



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auf kamen zu Kraki und brachten ihre Werbung vor. Kraki sagte, er wolle erst Thorsteins Tod sicher in Erfahrung bringen; dann aber, wenn alles zweifelsfrei bezeugt wäre, solle Einar das Mädchen bekommen. Thorir nannte es unbillig, wenn Einar vergebens Seien solle um ein Mädchen, das dem Thorstein ohne Zögern versprochen wäre. Darauf gab Kraki ketne Antwort.

Vater und Sohn machten sich auf den Heimweg. Kurz darauf ritt Einar nach Hof, erzählte Thorgils von seiner Werbung und sagte, er sei abgewiesen worden. Grani, der dabei war, versetzte: ,Die guten Freunde nützen dir wenig, Einar, wenn du diese Frau nicht bekommen sollst!' und er redete davon, daß die verschwägerung mit Thorgils wenig Wert für Einar habe, wenn der die Schmach, die ihm widerfahren, in den Wind schlüge. Thorgils eigene Antwort war: Nach meinem Urteil hat Kraki sich verständig benommen; ich hätte es an seiner Stelle ebenso gemacht.' Einar hatte von Krakis Antwort die reine Wahrheit berichtet, und doch trieb Grani Thorgils an, ihm zur Seite zu treten. Thorgils sagte, seine Ahnungen seien nicht die besten, wenn man ihn zum Hauptmann in dieser Sache mache. Aber sie ritten zusammen zu Kraki. Der gab dieselbe Antwort wie das erste Mal. Da sagte Thorgils: ,Mag sein, daß du über deine Tochter die verfügung behältst; aber in andern Dingen wirst du nicht Herr bleiben über die Schwierigkeiten" ,Darauf lasse ich es lieber nicht ankommen,' erwiderte Kraki, verlobte dem Einar seine Tochter und richtete selbst die Hochzeit in seinem Hause aus. Es wurde abgemacht, daß Kraki auf jeden Fall wegen des vertragsbruches gegen Thorstein geschützt sein solle.


4. Thorsteins Heimkehr

Von Thorstein ist zu erzählen, daß es besser mit ihm wurde. Er rüstete ein Schiff zur Islandfahrt, landete in der Rotwalförde den Sommer nach der Hochzeit und verkaufte sein Schiff an die Norweger. Denn er wollte jetzt mit Helga seinen Hausstand gründen und von den Kauffahrten lassen. Und als er das Land betrat, erfuhr er von der großen veränderung. Da



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suchte er seinen Vater auf, und sie machten den Schiffs verkauf nicht rückgängig. Thorstein ließ sich nichts merken. Im Winter kaufte er ein Schiff, das im Bolunghafen auf Stapel lag, und machte es seefertig. Seine Brüder wollten mit ihm ausfahren, wurden aber nicht so früh fertig wie er, weil sie noch im Bezirk zu um hatten mit Einforderung von Schulden. Die Norweger murrten darüber, daß man auf sie warten und vielleicht eine günstige Brise ungenutzt lassen müsse. Da sagte Thorstein: ,Ich will ihnen nachreiten und ihnen sagen, daß sie sich beeilen sollen. Wartet auf mich mindestens eine Woche,' Und Thorstein ritt die Axtförde landeinwärts zum Bolunghafen , hinauf auf die Krapptalheide und hinab zur Waffenförde , weiter über die Butterseeheide, über die Gletscherach bei der Brücke, die Fließtalheide entlang, über das Seefließ und an der Ostseite des Fließes aufwärts, bis er frühmorgens nach der Atlibucht kam.

Thorir war mit seinen Knechten in den Wald hinabgegangen, in die Bolungebene. Einar aber war zu Hause und lag noch im Bett, als Thorstein an die Tür kam. Draußen traf er eine Frau, Ost geheißen. Die Sagte den Ankömmling nach seinem Namen. Thorstein antwortete: ,Sigurd heiße ich. Ich habe Einar eine Schuld zu bezahlen. Geh hinein, wecke Einar und bitte ihn herauszukommen.' Thorstein trug den Spieß in der Hand und auf dem Kopfe einen wollenen Hut. Die Magd weckte Einar. Er Sagte, wer da wäre. Sie sagte, der Mann nenne sich Sigurd. Da stand Einar auf, guhr in seine Schuhe, nahm einen Mantel um und ging dann hinaus. Als erins Freie kam, erkannte er sogleich Thorstein und wurde etwas betreten. Thorstein sagte: ,Ich bin gekommen, um zu erfahren, welche Genugtuung du mir dafür leisten willst, daß du mich auf See wegen meines Skorbuts zum Narren hieltest und mit deinen Matrosen über mich lachtest. Ich will mit Wenigem zufrieden sein.' Einar erwiderte: ,Wende dich erst an alle die andern, die über dich gelacht haben. Zahlen sie Buße, so tue ich es auch.' Darauf Thorstein: ,Ich leide nicht derart an Geldmangel, daß ich mich bequemen würde, zu jedem Einzelnen zu gehn. Aber du für dein Teil sollst mir büßen" Einar



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erklärte, er werde nicht büßen, und er wandte sich zurück zur Schlafkammer. Thorstein rief ihm nach, er möge doch warten und nicht gar so hastig zu Helga ins Bett stürzen. Doch Einar beachtete es nicht. Da legte Thorstein mit dem Speer gegen Einar aus und durchbohrte ihn er stürzte tot in die Kammer. Thorstein bat die Magd, Ein ars weitere Reise zu besorgen, und ritt dann denselben Weg, den er gekommen war.

Er ritt westwärts zu Thorbjörns Sennhütte, die zwischen der Fuchsebene und der Schlangenach lag, und Sagte Thorbjörn , ob seine Brüder schon da gewesen wären. Der verneinte es. Nun berichtete Thorstein das Geschehene und bat, seinen Brüdern zu sagen, daß sie schleunigst an Bord kämen. Dann ritt er selbst zum Schiffe.

Inzwischen schickte die Magd dem Thorir Botschaft und ließ ihm den Fall seines Sohnes melden. Thorir machte sich sogleich auf, ritt mit zwei Knechten zur Waffenförde, setzte zu Schiffe über und kam nach Hof. Dort erzählte er Einars Fall. Thorgils sagte, er habe gleich nichts Gutes geahnt, als Einar Helga heiratete. Man bat ihn, die verfolgung aufzunehmen, und er ließ die Pferde satteln. Grani hatte von Feigheit gesprochen , falls er zögere. Auf Thorgils' Rat kehrte Thorir um, aber seine Knechte ritten mit Thorgils. Sie waren im ganzen ihrer stehen, als sie aufbrachen.


5. Wie Thorgils fiel

Am Tage, nachdem Thorstein die Sennhütte des Thorbjörn verlassen hatte, kamen seine Brüder dorthin. Sie frühstückten und legten sich dann zum Schlafen nieder. Thorbjörn riet sehr davon ab, indem er Einars Tod berichtete und was er von Thorstein zu bestellen hatte. Thorbjörn war mit beiden Parteien befreundet. Bald darauf kamen Thorgils und seine sechs Begleiter angeritten. Thorbjörn weckte die Brüder und meldete es ihnen. Aber es war zu spät sum Entkommen. So riet er ihnen, in der Sennhütte vor der Tür eine tiefe Grube zu graben. ,Ich werde draußen vor der Tür stehn,' sagte er. Sie taten es. Als jene an die Hütte herankamen, waren sie überzeugt, daß die Brüder darin wären, denn die Pferde



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draussen waren müde und eben erst abgeladen. ,Ich weiß, daß sie hier sind,' sagte Thorgils. Thorbjörn versetzte: ,Du bist ein scharfsinniger Mann. Aber die Brüder sind nicht hier, wie du behauptest. Ich hatte meine Pferde nach Hol; geschickt, und wir haben sie eben abgeladen. Sie kommen unmittelbar ven den Winterhäusern. Vorher haben sie Treibholz zum Saalbau nach der Sveinungsbucht geschleppt. Es sind meine Pferde.' Thorgils wollte das nicht glauben. ,Geh von der Tür weg,' sagte er, ,wir wollen Haussuchung halten.' Thorbjörn erwiderte, da sie seiner Aussage nicht glaubten, werde er ihnen den Gefallen nicht tun. ,Schlagen wir ihn tot, wenn er die Tür nicht freigeben will!' sagte Grani. Thorgils versetzte: ,Das würde mein Vater nicht billigen.

Da erbot sich Thorkel Schinder, er wolle von hinten auf das Dach steigen, zwischen Thorbjörn und der Tür herabspringen und ihn wegtragen den Abhang hinunter. Thorgils war einverstanden . Und Thorkel brachte es nun wirklich zuwege; daß Thorbjörn auf die angegebene Art von der Tür weggeschafft wurde. Darauf band man ihn, ging dann zur Tür und überlegte, wer zuerst hineingehen solle. Als Thorgils das merkte, sagte er: ,Das Tapfer sein gelingt uns nicht, da wir nicht wagen hineinzugehn,' und sprang auf den Eingang zu. Thorbjörn riet ab und warnte ihn; doch er achtete es nicht. Den Schild über den Kopf erhoben, kam er hinein —stürzte in die Grube, und die Brüder erschlugen ihn darin.

Nun deckten Thorgils' Gefährten das Dach der Hütte ab und hatten noch eine ganze Zeitlang mit den Brüdern zu schaffen. Grani Goldhut hatte sich oben auf die Wand gelegt und purzelte von oben hinein. Da bekam er einen Speer durch den Arm. Die Brüder wehrten sich geschickt und mannhaft und fanden endlich beide einen rühmlichen Tod. Auf der andern Seite waren Thorirs beide Knechte gefallen und als Dritter Thorgils, Thorsteins Sohn, selbst, im dreißigsten Lebensjahr

Nach dem Kampfe wurde Thorbjörn losgebunden. Er schaffte alles, was die Brüder hinterlassen hatten, zum Bolunghafen und an Bord des Schiffes und meldete Thorstein das Geschehene.



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Thorstein sagte, er habe sich wacker benommen, und sie schieden in Freundschaft.

Im Sommer segelte Thorstein aus und blieb fünf Jahre fort. Er kam zu Ansehen bei Fürsten und stand im Rufe eines tüchtigen Mannes.


6. Wie Thorstein Genugtuung leistete

Grani Goldhut kam heim nach Hof und erzählte Thorstein dem Weißen, zwei Söhne Thorsinns und zwei Knechte Thorirs wären tot. Der Alte fragte ihn: ,Und wo ist mein Sohn Thorgils: Grani antwortete: ,Der ist auch tot.' Da sagte Thorstein: ,Du hast eine elende Art, Neuigkeiten zu erzählen. Von dir kommt immer nur Schlimmes.' — Als die Nachricht bekannt wurde, schien es den Leuten etwas Großes darum.

Im Sommer wurde gegen Thorstein, Thorsinns Sohn, die Klage erhoben und er wegen des Totschlages an Einar geächtet. —Brodd-Helgi war drei Jahre alt, als sein Vater siel, und er wurde bald ein tüchtiger Bursche für sein Alter. Nach fünf Jahren kam Thorstein, Thorsinns Sohn, nach Island zurück. Er landete im Mittfjord und ritt sogleich nach Hof mit vier Begleitern. Brodd-Helgi, damals achtjährig, spielte gerade auf dem Platze vor dem Hause und lud die Ankommenden sämtlich ein, dort zu bleiben. Thorstein fragte ihn, wie er dazu komme, Gäste einzuladen. Der Knabe erwiderte, er sei mit seinem Großvater zusammen Herr im Hause.

Darauf traten Thorstein und seine Leute ein. Thorstein der Weiße verspürte sogleich den Seemannsgeruch und fragte, wer da wäre. Thorstein, Thorsinns Sohn, antwortete der Wahrheit gemäß. Da sagte der Alte: ,Meintest du, ich sei nicht genug geprüft, wenn du mich alten, blinden Mann unbesucht ließest?' Er erwiderte: ,So etwas ist mir nicht eingefallen. vielmehr bin ich da, dir Selbsturteil 1 zu bieten für deinen Sohn Thorgils. Ich besitze genug, um ihn so hoch zu büßen, daß noch kein Mann teurer bezahlt wurde.' Thorstein der 

1 Selbsturteil war die Befugnis des Klägers, selbst in seiner Sache das Urteil zu sprechen, und damit das Ehrenvollste, was er erreichen konnte.



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Weiße erklärte, er wolle seinen Sohn nicht im Beutel tragen 1. Sein Namensvetter wurde Thorstein der Schöne genannt, Thorstein der Schöne sprang auf und legte seinen Kopf dem Greise in den Schoß. Da sprach Thorstein der Weise: ,Ich will dir nicht den Kopf vom Halse schlagen lassen; die Ohren stehn am besten da, wo sie gewachsen sind. Aber das will ich als vergleich festsetzen, daß du mit all deiner Habe nach Hof übersiedeln sollst, um hier zu wirtschaften. Bleibe hier, so lange ich will, und verkaufe dein Schiff!' Auf diesen vergleich ging Thorstein der Schöne ein.

Als die Fünf aus dem Hause traten, spielte der Knabe Helgi, Thorgils' Sohn, mit dem goldbeschlagenen Speer, den Thorstein der Schöne beim Hineingehn an der Tür hingestellt hatte. Thorstein sagte: ,Soll ich dir den Speer schenken?' Helgi beriet sich mit seinem Pflegevater, Thorstein dem Weißen, ob er den Speer annehmen solle. Der Alte entschied: gewiß solle er ihn annehmen und die Gabe reichlich vergelten.

Fürs erste blieb Thorstein der Schöne eine Nacht in Hof. Dann ritt er zu seinem Schiff, verkaufte es und zog alsbald mit all dem Seinigen in die Waffenförde nach Hof.

Er brachte Thorsteins des Weißen viehstand tüchtig vorwärts . Und als er einige Zeit dort gewesen war, da wünschte Thorstein der Weiße, sein Namensvetter solle um die Hand der Helga, Krakis Tochter, anhalten, und der tat es. Thorstein der Weiße begleitete ihn, und die Sache nahm einen guten verlauf, denn sie war gerade nach dem Sinne des Kraki. Helga zog gleich mit Thorstein dem Schönen nach Hof, denn der alte Thorstein wollte die Hochzeit bei sich abhalten, weil er zu hinfällig zu sein glaubte, um auswärts eine Hochzeit mitzufeiern; und darum geschah es so. Die Hochzeit verlief gut, und die Ehe war glücklich.

Zehn Jahre wohnte Thorstein der Schöne zu Hof bei seinem Namensvetter und war ihm wie ein Sohn bei jeglicher Arbeit. Dann sagte eines Tages Thorstein der Weiße zu ihm: ,Eine gute Stütze bist du mir gewesen; du bist ein tüchtiger und 1 

Die Redensart deutet an, daß es ehrenvoller ist, bewaffnete Rache zu ney- men als Wergeld. Symbol der Unterwerfung auf Leben und Tod.



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wackerer Bursche in allen Dingen. Aber jetzt möchte ich, daß du ein anderes Leben anfängst; ebenso dein Vater und dein Schwiegervater Kraki. Rüstet euch zur Ausreise mit allem, was ihr besitzt! Denn ich glaube, mein Enkel und Pflegesohn Helgi ist dein Freund nicht. Er ist jetzt achtzehn Jahre alt, ich aber lebe wohl nicht lange mehr, und ich möchte, daß wir in Frieden scheiden. Helgi aber wird ein übermütiger und gewalttätiger Mann werden. Befolge meinen Rat in dieser Sache: Bleibe nicht länger hier, als ich dir rate!' Thorstein der Schöne willigte ein. Er kaufte zwei Schive und segelte ab mit seinem ganzen Anhang. Sein Vater Thorsinn und sein Schwiegervater Kraki reisten auch ab. Sie landeten in Drontheim, sogen im folgenden Sommer nach Helgeland und ließen sich dort mit ihrem ganzen Anhang nieder. Dort wohnte Thorstein der Schöne den Rest seines Lebens als wohlangesehener Mann.


7 .Wie Brodd-Helgi zu seinem Namen kam

Helgi wuchs auf bei seinem Pflegevater Thorstein dem Weißen . Er wurde früh groß und stark, schön und häuptlingsmäßig von Ansehen, wenig gesprächig schon als Kind, unumgänglich und starrköpfig, klug und launenhaft. Eines Tages, zu Hof die Kühe in der Melkhürde standen, hatte sich großer und starker Stier bei ihnen eingehenden. Ein zweiter Stier, auch groß und gefährlich, gehörte zur Herde und war auch dabei. Helgi war gerade draußen und sah, wie die Stiere aufeinander losgingen und sich mit den Hörnern stießen und wie der Hausstier vor dem Fremden wich. Als er das sah, bolte er aus dem Hause ein Paar große Eisstachel und band sie dem Hausstier vor den Kopf. Der Kampf ging weiter und endete so, daß der Hausstier den andern zu Tode stieß: die Stacheln waren tief eingedrungen. Diese Tat Helgis schien den meisten eine unschöne Cist. Er bekam davon seinen Namen Brodd-Helgi denn Brodd bedeutet Stachel. Einen Doppelnamen zu haben, galt damals für glückbringend; die Leute glaubten länger zu leben, wenn sie zwei Namen hätten, Früh erkannte man, daß Helgi ein großer Häuptling, aber ein Gewaltmensch werden würde.



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Thorstein der Weiße lebte noch ein Jahr, nachdem er und Thorstein der Schöne sich getrennt hatten. Er starb als ein Mann von höchstem Ansehen.

Geitir an der Kreuzbucht hatte Hallkatla zur Frau, die Tochter Thidrandis des Alten, eine Enkelin des Ketil Lärm. Zwischen Geitir und Brodd-Helgi herrschte anfangs große Freundschaft, aber sie wurde flauer mit der Zeit und schlug endlich um in offene Feindschaft, wie erzählt wird in der Geschichte von den Leuten an der Waffenförde. Hier ist die Erzählung von Thorstein dem Weißen zu Ende.



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Die Geschichte von den Männern an der Waffenförde



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1. Von Brodd-Helgi

Zu Hof an der Waffenförde wohnte ein Mann namens Helgi, genannt Brodd-Helgi. Er war der Sohn des Thorgils, Enkel Thorsteins, Urenkel Ölvirs, der Asvald, des Ochsen Thorir Sohn, um Vater hatte. Ölvir war in Norwegen Lehnsmann gewesen zur Zeit des Jarls Hakon. Der erste aus diesem Geschlecht, der nach Island kam, war Thorstein der Weiße. Er wohnte zuerst auf Toptfelden bei Sirekshof. Zu Hof wohnte damals Steinbjörn, der Sohn des roten Ref. Da diesem aber das Geld ausging vor lauter Gastfreiheit, so kaufte Thorstein das Gui Hof, und er wohnte dort sechzig Jahre. Zur Frau hatte er Ingibjörg, die Tochter Hrodgeirs des Weißen. Thorsteins Sohn Thorgils war der Vater des Brodd-Helgi er übernahm Thorsteins Hof. Nachdem er aber durch Thorkel und Hedin gefallen war; übernahm Thorstein der Weiße den Hof von neuem, und sein Enkel Brodd-Helgi wuchs bei ihm auf. Helgi war groß und stark und abgehärtet, schön und ein rechter Häuptlingssohn. Schon als Kind war er verschlossen, unumgänglich und starrköpfig; er war begabt und launenhaft. Man erzählt; eines Tags, als zu Hof die Kühe in der Melkhürde standen, sei auch ein Stier dabei gewesen, der zur Wirtschaft gehörte. Da kam ein fremder Stier an die Hürde heran, und die beiden Stiere stießen sich mit den Hörnern. Der Knabe Helgi war gerade draußen und sah, daß ihr eigener Stier der schwächere war und weichen mußte. Da nahm er einen Eisstachel und band ihn dem Stier vor die Stirn, und von da an hatte sein Stier die Oberhand. von dieser Tat bekam er den Namen Brodd-Helgi denn Brodd heißt Stachel. Er war die Krone aller jungen Leute dort im Bezirk.


2 .Von dem Ächter Svart

Ein Mann namens Svart kam auch hierher und ließ sich an der Waffenförde nieder. Sein nächster Nachbar war ein gewisser Skidi; der war arm. Svart war groß gewachsen und von starken Muskeln, kampferfahren und ein wilder Draufgänger. Svart und Skidi gerieten in Streit um die vieh



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weiden, und es endete so, daß Svart den Skidi erschlug. Die Klage führte Brodd-Helgi und erreichte die Achtung des Täters; Helgi war damals zwölf Jahre alt. Nun ging Svart hinaus auf die Heide, die wir Butterseeheide nennen, nahe beim Sonnental, warf sich auf das Vieh der Leute von Hof und richtete viel mehr Schaden an, als er nötig hatte.

Eines Abends kam der Schäfer von Hof heim und ging in den Bettverschlag des alten Thorstein, wo dieser blind lag, Thorstein ließ sich vernehmen: ,Wie ging dir's heute, Freund" So schlecht wie möglich,' versetzte jener, ,dein bester Hammel ist weg und drei andere dazu.' ,Sie haben wohl Gesellschaft gefunden und werden zurückkommen.' ,Nein, nein, sie kommen nie zurück!' ,Meinetwegen rede, was du willst,' sagte Thorstein, ,doch taß so etwas nicht Brodd-Helgi hören"

Brodd-Helgi fragte den Schäfer, was er auf seinen Streifzügen den Tag über erlebt habe. Und er erhielt ganz denselben Bescheid wie Thorstein. Brodd-Helgi tat, als höre er nicht, und ging am Abend zu Bett. Als die andern eingeschlafen waren, stand er auf, nahm seinen Schild und ging hinaus. Es wird erzählt er habe eine Steinplatte aufgenommen, flach und dünn, und das eine Ende vorn in seine Hose gesteckt, das andere vor der Brust befestigt. In der Hand trug er eine große Holzart mit langem Schaft. Er ging zum Schafstall und verfolgte von da die Spur, denn es war Schnee gefallen. So kam er auf die Butterseeheide oberhalb vom Sonnental.

Svart ging aus, sah einen stattlichen Mann vor sich und fragte: ,Wer da?' Brodd-Helgi sagte, er sei es. ,Du wirst mich besuchen wollen und zwar in Geschäften,' sagte Svart, sprang auf ihn zu und schwang seinen großen Hiebspeer. Brodd-Helgi hielt den Schild vor, und der Stoß ging außen gegen den Schild, glitt ab und prallte so heftig gegen den Stein, daß jener hinfiel. Brodd-Helgi hieb mit der Art auf sein Bein und hieb ibm den Fuß ab. Da ließ sich Svart vernehmen: ,Das Glück hat uns verschieden bedacht,' sagte er, ,du sollst mein Töter werden; aber in eurem Geschlecht wird es ein Unheil geben, das nie vergessen wird, solange Menschen auf Island wohnen.' Danach gab Brodd-Helgi ihm den Todesstreich.



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Daheim in Hof erwacht der alte Thorstein, steht aus dem Bett auf und greift in Brodd-Helgis Verschlag: da war das Bettzeug schon kalt geworden. Er weckt seine Knechte und heißt sie nach Brodd-Helgi suchen. Und als sie hinauskamen, verfolgten sie seine Spur immer weiter und fanden ihn an Svarts Leiche. Sie verscharrten den Leichnam und nahmen alles mit, was Wert hatte. Brodd-Helgi wurde weit berühmt und belobt von allem Volk wegen dieser seiner Tat, die er als ganz junger Bursche vollführt hatte.


3. Von den Leuten an der Kreusbucht

Zur Zeit, als Thorstein auf Hof wohnte und Brodd-Helgi bei ihm aufwuchs. da wohnte an der äußeren Kreuzbucht ein Mann, der Lyting hieß, Sohn des Asbjörn, Enkel des Olaf Langhals. Er war ein kluger Mann und ziemlich begütert . Seine Frau war Thordis, die Tochter des Herla-Bjarni, Enkelin des Arnsinn. Die beiden hatten zwei Söhne, die in dieser Geschichte vorkommen: der eine hieß Geitir, der andere Bläng. Eine Tochter Lytings hieß Halla, eine andere Rannveig , und diese war an einen gewissen Olaf verheiratet zu Kliffshagen am Axtfjord. Gettir und Brodd-Helgi waren Altersgenossin und eng befreundet. Brodd-Helgi heiratete Halla, die Schwester der Brüder, und hatte mit ihr eine Tochter, Thordis Zotte, die spätere Frau Helgis des Asbjörnsohnes. Ihre Söhne waren Bjarni und Lyting, letzterer war der ältere. Bjarni wuchs an der Kreuzbucht bei Geitir auf. Geitirs Frau war Hallkatla, die Tochter Thidrandis, eine verwandte der Droplaugsöhne; nämlich Schwester ihres vaters. So gute Freunde waren Brodd-Helgi und Geitir, daß sie regelmäßig zusammen spielten 1 und sich fast täglich trafen. Die Leute redeten darüber, wie eng sie doch befreundet wären.

Damals wohnte im Sonnental ein Mann namens Thormod, zubenannt Stockblind. Er war ein Sohn des Steinbjörn Kört, Bruder des Ref auf Refshausen und des Egil auf Egilshausen. Egils Kinder waren Thorarin, Hallbjörn, Thröst und die Tochter 

1 Es handelt sich um das altnordische Ballspiel mit Schlagholz und harter Kugel, das kein Kinderspiel war.



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Hallend, die spätere Frau Thorkels des Geitir sohnes. Thormod Stockblinds Söhne waren Thorstein und Eyvind; Refs Söhne Stein und Hreidar. Sie waren sämtlich Thingleute 1 des Geitir. Dieser war ein äußerst gescheiter Mann.

Halla und Brodd-Helgi lebten in gutem Einvernehmen. Ihr Sohn Lyting wuchs auf bei Thorgils Skinni am Axtfjord. Brodd-Helgi war ziemlich begütert.


4. Von Thorleif dem Christen und von Hrafns Tode

Es wird erzählt, daß eines Sommers ein Schiff in die Waffenförde kam. Steuermann war Thorleif, zubenannt der Christ. Sein Hof stand an der Kreuzbucht in der Rotwalförde, und er war ein Stiefsohn des Asbjörn Lodenkopf. Der zweite Steuermann hieß Hrafn, ein Norweger von Geburt, zauberkundig , reich an Kostbarkeiten, geizig, schweigsam und von ruhigem, gereiftem wesen. Man sagt, er habe einen Goldring besessen, den er immer am Finger trug, und eine kleine Kiste, die er oft unter seiner Bettstatt stehen hatte, und die Leute glaubten, sie set voll von Gold und Silber.

Thorleif ritt beim nach seinem Hof an der Kreusbucht, die Norweger aber suchten sich Unterkunft. Brodd-Helgi ritt zum Schiff und bot dem Steuermann an, bei ihm zu wohnen. Der Norweger erklärte, lieber suche er sich anderswo ein Unterkommen , ,denn', sagte er, ,du bist ein großer Mann und siehst auf deinen vorteil. wie mir gesagt wird; ich aber bin ein kleiner Mann und begnüge mich mit dem Meinigen; das paßt schlecht zusammen.' Brodd-Helgi wollte von ihm allerhand Kleinode kaufen, denn er war sehr schmuckliebend, doch Hrafn erklärte, kein Kleinod auf Frist verkaufen zu wollen. Brodd-Helgi erwiderte: ,Ehrenvoll hast du meine Reise werden lassen, die Gastung abgeschlagen und den Handel verweigert.'

Auch Geitir kam zum Schiff, suchte den Steuermann auf und sagte, er habe sich dumm benommen, den mächtigsten 

1 Thingleute bußen die freien Bauern in ihrem verhältnis zu dem Goden, der sie schützte und dem sie auf dem Thing Gefolgschaft leisteten (ursprunglich: dessen Thing sie besuchten, daher der Name),



Thule-Bd.12-021 Gesch.v. den Ostlandfamielien. Flip

Mann im Bezirk gegen sich aufgebracht. Der Norweger erwiderte: ,Ich habe mir gedacht, bei irgend einem Bauer einzukehren —willst du mich aufnehmen?' Geitir wollte zuerst nicht recht, aber endlich nahm er den Steuermann doch auf Die Matrosen kamen anderswo unter, und das Schiff wurde auf Rollen gelegt. Dem Norweger wurde ein Speicher eingeräumt, uni seine Waren unterzubringen, und er verkaufte sie nach und nach.

Zu Wintersanfang gaben die Egilssöhne ein Gastmahl, und Brodd-Helgi und Geitir waren beide dort. Helgi hatte den vortritt und saß weiter oben, denn er hielt etwas auf Ehre vor den Leuten. Es fiel allgemein auf, daß er und Geitir so viel mit einander zu reden fanden, daß die Leute von ihnen garnichts hatten, weder Gespräch noch Kurzweil. Das Fest nahm ein Ende, und jeder ritt nach Hause.

Im Winter wurden auf dem Hofe Hag, dicht bei Hof. vielbesuchte Spiele abgehalten. Brodd-Helgi war auch dabei. Geitir machte dem Norweger Lust zu dieser Zusammenkunft und sagte, er werde dort viele seiner Schuldner treffen. So ritten sie hin. Sie fanden viel zu reden wegen seiner Forderungen. Und als die Spiele aus und die Leute beim Aufbrechen waren, saß Helgi noch in der Stube und sprach mit seinen Thingmannen . Da kam ein Mann herein und erzählte, der Norweger Hrafn sei erschlagen, der Täter unbemerkt geblieben. Helgi ging sogleich hinaus und äußerte sich mißbilligend über die Tat. Hrafn ward ehrenvoll bestattet nach der damals herrschenden Sitte.

Auf Gudmundhausen wohnte ein gewisser Torsi. Er war groß und kräftig und ein Freund des Brodd-Helgi und Geitir. Den ganzen Tag, an dem der Norweger erschlagen wurde, war er verschwunden. Einige erzählten Hrafns Ende so, man habe ihm einen falschen Weg gezeigt und er sei an einer gefährlichen Stelle verunglückt. Zwischen Brodd-Helgi und Geitir wurde abgemacht, daß jedem von ihnen die Hälfte von Hrafns vermögen zufallen sollte, die Teilung aber erst auf dem Frühjahrsthing stattfinden; bis dahin nahm Geitir die Waren an sich und hielt sie in einem Vorratshause verschlossen.



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Im Frühjahr rüstete Thorleif der Christ sein Schiff zur Abfahrt und wurde fertig zur Zeit des Frühjahrsthinges. Und als es so weit war, da ritten die Leute zum Thing ins Sonnental, auch Brodd-Helgi und Geitir. und es waren nun vielen Orten nur wenig Menschen daheim. Als das Thing eine Weile im Gange war, geschah es eines Morgens, daß Thorleif seine Matrosen weckte. Sie bestiegen das Boot und ruderten nach der Kreuzbucht in der Waffenförde, gingen dort an Land und zum Vorratshause des Geitir, öffneten es, trugen alle Waren fort, die Hrafn gehört hatten, und schafften sie an Bord des Schiffes, Frau Halla war anwesend, kümmerte sich aber nicht darum. Nun ritt Brodd-Helgi heim vom Thing und Geitir mit ihm, und schon unterwegs erfuhren sie, Thorleif habe Hrafns ganzen Nachlaß aufgehoben und wolle ihn außer Landes schaffen. Helgi drehte es so, daß Thorleif sich in einem Rechtsirrtum befinde und die Sachen alsbald herausgeben würde, sobald man es von ihm verlange. Darauf ritten sie hinaus zum Kaufschiff und verschafften sich eine Menge kleiner Boote, und sobald sie einander angerufen hatten, verlangte Brodd-Helgi, Thorleif solle das Geld herausgeben. Thorteip erklärte, er verstehe wenig von den Gesetzen, meine aber, der Partner habe das Geld den Erben zu bringen. Brodd-Helgi antwortete: 'Wir wollen nicht umsonst gekommen sein.' Darauf Thorleif: 'Ehe ihr einen Pfennig bekommt, schlagen wir uns lieber.' 'Hört einmal,' rief Helgi, ,was der Wicht da redet! Wir wollen ihnen doch eine Ladung auf den Pelz brennen, daß einigen heiß wird" Da ergriff Geitir das Wort und sagte: ,Es scheint mir nicht rätlich, sie anzugreifen mit unsern kleinen Booten. Es kann ja immer noch ein Gegenwind kommen und sie ans Land treiben. Dann kann man die Sache nach Belieben abmachen.' Dies fand allgemein Anklang, und es ward demgemäß beschlossen. Man ruderte ans Land, und Brodd-Helgi ritt mit Geitir beim und blieb bei ihm einige Nächte. Thorleif bekam alsbald günstigen Wind, hatte eine gute Überfahrt und brachte den Erben den Nachlaß des Hrafn; sie wußten ihm Dank dafür und schenkten ihm ihren Anteil am Schiff. Man schied in guter Freundschaft,


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5. Wie Thorleif der Christ vorgeladen werden sollte

Brodd-Helgi war den Sommer über ziemlich verdrießlich und verlangte sehr nach Thorleifs Rückkunft. Auf jeder versammlung trafen sich Brodd-Helgi und Geitir und sprachen über ihren verlust. Brodd-Helgi fragte Geitir, was aus dem Kistchen geworden wäre, das Hrafn besessen hatte. Geitir sagte, er wisse nicht, ob Thorleif es mit dem übrigen ins Ausland mitgenommen oder ob der Norweger es bei sich gehabt habe. 'Ich glaube eher,' sagte Helgi, ,daß du es bei dir hast.' Geitir Sagte: ,Wo ist der Ring, den er am Finger trug, als er erschlagen wurde?' ,Das weiß ich nicht,' sagte Helgi, ,aber so viel weiß ich, daß er ihn nicht mit ins Grab genommen hat.' Und bei jeder versammlung, wo sie sich trafen, Sagte Helgi nach dem Kistchen und Geitir wiederum nach dem Ring, und es trat deutlich etwas zwischen sie. Es kam nun so, daß jeder der beiden fest meinte, er habe von dem andern etwas zu fordern, und ihre Freundschaft kühlte ab.

Im nächsten Sommer kam ein Schiff in die Rotwalförde; es gehörte Thorleif dem Christen, und mit ihm waren zwei Männer von den Hebriden an Bord. Thorleif verkaufte seinen Anteil an diese und ritt dann nach seinem Hof. Das war eine frohe Kunde für Brodd-Helgi. Als er jedoch erfuhr, Thorleif habe alles Geld an Hrafns Erben abgeliefert, da schien es ihm nicht angängig, gegen Thorleif zu klagen. Dafür gedachte er ihn auf andere Weise zu fassen.

Es gab da eine Frau namens Steinvör, die war Tempelpriesterin und verwaltete den Haupttempel, zu dem alle Bauern Zins zahlen mußten. Diese Steinvör besuchte den Brodd-Helgi, der ein verwandter von ihr war, und erzählte ihm von der schwierigen Lage; in der sie sich befand: Thorleif der Christ bezahle nämlich keinen Tempelzins wie andere Leute. Brodd-Helgi versprach, in ihrem Namen die Klage gegen Thorleif zu führen.'

Im Fließtal wohnte ein gewisser Ketil, genannt der dicke Ketil, ein wackerer Bursche.



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von Helgis Ritt ist zu berichten, daß er bei Kent Rast hielt und dieser ihn gut bewirtete. Dabei schlossen sie Freundschaft, Helgi sagte: ,Es gibt etwas, was ich dich bitten will, für mich zu tun: nämlich Thorleif den Christen wegen des Tempelzinses zu verklagen. Lade du ihn erst vor, ich komme dann zum Thing, und wir besorgen das Weitere gemeinsam.' Ketil antwortete: ,Hätte ich gewußt, daß dies dahinter steckt, so hätte ich nicht mit dir Freundschaft geschlossen; denn Thorleif ist beliebt; doch will ich nicht gleich das erstemal nein sagen.' Sie trennten sich darauf, und Helgi ritt wieder nach Hause.

Als es dem Ketil Zeit dazu dünkte, brach er, zehn Mann hoch, von Hause auf. Sie kamen in der Morgenröthe nach der Kreuzbucht . Thorleif stand draußen, begrüßte Ketil und die andern und lud sie alle su sich ein. Aber Keul erklärte, es sei zu früh zum Einkehren, zumal bei so schönem Wetter. Er fragte, ob Thorleif den Tempelzins schon entrichtet habe, und dieser antwortete , er werde jedenfalls bezahlt werden. ,Ich bin gekommen,' sagte Ketil, ,den Tempelzins zu holen. Es hat doch keinen Sinn, wenn du mit einer Zahlung zurückhältst, die dir unmöglich etwas ausmachen kann.' Thorleif antwortete: ,Ich habe einen besseren Grund als Kleinlichkeit: mich dünkt alles, was dahin gezahlt wird, übel angewendet.' Ketil versetzte: 'Das ist eine starke Überhebung, wenn du es besser zu wissen meinst als alle anderen Leute und deshalb solche gesetzlichen Abgaben nicht zahlen willst.' ,Es ist mir gleichgültig,' sagte Thorleif, ,was du über diese Sache redest.' Darauf ernannte Ketil seine Zeugen und lud Thorleif den Christen vor Gericht. Als die vorladung beendet war, lud Thorleif sie ein, dazubleiben, und meinte, das Wetter werde rauh und unbeständig. Ketil jedoch erklärte, er werde aufbrechen. Thorleif bat sie, wenigstens umzukehren, sobald das Wetter schlecht werde. Sie ritten nun davon, und nicht lange, so kam ein Unwetter. und sie mußten umkehren. Spät abends kamen sie zu Thorleif und waren todmüde. Thorleif nahm sie gut auf; das Wetter hielt sie zwei Nächte dort fest, und die Bewirtung wurde je länger um so besser. Und als Keul und die Seinen reise



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fertig standen. da sagte er: ,Wir 1ind hier gut aufgehoben gewesen . Du hast dich als den allerwackersten Burschen gezeigt, Thorleif. Ich will dir damit vergelten, daß die Anklage ungültig sein soll, und will fortan dein Freund sein.' Thorleif antwortete: ,Deine Freundschaft weiß ich zu schätzen. Aber es kommt wenig darauf an, ob ich verurteilt werde oder nicht. Ich habe einen Kameraden, auf den ich mich verlassen kann, und der dafür sorgt, daß so etwas mich nicht ansicht.' Damit trennten ue um.

Das Thing kam heran. Es wird berichtet, Brodd-Helgi habe ein starkes Gefolge gesammelt und sich einen Hauptspaß versprochen. Im verlaufe des Things frasie er Kezil, wie weit die Klage gegen Thorleif den Christen gediehen sei; und der sagte ihm die Wahrheit. Da sagte Helgi: ,Du hast mich arg im Stich gelassen, Ketil. Nun ist's aus mit unserer Freundschaft.' So konnte er Thorleif nichts anhaben, und von diesem ist nicht weiter zu erzählen.

Gleich nach dem Thing trafen sich Brodd-Helgi und Geitir. Helgi machte dem andern Vorwürfe, sagte, ihm verdanke er diese Schmach, die schwer su tilgen sein werde, und ihre Freundschaft ging immer mehr in die Brüche.


6. Wie Brodd-Helgi eine neue Frau nahm

Man erzählt, Halla, Brodd -Helgis Frau, habe eines Tages sich so zu ihm vernehmen lassen ,Wir sind lange gut mit einander ausgekommen. Aber ich fühle deutlich, daß ich krank bin; ich werde deiner Wirtschaft nicht mehr lange vorstehn können.' Helgi entgegnete: ,Ich glaube, eine gute Frau zu haben und hoffe, mich ihrer zu erfreuen, solange wir beide leben.' Es war damals etwas gans Übliches, daß Frauen sich aus der Wirtschaft losbaten.

Es war eine Frau namens Thorgerd, mit dem Beinamen die Silberne. Sie war eine Tochter Thorvalds des Hohen, noch jung an Jahren, doch schon Witwe. Sie wohnte im Fließtal auf dem Hofe, der jetzt Thorgerdhausen heißt, und bei ihr lebte, zu ihrer Stütze, ihr Bruder Kolfinn. Thorgerd lud Brodd-Helgi mit zwei Begleitern zu sich ein, und er ritt hin. Sie nahm



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ihn ungemein gut auf, ließ ihn auf dem Hochsitz sitzen und saß selber neben ihm. Sie fanden sehr viel zu reden, und ehe Helgi nach Hause ritt, ist in Kürze zu vermelden, daß er sich mit Thorgerd der Silbernen öffentlich verlobte. Weiter wird nichts von ihm berichtet, ehe er heim kam nach Hof. Da fragte man ihn, was es Neues gäbe. Er sagte, es sei eine verlobung vorgefallen . Halla Sagte: ,Hat Thorgerd die Silberne sich verlebt: mit wem denn?' ,Mit mir,' sagte er. ,Das nenne ich nicht übereilt,' meinte sie.

Bald darauf erklärte Helgi, er werde jetzt Thorgerd holen, bat Halla, sie möge so lange noch da bleiben, und sie verstand sich dazu und brach erst auf, als Thorgerd ankam. Das Ereignis wurde bald bekannt in der Gegend, und man redete übel davon, denn Halla war allgemein beliebt. Hallas Brüder schickten Leute, um sie abzuholen, und mit diesen ritt sie denn auch und nahm ihre Schmucksachen mit. Helgi stand vor der Tür und stellte sich, als wüßte er nichts davon, daß Halla eben aufbrach. Sie saß kaum im Sattel, als ihr Bruder Geitir angeritten kam. Da ritt der Bote mit seinem Gefolge ab, während Geitir sich Helgi näherte. Er fragte ihn, wann er das Geld herausgeben wolle, das Halla in seinem Hofe stecken habe. Helgi antwortete: Es soll mir recht sein, wenn es Halla zu Hause an der Kreuzbucht nicht gefällt; sie wird schon noch den Weg nach Hof zurückfinden .' Und damit gut. Geitir ritt nach Hause, und keiner von beiden hatte das Gefühl, daß ihr Verhältnis sich gebessert habe.

