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INHALT
ERZÄHLUNGEN DER MANDE 1. Kapitel. Dichtungen zweier Völker Seite
a) Die äußeren Gegensätze 4
b) Volksdichtung der Mande 6
c) Volksdichtung der Mossi 8
d) Der innere Gegensatz 8
II. Kapitel. Lebenslauf der Malinke
a) Einleitung 10
b) Die Geburt 12
c) Kinder- und Familienleben 15
d) Die Beschneidung 17
e) Ehe- und Hochzeitsgebräuche 28
f) Die Bestattung 33
III. Kapitel. Übertreibungen des Lebens
1. Übertreibungen 36
2. Unwahrscheinlichkeiten 36
3. Jägerlegende 37
4. Übertreibung 37
5. Übertreibung 37
6. Übertreibung 38
7. Ehebedingung 38
8. Übertreibung 38
9. Übertreibung 38
10. Übertreibung 39
11. Ehebedingung 39
12. Der Flötenmann 39
13. Der Mann mit dem großen Kaja 40
14. Unwahrscheinlichkeiten 42
15. Die Vertriebenen 42
16. Die Vertriebenen 43
17. Unwahrscheinlichkeiten 44
18. Unwahrscheinlichkeiten 44
19. Unwahrscheinlichkeiten 45
20. Unwahrscheinlichkeiten 45
21. Unwahrscheinlichkeiten 45
22. Der starke Bube 46
23. Tauschen 47
24. Die Dummköpfe 49
25. Hamadi Uoloni 50
26. Der kleine Bruder 53
27. Kallondji und sein Sohn 56
28. Ertrotzter Reichtum 63
29. Bakurrobe 64
30. Dabarinkaba 67
IV. Kapitel. Erfahrungen des Lebens Seite
72
31. Die Stiefmutter 72
32. Die ungehorsame Tochter
33. Gute Lehren 73
34. Der Eifersüchtige 73
35. Der Eifersüchtige 74
36. Tapferkeitsprobe 74
37. Die Schönste 75
38. Samba Satani und Samba Mussa 76
39. Hamadi Fentigi und Hamadi Bullukullu 78
40. Bebiere 80
41. Der Unzufriedene 82
42. Der Leichenräuber 83
43. Surro Sanke 84
44. Die Rache der Hure 90
45. Der Erbschaftsrichter 94
46. Der Alkali 98
V. Kapitel. Das Leben im Tierbild
47. Sonsanni und Uarraba 105
48. Sonsanni und die Tiere 105
49. Sonsanni und der Brunnen 106
50. Sonsanni und Mali 107
51. Sonsanni und Surukku 108
52. Sonsanni und Uarrable 109
53. Sonsanni und Surukku 110
54. Surukku und Sani 114
55. Sani und Surukku 116
56. Sonsanni und die Blissi-Eier 118
57. Sani, Surukku und die Kühe 121
58. Sani und die Tiere 124
59. Surukku und die Bamba 125
60. Der geschlagene Surukku 125
61. Ulu und Surukku 126
62. Ulu und Surukku 126
63. Die Wandergenossenschaft 127
64. Surukku und Bakaroni 128
65. Bakoroni und Surukku 129
66. Bakoroni und Surukku 131
67. Sonsanni, Surukku und die Ba 131
68. Die Trommel der Surukku 132
69. Jägerlegende 134
70. Limmoro und Soso 135
71. Sasso und Sisse 135
72. Der alte Hund und der junge Hund 136
73. Hundelegende 137
74. Die Herkunft der Trommel 138
75. Sa, Bundeni und Korrokarra 138 Seite
76. Bamma als Fährmann 139
77. Die Blinden 140
78. Ndurri und Sisse 140
79. Sonsanni und der Ursprung der Ehe 141
80. Die zurückgesetzte Frau 142
81. Keningbanani 145
82. Mangallalegende 151
83. Mangallalegende 154
84. Kameradschaft 155
85. Mißachtete Warnung 157
VI. Kapitel. Zierkunst des Lebens
86. Die Taubenfrau 160
87. Die Freunde 160
88. Bamma als Fährmann 161
89. Die geächtete Frau 162
90. Golo und das Wassermädchen 163
91. Das Stiefkind 163
92. Die Grabtiere 165
93. Ntji 166
94. Der Ursprung der Völker 169
95. Die Kinder Nonsis 170
96. Kasarra Keni Ganani 177
97. Die beiden Maka 181
ERZÄHLUNGEN DER MOSSI VII. Kapitel. Lebenslauf der Mossi
a) Das bürgerliche Leben in Wahiguja 189
b) Das bürgerliche Leben in Wagadugu 194
c) Oberpriester und Stammeswahrsager 209
d) Aus dem Volksglauben 215
VIII. Kapitel. Volksdichtungen der Mossi
98. Somba narrt die großen Tiere 224
99. Njakas Tochter und Somba 228
100. Katere, Sombas Reitpferd 232
101. Somba und Katere 233
102. Somba und Norogo 237
103. Der Fleischraub Sombas und Kateres 239
104. Somba, Katere und Uobogo 242
105. Somba, Uobogo und Jugumde 245
106. Somba, Katere und Baga 248
107. Buschkönig und Somba 251
108. Der Kampf der Tiere 253
109. Katere und Djigimde 255
110. Einladungen der Tiere 258
111. Kinkirsi und das Korn 259 Seite
112. Kinkirsi und Schakal . 260
113. Sombas Wette 263
114. Die Söhne des Zauberers 266
115. Die starken Knaben 267
116. Die starken Knaben 269
117. Wandergenossenschaft 272
118. Die drei Freier 272
119. Die Kinder der ungeliebten Frau 273
120. Das fleißige und das faule Mädchen 274
121. Der Zahnschmuck des Waisenmädchens 278
122. Die Gewittergeschwister 280
123. Die Schöpfung 282
ANHANG: NAMEN DER FABELTIERE 287
ABBILDUNGEN
Tafel i. Beschneidungsfest der Malinke / Der Zug der beschnittenen Mädchen /Szenen aus dem Festtrubel. Seite 16 / Tafel 2. Märchenerzähler und Sänger der Mossi /Begrüßungen im Mossilande. Seite 192 / Tafel 3. Der Kaiser der Mossi in Wagadugu / Tanzender Dagombafürst. Seite 208.
GEDRUCKT INDER ROSSBERG'SCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG


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ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

ALLE RECHTE. INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN VORBEHALTEN 1 COPY-RIGHT 1922 BY EUGEN DIEDERICHS VERLAG IN JENA


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ERZÄHLUNGEN DER MANDE



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I. Kapitel: Dichtungen zweier Völker

im Widerspruch zu der egozentrischen Selbstverherrlichung eines ablaufenden materialistisch-auflösenden Jahrhunderts drängt jetzt die Sehnsucht zur Wiedererstarkung seelischer Gestaltungskraft, schweift das Auge über den eingeengten Horizont in die Ferne, greift Leben, keimendes, sprossendes, blühendes Leben heischend zu den Primitiven - wieder zu den Primitiven -, nun aber nicht mehr gleich einem Rousseau von einem vorgebildeten Ideal ausgehend, sondern mit dem Streben, fremde Ideale zu erleben. Der Periode der erdumspannenden Weltwirtschaft folgt die Periode der Weltdurchdringung, des Welterlebnisses. Aus der Zeit einer bis zur physiologisch-psychologisch wissenschaftlich ausgebildeten Icherkenntnis wächst eine Zeit der tiefinnerlichen Heimsuchung des "Du", des "Ihr", der "Andern", des Lebens überhaupt.

Im vergangenen Jahrhundert bauten wir eine Entwicklungsgeschichte der Stilformen unserer eigenen zeitlichen und räumlichen Umwelt: wir erfaßten die Stilformen, wir schufen uns Werkzeug - früheren Zeiten ungeahntes, zweckmäßig und kunstvoll gebildetes, aber gerade deshalb nur wieder in zunftmäßig berufener und geschulter Hand wirkungsstarkes Handwerkszeug. Wehe dem, der dieses Handwerkszeug anwendet, nur gedrängt von Sehnsucht und nicht auch geschult, — der nur geschult im Geiste, nicht aber berufen zum Zünftigen! Dieser trägt nämlich bei zur Vernichtung jedes Lebenden und zur Verhinderung jedes Keimens, jener andere aber zur abermaligen Zerstörung der Frühlingskeime einer neuen Kulturperiode gleich einem Jean-Jaques Rousseau.

"Il y a un siècle et demi à peine que des philosophes, fort ignorants d'ailleurs de l'histoire primitive de l'homme, des variations de sa constitution mentale et des lois de l'hérédité, ont lancé dans le monde l'idée de l'égalité des individus et des races.

Très séduisante pour les foules, cette idée finit par se fixer solidement dans leur esprit et porta bientôt ses fruits. Elle a ébranlé les bases des vieilles sociétés, engendré la plus formidable des révolutions, et jeté le monde occidental dans une série de convulsions violentes dont le terme est impossible a prévoir" (Gustave le Bon).

Diese Philosophen ahnten als erste die unerschöpfliche Quellkraft des primitiven Paideuma (vgl. Leo Frobenius: "Paideuma, Umrisse einer Kultur- und Seelenlehre". C. H. Beck, München 1921). Sie brachten sie in eine Formel: Zurück zur Einheit der Natur! Die heutigen Verehrer des Primitiven berauschen sich auch wieder am



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Naiven, weil sie aus der Starrheit der Zivilisation zurückdrängen zur ungebundenen Lebenskraft der Natur. Noch drängen sie zurück, noch nicht voran. Im Schwärmen erleben sie freilich noch nicht die Wesenheit; sie umleben, umgaukeln, umspielen sie nur. Jedoch: sie fühlen das Gewaltige, und dies Gefühl ist gleichbedeutend mit dem Bedürfnis des Gemütes. — Der Boden ist also wieder bereitet.

Jene französischen Philosophen suchten als erste den Gegensatz des "wir und die Barbaren" aufzuheben. Auch sie drängten heraus aus einer Zivilisation. Sie gelangten mit ihrem hamitischen Höhlengefühl zu der "idée de l'égalité des individus et des races". — Unserer Zeit war es vorbehalten, der "Gleichheit" des Höhlengefühis, das mit dem Weitengefühl verbundene Individualitätsphänomen, die Eigenart, die Vielheit gegenüberzustellen. Das aber ist gleichbedeutend mit einer Philosophie des Stiles.

Solche Betrachtung scheint mir im Beginn dieses Bandes, der den Abschluß der Fabelkunst des Sudan einleitet, sehr wohl am Platze. Vorher geht die Sagen- und Mythenbildung, die mythische und die epische Kunst. Hier beginnt die Wiedergabe der eigentlichen Volkserzählung des Sudan, die mit dem nächsten Bande abschließt.

In der mythischen und epischen Dichtung wirkt der Stil so stark, so unmittelbar lebensstark, daß jedes weitere Wort überflüssige Zutat bedeutet. Mit den Volkserzählungen der verschiedenen Sudanvölker tritt aber aus einem einheitlichen Hintergrunde weitgehende Feingliedrigkeit in der Stilbildung hervor. Diese Stil.. varianten haben alle etwas Gemeinsames, sobald man sie im Gegen.. satz zu den Erzählungen der Kabylen oder der Kordofaner betrachtet, sie sind aber verschiedenartig, wenn sie untereinander verglichen werden. Deshalb sind sie in diesem Sinne für die Behandlung des Stiiproblems unvergleichlich bedeutsamer.

Die äußeren Gegensätze.

Im V. und VI. Bande lernten wir den

auf den Staatsbau

beruhenden Unterschied der Kultur der Mosssi und der Mande kennen. Hier nun das Gegenstück, das Bild des Tageslebens.