Als Geitir heimkam, fragte Halla, was er mit Helgi verhandelt habe, und er erzählte, wie es gewesen war. Da sagte sie: ,Du bist rasch gewesen in dieser Sache. Helgi wird es nicht gern sehen, wenn du ibm alles entziehst, und das Geld ist bei ihm gut aufgehoben; es wird nicht weniger werden, wenn er es als Darlehen behält.' ,Ich sehe,' sagte Geitir; ,worauf es hinausläuft; es ist so recht auf unsere Schmach angelegt, wenn du ohne das Geld aus seinem Hofe reitest,'

Der Winter verstrich, und im Frühjahr ritt Geitir zum zweitenmal nach Hof und forderte Hallas vermögen. Doch Helgi wollte es nicht herausrücken. Da lud Geitir ihn wegen des



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Vermögens der Halla vor das Sonnentalthing und beide sammelten nun eifrig Mannschaft. Helgi kam mit größerem, Gettir mit erlesenerem Gefolge. Und als man vor Gericht gehen sollte, da wurde Geitir durch die Übermacht zurückgedrängt und konnte die Sache nicht vorbringen. Darauf wollte er den Prozeß vor das Allthing bringen, aber Brodd-Helgi konnte es wiederum vereiteln —besonders durch den Zuzug, den Gudmund der Mächtige ihm leistete —, und nun standen Brodd-Helgi und Geitir auf sehr gespanntem Fuße.


7. Von Thord und Thormod, und wie es Geitir in Hof erging

Ein Mann namens Thord wohnte im Sonnental auf dem Gut Zur Aue, auf derselben Seite des Flusses, wo Hof liegt. Er war Helgis Thingmann. Er und Thormod Stockblind besaßen zusammen einen Wald. Sie wurden uneins wegen des Hol fallens und auch wegen der Weide, und Thord glaubte sich von Thormod vergewaltigt. Da ging er zu Brodd-Helgi und sagte ihm von Thormods Übergriffen. Brodd-Helgi erklärte, er wage es nicht. wegen Thords Vermögen Streit anzufangen, und werde sich in die Sache nicht mischen, wenn jener ihm nicht sein Vermögen übertrüge und mit seiner ganzen Habe nach Hof übersiedelte. Jener ging darauf ein und wurde Brodd -Helgis Schutzbefohlener.

Eines Tags forderte Brodd-Helgi Thord auf mit ihm auf die Allmende zu reiten und nach seinem Vieh zu sehen, das dort weidete. Sie brachen auf und kamen auf die Allmende. Da sagte Brodd-Helgi: ,So hätten wir also die Tiere gemustert, die einst dir und Thormod gehörten.' Und er ritt hinzu, ließ die Ochsen, die Thormod gehörten, zusammentreiben und ihnen die Köpfe abschlagen und ließ sie da liegen. Dann ritt er heim, schickte einen Mann an Thormod und ließ ihn auffordern, einmal nach seinen Ochsen ausschauen zu lassen. —Das geschah, und das Fleisch wurde heimgeschafft.

Alsbald ritt Thormod nach der Kreuzbucht, machte Geitir Mitteilung und bai ihn, die Sache in Ordnung zu bringen. Der aber erklärte, er wolle lieber nicht mit Brodd-Helgi an



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binden. Da sagte Thormod: ,Es ist nicht anständig von dir, wenn du mich ohne Unterstützung läßt.' ,Ich unterstütze dich nicht,' sagte Geitir, ,aber laß das Ochsenfleisch hierher schaffen, ich werde es kaufen und dich schadlos halten.' Nicht viel klüger als er gekommen ritt Thormod heim.

Bald hörte Brodd-Helgi, er sei vermutlich bei Geitir gewesen, um ihm sein Leid zu klagen. ,Es wäre mir lieb,' sagte Brodd-Helgi, ,wenn er in solchen Geschäften nicht weiter auszureiten brauchte.' Und bald danach versammelte er seine Pächter um sich und heischte ihre Begleitung, ebenso die Knechte und Gäste, und sie zogen in den Wald, an dem Thormod Miteigentum hatte, fällten sämtliche Bäume und schleppten sie ohne Ausnahme heim nach Hof. ?lts Thormod merkte, was für ein Schade ihm angetan war, ritt er von neuem zu Geitir und erzählte , er sei wiederum vergewaltigt. Da erwiderte Geitir: Ich verstehe es wohl, wenn dich dieser Schade härter ankomme , als jener frühere, denn der schien mir gering. Ich will dir nicht geradezu beistehen gegen Brodd-Helgi, doch ich stelle dir meinen Rat zur Verfügung. Geh zu deinen verwandten, den Söhnen des roten Ref, Stein und Hreidar, und bitte sie, mit dir zur vorladung nach Hof zu reiten. Geb auch nach Gudmundhausen und bitte Tjörvi um seine Begleitung. Seid eurer nicht mehr als acht. Auch ich werde mich an der vorladung des Thord beteiligen. Richte dich so ein, daß Brodd-Helgi nicht zu Hause ist, sonst geht die Sache schief.'

Mit diesem Bescheid reitet Thormod und sucht die Leute auf, die Geitir genannt hatte. Alle sagen zu, und sie verabreden den Zeitpunkt. Dann reitet Thormod heim und schickt Geitir Nachricht, wie es sich anläßt. Doch es geht, wie so oft und wie das Sprichwort sagt: ,Gesprochenes Wort springt nur so dahin', die Sache kommt Brodd-Helgi zu Ohren, und er bleibt zu Hause gegen die Berechnung,

Am Morgen, wo man die Kläger erwartete, sagte Brodd-Helgi zu seinen Knechten, sie sollten den Tag über sich nahe beim Hause halten. ,Schneidet euch tüchtig lange Ruten und Stöcke aus dem Walde,' sagte er, ,ich erwarte heute Besuch,



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und da sollt ihr die Stöcke brauchen, ihnen die Pferde anspornen und sie vom Hofe jagen.'

Thormod und die Seinen brechen von Hause auf, wie verabredet, und kommen nach Hof. Draußen sehen sie keinen Menschen und reiten gleich vor das Haus. Thormod ernennt seine Zeugen und lädt Thord vor Gericht wegen des Holzfällens. Helgi, der von drinnen die vorladung hört, springt sogleich heraus, jagt seinen Speer Thormod durch den Leib und ruft: Jagen wir das Gesindel weg und lassen sie heute nicht umsonst gekommen sein" Gleich springen die Knechte hervor und schlagen auf die Pferde ein, alles drängt den vorplatz hinab, und das Ende war kläglich genug: Geitirs Leute erreichten das Weite unter Prügeln und Wunden, und einige blieben tot liegen. Es wurde als gewiß berichtet, daß die Gefallenen alle von Brodd-Helgi selbst erlegt wären. Er ließ die Leichen auf einen Grasplatz schaffen und Reisig darüber häufen.

Geitir Leute waren übel zufrieden mit ihrem Lose, am übelsten damit, daß sie nicht dazu gekommen waren, ihre Verwandten und Freunde zu beerdigen. Sie redeten oft darüber mit Geitir. Der hieß sie noch eine Weile sich gedulden und sagte: ,Wer ein kurzes Messer hat, ist aufs Gelenk angewiesen; auch Brodd-Helgi ist nicht lauter Knochen.'


8. Brodd-Helgi wird von Geitir überlistet

Als es Zeit ward, schickte Geitir nach seinen Thingleuten. Sie ritten aus der Kreuzbucht und in der Richtung auf Hof. Geitir sagte: ,Wir haben unsere Schar nicht gerade so heimlich gesammelt, daß Brodd-Helgi nicht davon gehört haben sollte. Es werden also wohl Leute genug da sein. Wir wollen auf den Hof reiten und absteigen, unsere Pferde anbinden, die Mäntel ablegen und dann schleunigst zum Hause gehen. Da werden Brodd-Helgi und seine Leute uns wohl entgegenkommen , doch schwerlich werden sie gegen uns die Wassen gebrauchen . Auch wir müssen uns strenge hüten, einen von ihnen zu verwunden oder zu töten; vielmehr wollen wir die Sache hinziehen. — Jetzt aber sollen von uns die Egilssöhne und mit ihnen Tjörvi der Große auf dieser Seite hinaufleiten über



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Gudmundhausen in die Wälder hinter Hof und sollen große, leere Kohlenkörbe auf ihren Pferden mitnehmen. —.Sobald ihr ans Gehöft kommt,' sagte er, ,schleicht an die Häuser heran, nehmt die Leichen, legt sie in die Körbe, kommt dann denselben Weg zurück und stoßt wieder mir.' Sie trennten sich, und beide Haufen ritten nach Geitirs Anweisung.

lts Geitir und die Seinen dem Gehöft gans nahe waren, stiegen sie ab und verfuhren gans gemächlich. Helgi hatte viel Gefolge um sich und ging sogleich Geitir und seinen Leuten entgegen. Man begrüßte sich, doch ohne Freundlichkeit. Brodd-Helgi fragte, wohin die Reise gehe. Geitir antwortete: nicht viel weiter, als man jetzt gekommen sei, und er meine, es sei leicht zu merken, worauf man es abgesehen habe. ,Wir werden auch diesmal keine Fehde anheben,' sagte er, ,obgleich Grund genug dazu vorliegt; aber wir wollen unsere alte Forderung noch einmal vorbringen, ehe wir ganz davon abstehn.' Und sie sogen die Sache hin den Tag über. Man drängte sich auf dem freien Platze hin und ber.

Plötzlich sagte einer von der Schar des Helgi: ,Da reiten Leute, nicht ganz wenige, mit Lastpferden.' Ein anderer versetzte: Es sind nur Kohlenbrenner, die aus dem Walde kommen. Ich sah sie heute früh hineinreiten.' Damit endete das Gespräch. Da sagte Geitir: ,Es wird wieder so kommen, daß wir den Kürzeren stehen. Denn es glückt uns nicht, die Leichen unserer verwandten fortzuschaffen.' ,Was redest du so?' sagte Brodd-Helgi, ,das ist noch immer das Wahrscheinlichere, daß der Kürzere zu kurz kommt. Es sieht jedoch so aus, als wenn keiner von uns beiden sich bloßstellen soll. Wir wollen also für diesmal Schluß machen mit diesem Zeittotschlagen, wenn's euch recht ist. Nur paßt es uns nicht, daß ihr noch näher an die Häuser kommt.' Darauf hörte man auf zu drängen. Geitir und die Seinen gingen zu ihren Pferden, während Brodd-Helgi und die Seinen auf dem Platze zurückblieben.

Bald traf Geitir die Egilssöhne. Man stieg ab und verweilte sich.

Brodd-Helgi und seine Leute standen inzwischen auf dem Hofplatze und sahen, wie jene halt machten. Da ließ Brodd-Helgi



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äch vernehmen: ,Dem Dummen fällt guter Rat zu spät ein Den ganzen Tag haben wir uns hier herumgedrängt, und jetzt erst sehe ich, daß kein einziger von Geitirs streitbaren Kerlen bier war. Sie werden in den Kohlenkörben die Leichen weggeschafft haben! Es ist doch regelmäßig so, daß Geitir von uns beiden der Klügere ist, wenn er auch stets sich vor der Übermacht ducken muß.'

Es gab keinen Prozeß um den Tod des Thormod, und in keiner Sache bekam Geitir von Helgi sein Recht. Thorkel, Geitirs Sohn, ging nach Norwegen und war, seit er erwachsen, ständig auf Reisen, so daß er wenig zu tun bekam mit den Händeln zwischen seinem Vater und Brodd-Helgi. Die Krankheit der Halla, die jetzt an der Kreuzbucht wohnte, wurde schlimm und gefährlich.


9. Brodd -Helgis Besuch bei Halla

Es heißt, Geitir sei einmal ausgeritten in den Fließtalbezirk , nach Eyvindach, um einen verwandtenbesuch zu machen, und länger als eine Woche fortgeblieben. Als er fort war, schickte Halla zu Brodd-Helgi und ließ ihn bitten, zu ihr zu kommen. Er ritt sogleich nach der Kreuzbucht. Halla hieß ibn willkommen. und er nahm ihren Gruß gut auf. Sie bat, er möge das Übel einmal ansehen, an dem sie litt. Er tat es und sagte, es sehe bedenklich aus. Er drückte an dem Geschwür, und es kam viel Wasser heraus; sie wurde ganz schwach davon. Sie bat ihn, die Nacht da zu bleiben, doch er wollte nicht. Da sagte sie, schwach und bekümmert, wie sie war: ,Länger zu bitten, wäre unnütz. Du glaubst jetzt frei zu sein und alles erledigt zu haben. Aber es wird nicht viele geben. die ein solches Ende mit ihren Frauen machen wie du mit mir.' Brodd-Helgi ritt heim nach Hof, und die Sache gefiel ihm nicht. Halla lebte nicht mehr lange; als Geitir heimkam, war sie tot. Ihm wurde der ganze Hergang berichtet.


10. Von Gudmund dem Mächtigen

Von nun ab wurden Brodd-Helgi und Geitir immer feindseliger gegeneinander gesonnen.



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Eines Sommers geschah es, daß es Brodd-Helgi auf dem Allthing an Streitkräften fehlte. Da bat er Gudmund den Mächtigen um Zuzug. Der sagte aber; er getraue sich nicht, ihm auf jedem Thing Zuzug su leisten und dadurch andere Häuptlinge gegen sich aufzubringen, ohne daß er von ihm etwas vergütet bekäme. Es lief darauf hinaus, daß Gudmund Zu ug versprach und Brodd-Helgi ein halbes Hundert in Silber.' Und als die Gerichte geschlossen wurden, da konnte Brodd -Helgi mit seinen Prozessen zufrieden sein. Er und Gudmund trafen sich bei den Buden, und Gudmund verlangte sein Geld. Brodd-Helgi sagte, er sei ihm nichts schuldig — könne nicht einsehen, warum schnödes Geld zwischen ihre Freundschaft treten solle. Gudmund antwortete: ,Du bist ein schlechter Kerl,' sagte er, kommst nie ohne andere aus, hältst aber deine Versprechungen nicht. Deine Freundschaft ist mir nichts wert. Das Geld habe ich heute zum letztenmal gefordert, aber auch zum letztenmal dir Zuzug geleistet.' Damit trennten sie sich, und mit ihrer Freundschaft war es nun aus.

Als dies Geitir erfuhr, besuchte er Gudmund den Mächtigen in seiner Bude und bot ihm Geld für seine Freundschaft. Gudmund wollte aber sein Geld nicht; es liege ihm wenig daran, sagte er, solchen Leuten Freundesdienste zu leisten, die sich darin gefielen, bei jedem Streit den Kürzeren zu stehen. Man ritt nun heim vom Thinge, und eine Zeitlang war alles ruhig.


11. Von Thorarin und Geitirs Thingleuten

Es kam die Kunde, ein Schiff sei in der Waffenförde vor Anker gegangen, und an Bord sei Thorarin, der Sohn des Egil, der dazumal als der beste und tüchtigste unter den Schiffern und Kaufleuten galt. Brodd-Helgi ritt zum Schiff und lud Thorarin ein, bei ihm zu herbergen mit so viel Leuten, wie er wolle. Jener sagte, das werde er annehmen. Da kehrte Brodd-Helgi heim und meldete zu Hause den Besuch des Steuer 

1 Der kurze Ausdruck besagt wahrscheinlich: ein halbes Hundert (- 60, denn das germanische Großhundert ist gemeint) Silbermünzen von bestimmtem Geaicht. Sine solche münze hieß Eyrir ((Pre). Ihr Wert iii heutigem deutschem Gelde war etwa 4 .so mk., die Kaufkraft des Geldes aber damals rund die zehnfache.



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mannes Thorarin an. Inzwischen ritt Geitir ebenfalls zum Schiff, machte sich an Thorarin heran und Sagte, ob er nach Hof wolle. Er sagte, das sei besprochen, aber noch nicht beschlossen . Geitir meinte, es sei ratsamer für ihn, nach der Kreuzbucht zu gebn; denn bei Helgi zu herbergen sei seinen Leuten noch selten gut bekommen. Sie kamen überein, daß Thorarin in der Kreuzbucht Quartier nähme. Brodd-Helgi erfuhr es, ritt sogleich mit gesattelten Pferden zum Schiff und gedachte Thorarin mit heim zu nehmen. Dieser sagte, es sei nun etwas anderes beschlossen. ,Ich will es offenbar machen,' sagte Brodd-Helgi, ,daß ich dich ohne Hintergedanken eingeladen habe. Auch wenn du dorthin gehst, die Sache soll für mich erledigt sein.' Und am Tage darauf kam Brodd-Helgi wieder und schenkte Thorarin aus Freundschaft fünf Stuten, lauter Falben. Bald danach kam Geitir Thorarin abholen und fragte, ob er die Stuten von Brodd-Helgi habe. Er bejahte es. ,Ich rate dir,' sagte Geitir, ,gib die Pferde zurück!' Er tai es, und Brodd-Helgi nahm sie wieder an.

Thorarin verbrachte den Winter bei Geitir und segelte im Sommer von neuem aus. Als er zurückkam, hatte Geitir seinen Wohnsitz verlegt und wohnte nun in Schöntal. Da nahm Thorarin Herberge in Egilshausen bei seinem Vater

Geitirs Thingleute beratschlagten und meinten, Brodd-Helgis Übermut nicht länger ertragen zu können. Sie kamen zu Geitir; und Thorarin war ihr Sprecher. Er sagte: ,Wie lange soll es so weiter gehn: Sollen Brodd-Helgis Übergriffe allen den Garaus machen Viele Leute 1 verlassen dich und bieten sich dem Brodd-Helgi an. Wir glauben, es ist nur Mangel an Tatkraft; daß du dich vor Brodd-Helgi duckst. Du bist von euch beiden keineswegs der Schwächere und hast nicht weniger tüchtige Kerle um dich als er. Nun lassen wir dir die Wahl: entweder verlege deinen Hof nach der Kreuzbucht zurück und ich nie wieder von da weg und wehre dich gegen Brodd-Helgi, wenn er dir künftig eine Schmach antut; oder wir verkaufen unsere Hofstellen und machen uns fort, die einen aus dem Lande, die andern aus dem Bezirk. 

1 D. h. Thingleute.



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12. Wie Geitir sich über seinen Gegner äußerte

Geitir reitet ins Nordland zur Lauterseescharte und bc- sucht Ofeig, den Sohn der Jarngerd. Dort trifft ihn Gudmund der Mächtige, und sie sitzen den ganzen Tag im Gespräch. Dann trennen sie sich, und Geitir übernachtet am Mückensee auf dem Hofe Ölvirs des Klugen. Der fragt genau nach Brodd-Helgi aber Geitir spricht gut von ibm, sagt, er sei ein großer Häuptling, unnachgiebig und unverträglich, aber doch in manchen Dingen ein braver Kerl. ,Ist er nicht ein großer Gewaltmensch?' fragt Olvir. Geitir versetzt: ,Was Helgis Gewalttätigkeit gegen mich betrifft, so gönnt er mir eben nicht, denselben Himmel über dem Kopf zu haben wie er selber.' .Muß man sich alles von ibm gefallen lassen?' Sagt Olvir. ,Bisher ist es so gewesen,' sagt Geitir. Damit brechen sie das Gespräch ab. Geitir reitet nach Hause, und den Winter über ist alles ruhig.


13. Brodd-Helgis letzter Ritt zum Thing

Im nächsten Frühjahr verlegte Geitir seinen Wohnsitz wieder nach der Kreuzbucht und hatte starke Mannschaft bei sich. Es war ein Hungerjahr. Als das Thing heranrückte, trafen sich Brodd-Helgi und Geitir, und Helgi fragte, mit wie viel Mann er sum Thing reiten würde. ,Wozu soll ich viel Leute sammeln,' erwiderte er, ,wenn ich doch nichts vorhabe Ich werde erst kurz vor dem Thing reiten und mit wenig Leuten.' ,So begegnen wir uns, wenn ich reite,' sagte Helgi, und reiten zusammen, denn ich nehme auch nur ein paar Mann mit.' ,Das mag wohl so kommen,' sagte Geitir.

Bjarni, Brodd-Helgis Sohn, ritt vor Anfang des Thinges mit Helgis Thingleuten ab. Lyting dagegen wartete auf seinen Vater denn er liebte ihn viel mehr. Geitir ließ sich melden, wann Brodd-Helgi aufbräche. Dieser ritt denn auch ab, sobald er fertig war, mit ihm sein Sohn Lyting, Thorgils Skinni — er war Lytings Pflegebruder —, Eyjolf der Fette, der Norweger Roll, Thorgerd die Silberne und Hallbera, ihre und



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Brodd-Helgis Tochter. Da machte sich Geitir auch auf. Mit ihm waren die Egilssöhne, Thorarin, Hallbjörn, Thröst, Tjörvi der Große und sieben andere Männer.

Einige erzählen, Brodd-Helgi habe eine zukunftskundige Amme gehabt. Diese pflegte er vor jedem Aufbruch aufzusuchen, und auch diesmal. Als er zu ihr kam, saß sie mit den Händen vor dem Gesicht und weinte. Helgi fragte, worüber sie weine und warum sie so traurig sei. Sie weine über ihre Träume, jagte sie. Und er fragte, was sie geträumt habe. ,Mich träumte,' erzählte sie, ,wie hier zu Hof ein Stier aufstand, von blasser Farbe, groß und stattlich. Er trug die Hörner hoch und ging hinaus auf den Sand bei der Einmündung der Sonnentalache. Und dann sah von weither aus dem Bezirk Rinder kommen, große, aber nicht viele, und ihnen voran schritt ein rotgefleckier Stier, kein besonders großes oder schönes Tier, aber ein sehr starkes. Diese Herde ging auf unsern Stier — den großen — los und stieß ihn mit den Hörnern zu Tode. Da stand hier zu Hof ein roter Stier auf, mit Hörnern, die wie Knochen aussahen, das stattlichste Tier von der Welt. Der stieß den rotgefleckten zu Tode. Nun kam aus der Kreusbucht ein Bullenkalb, von einer Farbe wie die Seekühe. Das rannte brüllend durch den ganzen Bezirk und über die Heiden und suchte überall nach dem roten Stier. Da erwachte ich.' Brodd-Helgi sagte: ,Jedenfalls meinst du, der blasse Stier gehört mir und der rotgefleckte dem Geitir, und er wird mich töten.' ,Gewiß meine ich das,' versetzte sie. ,Und jedenfalls,' fuhr er fort, ,soll der rote Stier Lyting sein, der mich also rächen wird.' ,Nein,' sagte sie, ,Bj arni wird dich rächen.' Dann weißt du es nicht richtig,' rief er und eilte zornig hinaus. (Hier folgt eine Lücke. Auf dem verlorenen Blatt war erzählt, wie Brodd-Helgi unterwegs von Geitir und seinen Begleitern erschlagen wird. Durch Vermittlung Gudmunds des Mächtigen kommt es zu einem vergleich. Bjarni erhält eine ansehnliche Bußsumme; Geitirs Mitschuldige werden auf drei Jahre des Landes verwiesen; Tjörvi soll nach Ablauf einer Frist auf immer den Bezirk räumen. Diese Einzelheiten sind auf der Vorderseite des anschließenden Pergamentblaues zu



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entziffern. Hier wird weiter, mit vielen kleinen Lücken, erzählt: :

Als Tjörvi im Begriff war, mit seiner Habe aufzubrechen, wurde das dem Bjarni gemeldet, und dieser nahm alsbald Schild und Speer und warf sich auf das Pferd des Hirten, Tjörvi sah ihn heranreiten und wollte sich !ns Haus retten. Aber Bjarni holte ihn am Hofzaun ein und trieb ihm den Speer durch den Leib. Als er heimkam und das Geschehene seiner Stiefmutter berichtete, sagte sie: ,Das ist besser als nichts,' Geitir ließ die Leiche beerdigen.

Es schien, als wären die Parteien endgültig versöhnt. Man traf sich und lud sich zu Gaste. Bjarni nahm eine Frau, Rannveig .

Als er einmal an der Kreuzbucht zu Gast war, schliefen Geitir und erin einem Bett. Da sah Geitir in einem Loche der gegenüber liegenden Wand ein blutrotes Tuch. Bjarni meinte, es komme vom Biertrinken oder es sei ein Feuerschein. ,Kann sein,' sagte Geitir.


14. Bjarnis vaterrache

Alljährlich im März hatten die Leute im Bezirk eine Zusammenkunft . Da kamen immer viele zu Geitir und Sagten ihn in ihren Angelegenheiten um Rat. Eines Tages, als Bjarni zu dieser versammlung reiten wollte, fragte er Thorgerd, ob sie nicht eine Decke für ihn habe, denn es herrschte starkes Schneetreiben. Sie reichte ihm ein zusammengerolltes Tuch. Er wickelte es auf, da triefte es von Blut. Mit einem zornigen Schlag nach ihr rief er ihr ein Scheltwort zu und wollte hinausgehn. ,Mir ist kein geringeres Leid angetan als dir,' rief Thorgerd. Er achtete nicht darauf und ritt davon. Er trug aber eine kleine Art in der Hand. Als er ankam, waren schon viele versammelt, und Gettir saß auf der aunt-ür.)

Bjarni erwiderte den Gruß der Leute ziemlich einsilbig. ,Du kommst mir so vor,' sagte Geitir, ,als hättest du von Hause eine verstimmung gegen uns mitgebracht. 1 Das sehen wir 

1 noch hier ist nicht alles leserlich. Geitirs Rede war länger.



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nicht gern.' Bjarni war jedoch fortgesetzt wortkarg. In seiner Begleitung befand sich Kolsinn, der Bruder der Thorgerd. Der tat zu böser Stunde den Mund auf und sagte, indem er zum Himmel aufsah: ,Das Wetter ist jetzt so unbeständig, wir bekommen wohl Sturm und starken Frost, aber den Augenblick scheint es zu tauen.' ,Es muß wohl ewig tauen, wenn dieser Schnee zu Wasser wird,' sagte Bjarni und stand auf; der Fuß ist mir eingeschlafen,' sagte er. ,Dann bleib ruhig liegen,' sagte Geitir. Da schlug Bjarni mit der Art Geitir auf den Kopf und der Hieb war tödlich. Raum hatte er zugeschlagen, so bereute er es, legte Geitirs Kopf auf seinen Schoß, und so starb Geitir. Er wurde dann begraben. Die Leute gingen auseinander, ohne daß jemand von Ausgleich geredet hatte. Die Tat wurde allgemein gemißbilligt und hieß das Gegenteil von Manneswerk. Als Bjarni heim kam, jagte er Thorgerd die Silberne aus dem Hause und sagte, sie solle ihm nie wieder unter die Augen kommen.

Thorkel, Geitirs Sohn, war nicht in Island, als sein Vater siel. Den Hof an der Kreuzbucht verwaltete Bläng mit Unterstützung der Egilssöhne, die Thorkels Schwäger geworden waren.

Im Frühling ließen die Bauern das Thing ausfallen; es schien hoffnungslos, zwischen so schwer Verfeindeten vermitteln zu wollen.

Es wird erzählt, daß Bjarni einen Mann namens Birning als Späher anstellte: sobald es nach Fehde aussah, sollte er ihn benachrichtigen, daß er sich rechtzeitig rüsten könnte. Auf Sirekshof wohnte ein gewisser Thorvard. Er war beliebt und galt für den besten Arzt dort im Bezirk.


15. Wie Thorkel dem Bjarni nachstellte

Nun kam Thorkel, Geitirs Sohn, aus dem Auslande zurück, ritt sogleich nach seinem Hof an der Kreuzbucht und verhielt sich so, als hätte er für nichts aufzukommen. Da schickte Bjarni Leute zu ihm, die Freunde beider Parteien waren, um ihm ehrenvolle versöhnung und Selbsturteil an



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anbieten. Als sie aber ihr Anliegen vorbrachten, tat Thorkel, als hörte er nicht, und ließ sich von dem vorher geführten Gespräch nicht abbringen. Da kehrten die Abgesandten zurück und erzählten Bjarni, wie es stand. Man sah es so an, daß Thorkel wohl auf Rache sänne.

Bjarni pflegte jeden Herbst auf die Bergweide hinaufzugehn, wie schon sein Vater getan hatte. Niemand wagte es, da oben jemandem Böses zuzufügen. Nun bemerkte Thorvard der Arzt, daß Thorkel sich zur Bergfahrt rüstete und Leute auswählte zu seiner Begleitung, und er ließ es Bjarni wissen, Da blieb dieser zu Hause und schickte andere statt seiner. So ging man nun also auf die Bergweide. Das Zusammentreffen mit Bjarni wurde nicht so, wie Thorkel es sich gedacht hatte, und sie saßen den Winter hindurch ruhig zu Hause.

Demnächst ist zu berichten, daß Thorkel einen Mann nach Egilshausen zu Thorarin schickte. Der Bote hieß Roll. Sein Auftrag war, in Erfahrung zu bringen, wie starke Mannschaft in Hof versammelt war. Als er nach Egilshausen kam, traf er Thorarin draußen und erzählte ihm seinen Auftrag. Thorarin sagte: ,Rechne nicht auf freundlichen Empfang dort. Reite lieber schleunigst heim, daß jene nichts merken. Ich will schon herausbekommen, was Thorkel zu wissen wünscht', und versprach ibm Nachricht zu schicken. Also machte Roll sich auf den Heimweg. Es war aber spät geworden.

Nun traf es sich, daß am selben Abend in der Nachbarschaft von Sirekshof ein Mann sich das Bein brach und man nach Thorvard dem Arzt schickte. Der kam und verband den Fuss-man lud ihn zum Bleiben ein, er wollte aber lieber in der Nacht heimreiten. und da begegnete er unterwegs dem Roll. Sie begrüßten einander und Sagten, was es Neues gäbe. Thorvard Sagte, woher Roll komme, und dieser dagegen, was ihn des Nachts im Sattel sitzen lasse. Thorward erwiderte, darauf komme es nicht an: ,erzähle mir lieber von deinem Geschäft, Roll" ,Ich bin ausgeritten, um Schafe zu suchen, habe aber nicht gefunden,' entgegnete er. Sie trennten sich, und Roll kam in der Nacht heim, ebenso Thorvard.

Gleich am Morgen stieg er wieder zu Pferde und ritt hinauf



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nach Hof. Dort ward er gut aufgenommen und nach Neuigkeiten gesagt. Er erzählte, ein Mann habe sich das Bein gebrochen . Dann nahm er Bjarni beiseite und berichtete ihm, er sei Roll begegnet, der jedenfalls aus Egilshausen gekommen wäre, und wisse sicher, daß Kall ihm über sein vorhaben kein wahres Wort gesagt habe. ,Ich sehe,' sagte Bjarni, ,dir liegt daran, daß nichts draußen im Bezirk vorgeht, was ich nicht weiß. Habe Dank dafür: Reite nun beim und kehre in dem Hofe Zur Faskrudshöhe ein, mitten im Bezirk. Da triffst du Leute des Thorkel, und wirst du gefragt, wie viele unser sind, so erzähle, heute morgen seien einige von unsern Leuten angekommen und Pferde von der Weide geholt worden, nicht ganz wenige, aber du wüßtest nicht wozu.' Thorvard machte sich auf und kam zur Höhe. Er wurde gefragt, wie starke Mannschaft in Hof wäre, antwortete, wie ihm geheißen war, und ritt dann heim. Kaum war er fort, so kam Botschaft nach Egilshausen, in Hof wäre eine starke Besatzung. Daraufhin ließ Thorarin dem Thorkel, Geitirs Sohn, sagen, unter diesen Umständen sei in Hof nichts zu machen. So verging der Winter.

Im Frühling hatte Bjarni einen Ritt an den Strand zu machen, und er mußte den oberen Weg wählen, über die Bergheide, weil unten an den Buchten das Wasser zu hoch stand. Auf der Heide waren Sennhütten. Bjarni ritt gerade mit seinen beiden Begleitern an einer Sennhütte vorbei, da sah er vor sich Thorkel, Geitirs Sohn, mit acht Mann; der hatte von seiner Reise Wind bekommen. Vor der Sennhütte stand ein großer dreibeiniger Holzbock. Wir wollen den Bock nehmen,' sagte Bjarni, ,ihn in meinen Mantel stecken und in meinen Sattel setzen. Nehmt ihn dann in die Mitte, stützt ihn, daß er nicht hintenüber fällt, und reitet auf den ersten Hügel hinter uns. Ich will in die Sennhütte gehn. Wenn sie dann euch nachreiten und über die Hütte hinaus sind, gehe ich in den Wald und bringe mich in Sicherheit. Kommen sie aber in die Hütte, so wehre ich mich, soweit Mut und Kräfte reichen.' Sie taten, wie er sagte.

Thorkel hatte nicht besonders scharfe Augen, aber er war klug und umsichtig, und als die Entfernung zwischen ihnen geringer wurde, da Sagte er, ob sie deutlich sähen, daß es drei Männer



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wären, die da von der Sennhütte rückwärts ritten; ,denn das wäre ein Ausweg,' sagte er, ,in die Hütte hineinzugehn und dann, wenn wir vorbei sind, in den Wald.' Sie sagten aber, sie sähen deutlich drei Reiter. ,Ich sehe nur, daß es drei Pferde sind,' sagte Thorkel, ,aber ich bin nicht sicher, ob auch auf jedem ein Mann sitzt.' ,Sicher sitzt auf jedem ein Mann,' war die Antwort, ,man sieht ja deutlich, daß der in der Mitte der größte ist.' ,verlassen wir uns also auf eure Augen,' sagte Thorkel, ,aber verkehrt scheint es mir doch, daß wir die Sennhütte nicht untersucht haben.' So setzten sie die Verfolgung fort. Als sie nahe heran waren, da ließen Bjarnis Begleiter den Holzbock fallen und ritten dann davon. Bjarni selbst aber entkam in den Wald. Thorkel kehrte um und kam nach Hause, übel zufrieden mit der Sache. Sobald Bjarnis Begleitern die Luft rein zu sein schien, suchten sie ihren Herrn auf und ritten zusammen weiter — und für diesmal wurde die Entfernung zwischen Bjarni und Thorkel noch wieder größer.


16. Von den Söhnen der Droplaug

Bald darauf schickte Thorkel, Geitirs Sohn, Boten in den Fließtalbezirk zu seinen Verwandten Helgi und Grim, den Söhnen der Droplaug: sie sollten nach der Kreuzbucht kommen. Sie brachen gleich mit Thorkels Leuten auf, wurden in der Kreuzbucht freundlich empfangen, und Helgi fragte, um was für ein Unternehmen es sich handle, das man nach ihnen geschickt habe. ,vor kurzem tat ich einen Ritt,' sagte Thorkel, ,mit dem ich übel zufrieden bin. Ich gab deutlich zu erkennen, daß ich es auf Bjarnis Leben abgesehen hatte, und kam unverrichteter Sache heim. Jetzt will ich ohne Verzug nach Hof und Bjarni angreifen, und zwar mit Feuer, wenn es ung mit den Waffen nicht glückt.' Helgi gab seine Zustimmung zu diesem Plan, und sie schliefen nun erst die Nacht hindurch. Thorkel hatte eine schwache Gesundheit und wurde oft plötzlich krank.

Bei Tagesgrauen erwachte Helgi und kleidete sich an. Er ging su Thorkels Bettverschlag und sagte: ,Es ist Zeit aufzustehn, wenn du noch desselben Sinnes bist wie gestern, denn im



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Schlafe hat noch niemand gesiegt.' Thorkel erwiderte: ,Heute werde ich nicht viel ausrichten können; ich bin wieder einmal krank.' Da erbot sich Helgi, sie wollten allein reiten und alles so ausführen, wie es geplant war. Aber Thorkel erwiderte: Es ist meine Sache, nicht die anderer Leute, bei diesem Unternehmen Anführer zu sein.' Da wurde Helgi kur; angebunden und sagte: ,Du brauchst künftig nicht mehr nach mir zu schicken, wenn du dich jetzt drückst, wo ich gekommen bin, dir zu helfen, und auch nicht willst, daß andere für dich einspringen.' Und sie trennten sich in verstimmung. Die Brüder ritten heim, und es war eine Zeitlang ruhig. So kamen auch diesmal Thorkel und Bjarni nicht an einander.


17. Von dem Kampf im Bödvarstal

Im nächsten Frühjahr ritten die Häuptlinge zum Thing in den Fließtalbezirk, Bjarni, Brodd-Helgis Sohn, und Thorkel, Geitirs Sohn. In Thorkels Gefolge waren Bläng und die Egilssöbne, Thorarin, Hallbjörn und Thröst, und Eyjolf von Weitfelden. Sie waren zusammen ihrer fünfzehn. Sie kamen nach Eyvindach und ließen sich dort von Groa bewirten. In Bjarnis Begleitung waren Thorvard der Arzt von Sirekshof , Bruni von Thorbrandshausen, Eilif, Tjörvis Sohn, von Torfihausen, die Brüder Berg und Brand von Buihausen, Bjarnis Ziehbruder Skidi und Hauk Lapis Sohn, im ganzen achtzehn. Sie kamen zum Schmalen Kap und wurden von Helgi und Thordis, Bjarnis Schwager und Schwester, gut aufgenommen. Als das Thing aus war, wurde Thorkel eher reisefertig, und das war Bjarni ganz recht. Er erhielt beim Abschied von seiner Schwester Thordis Zotte ein wertvolles Halshand. Sie verbat sich ein Gegengeschenk und legte es ihm selber an, so daß es fest um den Hals saß.

Thorkel wanderte mit seinem Gefolge über die Heide und kam spät abends hinab ins Bödvarstal. Dort nahmen sie Herberge bei einem Bauer namens Kari, der war ein Thingmann Thorkels . Als sie schlafen gingen, trug Thorkel dem Kari auf, er sollte Wache halten und, wenn Leute von den Bergen herabkamen , ihn sofort wecken.



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Bjarni kam langsam über die Heide und war es wohl zufrieden daß Thorkel eine Spur hinterlassen hatte, denn die Gegend war unwegsam, Er übernachtete bei einer Bäuerin namens Freygerd. Dann gingen sie weiter über die Heide und kamen frühmorgens hinab ins Bödvarstal bei Karis Gehöft, und als sie sahen, daß Thorkels Spuren zum Gehöft führten, da bestimmte Bjarni, es sollten immer drei Mann im Glied gehn, erst drei, dahinter wieder drei, dann die dritten drei und so weiter; .dann sieht es aus wie die Spur von drei Männern,' sagte er; und sie taten es. Kari stand draußen, als sie vorbeikamen, meldete aber nichts; der Streit zwischen den verwandten kam ihm schlimm vor, und er wollte nichts damit zu tun bekommen.

Thorkel erwachte in seinem Beit und weckte die Gefährten; sie hätten jetzt genug geschlafen, sagte er. Sie waffneten sich und gingen hinaus. Thorkel hieß seine Leute auf der Spur rückwärts gehn und nachsehen, ob von der ihrigen eine Spur seitwärts abführte, und sie bemerkten die Drei männer spur. Er kam selbst an die Stelle und sagte: ,Das sind schwere Leute gewesen. Hier werden wohl Bjarni und die Seinen gegangen sein. Gehn wir schnell ihnen nach l Als sie eine Strecke marschiert waren, sahen sie die Spuren auseinander gehn. Da beschleunigten sie ihre Schritte, so sehr sie konnten, bis sie gegen den Ausgang des Tales kamen. Da steht ein kleines Gehöft; Eyvind hausen; der Bauer hieß Eyvind.

Dicht vor dem Gehöft hatten Bjarni und seine Leute sich gelagert . Bjarni sagte: ,Jetzt will ich nicht länger Reißaus nehmen vor Thorkel. Wir wollen hier abwarten, was geschieht.' Und im selben Augenblick sahen sie Thorkels Trupp.

Im Näherkommen sagte Thorkel zu seinen Leuten: ,Gehn wir nun wacker drauf los! Ich nehme mir meinen Vetter Bjarni aufs Korn, Bläng den Birning, Thröst den Thorvard; und so fort, so weit es reicht! Nun ging das Gefecht los. Bjarni und seine Leute wehrten tapfer, und jene griffen stürmisch an. Aber eine Zeitlang ging es ohne Wunden ab. Da rief Thorkel: Wie Memmen greifen wir an, daß nichts Sagawürdiges geschehen will!' Bjarni rief dagegen: ,Mut genug hast du"



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Aus dem Gehöft kam eine Frau, die sah, wie die Männer kämpften, kehrte eilends um und sagte: ,Eyvind, ich glaube, hier dicht beim Hofe schlagen sich die Vettern Thorkel und Bjarni, und ich habe einen Mann dicht beim Zaune liegen sehen, der hatte wohl große Angst.' Eyvind sagte: ,Machen wir schnell, nehmen wir Tücher mit und werfen sie auf die Waffen!' Er selbst griff nach einem Deckenbalken und nahm ihn über die Schulter. Er kam zum Zaun, an dem der Mann lag; es war Thorvard. Der sprang erschrocken auf. Er hatte sich aus Müdigkeit hingelegt. Und sobald er hinzukam, siel einer nach dem andern. Zuerst Birning vor Bläng. Dann schlug Thorkel dem Bjarni einen Hieb an den Hals, daß es laut klirrte. Bjarni bekam eine Streifwunde, und das Halsband siel in den Schnee. Da bückte sich Bjarni danach und steckte es unter sein Hemd. Thorkel sagte: ,Noch immer silbergierig , Vetter!' Darauf Bjarni: ,Du richtest es heute so ein, daß man sein Silber zusammenhalten muß!" Nun setzte sich Thorkel vor Müdigkeit nieder. Inzwischen ging Bläng hitzig auf Bjarni los; ihr Zusammenstoß endete so, daß Bläng fiel. Da stand Thorkel auf und griff Bjarni so schneidig an, daß dieser am Arm verwundet wurde und kampfunfähig. Beide Söhne des Glira-Halli fielen dort. Eilif fiel vor Hallbjörn, doch war er nicht tot, nur schwer verwundet.