An zwei verschiedenen Örtlichkeiten wirkt sich das Leben der Mande aus: in der von einer Mauer (= tata) umgebenen Stadt (= dugu; größere Stadt = suba; ba =groß) und im Farmgehöft (=senebugu; bugu = eine aus Stroh gebaute Hütte; sene =Acker), In der Stadt hausen mehrere Horro (Adlige; siehe Band VI), jede Sippe in einem Gehöft, in den Farmorten, die je einer "Adelssippe' gehören, die Bauern. Der Adel wohnt aber nicht nur hinter der Tata. Er zieht, wenn Ackerbestellung oder Ernte nahen, in die Farm



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dörfer und legt da mit Hand an. Auch sonst ist das Leben der adligen Sippe sehr innig mit den Farmweilern verbunden. Die trächtige Hündin und Kuh und die Frau, die guter Hoffnung ist, ziehen in die nahrhafte und arbeitsame Feldgemeinschaft, deren Strohhütten somit nicht nur den unmittelbaren Segnungen der Mutter Erde dienen.

Das Leben in diesen Farmgehöften spielt sich in direkter Einfühlung in die starke Sudannatur, in unendlicher Poesie -und mit einem Frohsinn ab, der etwas Ergreifendes hat. Nach harter Tagesarbeit ein heiteres Lachen, Hätscheln der Tiere und Kinder, bei jedem Mondschein ungebundenes Tanzen und Jubeln, nach der Ernte tüchtiges Pokulieren, das vereint hier die Herren mit den Knechten, die arbeitsfrohen Männer und Frauen. Hier verschwindet die Kaste. Nur die Altersklasse zeigt hier Gruppen und Schichten. Gastlich gegen Freunde, gebefreudig bis zum Kommunismus untereinander, sind die Leutchen in einem ständigen Tauschen und Besitzwechsel. Der Geiz und die Hypochondrie müssen sich hier mit Spott und Lachen abfinden und gewinnen keinen Boden. Die trockene Herbstzeit nach der Ernte vereint die Männer zur Jagd, und die dieser folgenden Festmahle verlaufen zum mindesten ebenso heiter und vergnüglich wie bei den nur etwas zeremonielleren, sonst aber gleichen Einrichtungen unserer Breiten.

Anders das Leben in der Stadt. Hier ist der Horro ganz adlig, wenn auch nicht im Sinne einer blasierten Zurückgezogenheit. Derselbe Herr, der draußen in den Farmen das gleiche Arbeitshemd wie sein Knecht trägt, ist hier in ein lang wallendes Gewand gehüllt, sitzt auf einem Ehrenplatze und empfängt, umgeben von einem kleinen Hofstaat, seine eigenen Leute, durchreisende Freunde und vor allem Kaufleute (Wanderkaufleute = diulla), mit denen er über Politik spricht, richterliche Funktion übt und Geschäfte macht.

Diese kleinen und größeren Städte sind stets im Knotenpunkt großer Straßen gelegen, und allerhand fahrendes Volk vereinigt sich mit seinen Reitstieren, Packochsen, Pferden und Trägern hier, um am andern Tage wieder auseinander zu fließen. Dann aber sind diese Orte auch sonst Mittelpunkte des geistigen Lebens. In alten Zeiten waren es angesehene Hörige, die die Jugend im Lanzenstich, Schwerthieb und ritterlicher Gebarung unterwiesen, heute der Mauern oder Marabut, der der Jugend Lesen und Schreiben und die Gedanken der islamischen Rechtsanschauung einpaukt. Daneben gedeiht aber auch heute noch die Einrichtung der von den Alten geleiteten Geheimbünde (siehe Bd. VII) und mit ihr die Lehre von den Dämonen des sozialen Organismus und der nicht nur naturhaften Umwelt. Damit aber wird die Mande-Kultur noch



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immer in der Erhaltung der Tradition der Vorzeit lebendig gestärkt und in dem harmonischen Entwicklungsgange erhalten.

Ganz anders das Volksleben der Mossi. Das Mandeleben ist homogenisiert. Hier ist eine Kultureinheit erreicht, die den Mossi fehlt und - unerreichbar ist. Denn der Mossi ist feudal, feudal bis in die Knochen, feudal nicht nach den schönen fruchtbaren, sondern nach den häßlichen, zerstörenden Tendenzen des Rittertums. Der eigentliche Mossi ist nicht und nie Bauer, sondern stets nur Herr und - Skiavenräuber gewesen (gewesen, denn seit der französischen Invasion ist natürlich auch hier die natürliche Entwicklung der Gleichmachung anheimgefallen). Im Mossilande wurden die ursprünglich hier heimischen äthiopischen Stämme zu unterdrückten Sklaven, zu den einzigen Produzenten, denen je nach Bedürfnis das Ergebnis der Arbeit ebenso entrissen wurde wie der Nachwuchs an Menschenleben.

So sind im Mossilande zwar Residenzen vorhanden, nirgends aber Kulturstätten. Es gibt auch Pomp des Adels, aber keine Handelsstädte. Denn sehr ungern nur zogen noch im letzten Jahrhundert Kaufleute in dieses Land der Raubritter, und die Mande (hier Jarsi genannt), die in früherer Zeit hier stark eingesickert waren, assimilierten sich dem Mossitume mehr und mehr, so daß das Mossiland zuletzt nur noch aus Unterdrückern und Unterdrückten bestanden hätte, wenn die Tüchtigkeit, die der äthiopischen Rasse eigen ist, nicht doch zuletzt durch das Übergewicht ihrer religiösen Tugenden den Sieg davongetragen hätte.

Das aber ist außerordentlich bezeichnend: daß das bis vor ganz kurzer Zeit noch heidnische Mossitum keine geistige Bildung aus Mossikeimen hatte, sondern ganz von der geistigen Kraft der Äthiopen lebte. Die tellurisch-manistische Religion ward nur gepflegt von äthiopischen Priestern der Mutter Erde (Erde = tenga: der Oberpriester also tenga-soba usw.). Aller Totendienst lag in ihren Händen, alle Kultstätten waren altäthiopisch. Äthiopische Priester fertigten aber auch die Amulette und Zaubermittel an, und so mußte selbstverständlich diese tiefinnerliche Religion der Äthiopen in der Einwirkung auf die Mossi bei diesen ihre Reinheit und Erhabenheit einbüßen und zu einer ziemlich wüsten Taumelei in Aberglauben werden (vgl. Kap. VII).

Gelacht wird auch im Mossilande. Aber dieses Lachen hat seine schaffende Kraft verloren.

Volksdichtung der Mande.

Dieses Lachen, diesen schöpferischen

Frohsinn muß aber

jede Betrachtung des Stiles der Mande-Volksdichtung in den Vordergrund stellen. So bin ich denn bei der Aufnahme des vorhandenen Materials an erster Stelle auf



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"Übertreibungen des Lebens"gestoßen, in denen so recht die Jubelstimmung der Farmweiler zum Ausdruck kommt. Die "Übertreibungen" und "Unwahrscheinlichkeiten" knüpfen zunächst an das Motiv der Wandergenossenschaft an, deren alte Motivfolge (vgl. z. B. Nr. 6 und Nr. 21 in Bd. II) nur einmal bis auf den Schluß gut erhalten angetroffen wurde. Danach vergnügt die Erzählungskunst sich in naiven Spöttereien über das geschlechtliche Leben, über Gefräßigkeit und Geiz und steigt auf zur Verherrlichung der Überlegenheit durch List und Klugheit. Den Dummköpfen (Nr. 24) wird die Klugheit gegenübergestellt (Nr. 25). Bezeichnend ist die außerordentlich gute Vortragsweise und Erhaltung der letzten Stücke dieses Teiles. — Erhaltung, denn bei der Erfassung eines Stiles haben wir nicht nur das in Betracht zu ziehen, was ein Volk hervorbringt an neuen Motiven, sondern vor allem auch das, was es an von außen übernommenen Motiven aufnimmt und wie vor allem es sie umgestaltet. Ebenso wie wir ganz natürlich die Madonna eines Raffael von der eines Holbein in monumentalen Kulturen zu unterscheiden wissen und die Maler nicht der Geistesarmut anklagen, weil sie immer die gleichen Motive wiederholen, ebenso werden wir die Erhaltung und Vortragsweise in den verschiedenen Stilen der Primitiven zu bemerken lernen müssen.

Die gleiche Steigerung im Sinne einer freudigen Verherrlichung der List und der Klugheit fällt in der zweiten Gruppe der "Erfahrungen des Lebens" auf. Nr. 44 ist glänzend übernommen, ebenso Nr. 45 und 46. Hier erreicht die Vortragskunst eine hohe Stufe. Typisch ist es, daß gerade diese feineren Stoffe sich in den größeren Städten, dem Norden zu, und bei den Wanderkaufleuten erhalten haben und durch sie zur Volkskunst wurden. Das zeigt, über welche Kanäle der Kulturaufnahme das Mandevolk verfügt. Bis zu den naiven Farmbauern ist diese Kultur noch nicht vorgedrungen.

Solche Unterschiedlichkeit zeigt auch die dritte, die Hauptgruppe: "Das Leben im Tierbild". Die schlichteren Formen (am Anfange der Reihe) fand ich in den Farmweilern, die entwickelteren (gegen Ende der Reihe) in den Städten. Prüfen wir diese Sammlung, so wird eine außerordentliche Vollständigkeit des Reinicke-Romans bemerkbar. Wir stehen vor dem eigentlichen Gros der Volkserzählung der Mande. Reinicke ist der Held in Nr. 47-58, Gierschlung (hier Surukku) in 59-68. Die aufsaugende Kraft der Tierfabeldichtung der Mande wird besonders klar, wenn wir 68 hier mit Nr. 87 der Kabylen (Bd. II) vergleichen. Der Wolf nimmt hier die Stellung der kabylischen Teriel an. Alles in allem: hier liegt das Hauptgebiet der Mande-Volksdichtung vor.

Demgegenüber fällt die "Zierkunst des Lebens" stark ab. Das



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Märchen ist schwach entwickelt. Zwar sind schon Nr. 90-103 märchenhaft gebildet. Die Freude an der Tatsächlichkeit des Lebens ist aber doch tonangebend. Hier ist die Plejadenmythe (Nr. 86) und der Drachenkampf (Nr. 87) stark verkümmert, und zeigt, daß wir hiermit (im Gegensatz zu den Mittelmeerkulturen) auf unfruchtbares Gelände kommen. Bezeichnend ist es, daß ich für das Aschenbrödelmärchen (Nr. 91) den Schluß nicht erreichen konnte. Die westliche Fabel von den Gewittergeschwistern (Nr. 95 und 96) ist gut erhalten, aber die kosmogonische Höhe (Nr. 97) sinkt wieder in fröhliches Alltags- und Tatsachenleben zurück.

Volksdichtung der Mossi.

Viel Mühe verwandte ich auf ihre

Erkundung, und der Erfolg

ist kein bedeutender*, sehr klar dagegen das Stilbild.

Im Vordergrund steht auch hier die Tierfabel, und zwar nicht nur was die Zahl, sondern auch was die Wiedergabe anbelangt. Den 16 Tierfabeln schließen sich fünf Varianten der Wandergenossenschaft und Wundermenschen an. Aus den Erfahrungen des Lebens spricht nur Nr. 119. An eigentlichen Märchen folgten nur zwei Varianten der Aschenbrödelgruppe (Nr. 120 und 121), dann die Gewittergeschwisterlegende (Nr. 122) und schließlich das Bruchstück der Schöpfungsgeschichte.

Der innere Gegensatz.

Ein Vergleich der Volkserzählungen der

Mande mit denen der

Mossi zeigt zunächst eine große Übereinstimmung. Beiden ist die Tierfabel bester Nährboden; beiden ist das Humoristische an Übertreibungen ein Genuß; beide sind wenig zur Märchenbildung geeignet. Ihre Stärke liegt im Humor.

Diese Übereinstimmung gewinnt noch an Interesse nach folgender Wahrnehmung: Die Alibaba-Höhlengeschichte ist bei den Mande in Nr. 56 und 57, bei den Mossi in Nr. 103 und 104 erhalten. Ein Vergleich aller vier Stücke ergibt, daß Nr. 56 der Nr. 103, Nr. 57 der Nr. 104 entspricht. In ersteren beiden ist der Einbruch in eine Höhle oder ein Schatzhaus klar erhalten, in den andern beiden ist es aber sehr merkwürdig, daß der Hase in den Anus einer Kuh oder des Elefanten schlüpft, ohne daß diese Tiere das merken. Denn wenn es auch Fabelkunst ist - für die ursprüngliche Vorstellung ist dem nicht ganz kleinen Hasen dieser Torweg doch ein wenig eng und schwierig. 

* Alle hier wiedergegebenen Stücke wurden in Wagadugu aufgenommen. Nur hier war die Erzählungskunst ausgebildeter. In den kleinen Orten ist sie ganz kümmerlich. Der Adel der Mossi hat "kein Interesse" an der Kunst des Fabulierens.


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Nun findet sich die wesentlich gleiche Erzählung bei den Temne an der Sierra-Leona-Küste, bei denen aber überhaupt nicht der Hase, sondern die Spinne durchgehend der Fabelheld ist. Für eine Spinne aber ist der entsprechende Eingang in den Leib eines großen Tieres, ohne daß dieses etwas von dem Gaste wahrnimmt, durchaus denkbar. Die Mande stehen nun seit uralten Zeiten mit den Westküstenvölkern, mit denen sie Männerhaus, Geheimbundinstitutionen und vielerlei Geräte gemeinsam haben, in enger kultureller Verwandtschaft, so daß wir diese Version Nr. 57 als eine von dort empfangene Anregung ansehen und dann schließen dürfen, daß die Mossi sie nachher von den Mande-Jarsi übernommen haben.

Derart betrachtet, kommen wir in Anbetracht der großen sonstigen Ähnlichkeit und der Interesselosigkeit der Mossi zu der Möglichkeit, daß die ganze Volksdichtung der Mossi nichts weiter sei als Mande-Jarsi-Import, demgegenüber nur wenige Stücke (z. B. Nr. 105 stammt mit dem Kamel, das den Mossi selbst fehlt, sicher aus den Haussaländern) von anderer Seite kommen, keines aber im tieferen Sinne ursprüngliches Mossibesitztum sein dürfte.

Von solchem Gesichtspunkte aus die vorliegenden Materialien prüfend, findet man weitgehende Bestätigung, vor allem: ursprüngliche Originalität, die bei den Mande so reich wirkt, fehlt. Die Volksdichtung der Mossi ist ein Spiegel jener der Mande. Die Mande übernahmen auch einen großen Teil der Motive, d. h. die Materie der Volksdichtung von anderen Völkern; sie bewirkten aber die eigentliche Dichtung doch selbst. Der Stil der Mandevolksdichtung ist produktiv; die Mossi bildeten nur nach, kopierten nur; ihr Stil ist lediglich reproduktiv.

Das Ergebnis stimmt genau überein mit anderweitigen Beobachtungen. Die Mande schufen aus ihrer tatsächlichen Vergangenheit wirkliche Dichtungen (Sunjattalegende in Bd. V und Epen in Bd. VI), die Mossi nur traditionelles Bruchstückwerk (Bd. V). Die Mande bildeten gleich den Kassaivölkern Legenden der dämonischen Subachen aus; die Mossi übernahmen eine solche von den Jarsi (vgl. Bd. VII). Eigene Blüten, wie die dämonischen Dichtungen der Bosso-Sorokoi oder die der Haussa, konnten auf dem Volkstum der feudalen Mossi ebensowenig gedeihen wie eine eigene Religion.

Das ist der stilistische Gegensatz, der die ersten beiden Volkserzählungsweisen der Sudaner unterscheidet.



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II. Kapitel: Lebenslauf der Mahnke

Einleitung. Wenn irgendwo oder -wann einmal die Frage aufgeworfen werden soll, an welchem Volke am besten die Unterschiedlichkeit der Begriffe: Volk, Nation, Rasse dargelegt werden könne, so werde ich die Mali-nke als Schulbeispiel vorschlagen. Die Mahnke fühlen sich als Volk, erinnern sich ihrer einstigen Geschlossenheit als heute zersetzte Nation und betonen ihre Verschiedenartigkeit als Rasse. Und noch weiterhin geben sie reiches Material für das Studium der Gesellschaftsschichtung, die heute eine klar ausgebildete und auch scharf begrenzte, das Produkt jahrhundertelang geführter Kämpfe verschiedener Kulturformen darstellt. Der Vornehme, Adlige kann sich wohl in keinem Volke "edler" fühlen als hier bei den Mahnke.

Das Gebiet, das heute die Mahnke einnehmen, ist nicht geschlossen. Im allgemeinen kann man sagen: im Norden haben sie die Kassonke von Kayes usw., dann die Bammana von Beledugu, im Nordwesten die Bammana von Bole, im Osten jenseits des Fie die Fulbe von Uassulu, im Süden die Tommaund Tukorrostämme, im Osten die Fulbe von Bate, die Diallonke und die Fulbe von Futa Dialon als Nachbarn. Nach Südwesten sind sie weit in das Gambiabecken verschoben. Aber in das so umrandete Gebiet haben sich Niederlassungen von Fulbe, Bammana und Soninke hineingedrängt. Die Staatszusammengehörigkeit hat seit langer Zeit aufgehört; es wird Aufgabe der historischen Kapitel sein, den Beginn und die Auflösung des alten Malireiches festzulegen. Denn die Mahnke sind nichts anderes als die Nachkommen der Bürger eines Reiches, des Mahireiches, das durch Zusammenfassung einer Reihe von verschiedenen Völkern entstanden ist. Das Mahireich entstand als Bund, der sich unter der Führung eines Emirs, Amins, Amils, woraus Mali entstand, bildete. Im übrigen sind die Mahnke hervorgegangen nach dem schon in alter Zeit eingetretenen Verfall des Mandereiches, welches nördlich der heutigen Länder Sankaran und Kangaba herumlag (vgl. Bd. VI).

Die Mahnke (oder Mahinka, wie sie selbst sagen) erklären sich als durchaus überlegen den heute im Lande des oberen Niger lebenden Bammana. Sie sagen außerdem: "Wir sind groß und haben lange Köpfe - die Bammana sind klein und haben runde Köpfe!" Wieweit die anthropologische Angabe richtig ist, wage ich nicht zu sagen, wenn ich auch nicht leugne, daß ich besonders die Angabe über die Schädelbeschaffenheit häufig bestätigt fand. Aber in diesen Ländern ist im Laufe der letzten Jahrhunderte so viel Volk durcheinander-, aus- und eingestürzt, daß die exakt arbeitende Anthropologie bei ihrer Arbeit auf große Schwierigkeiten stoßen wird.



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Dagegen ist das Gefühl der geistigen Überlegenheit durchaus berechtigt. Die Bammana, besonders diejenigen des weltentlegenen Beledugu, sind verhältnismäßig gleichmütige Bauern, die nur abends beim Tanze zu regerem Leben erwachen. Die an den Verkehrsstraßen wohnenden Bammanastämme sind wohl lebhafter, aber hier wie besonders im bunten Treiben von Segu kommt so viel Anregung von außen, daß die Lebendigkeit der Menschen erzogen werden mußte. Aber auch wenn man die Bewohnerschaft dieser bevorzugten Landstriche zum Vergleich heranzieht, fällt die Beurteilung der geistigen Höhe zugunsten der Mahnke aus. Der Mali ist eben der Träger einer großen, historischen Vergangenheit, wahrscheinlich einer sehr intensiven Mischung mit höher stehenden, helleren Völkern und einer grandiosen Erziehung.

Diese Erziehung basiert zum großen Teil in den hier fraglos vorhandenen Segnungen des Islam, der den Völkern des Sudan wenigstens einen Teil jener Würde wiedergegeben hat, die die Versklavung durch die Nomadenvölker ihnen geraubt hatte. Zum zweiten ist eben die historische Vergangenheit ein Born für die geistige Erhöhung. Stolz auf große Vorfahren zurückblicken zu dürfen und ihrer würdig leben zu müssen, war stets für alle bevorzugten Rassen, Völker und Stände ein Erziehungsfaktor von enormer Bedeutung. Drittens aber wirkt die eigenartige Familienform der Mali, der absolute Patriarchalismus, das keusche und strenge Leben, die Zucht des regelmäßig pendelnden Sippenpulses sehr gesund und schafft eine gute, wenn auch unserer Zeit veraltet erscheinende Geistesart. Die Zeit des strengen Patriarchalismus ist auch hier verflossen; aber ich konnte im herzlichen Plauderverkehr mit den "Patriarchen" noch so viel von alten Sitten und Anschauungen hören, daß wir uns das Gesamtbild des alten Lebens verhältnismäßig lückenlos herstellen können. Allerdings nicht das des alten Königreichs Mali, wohl aber das der kleinen Städte und Ortschaften zur Zeit des Reichsverfalls und vor der Zersetzung der Sitten und Sippen, die die Neuzeit mit sich gebracht hat.

Ich zeichne im folgenden das Bild des Lebenslaufes der Mahnke, anfangend mit der Geburt der Kinder. Man denke sich den Hintergrund dieses Bildes in folgenden Formen: Auf einer freien Anhöhe strecken einige uralte Baobabs ihre eckig sich aufreckenden Aste aus klobigem Stamme über einer alten Befestigungsmauer, einer Tata (=Stadtmauer), empor. Innerhalb der umschließenden Tata liegen die Gehöfte eng aneinandergeschmiegt. In der Mitte ein gewaltiger Banianenbaum, einen schönen Platz überschattend. Darunter eine Galla, eine Bühne, auf der die Alten, die Patriarchen, hocken und den Ankömmlingen entgegensehen. Sie sind es, die über Wohl und Wehe der Stadt verfügen und den Ausschlag geben;



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man darf sich nicht täuschen lassen, wenn sie den Dorfhäuptling, den Dugutigi, zur Begrüßung und Repräsentation entgegensenden. Der Würde eines solchen Patriarchen strebt jedes Malinkekind als dem denkbar Höchststehenden zu.

Die Geburt.

Die Mahnke nehmen nicht an, daß dem ersten Bei..

schlafe gleich

die Konzeption folge. Sie halten mehrmaligen geschlechtlichen Verkehr für notwendig, um die außerordentlich erwünschte Fruchtbarkeit der Weiber zu erzielen. Gewahrt der Gatte, daß das Weib an Unwohlsein leidet, sich erbricht, tiefer liegende Augen hat - alles das beobachtet der Mahnke -, so schließt er auf baldige Familienvermehrung. Er ist vernünftig genug, um dem Ausbleiben der Menstruation keinen allzu großen Wert beizumessen. Denn: "Das kann noch kommen, aber wenn die Frau immer unwohl ist, das ist sicherer." Also gibt ihr der Mann viel und gut zu essen, zumal viel Fleisch. Wenn der dritte Monat um ist, die Frau die Periode der Übelkeit überwunden hat und ständig die Menstruation ausbleibt, gilt die Sache als sicher, und nun heißt es, gleich etwaigen unglücklichen Zufällen vorbeugen und die Zeit der Geburt gut vorzubereiten.

Fehlgeburten und Totgeburten kommen vor und sind sehr gefürchtet. Also muß eine Sicherung geschaffen werden, und demnach bestellt der Mann beim Marabut ein Amulett, das aus einem fein in Leder gebundenen Koranspruche besteht und an einer Schnur befestigt ist. Dies "Sabe" übergibt der angehende Vater seiner Schwester, und die nähert sich eines Tages möglichst unauffällig ihrer Schwägerin und wirft es ihr unversehens über, so daß das Sabe als Berlocke auf die Brust fällt. Dann ruft sie der Mutterwerdenden zu: "Habe Zuversicht!" Nun weiß die junge Frau und die Familie, was bevorsteht, und nun wird alles vorbereitet. Wenn der achte Monat kommt, kauft der Ehemann genügend Honig (=li) und Carte (Baumbutter), sorgt für ein gutes Sirife (Rasiermesser) und Matten, und alsdann harren Mutter und Vater der Dinge, die da kommen sollen.