Da kam Eyvind heran und ging so kräftig mit dem Decken pfosten zwischen die Kämpfer, daß sie auf beiden Seiten zurückwichen. Mit ihm kamen Frauen, die warfen Tücher auf die Waffen. So kam das Gefecht zum Stillstand. Auf Bjarnis Seite waren vier gefallen und viele von den Überlebenden verwundet . vier Mann verlor auch Thorkel. Eyvind fragte, ob Thorkel erlaube, Bjarni und seine Leute ins Gehöft zu führen; er sehe, sagte er, daß Thorkel wohl für sich und die Seinen selbst werde sorgen wollen. Und Thorkel erhob keinen Einspruch . Darauf wurden die Leichen der Gefallenen besorgt, und dann zogen beide Parteien ab, Thorkel und die Seinen nach der Kreuzbucht, während Bjarni und die Seinen von Eyvind die Waffenförde hinauf und weiter nach Hof begleitet 

1 Nämlich um später die vielen Wergelder bezahlen zu können.



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wurden. Thorvard der Arzt kam mit nach Hof und verband die Wunden. Eilif Tjörvis Sohn, lag lange an seinen Wunden danieder, wurde aber schließlich doch gesund. Bjarni besuchte sogleich den Glira-Halli, berichtete ihm den Tod seiner Söhne, bot ihm an, bei ihm zu wohnen, und versprach, er werde ihm die Söhne ersetzen. Halli erwiderte: ,Sehr schade ist's um meine Söhne. Aber ich will sie lieber verlieren, als daß sie als Feiglinge heimkamen, wie einige deiner Begleiter, Meinem Anwesen kann ich schon noch vorstehn und werde nicht nach Hof ziehen. Habe du aber Dank für dein Angebot!'


18. Die Versöhnung

Eines Tages sagte Bjarni zu Thorvard dem Arzt: ,Jetzt sind unsere Wunden so weit geheilt, daß wir fortan allein uns helfen können, dank deinem Beistand. Wie ich aber weiß, ist auch Thorkel, Geitirs Sohn, verwundet, und ihn heilt niemand; er kommt ganz von Kräften. So möchte ich denn, daß du hingehst und ihn behandelst" Thorvard versprach, seinen Wunsch zu erfüllen.

Es war gegen Mittag, als er in der Kreuzbucht ankam. Dari saß man beim Brettspiel. Thorkel lag auf den Arm gestutzt und blickte auf das Brett. Er sah sehr bleich aus. Niemand begrüßte Thorvard bei seinem Eintritt. Er ging ohne weiteres auf Thorkel zu und sagte: ,Ich möchte einen Blick auf deine Wunde werfen. Es soll schlecht damit stehn.' Und Thorkel ließ ihn gewähren . Er blieb eine Woche dort, und mit jedem Tage ging es dem Hausherrn besser. Dann ritt Thorvard fort aus der Kreuzbucht und Thorkel belohnte ihn reich, schenkte ihm ein Pferd und einen silbernen Ring und sprach dazu freundliche Worte. Thorvard kam nach Hof, erzählte Bjarni, wie es stand, und der fand, es sei der richtige Ausgang der Sache, daß Thorkel gesund würde. Diesen Sommer wurde in der Kreuzbucht nicht viel aus der Ernte; denn Thorkel war noch nicht so weit, daß er in der Wirtschaft neben seiner Frau Jorun ordentlich zugreifen konnte. So sahen die Dinge übel aus. Es schien, als müßte man vieh schlachten. 1 Nun hatte ein Knecht Thorkels im Bezirk zu tun 

1 Aus mangel an Winter futter.



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und kehrte in Hof ein, wo man ihn gut aufnahm. Bjarni Sagte ihn, wie es in der Kreusbucht stehe, um die Gesundheit und um die Wirtschaft. Der Knecht sagte, die Gesundheit mache gute Fortschritte, aber in der Wirtschaft gehe es schlecht. Als er am nächsten Morgen aufbrach, begleitete Bjarni ihn hinaus und sagte: ,Bitte Thorkel, zu wählen: entweder schaffe er Menschen und Vieh hierher, oder ich werde Fleisch und Viehfutter dorthin schaffen, so daß an Verluste nicht mehr gedacht zu werden braucht. Und mach deine Sache gut"

Der Knecht machte sich auf und kam gerade heim, als die Leute sich an die Tische gesetzt hatten und Jorun das Essen auftrug. Er trat vor Thorkel, grüßte und berichtete alles, was Bjarni gesagt hatte. Jorun blieb mitten im Zimmer stehn und horchte auf seine Worte. Aber Thorkel antwortete nichts. Da ergriff Jorun das Wort: ,Warum schweigst du zu einem so wackern Anerbieten" Thorkel antwortete: ,Ich will zu dieser Sache nicht so schnell mich äußern. Den Meisten wird die Einladung unerwartet kommen.' Jorun sagte: ,Ich bin dafür, daß wir morgen nach Hof ziehen zu Bjarni. Ein solches Anerbieten von einem Manne, wie er ist, scheint mir höchst ehrenvoll.' ,Du sollst entscheiden,' sagte Thorkel, ,denn ich habe oft die Erfahrung gemacht, daß du klug bist und das Beste willst.'

Am nächsten Morgen brach Thorkels Schar, zwölf Köpfe stark; von Hause auf. Als man sie von Hof aus kommen sah, wurde es Bjarni gemeldet. Der freute sich über die Nachricht, ging hinaus, ihnen entgegen, begrüßte Thorkel und die Seinen freundlich und lud sie ein, bei ihm zu wohnen. Und als die Vettern ins Gespräch kamen, da verhandelten sie über ihre Zwistigkeiten freundschaftlich und offen. Da bot Bjarni, Brodd-Helgis Sohn, dem Thorkel, Geitirs Sohn, Versöhnung und Selbsturteil und erklärte, er wolle ihm gerne fortan in allen Dingen zu Willen sein, solange sie beide lebten. Dieses Anerbieten nahm Thorkel an, und sie versöhnten sich nun vollständig . Als Buße für Geitirs Fall bestimmte Thorkel ein Hundert in Silber. So schlossen sie Frieden und hielten ihn



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19. Schluß

Bjarni war ein kräftiger Mann. Durch Klugheit haben sich die Leute von Hof nicht ausgezeichnet, und doch ist ihnen das Meiste wohl geraten.

Thorkel war ein großer Häuptling, sehr tatkräftig und vor Gericht sehr findig. In seinem Alter verarmte er, und alg er seine Wirtschaft aufgab, lud Bjarni ihn zum zweitenmal nach Hof, und dort verbrachte er seine letzten Jahre.

Thorkels Nachkommen sind zu hohen Ehren gelangt. Seine Tochter Ragnheid heiratete Capt, Thorarins Sohn, und die beiden hatten neun Kinder. Unter diesen war Ragna, die Frau des Steinar Mutter der Halla und Großmutter des Bischofs Thorlak des Heiligen. Eine Schwester des heiligen Thorlak war Ragnheid, die Mutter des Bischofs Pal, des Orm Jonston und des Priesters Jon Arnthorsson.

Damit schließen wir die Geschichte von den Männern an der Wassenförde.



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Die Erzählung von Thorstein Stangenhieb



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1. Der Stangenhieb

Im Sonnental wohnte Thorarin, ein alter Mann mit schwachen Augen. Er war Wiking gewesen in seiner Jugend und war auch im Alter noch unumgänglich genug. Einen Sohn hatte er namens Thorstein. Der war groß, kräftig und von ruhigem Wesen und arbeitete in der Wirtschaft des Vaters für drei. Thorarin war ziemlich arm, doch besaß er viele Waffen. Auch hielten Vater und Sohn ein Gestüt, und ihr Hauptverdienst bestand darin, daß sie Pferde verkauften, lauter gute Reit- und Kampftiere. 1

Bjarm von Hof hatte einen Knecht namens Thord; der besorgte seine Reitpferde und hieß darum der Pferde-Thord. Er war ein übermütiger Mensch und ließ manchen es fühlen, daß er eines mächtigen Mannes Knecht war —ohne daß erselbst dadurch mehr wert oder beliebter wurde.

Bei Bjarni lebten noch zwei andere, Thorhall und Thorvard; die waren die größten Neuigkeitenjäger im ganzen Bezirk. — Thorstein und Thord verabredeten einen Pferdekampf mit jungen Hengsten. Und als das Hetzen losging, da wollte Thords Hengst nicht ordentlich beißen. Thord mochte nicht dulden, daß sein Hengst im Nachteil war, und gab dem des Thorstein einen starken Schlag auf die Nüstern. Thorstein sah es und schlug zum Entgelt noch stärker auf das Pferd des Thord, so daß dieses Reißaus nahm, unter lautem Beifall der Zuschauer. Da schlug Thord mit dem Pferdeholz auf Thorstein los. Es traf die Braue und quetschte sie, daß das Auge verdeckt war. Thorstein riß einen Lappen von seinem Hemd, band die Braue in die Höhe, tat, als wäre nichts geschehen, und hat die Leute, seinem Vater es zu verschweigen.

Für Thorvard und Thorhall war dies ein gefundenes Fressen. Sie gaben Thorstein den Beinamen Stangenhieb.


2. Die Rache

An einem Wintermorgen kurs vor dem Julfest brachen im Sonnental die Mägde zur Arbeit auf. Da erhob sich auch 

1 Dies bezieht sich auf die beliebte Belustigung der Pferdekämpfe. Jede Partei



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Thorstein und half Heu hereinschaffen. Dann streckte er sich hin auf eine Bank. Der alte Thorarin, sein Vater kam herein und fragte, wer da läge. Thorstein sagte, er sei es. ,Warum so früh auf den Beinen, mein Sohn?' fragte der Alte. Thorstein erwiderte: ,Es ist so viel zu tun, daß es nicht leicht zu viele Hände werden.' ,Du hast wohl Kopfschmerzen, mein Sohns?' fragte Thorarin. ,Nicht daß ich wüßte,' versetzte Thorstein. Was hast du mir zu erzählen, Sohn, von dem Pferdething im letzten Sommer: Wurdest du da nicht halb ohnmächtig geschlagen wie ein Hund?' ,Es bringt keine Ehre,' sagte Thorstein, ,wenn du das Schläge nennst statt einen Unfall.' Darauf Thorarin: ,Das hätte ich nicht gedacht daß ich einen Feigling zum Sohn habe!' Thorstein: ,Sage lieber nichts, Vater was dich später gereuen könnte!' Thorarin: ,Wie mir zumute ist; ist bald gesagt"

Da stand Thorstein auf, nahm seine Waffen und ging aus dem Hause. Er ging bis zu dem Pferdestall, in dem Thord Bjarnis Pferde stehen hatte. Thord war gerade darin. Er trat zu ihm und sagte: ,Ich möchte wissen, lieber Thord, ob es aus versehen geschehen ist, als ich letzten Sommer auf dem Pferde- thing von dir einen Hieb bekam, oder mit Absicht. In diesem Fall wirst du bereit sein, mir Entschädigung zu geben.' Thord antwortete: ,Du hast ja wohl zwei Wangen: stecke deine Zunge erst in die eine und dann in die andere und nenne es auf der einen Seite ein versehen, auf der andern Ernst. Das magst du als deine Entschädigung betrachten.' ,Richte dich darauf ein,' sagte Thorstein, ,daß dies meine letzte Forderung an dich war,' sprang auf ihn zu und versetzte ihm den Todesstreich. Dann wandte er sich um Wohnhause in Hof, traf draußen eine Frau und sagte zu ihr: ,Melde Bjarm, ein Rind hat seinen Pferdejungen gestoßen, und er erwartet ihn im Stalle! Die Frau erwiderte: ,Geh nur nach Hause, Mann: Ich melde es, sobald es mir gut dünkt.' Thorstein ging heim und die Magd an ihre Arbeit.

Am selben Morgen stand Bjarni auf, und als er am Tische stellte einen Hengst, und die beiden Tiere wurden mit Stangen gegen ein- ander getrieben.



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sap, Sagte er, wo Thord wäre. Die Leute antworteten, er werde zu den Pferden gegangen sein. ,Er wäre aber doch wohl jetzt nach Hause gekommen, wenn er gesund wäre,' sagte Bjarm. Da ergriff die Frau das Wort, die Thorstein begegnet war: Es ist doch wahr, was man uns Frauen so oft nachsagt, daß bei uns nicht viel verstand ist. Heute früh war Thorstein Stangenhieb hier und sagte, ein Rind habe Thord gestoßen, so daß er sich nicht selbst helfen könne. Ich wagte nicht, dich zu wecken, und später hab ich's vergessen.' Bjarni stand auf, ging zum Pferdestall und fand Thord erschlagen. Die Leiche wurde darauf beerdigt.

Bjarni erhob die Klage und erreichte, daß Thorstein wegen des Totschlags geächtet wurde. Thorstein aber war zu Hause im Sonnental und arbeitete für seinen Vater Trotzdem verhielt Bjarni äch ruhig. 1


3. Thorhall und Thorvard

Im Herbste saßen eines Tages zu Hof die Leute an den Röstfeuern, und Bjarni lag draußen auf dem Küchendach 2 und lauschte auf das Gespräch. Da ergriffen die Brüder Thorhall und Thorvard das Wort: ,Als wir uns beim Totschlag Bjarni in Kost gaben, dachten wir nicht, daß wir hier Lämmerköpfe rösten würden, während Thorstein, sein Waldmann, 3 sich Hammelköpfe rostet. Es wäre besser, er hätte im Bödvarsial 4 seine verwandten etwas mehr geschont und jetzt nicht einen Waldmann im Sonnental sitzen ebenso hoch wie er. Ein nichtiger Hieb hilft gegen die meisten. Wer weiß, wann er diesen Fleck von seiner Ehre wäscht" Einer entgegnete: ,Das da sollte man lieber nicht aussprechen In euren Zungen sitzen Trolle! Wir meinen, Bjarni scheut sich, seinem blinden Vater und dem andern schutzbedürftigen Volk im Sonnental den ver 

1 Das Gericht sprach nur das Urteil aus, die vollstreckung lag dem Kläger ob. So war mit erfolgreicher Klage oft nur der Form genügt. Die öffentliche meinung verlangte weiteres und ergriff Partei für den verurteilten, wenn es ausblieb. vergleiche die Geschäfte vom Freyspriester Hrafnkel. Bjarni lag auf demselben Hause, in dem die Feuer brannten, der Küche. d .h. der auf sem Betreiben Geächtete, dem ,Waldgang' verfallene. 4 Siehe die Geschichte von den Leuten an der Waffenförde Kap. .



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sorgeN zu nehmen. Aber wundern Sollte es mich, wenn ihr noch oft hier Lämmerköpfe rostet und die Taten vom Bödvarstal rühmt!' Man ging zu Tisch und dann in die Betten, und war Bjarni nicht anzumerken, was für Reden er hatte hören müssen.

Am Morgen weckte er Thorhall und Thorvard und sagte ihnen, sollten nach dem Sonnental reiten und ihm Thorsteins Kopf, vom Rumpf getrennt, zum Frühstück bringen. ,Ihr seid die Nächsten dazu,' sagte er, ,den Fleck von meiner Ehre abzuwaschen wenn ich selbst nicht genug Mut dazu habe.' Da schien es ihnen doch, daß sie zu viel gesagt hätten. Sie machten sich aber auf den Weg und kamen ins Sonnental. Thorstein stand vor der Tür und wetzte sein Messer. Als sie ankamen, fragte er, wohin des Weges, und sie erklärten, auf die Pferdesuche geschickt zu sein. Thorstein sagte: ,Da braucht ihr nicht weit zu gebn; hier weiden welche an der Hofmauer.' ,Es ist nicht sicher, daß wir sie finden, wenn du uns nicht genau Bescheid zeigst.' Thorstein trat zu ihnen hinaus, und als sie in den Hof hinabkamen . erhob Thorvard seine Art und sprang auf ibn zu, aber Thorstein reckte ihm die Faust entgegen, daß er hinfiel. Thorstein stieß ihm das Messer durch die Brust. Da wollte Thorhall ibm zu Leibe. und er mußte desselben Weges gehn wie sein Bruder.

Thorstein band beide auf ihre Pferde, legte die Zügel den Pferden über die Hälse und trieb sie an: sie gingen heim nach Hof. Einige Knechte, die draußen waren, gingen hinein und meldeten Bjarni, Thorvard und der andere seien heimgekommen, und zwar nicht ergebnislos. Bjarni kam heraus und sah, wie es stand. Er redete nicht weiter darüber und ließ die beiden begraben.


4. Der Zweikampf

Alles war ruhig bis nach dem Julfest. Da ergriff eines Abends Rannveig, als Bjarni und sie zu Bett gingen, das Wort: ,Was meinst du?' sagte sie, ,worüber spricht man jetzt am meisten im Bezirk?' ,Ich weiß nicht,' anwortete Bjarni auf mancher Leute Reden gebe ich nicht viel.' ,Der gangbarste



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Gesprächsstoff ist jetzt der: die Leute Sagen sich, wie Thorstein Stangenhieb es anstellen musse, damit du eine Rache an ihm nötig hältst. Er hat schon drei deiner Knechte erschlagen. Deine Thingleuie verlieren das vertrauen zu dir, wenn das ungerächt bleibt; und die Hände in den Schoß legen heißt sie am falschen Orte anlegen!' Bjarni entgegnete: ,Es ist gegangen nach dem Wort: wenige lassen sich warnen durch anderer Unfall. Aber ich willfahre dir schon in allem, was du sagst. Übrigens hat Thorstein kaum einen unverdient erschlagen.' Mehr sagten sie nicht und schliefen die Nacht durch.

Am Morgen erwachte Rannveig, als Bjarm seinen Schild von der Wand nahm, und sie fragte, wohin es gehe. Er antwortete: ,Jetzt soll es sich entscheiden zwischen mir und Thorstein im Sonnental, wer angesehener bleibt.' ,Wie viele werdet ihr sein?' Sagte sie. ,Ich will nicht große Mannschaft zusammenziehen gegen Thorstein,' erwiderte er, ,ich nehme niemanden mit.' ,Tu das nicht,' sagte sie, ,geh nicht allein vor die Klinge des Höllenkerls!' Bjarnt sagte: ,Du wirst es nicht machen wie jene Frauen, die heute weinen über etwas, wozu sie gestern antrieben. Ich lasse oft deine und anderer Hetzreden lange über mich ergehn; bin ich aber einmal entschlossen zur Tat, so nützt es nicht. mich zurückzuhalten.'

Bjarni ritt ins Sonnental. Thorstein stand vor der Tür; und sie wechselten wenige Worte. Bjarni: ,Du sollst heute mit mir zum Zweikampf antreten, Thorstein, auf dem Hügel hier vor dem Hause.' Thorstein: ,Dazu fehlt es mir allem, mich mit dir zu schlagen. Aber ich will ins Ausland reisen, sobald Schiff geht; denn ich kenne deine wackere Gesinnung: du wirst meines vaters dich annehmen, wenn ich fortgehe.' Bjarni: Ausreden verfangen jetzt nicht.' Thorstein: ,Dann wirst du mir doch erlauben, vorher mit meinem Vater zu sprechen.' Bjarni: ,Gewiss.'

Thorstein ging ins Haus und sagte seinem Vater Bjarni sei da und fordere ihn zum Zweikampf. Da erwiderte der Alte: Wer mit einem Mächtigeren zu tun hat, der im selben Bezirk sitzt, und ist ihm zu nahe getreten, der muß immer darauf gefaßt sein, daß er nicht mehr viele Hemden verbrauchen wird.



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Du hast genug Ursache gegeben, und ich kann dich deshalb nicht beklagen, Nimm also deine Sassen und wehre dich so schneidig wie möglich. Zu meiner Zeit wäre ich vor so einem wie Bjarni nicht gewichen. . . Bjarm ist freilich ein gefährlicher Gegner, Aber will lieber dich verlieren als einen Feigling zum Sohn haben.' Thorstein ging hinaus. Sie traten auf den Hügel und begannen sich kräftig zu schlagen, so daß die Schilde auf beiden Seiten arg zerhauen wurden. Als der Kampf lange gedauert hatte, sagte Bjarni zu Thorstein: ,Mich fängt an zu dürsten, denn ich bin an diese Art Arbeit nicht so gewöhnt wie du.' Dann geh zum Bach und trink,' sagte Thorstein. Bj arni tai es und legte das Schwert neben sich auf den Boden. Thorstein hob es auf und sagte: ,Dieses Schwert hättest du im Bödvarstal nicht brauchen können.' Bjarni antwortete nicht. Sie gingen wieder hinauf auf den Hügel und stritten eine Weile weiter. Bjarni fand den Gegner kampftüchtig und seinen Widerstand härter, als er sich gedacht hatte. ,Allerhand stößt mir heute zu,' sagte er, ,jetzt ist mein Schuhband losgegangen.' ,So binde es wieder fest" sagte Thorstein. Nun bückte Bjarni sich nieder, und Thorstein ging inzwischen ins Haus und holte zwei Schilde und ein Schwert. kam auf den Hügel zu Bjarni und sagte: Hier sind Schild und Schwert, die schickt dir mein Vater, und dies Schwert wird durch die Hiebe gewiß nicht mehr abgestumpft als dein bisheriges. Ich selbst wage auch nicht länger ohne Schild deinen Hieben standzuhalten. Übrigens möchte ich jetzt gern das Spiel beenden, denn ich Fürchte, dein Glück ist mächtiger als mein Unglück; jeder hängt am Leben, solange er kann.' ,Losbitten hilft nichts,' sagte Bjarni, ,es wird weiter gekämpft.' ,Ich will nicht den ersten Hieb haben,' sagte Thorstein. Da schlug Bjarni ihm den ganzen Schild weg. Dann Thorstein dem Bjarni ebenso. ,Das war ein mächtiger Hieb,' sagte Bjarni. Thorstein versetzte ,Deine sind nicht weniger mächtig.' Bjarni: ,Das Schwert, das du von Anfang an gehabt hast, schneidet jetzt besser.' Thorstein: ,Ich möchte mich vor Unheil hüten, solange ich kann, und mit Bangigkeit schlage auf dich ein. Ich bin noch jetzt bereit, alles deinem Urteil zu überlassen.' Nun war Bjarni an der Reihe; einen Hieb zu



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tun, und beide standen ohne Schild da. Da sagte Bjarni: ,Das wäre eine schlechte Bezahlung, wollte ich glücklichen Zufall mit Übeltat vergelten. Ich betrachte meine drei Leute als voll ersetzt, wenn ich dich bekomme und du mir treu sein willst.' Thorstein sagte: ,Heute hätte ich genug Gelegenheit gehabt, dich zu verraten, wenn ein mächtigerer Unstern über mir gewesen wäre als Heil über dir. Und ich werde dich auch künftig nicht verraten.' ,Ich sehe; du bist mehr wert als andere,' sagte Bjarni. ,Jetzt wirst du mir erlauben, daß ich zu deinem Vater hineingehe und ihm erzähle, was mir gut dünkt.' ,Meinetwegen geh hinein, wenn du willst,' sagte Thorstein, ,doch sei vorsichtig.'


5. Vom alten Thorarin

Bjarni trat an die Schlafkammer, in der der alte Thorarin lag. Thorarin fragte, wer komme, und Bjarni nannte seinen Namen. ,Was hast du zu melden, lieber Bjarni?' fragte Thorarin. ,Den Tod deines Sohnes Thorstein" versetzte Bjarni. Hat er sich einigermaßen gewehrt: Sagte Thorarin. ,Nie, glaube ich, hat einer schneidiger die Waffen geführt als Thorstein , dein Sohn.' ,Nicht zu verwundern,' sagte der Alte, ,daß es deinen Gegnern schwer fiel im Bödvarstal, wenn du meinen Sohn überwunden hast.' Da sagte Bjarni: ,Ich lade dich ein nach Hof. Du sollst dort im zweiten Hochsitz sitzen, solange du lebst, und ich will dir an Sohnes Statt stehn.' ,Mir geht es wie denen,' sagte der Alte, ,die nichts zu verlieren haben. Auch freut sich über Versprechungen nur der Dumme. Eure Häuptlings versprechungen, wenn ihr nach solchem vorfall einen ein wenig aufmuntern wollt, trösten gerade auf einen Monat. Nachher sind wir um nichts besser als andere arme Schlucker, und so bleibt unser Leid lange friss) . . . . Aber freilich, wer so etwas mit Handschlag zugesichert erhält von einem Manne wie du, der mag wohl zufrieden sein, was man auch sagt. . . und so will ich diese Zusicherung denn auch von dir annehmen. Komm heran an mein Ben! Du mußt schon nahe kommen, denn, siehst du, der Alte bebt an Händen und Füßen vor Alter und Krankheit, und zu glauben ist's auch, daß mir der Tod



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des Sohnes zu schaffen macht.' Bjarni trat vor das Bett u-d nahm den alten Thorarin bei der Hand. Da merkte er; daß der nach einem Messer griff und nach ihm stechen wollte. Er drückte seinen Arm beiseite und rief: ,Elendester aller Lumpenkerle: Nun will ich nach Verdienst mit dir verfahren. Dein Sohn Thorstein lebt, er soll zu mir nach Hof ziehen, und sollst Knechte bekommen zur Arbeit, und es soll dir an nichts fehlen, solange du lebst.'

Thorstein sog mit Bjarni nach Hof und diente ihm bis zum Todestage. Es hieß allgemein, beinahe keiner käme ihm gleich an wackerem Sinn und Rüstigkeit.


6. Von Bjarni und seinen Nachkommen

Bjarnis Ansehen blieb unvermindert. Je weiter er in den Jahren vorrückte, um so beliebter und ruhiger wurde er, Er war groß in zäher Ausdauer und in seinen späteren Lebensjahren ein guter Christ. Da reiste er ins Ausland, pilgerte gen Rom und fand unterwegs den Tod. Er liegt begraben in einer Stadt namens Valeria; das ist eine große Stadt, nicht weit von Rom auf dem Wege hierher.

Bjarnis Nachkommen haben ihm Ehre gemacht. Sein Sohn war Skegg-Broddi, der vielfach in Geschichten vorkommt und in seinen Tagen ein hervorragender Mann war. Eine Tochter Bjarnis hieß Halla, die Mutter der Gudrid, die der Gesetzessprecher Kolbein zur Frau hatte. Eine andere Tochter von ihm war Yngvild, die Frau Thorsteins, des Sohnes Siduhalls, Ein Sohn dieser beiden war Magnus, der Großvater des Bischofs Magnus; ein anderer Sohn Amundi. von dessen einer Tochter Gudrun stammen die Söhne des Sturla, Thord, Sigvat und Snorri. 1 Und noch andere Häuptlings geschlechter stammen von Amundi ab.

Damit schließt die Erzählung von Thorstein Stangenhieb. 

1 Dieser Snorri ist der bekannte Staatsmann und Schriftsteller, der ver- gasser des Königsbuches (der ,Heimskringla', Bd. i4 —i6 dieser Sammlung) und der Skalden-Edda (Bd. 24), gestorben 1241.



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Die Erzählung von Gunnar dem Töter Thidrandis



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1. Von Thidrandi und Asbjörn Wandhammer

Es war ein mann namens Ketil Lärm, der Sohn des Thidrandi. Er wohnte an der Njardbucht, und seine Frau hieß Thorgerd, seine zwei Söhne Thorkel und Eyjolf. Noch ein Bursche war dort im Hause, Thidrandi, der Sohn des Geitir. Er galt als der hoffnungsvollste unter allen jungen Leuten in den Oststorden.

Im Rutschemal wohnte Björn, Koreks Sohn, ein guter Landwirt , der noch mehrere Brüder hatte.

Eines Sommers verabredete man einen Pferdekampf. Der eine Hengst gehörte dem Bauern Ketil von der Njardbucht, der andere dem Björn, Koreks Sohn. Es waren viele Leute versammelt, und man unterhielt sich sehr gut. Auch Thidrandi, Geitirs Sohn, war dabei. Der Kampf verlief so, daß Björns Hengst der stärkere blieb. Nachher trat Björn zu Thidrandi und sagte: ,Ich möchte dein Freund werden und will dir den Hengst schenken, den ich beute gehetzt habe.' Thidrandi bedankte sich für die Gabe; ,gewiß sollst du zum Entgelt meine Freundschaft haben,' sagte er. Dann habe er, was er wünsche, erwiderte Björn.

Auf der Zusammenkunft war auch einer namens Thorir, genannt der Englandfahrer. Der bot ebenfalls Thidrandi seine Freundschaft an. Er war den Sommer vorher nach Island gekommen und hatte bei Brodd-Helgi geherbergt, mit dem er gut Freund war.

In diesem Herbst erschien, wie berichtet wird, bei Björn, Koreks Sohn, ein neuer Hausgenosse. Er nannte sich Asbjörn Wandhammer, ein großer Mann von fahrtgem Wesen, ziemlich stark, schwär haarig, dunkelhäutig und langhalsig. Als man ihn fragte, woher er stamme, erklärte er, er sei im Südlande zu Hause und habe bei Asgrim, Ellida-Grims Sohn, gewohnt. ,Ich suche Unterkunft,' sagte er; ,braucht man einen tüchtigen Arbeiter, so halte man sich an mich.' Die Brüder antworteten, sie könnten in der Tai sehr gut einen Arbeiter gebrauchen, der ordentlich etwas schaffe. Und so bekam er Unterkunft



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bei den Korekssöhnen. Ihnen gefiel sein Arbeiten und sein Wesen je länger um so besser. Er blieb eine ganze Zeit bei ihnen, beinahe drei Jahre, und verdiente sich etwas. Dann wollte er fort und bat, sie möchten ihm einen Hof geben. Die Brüder meinten, er stehe sich besser in ihrer Kost, als wenn er selbst Nachbarn habe. Er entgegnete, man brauche ihm in der Hinsicht nichts Schlimmes zu weissagen. Da gaben sie ihm einen Hof dicht bei dem ihrigen. Auch jetzt noch sorgte er viel für ihre Angelegenheiten, aber seine Verschuldung wuchs, weit er sich vor Schulden nicht su hüten wußte. Da sagte Björn zu ihm: ,Das hab ich vorausgesehen, daß dir das Allein hausen nicht bekommen würde, und ich möchte nun, daß du wieder zu uns ziehst und die Schuld abverdienst.' Jener hielt dem entgegen, die Probe sei nur kurz gewesen, und bat, es möge beim alten bleiben. Und so blieb es dabei.

Er kaufte vieles, was ihm begehrenswert schien. Als Thorir, der Englandfahrer, in den Bezirk kam, besuchte Asbjörn ihn und erklärte, Waren von ihm kaufen zu wollen. Thorir Sagte: Hast du denn Geld?' Asbjörn antwortete: ,Nicht viel allerdings, aber ich verdiene schnell durch meine Arbeit und das Gedeihen, das dabei ist.' Daraufhin erklärte Thorir sich bereit, ihm Waren zu verkaufen. Als er das nächstemal mit Brodd-Helgi zusammen war, Sagte dieser nach seinen Geschäften, und er erzählte das Neueste. ,Da hast du an einen Menschen verkauft, der mir gar nicht gefällt und dir wohl Schwierigkeiten schaffen wird.' Als Thorir im Sommer ausritt, um Schulden einzutreiben, kam er auch zu Asbjörn Wandhammer und erkundigte sich nach seiner Forderung. Asbjörn erklärte, nicht zu wissen, was es mit dieser Abgabe auf sich habe, und Thorir bekam nichts. Doch war sein verlust nicht so groß wie der der Korekssöhne.

Als Asbjörn sah, daß er nicht ruhig werde wohnen können, machte er sich fort. Er kam hinab in die Njardbucht zu Ketil und bat ihn um Aufnahme. ,Ich passe gut zu dir, denn ich bin ein tüchtiger Arbeiter, und du bist selber fleißig. Bei den Korekssöhnen erlebe ich nicht viel Gutes.' Ketil sagte, ihm liege nicht viel daran, ihn aufzunehmen, er habe nicht eben Günstiges



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über ihn gehört. ,versuche es, Bauer" versetzte er. ,Es wäre nicht ratsam,' sagte Ketil, .um deinetwillen sich andere Leute zu Feinden zu machen.' ,So schlimm werden die Folgen schon nicht sein,' meinte Asbjörn. Und es kam dahin, daß Ketil ihn aufnahm.

Als die Korekssöbne hiervon hörten, suchten sie Keul auf und sagten, Asbjörn habe große Schulden bei ihnen, die er nicht bezahle. Ketil erwiderte, sie seien wohl im Recht, ,aber', sagte er, ,für ihn zu zahlen, darauf lasse ich mich nicht ein.' Thidrandi war gerade anwesend und legte ein Wort dafür ein, daß Ketil für Asbjörn etwas bezahlen solle. Keul versetzte: Zahlen werde ich nichts für ihn. aber ich werde erlauben, daß sie mit wenigen Leuten kommen und ihn vorladen.'

Seltsam steht dir dieser Starrsinn an, Pflegevater. Es wäre zu verwundern, wenn es gui abliefe!' Keul erwiderte: ,Die Sache liegt dir ja mächtig am Herzen. Das macht der geschenkte Hengst.' Thidrandi sagte, er habe nur Ketils vorteil im Auge.

Jene mußten unverrichteter Sache wieder abziehen, und Thidrandi begab sich zu seinem Vater nach der Kreuzbucht und blieb den Sommer über fort. Die Korekssöhne sprachen davon, nach der Njardbucht zureiten und Asbjörn vorzuladen, sobald Thidrandi dorthin auf Besuch käme. Sie meinten, die Sache würde dann glatter gehn.


2. Wie Thidrandi und die Korekssöhne nach der Njardbucht ritten

Im selben Sommer lief in die Breitbucht ein Schiff ein — die Breitbucht liegt zwischen der Häuserbucht und dem Borgfjord —, das gehörte zwei Steuerleuten, Gunnar und Thormod. Man sing an mit ihnen zu handeln, und sie gedachten sich Unterkunft zu suchen. Auch Keul war zum Schiff gekommen. Er nahm die Steuerleute bei sich auf. Gunnar war ein höchst schneidiger Mann, groß und stark und stattlich anzusehen wie kaum ein zweiter.

Inzwischen besuchte Thidrandi die Korekssöhne. Sie nahmen ihn ausgezeichnet auf, und er blieb dort die Nacht. Sie erboten



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sich, seine Gefolgsleute zu sein, und erklärten sich zu jedem Dienst bereit. Er ließ sich das gefallen. Dann sagten sie, sie wollten jetzt mit ihm nach der Njardbucht reiten und Asbjörn vorladen. Thidrandi sagte ja dazu. Da ergriff der alte Korek das Wort: .Mir ahnt nichts Gutes bei dieser Fahrt. Einen wackern Burschen bringt ihr in Gefahr meine Söhne. Der eine, mit dem ihr anbinden wollt, Keul, ist ein Hitzkopf, der andere ein schlechter Kerl.'

Die Brüder waren drei an der Zahl, Björn, Thorfinn und Halldor. Thorir der England fahrer war auch im Gefolge des Thidrandi und noch zwei Männer, deren Namen nicht überliefert sind. Im ganzen waren sie ihrer sieben. Sie ritten bis in den Wald dicht bei der Njardbucht. Dort stiegen sie ab und begannen ein Spiel; sie warfen einander mit Baumästen. Dabei sagte Thidrandi: ,Ich vermute, mein Pflegevater findet unsere Schar zu groß und nimmt das übel.'

Sie erblickten Asbjörn Wandhammer, der in einem Moor Torf stach. Er erkannte sie und wußte gleich, um was es sich handelte. Da warf er seine Geräte zu Boden und rannte; so schnell er konnte hofwärts. Einer der Brüder warf nach ihm mit einem und traf ihn an den Unterleib. Davon wurde Asbjörns Lauf nicht langsamer. Thidrandi sagte, es wäre besser unterblieben.

Asbjörn lief heim und kam im höchsten Schrecken in die Küche, wo Ketil sich am Feuer wärmte. Ketil fragte, warum er so liefe. Er antwortete: ,Fragen ist nicht gefährlich! Du sollst ein so großer Haudegen sein, und du rächst mich nicht, wo mir der Speer im Leibe sitzt!'

Thidrandi und die Seinen kamen bedeutend später weil sie nicht den nächsten Weg über das Moor reiten konnten. Unterwegs sagte Thidrandi, er könne sich denken, wie der Wand- hammer drinnen ihre Sache sichre,

Ketil lag am Feuer, merkte aber nichts von Wärme und äußerte sich verwundert darüber. Asbjörn bat, er möge ibn rächen, wenn er ein Mann wäre. Da wurde Ketil heftig und rief Mich feige zu nennen, war noch selten nötig,' sprang hinaus und ergriff einen großen Speer. Thidrandi und seine Leute



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waren gerade alle auf den Platz vor dem Hause geritten. Thidrandi warnte, man möge sich vor seinem Pflegevater in acht nehmen. Ketil aber sprang sogleich auf Björn los —denn der war ihm der nächste und durchbohrte ihn mit dem Speer. Als das Thorir der England fahrer sah, drang er auf Ketil ein und hieb ihn über die Brust; das gab gleich die Todeswunde. Als dritter fiel Thorir selbst vor Ketils Knechten.


3. Thidrandi fällt. Sein Bruder Thorkel erkundet das versteck des Töters

Thjodgeir und Thorir Kring waren Knechte Ketils ; die Selen dort. Danach wollte Thidrandi südwärts abreiten durch die Engen, mit ihm seine überlebenden Gefährten, zusammen fünf. Da kam eine Magd ins Haus und meldete das vorgefallene Gunnar und Thormod, die von nichts wußten, da alles so plötzlich gekommen war. Sie sagte: ,Seltsame Leute seid ihr, daß ihr hier sitzt, und der Bauer liegt draußen erschlagen und ein paar seiner Knechte dazu! Aus euch wird nie etwas Rechtes!' Gunnar sagte: sie lege ja mächtig los, das sei durchaus nicht nötig, ,und', sagte er, ,welcher von den Gegnern lohnt sich am meisten?' ,Das ist der Thidrandi,' versetzte das Unglücks weib, ,erschlägst du den, so ist unser Herr gerächt.' Gunnar warf den Speer den Reitern nach: er traf Thidrandi auf den Rücken und durchbohrte ihn. Er fiel tot vom Pferde.

Thorgerd, die Hausfrau, und ihre Söhne waren unzufrieden mit dieser Tat und nannten sie ein großes Unglück. Gunnar sagte, es sei nun nicht mehr zu ändern. Sie meinten, die Totschlagsklage würde gefährlich und hartnäckig verfolgt werden und wiesen die Norweger aus dem Hause. Sie würden nirgends eine Freistätte finden, sagte Thorgerd. Nicht lange, so machten sie sich davon, und niemand wußte, was aus ihnen wurde.

Jedermann beklagte den vorfall, denn Thidrandi war sehr beliebt gewesen und hatte viel gegolten. Die Kunde verbreitete sich durch alle Bezirke.

Bald darauf erschien an der Njardbucht Thorkel, Geitirs Sohn,



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mit ein paar Leuten, um nach den Norwegern und ihrem Geld zu suchen. Beide Parteien hätten es nötig, sagte er, ihre Sache verfolgen und ihr Leid zu rächen. Thorgerd, die Bäurin, gab Thorkel das Recht zu, bei ihr zu suchen, sagte aber, sie habe die Beiden fortgejagt. Daraufhin ritt Thorkel ab und wieder nach Hause.

Der Winter kam heran. Thorkel, Geitirs Sohn, hegte dringenden verdacht, Gunnar — der später Thidrandis Töter ge- nannt wurde — und sein Genosse Thormod wären versteckt bei den Söhnen des Ketil, Thorkel und Eyjolf. Im Laufe des Winters nahm er sich einen seiner Hausgenossen, der Thord hieß, vor und sagte: ,Ich habe dir einen Botenritt zugedacht hinab zur Njardbucht, um den Brüdern zu melden, ein Pferd aus ihrem Gestüt sei abhanden gekommen.' Thord versetzte: Aber ich möchte nur solche Botschaften dort ausrichten, die den Brüdern kein Unheil bringen. Keinerlei Anschlag soll da- hinter stecken.' Thord ritt hinab zur Njardbucht und berichtete den Brüdern das mit den Pferden. Sie sagten, er erweise ihnen wieder einmal eine Gefälligkeit, und damit trennte man sich.