Zuerst sitzt - so sagt der Mahnke - das Kind wie ein ausgewachsener Mensch im Mutterleibe, und der Kopf liegt zwischen den Brüsten (!). Dann dreht sich das Kind eines Tages herum, um "den Leib der Frau zu verlassen", und gleichzeitig fangen die Wehen an. Es werden drei alte Frauen geholt. Es müssen unbedingt drei sein. Die Stunde naht. Die Frau legt oder kniet sich in der "Ting" genannten Stellung am Boden nieder, d. h. sie kniet mit auseinander gebogenen Beinen und auf den Boden gestützten Händen auf eine Matte hin und wartet, daß das junge Lebewesen nach hinten hin den Ausweg aus seiner Hülle sucht. Die erste der



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alten Frauen hat die Aufgabe, den Mutterleib von oben umfassend und pressend zu kneten, "damit sich das Kind nach hinten begibt und nicht wieder zurückdrängt". Die zweite Frau sitzt hinter der Kreißenden und erfaßt sobald als nur möglich die Frucht mit den Händen. Die Präliminarien der Entbindungsprozedur scheinen bei den Mahnke schnell vorüberzugehen und die Preßwehen in schneller Folge hintereinander einzutreten. Nach den Angaben, die ich erhielt, tritt der Kopf immer zuerst heraus. Also die zweite Alte hält den Kopf des erscheinenden Kindes, die dritte hantiert mit dem Sirife, dem Rasiermesser. Zuerst wird die umgebende Hauthülle, "der Sack", wie sich der Mahnke ausdrückt, aufgetrennt, dann die Nabelschnur durchschnitten.

In dem am Kinde bleibenden Teil der Nabelschnur (= baradjullu) macht die dritte Alte einen Knoten. "Hautsack" und Nachgeburt ("dussu" genannt) werden besonders behandelt. Die Dussu wird in einen kleinen Topf getan, der Topf verschlossen. Alsdann wird direkt vor der Tür des Hauses, in dem die Entbindung stattgefunden hat, ein Loch gegraben und der Topf hineingesetzt. Danach füllt man die Öffnung mit Erde, macht sie aber durch einen Stein gut erkennbar. Der Volksgebrauch verlangt, daß derjenige, der das Loch gräbt, in einem fort ein freundliches Gesicht mache und ja nicht etwa zornig dreinschaue. Auch muß er den Kopf hübsch gerade halten und darf ihn nicht hin und her drehen, denn ernstes Aussehen und Kopfwenden schadet dem jungen Menschenkinde, mit dem das Dussu erschienen ist. Wenn später das Kind kränkelt und nicht recht gedeiht, so hält man es dreimal hintereinander über die Stelle, an der ein Stein die Verborgenheit des Dussu anzeigt. Darauf wird das Kind schnell gesund werden.

Im übrigen wird das neugeborene Geschöpfchen sogleich in Wasser gebadet, in dem viel Seife aufgelöst ist, und auch die Mutter wird in der Hütte gehörig gereinigt und gebadet. Während der Entbindung erhält sie schon einen guten Löffel voll Honig, damit die Nachgeburt sich schnell löst und abgeht. Nach der Geburt wird sie kräftig ernährt und bleibt während acht Tagen ununterbrochen zu Hause. Natürlich nährt jede Malinkefrau ihr Kind selbstetwa bis zum zweiten Jahre. Dem Kinde wird im übrigen eine außerordentlich reinliche Behandlung zuteil. Die Nabelschnur wird morgens und abends mit dem Fett der Pflanzenbutter eingerieben und soll schon nach 2-3 Tagen abfallen. Interessant sind einige Beobachtungen über den Wechsel der Hautfarbe, die ich bei den Malinkekindern machen konnte. Während ich aus dem Kassaigebiet gewohnt bin, die rosige Farbe des Neugeborenen schon nach 2-3 Tagen in die Farbe der Negerkinder umgebildet zu sehen, sah ich hier ,Kinder', die noch am 5. und 6. Tage die ihrer Rasse und ihrem



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Lande zugehörige Färbung nicht erreicht hatten. Erst am 6. oder 7. Tage war das hier übliche lichte Kakao-Schokoladen-Braun erreicht.

Am Tage nach der Geburt werden an alle Verwandten und Freunde Nachrichten über die Geburt und das Geschlecht des jüngsten Familiensprossen gesandt, und die senden als Beitrag zur Feier des ersten Familienfestes Huhn oder Hammel. Dieses Familienfest wird acht Tage nach der Geburt gefeiert und sein Hauptzweck ist der der Namengebung. Diesen Namen des Kindes wählt der Vater. Er teilt ihn dem Sänger oder Schmied mit, der die Prozedur der lauten Verkündung vollzieht. Am Tage selbst verläßt die Mutter zum erstenmal die Entbindungshütte, überreicht dem auserkorenen Sänger oder Schmied das Kind, und der nennt dann den Namen mit den Worten: "Soundso soll er heißen!" Hinterher wird gegessen und getrunken und ein rechtes Tänzchen zur Paukenbegleitung veranstaltet.

Es gibt aber einen hochinteressanten Fall, in welchem der Vater das Recht verliert, dem Kinde den Namen zu geben. Dieser Fall tritt ein, wenn eine Frau mehrmals hintereinander Fehlgeburten oder die Geburten toter Kinder zu überstehen hat, oder wenn ihre Kinder immer sterben und sie deshalb erklärt: "Wenn ich wieder ein Kind haben werde, so soll es zu einem Schmied kommen." Ein solches Gelübde entspricht etwa dem Brauche mittelalterlicher Damen, die in gewissen Fällen ihre Sprossen schon vor der Geburt dem Kloster weihten. Wenn ein solches, vorher durch Gelübde bestimmtes Kind geboren wird, wird es in die Hütte eines Schmiedes getragen und dieser gefragt, ob er das Kind hinnehmen wolle. Der antwortet dann: "Ja, gib es, ich will esnehmen wie ein Stück Eisen" (=nege). Statt "Eisen" sagt er wohl auch "Blasebalg" (=gulu), "Holzkohle" (= buguri) oder "die eiserne Röhre im Blasebalg" (= dinga). Und dieses Nege, Gulu, Buguri oder Dinga usw. stellt dann den Namen des Kindes dar. Das Kind bleibt nun beim Schmied und kehrt erst, wenn es erwachsen ist, ins Elternhaus zurück.

Diese Sitte erachte ich als sehr wichtig für das Kriterium der heute so wenig angesehenen Schmiedekaste. Man vergesse nicht, daß sie es auch sind, die alle kleinen Amulette usw. herstellen, und daß immer dann, wenn in irgendeinem Punkte des Lebens irgendwelche religiösen Lücken im Volksbedürfnis entstehen, die die mohammedanische Religion nicht auszufüllen vermag, der Volksbrauch sich immer wieder an die heute so wenig geachtete Schmiedekaste wendet (vgl. Bd. VI 5. 26 ff.). In diese Gruppe der Erscheinungen gehört die der beschriebenen Sitte.



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Kinder- und Familienleben.

Die Sitte verlangt, daß das Kind

während eines Monats nur

Muttermilch erhält, dann verabreicht ihm die Mutter aber als Erweiterung der Kost erst morgens und nachher auch abends gut gereinigte, selbstgewonnene Kuhbutter. Daneben wird nach Vorhandensein und Bedürfnis die natürliche Nahrung gereicht. Im sechsten Monat streicht die Mutter dem Geschöpfchen schon gehörige Portionen des üblichen Breies in den Mund, und damit beginnt schon jenes gewaltige Anschwellen des Bauches, das den Umfang europäischer Kinderkörper weit übertrifft.

Sehr interessant ist die Zeit- und Entwicklungsstaffel, die die Malinkemütter und -väter für ihre Sprossen aufstellen und die nicht genau den Angaben Preiers entspricht:

Im 1. bis 4. Monat liegt das Kind auf der Erde und kann noch nicht kriechen. Die Mutter muß es meist herumtragen, achtet aber höchstens 14 Tage darauf, daß der Kopf nicht nach hinten fällt.

Im 4. bis 14. Monat rutschen die Kinder knieend und auf allen vieren auf der Erde herum.

Im 15. Monat beginnen sie sich langsam an der kleinen Türbrüstung aufzurichten und in hockender Stellung über die ca. 30-50 cm hohe Schwelle zu sehen.

Im 16. Monat kriechen sie über die Schwelle und beginnen die ersten Schritte. Das ständige Taumeln und Hinfallen währt 4 Monate.

Im 20. Monat können sie so laufen, daß sie nur noch selten hinfallen. Die Beinchen sind übrigens wenig gekrümmt, und monströse O-Bildungen, die bei uns so häufig sind, sieht man nicht. Es verdient aber auch bemerkt zu werden, daß die Eltern nur sehr selten die Kinder zu zu frühzeitigem Gehen verführen. Vielmehr überläßt man dies der natürlichen Entwicklung.

Im 25. bis 26. Monat beginnen die Kinder zu sprechen, und zwar sind die ersten Worte: "Ma" für Mutter und "Papa" für Vater. Sie wenden diese Ausdrücke noch lange für Mann und Frau an. Das dritte Wort pflegt "nja" gleich Wasser zu sein. Die weitere Entwicklung der Sprachkenntnis ist eine anscheinend sehr schnelle, doch wage ich nicht, mir nach den vielen verschiedenen Angaben der Elternversammlung, die ich zum Zwecke dieses Studiums einberufen hatte, ein endgültiges Urteil zu fällen.

Im 40. Monat rechnet man endlich Vollendung der Stubenreinheit. Erst dann gehen sie seitwärts und verrichten ihre kleinen Geschäftchen. Ein eigentliches Abhalten kommt bei den Mahnke auf dem Lande nicht vor.



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Dagegen wird die Kinderreinlichkeit sehr intensiv betrieben. Morgens und abends wäscht die Frau ihre Kleinen, wobei sie sie über eine große Kalebasse hält, die Haut mit Wasser reibt, und mehrmals in der Woche, wenn nicht täglich, selbstgemachte Seife zur Anwendung kommt. Die Haltung ist so, daß die Hand erst das Hinterteil des Kindes umfaßt und den Rücken gegen den Unterarm lehnt, und wenn das Kind umgedreht wird, die Hand die Brust des Würmchens umspannt und so die vier Extremitäten seitwärts herunterbaumeln läßt. Ist die Abspülung zu Ende, so wird das Würmchen selbst in die Kalebasse gesetzt und nochmals gründlich abgespült.

Das Leben der Kinder ist besonders in den vielen außerhalb der Städte gelegenen Landweilern, in den Ackerbaugehöften, ein so glückliches und gesundes, wie man es sich nur denken kann. Dafür wimmelt es denn auch geradezu an Nachwuchs. Die Verwüstung an Menschen, die zu Zeiten Samoris und vorher hier eingetreten ist, wird in, 15 Jahren vollkommen ersetzt sein. Das Volk wurde damals arg erschöpft, aber es hat den Aderlaß überstanden, und ein so ungeheurer Kindersegen ist über das Land ausgesät, daß man sich unwillkürlich fragt, was daraus werden soll, wenn diese gewaltige Fortpflanzung ohne Unterbrechung weitergedeiht. Mütter, Väter und nicht zum wenigsten die Großeltern legen ununterbrochen regstes Interesse für den kleinen Nachwuchs an den Tag, und die Seligkeit, mit der ein junger, vom Acker heimkommender Bauer seine kleine Kinderschar begrüßt, sich in ihrer Mitte lagert und mit ihnen spielt, entspricht ganz genau europäischen Empfindungsäußerungen.