Bald darauf begaben sich Thorkel und Eyjolf Ketils Söhne, zu dem Gehege, in dem ihre Pferde zu stehn pflegten. An dem Tage fiel reichlich Schnee bei stiller Luft, und das Wetter war trübe. Während die Brüder sich beim Gehege aufhielten, kamen fünf Männer heran; das war Thorkel, Geitirs Sohn. Sie legten Hand an die Brüder und banden beide. Dann forderte Thorkel sie auf, das versteck der Norweger anzugeben, denn er wisse, daß es in ihrem Bereiche sei. Sie bestritten es und behaupteten, nichts von jenen zu wissen. Da ließ Thorkel sie einzeln beiseite führen. Der eine Bruder; Thorkel , hatte einen Pelz an. Jener ließ am Zaun ein Kalb schlachten und das Blut über ihn strömen. Dann nahm er ihm den Pelz ab, brachte ihn dem Eyjolf vor Augen und verlangte Auskunft über die Norweger, sonst würde er erschlagen wie sein Bruder, dessen Blut auf den Pelzrock zu sehen sei. Eyjolf versetzte: ,Das Leben hat jeder lieb. Eher verrate ich sie; als ich mich totschlagen lasse. Sie sind hier in unsern Ziegenställen. Ich und mein Bruder haben ihnen den Winter über immer



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zu essen gebracht, wenn wir zu den Pferden gingen.' Nachdem dies heraus war, wurde sein Bruder Thorkel ihm vorgeführt und war wohlbehalten. Da sagte Eyjolf: ,Du hast uns überlistet , Thorkel. Aber ich möchte dir eines Tages eine Nachricht bringen können, die dir nicht minder schwer zu verwinden wäre als mir soeben die Kunde vom Tode meines Bruders.'


4. Von Sveinki

Thorkel ließ die Brüder beide an Händen und Füßen fesseln, und so lagen sie am Zaun. Inzwischen ging erselbst mit seinen Gefährten zum Ziegenhaus.

Drinnen sagte Gunnar: ,Unsichere Träume hatte ich über Nacht, Freund Thormod. Laß uns hinausgehn und hinauf auf die Berge, denn mit unserer Unsicherheit nimmt's so bald kein Ende'. Sie gingen hinaus in den Schneefall, der die Aussicht verhüllte. Eine kurze Strecke vom Hause sahen sie plötzlich Männer und wollten durch den Schnee entweichen. Thorkel warf den Speer, der traf Thormod in der Mitte des Leibes, so daß er nicht mehr weiter konnte und Gunnar bat, er möge für sich selbst sorgen und das Weite suchen. Gunnar sagte, er sei nicht gewohnt, seine Gefährten im Stich zu lassen. ,Ich sehe, Freund, wie der Speer steckt: ich sterbe in wenigen Augenblicken'. Gunnar überzeugte sich, daß Thormod in der Tat dem Tode nahe war, und lief nun weiter. Das Wetter klärte sich auf. Als die verfolger Thormod erreichten, verhalf Thorkel ihm zum schnellen Tode, und sie hielten sich noch dabei auf, über seine Leiche zu frohlocken.

So kam Gunnar glücklich bis zu dem Hofe Bakki am Borghard. Dort wohnte Sveinki, ein großer Raufbold, mit dem schwer umzugehen war. Er stand gerade draußen, und sie begrüßten sich. Gunnar sagte: ,Bald werde ich deine Hilfe brauchen können, Bauer, denn Thorkel, Geitirs Sohn, ist mit vier Mann hinter mir her, hat meinen Gefährten erschlagen und denkt mir dasselbe zu.' Jener erwiderte: ,Wir haben nicht gerade viel mit einander zu tun gehabt, aber es geht dir ja schlimm an den Wagen, und du hast dich früher als tüchtiger Kerl gezeigt, als du deinen Wirt, meinen Freund, rächtest.



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Mein Beistand wird dir wenig nützen können, denn die hinter dir sind, werden ihre Sache gut machen; komm aber zuvörderst einmal in den Hausflur.' Gunnar tat es, und Sveinki schüttete den Torf, der als Feurung im vorhaus aufgestapelt lag, über ihn.

Gleich darauf erschienen Thorkel und seine Leute vor dem Gehöft und begegneten Sveinki draußen. Thorkel fragte, ob Gunnar da wäre; es war ihm so vorgekommen, als hätte er sich hierher gewandt. Einige erzählen, unter Thorkels Begleitern sei auch sein Verwandter Helgi, der Droplaugsohn, gewesen; doch wir wissen nicht, ob das wahr ist. ,Wir möchten,' sagte Thorkel, ,daß du ihn herausgibst und wir uns gütlich einigen.' Sveinki sagte, er werde sich schwerlich dort vorfinden, wenn er nicht etwa in die Stube gegangen wäre: ,dort könnt ihr ja nachsehen — aber solche Haussuchung und Ruhestörung ist mir noch von niemand widerfahren.'

Daraufhin gingen Thorkel und seine Leute in die Stube. Ein Mann bewachte die Außentür. Zu ihm sagte Sveinki: ,Hier will ich mich hinstellen, damit der Mann nicht herauskommt, wenn er drinnen ist. Geh du zu den andern in die Stube.' Alg- bald lief der Mann in die Stube. Sveinki aber sagte zu Gunnar, er solle aufstehn und hinausgehn. Dann legte er den Schlagbalken vor die Tür und sagte: ,Jetzt wollen wir hinuntergehn zu dem Boot, das ich auf dem Strande liegen habe.' Sie taten es. Das Boot lag mit dem Kiel nach oben. Es war nur ein kleines Fahrzeug. Sveinki hatte es teeren lassen. ,Krieche hier unter das Boot! Jetzt gilt es schnellen Entschluß.' Dann trieb Sveinki seine Lämmer an den Strand über die Spur hin, daß man die doppelten Fußtritte nicht sehen sollte. Und Gunnar ging unter das Boot.


5. Wie Sveinki weiter für Gunnar sorgte

Von Thorkel und seinen Leuten ist zu berichten, daß sie aus der Stube herauskamen und nun eine Zeitlang im Hause festsaßen. Sie gelangten ins Freie, aber nicht so bald. Sveinki war gerade wieder mit seinen Lämmern vom Strande urückgekehrt.



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Thorkel sagte: ,Du behandelst uns wenig freundschaftlich. Was hast du jetzt mit Gunnar angestellt:' ,Von Gunnar weiß ich nichts zu erzählen,' sagte Sveinki, ,im übrigen ist es nicht wunderbar, wenn ich euch Ruhestörern einen kleinen Schabernack spiele.' ,Gehn wir hinab zum Strande!' sagte Thorkel. Meinetwegen!' sagte Sveinki. Sie kamen zu dem Boot. das kielhoch lag, und Thorkel sagte: ,Das wäre ein Versteck, da unter dem Boot.' Sveinki versetzte: ,Eben darum pflege ich mein Schiffsgerät darunter zu bergen. Aber warum kriecht keiner von euch darunter und hält auch hier Haussuchung Ich tue es selbst, wenn ihr's nicht wagt" Und er kroch unter das Boot. Da langte Thorkel mit dem Spieß hinein, merkte etwas Lebendiges und stieß Gunnar in den Schenkel. Als Sveinki das sah, zog er sein Messer, stach sich, ehe er wieder hervorkam, in den Schenkel und drehte das Messer so, das es aussah wie eine Speerwunde. Draußen sagte er: ,Schonend behandelt ihr mich nicht gerade bei diesem Unternehmen, und ich meine, dies bliebe nicht ungerächt. wenn wir einander gewachsen wären.' ,Ich wollte dir kein Leid zufügen,' sagte Thorkel, ,aber wer weiß, was dahinter steckt.' Danach gingen Thorkel und die Seinen wieder zum Gehöft, hielten dort eine zweite Suche ab und ritten dann davon.

Da sagte Sveinki zu Gunnar: ,Hier können wir nicht bleiben. Nach mancher List werden wir uns noch umsehen müssen, und ich weiß nicht, was hier am besten anschlagen mag.' Und er geleitete Gunnar in den Stall, nahm Heu aus dem Heuverschlag, so daß eine Höhlung entstand, und packte Gunnar dort sorgfältig ein. Dies getan, stellte Sveinki sich davor und machte sich etwas zu schaffen. Inzwischen kehrte Thorkel um und kam wieder zum Stall. Sveinki Sagte, was ihnen nun wieder zugestoßen sei; es nehme ja gar kein Ende mit den Haussuchungen. Thorkel sagte, er könne nicht wissen, was für einer Spiegelfechterei sie hier ausgesetzt seien; wenn er ihn nicht totschlagen lasse, so sei das nur, weil die Sache sich noch nicht geklärt habe. Sveinki versetzte: ,Wohl möglich, daß ihr mich totschlagen könnt. Aber das wird ein Überfall auf einen Unschuldigen sein und auch dafür gelten, und ich werde es



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darauf anlegen, daß einer von euch mir mit dem Leben büßt, ehe ich ins Gras beiße.' Damit trennten sie sich; jene ritten wieder ab.

Da sagte Sveinki: ,Jetzt wieder fort mit uno! Hinab zur See auf der Spur der Schafe!' Und als sie an den Strand kamen, sagte er: ,Hier liegt eine Insel vor dem Lande, wie du siehst, Es wäre eine tüchtige Schwimmleistung dort hinüber; wenn du gesund und unverwundet wärest. Jetzt ist es eine noch größere Kraftprobe. Dort nach der Insel möchte ich, daß du schwömmest, wenn du dazu imstande zu sein glaubst. Jetzt kommt es darauf an, deine Kraft zu erproben. Ich komme dann zu dir, sobald die Gefahr vorüber ist.' Gunnar erwiderte; er sei ein wackerer Mann; ,es wird mir schwer werden', sagte ei, ,dir diese Hilfe zu lohnen. Aber jetzt wollen wir versuchen, ob ich hinüber komme — ich versuchte es auch, wenn es noch etwas weiter wäre.' Und er warf sich mit Kleidern und Waffen in die See und kam glücklich hinüber; wenn auch mit steifen Gliedern. Drüben legte er sich nieder und grub sich ins Seegras ein, um die Kälte los zu werden.

Sobald Sveinki sicher zu sein glaubte, daß Thorkel endgültig fort war, ruderte er in seinem Boote zur Insel hinaus, kam zu Gunnar und sagte, es wäre Zeit, ihm einige Hilfe zuteil werden zu lassen. Gunnar war stark erschöpft, so daß er kaum gebn konnte. Sveinki schaffte ihn in sein Haus. Dort blieb er ein paar Tage und ruhte sich aus. Dann sagte Sveinki: ,Lange kann hier deines Bleibens nicht sein, denn ich getraue mich nicht, dich bier auf die Dauer zu schützen. Darum schicke ich dich zu meinem Freunde Helgi, Asbjörns Sohn. Du mußt dort mitten in der Nacht ankommen. Geh zur Nord tür des Hauses, in dem Helgi schläft. Alle, die ihn um Schutz angehn, pflegen an die Tür zu klopfen. Das ist schon oft vorgekommen.' Dann zeigte Sveinki Gunnar den Weg, den er nehmen sollte, und sie trennten sich,

Gunnar machte sich auf und kam nach dem Schmalen Rap, wo Helgi damals wohnte. Er klopfte an die Nordtür von Helgis Schlafhaus. Helgi erwachte und sagte: ,Der da klopft; wird einen Unterschlupf nötig haben.' Er ging selbst hinaus,



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und sie begrüßten sich. Gunnar erzählte ihm die ganze Sachlage, Sveinkis Botschaft und Beweise, die seinen Bericht bekräftigten. Helgi erwiderte: ,Wem Sveinki hilft, der steht nicht schutzlos da. Ich möchte dich nicht gern aufnehmen, weil eine Ahnung in mir dagegen spricht. 'Doch verdanke ich Sveinki viel Gutes. Geb dort in das Vorratshaus.' Dort blieb Gunnar den Winter über in guter verpflegung.


6. Bjarnis Reise nach dem Schmalen Kap

Im nächsten Frühjahr hatte Helgi, AsbjörnsSohn, einen Ritt in die Fjorde hinunter vor und sagte zu seiner Frau Thordis: Es steht so, daß all unser gutes Einvernehmen davon abhängt, wie treu du mir während meiner Abwesenheit bist in der Sache des Gunnar.' Sie erwiderte, das werde sich ja herausstellen, Und Helgi ritt davon.

Eines Abends, so wird berichtet, erschienen zwölf Reiter vor dem Gehöft am Schmalen Kap. Die Hausbau ging hinaus und mit ihr einige Knechte. Da erkannte sie ihren Bruder Bjarni, Brodd-Helgis Sohn. Sie lud alle zum Bleiben ein. ,Das ist ein gutes Anerbieten,' sagte Bjarni ,aber es steht so, daß ich hier bin, um nach Gunnar zu suchen, dem Töter des Thidrandi, unseres Vetters und Pflegebruders. Mir wird berichtet, er sei hier in einem vorratshaus. Das werden wir erbrechen, wenn du es nicht aufschließt.' Thordis versetzte: ,Sieh die Sache nicht von der Seite, lieber Bruder! Du kannst auch anders zum Ziel gelangen. Übernachte bei uns; das heißt handeln wie ein Bruder. Dem Thidrandi war ich so zugetan, daß mir die Rache je eher um so lieber gewesen wäre. So etwas hat auch mein Mann den ganzen Winter von mir befürchtet, denn er wußte, daß ich Gunnar tot sehen will. Darauf wollen wir es denn auch anlegen, ehe du wieder aufbrichst.'

Bjarni und seine Leute stiegen von den Pferden und blieben die Nacht über dort. Inzwischen schickte Thordis zwei Leute in die Umgegend und ließ Mannschaft aufbieten. Am Morgen erschienen dreißig Mann, lauter Nachbarn und Freunde Helgis. 

1 Die Ahnung bezieht sich wohl auf Helgis baldigen Tod. Vergl. du Geschichte von den Söhnen der Droplaug.



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Bjarni stand angekleidet und verlangte, nun solle seine Schwester Gunnar herausgeben. Sie antwortete: ,Ich weiß nicht, Bruder, wao du davon hast, deine eigene Schwester ;u bedrängen und mir so Schlimmes zuzumuten, daß ich euch einen Mann vor die Speere liefere, den mein Gatte mir zur Hut übergeben hat. habe keinen Grund, euch beide so verschieden zu werten. Alles andere würde dir besser anstehn als dies. Für diesmal bekommst du Gunnar nicht in deine Gewalt —oder du mußt deine volle Kraft daran setzen" Bjarni versetzte: ,Da sind wir also in eine Schlinge gegangen. Du kannst dich gut verstellen, Schwester!' Und er zog mit den Seinen unverrichteter Sache ab.

Thordis aber ging zu dem vorratshaus, in dem Gunnar versteckt war, schloß auf und fragte, wie es Gunnar gefiele, jetzt an Bjarni ausgeliefert zu werden. Er erwiderte, dazu wäre es nicht gekommen, wenn der Bauer zu Hause wäre. Thordis sagte: ,Auch jetzt kommt es nicht dazu,' und Gunnar dankte ihr.

Als Helgi nach Hause kam, wurde ihm berichtet, was vorgegangen war. Da sagte er: ,Ich wußte, daß ich eine gute Frau habe. Recht von ihr, daß sie ihrer Sippe treu blieb.' Gunnar blieb noch den Sommer bei Helgi. Denselben Sommer wurde er auf dem Thing geächtet; Thorkel, Geitirs Sohn, setzte es durch.

Nicht lange danach kam der Handel zwischen Helgi, Asbjörns Sohn, und Grim dem Droplaugsohn, und Helgi fiel.1 Da sagte Thordis, sie wolle Gunnar zu Schutz und Sicherheit nach dem Heiligen Berge schicken, zu Gudrun, Osvifrs Tochter, und sie bereitete ihm einen guten Abschied. Gunnar kam an die Westküste zur Zeit, als Gudrun sich mit Thorkel, Eyjolfs Sohn, verlobte.

In dem Sommer, wo er nach dem Heiligen Berge ritt; zog Thorkel, Geitirs Sohn, hinab zur Njardbucht, um Gunnars Ächter habe einzuziehen. Da kamen ihm die Ketilsöhne, Thorkel und Eyjolf mit einigen Begleitern entgegen, und Eyjolf sagte ihrer Begegnung: ,Deine Absicht wird sein, Gunnars 

1 Vergleiche die Geschichte von den Söhnen der Droplaug.



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Achter habe einzuziehen.' ,Das ist die Absicht,' sagte Thorkel. Die Habe ist reichlich, und höchst wertvoll ist sie,' versetzte Eyjolf, ,aber das möchte ich dir doch erzählen, daß sie fort ist aus Island. Du bekommst keinen Pfennig.' Thorkel erkannte, daß dies die Wahrheit war, und so trennten sie sich.


7. Gunnar bei Gudrun am Heiligen Berge

Von Thorkel, Eyjolfs Sohn, ist zu berichten, daß er zur Hochzeit nach dem Heiligen Berge kam und viele Gäste dazu. Am Abend, als die Leute sich die Hände wuschen, hielt Gunnar, der Töter Thidrandis, den Gästen das Wasserbecken vor, auch Thorkel, Eyjolfs Sohne. Er hatte einen breitrandigen Hut auf. Thorkel kam der Mann bekannt vor, und er fragte nach seinem Namm. Er nannte irgend einen, aber nicht den richtigen. Thorkel ließ Gudrun holen und sagte, er verlange, daß Thidrandis Töter den Hof verlasse; es gehe nicht an, daß sie beide dort wären. Als Gudrun das hatte hören müssen, versetzte sie, ihr sei es ebenso recht, wenn sie Thorkel, Eyjolfs Sohn, nicht zum Manne bekäme und erden Weg, den er gekommen, wieder abzöge. ,So viel ist er mir nicht wert,' sagte sie, ,daß ich um seinetwillen Leute preisgebe, die ich zu schützen entschlossen bin.' Der Gode Snorri war auch dort, ein Freund der Gudrun. Mit dem zusammen hatte sie hundertzwanzig Mann bei der Hand. So mußte Thorkel einsehen, daß es das Geratenste für ihn war, sich zu fügen. Die Heirat zwischen Thorkel und Gudrun kam zustande.

Mit Hilfe des Goden Snorri verhalf Gudrun Gunnar zur Abreise und entließ ihn freundlich. Er segelte nach Norwegen und kam nie wieder nach Island zurück. Von dort schickte er Gudrun wertvolle Geschenke und ließ Sveinki sagen, er solle mit seiner ganzen Habe nach Norwegen auswandern. Der tat es. Gunnar nahm ihn vortrefflich auf und verschaffte ihm ein gutes Auskommen. Er blieb in Norwegen bis in sein hohes Alter.

Hier schließt die Erzählung von Gunnar, dem Töter Thidrandis .



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Die Geschichte vom Freyspriester Hrafnkel



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1. Von Hallfred

Es war in den Tagen des Königs Harald Schönhaar, daß ein Mann mit seinem Schiffe nach Island kam — Hallfred hieß er -, ins Breite Tal, das ist unterhalb vom Fließhalbeztrk . An Bord waren seine Frau und sein Sohn, der hieß Hrafnkel. Er war damals füntzehn Winter alt, stand schon seinen Mann und versprach das beste,

Hallfred baute sich an. Im ersten Winter starb eine ausländische Magd, die Arnthrud hieß, und darum heißt es dort seitdem Arnthrudhausen. Aber im Frühjahr zog Hallfred nach Norden über die Bergheide und baute sich neu an, da, wo es im Geißtal heißt. Und eines Nachts träumte ihm, wie jemand an ihn herankam und sagte: ,Da liegst du, Hallfred, sorglos, wie du bist! Zieh weg, nach Westen über das Seefließ; da findest du dein Glück!' Danach erwacht er und zieht nun weg über die Rangach nach dem Werder, dahin, wo es seitdem Hallfredhausen heißt, und da wohnte er dann bis in sein hohes Alter. Ein Eber und ein Ziegenbock aber wurden an der alten Stelle vergessen. Und am selben Tage ging ein Bergrutsch nieder auf die Häuser, und die guten Tiere kamen dabei um; daher heißt der Ort seitdem Im Gelßtal.


2. Von Hrafnkel

Der junge Hrafnkel hatte die Gewohnheit, im Sommer weit hinauszureiten auf die Heiden. Damals war das Gletschertal schon ganz besiedelt bis hinauf zu der Brücke. So ritt Hrafnkel einmal den Fließtalbezirk hinauf und sah, daß ein unbewohntes Tal vom Gletschertal ausging. Das schien ihm einladender als alle Täler, die er früher gesehen hatte. Als Hrafnkel heimkam, verlangte er von seinem Vater sein Erbe und sagte, er wolle sich eine Wohnstatt bauen. Das gewährte sein Vater ihm, und er baute sich an in jenem Tale und nannte den Hof Adelfarm. Hrafnkel heiratete Oddbjörg, Skötdolfs Tochter, aus dem Lachsachentale. Die beiden bekamen zwei Söhne; der ältere hieß Thorir, der jüngere Asbjörn.

Sobald aber Hrafnkel in Adelfarm sich festgesetzt hatte, da sing



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er mächtig an zu opfern. Er ließ einen großen Tempel bauen, Keinen Gott liebte er mehr als Frey, und ihm schenkte er von allen seinen besten Besitzstücken die Hälfte.

Hrafnkel nahm das ganze Tal in Besitz und schenkte neuen Ansiedlern Ländereien, aber er wollte ihr Häuptling sein und machte sich zu ihrem Goden. 1 Daher bekam er einen Beinamen und hieß Frey-Gode oder Freys-Priester. Er war ein großer Gewaltmensch, aber ein tüchtiger Kerl. Er brachte die Leute vom Gletschertal unter sich, daß sie seine Thingmannen 2 wurden, war lind und feundlich gegen seine eigenen Leute, aber hart und unbeugsam gegen die Gletschertalleute, und die fanden bei ihm ihr Recht nicht. Hrafnkel war groß in Zweikämpfen , zahlte aber für niemand Buße, denn es bekam überhaupt keiner von ihm Buße, was er auch tat.

Der Fließtalbezirk ist unwegsam, sehr steinig und schlammig. Und doch ritten Vater und Sohn regelmäßig zu einander, denn sie kamen gut zusammen aus. Hallfred fand aber den Weg beschwerlich, und so suchte er sich einen andern über die Vorberge der Fließtalheide. Da fand er es trockener, wenn auch weiter zu reiten. Das heißt die Hallfredgasse. Dieser Weg ist nur für solche, die sich besonders gut auskennen dort in der Gegend.


3. Von Freyfaxi, Einar und Sam

Es war ein Mann namens Bjarni, der wohnte auf dem Hof Zu den Quellhäusern; das ist im Hrafukelstal. Er war verheiratet und hatte mit seiner Frau zwei Söhne; der eine hieß Sam, der andere Eyvind. beides wackere, tüchtige Männer. Eyvind lebte zu Hause bei seinem Vater Sam dagegen war verheiratet und wohnte im nördlichen Teil des Tales auf dem Hofe Spielball; er war recht wohlhabend. Sam war etwas wie ein Händelsucher und ein guter Gesetzeskenner. Später ging Eyvind zur See, fuhr heim nach Norwegen und überwinterte dort. Von da reiste er weiter in die Ferne, machte halt in Byzanz, kam zu Ehren beim Griechenkaiser und blieb dort längere Zeit. 

1 S. die Anmerkung S, 3, 2 S, die Anmerkung S. 2o.



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Hrafnkel hatte unter seinem vieh ein kostbares Tier, das war ihm mehr wert als andere Wertstücke: es war ein Hengst, mausgrau von Farbe, mit einem schwarzen Streifen auf dem Rücken. Er nannte ihn seinen Freyfaxi, denn erbaue auch von diesem Hengste seinem Freunde Frey die Hälfte geschenkt. Zu dem Pferde batie er eine solche Liebe, daß er einen Eid schwor, wer ihn ritte ohne seinen Willen, den wolle er totschlagen .

Es war ein Mann, namens Thorbjörn, ein Bruder Bjarnis. Er wohnte auf dem Hofe Hol im Hrafnkelstal, gegenüber Adelfarm auf der Ostseite. Thorbjörn hatte wenig vermögen, dagegen eine Menge unversorgter Kinder. Ein Sohn von ihm hieß Einar - der älteste; der war groß und kräftig.

Eines Frühjahrs war es, daß Thorbjörn zu Einar sagte, er solle sich irgendwo ein Unterkommen suchen; ,denn', sagte er, ich brauche nicht mehr Arbeitskräfte, als ich ohne dich hier habe; du aber wirst leicht ein Unterkommen finden, denn du bist kräftig. Das ist es nicht, daß ich dich nicht lieb hätte —du stehst mir ja am nächsten von meinen Kindern; die Sache ist vielmehr die, daß ich ja nichts habe und ein armer Schlucker bin. Meine andern Kinder müssen sich auch dereinst selbst durchschlagen ; du wirst leichter unterkommen als sie.' Einar erwiderte: ,Das hättest du mir eher sagen sollen, denn nun haben alle sich Stellen gesucht und natürlich die besten fortgenommen. Was noch übrig bleibt, behagt mir wenig.'

Eines Tages nahm Einar sein Pferd und ritt nach Adelfarm. Hrafnkel saß in der Stube. Er nahm seinen Gruß gut auf, ganz heiter. Einar fragte nach einer Dienststelle bei Hrafnkel. Der antwortete: ,Warum kommst du erst jetzt damit: Dich hätte ich vor allen andern genommen! Jetzt hab ich aber schon alles Gesinde angestellt — ausgenommen eine Arbeit, die du gewiß nicht haben willst.' Einar Sagte, was das für eine Arbeit wäre. Hrafnkel sagte, er habe noch keinen Mann bei den Schafen; gerade das sei aber nicht jedermanns Sache. Einar meinte, es sei ihm gleich, was er zu tun bekäme, ob es nun dies oder etwas anderes wäre; er wolle nur für ein Jahr sein Unterkommen haben. ,Du sollst gleich erfahren, woran du



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bist,' sagte Hrafnkel, ,du hast fünfzig Schafe auf der Alm zu hüten und das ganze Sommerholz heranzuschaffen. Dafür bekommst du Unterhalt auf ein Jahr. Über eins aber will ich dich noch aufklären, ebenso wie meine andern Hirten. Im Tale geht Freyfaxi mit seinen Stuten. Auf ihn mußt du ein Auge haben Sommer und Winter. Warnen aber will ich dich vor einem: setze dich nie dem Tiere auf den Rücken, und wenn die Not noch so groß ist! Denn das habe ich hoch und teuer geschworen , daß ich jeden totschläge, der auf ihm reitet. Zu ihm gehören zwölf Stuten; davon kannst du jede zum Reiten nehmen, bei Tage oder bei Nacht. Richte dich nun nach meinen Worten! Mit Warnen ist wenig getan, sagt das alte Sprichwort. Jedenfalls weißt du, was ich geschworen habe!' Einar sagte, so etwas werde ihm nicht passieren, daß er ein Pferd ritte, das ihm verboten sei, wenn doch noch viele andere da wären. Dann ritt er heim, seine Kleider zu holen, und siedelte über nach Adelfarm.

Bald zog man im Hrafnkelstal auf die Alm, zur Steinfeldhütte . Einar traf es gut den Sommer über, so daß nie ein Schaf abhanden kam bis Mittsommer. Dann aber fehlten an einem und demselben Morgen beinahe dreißig Schafe. Einar suchte auf allen Weiden und fand nichts. Sie fehlten ihm beinahe eine Woche. Da ging er eines Tages in aller Frühe aus. Nebel und Niederschlag hatten sich verzogen. Er nahm einen Stab in die Hand, Gebiß und Reitdecke und ging damit über die Steinfeldache, die an der Sennhütte vorbeifloß. Da lag am Ufer sein Vieh, das am Abend vorher zur Stelle gewesen war. Er trieb es zur Hütte und ging auf die Suche nach dem übrigen. Bald sah er vor sich am Ufer die Pferde weiden und wollte sich eine Stute greifen zum Reiten, meinte, ein Reiter käme besser vorwärts als ein Wanderer. Wie er an die Pferde herankam, machte er Jagd auf sie. Die Tiere aber, die nie einen Reiter getragen hatten, waren scheu. Nur Freyfaxi nicht ; der stand wie angewurzelt. Einar bedachte, daß die Zeit verging, und meinte, Hrafnkel werde es nicht erfahren, wenn er das Pferd ritte. Er nahm es beim Kopf, legte ihm das Gebiß an, die Decke auf den Rücken, saß auf und ritt an der



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Steinfeldkluft bergauf und weiter bergauf zu den Gletschern, westwärts an den Gletschern entlang bis dahin, wo die Gletscherach an ihrem Fuße fließt, dann flußabwärts nach Rauchalm . Er fragte alle Schäfer auf der Alm, ob einer das Vieh gesehen hätte, und keiner sagte, er habe es gesehen.

Einar hatte den Freyfaxi geritten vom ersten Tageslicht bis gegen Abend. Der Hengst hatte ihn schnell eine weite Strecke getragen, denn er war ein guter Renner. Nun fiel ihm ein, es wäre Zeit heimzukehren und erst das Vieh ins Haus zu treiben, das beim Hause war, wenn er auch das andere nicht fände. Und er ritt nach Osten über die Bergrücken. Als er aber zum Steinfeld hinab kam, da hörte er Schafe blöken weiter vorne in der Kluft, da, wo er am Morgen entlang geritten war. Er lenkte dahin und sah dreißig Schafe, die ihm entgegen liefen, dieselben, die er eine Woche vermißt hatte, und er trieb sie heim mit dem übrigen Vieh.

Der Hengst war ganz naß von Schweiß, so daß jedes Haar ihm triefte, war stark mit Lehm bespritzt und todmüde. Er wälzte sich an die zwölfmal herum, ließ ein lautes Wiehern hören und setzte sich dann in schnellen Lauf den Weg hinab. Einar liep ihm nach, wollte ihm zuvorkommen, ihn ergreifen und zu den Stuten zurückfahren, aber der Hengst war so störrisch, daß Einar nicht an ihn herankonnte. Er trabte das Tal hinab und machte erst halt, als er in Adelfarm ankam.

Hrafnkel saß gerade beim Essen. Als der Hengst an die Tür kam, wieherte er laut. Hrafnkel sagte zu einer Frau, die bei Tisch bediente, sie solle zur Tür gehn, denn ein Roß wiehere, und es sei ihm so vorgekommen, als wäre es Freyfaxis Stimme. Sie trat in die Tür, sah Freyfaxi schlimm zugerichtet und erzählte Hrafnkel, Freyfaxi sei draußen vor der Tür, übel anzusehen . ,Was mag das gute Tier wollen, daß es heimgekommen ist sagte Hrafnkel, ,das bedeutet nichts Gutes" Und er ging hinaus, sah Freyfaxi und sprach zu ihm: ,Das ist schlimm, lieber Freund, daß dir so mitgespielt ist! Aber du hast deinen verstand gebraucht; daß du es mir erzähltest: es soll gerächt werden. Geh nun zu deinem Gesinde!' Das Tier trabte sogleich talaufwärts zu seinen Stuten.



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Hrafnkel ging zu Bett und schlief die Nacht hindurch. Am Morgen ließ er sich ein Pferd bringen und einen Sattel auflegen und ritt zur Alm hinauf. Er war in blauen Kleidern. Eine Art hatte er in der Hand, doch sonst keine Waffen.

Einar hatte gerade neues vieh in die Hürden getrieben. Er lag über den Zaun und zählte die Schafe, und die Frauen saßen beim Melken. Alle grüßten den Herrn. Er Sagte, wie die Arbeit ginge. Einar antwortete: ,Schlecht ist es mir ergangen, denn es fehlten dreißig Schafe beinahe eine Woche; aber jetzt sind sie gefunden.' Jener sagte, das rechne er nicht; ob denn nichts Schlimmeres vorgefallen sei; ,daß Vieh gefehlt hat,' meinte er, ,hätte leicht noch öfter vorkommen können; aber wie ist's? hast du nicht gestern ein wenig auf Freyfaxi geritten: Einar antwortete, er könne es nicht bestreiten. Hrafnkel sagte: Warum rittest du gerade dieses Roß, das dir verboten war, wo es doch solche genug gab, die dir erlaubt waren: . . . Ich hätte dir diese eine Sache durchgehn lassen, hätte ich nicht hoch und heilig geschworen. Aber ein tüchtiger Bursche bist du doch!' Und jener Aberglaube, daß dem nie etwas Gutes blühe, der ein Gelübde bricht, der machte, daß er vom Pferde sprang, auf ihn zu, und ihm den Todesstreich versetzte. Darauf ritt er ohne weiteres heim nach Adelfarm, erzählte, was geschehen war, und schickte einen andern Mann zu den Schafen auf die Alm. Einars Leiche aber ließ er auf die Halde schaffen und beim Grabe einen Steinhaufen errichten. Das heißt die Einars warte sie liegt westlich von der Sennhütte.

Die Kunde von Einars Fall kam nach Hol zu Thorbjörn, seinem Vater Der nahm das übel auf. Er stieg zu Pferde, ritt hinüber nach Adelfarm und forderte von Hrafnkel Buße für den Tod seines Sohnes. Dieser sagte, er habe mehr Männer erschlagen als diesen einen: ,es ist dir nicht neu, daß ich für niemand Buße zahle, und darein wird man sich nun einmal finden müssen. Und doch ist mir so, als hätte ich schon an bessere Stellen getroffen als diesmal. Du bist lange mein Nachbar gewesen, ich bin gut mit dir ausgekommen. und ebenso du mit mir. Es wäre zwischen Einar und mir nicht das geringste vorgefallen, hätte er nicht den Hengst geritten. Man hat's



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wohl oft ;u bereuen, wenn man zuviel gesagt hat; die Reue käme seltener, wenn man weniger sagte. Kur;, ich will sehen lassen, daß ich mit dieser meiner Tat weniger zufrieden bin als mit andern der Art: ich will deinen Hof ausrüsten mit Milchvieh im Sommer und mit Fleisch im Herbst; und das will ich Jahr für Jahr tun, solange du wirtschaften magst. Deine Söhne und Töchter werden wir ausstatten mit meiner Beihilfe und sie so in Gang bringen, daß es ihnen später gut geht. Und alles, was du in meinem Haushalt vorhanden weißt und selber brauchst fortan, das sollst du mir nennen, sollst fortan nichts mehr entbehren, was du nötig hast. Du sollst wirtschaften, solange es dir Vergnügen macht, aber zu mir ziehen, sobald du es satt hast, da will ich für dich sorgen bis zu deinem Ende. Damit wird alles zwischen uns ausgeglichen sein . . . Mich dünki, mancher wird sagen, ich lasse mir den Einar etwas kosten.' ,Darauf gehe ich nicht ein', sagte Thorbjörn . ,Worauf denn?' fragte Hrafnkel. Da sagte Thorbjörn: Ich verlange Schiedsrichter" Hrafnkel erwiderte: ,Du stellst dich auf gleichen Fuß mit mir; so werden wir uns nie vergleichen.'

Da ritt Thorbjörn weg und den Bezirk hinab. Er kam zu den Quellhäufern, suchte seinen Bruder Bjarni auf erzählte ihm, was vorgefallen, und bat ihn, er möge in der Angelegenheit das Seinige tun. Bjarni meinte, mit so einem wie Hrafnkel könne er nicht anbinden; ,wenn ich auch Geld genug habe,' sagte er. ,so kann ich mich doch im Streit mit Hrafnkel nicht messen. Es bleibt dabei: stark ist, wer sich nicht stärker dünkt, als er ist! Jener hat schon manchen untergekriegt, der sich besser stand als ich. Mir scheint, du hast wenig verstand gezeigt, ein so gutes Anerbieten zu verschmähen. Ich gebe mich hiermit nicht ab.' Thorbjörn sprach manches bittere Wort zu seinem Bruder; je mehr auf dem Spiel stehe, desto weniger Tatkraft sei in ihm, sagte er. Dann ritt er fort; der Abschied war nicht gerade freundlich.

Er machte erst halt, als er unten in Spielhall war. Da klopfte er an die Tür. Drinnen rührten sich Schritte. Thorbjörn bat Sam herauszukommen. Sam begrüßte seinen Oheim und lud



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ihn zum Bleiben ein. Aber jener zeigte wenig Lust dazu. Sam sah ihm seinen Kummer an und Sagte, was geschehen sei. Da berichtete Thorbjörn den Fall seines Sohnes Einar. ,Nichts Ungewöhnliches', sagte Sam, ,ein Totschlag von Hrafnkel.' Thorbjörn fragte, ob Sam ihm helfen wolle: ,die Sache liegt ja so, daß der Hieb auw von dir nicht allzu fern gefallen ist, wenn auch der Mann mir am allernächsten stand.' ,Hast du dich, wie es geziemend ist, irgendwie an Hrafnkel selbst gewandt" Thorbjörn erzählte die ganze Wahrheit darüber,. wie es zwischen ihm und Hrafnkel gegangen war. ,Davon hörte ich nie,' sagte Sam, ,daß Hrafnkel jemandem ein solches Angebot gemacht hätte wie jetzt dir. Reiten wir zusammen nach Adelfarm hinauf gehn behutsam mit Hrafnkel um und überzeugen uns, ob er sein Angebot noch aufrecht hält. Du sollst sehen, er benimmt sich anständig.' ,Erstens', versetzte Thorbjörn, ,wird Hrafnkel jetzt nicht mehr wollen; und dann gefällt mir die Sache jetzt um nichts besser als wie ich von ihm ritt.' ,Schwer, Hrafnkel die Stange zu halten', sagte Sam. Thorbjörn antwortete: ,Ich will dir sagen, warum ihr Jungen nicht in die Höhe kommt: ihr seid zu leicht eingeschüchtert! Ich glaube, niemand hat eine so windige verwandtschaft wie ich. Wenig anständig kommen mir solche Leute vor wie du, der du dich für einen Rechtspraktikus hältst und auf kleine Händel versessen bist, diese Sache aber nicht angreifen willst, die so sonnenklar ist. Du wirst üble Nachrede einheimsen, wie in der Ordnung, denn du bist sonst der Unternehmendste in unserer Sippe. Nun ist es ja wohl klar, wohin die Sache steuert!' Sam versetzte: Was hast du davon, wenn ich die Sache in die Hand nehme, und es geht uns dann gemeinsam schlecht?' ,Ein großer Trost ist mir's doch,' antwortete Thorbjörn, ,es geht dann, wie es gehn muß.' Sam entgegnete: ,Ungern lass' ich mich darauf ein. Ich tue es mehr aus Freundschaft zu dir. Und glaube mir: wer dir in dieser Sache hilft, hilft einem Toren.' Damit hielt Sam seine Hand hin und übernahm den Prozeß von Thorbjörn . Er ließ sich ein Pferd satteln, ritt das Tal entlang auf einen Hof, meldete den Totschlag und warb Hilfsmannschaft gegen Hrafnkel. Der hörte davon und fand es lächerlich, daß


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ein Mann wie Sam sich auf einen Prozeß einließ gegen einen Mann wie er.

Es wurde Winter. Jm Frühjahr, als die Vorladungszeit kam, ritt Sam hinauf nach Adelfarm und lud Hrafnkel vor wegen des Totschlages an Einar. Dann kam er zurück und lud die Nachbarn als Beisitzer auf dem Thing. Eine Zeitlang blieb er still daheim, bis die Leute sich zum Thingritt rüsteten.

Da schickte Hrafnkel Boten talabwärts und bot seine Leute auf. An siebzig Thingmannen begleiteten ihn. Mit dieser Schar ritt er durch den Fließtalbezirk, um das Seende herum, den Hals ins Rutschental, dieses hinauf dann südwärts über die Axtheide zum Bärinnenfjord, endlich den großen Thingmannenweg an der Halde geradeaus. Vom Fließtal bis zum Thingfeld sind siebzehn Tageritte.

Als Hrafnkel aus dem Bezirk heraus war, sammelte auch Sam Mannschaft. Die er mitnahm, waren meist anhanglose Leute, außer denen, die er schon geladen hatte. Er verschaffte ihnen Waffen, Kleider und Nahrung für die Reise. Dann verließ er das Tal auf einem andern Wege: erst nördlich auf die Brücke zu, über die Brücke und weiter über die Nesseltalheide; im Nesseltal übernachteten sie. Weiter ging's zum Schulterbreitenwerder , oben an den Blauen Bergen hin, ins Hakental und dann nach Süden auf den Sprengisand. So kamen sie herab um Schafsberg und von da auf die Thingebene. Hrafnkel war noch nicht da; er brauchte länger, denn er hatte den weiteren Weg. Sam schlug seine Baracken abseits von den Plätzen auf, wo sonst die Ostfjordleute zu bauen pflegen.

Wenig später erschien Hrafnkel auf dem Thing. Er schlug an der gewohnten Stelle seine Bude auf und erfuhr, daß Sam anwesend war. Das kam ihm lächerlich vor.

Das Thing war diesesmal stark besucht. Die meisten Häuptlinge, die es auf Island gab, waren anwesend. Sam suchte sie alle auf und bat um Schutz und Hilfe. Aber alle hatten dieselbe Antwort: keiner glaubte bei Sam so hoch in der Schuld ;u stehn, daß er sich entschlossen hätte, um seinetwillen mit dem Goden Hrafnkel anzubinden und die eigene Stellung aufs Spiel zu setzen. Sie versicherten einstimmig, es sei den Meisten



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gleich ergangen, die mit Hrafnkel Thiiigitreitigfeiien gehabt hätten, nämlich allen gleich schlimm. Sam ging beim zu seiner Bude. Ihm und Thorbjörn war traurig zu Mute. Sie fürchteten, ihre Sache würde im Sande verlaufen und ihnen nichts einbringen als Schande und Schmach. Und so sehr nahmen sie sich dies zu Herzen, daß sie weder schliefen noch aßen, weil alle Häuptlinge sie im Stich ließen, auch die, von denen sie Hilfe erwartet hatten.