Mit dem dritten Jahre spielen die Kinder "Arbeiten", mit dem vierten haben sie sich in die Arbeit hineingespielt. Als Kinderspielzeug gibt es kleine Flinten, Mausefallen aus Pferdehaaren und Bambus usw. Aus Lehm werden Hühnerställe und ähnliches gebaut, und Stöckchen dienen als Steckenpferde. Sobald die Mutter aufhört, das Kind in der üblichen Sudanart auf dem Rücken immer mit sich herumzuschleppen, und sobald es sich selbst überlassen ist, beginnt es auch hier zu spielen.

Im vierten resp. fünften Jahre sind besonders die kleinen Mädchen schon emsig neben der Mutter im Haushalte tätig. Sie tragen Wasser, stoßen das Getreide, tragen Holz zum Feuer, blasen es an, schüren es und achten darauf, daß die Töpfe nicht überkochen. Ihnen ist es überlassen, den Hof zu fegen, sie warten die kleinen Geschwister und gehen auch schon mit der Mutter zum Fischfang. Denn bei den Mahnke betreiben auch die Frauen diesen Nahrungserwerbszweig, und zwar liegen sie der Fischerei mit den Kommonjo (den Netzen) in den Sümpfen ob, während die Männer mit



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Bambusreisern (=dalla-mun-su) in den tieferen Wassern fischen. —Die kleinen Buben helfen erst der Mutter im Haushalt und tragen dann dem Vater das Gerät auf den Acker, bis etwa im achten Jahre für sie eine genaue Arbeitsteilung eintritt. Sie arbeiten nämlich fünf Tage der Woche für den Vater und zwei für die Mutter. An diesen beiden, welche Donnerstag und Freitag sind, verrichten sie schwerere Arbeit, schlagen Holz und dergleichen.

Nachher kommt dann das Beschneidungsalter, und die wichtigste Zeremonie im Leben der Mahnke findet statt.

Die Beschneidung.

—Dasjenige Fest, welches bei den Mandevölkern

die größte

Bedeutung hat, ist neben der Bestattung die Beschneidung. Ich habe Beschneidungsfeste in Sanu und in Falaba,also bei Bammana und Mahnke erlebt und habe somit einen Uberblick über Unterschiede und Interna. Ich kann sagen, daß die Feier bei beiden Völkern ziemlich gleich verläuft. Wenn ich die Berichte unter der Rubrik "Mahnke" und nicht unter der Maske Bammana bringe, so geschieht das, weil mir bei ersteren bessere Berichterstattung zuteil wurde, und weil an der Hand zahlreicher Spuren just vergangener Festzeit im Malinkegebiet südlich des Fie reichlich Erklärung floß.

Die Beschneidung heißt bei den Mahnke "Kebaja". Die Bedeutung, die sie, zumal für die Knaben, hat, geht schon aus der langen Vorbereitung hervor, der sie sich zu unterwerfen haben. Sangere kebaja -beginnt der Spruch. Im nächsten Jahre soll beschnitten werden. Dann: "Senetjama-nke sangere ibe kebaja", lautet die Aufforderung an Burschen und Bauern. Bestellt den Acker recht und weit, denn im nächsten Jahre soll beschnitten werden! Die Knaben selbst müssen ordentlich mit anpacken, damit Vaters Acker reich trägt, denn die Beschneidungszeit erfordert viel Korn, sehr viel Korn. Dann hörte ich aber noch den schönen Satz von einem alten Mann: "Je mehr der Bursch im Jahre vorher arbeitet, desto besser besteht er die Beschneidung!" Wir werden sogleich sehen, daß dies nicht der einzige hygienisch gut durchdachte Grundsatz ist, der im Sittenkreise zum Ausdruck kommt. Der allgemeine Fleiß trägt jawohl auch gute Früchte, und so kann man im kommenden Herbste sagen: "Njo (Hirse), siama sorola anke keneke." Es hat viel Hirse, da können wir beschneiden. —Alle Welt freut sich über gute Ernte, auf fröhliche Festtage. Damit ist aber die Grundlage geschaffen, die für die dabei erwünschte Vergnüglichkeit notwendig ist. Essen und Trinken, und zwar viel Essen und Trinken ist die einzig reelle Basis für eine geistige Extravaganz.

Von allen Leuten des Dorfes sind wohl nur die eigentlichen Hauptpersonen des Festes nicht ganz froh gestimmt. Die Knaben



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von 11 bis 14 Jahren und Mädchen von 10 bis 16 sind zwar schon lange des Kommenden gewärtig, aber unangenehm ist und bleibt der Ausblick auf diese Operation. Die Mädchen des Schmerzes wegen, die Buben mehr, weil sie sich vor etwaiger Schande fürchten. Die guten Eltern sind sich dieses Gemütszustandes ihrer Sprossen sehr wohl bewußt und tun alles, was in ihrer Macht steht, ihnen Aussicht und Sache selbst leicht zu machen. Die kleinen Mädchen werden nun gemästet, die Buben gemästet und aufgekratzt. Schon lange vorher erhalten die Mädels von der Mutter täglich die beliebte "Monni"-Speise, während die Buben etwa einen Monat lang vor der Beschneidung mit kräftigendem Karanjinini genährt und allabendlich zum Tanze versammelt werden. Auch geht schon beizeiten ein Bote bei den angesehenen, verwandten und befreundeten Familien umher, um ihnen die Nachricht zu bringen: "Aissamba lobadinima solici beke", sie sollen zum Solici und zur Beschneidung kommen.

Die Wochentage heißen bei den Mahnke:

Sibiridung =Sonnabend,
Karidung Sonntag,
Tenedung Montag,
Talatadung Dienstag,
Arabadung =Mittwoch,
Arkamissadung =Donnerstag,
Ardjumadung Freitag.

Wir stellen den Freitag zuletzt, weil das der heilige, der Sonntag der Mali-nke ist, während die Bammana den Donnerstag als Feiertag hochhalten, und somit beschneiden die Mahnke am Freitag, die Bammana am Donnerstag. Naht die bestimmte Woche, so gehen nochmals Boten ins Land, um die Freundschaft und Verwandtschaft zu laden, und das Dorf rüstet selbst ordentlich zum Feste. Da gibt es noch verschiedenes auszuführen. Die Verlobten, Ehemänner oder Freunde der zu beschneidenden Frauen tragen für sie die Balogo zusammen, d. h. große, hübsch geschichtete Stöße von Brennholz. Denn eigentlich fällt diese Aufgabe ja stets der weiblichen Jugend im Haushalte zu. Da die beschnittenen Mädchen aber arbeitsunfähig sind, so muß der Haushalt auf Vorrat mit Holz versehen werden. 'Daher die Balogo. Fernerhin greifen die Mädchen fest im Haushalt mit an. Es muß für die Festtage viel D'lo oder Dolo (Hirsebier) gebraut werden, und noch können die Mädchen schaffen. Ebenso wird Korn gestampft und gesiebt, alles gereinigt, mit einem Worte eben das gemacht, was allerdings in etwas anderer Form gute Haustöchter bei uns vor Weihnachten und Pfingsten tun.



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Die Buben dagegen bauen das Büre und schichten den Kebadjiri. Das "Büre" ist das Nachtlager der Buben für die Zeit nach der Beschneidung zur Heilung der Wunde. Es ist ein mächtiger viereckiger Kasten aus Rohrplatten von ca. 5 m Breite, bis 10 oder gar 12 m Länge und 2 1/2 m Höhe. Gabelhölzer werden dementsprechend in die Erde gerammt (Zwischenraum 2-3 m), starkes Holz darübergelegt. Platten von Rohrgeflecht sind von außen als Wände an die Hölzer gebunden und von oben als Decke aufgelegt. Ist der einzige Sohn einer Familie und einer Frau unter den Beschnittenen, so erhebt sich ein von Rinde und Blättern entblößter kleiner Baum über dem Büre. So hat mein Zeichner die Beschneidungshütte auch dargestellt. Interessant ist, daß die Bammana, also die früheren Ostvölker, diese Hütte nicht Büre, sondern Gakorro, die alte Ga nennen. Ga heißt aber Hütte oder Zelt bei gewissen Völkern im Nigerbogen. Interessant ist ferner, daß wenn wir vom Büre die Rohrplatten wegdenken und dafür Lehmmauern und Lehmdecke annehmen, ein regeirechtes Bammanahaus herauskommt. Das Holzgerüst ist das gleiche.

Der Kebadjiri ist ein Holzstoß ähnlich dem Balogo, der für die Familien aufgeschichtet wird. Er ist neben oder im Büre von den zu beschneidenden Burschen selbst aufgestapelt und liefert ihnen das allabendliche Feuer für die Zeit der Heilung.

Der Arkamissadung, der Donnerstag vor der Beschneidung, kommt heran und damit gegen oder nach dem Sonnenuntergange auch die Gäste. Die bringen nach Möglichkeit Trommeln und Trommler und sicherlich irgendwelche Geschenke mit, der eine 10, der andere 40 Kola, jener ein Schaf oder Hühner oder Ziegen, oder eine ganz wohlhabende Familie auch wohl einen Ochsen. Getränk oder Bestandteile für Brei und Kuchen bringen sie jedoch nicht. Das müssen die Dörfler selbst schaffen. Eine solche Nacht zwischen Donnerstag und Freitag vor dem Beschneidungstage ist für den Mann, der Ruhe wünscht, und für den mit schwachen Nerven keine angenehme Sache. Zunächst kommt jede Fremdengruppe schon mit möglichstem Trommelgepauke und sonstigem Lärm an und zieht einmal rundum. Sind alle zusammen, dann ziehen sie mit großem Solici (= Tamtam) bei den Alten herum. Der Dugutigi ist nämlich nur Repräsentant, wirklich herrschen tun die Kiemorobalu, die Alten. Von einem Gehöft der Kiemorobalu zum nächsten, in dem ein solcher würdiger Altvater haust, pilgert der Zug. Und immer wird auf die Trommeln losgeschlagen, was das Zeug hält. Beim Dugutigi wird übrigens nur dann vorgesprochen, wenn er zu den Kiemorobalu gehört. Ist dieser Umzug beendet, so beginnt der Ankatara Solici badinubada (der Trommelbesuch) bei den einladenden Familien (badi = die Familie). Überall wird nicht nur getrommelt,



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sondern auch getrunken - nun, es ist ein Heidenspektakel, und so leicht werden meine Reisebegleiter und ich diese Nacht nicht vergessen.

Um 12 Uhr nachts tritt eine plötzliche Pause für längere Zeit ein. Es herrscht erst eine Totenstille, dann hört man die flötende Stimme des Komma (maskierter Dämon der Geheimbündler; siehe Bd. VII) durch die wie in Grabesruhe liegende Stadt ziehen. Der Komma geht um, um die Subaga oder Subacha (kannibalische Zauberer, Zaubergeister) zu verscheuchen. Die Subaga sind in dieser Nacht auch lebendig, denn sie trachten danach, die zu Beschneidenden zu erwischen. Dieser Umzug des Komma gilt als sehr wichtige Sache, und auch mir scheint er für die Entwicklungsgeschichte dieser Sitten und besonders für die Zeremonien in der Periode vor der Mohammedanisierung der Mahnke sehr wichtig. — Auch sonst wird nach Möglichkeit gegen die bösen Subaga angegangen. Gegen 4 Uhr morgens wäscht man die zu beschneidenden Kinder mit einem kräftigen Bessi (= Zaubermittel, entspricht dem Baschi der Bammana). Das soll Schutz bieten für die Zeit der Heilung und dann auch die gefürchteten Subaga fernhalten.