4. Der Retter in der Not

Es war eines Morgens früh, als der alte Thorbjörn erwachte . Er weckte Sam: ,Steh auf; ich kann nicht schlafen.' Sam stand auf und fuhr in seine Kleider. Sie gingen hinaus, zum Axtfluß hinab, unterhalb der Brücke, und wuschen sich dort. Thorbjörn sagte zu Sam: ,Das ist mein Rat, daß du unsere Pferde zusammentreiben läßt und wir nach Hause reiten. Es ist ja nun klar, daß uns nichts bevorsteht als Schmach.' Sam antwortete: ,Das ist gut, denn du wolltest ja durchaus mit Hrafnkel anbinden und schlugst Anerbietungen aus, die mancher, der um einen Verwandten trauert, gern angenommen hätte. Uns, die wir von der Sache nichts wissen wollten, schaltest du Memmen. Jetzt aber werde ich nicht abladen, bis ich sehe, daß wir etwas erreichen.' Das wurde Thorbjörn zu viel: er sing an zu weinen.

Da sahen sie am jenseitigen Ufer, ein wenig flußabwärts, fünf Männer aus einer Baracke treten. Der voranging, war hochgewachsen , doch nicht der kräftigste an Wuchs; er trug einen laubgrünen Rock und in der Hand ein verziertes Schweri; ein Mann von regelmäßigen Gesichtszügen, frischer Farbe und stattlichem Äußern; hellbraun und üppig das Haar. Dieser Mann war leicht kenntlich, denn er hatte eine weiße Stelle in seinem Haar auf der linken Seite. Sam sagte: ,Laß uns aufstehn und hinübergehn, jenen Leuten entgegen" Sie gingen den Fluß hinab. und der Mann, der voranging, grüßte sie zuerst und fragte, wer sie wären. Sie nannten ihre Namen. Sam Sagte den Mann nach dem seinigen, und er nannte sich Thorkel Sohn des Thjostar. Sam fragte nach seiner Verwandtschaft



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und Heimat. Er sagte, er stamme nach Geschlecht und Herkunft aus dem Westlande und sei am Dorschfjord daheim. Sam Sagte: ,Bist du Gode?' Er verneinte es. ,Was für einer bist du denn?' fragte Sam. ,Ein anhangloser Mann bin ich,' antwortete jener; ,letzten Winter kam ich ins Land; bin sieben Jahre auswärts gewesen und bis nach By anz gekommen, bin Gefolgsmann des Griechenkaisers. Jetzt bin ich zu Gast bei meinem Bruder, der Thorgeir heißt.' ,Ist der Gode?' fragte Sam. ,Gewiß ist er Gode, am Dorschfjord und weiter herum im Westlande.' ,Ist er hier auf dem Thing ,Gewiß ist er hier.' ,Wie stark ist seine Mannschaft?' ,Gegen siebzig,' sagte Thorkel. ,Seid ihr noch mehr Brüder?' fragte Sam. ,Noch ein dritter.' ,Wer ist das?' ,Er heißt Thormod und wohnt in Gard auf dem Schwanenkap. Seine Frau ist Thordis, die Tochter Thorolfs, Enkelin Skallagrims von Borg."

Willst du uns helfen?' sagte Sam. ,Was tut euch not?' fragte Thorkel. ,Hilfsmannschaft und Häuptlingsstärke,' war die Antwort" denn wir haben zu tun mit dem Freyspriester Hrafnkel wegen des erschlagenen Einar. Thorbjörns Sohn, eine Sache, die wir wohl zu Ende bringen können mit deiner Hilfe.' Thorkel versetzte: ,Ich sagte schon, daß ich kein Godentum habe.' Warum hast du dich beiseite schieben lassen: Du bist doch ein Häuptlingssohn so gut wie dein Bruder!' Thorkel erwiderte: ,Das sagte ich nicht, daß ich nie ein Godentum besessen hätte. Aber ich übertrug es, ehe ich außer Landes ging, meinem Bruder Thorgeir. Später habe ich es ihm gelassen, denn mir scheint, es ist bei ihm gut aufgehoben. Ihn solltet ihr aufsuchen . Bittet ihn um seine Fürsorge. Er ist kraftvollen Sinnes, ein wackerer Bursche und steht nach jeder Richtung seinen Mann, dabei ist er jung und ehrgeizig. Solche Männer sind es am ehesten, von denen ihr Hilfe erwarten könnt.' Sam: ,Wir werden nichts von ihm erreichen, wenn du nicht unsere Bitte unterstützt.' Thorkel: ,So viel will ich versprechen, daß ich eher mit als gegen euch sein werde. Denn mir scheint, jedermann bat Grund genug, für einen erschlagenen Verwandten einzutreten. 

1 Diese Namen hatten einen heuen Klang es war die Familie des Skalden Egil.



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Gebt nun voran zur Hütte und hinein. Die Leute liegen noch im Schlaf. Quer über die Hütte werdet ihr zwei Schlafsäcke liegen sehen. Aus dem einen komme ich eben, in dem andern liegt mein Bruder Thorgeir. Er hat, seit er auf dem Thing ist, ein großes Geschwür am Fuß gehabt und daher nachts wenig geschlafen. Diese Nacht ist es aufgegangen, und der Eiter ist heraus. Danach ist er eingeschlafen und hat den Fuß aus dem Schlafsäcke herausgestreckt auf das Fußbreit, weil ihm so heiß ist am Fuß, — Der Alte da soll vorangehn, immer weiter in die Hütte hinein. Er kommt mir recht altersschwach vor, auch an den Augen . . .Wenn du an den Schlafsack kommst, Mann, so mußt du arg stolpern. Fall auf das Fußbreit, pack die sehe, die verbunden ist, zieh sie an dich heran und sieh zu, wie er sich dazu stellt.' Sam versetzte: ,Ich zweifle nicht, daß du guten Rat für uns hast; aber dies scheint mir nicht rätlich.' Thorkel antwortete: ,Ihr habt die Wahl: tut, was ich euch vorschreibe, -der rechnet nicht auf meine Hilfe.' Sam nahm das Wort und sagte: ,Tun wir nach seinem Rat!' Thorkel erklärte, er werde nachkommen; er warte auf seine Leute.

Sam und Thorbjörn machten sich auf und kamen in die Hütte. Alle Leute schliefen noch. Sie sahen gleich, wo Thorgeir lag. Der alte Thorbjörn ging voran und stolperte sehr, und als er an den Schlafsack kam, da siel er auf das Fußbreit, ergriff die kranke Zehe und zog sie an sich. Darüber erwachte Thorgeir, sprang aus dem Sack auf und fragte, wer so tölpelhaft daherkäme, daß er Leuten auf die Füße trete, die kaum genesen wären. Sam und Thorbjörn wußten nichts zu antworten. Da betrat Thorkel die Hütte und sagte zu Thorgeir: Sicht so zornig, Bruder! Dir wird's wohl nicht schaden. Man greift wohl einmal daneben, und es kommt vor, daß man nicht auf alles gleich gut achten kann, wenn man den Kopf voll Sorgen hat. Es ist zu begreifen, Bruder, wenn dir dein Fuß noch web tut, in dem ein arges Übel gesteckt hat; das wirst du selbst am besten wissen. Es mag aber wohl sein, daß es einem alten Manne nicht weniger weh tut, wenn sein Sohn gefallen ist, er keine Buße erhält und sich nicht helfen kann;



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das wird er selbst am besten wissen! Und es ist kein Wunder. wenn ein solcher Mann nicht auf alles gut achten kann, denn er hat den Kopf voll Sorgen.'

Thorgeir sagte: ,Mich wundert, das er mich dafür verantwortlich macht. Ich habe seinen Sohn nicht erschlagen, und so kommt die Rache bei mir an die falsche Stelle.' ,Es war nicht als Rache gemeint,' sagte Thorkel, ,er hat dich nur härter angerannt, als er wollte. Das kommt von seinen schlechten Augen. Er hoffte auf deine Hilfe. Es wäre eine wackere Tat, einem alten Manne beizustehn, der es nötig bai. Er ist in einer Zwangslage und klagt keineswegs nur zum Vergnügen um den gefallenen Sohn. Alle Häuptlinge aber versagen den Leuten ihre Hilfe und zeigen damit, daß sie keine wackern Männer sind.' Thorgeir Sagte: ,Gegen wen klagen die Leute: Thorkel antwortete: ,Der Gode Hrafnkel hat den Sohn dieses Thorbjörn ohne Grund erschlagen. Er begeht eine Untat nach der andern und gibt niemandem Genugtuung.' Thorgeir sagte: ,Es wird mir so gehn wie den andern: ich erinnere mich nicht, den Leuten derart zu Dank verpflichtet zu sein, daß ich mich mit Hrafnkel einlassen möchte. Mir scheint, er schert alle, die gegen ihn klagen, Sommer für Sommer über denselben Kamm: sie erreichen von ihm nichts oder wenig; allen ergeht es gleich, soweit ich sehe. Das ist wohl der Grund, weshalb die Wenigsten dazu Lust haben, solange sie nicht geradezu gezwungen sind.' Thorkel sagte: ,Kann sein, daß ich auch spräche, wenn ich Häuptling wäre. Aber ich sehe doch nicht so große Hindernisse wie du. Ich möchte mich gerade gerne mit so einem messen, dem bisher niemand hat standhalten können. Dadurch würde ich —oder der betreffende Häuptling, der dem Hrafnkel eins versetzte — im Ansehen steigen, und jedenfalls nicht sinken, auch wenn es mir so schlecht gehn sollte wie den andern. Denn das Sprichwort sagt: mich kann treffen, was manchen trifft; aber auch: gewagt ist schon halb gewonnen.' Ich sehe,' sagte Thorgeir, ,wie es mit dir steht: du biss entschlossen , den Leuten zu helfen. So will ich dir denn mein Godentum und meine Herrschaft, die du früher gehabt hast, zurückgeben. Künftig wollen wir es zusammen verwalten,



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und du kannst dann allen helfen, denen du willst.' ,Mich dünkt, sagte Thorkel, ,unser Godentum ist am besten bei dir aufgehoben . Keinem gönne ich es so wie dir, denn du hast unter uns Brüdern am meisten von dem, was dem Manne wohl ansteht. Ich aber bin im Augenblick noch unschlüssig, was ich beginnen soll, und du weißt selbst, Bruder, daß ich mich kaum in irgend etwas gemischt habe, seit ich nach Island kam. Jetzt kann ich einmal erproben, wie viel mein Rat gilt. Weiter die Sache betreiben werde ich nicht. Kann sein, daß Thorkel Fleck noch einmal wohin kommt, wo seine Worte schwerer wiegen.'

Thorgeir sagte: ,Nun sehe ich, wie du es meinst, Bruder: es ist dir nicht recht so. Das konnte ich nicht wissen. Wir wollen uns also, wenn du es so haben möchtest, der Leute annehmen, es gehe dann, wie es mag!' Thorkel sagte: ,Ich pflege nur um solche Dinge zu bitten, die zu gewähren nach meiner Überzeugung das Richtige ist'

Was glauben die Leute selbst dazu tun zu können, daß ihre Sache guten Fortgang nimmt: 'Sagte Thorgeir. ,Es istso, wie ich heute schon sagte,' antwortete Sam: ,wir brauchen Unterstützung von Häuptlingen. Vorbringen werde ich die Sache schon selbst.' Thorgeir erklärte, dann sei es leicht, ihm zu helfen; ,nun kommt es darauf an,' meinte er, ,die Sache so korrekt wie möglich einzuleiten. Mich dünkt aber, Thorkel wünscht, daß ihr ihn aufsucht, ehe die Gerichte zusammentreten. Eins von zweien werdet ihr dann für euer heißes Bemühen zum Lohn bekommen: entweder ein bißchen Trost, oder aber Demütigung mehr noch als bisher, Arger und Kummer. Geht nun heim und seid fröhlich, denn wenn ihr mit Hrafnkel euch messen wollt, so müsst ihr eine Zeitlang den Kopf hoch tragen. Erzählt es aber niemand, daß wir euch Hilfe versprochen haben.' Da gingen sie heim ;u ihrer Hütte, ließen Bier bringen und waren fröhlich. Die Leute wunderten sich, daß sie so schnell umgestimmt waren, denn sie waren ja so traurig am Morgen aufgebrochen ,

Sie warteten, bis die Gerichte zusammentraten. Dann rief Sam seine Leute zusammen und ging zum Gesetzesfelsen, wo das Gericht tagte. Er trat dreist heran, begann sogleich die Zeugen



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aufzurufen und brachte seine Klage gegen den Goden Hrafnkel vor, genau nach den Landesvorschriften, unbarmherzig, in klingendem vortrag. Alsbald erschienen auch die Thjostarsöhne mit starkem Gefolge. Alle Leute aus dem Westlande hatten ihnen Zuzug geleistet, und es zeigte sich, daß die Thjostarsöhne beliebte Männer waren. Sam führte die Anklage bis zu dem Punkte, wo Hrafnkel aufgefordert wurde, sich zu verteidigen, wenn nicht etwa jemand da wäre, der für ihn die verteidigung führen wolle in richtigem Rechtsgänge. Lauter Beifall folgte Sams Rede. Keiner meldete sich, um Hrafnkel zu verteidigen. Einige Leute sprangen Hrafnkels Hütte und erzählten ihm, was im Werke war. Er gab sofort Folge, ließ seine Leute aufstehn und ging zu den Gerichten. Er wußte wohl, daß an verteidigung kaum zu denken sei, gedachte aber den kleinen Leuten, die gegen ihn klagten, das Handwerk zu legen, wollte dem Sam das Gericht auseinander jagen und ihm den Prozeß zerschlagen. Aber dazu war keine Aussicht-Es stand eine solche Menge Menschen davor, daß Hrafnkel nicht herankam. vielmehr wurde er mit großer Übermacht weggedrängt, sodaß es ihm nicht einmal vergönnt ward, die Rede seiner Ankläger zu hören. Es fiel ihm also schwer, seine verteidigung vorzubringen. Indessen führte Sam die Anklage bis zu Ende: bis die Acht heraussprang für Hrafnkel.

Hrafnkel ging zu seiner Hütte, ließ die Pferde satteln und verließ das Thing, übel zufrieden mit dem Urteil, denn erbaue ein solches noch nie erlebt. Er ritt auf die Lyngtalheide und weiter zur Halde und geradeswegs nach Hause ins Hrafnkelstal. Dort ließ er sich in Adelfarm nieder und tat, als wäre nichts geschehen.

Sam aber war noch auf dem Thing und trug den Kopf nicht niedrig. viele waren mit dem Ablauf der Sache wohl zufrieden , daß Hrafnkel einmal blamiert war; sie dachten daran, wie manchem er zu nahe getreten war. Sam wartete, bis das Thing sich auflöste und die Leute sich zur Heimreise anschickten. Er dankte den Brüdern für ihre Hilfe. Da fragte ihn Thorgeir lachend, wie er über die Sache dächte. Er äußerte sich sehr zufrieden. Thorgeir sagte: ,Glaubst du jetzt weiter zu sein als



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vorher: Darauf Sam: ,Hrafnkel hat eine Schande erlebt, von der man noch lange sprechen wird, von dieser seiner Schande, und das ersetzt eine hohe Geldbuße.' ,Der Mann ist nur halb geächtet, solange die Exekution nicht vollzogen ist, und das muß an seiner Heimstätte geschehen, vierzehn Tage nach der Waffennahme.' Waffennahme heißt es, wenn die Landsgemeinde vom Thing reitet. ,Und ich glaube,' fuhr Thorgeir fort, ,Hrafnkel ist heimgekommen und gedenkt, in Adelfarm zu bleiben. Er wird auch, euch zum Trotz, nach wie vor Gode sein. Du aber gedenkst jedenfalls heimzureiten und dich in deinen Hof zu setzen — wenn du dazu kommst, was der günstigste Fall ist. Dein Prozeß hat dir dann das eingebracht, daß du ihn Waldmann' nennen darfst. Aber seine Schreckensherrschaft wird andauern — wenn es dir nicht etwa noch extra schlimm ergeht.' ,Das geht mich nichts an', sagte Sam. ,Du bist ein tüchtiger Kerl', sagte Thorgeir, ,und mich dünkt, mein Bruder Thorkel, nachdem er einmal A gesagt hat, wird auch B sagen. Er wird dir zur Seite stehn, bis der Handel zwischen dir und Hrafnkel ganz ausgetragen ist, so daß du dann ruhig leben kannst. Ihr werdet finden, daß wir die Nächsten dazu sind, euch zur Seite zu stehn, da wir uns vorher am tiefsten auf die Sache eingelassen haben. Wohlan, wir wollen dir helfen, dich auf eine Zeitlang in die Ostfjorde begleiten. Weißt du einen Weg dahin. der keine allgemeine Landstraße ist" Sam erklärte, er werde denselben Weg einschlagen, den er gekommen war. Und er war froh hierüber.


5. Wie das Urteil vollstreckt ward

Thorgeir wählte sein Gefolge aus und nahm vierzig Mann mit. Sam hatte auch vierzig Mann. Der Trupp war gut bewaffnet und beritten. Sie ritten alle denselben Weg, bis sie in der Morgendämmerung ins Gletschertal kamen. Sie überschritten die Brücke der Gletscherach. Es war der Morgen deo Tages, an dem die Exekution vollzogen werden mußte. Da fragte Thorgeir, wie sie am besten unbemerkt herankam 

1 D. h. Geächteter, zum ,Waldgang' verurteilter. vergl. die Erzählung von Thorstein Stangenhieb mit Anmerkung S. 51,



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men könnten. Sam sagte, dafür wisse er Rat. Sogleich bog er vom Wege ab, hinauf auf den Rücken und dann den Berg ug zwischen Gletschertal und Hrafnkelstat entlang, bis sie von außen herum unter die Spitze des Berges kamen, an dessen Fuße das Gehöft Adelfarm liegt. Grasige Klüfte zogen sich zur Hochebene hinauf, aber zum Tal hinab war der Abhang steil, und gerade unterhalb stand das Gehöft,

Da stieg Sam vom Pferde und sagte: ,Lassen wir unsere Pferde weiden, zwanzig mann bleiben bei ihnen zurück. Wir andern sechzig greifen das Gehöft an. Da unten wird wohl noch niemand auf den Beinen sein.' Man tat, wie er vorschrieb, und es heißt dort seitdem die Roßklüfte,

Bald waren sie unten beim Gehöft. Da war die Zeit des Aufstehens vorüber. doch die Leute lagen noch im Schlaf. Sie stießen die Tür mit einem Balken auf und sprangen hinein. Hrafnkel lag in seinem Bette. Sie holten ihn heraus und alle seine Hausgenossen, soweit sie waffenfähig waren. Frauen und Kinder wurden in ein Haus getrieben.

Im Hofe stand ein einzelnes Vorratsgebäude, von dem ein Balken, um Kleider aufzuhängen, zur Wand des Wohnhauses hinüberführte. Dorthin brachten sie Hrafnkel und seine Leute. Er bot hohes Lösegeld für sich und die Seinen. Als das nichts half, bat er um das Leben seiner Leute, ,denn sie haben euch nichts zu Leide getan,' sagte er, ,ssr mich aber ist es keine Unehre, wenn ihr mich totschlägt. Um dem zu entgehn, sage ich kein Wort. Gegen Mißhandlungen aber erhebe ich Einspruch. Davon habt ihr keine Ehre.' Thorkel erwiderte: ,Wir haben gehört, du bist gegen deine Feinde stets wenig gefällig gewesen. Es trifft sich gut, daß du heute selbst solche Erfahrung machen kannst.' Und sie ergriffen Hrafnkel und seine Leute und banden ihnen die Hände auf dem Rücken. Dann erbrachen sie das vorratshaus, nahmen Stricke von den Haken herab, bohrten mit den Messern Löcher in ihre Fersen, zogen die Stricke hindurch , warfen die Enden über den Balken und hängten sie alle acht daran auf. Da sagte Thorgeir: ,Nun bist du endlich in der Stellung, Hrafnkel, die du schon längst hättest einnehmen sollen. Du hättest wohl kaum geglaubt, daß je von irgend einer



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Seite eine solche Schmach über dich kommen würde, wie jetzt bier zu sehen ist! —Wofür entscheidest du dich nun, Thorkel: willst du hier bei Hrafnkel sitzen und sie bewachen, : der lieber mit Sam hinausgehn bis auf Bogen schuß weite vom Gehöft und von einem Steinhügel aus, wo weder Acker noch Wiese ist, die Exekution verkünden?' Dies mußte dazumal geschehen, wenn die Sonne genau im Süden stand. Thorkel sagte: ,Ich will hier bei Hrafnkel sitzen; das scheint mir die leichtere Aufgabe.' Da gingen Thorgeir und Sam und verkündeten die Exekution. Sie kamen zurück, nahmen Hrafnkel und seine Leute herab und setzten sie im Hofe nieder, die hatten ganz blutunterlaufene Augen.

Da sagte Thorgeir zu Sam, er möge jetzt mit Hrafnkel anfangen, was er wolle; ,denn jetzt sieht er mir nicht mehr gefährlich aus', sagte er. Sam gab da Bescheid: ,Ich lasse dir die Wahl, Hrafnkel: entweder führen wir dich hinaus und mit dir die von deinen Leuten, die du willst, und schlagen dich tot. Weil du aber für viel hilfloses Pack zu sorgen hast, so will ich dir vergönnen, diese Fürsorge auszuüben. Willst du also am Leben bleiben, so verlaß mit deinem ganzen Anhang Adelfarm und nimm nur so viel Geld und Gut mit, als ich dir zumesse. Das wird aber nur gans wenig sein können, wenn ich Hof und Herrschaft von dir übernehmen soll. Du darfst nie Ansprüche darauf erheben und ebensowenig deine Erben. Du darfst nicht näher wohnen als östlich vom Fließ. Willst du hieraufeingehn, fo magst du es mir durch Handschlag zusichern.' Hrafnkel rel versetzte: ,Manchem würde ein schneller Tod besser dünken als solche Mißhandlungen. Aber mir wird es gehn wie andern vor mir: ich ergreife die Gelegenheit und wähle das Leben. Hauptsächlich tue ich es um meiner Söhne willen, denn aus ihnen wird nichts, wenn ich ihnen wegsterbe.'

Daraufhin wurde Hrafnkel losgebunden und überließ Sam, die Bedingungen festzusetzen. Sam teilte ihm so viel Habe zu, wie ihm genehm war, und es war in der Tai wenig. Seinen Spieß behielt Hrafnkel, doch sonst keine Waffen. Noch denselben Tag verließ er Adelfarm und mit ihm alle seine Hausgenossen.



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Thorkel sagte zu Sam: ,Ich weiß nicht, was du dir hierbei denkst. Du wirst es selbst am meisten bereuen, daß du ihm das Leben läßt.' Sam erklärte, es gehe nicht anders.

Hrafnkel zog durch den Fließtalbezirk und quer über das Fließtal auf die Ost seite des Seefließes. Beim Seende lag ein kleiner Hof, der Lothilla hieß. Diesen Besitz kaufte Hrafnkel auf Borg, denn seine Mittel reichten eben hin zum Wirtschaftsbetrieb. Man redete viel davon, wie sein Übermut so plötzlich ein Ende genommen hatte, und manchem fiel das Sprichwort ein, daß Hochmut vor dem Fall kommt.

Das neue Land war sehr waldig und unwegsam, die Häuser baufällig, und darum kaufte er alles billig. Aber Hrafnkel ließ es sich nicht verdrießen, fällte den Wald, so groß er war, und errichtete da ein stattliches Gehöft, das später Hrafnkelshausen hieß und immer für einen wertvollen Hof gegolten hat. Die ersten Jahre aber wohnte Hrafnkel doch recht unbehaglich. Solange das Gehöft im Bau war, legte er selbst mit Hand an. Anfangs zog er im Winter Kälber und Lämmer auf, und er brachte sie gut durch, so daß fast jedes Tier, das zu versorgen war, am Leben blieb. Man konnte beinahe sagen: jedes Tier hatte zwei Köpfe. Gleich im ersten Sommer gab das Fischen im Seefließ reichen Ertrag, das kam den Leuten dort im Bezirk für ihre Wirtschaft zugute, und es blieb so in den nächsten Sommern.


6. Wie es Freyfaxi erging

Auf Adelfarm wurde Sam Hrafnkels Nachfolger. Bald richtete er ein stattliches Gastmahl aus und lud dazu alle, die des vorigen Goden Thingleute gewesen waren. Er erbat sich, an Hrafnkels Statt ihr vormann zu sein. Die Leute sagten ja dazu, dachten aber doch noch verschieden darüber. Die Thjostarsöhne ihm, freundlich, freigebig und hilfreich gegen seine Mannen zu sein, eine kräftige Stütze für jeden, der seiner bedürfte: ,Tust du das, so sind sie keine Männer, wenn sie dir nicht willig Gefolgschaft leisten bei allem, wozu du sie brauchst. Wir raten dir dies deshalb. weil wir möchten, daß dir alles wohl gerät, denn du giltst uns als ein wackerer Mann. Achte also



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wohl auf alles und sieh dich vor, denn schwer ist's, den Schlechten auszuweichen.'

Die Thjostarsöhne ließen auch Freyfaxi und seine Stuten holm und erklärten, diese Prachtstücke sehen zu wollen, von denen so viel erzählt wurde. Die Pferde wurden vorgeführt, und die Brüder betrachteten sie. Da sagte Thorgeir: ,Die Stuten scheinen mir nötig für die Wirtschaft. Ich rate, daß sie eingespannt werden und sich nützlich machen, bis sie alt und aufgebraucht sind. Der Hengst dagegen dünkt mich nicht besser als andere Hengste, vielmehr schlimmer, weil so manches Schlimme von ihm ausgegangen ist. Ich will nicht; daß noch mehr Totschläge von ihm ausgehn, als er schon verschuldet hat. Es scheint in der Ordnung, daß der ihn bekommt, dem er gehört.' Sie führten den Hengst die Ebene hinab. Unten am Flusse ist ein Felsen und davor eine tiefe Stelle im Grunde. Auf diesen Felsen führten sie den Hengst. Die Thjostarsöhne zogen ihm einen Sack über den Kopf, nahmen lange Stangen und jagten ihn vorwärts ins Wasser hinab. Da sie ihm einen Stein an den Hals gebunden hatten, kam er uni. Der Felsen heißt seitdem Frey-

Weiter abwärts standen die Tempel, die Hrafnkel gehört hatten. Thorkel wollte dorthin. Er ließ sämtliche Götterbilder plündern, dann den Tempel anzünden und alles verbrennen.

Danach brachen die Gäste auf. Sam wählte wertvolle Geschenke für beide Brüder, sie versprachen sich gegenseitig treues Zu- sammenhalten und schieden als gute Freunde. Die Brüder ritten geradeswegs ins Westland und kamen ruhmvoll heim zum Dorschfjord. Sam ließ den alten Thorbjörn in Spielball wohnen. Sams Frau sog zu ihm nach Adelfarm, und er wohnte dort von nun an.


7. Hrafnkel auf Hrafnkelshausen

Drüben im Fließtal hörte Hrafnkel, daß die Thjostarsöhne Freyfaxi ertränkt und den Tempel verbrannt hatten. Da sagte er: ,Dummes Zeug der Glaube an die Götter!' und erklärte, von jetzt an nicht mehr auf Götter zu vertrauen. Er bandelte auch danach, opferte niemals mehr.



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Hrafnkel saß auf Hrafnkelshausen und häufte seine Habe. Er gedieh bald zu hohem Ansehen im Bezirk, so daß jeder so sitzen und so stehn wollte wie Hrafnkel. Damals kamen besonders viel Schiffe aus Norwegen nach Island, und viele neue Ansiedler ließen sich zu Hrafnkels Zeit gerade in jenem Bezirk nieder. Aber zur Selbständigkeit brachten es nur die, die Hrafnkel um Erlaubnis baten. Alle mußten sich ihm zur Gefolgschaft verpflichten. Er versprach dagegen seinen Schutz. Das ganze Land östlich vom Seefließ unterwarf er sich. Und diese Thingmannschaft wurde bald weit größer und zahlreicher als seine frühere. Sie reichte hinauf ins Rutschental und das ganze Seefließ entlang.

Mit seiner Sinnesart war eine Veränderung vorgegangen. Er war viel beliebter als früher. Was wirtschaftliches Streben und Gastfreiheit anging, so blieb er derselbe. Aber der Mann war in allen Stücken ruhiger, leutseliger und umgänglicher als zuvor. Oft trafen er und Sam einander bei Versammlungen, doch erwähnten sie niemals, was zwischen ihnen vorgefallen war.

So ging es sieben Jahre. Sam war beliebt bei seinen Thingleuten , denn er war umgänglich, friedliebend und willig sum Beistand, wohl eingedenk dessen, was die Brüder ihm geraten hatten, und er hielt dabei auf prächtiges Auftreten.


8. Von Eyvind, Bjarnis Sohn

Es wird berichtet, daß in die Rotwalförde ein Schiff einlief . Der Steuermann war Eyvind, Bjarnis Sohn. Er war sieben Jahre draußen gewesen, hatte sich tüchtig herausgemacht und war ein starker, mutiger Mann geworden. Bald erfuhr er, was vorgegangen war, sagte aber wenig dazu. Er war einer von denen, die sich nicht gern um alles kümmern.

Sobald Sam benachrichtigt wurde, ritt er zum Schiff. Es gab ein frohes Wiedersehen zwischen den Brüdern. Sam lud Eyvind zu sich ein. Der nahm es an und bat Sam, vorauszureiten und ihm Pferde entgegenzuschicken für seine Waren. Er ließ sein Schiff auf den Strand ziehen und festmachen. In wischen tat Sam nach seiner Bitte, ritt heim und ließ Eyvind Pferde entgegentreiben.



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Als dieser seine Waren aufgepackt hatte, brach er auf nach dem Hrafnkelstal und sog die Rotwalförde entlang. Sie waren ihrer fünf; dazu kam als sechster Eyvinds junger Diener. Der war Isländer von Geburt und mit Eyvind entfernt verwandt, Eyvind batie den Zungen dem Elend entrissen, mit nach Norwegen genommen und wie seinen eigenen Sohn gehalten. Diese Handlungsweise Eyvinds war allgemein bekannt, und es gab nur eine Stimme darüber, daß wenige seinesgleichen wären.

Sie ritten hinauf auf die Thorirtalheide und trieben sechzehn beladene Packpferde vor sich her. Es waren zwei Knechte Sams und drei Schiffsleute, alle in bunten Kleidern und mit blanken Schilden. Sie überquerten das Rutschental und kamen über den Hals ins Fließtal, beim Bolungfeld, und hinab auf den Gilsachstrand; der tritt von Osten an das Fließ heran zwischen Hallormshausen und Hrafnkelshausen. Sie ritten am Seefließ aufwärts, unterhalb der Felder von Hrafnkelshausen um das Seende herum und bei der Häuserfurt über die kleine Gletscherach. Da war es mitten zwischen Weck zeit und Frühstückszeit. Eine Magd stand am Wasser und spülte ihre Wäsche. Sie sah die Reiter, raffte die Wäsche zusammen und lief heim, Draußen bei einem Holzstoß warf sie sie hin und sprang ins Haus. Hrafnkel war noch nicht aufgestanden, auch einige Vor knechte lagen noch im Schlafraum. die Arbeitsleute aber waren aufs Feld gegangen. Es war um die Zeit der Heuarbeit.

Als die Frau hereinkam, sing sie an: ,Wahr ist, was die väter sagten: je älter, um so sager! Rasch zu Ansehen kommen ist nichts wert, wenn man dann nicht mehr weiß, wao man 1ich schuldig ist und sich nicht getraut, einmal Genugtuung zu nehmen inen! Sehr zu verwundern ist so etwas bei einem Manne; der einst tüchtig war! Umgekehrt ist es mit solchen, die beim Vater aufwachsen und von euch übersehen werden, dann aber, wenn sie erwachsen find, ein Land nach dem andern durchstreifen und nirgends, wo sie hinkommen, übersehen werden — und dann kommen sie heim und gelten mehr als die Häuptlinge. Eyvind, Bjarnis Sohn, ist eben bei der Häuserfurt über den Fluß geritten mit so blankem Schild, daß es nur so leuchtete; er istein ansehnlicher Mann - es würde sich lohnen!' Die Magd war



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tüchtig im Zuge. Hrafnkel stand auf und antwortete ihr: ,Kann sein, daß du so ziemlich die Wahrheit sagst — und offenbar nicht zu deinem eigenen Nutzen. Es geziemt sich, daß du auch deine Mühe davon hast. Lauf, so schnell du kannst, nach Weitfelden zu den Söhnen des Hallstein, Sigvat und Snorri. Sag' ihnen, sie sollen sogleich zu mir kommen mit allen Waffenfähigen , die bei ihnen sind.'

Eine weite Magd schickte er nach Hrolfshausen, um die Söhne des Hrolf, Thord und Halli, mit ihren waffenfähigen Leuten zu holen. Beide, die von Weitfelden und Hrolfshausen, waren Männer von Ruf und Erfahrung. Auch nach seinen Knechten schickte Hrafnkel. Sie wurden ihrer achtzehn, waffneten sich in Eile und ritten über den Fluß, jenen nach,

Da waren Eyvind und seine Leute auf die Heide gelangt. Er ritt westwärts durch die Bessigasse mitten auf die Heide. Da ist ein offenes Moor, es reitet sich da wie durch lauter Schlamm, und der reichte ihnen immerfort bis ans Knie oder gar halb den Oberschenkel hinauf, zuweilen bis an den Leib; unten ist es hart wie Fels. Westlich folgt eine nackte Felsplatte. Als sie diese erreichten, sah der Bursche sich um und sagte zu Eyvind Es reiten Leute hinter uns her, nicht weniger als achtzehn. Dabei ist ein großer Mann in blauen Kleidern, der sieht mir wie der Gode Hrafnkel aus; freilich hab' ich den lange nicht gesehen.' Eyvind entgegnete: ,Was geht uns das an: Ich habe von Hrafnkel nichts zu fürchten, hab ihm nichts getan. Er wird Geschäfte haben drüben im Gletschertal, vielleicht will er Freunde dort besuchen.' Der Bursche antwortete: ,Mir ist, als wollte er dich besuchen.' ,Meines Wissens,' sagte Eyvind, ,hat er mit meinem Bruder Sam nichts gehabt, seit sie sich damals versöhnten.' Der Bursche antwortete ,Ich wünschte, daß du dich westwärts ins Tal davon machst; da wirst du geborgen sein. Ich kenne Hrafnkels Sinnesart: bekommt er dich nicht, so wird er uns nichts tun. Alles ist in Ordnung, wenn du in Sicherheit bist. Da ist dann eben der Fuchs aus dem Eisen geschlüpft. Und es ist gut, was auch aus uns wird.' Eyvind erklärte, er werde sich nicht so eilig davon machen; ,ich weiß ja gar nicht, was das für Leute sind,' sagte er, ,manchem würde



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es lächerlich vorkommen, wenn ich so ins Blaue hinein auskneife'

Sie ritten über das Steinfeld hinaus. Da hatten sie vor sich ein zweites Moor, das Ochsenmoor; das ist weithin mit Gras bewachsen. Es hat solche Schlammmassen, daß es beinahe unwegsam ist. Deshalb hatte seinerzeit der alte Hallfred die Straße oben herum gelegt, obwohl das weiter war. Eyvind ritt in das Moor hinein. Da saßen bald die Lasttiere im Schlamme fest, und das hielt sie sehr auf. Jene aber, die ledig ritten, kamen schnell näher und ritten bald ihrerseits in das Moor hinein. Da hatten Eyvind und die Seinen den jenseitigen Rand erreicht, und nun erkannten sie Hrafnkel und seine beiden Söhne. Man bat Eyvind, davonzureiten: ,die unwegsamen Strecken liegen alle hinter uns; du wirst Adelfarm erreichen, ehe sie über das Moor herüber sind.' Eyvind antwortete: ,Ich fliehe nicht vor Leuten, denen ich nichts zu leide getan habe.'

Sie reiten auf den Bergrücken hinauf. Oben erheben sich einzelne Anhöhen und vor der einen ein verwehter Strandhaferhügel , der rings steil abfiel. Zu diesem Hügel reitet Eyvind, steigt ab und wartet. ,Jetzt wird sich gleich zeigen, was sie vorhaben,' sagt er. Sie besteigen den Hügel und brechen oben eine Anzahl Steine los. Inzwischen biegt Hrafnkel vom Wege ab und auf den Hügel zu. Ohne ein Wort zu sagen, beginnt er sogleich den Angriff. Eyvind wehrt sich gut und wacker.

Sein Bursche wußte sich nicht kräftig genug zum Kämpfen, nahm sein Pferd, ritt über den Bergrücken nach Adelfarm und meldete Sam, was los war. Sam gab sogleich Folge und schickte nach Leuten. Sie wurden ihrer zwanzig; es war eine wohlausgerüstete Schar. Mit ihnen ritt Sam auf die Heide hinauf und dahin, wo der Kampfplatz gewesen war. Da hatte es sich zwischen ihnen entschieden. Man sah Hrafnkel ostwärts davon reiten. Eyvind war gefallen und mit ihm alle seine Leute.

Das erste, was Sam tat, war, nachzusehen, ob sein Bruder noch ins Leben zurückzurufen war. Aber das Stück Arbeit war gründlich getan: sie waren alle fünf tot. Auf Hrafnkels Seite waren zwölf gefallen; sechs ritten von dannen.



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Sam hielt sich nicht lange auf und befahl seinen Leuten, die verfolgung aufzunehmen. Hrafnkel und die Seinen ritten, so scharf sie konnten, hatten aber müde Pferde. Da sagte Sam: Einholen können wir sie, denn sie haben müde Pferde und wir lauter frische. Ob es uns gelingt, muß sich zeigen, ehe sie von der Heide herunter sind.' Inzwischen war Hrafnkel bis auf die Ostseite des Ochsenmoors gekommen. Es ritten nun beide Parteien, bis Sam an den Rand der Heide gelangte. Da sah er, daß Hrafnkel schon weit hinab in die vorhügel gekommen war, und erkannte, daß er ins flache Land entwischen würde. Da sagte er; ,Hier wollen wir umkehren, denn Hrafnkel wird Zuzug erhalten.'

Damit kehrte Sam um, kam an die Stelle, wo Eyvind lag, griff zu und bestattete ihn und seine Gefährten unter einem Hügel. Seitdem heißt es dort Eyvindhügel, Eyvindberg und Eyvindial.

Dann ritt Sam mit der ganzen Ware nach Hause nach Adelfarm. Heimgekommen schickte er nach seinen Thingleuten, sie sollten am nächsten Morgen vor dem Frühstück sich einfinden. Er wollte ostwärts über die Heide — und ,werde dann, was mag!' Als Sam am Abend zu Bett ging, war schon ein guter Teil der Mannen zur Stelle.


9. Hrafnkels Rückkehr

Hrafnkel ritt heim und erzählte, was geschehen war. Er ass und sammelte gleich Mannschaft, so daß er gegen siebzig beisammen hatte, ritt mit diesem Gefolge über die Heide, erschien unerwartet in Adelfarm, ergriff Sam in seinem Bett und führte ihn vor das Haus. Da sprach Hrafnkel: ,Jetzt bist du in eine Lage gekommen, Sam, die du noch vor kurzem für unwahrscheinlich gehalten hättest. Dein Leben steht in meiner Hand. Nun will ich dich nicht weniger anständig behandeln, als du mich behandelt hast. Ich lasse dir die Wahl: entweder du wirst totgeschlagen —das andere ist, daß ich allein zwischen uns das Urteil finde.' Sam erklärte, er siehe das Leben vor, finde aber, daß beides hart sei. Hrafnkel sagte, das könne er glauben, ,aber', meinte er, ,wir sind es dir ja so schuldig; und



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ich würde dich doppelt so gut behandeln, wenn es der Mühe wert wäre. Du sollst von Adelfarm umziehen nach Spielball unten und da auf deinem Hofe bleiben. Mitnehmen kannst du die Sachen, die Eyvind gehört haben, sonst nichts; nur das, was du seinerzeit hierher mitgebracht hast, das sollst du alles auch wieder fortnehmen. Ich will mein Godentum wieder übernehmen, ebenso den Hof und die Heimstatt. Ich sehe, daß mein Besitz tüchtig gewachsen ist; davon sollst du keinen Nutzen haben. Eyvind, deinen Bruder, soll keine Buße gezahlt werden, weil du die Buße für deinen früher gefallenen verwandten so schonungslos eingetrieben hast. Ihr habt reichlich Genugtuung für Einars Tod, indem du sechs Jahre Herrschaft und Habe besessen hast. Eyvinds und seiner Leute Fall dünki mich nicht mehr wert als jene Mißhandlung an mir und meinen Leuten. Du vertriebst mich aus dem Bezirk; ich aber lasse mir daran genügen, daß du in Spielhall sitzt. Das wird dir gefallen, so lange du dir keine verlegenheiten ertrotzt. Mein Untertan sollst du sein, so lange wir beide leben. Du kannst darauf rechnen, daß es dir um so schlimmer ergehn wird, je öfter wir beide in Streit geraten.' Sam zog mit seinen Hausgenossen fort, hinunter nach Spielhall, und bezog wieder seinen alten Hof.


10. Sams Besuch am Dorschfjord

Hrafnkel mit seinen Leuten richtete sich auf Adelfarm ein. Auf Hrafnkelshausen ließ er seinen Sohn Thorir wohnen-so war er Gode über beide Bezirke. Asbjörn blieb beim Vater im Hause, denn er war noch zu jung.

Sam saß den Winter über still in Spielhall. Er war schweigsam und gab sich mit wenig Dingen ab. Es war offenkundig, daß ihm seine Lage wenig behagte.

Als im Winter die Tage länger wurden, brach Sam mit einem Begleiter auf, nahm aber drei Pferde mit. Er ritt über die Brücke, von da über die Nesseltalheide und dann über die westliche Gletscherach, weiter zum Mückensee, über die Fließheide, durch die Lauterseescharte; und er machte erst halt, als er drüben die Westküste erreichte und an den Dorschfjord kam. Dort wurde



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er gut aufgenommen. Thorkel war gerade wieder von der Reise heimgekehrt, nachdem er vier Jahre auswärts gewesen.

Sam blieb eine Woche und ruhte sich aus. Dann erzählte er den Brüdern seinen Handel mit Hrafnkel und bat sie, ihm noch einmal Hilfe und Mannschaft zu leiden. Diesmal führte hauptsächlich Thorgeir das Wort für die Brüder. Er erklärte, der Sache fern bleiben zu wollen — ,es ist zu weit von uno zu euch. Wir meinten dich gut in Gang gebracht zu haben, ehe wir dich verließen, so daß es dir leicht wäre, dich zu halten. Es ist gekommen, wie ich mir dachte, als du Hrafnkel das Leben schenktest. Ich sagte dir, das würdest du selbst am meisten bereuen . Wir trieben dich an, Hrafnkel aus der Welt zu schaffen. Aber du liesest dir nicht dreinreden. Jetzt ist es klar, wie viel klüger er ist als du. Er ließ dich anfangs ruhig hausen und ging dir erst zu Leibe, als er den andern aus dem Wege geräumt hatte, der ihm wichtiger schien als du. Für dein Pech können wir nicht aufkommen. Auch ist uns nicht gerade so viel daran gelegen, mit Hrafnkel uns zu messen, daß wir unsere Stellung darum noch einmal aufs Spiel setzen möchten. Aber wir wollen dich mit den Deinigen hierher einladen, daß du unter unserm Schutze lebst —falls du dir hier ein Leben mit leichterem Herzen versprichst als unter Hrafnkels ?lugen.' Sam erklärte sich das nicht zu getrauen, sagte, er wolle heim, und bat sie, ihm frische Pferde für die seinigen zu geben. Alsbald war er reisefertig. Die Brüder wollten Sam reich beschenken, er wollte aber nichts annehmen und sagte, sie wären von kleinlicher Gesinnung.

Damit ritt Sam heim und wohnte nun in Spielhall bis in sein Alter. Er kam nie mehr in die Höhe gegenüber Hrafnkel, so lange er lebte.

Hrafnkel aber saß auf seinem Hofe und behauptete seine Stellung . Er starb an einer Krankheit. Sein Hügel ist im Hrafnkelstal hinter Adelfarm. Ins Grab mitgegeben wurde ihm viel Gut, seine ganze Waffenrüstung und sein guter Speer.

Das Godentum erbten seine Söhne. Thorir wohnte auf Hrafnkelshausen, Asbjörn auf Adelfarm. Sie verwalteten die Godenschaft gemeinsam und galten für ansehnliche Männer.

Hier hat die Geschichte von Hrafnkel ein Ende.



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Die Geschichte von Mn Söhnen der Droplaug



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1 . Wie Ketil Lärm seinen besten Kauf machte

Es war ein Mann namens Ketil, mit dem Beinamen Lärm, der wohnte im Rutschental auf dem Häuserhof. Und es war ein Mann namens Atli, der war Ketils Bruder und zubenannt Ätti Grütze. Sie wirtschafteten zusammen und waren sehr wohlhabend, segelten ins Ausland als Kaufleute und erwarben große Reichtümer. Ihr Vater hieß Thidrandi.

Eines Frühlings rüstete Ketil sein Schiff in der Rotwalförde, denn dort hatte er es den Winter über stehn gehabt, und dann stachen sie in See. Sie waren lange unterwegs, landeten im Herbst in Konungahella 1 und zogen dort ihr Schiff ans Land. Darauf kaufte Keul sich Pferde und ritt, zwölf Mann stark, nach Jämteland zu einem Manne namens Bethorm. Der war ein großer Häuptling und Ketils guter Freund. Sein Vater war Rögnvald, der Sohn des Ketil von Roms dal. Vethorm hatte drei Brüder, Grim, Guttorm und Ormar. Die waren alle graße Krieger; im Winter lebten sie bei vethorm und im Sommer auf Heerfahrten. Ketil blieb mit seinen Leuten den Winter über dort.

Zu Vethorms Haushalt gehörten zwei Frauen unbekannter Herkunft. Die eine tat alle Arbeit, die sie konnte; die andere saß und nähte, und diese war die ältere. Die jüngere Frau machte ihre Arbeit gut, aber man lohnte es ihr übel. Sie weinte oft, und Ketil bemerkte das.

Eines Tages - Ketil war noch nicht lange dort — ging diese Frau mit Wäsche zum Fluß und wusch. Dann wusch sie auch ihren Kopf, und ihr Haar war reich und schön und kleidete sie gut. Kerrt hatte sie bemerkt, ging ihr nach und fing ein Gespräch mit ihr an. ,Wer bist du?' fragte er. ,Arnheid heiße ich, 'versetzie sie. Darauf Ketil: ,Und deine Sippe" ,Ich sollte meinen, das geht dich nichts' Er drang aber eisig in sie und bat sie, es ihm zu sagen. Da sprach sie unter Tränen: Mein Vater hieß Ashjörn ; man nannte ihn Scherenbliß. Er herrschte über die Hebriden und war Jarl über die Inseln 

1 Am Göta-Liv (fest Kong eiv).



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nach Tryggvis Fall. Dann heerten vethorm und seine Brüder dort mit achtzehn Schiffen. Sie kamen nachts sum Gehöft meines Vaters und verbrannten ihn und alle Mannsleute im Hause. Wir Frauen erlangten freien Ausgang. Mich und meine Mutter, die Sigrid heißt, brachten sie hierher, die andern Frauen verkauften sie als Mägde. Herr über die Inseln ist jetzt Guttorm.'

Sie trennten sich. Am nächsten Tage sagte Keul zu vethorm: Willst du mir Arnheid verkaufen: vethorm antwortete: Weil wir Freunde sind, kannst du sie für ein halbes Hundert Silbers 1 bekommen.' Ketil erbot sich noch Geld zu zahlen für ihren Unterhalt, denn sie sollte nicht arbeiten. Und vethorm versprach ihr denselben Unterhalt zu gewähren wie seinem übrigen Gefolge.

In diesem Sommer kamen Vetborms Brüder Grim und Ormar nach Hause von Heerfahrten in Schweden. Jeder der beiden hatte ein Lastschiff, beladen mit seinem Beuteanteil. Sie überwinterten bei vethorm und rüsteten im Frühjahr ihre Schiffe zur Islandfahrt. Sie und Ketil gedachten zusammen zu segeln. Und als sie vor der Wik 2 lagen, bat Arnheid Ketil, er möge sie an Land gehn lassen, um sich Waldfrüchte zu sammeln , und eine andere Frau mit ihr, die auch auf dem Schiffe war. Er erlaubte es ihr, hieß sie aber nicht zu weit sich entfernen . Die beiden gingen also an Land und kamen an den Fuß eines Hügels. Da fing es stark an zu regnen. Arnheid sagte: ,Geh zum Schiffe und bitte Ketil, daß er zu mir kommt. Ich fühle mich krank.' Die andere tat es, und Ketil kam allein zu Arnheid. Sie grüßte ihn und sprach: ,Sieh, ich habe hier Kohlen gefunden.' Sie gruben den Sand auf, fanden eine Kiste voll Silber und kehrten damit an Bord zurück. Retil bot ihr an, er wolle sie mit dem Gelde zu ihren verwandten bringen. Aber sie blieb lieber bei ibm.

Sie stachen in See, und die Schiffe kamen auseinander. Ketil landete mit dem seinigen in der Rotwalförde, zog es auf den Strand und begab sich auf seinen Hof. vierzehn Tage später 

1 Vergleiche die Anmerkung S. 32. Die große Bucht, an der jetzt Christiania liegt.



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landete Ormar ebenfalls in der Rotwalförde; Ketil lud ihn ;u sich ein, und das Schiff wurde aufs Trockene gelegt. Im selben Sommer kam Grim mit seinem Schiff an die ,Strande', in den Hafen, der Kockensund heißt, und überwinterte bei einem Manne namens Thorkcl. Im Frühjahr darauf ergriff er Besitz von dem Lande, das seitdem Grimskap heißt, und wohnte am Hausberge bis zu seinem Lebensende.


2. Von Ketils Nachkommen

Jetzt ist von Keul zu berichten, daß er sich Land kaufte westlich vom Seefließ. Der Hof hieß Arnheidhausen, wo er seitdem wohnte. Auf dem Frühjahrsthing kaufte er auch Land für Ormar; das hieß Ormarhausen und lag am Seefließ etwas weiter nach der Rüste zu; dort wohnte Ormar bis in sein Alter. Bald kaufte sich Ketil auch ein Godentum blankes Silber. Früher hatten er und sein Bruder, der Grützen Atli, sich immer alles Geld geteilt. Nun kaufte Atli sich Land auf der Ostseite des Seefließes, oberhalb von Hallormshausen, an der Atlibucht, wie es seitdem heißt, und wohnte dort bis zu seinem Tode. Jetzt sieht man dort Reste von viehställen.

Darauf hielt Keul Hochzeit mit Arnheid, denn sie war eine sehr tüchtige Frau. Die beiden hatten einen Sohn namens Thidrandi; der war ein großer und schöner Mensch. Ketil starb früh. Da erbte Thidrandi des Vaters Vermögen und Godentum.

es war ein Mann namens Havar, Sohn des Bessi, der der kluge Bessi hieß, Er wohnte auf dem Felderkap, war verheiratet und hatte zwei Kinder, einen Sohn Bessi und eine Tochter Yngvild. Diese galt für die beste Partie dort in der Gegend. Thidrandi warb um sie, und sie wurde seine Frau.

Es war ein Mann namens Egil, Er hatte das ganze Land um den Nordfjord in Besitz genommen und wohnte da, wc es Auf dem Kap heißt. Mit Beinamen hieß er der Rote und war ein Sohn des Gothorm, war verheiratet und hatte eine Tochter namens Ingibjörg, Um sie warb Bessi, Havars Sohn, und sie wurde seine Frau und brachte ihm als Mitgift das Kapland.



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Thidrandi und Yngvild hatten viele Kinder: ein Sohn hieß Ketil, ein anderer Thorvald, eine Tochter Joreid (die Siduhall heiratete), eine andere Hallkatla (die Frau Geitirs von der Kreuzbucht in der Waffenförde), eine dritte Groa, die weiter seewärts wohnte an der Eyvindache. Ein Sohn von ihr hieß Bard. Als Keul und Thorvald erwachsen waren, wurde ihr Vater Thidrandi krank und starb. Sie erbten sein vermögen, konnten es aber nicht in Einigkeit verwalten. Thorvald war groß, stark, schweigsam, von fester Sinnesart und großem Ansehen im Bezirk. Ketil war fröhlich und gesprächig. Sie teilten das Vermögen; Thorvald behielt Arnheidhausen, Ketil bekam das Godentum, wohnte an der Njardbucht und war ein großer Häuptling.

Es war ein Mann namens Thorgrim, der an den Schluchten im nördlichen Gletschertal wohnte. Er war verheiratet und hatte eine Tochter, die hieß Droplaug. Sie war schön und anstellig. Um sie freite Thorvald. Die Ehe kam zustande, und es wurden zwei Söhne geboren, erst Helgi, dann Grim; sie waren nur ein Jahr auseinander. Thorvald wurde nicht alt. Nach seinem Tode blieb Droplaug auf dem Hofe wohnen und bei ihr ihre Söhne. Helgi war hochgewachsen, schön und stark, ein fröhlicher Gesellschafter und von lautem Wesen. Um die Wirtschaft mochte er sich nicht kümmern, war aber streitbar wie nur einer. Grim war auch hochgewachsen und von starker Hand, aber schweigsam und von ruhigem Wesen, dabei ein eifriger Landwirt. Zu den Gewohnheiten der Brüder gehörten Leibesübungen aller Art, und sie galten nach ihrer ganzen Art für die ersten unter den jungen Leuten der Gegend, so daß es ihresgleichen nicht gab.


3. Die Nachbarn. Helgis erste Tat

Ein Mann namens Bessi wohnte auf Bessihausen, Sohn des Özur. Holmstein hieß ein Sohn von ihm, der wohnte auf Weitfelden — dem südlichen — und hatte zur Frau Aslaug, Thorirs Tochter, die Schwester des Goden Hrafnkel.

Auf dem nördlichen Weitfelden wohnte Hallstein aus dem Breiten



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Tal. Er war reich und beliebt. Seine Frau hieß Thorgerd, ihre drei Söhne Thord, Thorkel und Eindridi. Auf Hrafnkelshausen wohnte Thorgeir.

Helgi, Asbjörns Sohn, wohnte auf Oddshausen, oberhalb der Bocksach. Er war Gode und hatte Droplaug zur Frau, eine Tochter Bessis, und mit ihr viele Kinder,

Ein Beuer Helgis hieß Hrafnkel. Er wohnte zu Bocksach und war noch jung. Er und Helgi hatten das Godentum gemeinsam, aber Helgi versah die Geschäfte.

Damals lebte ein Mann namens An, zubenannt der Trottel, auf Gunnlaughausen unterhalb des Schmalen Kaps.

Ein gewisser Özur wohnte am Rücken, westlich vom Fließ, ein Schwager Helgis. Von ihm wird berichtet, daß er ein kluger Mann war und die Leute ihn oft in ihren Angelegenheiten um Rat Sagten.

Ein gewisser Hjarrandi wohnte in Ongulsach, östlich vom Fließ, auf den Feldern. Er hatte eine Tochter Helgis zur Frau, die Thorkatla hieß.

Ein Mann namens Björn wohnte auf den Mooren westlich von der Geißtalache, genannt Björn der Weiße und ebenfalls verheiratet mit einer Tochter Helgis.

Es war damals Sitte, den Wöchnerinnen Speise und Trank ins Haus zu bringen. So brach Droplaug, Helgis Frau, eines Tages auf, um ihre Mutter Ingibjörg in Bessihausen zu besuchen . Sie begleiteten zwei Knechte. Sie nahmen ein Gespann Ochsen mit und dazu einen Schlitten. Droplaug blieb nur eine Nacht dort oben, denn daheim in Oddshausen sollte den Tag darauf ein Gastmahl sein. Es war kurz vor dem Frühjahrsthing . Sie fuhren also heim über das Eis des Fließes. Als sie an Hallormshausen vorbei waren, da festen sich die Knechte in den Schlitten, denn die Ochsen konnten von da an den Weg allein finden. Als sie aber die Bucht südlich von Oddshausen erreichten, gerieten die Ochsen in ein Loch im Eise, und alle ertranken. Seitdem heißt es dort die Knechtsbucht. Helgi empfing die Nachricht unter vier Augen von seinem Schafhirten; er verbot ihm, es weiter zu erzählen. Darauf besuchte Helgi das Frühjahrsthing, verkaufte dort Oddshausen und kaufte



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dafür das Schmale Kap. Dorthin verlegte er seinen Wohnsitz und hoffte so Droplaugs Tod eher zu verwinden.

Nicht lange danach warb Helgi, Asbjörns Sohn, um Thordis Zotte, Brodd-Helgis Tochter, und er erhielt sie zur Frau

Auf dem Mückenkap, am Ostufer des Seefließes, nach dem Meere zu, wohnte ein wann namens Thorir. Er war verheiratet und sehr gescheit. Bei ihm lebte ein gewisser Thorgrim, zubenannt der Mistkäfer.

Es war ein Mann namens Thorsinn. Der vermietete sich im Sommer als Knecht, im Winter zog er als Händler mit Waren herum. Im Herbste war er eingekehrt bei Thorir auf dem Mückenkap und saß unter den Knechten am Feuer. Da begann eine lebhafte Unterhaltung darüber, welche Frau die beste wäre da im Bezirk, und man einigte sich auf Droplaug von Arnheidhausen vor der müßten die meisten weichen. Da sagte Thorgrim: ,Wäre sie ihrem Manne immer treu gewesen, so könnte es wohl stimmen.' ,So etwas haben wir nie gehört,' meinten alle. Inzwischen trat der Bauer Thorir hinzu und hieß sie sogleich stille sein. Die Nacht verging. Thorsinn brach auf, kam nach Arnheidhausen und berichtete Droplaug alles, was Thorirs Knechte sich erzählt hatten. Sie ging nicht gleich darauf ein, sondern schwieg.

Eines Morgens Sagte Helgi seine Mutter, was ihr fehle. Und sie erzählte den Brüdern die Verleumdung, die Thorgrim Mistkäfer ihr nachgesagt hatte: ,aber diese Schmach werdet ihr doch nicht rächen, so wenig wie irgend eine andere, mag es auch die meine sein" Sie taten, als hörten sie nicht, was sie sprach. Helgi war damals dreizehn, Grim zwölf Jahre.

Nicht lange, so machten sie sich auf und sagten, sie wollten einen Verwandtschaftsbe such machen in Eyvin dach bei Groa Wirklich gingen sie über das Eis dorthin und blieben eine Nacht dort. Am Morgen standen sie früh auf. Groa Sagte, was sie vorhätten, und sie antworteten ,Schneehühner gilt es zu jagen.' Sie gingen nach dem Mückenkap, trafen dort eine Magd und fragten nach dem Bauer. Es hieß, man sei acht Mann stark auf den Sand hinausgegangen. ,Und was tun die andern Knechte?' Sagte Helgi: ,Thorgrim Mistkäfer



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und Asmund sind nr Heuarbeit auf die Insel 1 gegangen.' Sie wandten sich vom Gehöft dem Fuß des Höhenzuges zu, an dem der Eisen seitenbach entlang fließt, und gingen so auf die Insel hinaus zu jenen. Asmund stand auf dem Heufuder, sah die Brüder kommen und erkannte sie. Sie spannten das Pferd vom Schlitten, und Thorgrim wollte nach Hause reiten. In dem Augenblick, wie er aufsitzen wollte, traf Helgi ihn mit dem Spieß in der Mitte des Leibes, und sofort fiel Thorgrim tot nieder. Asmund fuhr mit dem Schlitten heim und ängstigte sich. Die beiden aber gingen weiter und kamen zurück nach Eyvindach. Groa fragte nach ihrer Jagdbeute. Helgi sagte: ,Wir haben nur einen Mistkäfer gejagt.' ,Die Beute mag euch gering dünken,' versetzte sie, ,aber Thorir ist nicht zu verachten. Macht, daß ihr heim kommt nach Arnbeidhausen.' Sie taten es und hielten sich von nun an starke Mannschaft zu


4. Wie Helgi, Asbjörns Sohne, der erste Streich gespielt ward

Thorir kam am Abend heim und hörte, was vorgefallen war. Er sagte, die Sache gehe ihn nichts an, denn Thorgrim sei ein Freigelassener Helgis des Asbjörnsohnes. Bald besuchte er denn auch diesen und berichtete ihm den Totschlag. Ich behaupte,' sagte er, ,die verfolgung der Sache kommt dir zu.' Helgi gab es zu, und Thorir ritt heim.

Eines Tages sagte Droplaug zu ihren Söhnen: ,Ich schicke euch nach der Waffenförde, zu Geitir an die Kreuzbucht.' Sie brachen auf und kamen auf die Bergheide, und als sie ein viertel des Weges hinter sich hatten, überfiel sie ein heftiges Unwetter, so daß sie die Richtung verloren. Endlich stießen sie auf eine Hauswand und gingen um das Haus herum in der Sichtung des Sonnenlaufs, bis sie eine Tür fanden. Da merkte Helgi, daß es das Opferhaus des Bessi war. Sie ritten weiter und kamen tief in der Nacht heim nach Arnheidhausen. Das schlechte Wetter dauerte vierzehn Tage und kam den Leuten auffallend lang vor. Bessi sagte, es rühre daher, daß die Söhne 

1 Im Seefließ,



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der Droplaug in der Richtung des Sonnenlaufs um sein Götterhaus gegangen wären, und dann auch daher, daß sie die Tötung des Thorgrim nicht gesetzmäßig kundgegeben, worüber die Götter erzürnt wären. Bald danach suchte Bessi die Brüder auf. Sie machten den Totschlag kund und ritten dann die Kreuzbucht zu Geitir.

Im nächsten Frühjahr kam Thorkel, Geitirs Sohn, mit Grim und Helgi ins Fließtal zum Thing am Krakibach. Dort trafen sie sich mit Helgi, Asbjörns Sohne, und verglichen sich wegen Thorgrtms Fall, Thorkel bezahlte die Buße. Doch Helgi gefiel es übel, daß die Sache mit Geld ausgeglichen wurde; es schien ihm, so bliebe die Verleumdung ungerächt.

Die Brüder blieben an der Kreuzbucht, und Helgi lernte von Thorkel die Gesetze. Er führte nun oft Klagen durch, und besonders solche, die gegen Thingleute Helgis des Asbjörnsohnes gerichtet waren. — Regelmäßig kamen die Brüder mit ihrer Mutter zusammen.

Eindridi, der Sohn Hallsteins von Weitfelden, war auf einer Reise an der Küste von Irland gefangen genommen worden. Das erfuhren seine Brüder Thorkel und Thord. Sie fuhren aus, kauften ihn los und kamen mit ihm nach Island zurück. Da war Hallsteins Frau gestorben, und er warb um Droplaug und führte sie als seine Gattin heim nach Weitfelden. Helgi erklärte, wäre es nach ihm gegangen, so wäre es anders gekommen.

Die Brüder ritten mit zehn Begleitern hinab zum Werder zu dem Bauer Jngjald, Nidgests Sohne. Er hatte eine Tochter namens Helga. Um sie warb Grim und bekam sie zur Frau. Darauf verkaufte Jngjald sein Gut, kaufte die Hälfte von Arn- heidhausen und wirtschaftete mit seinem Schwiegervater 3u- stammen. Helgi war abwechselnd an der Kreuzbucht oder bei Grim und den Seinigen. —

Hrafnkel verlangte von seinem Vetter Helgi, Asbjörns Sohne, das Godentum, bekam es aber nicht. Da ging er zu Holmstein nach dem südlichen Weitfelden und bat ihn um Beistand. Holmstein sagte: ,Gegen Helgi, Asbjörns Sohn, werde ich nichts unternehmen, , denn er hat meine Schwester zur Frau gehabt. 1 

1 Gemeint ist Droplaug. liegt eine verwechslung vor.



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Aber ich will dir etwas raten: bitte Helgi den Droplaugsohn dir zu helfen. Ihr sollt dann meine Thingleute zur Unterstützung haben.'

Daraufhin suchte Hrafnkel Helgi, Droplaugs Sohn, auf und bat ihn um Beistand. Helgi erwiderte: ,Mir scheint, Holmstein müßte sich mehr danach richten, daß er deine Schwester zur Frau hat, als nach Dingen, die vergangen find.' Hrafnkel bat ihn aber weiter um Hilfe. Da sagte er: ,Ich rate dir: geh nach einer Woche hinaus nach Gunnlaughausen, suche An Trottel auf und geh ihm tüchtig um den Bart (zwischen Helgi, Asbjörns Sohne, und An herrschte enge Freundschaft, weil An jenem viele wertvolle Geschenke gemacht hatte); frage An, was für Ehren Helgi ihm bisher erwiesen habe, und lobe ihn selbst dabei in jedem Satze. Und wenn ihm das zu gefallen scheint, so frage ihn, ob er schon einmal zur Beisitzerwürde gelangt sei dadurch, daß Helgi Gode ist. 1 Sagt er dann, so weit habe er es noch nicht gebracht, so sage ihm, er täte am besten, Helgi, Asbjörns Sohne, auch noch seinen Zuchthengst zu schenken, damit er ;u der Ehre gelange, Beisitzer zu sein.' Damit trennten sie sich. Und bald darauf kam Hrafnkel zu An und redete zu ihm, wie Helgi geraten hatte. In dem letzten vorschlage sagte An. er wolle es versuchen.

Im Frühling versammelte man sich zum Thing. Da ernannte Helgi, Asbjörns Sohn, An Trottel sum Beisitzer. Die Sache sollte aber geheim bleiben, denn An hatte Helgi einen Hengst und nicht weniger als sechs Stuten geschenkt. Als An seinen Platz unter den Beisitzern einnahm, sorgte Helgi dafür, daß er einen Filzhut aufhatte, der sein Gesicht verbarg, und er hieß ihn auch möglichst wenig reden.

Bald kam Hrafnkel zum Gericht und mit ihm die Söhne der Droplaug und großes Gefolge. Da trat Helgi vor an die Stelle, wo An Trottel saß. Er schlug mit dem Schwert griff unter den Filzhut, so daß der abfiel, und Sagte, wer da säße. An nannte seinen Namen. Helgi Sagte: ,Wer ernannte dich zum Beisitzer kraft seiner Godenwürde?' ,Helgi, Asbjörns Sohn', antwortete er. Da forderte Helgi Hrafnkel auf, sich Zeugen zu ernennen 

1 Die Goden hatten die gerichtlichen Beisitzer 3u ernennen.



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und Helgi dem Asbjörnssohne das Godentum abzuerkennen. Er habe alle Prozesse ungültig gemacht, indem er An Trottel zum Beisitzer ernannte.

Da entstand ein großes Gedränge, und man rüstete zum Kampf, bis Holmstein dazwischen trat und einen vergleich vorschlug. Der Vergleich siel so aus, daß Hrafnkel das Godentum bekommen sollte auf so lange, wie Helgi es schon innegehabt hatte. Danach sollten beide es gemeinsam haben, doch so, daß Helgi Hrafnkel bei allen Streitigkeiten Beistand leisten sollte, auf Thingen und Zusammenkünften und wo immer er Zuzug bedürfe

Helgi, Droplaugs Sohn, sagte zu Hrafnkel: ,Ich sollte meinen, jetzt habe ich dir beigestanden.' Er erwiderte, so sei es. Und man ritt vom Thing nach Hause.


5. Wie Helgi, Asbjörns Sohn, zum zweitenmal unterlag

Im Winter darauf fehlte es an Futter, und das vieh ging ein. Thorgeir auf Hrafnkelshausen hatte große Verluste.

Es war ein Mann namens Thord, der wohnte auf dem Geirulfsstrand westlich vom Rutschental. Er hatte ein Kind Helgis des Asbjörnsodnes in Pflege und war wohlhabend. Zu ihm begab sich Thorgeir und kaufte von ihm gegen Ware fünfzig Schafe. An diesen Schafen hatte er wenig Freude. Sie kamen abhanden. Im Herbst ging Thorgeir selbst auf die Suche nach seinem vieh und fand in den Hürden bei Geirulfsstrand achtzehn seiner Mutterschafe; die waren gemolken. Er fragte die Mägde, wer das angeordnet habe. Sie antworteten: Thord. Da ging er zu Thord und verlangte gütlich Ersatz von ihm; er ließ ihm die Wahl, ihm entweder ebenso viele zweijährige Hammel zu geben oder die Mutterschafe für den Rest des Winters zu sim ern. Jener aber schlug beides ab. Leiste er hier Ersatz, sagte er, so sei das so, als wäre Helgi des Asbjörnsohnes Kind nicht bei ihm, sondern anderswo in Pflege.

Darauf ging Thorgeir zu Helgi, Asbjörns Sohn, und trug ibm die Sache vor. Der sagte: ,Es ist mein Wille, daß Thord dir Buße leistet. Dein Anspruch ist gerecht. Bestelle ihm das von



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mir!' Thorgeir ging wieder zu Thord, erreichte aber nichts. Da wandte er sich an Helgi, Droplaugs Sohn, und bat ihn, sich der Sacheanzunehmen; ,ich bin's 's zufreden, 'setzte er hinzu" wenn du das behältst, was dabei herauskommt.' Daraufhin sagte Helgi ja. Im Frühjahr ritt er nach Geirulfsstrand und lud Thord vor das Allthing: er habe die Schafe in diebischer Absicht beiseite gebracht und ihre Milch gestohlen. So kam die Sache vor das Thing, und Helgi, Droplaugs Sohn, und Thorkel, Getiers Sohn, erschienen mit starker Mannschaft. Bei ihnen war auch Keul von der Njardbucht. Ihnen gegenüber hatte Helgi, Asbsörns Sohn, nicht Leute genug, um den Prozeß zunichte zu machen. Da bat man die Parteien, sich zu einigen. Doch Helgi; Droplaugs Sohn, wollte nichts anderes als Selbsturteil. Und darauf lief denn auch der vergleich hinaus. Helgi bestimmte als Buße den Wert von ebenso viel Kühen 1 wie die Mutterschafe , die Thord hatte melken lassen. Als dieser Spruch gefällt war, trennte man sich, und Helgi war der Ansicht, die Sache sei nach Wunsch gegangen.


6. Von den Händeln am Borgfjord und des Asbjörnsohnes dritter Niederlage

Es war ein Mann namens Sveinung, der wohnte in Bakki am Borgfjord und war der Sohn eines Thorir. Er war groß, stark und klug, ein Freund Helgis des Droplaugsohnes. Den folgenden Winter war Helgi lange bei diesem Sveinung am Borgfjord.

Es war ein Mann namens Thorstein, der wohnte am Heumoor am Borghard. Seine Frau hieß Thordis; sie war nahe verwandt mit Helgi, Droplaugs Sohn. Thorstein zog Helgi dem Asbjörnsohne ein Kind auf.

Es war ein Mann namens Björn, der wohnte auf dem Snotrakap am Borgfjord. Er war verheiratet, hatte aber auch noch andere Eisen im Feuer. Gerne kam er nach dem Heumoor, um mit Thordis zu plaudern. Thorstein war schon bejahrt, und die Frau war ihm nur des Geldes wegen gegeben worden. Doch war er sonst ein tüchtiger Mann. 

1 Der Wert einer Kuh war eine gangbare Einheit



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Eines Tages sprach Thorstein mit Helgi, Droplaugs Sohne, und bat ibn, einmal die Probe zu machen, ob Björn ihm gehorchte, ; wenn er ihn auffordere, die Besuche bei Thordis einzustellen . Er hatte nicht viel Lust dazu, versprach aber, es einmal zu versuchen.

Eines Nachts war Björn unterwegs nach dem Heumoor. Da kamm ihm Helgi und Sveinung entgegen. Helgi sagte: ,Mir liegt daran, Björn, daß du deine Gänge zu Thordis unterläßt. Es bringt dir keine Ehre, einem alten Manne das Leben zu verbittern. Erfülle meinen Wunsch, und ich werde dir ein anderesmal gefällig sein.' Björn antwortete nicht und ging seines Weges.

Ein anderesmal begegnete Helgi dem Björn, als dieser vom Heumoor kam, und bat ihn mit sanften Worten, von seinen Ausflogen dorthin zu lassen. Björn versetzte, der Übelstand sei nun einmal unabänderlich.

Die Sache entwickelte sich so weiter, daß Thordis schwanger ging und dies in der ganzen Gegend ruchbar wurde. Helgi hatte Thorstein die Sache abgenommen und forderte also von Björn Buße. Der erwiderte, erdenke nicht an Buße oder Rechtfertigung . Darauf gab Helgi ihm den Todesstoß und erklärte ihn für straflos gefallen, weil in gerechter Sache. In der folgenden Nacht schafften Helgi, Sveinung und zwei andere Björns Leiche auf eine Schäre vor der Küste und scharrten sie dort ein. Daher der Name Björns Schäre.

Boten kamen aufs Schmale Kap zu Helgi, Asbjörns Sohn; Björns Witwe meinte, auf ihn könne sie sich verlassen in betreff der Klage. Im Frühling nach dem Totschlag ritt Helgi, Asbjörns Sohn, an den Borgfjord, seine Klage vorzubereiten. Er fand aber Björns Leiche nicht. Da lud Helgi den Droplaugsohn vors Allthing, weil er die Leiche eines Erschlagenen beiseite geschafft habe; ins Meer versenkt und nicht mit Erde bedeckt; darauf stand Waldgang. Helgi der Droplaugsohn hatte seinerseits die Ehebruchsklage beim Allthing anhängig gemacht. Beide Sachen kamen also auf das Allthing und dort vor Gericht.

Helgi, Asbjörns Sohn, forderte die Gegenpartei auf, sich zu



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rechtfertigen. Da ging Helgi, Droplaugs Sohn, zum Gericht mit starkem Gefolge. Er rief Zeugen auf, um zu bestätigen, daß die ganze Klage des Asbjörnsohnes nichtig wäre, und nannte die Leute, die gesehen hatten, wie Björn mit Erde bedeckt wurde. Sveinung und die zwei andern leisteten einen feierlichen Eid auf den Opferring: sie hatten gesehen, wie Björn mit Erde bedeckt wurde. So ward Helgis des Asbjörnsohnes ganze Klage zunichte. Da wollte Helgi, Droplaugs Sohn, Björn für straflos gefallen erklären lassen. Helgi, AsbjörnsSohn, aber bot Geldbuße; und der andere hatte da selbst die Höhe zu bestimmen . Er nannte hundert Öre in dem damals gangbaren Silber. 1 Und damit gingen sie auseinander.


7. Von der verschwörung

Einige Jahre später kam Helgi, Droplaugs Sohn, auf dem Rückwege vom Herbstthing nach dem unteren Weitfelden zu Hallstein, seinem Stiefvater, und seiner Mutter Droplaug . Es war das erstemal seit ihrer Wiederverheiratung, daß erste besuchte. Da bat Droplaug ihren Mann Hallstein, er solle Helgi einladen, den Winter dort zu bleiben. Er meinte: Daran liegt mir nicht viel. Lieber schenke ich ihm ein paar Ochsen oder Pferde.' Aber auf ihr Zureden bot er Helgi doch an, da zu bleiben, und der ging darauf ein, Hallstein hatte einen Knecht mit Namen Thorgils.

vierzehn Tage waren vergangen, da hatten eines Morgens Helgi, Droplaug und der Knecht Thorgils ein Gespräch mit einander. Niemand wußte, worüber,

Thorgils arbeitete den Winter über bei den Schafen in einem Gehege südlich vom Gehöft - er war ein tüchtiger Arbeiter — und dorthin wurde viel Heu gebracht. Eines Tages kam Thorgils zu Hallstein und bat ihn, mitzukommen und einmal sein Heu und vieh anzusehen. Er ging, betrat die Scheune und wollte dann hinaus durch eine Luke. Da hieb Thorgils mit einer Art, die Helgi, Droplaugs Sohne, gehörte, auf Hallstein ein, so daß er genug hatte. Helgi kam gerade die Halde herab von seinen Pferden her und sah, das Hallstein erschlagen lag, 

1 Siehe die Anmerkung S, 32.



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Auf der Stelle erschlug er den Knecht. Dann ging er ins Haus und sagte seiner Mutter, was geschehen war. Sie saß beim Feuer und ihre Frauen bei ihr.

Bald brachten die Knechte von Weitfelden es unter die Leute, daß Helgi, Droplaug und Thorgils eines Tages vor Hallsteins Fall lang die Köpfe zusammen gesteckt hatten, und dieser Totschlag fand wenig Freunde. Helgi, Asbjörns Sohn, nahm die Sache in die Hand und lud Helgi und Droplaug vor wegen eines Anschlags auf Hallsteins Leben, und zwar sollte die Sache vor das Allthing kommen. Helgi, Droplaugs Sohn, blieb ziemlich allein. Nur Thorkel, Geitirs Sohn, und Ketil, Thidrandis Sohn, leisteten ihm Zuzug. Als man aufbrach zum Allthing, nahm Droplaug alles tote und bewegliche Gut, das sie mit Hallstein zusammen besessen hatte, und schiffte sich nebst ihrem dreijährigen Sohne Herjolf im Bärinnenfjord ein. Sie gingen in See und landeten auf den Färöern. Da kaufte sie sich Land und lebte dort bis an ihr Ende. In dieser Geschichte kommt sie nicht mehr vor.


8. Von Helgis Ächtung und des Gegners Drohung

Die Klage war deswegen von Helgi, Asbjörns Sohne, in die Hand genommen worden, weil Hallsteins Söhne nicht hier im Lande waren.

Auf dem Thing sammelte sich starke Mannschaft um ihn. Ein Vergleich zwischen den Namensvettern wurde vorgeschlagen, aber nichts erreicht, als daß Helgi, Asbjörns Sohn, allein entscheiden sollte. Die Entscheidung fiel so aus: für die Tötung Hallsteins sollten erlegt werden zwölf Hunderte (so daß der volle Wert von fünf Kühen darin enthalten war), 1 und Helgi, Droplaugs Sohn, sollte außer Landes gehn auf drei Jahre und bis zur Abreise in keinem Hause länger bleiben als eine Nacht. Reiste er nicht, so sollte er als friedlos dem Kläger preisgegeben sein zwischen der Buttersee- und der Haffheide.

Helgi, Droplaugs Sohn, tat keinerlei Schritte, um abzureisen. Da verließ Grim seinen Hof und kam zu seinem Bruder, und 1 

S. du Anmerkungen oben S. 32 u, ns



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sie verbrachten den Winter bei Thorkel an der Kreuzbucht. Sie ritten durch den ganzen Bezirk zu Thingen und Zusammenkünften ganz so, als wäre Helgi gar nicht geächtet,

Eines Tages landeten in der Rotwalförde Hallsteins Söhne Thord und Thorkel. Eindridi war in Irland gestorben. Sie schenkten Helgi, Asbjörns Sohne, Holz zu einem Saalbau zum Dank für die Klage um ihren Vater Der Saal steht noch heute auf dem Schmalen Kap.

In Mittelhof am Nordfjord wohnte Thorgrim Fellhaube. Seine Frau hieß Rannveig, eine Schwester der Thordis, der Schwester Thorsteins, und eine verwandte Helgis des Droplaugsohnes. Eines Frühjahrs bat sie auf dem Mulithing ihren Vetter Helgi, er möge kommen und das vermögen zwischen ihr und Fellhaube teilen. Es kam dahin, daß Helgi es zusagte.

Ein paar Jahre zuvor waren die beiden Helgi einander auf dem Herbstthing am Thingfelsen begegnet. Da sollte der Droplaugsohn die neuen Gesetze vortragen und kam dabei aus dem Tert. Die Leute lachten laut darüber; Helgi, Asbjörns Sohn, lächelte. Das merkte der andere und rief ,Hinter dir steht Hrafnkel, Helgi!' ,Das ist kein vorwurf für mich,' sagte Helgi, Asbjörns Sohn; ,doch merke dir: wir treffen uns noch einmal so, daß wir nicht beide heil von dannen gehn!' Der Droplaugsohn antwortete: ,Die Drohung schreckt mich nicht, lächerlich wie sie ist! Denn ich denke daran, dir Steine über dem Kopf aufzuschichten, 1 wenn wir uns treffen" Das waren für diesmal die letzten Worte, die zwischen ihnen fielen.


9. Wie Helgi Rannveig von ihrer Fellhaube befreite

Im Frühjahr darauf schickte Flosi von Schweinberg dem Thorkel, Geitirs Sohne, Botschaft, er solle mit starker Mannschaft zu ihm stoßen. Flosi wollte nämlich den Arnor, Ornolfs Sohn, den Bruder Halldors in den Wäldern, den er hatte erschlagen lassen, für straflos gefallen erklären. Da sammelte Thorkel Leute. Es wurden ihrer dreißig. Er bat auch Helgi, Droplaugs Sohn, mitzukommen. Helgi sagte: ,Ich sollte 

1 D. h. deine Leiche unter einem Steinhaufen verscharren.



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und ich wollte gern auf diesem Zuge mit dabei sein. Aber ich bin krank und muß zu Hause bleiben.' Thorkel fragte Grim, ob er mit wolle. Aber Grim war nicht geneigt, Helgi mit seiner Krankheit allein zu lassen. Dann ritt Thorkel mit seinen dreißig Leuten nach Schweinberg und von da Flosis ganze Schar, hundertzwanzig Mann stark, westwärts in die Wälder.

Bald darauf eröffnete Helgi seinem Bruder Grim, jetzt wolle er seine Verwandte Rannveig aufsuchen und die Teilung vornehmen zwischen ihr und Thorgrim Fellhaube. Mit ihnen ritten Thorkel und Gunnstein von der inneren Kreuzbucht und zwei Knechte, so daß sie ihrer sechs waren. Es ging über die Heide nach Osten, zunächst zu Thorkel auf Torfihausen. Dessen Tochter Tofa, zubenannt die Haldensonne, war eine Freundin Helgis, Sie übernachteten dort, und Helgi und Tofa hatten viel mit einander zu reden. Eine Ahnung sagte ihr, er werde von diesem Ritt nicht heimkehren. Sie begleitete ihn auf den Weg hinaus und weinte sehr. Helgi nahm seinen wertvollen Suriel ab mit dem verzierten Messer daran und schenkte es ihr. Damit trennten sie sich.

Sie ritten zu einem Gehöft, das Am Strom heißt, und dort schloß sich ihnen ein Mann an namens Helgi, zubenannt der Magere, so daß sie nun ihrer sieben waren. So kamen sie nach Eyvindach zu Groa und wurden gut aufgenommen. Groa hatte einen Knecht Thorbjörn, der verstand sich gut auf das Schärfen von Waffen. Ihn bat Helgi, Droplaugs Sohn, sein Schwert zu wesen, während er zu den Fjorden binabritte. Thorbjörn schenkte Helgi ein anderes Schwert.