Nachdem auf diese Weise die Nacht würdig und mit genügendem Geräusch verbracht ist, begeben sich gegen Morgen, d. h. etwa um 1/26 Uhr, alle Männer mit den zu beschneidenden Knaben zu dem im Busch gelegenen "Fugala", d. i. der Beschneidungsplatz. Und dann erledigt sich das Werk auch sehr bald. Die Männer bilden einen Kreis, eine Art Mauer mit einer einzigen Lücke, durch die der Beschneider hereinkommt. Die Knaben stehen vor dem inneren Rand dieser Umfassungsmauer, und zwar jeder Knabe immer vor seinem älteren Bruder oder Vetter oder Vater oder welchen freundlichen Verwandten er just als Begleiter für diese schwere Stunde erhalten hat. Der Begleiter legt gewöhnlich seine Hände auf die Schultern des vor ihm stehenden Knaben. Einer der Knaben nimmt dann der Lücke in der Menschenwand gegenüber auf einem Funfing (pilzförmigen Termitenhaufen) Platz. Wenn nun ein Numudien (dien oder dieng = Sohn), ein Schmied sohn oder ein Ulussudien unter den Jungen ist, so hat der als erster auf dem Funfing Platz zu nehmen. Sind deren mehrere vorhanden, so werden sie alle vor den andern Knaben beschnitten.

Es beginnt nun der feierliche Akt. Außerhalb des Kreises wird eine Höllenmusik vollführt, indem auf kleinen Bambusflöten genannt "tulefola", auch kleinen Trommeln, "tamagfola", die unter den Arm genommen, und auf "djembefola", Trommeln, die zwischen die Beine geklemmt werden, laut geblasen und getrommelt wird. Auf etwa 10 Burschen kommt immer ein Beschneider, — es ist ein Numu, ein Schmied. Er tanzt mit seinem Messer durch



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die Lücke im Menschenkreise herein; er ist so fürchterlich und graulich als nur möglich gekleidet. Sein Kleid ist ein mächtiger, roter, faltenreicher Rock oder Überhang, gere-ule-doro-ki genannt. Allerhand Zaubermittelchen sind daran befestigt und baumeln hin und her. Sein Gesicht hat er mit Kohle schwarz angemalt. Er ist so schon ein Scheusal, und dazu schneidet er nun noch Grimassen und Fratzen, grinst, greint und grunzt nach Kräften. Aber das ist ein Teil seiner Aufgabe: er soll Angst machen, und die Burschen sollen Mut zeigen. Die Beschneidung ist für die Burschen auch eine Tapferkeitsprobe bei diesen Völkern, die auf jeden Fall bestanden werden muß. Nachdem er genügend getanzt und den ersten Burschen angegrault hat, zieht er ihm die Vorhaut, die "forrogulu", möglichst weit über die Glans und schneidet sie mit dem Kebajamurru, dem Beschneidungsmesser (murru = Messer), das so scharf ist wie ein Rasiermesser, in einem Schnitt ab. Dann wirft er sogleich die abgeschnittene Vorhaut mit kräftigem Ruck über die Menschenmauer in den Busch. Bei dieser Operation darf der Knabe keine Miene verziehen, geschweige denn strampeln, weinen oder schreien. Tut er das, so ist er für das ganze Leben verloren und verachtet. Er ist ein Feiger, ein Kerisa dinjito. Keine Frau wird ihn heiraten wollen, kein Mann mit ihm aus einer Schüssel essen. Würde er im Lande bleiben, so wäre er zu einem jämmerlichen Leben voller Spott und Schande verurteilt. Er muß dann wohl oder übel die Heimat verlassen und irgendwo in der Fremde, wo niemand von seiner Schmach weiß, seinen Lebensunterhalt suchen.

Man kann sich denken, mit welcher Spannung der ganze Kreis auf den Vorgang sieht, wie erwartungsvoll alles auf das Gesicht des Jungen blickt. In dieser Spannung kommt die Bedeutung des Kebaja für die Knaben zum Ausdruck, von der ich früher nichts wußte. Es ist eine Mannbarkeitsprobe, dasselbe wie der Sonnentanz der Indianer, die in der Folterung allerdings noch viel weiter gehen. Man kann sich aber auch den Jubel denken, der die Brust der Brüder oder Väter erfüllt, wenn der Knabe gut bestand. Sowie der Schnitt unter guten Umständen überwunden ist, stürzen, jagen, rennen die männlichen Verwandten und Freunde der Burschen in das Dorf zurück. Sie gebärden sich wie die wahren Wilden, hüpfen, springen und rasen mit lauten Rufen durch alle Gehöfte des Dorfes. Sie schreien: "Farn, farn, dien farierra" —tapfer, tapfer, der Sohn ist ein Tapferer. War der Vater im Dorfe geblieben, so rennt der die Botschaft bringende ältere Bruder zunächst zu ihm und reibt ihm den Rücken mit Erde. Dann weiß der Alte Bescheid. Ebenso geschieht es mit der Mutter, und zwar nicht nur seitens des ersten Boten - alle Welt ist bereit, den beiden freudevoll herumlaufenden Eltern Asche und Erde in die Haut zu reiben. Je mehr Knaben



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draußen beschnitten sind, desto toller wird das Treiben der im Dorfe erscheinenden Boten, Eltern, Angehörigen, Freunde. Besonders Frauen und Mütter sind wie närrisch. Sie bilden hier und da kleine Gruppen, zu 4-7, und tanzen Lieder singend im Kreise herum. Eine alte Mutter, die besonders beglückt ist, wälzt sich zum Takte der Musik im Aschenstaube hin und her. Dann und wann kommt ein Farri-farri-Brüller vorbei und schießt seine Flinte neben den alten Weibern ab, und besonders wenn der Schuß unter einem Haufen von Töpfen losgelassen ist, knallt er mächtig, und die Frauen schreien jubelnd auf. Besonders ausgelassen sind die alten Sklavinnen, die auch einen guten Tag haben. Sie haben heute keine Arbeit und hüpfen fast nackt - nur ein durchgezogenes schmales Stoffstreifchen verhüllt sie notdürftig-mit mit einigen Kerbschalen von Hof zu Hof. Sie vollführen überall ihre jeder Würde baren Tänze auf, reizen die Zuschauer durch möglichst unzüchtige Gebärden zum Lachen und strecken den Lachenden dann die leeren Schalen hin. Sie betteln und tanzen, tanzen und betteln und tragen von Zeit zu Zeit die gewonnene Füllung der Körbe (Maniok, Mais, Hirse, Bataten usw.) beiseite. Singen, Büchsenknallen und Schreien, dazu nachher das Getrommel nimmt an diesem Tage kein Ende. Kehren wir aber wieder zu den Hauptpersonen dieser Festlichkeit, zu den beschnittenen Burschen zurück.

Vor der Beschneidung durften die Burschen weder den Überhang noch eine Mütze tragen. Sogleich nach der Operation erhalten sie beides in neuer Ausgabe. Die Tobe ist der übliche, bis auf die Erde lang herabfallende und gelb gefärbte, mit Ärmeln versehene Überhang. Er heißt Berredoroki oder Brredoroki. Die gelbe Farbe wird erzielt, indem die Blätter "Brrebrrefirra" gekocht und ausgerungen werden und in dieser Flüssigkeit das Kleid längere Zeit bleibt. Das lange, gelbe Gewand tragen die Buben, bis ihre Wunde geheilt und sie aus Büre und Busch wieder in das Dorf zurückgekehrt sind. Die Wunde selbst wird zunächst nur mit heißem Wasser behandelt und gründlich gewaschen. Dann erhalten•die Burschen die Simbaragi zu essen, das ist eine Suppe aus ausgekochtem roten Pfeffer. Man kann sich denken, wie das im Innern brennt! Nachher werden sie vom Fugala unter mächtigem Wasambageklapper erst zum "Djansabojado" und dann abends in das Büre begleitet. Die Wasamba sind Kniehölzer, die am einen Ende mit der Hand gepackt und am anderen Ende mit durchbohrten, auf das Holz gereihten Kalebassenstücken versehen sind. Im rhythmischen Auf- und Abschwingen schlagen die Kürbisscherben aneinander und geben ein weithin schallendes starkes Geräusch ab. Wenn die Burschen ins Büre einziehen, sind es die Alten, die sie vor und hinter ihrem Zuge schwenken, wenn sie beim Djansabojado



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sitzen, hocken Freunde auf der Galla über ihnen und rütteln sie, und von dem Augenblicke an, wo sie zum erstenmal das Büre verlassen, und nachher während der ganzen Zeit der Zurückgezogenheit, klappern sie selbst mit dem Instrument.

Ehe ich zur Schilderung des Djansabajado übergehe, wollen wir über die ganze Zurückgezogenheitszeit der Burschen hinblicken. — Sobald sie in das Büre, das stets außerhalb der Tata oder des Stadtkreises gelegen ist, eingezogen sind, dürfen die Burschen bei den südöstlichen Mahnke, wenigstens nach altem Ritus, nicht eher in das Dörflein zurückkehren, als bis sie vom Scheema als Geheilte entlassen sind. Aber nur die Nächte verbringen sie im Büre, tagsüber weilen sie im Busch, in einem etwas entfernten Walde. Dahin ziehen sie, sobald am Morgen das gute Essen aus dem Elternhause angelangt und verzehrt ist. Im Walde selbst tun die Burschen durchaus nichts, gar nichts. Ich habe mich bemüht, nach allen Regeln der technologischen Fragekunst, irgend etwas herauszuholen, was die Annahme einer Belehrung nach irgendeiner Richtung hin bestätigt. Es wurde mir aber von so sicheren Leuten wie meinen eigenen Interpreten, die doch das gleiche in der Jugend durchgemacht haben, alles mit solcher Bestimmtheit versichert, daß an der Richtigkeit der Angabe gar nicht zu zweifeln ist. Und die Angaben lauten einstimmig, daß die Burschen im Busch nichts tun und nichts lernen. Allerdings besteht die Sitte, daß keine Frau dem Walde nahe kommen darf. Betritt sie ihn, so wird sie von den Burschen mit Stockschlägen fortgetrieben. Das soll den Zweck haben, zu verhindern, daß die Knaben sich geschlechtlich erregen und auch, daß die Frauen nicht etwa die Wunden des unverhüllten Gliedes sehen.

Am Abend kehrt der Zug der beschnittenen Knaben unter Wasambageläute ins Büre zurück. Nun wird wieder kräftig geschmaust, denn jede Mutter sorgt, daß dem Jungen tüchtige Nahrung gesandt wird, und dann beginnt die Abendunterhaltung, d. h. der einförmige Tanz vor dem Büre. Im Walde, im tukorro, hat man gefaulenzt. Da war es warm. Abends ist es in dieser Jahreszeit (Ende Dezember bis Mitte Januar) recht kalt. Also wird ein Feuer entzündet, und die Knaben bilden mit dem Scheema neben dem Feuer einen Kreis. Der Scheema ist ein alter Sklave, ein Lehrer, der die Buben führt und beaufsichtigt. Er singt jetzt auch die recht einförmigen Lieder vor, und die Burschen wiederholen sie, indem sie die Wasamba rasseln lassen. Sie drehen dazu den Körper ein wenig nach beiden Seiten abwechselnd um seine Achse. Nicht zu heftig, damit die Wunde nicht gescheuert wird. Der häufigste Text des Liedes lautet etwa: "Auf der Seite liegt der Schmutz der Beschnittenen (Blut und evtl. Eiter), geht dem Schmutz aus dem Wege!"



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Auch unter diesen Liedern habe ich vergebens einem tieferen Sinne, irgendeinem wertvollen Inhalte nachgespürt. Und ich habe an manchem Abend derartige Lieder singen gehört und mir übersetzen lassen. — Hat man sich genügend erwärmt, geht man schlafen. Der Scheema hat darauf zu achten, daß des Nachts die Kinder die Beine gespreizt halten. Er geht herum und sieht nach, ob dies Gebot auch innegehalten wird. Der Grund dafür ist, daß beim Schließen der Beine leicht Erektionen entstehen, die der Wunde schaden und Schmerzen erregen. Trifft er geschlossene oder gekreuzte Beine, so schlägt er mit einem Stock zu. Erektionen müssen nach Möglichkeit vermieden werden. Der Genuß von Kaba-djerra, altem Mais, soll sehr günstig sein. Im übrigen wird auch mit Schlägen dagegen angegangen. Knaben, die arg darunter leiden, rennen mit dem Kopfe gegen die Hauspfeiler. Das soll sehr gut sein und das Blut zurückdrängen. Übrigens wird den Jungen vor der Beschneidung immer wiederholt, sie sollten ja nicht den Beischlaf ausüben. Das dürfe man vor der Beschneidung nicht. Täte man es, so könnte man sehr krank werden. Die Knaben kehren sich meist nicht nach dem Gebot und beginnen ein vergnügliches Geschlechtsleben so früh wie nur möglich. Die Alten sagten mir, sie glaubten selbst nicht etwa, daß das Beischlafen vor der Beschneidung Krankheiten hervorriefe, aber es sei eine alte Erfahrung, daß Knaben, die den Koitus gewöhnt seien, unter Erektionen mehr litten als in ihrer Mannheit noch unerprobte Burschen, und deshalb warne man vor dem frühzeitigen Koitieren. Nun, jedenfalls ist nach 4 bis 6 Wochen die Wunde geheilt, die Burschen sind nunmehr als "Erwachsene" mit Mütze und Überhang in das Dorf zurückgekehrt. — Dem "Scheema" statten die Burschen dann in der Weise ihren Dank ab, daß sie ihm einen Acker bestellen, der "scheema-senne" genannt wird. Im übrigen sind sie jetzt die erwachsenen Arbeiter ihres Vaters.

Am gleichen Tage wie die Knaben, aber einige Stunden nachher, werden auch die dazu bereitgestellten Mädchen und Frauen von einer Numussu (=Schmiedefrau) beschnitten. Zunächst werden den vor Angst zitternden Kleinen die Haare geordnet. Schon bei diesem Vorgang liebt man es nicht, wenn die Männer allzu eifrig zusehen. Dann werden sie eine nach der andern in eine entfernter liegende Hütte geführt. Das Mädchen legt die Hände im Nacken zusammen, hockt nieder, und die Frau des Schmiedes schneidet mit einem scharfen Messer die Biekisse, die Spitze der Klitoris, ab. Danach eine gründliche Wäsche. Die beschnittenen Weiber bleiben unter Aufsicht älterer Frauen in ihrer entlegenen Hütte. Wenn sie in der darauffolgenden Zeit ausgehen, so haben sie ein weißes Tuch über den Kopf geschlungen, tragen in der einen Hand eine Kalebasse,



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die durchlöchert und mit Steinchen oder Kernen gefüllt ist (die bei den Mahnke Ngossongosombarni, bei den Bammana Ngossoma genannte Schüttelkalebasse), und klappern. In der anderen Hand haben sie einen Stab. Sie gehen in einer Reihe, wie die Gänse. Mein Zeichner hat eine charakteristische Skizze dieses Aufzuges geliefert.

Ich habe mich bemüht, eine Erklärung für den Grund der Beschneidung zu erfahren. Hinsichtlich der Knaben erhielt ich die übliche Erklärung: "Weil es die Väter so gemacht haben." "Weil es mehr Kinder gibt." "Weil man sehen muß, ob der Knabe ein Tapferer ist." Anders bei den Frauen. Zuerst sagte man mir: "Bei den Wolof sind nur die Männer, nicht die Frauen beschnitten; die Frauen der Wolof riechen übel aus den Geschlechtsteilen. Die Mahnke, Soninke und Bammana beschneiden aber die Mädchen und die Frauen, und daher riechen sie nicht übel!" Nachher aber hörte ich von den Mali-nke sagen: "Wenn die Spitze der Klitoris nicht beizeiten abgeschnitten wird, wird die Klitoris zu groß und schließt zuletzt die Vagina so weit, daß der Penis nicht mehr eindringen kann." — Bei der Beschneidung erwähnte ich oben "Mädchen und Frauen". Bei den westlichen, sich als "rein" bezeichnenden Mahnke werden nur Mädchen beschnitten, und wenn ein Mädchen ein Kind vorher bekommt, wird es nichts mit der Beschneidung. Andererseits treten bei diesen Westvölkern die Mädchen auch etwa 1-2 Monate später, d. h. wenn die Wunde geheilt ist, in den Stand der Ehe. Das ist im Osten nicht der Fall. Eine Frau kann hier heiraten und sogar - was häufig ist - Kinder zur Welt bringen, ohne schon die Beschneidung erlebt zu haben. Das wird dann häufig nachgeholt, und im Zuge der rasselnden, beschnittenen ,Mädchen' sieht man im Osten des Nigers manche Frau mit einherschreiten, die einen kleinen Nachkömmling auf dem Rücken trägt. Es sind das nicht Mädchen, die eines kleinen Fehltritts Bürde schleifen, sondern es sind ehrbare, anständige Frauen. Ehe ich aber zur Schilderung der Ehe übergehe, muß noch der eigentliche Abschluß des Beschneidungsfestes, die Djansa-bojado-Zeremonie geschildert werden, die am Nachmittag des Beschneidungsfestes stattfindet.

Die Djansa-bojado-Zeremonie wird im Norden und im Süden des östlichen Malinkegebietes verschieden gefeiert. Im Süden ziehen die Freunde und Verwandten von einem Hofe, in dem beschnitten wurde, zum anderen, und so zerreißt man die schöne Geschlossenheit des Bildes, das die Sitte im Norden bildet, wo das ganze Dorf die ganze Feierlichkeit gemeinsam erlebt. Demnach will ich die nördliche Sittenform besprechen. — Etwa gegen 1/2 4 Uhr kommt unter mächtigem Klappern der Wasamba der Zug der beschnittenen



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Knaben auf den Dorfplatz. Auf ausgebreiteten Matten setzen sich die in die großen Mäntel gehüllten Burschen einer neben dem anderen vor der Galla nieder, auf deren Rand je über einem Burschen ein Freund mit der Wasamba Platz nimmt. Unter dem neben ihnen sich erhebenden mächtigen Banianenbaume sind einige gewaltige Tonkrüge mit gutem Hirsebier aufgestellt. Hier nehmen nun die alten Leute, in ihrer Mitte der Dorfchef, Platz, und sie verfehlen nicht, das fröhliche Ereignis gehörig zu begießen. Den Alten gegenüber bildet als dritte Seite des freien Platzes, zunächst der Galla, die Kapelle der Trommler ein Stück Wand und etwas weiter der vierten, von den Zuschauern gestellten Seite, zu schließen sich die beschnittenen Mädchen an, die ebenfalls auf Matten sitzen und von den hinter ihnen bockenden Müttern liebevoll mit Fliegenwedeln und Kleiderzurechtzupfen bedacht werden. Die Kapelle klappert, die alten Weiber hinter den beschnittenen Mädchen plappern, die Alten trinken und prahlen laut, die Jugend tobt um die Menschenansammlung herum, einige durch den Trubel beunruhigte Pferde wiehern, Kühe brüllen, Schafe blöken, die Sonne brüht, und gleich wird die von der schwitzenden Menge mit schlechten Gerüchen geschwängerte Luft auch noch vom Staube gehörig erfüllt werden was alles man in Europa nicht gerade wünschenswert (im Sinne der Hygiene) für die soeben operierten Kinder erachten würde. Die Burschen und Mädels sitzen denn auch recht phlegmatisch mit stumpfsinniger Miene und geschwollenen Augen als Opfer und Hauptbeteiligte gar niedergeschlagen da. Die Zeremonie beginnt, wenn die Kapelle sich eingetrommelt hat. Zuerst kommen einige Frauen angetanzt, sie tragen über der Schulter irgendwelche Gegenstände und in der Rechten eine Korbschale. Die Frauen tanzen einige Zeit rund herum, dann kommen andere hinzu. Auch hier wieder gebärden sich einige ganz alte Weiber besonders begeistert und steißwackeln und kopfnicken und beinschlenkern, daß es nur so eine Art hat. Dann kommen die Männer, junge Burschen mit Gewehr und Schwert. Alles dieses Volk kümmert sich erst gar nicht um die Mädchen, sondern tanzt eifrig vor den Burschen auf und ab und im Kreise herum. Vor und zwischen den Knaben stehen Korbschalen. Wenn man im Kreise genug getanzt hat, so zeigt man in einem letzten gravitätischen Rundtanze seine Gaben dem Volke, das auf der Galerie hinter den Wasamba klappert, das hinter den Alten am Baume und auf der vierten Seite steht. Dann legt man sie in den Körben vor den Knaben nieder. Die kleinen Geschenke für die Burschen bestehen in Hirse, Baumwolle, Kolanüssen, Erdnüssen usw. usw. Hat man das geleistet, so tanzt man mit seinem symbolischen Gegenstande fürs erste ab und rüstet sich zu einem zweiten Tanze vor den Mädchen.


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Wie gesagt, tragen die Tänzer irgend etwas über den Schultern, und zwar ist dies in der Tat ein symbolischer Gegenstand. Die Bauersfrauen tragen eine Hacke, die Jäger ein Gewehr, die Fischer das Kanke genannte eigenartige Fischhackenbeil, die Holzschlägerinnen einen oder einige im Busche geschlagene Holzstangen usw. Nach seinem Berufe und der Pflege seines Berufes und Erwerbes richten sich auch die kleinen Geschenke für die Burschen. Wer Hühner hat, gibt Eier, wer Viehzucht übt, Milch, wer viel Feld hat, Getreide, die Spinnerinnen einen Faden Baumwolle und die Baumwollbäuerinnen rohe Baumwolle usw.

Dieser erste Teil der Zeremonie schließt mit einem Rundtanze ab, bei dem die Männer kräftig mit den Gewehren umherknallen. Bei den südlichen Bammana trat mehr der Kreistanz hervor, bei den Mahnke das Tanzen der Trommler selbst. Der zweite Teil verläuft trockener, bei weitem weniger differenziert. Hier tanzen einige Weiber, da ein Mann heran, und jeder gibt in die Körbe der beschnittenen Mädchen seine Gabe. Frauen bringen hier Hirse und einige Kauri, Männer nur Kauri herbei, die sie wie gelegentlich in den Brustsack greifend heraushaspeln und dann hinwerfen. Wem gilt die Gabe? Die hinter den Mädchen bockenden Mütter und alten Weiber streiten und keifen, der Geber ist längst an einen anderen Platz gesprungen und knallt irgendwo sein Gewehr ab, und die Mädchen selbst verwünschen offenbar die ganze Angelegenheit. Ihnen ist es ganz gleich, wieviel hundert oder tausend Kauri ihnen hier als Aussteuer zuteil werden. Sie würden - man sieht es ganz deutlich - am liebsten nach Hause gehen und weinen. —Übrigens gibt es unter den Geschenkgebern auch wohlhabende Protzen, und mehrmals sah ich, daß ein reicher Sängermeister oder Schmied einen Beutel nach dem anderen einzeln hochschwingend über den Platz trug und laut schrie, er, er gebe nicht eine Handvoll, er gäbe jedem Mädchen Kauris für einen Trank.

Der Abschluß besteht im ganz unbedeutenden und wenig betonten letzten Tanze, in dessen Folge den Trommlern eine Gabe an Hirse oder (im Süden) Kolanüssen zuteil wird. Mit dieser Gabe ist dann alles Tanzen und Trommeln zu Ende. Die Burschen werden in das Ga-korro oder Büre, die Mädchen in ihre Hütte geführt. Die Alten sind betrunken und vieles, was sonst noch an diesem Abend geschehen mag, bedeckt die Nacht mit wohlwollendem Dunkel. Daß manche Unordnung vorkommt, ist sicher. Ist doch alles Denken durch Handlung und Symbolik stark auf das Geschlechtsleben hingelenkt und schnarcht doch mancher alte Zecher die Melodie seiner Betrunkenheit, während die offenbar später zugeheiratete junge Gattin von den gewaltigen Sprüngen eines besonders beliebten, großen Burschen träumen mag. Ein Beleg dafür,



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daß das Fest stark dem Geschlechtsleben zuneigt, wäre, wenn es nötig wäre, das noch besonders zu beweisen, auch darin zu erblicken, daß gute Mütter in stolzer Zeremonie zum Büre oder Ga-korro wandeln und ehe noch die beschnittenen Knaben einziehen, vor der Türe das Ende eines Flaschenkürbisses eingraben, das wie ein Penis gestaltet ist und auch so benannt wird. Das soll dem Burschen für später reichen Familiensegen bringen und dafür sorgen, daß "das Haus ja nicht zerbreche", d. h. daß die Familie nicht ausstirbt.