Sie ritten weiter zum Nordfjord zu Helgis verwandtem Thorstein, 1 der Thordis, Rannveigs Schwester, zur Frau hatte. An dem Tage, wo Helgi dort saß, kam über die Bergheide herab Thorkel Schwarzdichter, der Bruder Thorarins von der Schafförde, mit einem Begleiter. Die blieben dort ebenfalls die Nacht. Helgi und Thorkel sprachen viel mit einander und schlossen Freundschaft. Helgi fragte: ,Wohin willst du von hier?' Er antwortete: ,Hinaus auf das Kap zu Björn. Er hat im Winter 

1 Widerspruch gegen oben Kap. 6, wo Thorstein in Heumoor am Borgfjord wohnt. natürlich Biörn auf dem Snotrakap im Borgfjord, also dieselbe ver-



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für meine Rechnung Leinwand gekauft. Ich bleibe drei Tage dort.' Da sagte Helgi: ,Ich möchte, daß wir den Weg über den Berg zusammen machen.' Thorkel war gern einverstanden. Sie ritten alle zusammen bis Mittelhof, und dann Thorkel hinaus aufs Kap.

Helgi pochte in Mittelhof an die Tür, und Rannveig kam heraus. Er Sagte sie: ,Willst du jetzt die Vermögensteilung zwischen dir und Thorgrim?' ,Gerne', versetzte sie, ernannte sich Zeugen und erklärte ihre Scheidung von Thorgrim Fellhaube. Sie nahm alle seine Kleider und warf sie in die Mistgrube. Darauf ritten die Männer mit Rannveig davon, denn Helgi gedachte ihr Vermögen erst später zu fordern. Sie frühstückten im Fönntal.

Als sie fort waren, sprang Thorgrtm aus dem Bette auf, nahm sein Bettzeug und wickelte es um sich; denn Kleider gab es ja nicht. Dann lief er nach Hof, wo Thorarin Erdachse 1 wohnte, ein bedeutender Mann. Thorarin fragte: ,Woher so eilig, Thargum , und so notdürftig bekleidet?' Er gab zur Antwort, seine Frau sei ihm geraubt, und er bitte Thorarin um seine Hilfe in dieser Sache. Darauf Thorarin: ,Zuerst will ich dir Kleider geben, denn das ist jetzt das nötigste.' Dies getan, frühstückte Thorgrim dort. Da sagte Thorarin: ,Ich rate dir, daß du Helgi, Asbjörns Sohn, aufsuchst und von ihm verlangst, dir Genugtuung ;u verschaffen. Und kommt es so, wie ich vermute; erreichst du nämlich nichts von ihm, so frage ihn, wann erdas Wort wahr zu machen gedenke, das er auf dem Herbstthing am Thingfelsen gesprochen hat. Beißt er auch darauf nicht an, so bitte nur noch um seinen Rat, erzähle ihm aber, daß Helgi, Droplaugs Sohn, binnen drei Tagen wird über das Gebirge geritten kommen und sechs Mann mit ihm. Komm zu Helgi, Asbjörns Sohn, am Abend und nicht zu früh, denn erschließt jeden Abend selbst auf dem Schmalen Kap die Türen.'

Sie trennten sich. Thorgrim ging seines Weges und kam am Abend desselben Tages nach dem Schmalen Kap. Helgi saß am Feuer. Thorgrim brachte sogleich sein Anliegen vor und erwechslung wie bei Thorstein. Doch gibt es auch im Nordfjord eine Örtlichkeit, die Kap heißt (vergl. Kapitel 2 über Egil). 1 Das Wort bezeichnet ein dem mistkäfer ähnliches Insekt.



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zählte seine Not. Er bekam aber kein Wort aus jenem heraus. Da sagte er: ,Es sieht wirklich so aus, als wolltest du deine Thingleute nicht mehr schützen vor Schmach und vor Helgi, Droplaugs Sohn! Diese Einsicht kann ich nun also mit nach Hause nehmen. Glaubst du etwa, ihr werdet euch je so begegnen , wie du ihm am Thingfelsen verhießest, nämlich so, daß einer liegen bleibt: Oder möchtest du noch mehr Demütigungen von ihm dulden?' Helgi, Asbjörns Sohn, sagte: ,Hast du diesen Rat dir selbst gegeben?' Die Antwort war: ,Thorarin Erdachse hat ihn mir gegeben.' Da sagte Helgi ,Thorgrim, geh über den Hals auf die Moore zu meinem Schwager Björn dem Weißen und sag ihm, er soll vor morgen mittag hierher kommen. Nimm den Rückweg über das Bolungfeld, besuche in Weitfelden die Söhne Hallsteins und bitte sie, hierher zu kommen, wenn ihnen daran liegt, ihren Vater zu rächen. Dann geh am Westufer des Sees entlang zu Özur am Rücken, heiße ihn hierher kommen und geb dann mit ihm.'

Thorgrim brach sogleich auf. Im Lauf kamen die so Entbotenen zum Schmalen Kap. Bei Helgi berbergten zwei Norweger; der eine hieß Sigurd Scharf, der andere Önund. Sechzehn Mann stark kam man nach Höfdi, 1 und Helgi forderte Hjarrandi und seinen Bruder Kari auf mitzureiten. Hjarrandi sagte: ,Dazu wäre ich längst bereit gewesen.' Nun waren sie achtzehn, kamen das Eyvindtal hinauf zur Knuthütte und lauerten dort Helgi, Droplaugs Sohn, auf.

Unter dem Skagenberg im Eyvindtal wohnte ein gewisser Igul mit seinem Sohne Thord. Die sollten Ausguck halten nach dem Droplaugsohn, denn von dort konnte man nahende Reiter eber sehen als von der Knuthütte.


10. Der Kampf im Eyvindtal

Nun geht die Geschichte da weiter, wie Helgi, Droplaugs Sohn, im Fönntal saß. Dort stieß Thorkel wieder zu ihm, und sie blieben die Nacht dort. Helgi schlief unruhig und mußte in der Nacht dreimal geweckt werden. Als Thorkel ihn fragte, was ihm geträumt habe, erwiderte er: ,Das werde ich 

1 Der Hof heißt in Kap. Z Öngulsach.



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nicht sagen.' Sie kleideten sich an. Helgi bat Thorstein, für Rannveigs Unterhalt zu sorgen; ,laß sie zu meinem Bruder Grim bringen, wenn du willst,' sagte er,

vor Tag verließen sie das Fönntal und wandten sich, neun Mann stark, hinauf auf die Bergheide. Als sie die Vor hügel hinter sich hatten, ruhte Helgi sich aus, weil er sich erschöpft fühlte, und er breitete seinen Mantel unter sich. Da kratzte er sich die Wange und rieb sich das Kinn und sagte dies: ,Ehe der Abend kommt, hört es auf bier zu jucken. Liegt dir, Thorkel , noch ebenso viel daran, meinen Traum zu hören, wie heute nacht" ,Nicht weniger jetzt als damals', versetzte der. ,Mir war,' erzählte Helgi, ,als kämen wir dieses Weges, den wir eben hinter uns haben, und gingen dann das Eyvindtal hinab zum Kalbs hügel. Da rannten uns achtzehn oder zwanzig Wölfe entgegen, einer davon bei weitem der größte. Wir wollten auf den Hügel, konnten aber nicht. Sie fielen sogleich uns an, und einer kam mir mit der Tatze ans Kinn und an die Zähne. Da wurde ich geweckt.' Thorkel meinte: ,Gewiß lauert man dir auf. Es wird Helgi, Asbjörns Sohn, sein und andere aus dem Bezirk. viele hier nehmen Anstoß an deiner Überlegenheit . Wir beide haben Freundschaft geschlossen, und ich möchte, daß du mich nach meinem Hause begleitest und dort eine Zeitlang bleibst.' Helgi versetzte: ,Ich gebe, wo ich gebn wollte.'

Sie gingen hinab ins Eyvindtal und kamen auf den Hof der Thordis. Sie war eine alte Frau, häßlich und schwarz. Helgi wollte sie fragen, was sie Neues wisse. Aber in diesem Augenblick nahm ein Mann eine Handvoll Schnee auf, machte einen Ball daraus und warf ihn der Thordis an die Wange. Sie ward böse und rief: ,Die Trolle über euch" Da sagte Helgi Ungezogene Knaben werfen nach Frauen, und den schlimmsten Feind hat man selbst im Gefolge.' So bekam also Helgi dort nichts Neues zu hören.

Sie gingen weiter und kamen zur Valakluftache. Da erbot sich Thorkel, noch bis Eyvindach mitzugehn. ,Nicht nötig', sagte Helgi, und sie trennten sich. Als Thorkel ein kurzes Stück durch die Hügel bergauf gegangen war, kehrte er um und kam wie



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der zu Helgi. Der begrüßte ihn freundlich und sagte: das heiße sich als Freund bewähren.

Sie kamen zum Kalbsfurtstrand. Da sahen sie auf einmal, wie achtzehn Männer ihnen entgegen liefen. Helgi, Droplaugs Sohn, und die Seinen wollten auf den Kalbshügel, konnten aber nicht. Da wandten sie sich vom Wege aufwärts zum Rande der Schlucht über der Strandkluftache. Dort war eine kleine Bodenerhebung und an ihrem Fuße eine Schneewehe. Heute ist der ganze Abhang mit Gebüsch überwachsen; an der Stelle, wo )ie kämpften, steht eine kleine Warte aus Steinen.

Helgi Sagte seinen Bruder Grim, ob er Helgi, Asbjörns Sohn' oben oder unten treffen wolle, und Grim wählte oben. ,Zu Tode treffen willst du also meinen Namensvetter nicht,' sagte Helgi; ,da, wo ich hinschieße, schützi ihn kein Schild.' Sie warfen beide zugleich die Speere gegen Helgi, Asbjörns Sohn. Grims Speer drang durch den Schild, verwundete aber Helgi, Asbjörns Sohn, nicht. Helgi, Droplaugs Sohn, aber traf die Kniescheibe; der Speer riß auch das ganze Schienbein auf und durchbohrte noch den Ansatz des Fußes. Helgi, AsbjörnsSohn, war sofort kampfunfähig. Björn der Weiße setzte sich auf den Boden nieder und stützte seine Schultern; keiner von beiden beteiligte sich mehr am Kampfe. Auch Özur vom Rücken trat beiseite. Er werde nicht gegen Helgi, Droplaugs Sohn, kämpfen, sagte er und saß untätig dabei.

Thord Scharf, des Asbjörnsohnes Kundschafter, hatte im Flusse gelegen, und seine Kleider waren gefroren. Der stürmte die Schneewehe hinan gegen Helgi, Droplaugs Sohn; er meinte, er habe ihm etwas heimzuzahlen. Und als er oben auf die Webe kam, warf Helgi den Speer nach ihm, zwischen die Beine und durch die Schamgegend. Er fiel sogleich zurück. Der Speer blieb im Schnee stecken, und er hing dort an der Wehe den ganzen Tag.

Nun reizte Helgi, Asbjörns Sohn, seine Schwiegersöhne zum Angriff und rief zuerst Hjarrandi auf. Da gingen Hjarrandi und Karl auf Helgi, Droplaugs Sohn, los, die Söhne Hallsteins und noch einer auf Grim. Thorkel Schwarzdichter griffen die beiden Norweger an; Sigurd war der drittbeste Streiter



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in der Schar. Thorkel Schwarzdichter fiel, nachdem erden andern Norweger getötet und Sigurd schwer verwundet hatte. Denn Thorkel war der beste Streiter auf seiner Seite nächst Helgi und Grim.

Der Kampf wurde heftig. Als Hjarrandi und Kari auf Helgi, Droplaugs Sohn, loskamen, da sprang Helgi der Magere von Strom Kari entgegen, und sie wechselten Hiebe, bis siel und Helgi schwer verwundet stand. Inzwischen rückte Hjarrandi dem Droplaugsohn auf den Leih mit starken und schnellen Hieben , und jener wehrte sich ebenso. Aber das Schwert, das er in der Hand hatte, taugte nichts. Da rief Helgi Hjarrandi zu: Deine ganze Kraft bekäme man wohl erst zu sehen, wenn deine Frau eine freigeborene Tochter Helgis des Asbjörnsöhnes wäre!' Hjarrandi versetzte: ,Laß es drauf ankommen! Gleich nah verwandt sind ihm beide Töchter.' Und er ging schärfer vor als bis dahin, obgleich solche Worte gefallen waren. Der Schild Helgis, des Droplaugsohnes, ging arg in Stücke, und er sah, daß es so nicht weitergehn könne. Da zeigte Helgi seine Kampfkünste: er warf Schild und Schwert in die Luft, ergriff das Schwert mit der Linken und hieb nach Hjarrandi. Es traf den Schenkel. Aber das Schwert schnitt nicht, sobald es auf den Knochen stieß, und glitt abwärts in die Kniekehle. Von dieser Wunde wurde Hjarrandi kampfunfähig. Im selben Augenblick aber schlug er nach Helgi. Der hielt den Schild vor, und das Schweri glitt ab und ihm ins Gesicht. Es traf die vorderzähne und schnitt die Unterlippe ab. Da sagte Helgi: Schön sah ich niemals aus; aber du hast nichts daran gebessert.' Er griff mit der Hand zu, schob sich den Bari in den Mund und biß darauf. Hjarrandi aber glitt die Schneewehe herab und setzte sich nieder. — Man sagt allgemein, das Zusammentreffen der beiden hätte sich schneller entschieden, wenn Helgi sein eigenes Schwert zur Hand und nicht um mehrere Gegner sich zu kümmern gehabt hätte. Und doch war Hjarrandi so tapfer wie einer.

Da sah Helgi, daß sein Bruder Grim gefallen war. Seine Gegner waren beide tot und Grim auf den Tod verwundet. Da ergriff Helgi Gäms Schwert und sagte: ,Nun ist der ge



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fallen, von dem ich am meisten hielt. Mein Namensvetter wird einverstanden sein, daß wir es damit nicht genug sein lassen,' Und er stürmte hinab auf die Stelle zu, wo Helgi, Asbjörns Sohn, saß. Da waren schon alle Angreifer von der Schneewehe zurückgewichen, und keiner wollte Helgi standhalten. Da stehst du, Özur,' sagte Helgi, ,aber vor dir brauche ich mich nicht vorzusehen, denn du hast mich mit Wasser de. sprengt." Er kam gerade auf Özur los. Da mußte dieser sich schnell entschließen, denn es handelte sich darum, welcher der beiden Helgi jetzt sterben sollte. Özur fand den Ausweg, daß er mit dem Spieß gegen Helgi, Droplaugs Sohn, auslegte und ihn durchbohrte. Helgi lief auf den Spieß auf und sprach zu O ur: ,Betrogen hast du mich!' Özur sah, daß Helgi auf ihn loskam und ihn mit dem Schwerte erreichen konnte. Da gab er dem Speer und dem was daran hing, einen Ruck vorwärts; der Schaft drang in die Erde, und Özur ließ los. Als Helgi sah, daß er ihn nicht erreichte, sprach er: ,Ich bin zu langsam , doch du bist schnell genug!' Und er sank vorwärts in den Schnee. Das war das Ende Helgis, des Droplaugsohnes.

Fünf Mann von der Gegenseite hatten das Leben vor ihm gelassen; und alle andern waren wund, außer Björn dem Weißen und Özur. Mit Helgi, Droplaugs Sohne, fielen dort Thorkel Schwarzdichter und sein Begleiter, ein Norweger, den Helgi von Hause mitgebracht hatte, und sein Bruder Grim.


11. Wie Grim gerettet wurde

Helgi, Asbjörns Sohn, ritt vom Kampfplatz; man mußte ihn von hinten im Sattel stützen. Hjarrandi saß allein zu Pferde. Aber Kari ward auf Schilden heimgetragen nach Höfdi und dort sein Grabhügel aufgeworfen. In Höfdi mußten sie erzählen, was geschehen war. Einer Sagte: ,Was hat Helgi, Droplaugs Sohn, heute Großes getan?' Da sagte Sigurd Scharf: ,Wären alle, die mit ihm waren, seinesgleichen gewesen, keiner von uns wäre davongekommen.'

Helgi der Magere kam nach Eyvindach und erzählte Groa das Geschehene. Er war schwer verwundet. Da sagte sie zu 

1 Die heidnische Wasserweihe entspricht der christlichen Kindertaufe.



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ihrem Sohne Bard: ,Nimm Pferde und Schlitten und laß uns Helgi und Grim holen!' Sie fuhren ab und kamen zur Walstatt. Die Brüder wurden auf die Schlitten gelegt, und Thorkel dazu, während man die verwundeten zu Pferde setzte und die andern Toten begrub. Auf dem Heimwege hielt Groa sich meist zu dem Schlitten, auf dem Grim lag, und sorgte dafür, daß ihm nichts geschah. So kamen sie heim und schafften die Toten in ein Vorratshaus. Groa sagte: ,Ich und mein Sohn Bard werden die Leichenwache halten. Ihr aber sorgt für die, die noch leben, und pflegt sie.' Aber als die Leute im Schlaf lagen, fuhr Groa über den See zum Witwenberg; da wohnte die Ärztin Alfgerd. Groa bat sie mitzukommen und erzählte ihr, was vorlag. Sie kamen zurück nach Eyvindach. Da war Leben in Grim. Alfgerd verband seine Wunden und nahm ihn mit sich. Am nächsten Morgen ward ein Hügel aufgeworfen an der Eyvindache südlich vom Hof. Das Begräbnis besorgten Bard und noch ein Mann, dem sie am ehesten verschwiegenheit darüber zutrauten, daß Grim am Leben war. Helgi und Thorkel wurden also begraben.

Grim lag den Winter hindurch an seinen Wunden danieder. und ebenso Helgi, Asbjörns Sohn. Da kam das Gerücht auf, Grim sei am Lebm. Einer bekräftigte es, ein anderer nannte es eine Lüge. Zuerst kam es auf bei den Hausgenossen der Groa.

Als Helgi hörte, daß Grim geheilt sei, ließ er sich auf dem Schmalen Kap eine verschließbare Schlafkammer machen.

Grim begab sich nach der Kreuzbucht zu Thorkel, Geitirs Sohne, und wurde dort gut aufgenommen.


12. Wie Grim heimlich aufbrach

Helgi, Asbjörns Sohn, kaufte sich ein Gut, das Bei den Engen heißt; weiter seewärts im Bezirk; das Schmale Kap verkaufte er. Er glaubte; dort, wo ringsum seine Thingleute wohnten, besser aufgehoben zu sein. Auch dort ließ er eine verschließbare Schlafkammer machen. Seine Frau Thordis Sagte ihn, warum er lieber an einer Stelle wohnen wolle, wo der Wald von allen Seiten dicht an die Häuser trete und



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man nicht sehen könne, wenn Leute sich näherten. Da sprach Helgi eine Weise: 1
Wenn die Nacht sich aufmacht,
Ist im Wald, dem wilden —
Zwergenschiff ergriff ich —,
Zwischen zweien Tagen,
Der Warnende ferne
Nicht, der mir berichtet.
Feinde hör' ich, kühne,
Kampfgerüstet flüstern.

Grim blieb ein paar Jahre an der Kreuzbucht und war nicht froh. Er lachte nicht mehr seit Helgis Fall.

Einmal mußte Thorkel nach der Inselförde reiten, wo ein Streit zwischen seinen Thingleuten entstanden war. Er ritt davon, während Grim zurückblieb und in der Wirtschaft arbeitete. Als ein paar Tage um waren, machte Grim sich auf, Er sagte; er habe Forderungen einzuziehen von einem gewissen Thorgrim auf Herdhagen im Gletschertal: ,es ist nun klar,' sagte er" daß er nicht bezahlen will.' Da sprach Jorun, Thorkels Frau —sie war eine Tochter des Einar von Querach —: ,Diese Schuld will ich dir bezahlen; geh nicht hin!' ,Dann bezahlt er nicht,' sagte Grim, brach auf und nahm Reisekost mit. Seine Pflegebruder, Glum und Thorkel Kranich, begleiteten ihn. Sie gingen bis an die Rangach, westlich vom Seefließ, schwammen hinüber und gelangten zu einem Hof, der Am Hügel heißt, auch an der Westseite des Fließes. Dort gingen sie in den Stall, nahmen einen Spaten und eine Schaufel heraus und gingen weiter zum Oddmarsbach westlich vom Engenwald. Am Bache gruben sie sich einen unterirdischen Raum; die Erde warfen sie in den Bach. Dieses versteck wollten sie im Notfall benuzen.


13. Grims Rache

Am selben Tage, wo oic am Bache arbeiteten, ging das Lämmerkap-Thing auseinander; und viele Männer begleiteten Helgi, Asbjörns Sohn, nach den Engen. Ein Bauer 

1 Die Strophe ist mißverstanden und in falschen Zusammenhang gebracht worden, wie häufig, 2 Zwergenschiff =Poesie,



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namens Ketilorm, der auf Hrollaugshausen wohnte, begleitete Helgi mit dreißig Mann. Auch Helgis Schwiegersöhne, Björn und Hjarrandi, waren dabei.

Am Abend verließen Grim und die beiden andern ihr Versteck und gingen nach dem Engenhof. Sie traten ein durch die Kuhstalltür. vom Kuhstall führte ein Gang in das Wohnhaus. Dort blieben sie stehn; sie konnten sehen, was drinnen geschah. An diesem Abend sagte Helgi, Asbjörns Sohn, zu seiner Frau: Wo, denkst du, sollen Ketilorm und seine Frau schlafend" Sie antwortete: ,Ich habe ihnen ein gutes Bett im Seitenraum hergerichtet.' Helgi sagte: ,Sie sollen in unserm eigenen Bett liegen, denn sie räumen uns jedesmal das ihrige ein, wenn wir dort sind.' Thordis versetzte: ,Du bist nicht immer gleich vorsichtig! Wäre ich an Grims Stelle, so würde ich dich aufsuchen, wenn recht viele Gäste hier sind und du alle Hände voll zu tun hast.' Darauf er: ,Oft hat man mir's verdacht, daß ich allzu vorsichtig sei" Und er verfügte über die Betten, nicht sie.

Grim sagte zu Thorkel: ,Geh hinein und sieh zu, das Schwert zu bekommen, das Thorbjörn gewetzt hat und das meinem Bruder Helgi gehörte.' Thorkel ging hinein, kam zurück und hatte das Schwert.

Etwas später sagte Grim: ,Geh und sieh zu, wo Helgi mit seiner Frau schlafen mag.' Thorkel war kurze Zeit fort. Dann meldete er Grim, sie schliefen im Seitenraum in einem Verschlag ohne Tür davor.

Helgi, Asbjörns Sohn, hatte einen Knecht namens Arnodd, war blind, aber stark von Gliedern. Er schlief Helgi gegenüber im Seitenraum an der Wand.

Nun sagte Grim zu Thorkel kcl: ,Dir habe ich zugedacht, hineinzugehn und Helgi eins zu versetzen. Denn du bist der Zweitnächste zur Rache fw meinen Bruder Helgi.' ,Das ist wahr,' sagte Thorkel. Da gab Grim ihm das Schwert in die Hand, und sie gingen zur Tür hinein. Thorkel blieb stehn und sagte zu Grim: ,Ich möchte nicht, daß du es so deutest, als hätte ich Furcht, zu Helgi hmeinzugehn. Und doch wundere ich mich, denn du hast einmal gesagt, du gönnest es niemand als dir selbst, deinen Bruder zu rächen.' ,Das kommt daher, weil mir



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die Aussicht auf Rache immer noch nicht ganz dahin scheint, solange ich selbst lebe.' Da wollte Thorkel hineingehn. Aber Grim hielt ihn fest und sagte: ,Ein wackerer Bursche bist du, Thorkel, aber du siehst mir so aus, als wäre es nicht ganz sicher, daß du Helgi so tief verwundest, wie ich möchte. Laß mich das wahr machen, woran du mich erinnert hast: Keinem vergönne ich die Rache für Helgi als mir selbst" Grim nahm das Schwert und sagte: ,Du, Thorkel, sollst den Türring festhalten. Denn dir traue ich am ehesten zu, daß du dich nicht ins Bockshorn jagen läßt. Und Glum soll den Schlagbalken vor die Tür legen. '

Ehe Grim hineinging, nahm er eine Garnwinde in die Hand. Er war im Hemd und in Leinenhosen und ohne Schuhe an den Füßen. Im Eintreten bemerkte er, daß an der Tür zum Kuhstall ein Haufe geschlagenes Hols lag. Glum hatte im Laufe des Abends allen Kühen im Stall paarweise die Schwänze zusammengebunden.

Grim betrat den Raum beim Bette des Helgi, legte das, was er in der Hand trug, am Eingang nieder und ging an das Beit heran. Er zog Helgi die Bettdecke weg. Der erwachte davon und sagte: ,Hast du mich angefaßt, Thordis ' Warum ist deine Hand so kalt: ' ,Ich habe dich nicht angefaßt, ' versetzte sie, ,aber du bist unvernünftig; ich fürchte, es hat schlimme Folgen. ' Beide schliefen wieder ein. Da trat Grim an Helgi heran und nahm die Hand der Thordis weg, die sie über ihn gelegt hatte. Er rief: ,Wach auf, Helgi; hast genug geschlafen! ' und dann durchbohrte er ihn mit dem Schwert.

Helgi rief: ,Wacht auf Burschen, im Schlafraum! Man er schlägt mich. ' Da nahm Grim das Holz auf, das er auf den Boden gelegt hatte, und schleuderte es. Es traf den Hol haufen, und der stürzte zusammen. Nun sprangen die Leute im Schlafsaal auf und glaubten, der Täter sei dort entwichen, wo der Lärm zu hören war. Grim aber wandte sich zur selben Tür, durch die er eingetreten war. Plötzlich faßte jemand ihn mitten um den Leib und hob ihn sich auf die Brust. Das war Arnodd. Er rief: ,Hierher, Leute; ich halte den Täter" Da sagte Grim: Unglücks mensch, laß mich los! Ich wollte Helgi rächen. ' Arnodd



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betastete ihn mit der einen Hand und merkte, daß er barfuß und in Linnenkleidern war. Da ließ er Grim los, sagte aber gleich darauf: ,Ich habe ihn losgelassen, weil ich nicht wissen konnte, daß es besser gewesen wäre. ihn festzuhalten.' Grim sprang zur Tür und entschlüpfte. Thorkel machte die Tür wieder zu. Glum warf den Schlagbalken vor, und sie liefen zu ihrer Erdhöhle, wo sie sich versteckten.

Im Hause beratschlagte man, und es wurde beschlossen, an allen Übergängen Wache zu halten und an die Brücken über die Gletscherach Hinterhalte zu legen. Zuerst kamen Hjarrandi, Ketilorm und Helgis verwandte heraus und gingen auf die Suche. Die meisten trafen bei ihrer Rückkehr Helgi noch am Leben. Er Sagte, ob Björn, Hjarrandi und die Ihrigen heimgekommen wären. ,Hier bin ich,' sagte Björn. ,Es ist wieder so,' sagte Helgi, ,daß Hjarrandi sich mir als der bravste Bursche zeigt.' Darauf starb er.

Die Nacht verging. Da verließen Grim und seine Freunde das Erdhaus und gingen am Seeufer hinauf bis Höfdi. Dort sahen sie ein Zelt. Grim trat darauf zu und rief: ,Warum überlast ihr Dieben euer Schiff:" Thorlak hieß der Mann, dem das Schiff gehörte. Er hatte norwegische Kaufleute zu ihrem Schiff begleitet. Er lieh Grim sein Boot, und sie setzten über. Grim ruderte das Boot zurück und schwamm dann über den See. Sie wanderten nun am Seeufer hinab und kamen zur Gletscherach. Grim schwamm mit Thorkel hinüber, während Glum sich hier von ihnen trennte. Von da ging es weiter zur Kreuzbucht . Thorkel war noch nicht heimgekommen. Man fragte sie nach Neuigkeiten. Sie sagten, sie erzählten keine.

Am nächsten Tage saß Grim mit einem Norweger beim Brettspiel , als ein Knabe, ein Sohn Thorkels und der Jorun, herangesprungen kam und das Brett umwarf. Der Norweger gab dem Knaben einen Fußtritt, und der furzte dagegen. Grim lachte lama uf. Da trat Jorun zu ihm und sagte: ,Was ist dir unterwegs zugestoßen, daß du jetzt lachen kannst: Was hast du Neues zu melden?' Da sprach Grim.

Laut erklang das Lachen,
Als mir Leid bereitet


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Ward, dieweil ich wund lag,
Wilden Schmerz im Hergen:
Anders saust es endlich
Südwärts ob dem Erdzaun, 1
Raunt von Feindestaten,
Fall des Allbeliebten.'

Ist es nicht so,' fragte Jorun, ,daß du deinen Bruder Helgi gerächt bast?. Da sprach Grim.

Rache darf ich rechnen,
Richtend und vernichtend
Helgis Feind und meinen,
Mir als Werk und Jubel:
Grund genug zur Sühne
Für den grimmen Bjarni;
Raben Freude biß der
Blanke Wundenfunke." 3

Nun wird es sich zeigen,' sagte Jorun, ,daß wir schutzlos sind, sobald der Bauer nicht zu Hause ist. Und doch könnten wir beide es ruhig abwarten, wenn nicht Helgis, des Asbjörnsohnes Schwager Björn uns so dicht vor der Tür säße.'

Grim und seine Gefährten blieben dort versteckt, solange Thorkel fort war. Als er heimkam, suchte er Grim auf und Sagte nach dem Geschehenen und besonders nach den Umständen Helgis Tod. Grim erzählte. wie alles sich zugetragen , und sprach die Weisen:

Harten Schwertes Schneide
Schnitt in Mannes Mitte —
Meine Faust umfaßte
Fest den Todesboten —,
Als er starb, enterbet
Alles Hallenjubels, 4
meines Bruders Todfeind,
Björns, des Asen, Sprößling.' 
1 Erdzaun - Fluß gemeint ist das Seefließ. Des Raben Freude Menschenfleisch. 3 Wundenfunke-Schwert. Die Festfreude der Halle als das Beste im Leben. 5 Basin der Ase-Asbjörn (nach der Art skaldischer Sprach reflexion).


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Mit der Waffe schuf er, 1
Hallend auf der Walstatt,
Heldenwerf, das Helgis
Üngestüm berühmte,
Als er, froh des Streites,
Stritt in volkesmitte,
Drei der Feinde fällte,
Eh er fiel dem Beile.'
Wogenrosses Wächter 2
Mußt ' in Wildnis hausen
  Sieben lange Tage,
Bebend um das Leben,
Als der Baum des Kampfes 3
Blutbespritzten Spaten
Stach in Leibes Erde,
Leichentau erreichend. '

Thorkel ritt zum Thing. Grim aber blieb in einem Zelte auf dem Berge, der Schneespitze beißt, oberhalb der Kreuzbucht, und seine Gefährten mit ihm.


14. Von Grims Zufluchtsorten

Der Gode Hrafnkel, Helgis des Asbjörnsohnes Vetter erhob die Totschlagsklage gegen Grim. Thorkel, Geitirs Sohn, bot Sühnegeld für ihn, doch Hrafnkel wollte es nicht nehmen. So wurde Grim geächtet, und die Leute kamen beim vom Thing.

Im selben Sommer landete in der Kreuzbucht ein Schiff, das einigen Norwegern gehörte. Der Steuermann nahm mit drei andern Aufenthalt bei Thorkel.

Als es herbstete, zog Grim mit seinem Zelt herab auf einen Felsvorsprung. Da stand eine große Steinwarte oberhalb des Zeltes und eine ebensolche unterhalb. Das Ganze lag da, wo der Graswuchs aufhört, und heißt noch jetzt Bei Grims Hütte, Die Norweger kamen nach der Kreuzbucht, um zu spielen 5 

1 Helgi, Grims Bruder. 2 wogenroß - Schiff; deo Schildes Wächter ist der Krieger, Burr Grim. v Baum des Kampfes - Krieger, hier Grim. Leichentau Blut. Siehe die Anmerkung S io



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und um den Steuermann zu besuchen. Da sagte einer von ihnen: ,Ich glaube oben am Berge ein Zelt zu sehen — oder einen grauen Stein; es wird aber eher ein Zelt sein.' Thorkel sagte: ,Du hast scharfe Augen. Es ist ein Stein; wir nennen ibn den Zeltstein.' Weiter wurde nicht darüber gesprochen,

In der darauf folgenden Nacht kam Thorkel zu Grim und sagte: ,Bald kommen Leute aufs Gebirge. Ich möchte, daß ihr euch nach Arnheidhausen begebt. Dein Schwiegervater Jngjald ist ein kluger Mann, und bei ihm werdet ihr gut aufgehoben sein. Seid ihr ihm aber unbequem, so kommt wieder zu mir.' Grim und seine Freunde zogen also zu Jngjald und wurden von ihm in eine Höhle gebracht, die jetzt Grims-Höhle heißt.

Jngjald sagte zu seinem Schafhirten: ,Kommen ein paar Schafe abhanden, so brauchst du dich nicht darum zu kümmern.' Da sagte eine Magd zu Jngjald: ,Unser Bach ist so schmutzig, daß man kaum daraus trinken kann.' ,Das kommt daher, daß wir ibn abgedämmt hatten,' versetzte er; ,ich bin hingewesen, ibn wieder in Fluß zu bringen.' In Wirklichkeit bing es anders zusammen: Grim schaufelte sich ein Erdhaus — der Gang mündete neben dem Bett seiner Frau, und er lag bei ihr in den Nächten —, die Erde aber ward in den Bach geworfen. An der Njardbucht wohnte Thorkel der Kluge, der groß war im Erkunden verborgener Dinge. Er war mit Grim verwandt. Der Gode Hrafnkel gab ihm ein Hundert Silbers, 1 daß er herausbrächte, wo Grim sich aufhielt. viele Freunde hatte er nicht. So zog Thorkel über die Berge landeinwärts, an der Ostseite des Sees hinauf, und dann an der Westseite wieder binah. Er kam auch nach Arnheidhausen. Grim hatte einen sechsjährigen Sohn. An den machte Thorkel sich heran und fragte: ,Bist du Grims Sohn ,Ia,' erwiderte der Knabe. Thorkel fuhr fort: .Ist dein Vater zu Hause?' .Das weiß ich nicht. Und auch wenn ich es wüßte, würd' ich's nicht sagen.' um Abend Sagte eine Frau: ,Wo ist Grims Eimer: Ich finde ihn nicht.' ,Was ist los mit Grims Eimer?' erkundigte sich Thorkel. Da kam Jngjald hinzu und sagte: ,Grim heißt ber 1 

Siehe die Anmerkung S, 32,



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den Frauen unser Bock, und in dem Eimer bekommt er zu saufen.' Nun glaubte Thorkel genug zu wissen, machte sich fort und meldete Hrafnkel, wie es stand.

Im Frühling traten Jngjald und Thorkel Kranich eine Reise landeinwärts am Sie wandten sich südwärts über die Gletscher und stiegen hinab zum Hornfjord. Da stand ein Schiff auf Rollen. Jngjald verschaffte Grim und allen den Seinigen Platz an Bord und gab dem Steuermann Geld, daß er es geheim hielt. Heimlich sollten die Fahrgäste dorthin kommen. Danach kehrte Jngjald wieder heim, und bald darauf geleitete er Grim und die Seinen zum Schiff, ohne daß jemand es merkte, und blieb beim Schiffe, bis sie in See stachen. Dann machte er sich auf den Heimweg.

Als Hrafnkel erfuhr, daß Jngjald Grim zur Flucht verholfen hatte, erhob er dafür von ihm drei Mark Silbers. 1

Grims Schiff lief in den Sognefjord ein. Da sagte der Steuermann Thorkel zu Grim: ,Das Essen, das ich an euch wende, tut mir nicht leid; aber ich getraue mich nicht, dich sicher zu stellen vor dem Norweger Gunnar und den andern, die dir nach dem Leben trachten.' Und Thorkel kaufte Pferde für Grim und die Seinen und verschaffte ihnen einen Führer auf das Hochland. Sie schieden als Freunde.

Die Reise ging auf das Hochland zu einem gewissen Finngeir. Der war jung und reich. Er hatte eine Schwester Sigrid, ein schönes und kunstfertiges Mädchen. Dort übernachtete Grim mit den Seinen. Finngeir Sagte ihn: ,Wohin soll deine Reise gehn: 'Grim erzählte ihm, wie es um sie stand. ,Bleibe vierzehn Tage hier, wenn du willst!' Und als die vierzehn Tage um waren, sagte Finngeir: ,sieh auf den Hof, Grim, der meinem verstorbenen Bruder gehört hat, und gefällt es dir hier, so verfahre damit, als wäre er dein Eigentum.' Das Anerbieten nahm Grim am


15. Wie Grim seinen Tod fand

Es war ein wilder Wiking namens Gaus, mit drei Genossen. Die fügten vielen schwere Unbill zu, und Eisen 

1 Eine mark war der zehnte Teil eines Hundert. vergl. die Erzählung von Gunnar dem Töter Thidrandis.



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wollte bei ihnen nicht recht beißen. Seit einigen Jahren saß Gaus im Hochland, hatte zwei Bauern von ihren Höfen vertrieben und sich zu ihrem Nachfolger gemacht. Darauf warb er um Finngeirs Schwester Sigrid. Sie wollte ihn aber nicht, und da forderte Gaus Finngeir zum Holmgang. 1 Finngeir sagte: ,Ich hätte nichts dagegen, wenn ich vier Jahre älter wäre. Und doch will ich mich lieber schlagen als ihm meine Schwester geben.' Er bot nun verschiedenen Männern Geld, daß sie mit Gaus kämpften, und versprach dem, der ihn erschlüge , seine Schwester. Aber keiner wollte es wagen. Da begleitete Grim Finngeir auf den Holm und war bereit, ihn zu kämpfen. Gaus kam mit seinen Leuten und legte sechs Mark Silbers nieder als Holmlösung. ,Das Geld will ich annehmen,' sagte Grim. Grim hatte zwei Schwerter, weil Gaus die Schneiden stumpf zu machen verstand. Er focht gleich gui mit beiden Händen. Er zückte das Schwert mit der Linken und schlug gleichzeitig mit der Rechten zu und durchschnitt dem Gaus das Bein oberhalb des Knies. Gaus siel. Im Fallen schwang er das Schwert gegen Grim. Es traf das Bein und gab eine tiefe Fleischwunde. Dann floh der Wiking, und Grim nahm das Silber und hatte gute Nachrede von dieser Tat. Finngeir schenkte ihm den Hof, den er verwaltete, mit allem beweglichen Gut, Acker und vieh.

Grims Wunde wurde schlimm, und der Fuß schwoll an. Eines Abends erschien eine Frau, die sagte, sie sei Ärztin, und bat Grims Wunde verbinden zu dürfen. Man gewährte es ihr, und sie ging. Bald darauf stellte sich eine Entzündung ein, die bis zum Rumpf hinaufging. Da schickte man nach einem Priester . Grim empfing seine Dienste und starb. —Jene Frau aber hieß Gefion die Zauberin. Sie war Gaus' Geliebte gewesen.

Der Winter verging. Im Frühjahr kaufte Finngeir ein Schiff für Helga, und sie fuhr mit all ihrer Habe nach Island, Thorkel Kranich mit ihr. Sie landeten in der Rotwalförde. Jngjald kam seiner Tochter entgegen und brachte sie heim nach Arnheidhausen. Dort wohnte sie von nun an. Sie schenkte Thorkel 

1 Zweikampf auf einer Insel (holm), d. h. um im Falle seiner niederlage sein Leben zu sichern.



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das halbe Schiff; die andere Hälfte verkaufte sie an die Norweger . Thorkel ging im nächsten Frühjahr außer Landes, und von ihm ist nichts mehr zu erzählen.

Thordis, Helgis des Asbjörnsohnes Witwe, verheiratete sich mit Höskuld, dem Sohne des Goden Thorgeir vom Lautersee. Höskuld ergriff jenen Glum, der Grim bei der Tötung Helgis begleitet hatte, und er und seine Frau ließen ihn totschlagen.

Nach Ingjalds Tode war Helga Herrin von Arnheidhausen, zusammen mit Thorvald, ihrem und Gäms Sohne. Thorvalds Sohn war Jngjald, und dessen Sohn war Thorvald, der diese Geschichte erzählt hat.

Helgi, Droplaugs Sohn, ist gefallen ein Jahr nach der Ankunft des Priesters Dankbrand in Island.



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Das Bruchstück von Thorstein, dem Sohn Siduhalls



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1. Thorstein im Auslande

Diesen Sommer hatte Thorstein mit Thorleif eine Fahrt ins Ausland vor, und sie waren vor dem Thing reisefertig. Da kam die Rede darauf, wem Thorstein sein Godentum anvertrauen solle. Er meinte: ,Ich hätte mich wohl nicht sehr weit umgetan, wenn Thorhadd mir noch so nahe stünde wie einst. Aber so, wie die Dinge jetzt liegen, weiß ich nicht recht. Er hat ja das Zeug dazu, Verstand und Tatkraft. Aber es ist noch nicht alles in Ordnung zwischen uns.'

Es ging, wie das Sprichwort sagt: einmal über die Lippen, läuft das Wort nur so — das Wort gelangte bis zum Thorhadd. Der besuchte alsbald Thorstein und sprach: ,Ich habe etwas gehört, was mir gut gefällt. Seien wir klug und tun die Spannung ab, die zwischen uns entstanden ist; schließen wir von neuem Freundschaft: Und wenn es dir wirklich ratsam scheint, daß ich dein Godentum übernehme, so bin ich so bereit wie berufen zu dieser Arbeit, zu der du mich anstellst.' Thorstein erwiderte, das sei gut gesprochen. Thorhadd übernahm auf dem Thing das Godentum, und sie trennten sich in Freundschaft. Thorstein segelte aus und landete auf den Orkaden. Zu dieser Zeit herrschte auf den Inseln der Jarl Sigurd, Hlödvirs Sohn-Er nahm Thorstein gütig auf, lud ihn ein, sein Gast zu sein, und Thorstein verbrachte den Winter bei ihm in hohem Ansehen. Als der Frühling kam, fragte ihn der Jarl, ob er mit ihm auf Heerfahrt segeln oder lieber zu Hause bleiben wolle. Thorstein wählte das erste und wurde auf dem Schiffe des Jarls Bugwächter. An Bord war er der Tüchtigsten einer, als wäre er an solche Arbeit gewöhnt. Thorstein war klug in Ratschlägen , scharfsinnig und kühn, und der Jarl bat ihn, lange zu bleiben, da er auch seine Sippe kannte und wußte, daß sie verwandt waren: denn die Mutter des Siduhall war Thorey, Özurs Tochter, und Özur war ein Enkel des Jarls Rögnvald von Möre, von dessen Sohn, dem Jarl Torf-Einar, über die Jarle Thorfinn Schädelspalter und Hlödvir, der Jarl Sigurd abstammte.

Jarl Sigurd heerte den Sommer hindurch weithin an den



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schottischen, Küsten. Anreizende Reden waren bei Thorstein überflüssig. Vielmehr waren sein Wort, seine hohe Abstammung , seine Mannhaftigkeit treibende Kräfte bei dem unternehmen . Der Jarl erschlug viel Raubgesindel, anderes entfloh in die Wälder, und so segelte er weithin um die Westländer mit Feuer und Schwert.

Spät im Herbst kehrte er heim nach den Orkaden und saß nun drei Monate ruhig, Gaben verteilend an seine Freunde. Zu Thorstein sagte er da: ,Gute und wackere Gefolgschaft bast du mir geleistet. Nimm diese goldbeschlagene Art von mir an. Sie geziemt dir zu tragen.' Thorstein dankte dem Jarl, denn das Stück war sehr kostbar. — In diesem Herbst kam der Mordbrand-Flosi mit seinen Leuten nach den Orkaden, und es ging ihm dort bei Jarl Sigurd so, wie in der Geschichte vom weisen Njal erzählt wird.

Im Winter rüstete Jarl Sigurd zur Irlandfahrt, und nachher kämpfte er gegen den König Brjan in jener berühmtesten Schlacht, die je in den Westlanden geschlagen wurde, so viele waren der Kämpfer und so große Ereignisse geschahen dort. 1 Beim Aufbruch Sagte der Jarl Thorstein, ab er mitwolle. Er antwortete, ihm zieme nichts anderes als mitzufahren und ihm in die Gefahr zu folgen, da er sich ja auch das gute Leben im Frieden habe gefallen lassen. Für diese Worte dankte ihm der Jarl. Dann fuhren sie nach Irland und kämpften gegen den König Brjan, wobei viel Merkwürdiges sich ereignete, wie in seiner Geschichte erzählt wird. So sielen dort drei Bannerträger des Jarls Sigurd nach einander. Da bai der Jarl Thorstein, das Banner zu tragen. Thorstein versetzte: ,Trag selber deine Krähe 2, Jarl! Da sagte jemand: ,Du tust recht, Thorstein, denn ich habe dabei meine drei Söhne verloren.' Der Jarl nahm das Banner von der Stange, verbarg es in seinen Kleidern 1 

Schlacht bei Clontarf 1014. 2 Das Bannertuch zeigte das Bild eines Raben und galt ohne Zweifel den Odingläubigen als glücksbringend bekanntlich war der nabe Odins heiliger vogel. Thorstein ist weise genug, den Glauben nicht zu tellen, während der Jarl das Opfer seines Glaubens wird. Später hat man die trugvolle Doppelnatur des Amuletts durch die Formel erklärte das Banner brachte Sieg dem, dem es vorgetragen ward, aber Tod dem Träger.



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und kämpfte tapfer weiter. Gleich darauf hörte man eine Stimme in der Luft: ,Will Jarl Sigurd den Sieg, so soll er seine Schar auf die Dumaz-Höhe führen!' Beim Sturm auf diese Höhe siel der Jarl und mit ihm viele aus seinem Gefolge. Gleichzeitig erschlug Brodir den König Brjan. Doch Ospak, sein Bruder, ließ ihn ergreifen, die Därme aus seinem Leibe ziehen und ihn um eine Eiche herumführen, bis erstarb.1 viele bedeutende Männer sielen da zur selben Stunde,

Thorstein und noch einige, die bei einander geblieben waren, machten am Walde halt. Da sagte einer: ,Warum fliehst du nicht, Thorst~n: ?' Er antwortete: ,Weil ich heute abend doch nicht mehr nach Hause komme, auch wenn ich fliehe.' Man schenkte Thorstein das Leben.

Er fuhr zurück zu den Orkaden und von da nach Norwegen, wurde dort ins Gefolge des Königs Magnus des Guten aufgenommen und war ein anderer Mann als solche, die zu Hause sitzen und sich von großen Ereignissen erzählen lassen. Er verkehrte in den Häusern vieler großen Herren, überall hoch angesehen als hervorragende Persönlichkeit. Auch im eigenen Hause trat er prächtig auf, und sein Hof stand nicht zurück hinter der Lebensweise großer Herren. Thorstein war als Freund zuverlässig, heiter und leutselig im Umgang, klug und nachgibig, aber auch scharfblickend und von langer Rache, grimmig gegen seine Widersacher, doch gut gegen Arme und alle, die seiner bedurften; Leute dagegen, die nicht zu den kleinen gehörten, bedrängte er, solange er hier im Lande wohnte, oft durch seine Übermacht. Ausgezeichnet schon durch seine Abkunft, verschaffte er sich dazu eine wertvolle Schwägerschaft, den Beistand der Leute von der Waffenförde.

Nachdem er drei Jahre draußen gewesen und sehr berühmt geworden war, kehrte er nach Island zurück. Er war zwanzigjährig gewesen, als er in der Brjansschlacht mitkämpfte, Er landete an der Ostküste kurz vor dem Herbstthing und begab sich zu seinem Hof, freudig empfangen von verwandten, Freunden und allen Thingleuten. 1 

Das Ende des Darms war an der Eiche befestigt. vergl, die Erzählung der- selben vorgängern der Geschichte von Njal Kap. 157 (Bd. 4 deser Sammlung).



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2. Von Thorhadd und Hauk

Während Thorsteins Abwesenheit hatte Thorhadd seine Thingleute gut behandelt. Zugleich bekam er viel Geld von Hauk. 1 Im ersten Sommer, als er anfing, das Geld einzuziehen, ward ihm ein großer, wertvoller Kessel in Zahlung gegeben. Bei der Teilung blieben sie so lange einig, bis dieser Kessel an die Reihe kam. Da sagte Thorhadd: ,Dieses Stück will ich haben für meine Wirtschaft. Du kannst etwas anderes dafür bekommen.' Hank erklärte, den Kessel nicht entbehren zu können; jener könne auch so zufrieden sein, da er so ziemlich alles bekommen habe, und es sei nicht billig, ihm den Kessel abzusprechen. Thorhadd entgegnete, so sei es, aber es hätten noch mehr Leute als er ein Anrecht auf den Kessel. Dann ritt er davon.

Gleich darauf trat Gudleif hinzu und sagte: ,Hätte ich zu entscheiden gehabt, so hättest du den Kessel nicht verweigert. Bei dem Übermut meines Vaters kann dies schlimm ablaufen. Man soll ihm nachreiten und ihm den Kessel anbieten.' Hauk erwiderte: ,Das ist nicht nötig. Geben wir ihm das eine, so verlangt er gleich mehr.' Sie sagte: ,Ich möchte es nicht darauf ankommen lassen, daß mein Vater darüber die Entscheidung behält; wie die Sache weitergehn soll. Kauf dir lieber einen neuen Kessel!' So wurde dem Thorhadd ein Reiter nachgeschickt und ihm der Kessel angeboten. ,Es ist das Richtige,' sagte er, wenn Hank den Kessel behält. Ich besorge dann das Meinige nach Gutdünken.' Hauk erfuhr dies und war es zufrieden. Gudleif dagegen sagte, es werde ein schlechtes Ende nehmen. Im nächsten Herbst ließ Thorhadd fünf Ochsen und dreißig Hammel, Hanks Eigentum, von der Bergweide herabtreiben und sagte, man solle dem Hauk bestellen, das wäre ein Bruchteil von dem Werte des Kessels. Hauk fand dies unziemlich gegen sich gehandelt, konnte aber nichts dagegen tun, solange Thorstein fort war; er meinte, dies sei ein schlechter Dank für sein Anerbieten. Gudleif sagte, ihnen sei schlimm mitgespielt, 1 

Thorhadds Schwiegersohn. Was die beiden mit einander gehabt hatten, ist unbekannt. Thorhadds Tochter,



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aber sie wolle es darauf ankommen lassen, daß man einstweilen Ruhe hielte. Den andern Leuten dort in den Bezirken war Thorhadd ein guter Herr und stiftete Recht unter ihnen nach Kräften. Im folgenden Herbst ließ er wieder ebenso viel vieh, das Hauk gehörte, von der Alm treiben und für seine Wirtschaft schlachten und bat wiederum Hauk zu sagen, das wäre ein Bruchteil von dem Werte des Kessels. Hauk äußerte, er wisse wirklich nicht, was er gegen solche Beraubung tun solle; er vermisse schmerzlich seinen Freund Thorstein.

Auch dieses Jahr verging, und im dritten Herbst rüstete Thorhadd sich, aufs Gebirge zu steigen, und alle seine Söhne mit ihm, und er ließ dann hundertzwanzig Hammel und zehn Ochsen herabtreiben und für seine Wirtschaft schlachten. Diese Tat fand niemandes Beifall. Hauk fragte Gudleif um Rat, was zu tun sei. Sie sagte, es sei mißlich, bei solchem Übermut Thorhadds einen Rat zu geben; ,Thorstein wird bald kommen,' meinte ue.


3. Wie Thorhadd gedemütigt ward

In jenem Sommer nun kam, wie erzählt, Thorstein heim. Das Herbstthing nahte, und Thorstein machte sich mit großem Gefolge dahin auf. Auch Thorhadd kam hin. Das Thing war stark besucht, und die Leute verhandelten über ihre Angelegenheiten und die Bezirksregierung. Thorstein sagte, er habe erfahren, daß Thorhadd aller Leute Angelegenheiten gut verfolgt habe, ausgenommen die des Hauk, die noch ganz unerledigt sei. Thorhadd versetzte, er und sein Schwiegersohn würden sich allein darüber einigen; doch hätten auch andere Leute davon ihren Nutzen gehabt. Thorstein nannte es in der Ordnung , daß jeder über das Seinige bestimme; ,und jetzt', sagte er, ,ist wohl auch der Zeitpunkt gekommen, daß ich mein Godentum wieder übernehme.' Thorhadd antwortete: ,Das hättest du sagen sollen, ehe die Prozesse verhandelt wurden. Jetzt ist es besser, wir machen die Sache auf dem nächsten Frühjahrsthing ab, vor den Gerichtsverhandlungen. Im Winter brauchst du ja das Godentum nicht.' Thorstein wurde sehr zornig, als er das Godentum nicht bekam, und sie trennten sich.



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Der Sommer ging Ende, auch der Winter verging, und das Frühjahrsthing kam heran. Ehe Thorstein von Hause wegritt sagte seine Frau Yngvild: ,Es ist nicht alles richtig zwischen dir und den Leuten an der Waffenförde, wenn du keinen höheren Namen trägst als ein beliebiger Bauer." Und als Thorstein sich dem Thingplatze näherte, sagte er: ,Hier wollen wir halt machen und auf Thorhadd warten. Wir beide kommen nicht zusammen auf dieses Thing, erhalte ich mein Godentum nicht zurück.' Bald erschien Thorhadd mit seinen Söhnen und einem Trupp Reiter. Thorstein sprang auf und hieß ibn das Godentum ausliefern und die Hand darreichen; ,sonst', sagte er, ,müssen wir unsere Kräfte messen '; es gehe nicht an, daß die Bauern beraubt und die Häuptlinge geschändet würden. Er machte ihm heftige Vorwürfe wegen seines Handels mit Hauk und sagte, er dürfe Hauk, und ebenso seine Tochter, nicht länger so schmachvoll behandeln. Thorbadd sagte, er sei kühn; ,es ist wahrscheinlicher,' sagte er. ,daß du Hauk in Schmach bringst, denn jedesmal, wenn du bei ihm zu Gast bist, schläfst du im Bette seiner Frau. So lohnst du ihm seine Geschenke.' Thorstein antwortete: ,Gut lügt nur; wer mit Zeugen lügt. Ich glaube aber, du kannst keinen Zeugen dafür beibringen , daß ich je eines Mannes Frau verführt hätte. Ich habe nämlich eine gute Frau und bin ihr treu. Entschließe 'dich nun schnell: gib das Godentum heraus, oder — das andere ist das Schlimmere" Thorhadd: ,Ein hitziger Mensch bist du, nicht gerade von ruhigem Wesen. Du sollst dein Godentum bekommen, auch ohne Drohungen. Dein Vater machte es anders , als er auf dem Allthing seinen Sohn Ljot verlor. Da redete er bedächtig genug, und es war doch wirklich eine Prüfung für ihn, während dies für dich keine ist.' Viele Dritte mischten sich ein. und Thorstein bekam auf dem Thing das Godentum zurück.

Die verhandlungen gingen vor sich. Bei der Auflösung des Thinges auf dem Thinghügel stand Thorstein auf und sprach: Der Landsgemeinde ist bekannt der Handel zwischen Thorhadd 

1 Yngvild stammte aus dem Geschlechte der Goden von Hof an der Waffenförde.



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und Hauk. Soll es so weitergehn, so sind die Bauern rettungslos verloren. Darum soll Thorhadd allsogleich erfahren, daß ich mächtiger bin als er. Ich verkünde hiermit, Thorhadd , daß dir als Wohnsitz der Hof An der Straße, vor dem Bärinnenfjord, zugedacht ist und daß du abziehen sollst aus Rannveighausen, ehe vier ebu Tage um sind. Tust du das nicht, so führe ich dich schonungslos fort. Aber ich dulde nicht, daß du oder deine Söhne aus dem Bezirk fliehst, denn wir Ostfjordleute sind die nächsten dazu, uns mit eurer schlimmen Lage ;u beschäftigen. Geht ihr aus dem Bezirk ohne meinen Willen, so verbiete ich, euch aufzunehmen, und sage denen, die es tun, den Frieden auf.' Thorhadd sagte, das seien unbedachte Reden; ,es könnte so kommen,' fuhr er fort, ,daß mein Verbleiben im Bezirk wenig Nutzen brächte, wenn man uns allzu wenig Raum gönnt; übrigens habe ich bisher immer selbst über meinen Wohnsitz bestimmt.' Thorstein erklärte, es folie nun einmal so sein, wie er bestimmt habe. Und man trennte sich.

Thorhadd ritt nach Hause und ließ nichts von sich hören. So verging einige Zeit. Er sagte, Thorstein werde sicher den Ablauf der Frist übersehen.

Die letzte Nacht der vierzehn Tage kam, und als am nachsten Morgen Thorhadd ruhig zu Hause bleiben wollte, erschien Thorstein mit fünfzehn Mann und erklärte, er habe Thorhadd nur das gedroht, was er wahr zu machen gedächte. In aller Frühe war Thorhadds Schäfer hereingekommen und hatte gemeldet, fünfzehn Reiter seien im Anzuge; ,du sagtest,' hatte er hinzugefügt, ,Thorstein würde die Frist vergessen; aber mir scheint, jetzt kommt er.' Thorhadd hatte erwidert:

Stehn wir auf und brauchen unsere Waffen; ehe man uns totschlägt, geschieht etwas.' Als Thorstein sich dem Hofe näherte, ließ er absitzen und sagte, die Pferde sollten Hauks Gras nicht zertrampeln. Sie gingen zu Fuß an das Haus. Dort sagte man ihnen, Thorhadd und seine Söhne warteten drinnen. Die Türen waren zu, Thorstein trat an den Eingang und sagte: ,Vernimmt Thorhadd meine Worte, so bin ich nicht feindlicher Absicht da, wenn er herauskommen will und ab



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guben.' Thorhadd rief zurück, er solle nur angreifen. Aber Thorstein erklärte, seine Leute seien ihm zu schade dazu: ,Wir wollen Feuer an das Haus legen und Hauk Genugtung verschaffen für den Hausbrand" Man tat es und schaffte Feuer herbei. Den Frauen gewährte Thorstein Seien Ab ug. Bald erfüllte die Zimmer dichter Qualm, und es rauchte immer stärker . Da sagte Helgi ': ,Es dünkt mich ein übler Tod, eingeräuchert zu werden wie Füchse. Lieber geb ich hinaus zu Leben oder Kampf!' Er tat es und ging voran, und wie sie herauskamen , ließ Thorstein einen nach dem andern binden, sonst aber ihnen nichts tun. Dann wurden ihre Wirtschafisgeräte fortgeschafft und ihr vieh nach der Straße getrieben. Dort ließ Thorstein Thorhadds ganzen Besitz in zwei Teile teilen, und er mußte sich darein fügen und blieb dort wohnen. Thorstein ritt beim nach Hof. Man schickte Hank Nachricht. Er kam und nahm das Seinige an sich.


4. Von Thorhadds Rache

Nun entstand von neuem Feindschaft zwischen Thorstein und Thorhadd, und besonders von Thorhadds Seite, da er so vergewaltigt worden war. Er und seine Söhne setzten schlimme Gerüchte in Umlauf über Thorstein; sie waren mit Worten höchst gefährliche Gegner.

Eines Abends kam bei Thorhadd ein Mann zu Gast namens Grimkel; der war ein Landstreicher und dabei eine arge Lästerzunge. Thorhadd plauderte viel mit ihm, und er blieb eine Zeitlang dort. Thorhadd wollte von ihm haben, er solle ins Westviertel ziehen und dort eine Verleumdung über Thorstein, Halls Sohn, aussprengen des Inhalts, Thorstein wäre jede neunte Nacht in ein Weib verwandelt und verkehre dann mit Männern. Dies war für Grimkel ein gefundenes Fressen. Er zog westwärts und lästerte über Thorstein, und das Gerede drang dann wieder ins Ostland. Es fand fast in jedem Hause Eingang, und Thorsteins Feinde machten eine Schmach Rr ihn daraus, seine Freunde bedauerten es.

ver erste, der ihm darüber reinen Wein einschenkte; war sein 

1 Thorhadds einer Sohn; wie es scheint, der älteste.



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Bruder Kol; er war gerade Gast im Hause, war im Sommer aus dem Auslande heimgekehrt. Eines Tages sagte er zu Thorstein ,Hast du gemerkt, Bruder, wie unfreundlich man dich behandelt und dich aufs seltsamste: verleumdet: Das ist der Grund, weshalb deine Freunde zurückhaltender gegen dich sind als früher, und daher auch das Lächeln Einiger. Die Sache ist eingefädelt von deinen besten Feinden. Man tut, als komme es aus dem Westlaude, aber ich glaube, die Welle springt hier ganz in der Nähe auf. So etwas ahndet man nicht ischt zu schwer" Thorstein erwiderte ,Das ist eine feige Handlungsweise . Es wird wohl kein gutes Ende nehmen. Jeden andern Tort hätte ich von Thorbadd und seinen Söhnen eher erwartet.'


5. Thorhadds Träume

Es war ein Mann namens . . . ., der wohnte im Breiten Tal an der Klippe. Bei ihm war ein gewisser Stein zu Gast. Der deutete Träume besser als irgend ein anderer und war auch ein sehr geschickter Brettspieler . . . .

(Thorhadd war zu Besuch an der Klippe und unterhielt sich mit Stein.) Thorhadd war sehr lustig und schlug ein Brettspiel vor. ,Man hat mir erzählt,' sagte er, ,daß du ausgezeichnet Brett spielst, und ich finde auch Vergnügen daran.' Stein war es recht. Sie spielten, und Thorhadd unterlag. Da sagte er: Man hat mir deine Geschicklichkeit nicht übertrieben. Jetzt wollen wir aufhören mit dem Brettspiel, denn ich habe etwas anderes mit dir abzumachen.' Stein Sagte, was das sei. Thorhadd erwiderte: ,Man bat mir erzählt, du seiest ein sehr guter Traumdeuter. Darauf möchte ich jetzt die Probe machen. Ich habe nämlich wunderbare Träume gehabt, und es verlangt mich, zu wissen, wie du sie deutest.' ,Ich verstehe nur schlecht , Träume deuten, aber ich kann mir denken, daß du v! träumst, denn du redest viel.

Thorhadd sprach: ,Mich träumte, ich spränge mit einer Stange in der Hand den Bergabhang über der Straße hinauf und über etliche Gruben und Wege, und ich käme wieder hinab dort, wo es Am Bogen heißt.' — Stein sagte: ,Ich glaube deinen Traum so richtig zu deuten: deine Angelegenheiten



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wenden auf einen Abweg geraten, du biegst nämlich vom geraden Wege ab und schlägst einen krummen ein, und es kann sein, daß es eines Tages mit dir um die Ecke geht; das macht mir Angst.' Thorhadd versetzte: ,Du deutest ev wenig nach meinem Sinn.' .Erzähle mir nur solche Träume, von denen du willst, daß ich sie so deute, wie ich es fur richtig halte, sagte Stein.

Thorhadd sprach: ,Das war mein zweiter Traum: ich sah zwei Monde; der eine war ein gewöhnlicher Mond; der andere hing am Berge hinter meinem Hause, und ich nahm diesen Mond und ass ihn. ließ aber ein kleines Möndchen übrig und verwahrte das in meinem Beutel.' — Stein sagte: ,Das ist ein wunderbarer Traum. Doch glaube ich zu erkennen, was er bedeutet: du hast ein Weltwunder verschluckt, daher die ungeheuerlichen Reden, die aus deinem Munde kommen. Noch sind nicht alle heraus, die du in deinem Herzen verwahrst, denn du hast etwas von dem Monde übrig behalten.'

Thorhadd sprach: ,Es klingt nicht gerade erfreulich, was passieren soll; aber vielleicht hat der Traum wirklich nichts Gutes zu bedeuten. —Der dritte Traum war dieser: ich stand in einer Schmiede und machte einen Spieß, und meine Söhne fachten mit dem Blasebalg das Feuer an, aber die Arbeit wurde nicht fertig, obgleich die Funken stoben.' — Stein sagte: ,Das sind eure fauchenden Mäuler und die Spießruten, die ihr andere Leute laufen laßt, eine Arbeit, die nie fertig wird, obgleich die Funken davon über das ganze Cand sprühen du bist der Hauptmann, und deine Söhne gebn dir getreulich zur Hand.'

Thorbadd sprach: ,Mein vierter Traum ist dieser: ich ging in eine andere Schmiede; da war plötzlich alles wunderbar verändert , und ich bereute den Gang.' — Stein erwiderte: ,In der Tat bist du vor eine andere Schmiede gegangen als früher, wo du Ansehen bei den Menschen und die Gunst der Götter genossest; jetzt genießt du die Feindschaft der Menschen, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß dir die Schmiede einmal leid wird.' Thorhadd sprach: ,Dies war mein fünfter Traum: ich ging an den Strand hinab, wo Salz gesotten wurde, und meine Söhne mit mir; da ass ich glühendes Salz und trank Seewasser



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dazu.' - Stein sagte: ,Das bedeutet deine Lästerreden.' ,Du schonst mich wenig bei deiner Traumdeuterei,' sagte Thorhadd. Stein versetzte, er deute so, wie es ihm richtig scheine.

Thorhadd sprach: ,Dies ist mein sechster Traum: wir brachen von Hause auf, ich und meine Söhne, und wanderten zwischen dem Berge und der See; da warf uns eine Brandungswelle in eine Bergspalte, und es war sehr eng darin; ich hatte aber einen so langen Arm, daß ich damit bis oben an den Kamin reichen konnte, und so zog ich mich hinauf und zog meine Söhne nach, so daß wir alle miteinander oben auf dem Berge standen.' -Stein erwiderte: ,Wenn deine Arme länger waren als von Natur und von Rechtswegen, so zeigt sich das darin, daß du weit ausgreifende Torheiten begehrt und deine Söhne mit hineinziehst in deine verwicklungen; und wenn ihr hoch auf dem Berge standet, so bedeutet das: ihr fühlt euch erhaben über jede vernünftige Vorsicht.' Thorhadd sagte: ,Ich halte diesen Traum für einen guten Traum.' Stein versetzte, es werde schon so kommen, wie er voraussage.

Thorhadd sprach: ,Dies war mein siebenter Traum: ich zog meines Weges dahin, aber nicht auf der Hauptstraße, sondern auf einem nebenher laufenden Pfad, und ich gelangte auf einige Hügel hinter dem Gehöft An der Straße; Thorstein, Hall's Sohn, aber ging unter mir auf dem Hauptwege.' —Stein sagte, es sei klar, daß Thorstein auf dem rechten Wege wandle, ,du aber gehst krumme Wege bei euren Händeln, und zuguterletzt wird er dir von unten zu Leibe rücken.'

Thorstein sprach: ,Dies war mein achter Traum: meine Zunge war so lang, daß ich sie seitwärts in den Nacken zurückschlug und auf der andern Seite wieder nach vorne bis in den Mund.' — Sinn erwiderte: ,Es ist klar, daß sich deine Zunge wohl noch einmal um deinen Kopf wickelt."

Thorhadd sprach: ,Dies ist mein neunter Traum: ich stand auf dem Berge Held —so einen gibt es im Ostland —und schaute von da über alle Lande, nur nicht in die Nähe, da war alles in Nebel gehüllt.' — Stein sagte: ,Wenn du auf dem Berge Held standest, so bedeutet dies, daß du einstmals eine Art Held 1 

Sprichwörtliche Redensart, die unmäßige Geschwidigkeit bezeichnet.



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warst, als du Thorsteins Godentum verwaltetest und vielen beistandest mit Geld und vor Gericht; jetzt aber bist du weitsichtig geworden, denn du machst Dummheiten und siehst nicht; was dir sehr nabe ist, dagegen siehst du genau alles, was weit weg im blauen Dunst liegt.

Thorhadd sprach: ,Mein zehnter Traum war so: ich kam auf eine stark besuchte versammlung, und da warf man mir Blechstücke in die Schürze, aber die Mächtigeren warfen schwere Eisen klumpen, so daß die Blechstücke zu Boden fielen.' —Stein sagte: ,vermutlich wird ein Einigungstermin anberaumt zwischen dir und Thorstein, und da werden, glaube ich, die kleinen Leute; die große Masse, dir Beistand leisten, weil du manchmal ihr Fürsprecher gewesen bist, aber die Großen werden alles, was dir helfen soll, niederschmettern und sich mehr an deine bösen Reden balten.'

Thorhadd sprach: ,Mein elfter Traum war: ich ging das Breite Tal hinauf und raffte den ganzen Bezirk wie eine Garbe Ähren in meine Arme.' — Stein deutete: ,Dann wirst du alle Leute im Bezirk vor der Brust haben als deine Gegner.'

Thorhadd erzählte den zwölften Traum: ,Ich wanderte aus dem Breiten Tal durch die Herdenscharte zu dem Hof 'Am Ende, da wohnte eine Witwe, und ich trat in eine Pfütze, glitt aus und fiel, während Thorstein quer über den Weg auf mich zuritt.' —Stein sagte: ,Das überrascht mich nicht, daß du durch die Schafscharte gehst und in die Patsche gerätst und dort ein Ende nimmst.' Thorhadd selbst fand es wahrscheinlich, daß er nicht alt würde. Damit beendeten sie das Gespräch, und Thorhadd ging heim.


6. Wie man die Gegner zu versöhnen suchte

Bald darauf mischten sich Leute aus der Gegend ein und versuchten, ob ein Vergleich sich zustande bringen ließe. Sie baten Thorstein, dazu zu erscheinen. Er sagte; es werde wohl wenig bei einer solchen Verhandlung herauskommen; sollte dagegen über die Bezirksregierung beraten werden, so wolle er sich einfinden, auch wenn Thorhadd und seine Söhne dabei wären. Die Zusammenkunft fand statt bei dem Bauern Jngjald in



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Karshausen auf dem Bärinnenkap. Man stellte sich zahlreich ein, auch Thorstein. Zuerst wurde über die Bezirksregierung gesprochen, wie es damit zu halten sei, und es stellte sich Einigkeit heraus. Dann ergriff Orökja, Holmsteins Sohn, das Wort —er war ein Verwandter Thorhadds —: ,Ich frage dich, Thorstein, ob man nicht einen vergleich anregen darf zwischen dir und Thorhadd. Wir wollen uns alle daran beteiligen und weder mit Geld zurückhalten noch mit sonst etwas. Du kannst es glauben, er und seine Söhne würden dir zu manchem nützen können. Jenes andere aber ist keine Schande für dich; deine Häuptlingsschaft leidet nicht unter ihren ungeheuerlichen Reden.' Andere unterstützten den vorschlag, führten Thorhadds Sache und versicherten, Thorstein werde nur Nutzen davon haben, jener habe wiederholt, wenn Thorstein nicht dabei war, guten Willen gezeigt, dessen Angelegenheiten zu fördern.

Es antwortete hierauf Kol, Thorsteins Bruder: ,Seltsam, so etwas uno zuzumuten im Namen dieses Thorhadd, der sich so schändlich betragen hat, er und seine Söhne!', und dasselbe antworteten alsbald auch manche andere, Verwandte und Freunde Thorsteins. Da sagte Thorstein selbst: ,Es ist überflüssig, viele Worte darüber zu machen. Ich und Thorhadd vergleichen uns nicht.' Der versöhnungstermin verlief also, wie Stein vermutet hatte.

Thorbadd sagte: ,Ich will nicht viel dazu bemerken. Aber das sollst du wissen, Thorstein, daß ich reich mit Träumen begnadet bim Es ist nicht unwahrscheinlich, daß bald einige davon in Erfüllung gehn; schließlich aber werden sie alle etwas bedeuten. So träumte mich. ein Eisbär käme vom offenen Meer herein und spränge hier auf dem Bärinnenkap über mich und meine Söhne hinweg; er rannte dann fort, entlang an einer langen Hügelreihe, und da sah ich, wie ein Fuchs aus dem Geröll hervorsprang und den Bären totbiß. Deute das, Thorstein" Thorstein erklärte, er werde seinen Traum nicht deuten und wünsche überhaupt das Gespräch nicht fortzusetzen. Da erwiderte Thorhadd: ,So werde ich ihn selbst deuten! Nach dem, was mitunter anderen zu Ohren kommt, weiß ich, daß du mir Böses zugedacht hast, und es kann sein, daß es dir



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glückt, mir und meinen Söhnen eins auszuwischen. von der Hand eines Mannes, wie du bist, zu fallen, ist gut, verglichen mit dem Tode durch den Schurken, der eines Tages über deinem gespaltenen Schädel stehn wird. —Ich hatte noch einen andern Traum: Wir beide, Thorstein, und meine Söhne aßin zusammen, jedem war ein halber Brotlaib zugeteilt, der Brei aber allen gemeinsam. Ich und meine Söhne verzehrten unser Brot, und am Ende hatte Thorstein den ganzen Brei weggegessen und dazu sein Brot. Deute diesen Traum, Thorstein! Thorstein sprang auf und erklärte noch einmal, er werde seine Träume nicht deuten. So sei es wohl ihm selbst vorbehalten, ihn zu deuten, sagte Thorhadd; ,und so soll es sein,' fuhr er fort: ,ich deute ihn so, daß ich und meine Söhne unser Leben bald beenden werden; du, Thorstein, wirst uns die Mittel zum Leben entziehen; es kann aber sein, daß auch deine Tage gezählt sind.'

Die versammlung ging auseinander, und man ritt heim. Die Feindschaft zwischen den beiden wurde immer größer.


7. Wie Thorstein auf eine Tat sann

In diesem Winter begab sich Thorstein nach der Wassenförde, um seinen Schwager Skegg-Broddi zu besuchen. Sein Bruder Kol und noch ein paar Leute begleiteten ihn, und sie blieben eine Zeitlang dort; die Schwäger hatten immerfort mit einander zu reden.

Beim Abschiede erhielt Thorstein von Broddi wertvolle Geschenke, und als sie südwärts über die Butterseeheide gingen, da stolperte einer von ihnen an einer Erhöhung. Thorstein lachte; und mehrere andere auch, denn dem Manne war nichts zugestoßen. Da sagte Kol: ,Mich wundert, Bruder, daß du lachen kannst nach solchen Reden, wie Thorhadd über dich verbreitet hat. Du scheinst gar nicht an Rache zu denken, und brauchtest doch nur zuzugreifen wie ein großes Raubtier, das einem kleinen viehzeug den Garaus macht. Inzwischen wehen ihre Lästerreden über das Land wie Schneeflocken vor dem Winde. Es wird nichts übrig bleiben, als daß ich die Sache in die Hand nehme.' Thorstein erwiderte, vom vielen Stacheln



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werde es nicht besser; übrigens habe er noch selten Schmähreden geduldig ertragen und nicht anderer Hilfe gebraucht, um sich Genugtuung zu schaffen.

Man kam beim und blieb den Winter über zu Hause. Als der Frühling anbrach, machte Thorstein sich südwärts auf, um nach seinen Geschäften und nach seinen Thingleuten zu sehen. Sie stießen auf einen großen Fluß, kamen wohlbehalten hinüber und begegneten, als sie auf der andern Seite ans Land ritten, dem Thorbadd. Er ritt mit Lastpferden und fragte, wie man über den Fluß käme. Thorstein erwiderte, allein würde es ihm schwer fallen, aber er wollte ihm einige geschickte Leute mitgeben zu seiner Begleitung. Thorhadd nahm das an und kam glücklich hinüber. Es erregte Verwunderung, daß Thorstein ihm diesen Dienst erwies. Als man ihn fragte, warum er es tue, antwortete er: ,Es gibt nicht viel, was mir in meinem Leben mehr am Herzen gelegen hai als jetzt Thorhadd heil über den Fluß zu bringen, —denn ich gönne ibm einen andern Tod als das Ertrinken.'

Thorstein kehrte nach Hause zurück. Bald darauf träumte ihn, daß seine Mutter Joreid ihn besuchte. Sie war Thidrandis Tochter und damals schon tot. Sie fragte: ,Willst du nun bald um vergleichstermin mit Thorhadd: Er erwiderte, das habe er nicht im Sinne. ,Du denkst also auf Rache?' fragte sie weiter. Daran habe er gedacht, erwiderte er. Da sagte sie: ,Dann darfst du nicht lange zögern, denn die verleumdungen werden erst aufhören, wenn die Rache kommt '; den nächsten Tag nannte sie dm günstigsten Zeitpunkt und riet ihm: ,nimm deine beiden Arie in die Hand, den Jarl und den Thidrandi, und wähle zur Tai diejenige, die schwerer in der Hand wuchtet; denn der Thidrandi hai sich oft bewährt, obgleich er nicht so schön aussieht wie der Jarl.' Da erwachte Thorstein und meinte noch ihre Bewegung zu sehen, als sie hinausging.


8. Die Fahrt nach Bärinnenkap

An dem Tage war das Wetter sehr ungünstig zur Fahrt. Thorstein nahm die Arte und wog sie in der Hand: der Thidrandi war schwerer, und das überraschte ihn. Danach



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rüstete er zum Aufbruch, bestieg ein Fährboot, und sie fuhren nach den Hofinseln. Dort nahmen sie ein gutes Langschiffund ruderten hinaus aus der Schwanenförde in aller Morgenfrühe; achtzehn Mann stark, nordwärts bis zum Landkap. Thorstein war ziemlich schlechter Laune, bis beim Eiderstein eine Welle über Bord kam und die Leute das Wasser wieder ausschöpften. von da an war Thorstein wieder prol); es war ein gutes vorzeichen, daß sie der Gefahr entgangen waren.

Als Thorstein aufgebrochen war, merkte es ein Norweger, der bei ihm als Gast wohnte und vorher bei Thorbadd gewohnt hatte. Er sing die Sache so an, daß er zum Fjord hinabeilte. Als er sum innern Fjord kam und einigen Leuten begegnete, fragte er sie nach Neuigkeiten. Da war er so erschöpft, daß er nicht mehr hervorbringen konnte als diese Frage und gleich darauf zu Boden stürzte.

Thorstein und seine Leute landeten am Fuße des Hügels auf dem Bärinnenkap und fragten Ingjalds Schäfer, dem sie begegneten , was für Gäste im Hause wären. Der antwortete: Das brauche ich nicht zu verheimlichen. Da sind Helgi, Thorhadds Sohn, und seine Brüder Thorvard und Nadd. Thorhadd selbst ist, glaube ich, bei Thorkel hier auf dem Bärinnenkap, , und Asbjörn ist mit ihm.' ,Das ist willkommene Kunde', sagte Thorstein, und man trennte sich.

von Thorstein und seinen Leuten ist weiter zu berichten, daß sie sich um Hofe Karshausen wandten und allesamt an die Giebelwand traten. Da sprach Thorstein: ,Ihr kennt den Grund meines Hierseins und wißt, daß ich Unbill rächen will. Keiner von euch soll mir beistehn gegen Thorhadd, solange es sich nicht um mein Leben handelt, denn ich möchte sie sämtlich allein erschlagen. Ich warne euch; mein Zorn trifft den, der mein Gebot übertritt.' Er ging an die Tür und bat um Einlaß. Daraufhin kam Jngjald heraus und begrüßte ihn. Er fragte, was für Gäste da seien. Jngjald stutzte, gab aber doch Auskunft . Da sagte Thorstein: ,Ist es nicht so, daß sie deine Eidame werden, Thorhadds Söhne, und deine Töchter besuchen: Bitte sie herauszukommen, wenn's ihnen gefällig ist, damit wir über unsere versöhnung reden. Du gibst ja wohl keine große Gesell



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schaft.' Der Bauer hieß es gut, wenn sie sich vertragen wollten, ging hinein und meldete jenen, Thorstein sei draußen und wolle mit ihnen reden. Helgi äußerte sich zweifelhaft darüber, ob ihm das gefallen könne. Thorvard erklärte, er wolle hinausgehn, wenn Thorstein allein wäre, und er ging hinaus, ebenso Nadd, während Helgi langsamer hinterdrein kam. Draußen bai Thorstein sie, sich zu setzen und zu verhandeln. Er trat seitwärts zu einem Kieshügel, und sie folgten ihm; die Sache sei wohl nicht so bald erledigt, sagte er, und es empfehle sich deshalb zu sitzen.

Thorvard setzte sich nieder —er war ein höchst stattlicher Mensch — und während er sich setzte, gab Thorstein Nadd den Todesstreich . Thorvard wollte aufspringen, doch ehe er auf den Füßen stand, schlug Thorstein auch ihm einen tötlichen Hieb. In diesem Augenblick kam Helgi heraus, sprang hinter einen Felsblock, der vor dem Hause stand, und wehrte äch von da. Er war groß und stark und ein schneidiger Kämpfer. Thorstein ging auf ihn los, und sie tauschten eine Zeitlang Hiebe.

Unter Thorsteins Begleitern war einer namens Sigurd der Reiche. Der sprang auf Helgi zu und hieb nach ihm mit dem Schwert. Im selben Augenblick schlug Thorstein mit der Art nach Helgi und schlug ihn tot. Er rief, Sigurd sei ein schlechter Zuschauer, doch wolle er ihm das nachsehen, was er keinem andern nachgesehen hätte. ,Aber ich hab ihm den Todesstreich gegeben!' schloß er. Sigurd entschuldigte er habe ihr Fechten nicht länger untätig mit ansehen können . . . .

(Es folgt eine größere Lücke, in der unter anderm Thorhadds und Thorsteins Fall erzählt war. Thorstein wurde, wie eine andere Ouelle berichtet, von seinem irischen Knechte Gilli, den er aus unbekanntem Grunde hatte entmannen lassen, im Schlafe ermordet durch einen Messerstich in die Kehle. Mit seiner letzten Kraft sprang er auf, zückte das Schwert und stürzte im nächsten Augenblick tot zu Boden. —Der bewahrte Schluß bringt nur joch Stammbäume.)


9. Von den Nachkommen Siduhalls

Ljot, Halls Sohn, hatte Helga, Einars Tochter von Querach, zur Frau. Ihre Tochter war Gudrun, die Frau Aris des



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Thorgilssohnes vom Rauchkap. — Halls zweiter Sohn war Thorstein, von dem wir jetzt eine Weile erzählt haben. —Sein dritter Sohn war Egil; der vierte Kol.

Eine Tochter Halls war Groa, die Teti zur Frau hatte, der Sohn Gizurs des Weißen. Ihr Sohn war Hall, der Vater Gizurs, des vaters des Bischofs Magnus. Nach Teits Tode heiratete Groa Snorri, Kalfs Sohn, und ihr dritter Mann war Thorvard Krähennase

Eine andere Tochter Haus war Yngvild. Sie hatte Eyjolf zur Frau, der Sohn Gudmunds des Mächtigen von Krappfelden. Ihre Tochter war Thorey, die Mutter Sämunds des Gelehrten. —Jorun, Teits des Isleifsohnes Frau, war die Enkelin der Thordis, der Tochter Thorsteins des Hallsohnes.

Damit schließt diese Erzählung von Thorstein.