Wie schon oben bemerkt, gehen die Mädchen sehr oft aus der Beschneidungshütte in das Haus des Gatten über, denn Jugendverlobung ist besonders in wohlhabenden Familien beliebt und verbreitet.

Im übrigen ändert die Beschneidung für die Burschen sehr wenig an der allgemeinen Lebensführung. Nur brauchen die Burschen nicht mehr zwei Tage in der Woche für die Mutter zu arbeiten. Sonst bleibt die Tätigkeit die im Dienste des Vaters, und er verfügt auch, ob die Söhne den Acker bestellen oder weben oder als Djula auf Wanderschaft ausziehen sollen. Ein wichtiger Abschnitt für den Burschen ist es, wenn er heiratet und er nun nahe dem Krale des Vaters einen eigenen Haushalt eröffnet.

Ehe- und Hochzeitszeremoniell.

— Nicht jedem Mali wird vom

Vater die Braut ins Haus

gebracht, vielmehr recht wenigen, und die meisten Burschen müssen zumal heute schwer arbeiten, damit sie das genügende Besitztum zusammenbringen, wenn sie nach altem Brauche heiraten wollen. Wenn - denn es wird bald damit ein Ende nehmen; andere Zeiten, andere Sitten, und seitdem die Franzosen das Sklaventum gründlich abschafften, hat sich im Besitzwert und der Ehe form naturgemäß ein Wechsel vollzogen. Man hat nicht mehr einen Vater, der einige Sklaven für eine Frau hergeben will, aber verliebt ist man ebenso wie früher, und da die Sitte nicht beobachtet werden kann, wird zunächst die alte Form und Moral lax, bis sich aus dem neuen Zustand der Dinge eine neue Sitte herausgebildet haben wird. Ich beschreibe hier die Sitte der alten Zeit (der Zeit vor der Herrschaft des islamischen Rechtes der Kadi), in der aber, wie gesagt, auch nicht jedem vom Vater die Braut ins Haus gebracht wurde.

Immerhin waren Jugendverlobungen nicht selten. Das wird überall in Kastenländern so sein und zumal da, wo sehr viel auf ein Ineinanderheiraten der "guten Familien" gesehen wird. So sagte in alter Zeit denn mancher Vater zum anderen: "Höre, deine Tochter ist gut für meinen Sohn." Und dann war der Sohn oft erst 12 und das Mädchen gar erst 2-4 Jahre alt. Der Vater des Bräutigams rüstete zunächst das erste Geschenk, "bululasirauorotang"



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Beschneidungsfest der Malinke.

Szenen aus dem Festtrubel. Zug der beschnittenen Mädchen.

(Fritz Nansen 1908)



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genannt und aus 10 Kola bestehend. Dieses erhielt der Vater der Braut. Darauf folgte ein zweites Geschenk von 10 Kola für die alten Leute des Dorfes. Es hatte die Bestimmung, diese in die Sache hineinzuziehen und günstig zu stimmen, damit sie sich nicht etwa dazwischenlegen und die Sache auseinanderbringen. Während diese zweite Gabe mehr im geheimen und wie gelegentlich erfolgt, ist die dritte Sendung von 10 Kolanüssen eine offizielle und öffentliche. Sie gilt wieder den Alten, die zusammenkommen und gemeinsam mit ausgestreckten Händen die Arme darauf legen (dubaoro). Dazu sagt ein Numu oder ein Dialli in feierlicher Weise: "Hier sind Kola für die Ehe zwischen X und Y, damit sie lange dauere und Gott (Allah) gnädig sei!" Alle antworten darauf: "Ja! Gott segne die Ehe." Damit ist die erste Zeremonie der Ehe, die, wie man sieht, einen stark islamischen Anstrich hat, beendet. Bis das Mädchen herangewachsen ist, geschieht nichts weiter.

Diese Zeremonie entspricht der Jugendverlobung. Die Heirat wird geschlossen, wenn die Menstruationen und das Anschwellen der Brüste die geschlechtliche Reife bezeugen. Der Zeitpunkt der Verehelichung ist unabhängig von der Beschneidung. Einige weibliche Wesen werden in der Mädchenzeit, einige erst als Frauen dieser Operation unterzogen. Entscheidend ist aber außer der Reife des Weibes die Zahlungsfähigkeit des Mannes. Der zu zahlende Betrag entspricht der Wohlhabenheit der Familie und des Mannes und zum anderen der Schönheit und Größe der Erwählten. Körperlänge und Kraft der Gestaltwirken unbedingt steigernd auf die Preise. Es ist dies nicht nur die größere Vergnüglichkeit, die man von hoher Statur und Ebenmaß der Glieder erwartet, sondern die Rücksicht auf den zu erwartenden Kindersegen spielt dabei eine bedeutende Rolle. Der Mahnke sieht auf Rasse. Er will tüchtig aufgeschossene Sprossen als Kinder sehen und schämt sich im voraus etwaiger Krüppel. Es ist hierin bei allem Naturalismus fraglos ein gesunder Zug.

Die Zahlung erfolgt also, und zwar in der Höhe von I—3 Sklaven —immer betont, daß ich die alten Sitten schildere. Wenn mehrere Sklaven als Zahlung in Frage kommen, und wenn sie der Vater des Bräutigams aufbringen kann, so werden sie gleich überwiesen. Es ist das aber wohl ein seltener Fall gewesen. Man begnügte sich meist mit einem Sklaven als endgültige oder als Anzahlung. Wenn sich die Verhältnisse des jungen Haushalts günstig gestaltet haben, wird weitere Zahlung erfolgen; das kann aber mehrere Jahre währen. Im übrigen spielen auch jetzt wieder die kleinen Geschenke eine nicht ganz unwesentliche Rolle. Zehn Kola legt man dem Sklaven auf den Kopf, den man als Zahlung übersendet. Zehn Kola erhält der Vater, zehn der älteste Bruder, zehn der Aufseher der Sklaven, und so geht es weiter, sodaß zuletzt an 100 Kola ver



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teilt werden. Damit sind dann aber auch alle Präliminarien beendet, und die Sache wird ernst, ist perfekt.

Der Bursche hat mit Hilfe der väterlichen Familie und der Sklaven dieses Haushalts mehrere Hütten gegenüber dem Hause des Vaters oder sonst in der Umgebung gebaut. Man heiratete früher im gleichen Dorfe und im gleichen Stamme, wenn irgend möglich, jedenfalls aber in gleicher Kaste. Der Vornehme, der Sproß aus dem herrschenden Volke, der eine Numufrau, eine Frau der Schmiedekaste heiratete, "wurde jedenfalls einige Zentimeter kürzer". So sagt das Volk, und das ist keine Umschreibung. Man nahm das wirklich im Sinne der körperlichen Entwicklung an und hat mir sogar mehrere Männer gezeigt, die ein wenig kürzer geworden wären, weil sie Numufrauen beschlafen hätten. Ja, die Leute gaben es selbst lachend zu. Soweit geht der Glaube. Weiterhin hält man es für sehr unglücklich, wenn der Mann aus vornehmem Geschlechte ein Dialliweib heiratet. Man behauptet, daß sein Besitztum ab- statt zunimmt. Es ist eine lustige und vielleicht gar nicht so grundlose Parallelität, wenn mancher Bauer in Deutschland sagt: "Der Musikant kann kein Geld heiraten, und wer des Musikanten Kind heiratet, der ist auch immer im Trocknen." — Die Malinke sagen fernerhin: daß es in Mande ein Tal und darin einen großen Felstisch gäbe, — dem dürfe sich der nicht nähern, der nicht in gleicher Kaste heiratete.

Das Mädchen bringt in das Haus ihres Gatten das Haushaltungsgerät mit. Die Mutter gibt ihr mit: einige Kalebassen (zum Schöpfen, Waschen, Trinken, Brei usw.), Töpfe, einen kleinen Frauenstuhl (=kudung), Holzmörser (= kulun) mit Keule (= kulunkalang), ferner einige Stoffe und dergleichen mehr. Es gibt an diesem Tage einen großen Schmaus. Der Bräutigam hat Schaf oder Ziege oder gar einen Ochsen getötet, und so ißt und trinkt sich alle Welt gehörig satt. Bei dieser Festlichkeit tanzen die kleinen Schwestern des Bräutigams, und dann folgt die Überführung. Die Schwestern des Mannes haben die Braut neu gekleidet und gekämmt. Eine trägt sie auf dem Rücken in das neue Haus*. Sollte der Bräutigam sich nun nicht allzu große oder genügende Kräfte zu-* 

Gemahnt dieses Hinübertragen und noch mehr die Beteiligung der Freunde an symbolische Brautraubsitten, so konnte ich auch deren noch bis ins Ende des vorigen Jahrhunderts geübte Form bei heidnischen Mali-nke aus der Gegend von Bafulabe feststellen. War dort die Ehe zwischen zwei jungen Leuten beschlossen und alles durch Zahlung und Opfer geregelt, so mußten die Freunde des Bräutigams in das Gehöft der Brautsippe gehen und diese gewinnen, indem sie einen Faden zerrissen, der aus Tierhaaren bereitet war, sie von einem Kuhfell wegreißen, auf das sie geschnürt war, und ihr endlich eine Hacke aus der Hand reißen, die zurückgeworfen wurde. Dann wurde sie jubelnd heimgetragen.


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trauen, um eventuelle gewisse Widerstände zu überwinden, so versteckt er einen guten Freund an der Türe. Sind die Schmerzen der Defloration so stark, daß das Weib mit allen Gliedern sich wehrt, so wird der Freund herbeigerufen, der dann die Beine der Widerstrebenden festhält und dem Ehemanne die erste Erfüllung seiner Pflicht erleichtert. Im übrigen liegt auf dem Ruhebett, auf welchem dies Kriegsspiel der Minne stattfindet, ein weißes Tuch, und der Volksbrauch fordert, daß hierauf die Spuren der ehrenvollen Wunde ersichtlich werden. Wenn der Ehemann gegen Morgen die Zeichen auf dem Laken sieht, ergreift er sein Gewehr und schießt es einmal zur Tür hinaus ab. So kann es denn alle Welt hören, daß er zufrieden und daß das junge Weib unberührt gewesen ist.

Aber auch weitere Kreise interessieren sich für diesen Beweis bisheriger Jungfräulichkeit. Man erwartet vom jungen Ehemann den Ausdruck der Freude über die glückliche Bestätigung seiner Hoffnungen - selbstredend in der Form kleiner Geschenke. Auf den weißen Stoff mit dem Blute (= sunkurufani) legt er, um diesen Erwartungen sittengemäß zu entsprechen, zehn weiße Kola und ein weißes Huhn. Diese Sendung geht an die Eltern der jungen Frau ab. Aber alsbald will auch der ältere Bruder der Braut mit einem kleinen Geschenke bedacht sein. Nachher erfolgte in früherer Zeit, gleichwie auf Inseln der griechischen Meere, Ostafrika usw., ein feierliches Herumtragen dieses Tuches statt. Es ist uns also nicht schwer, die Zugehörigkeit dieser Sitte zu dem entsprechenden Sittenkreise und geographischen Ausbreitungsgebiet festzustellen.

Alle Angaben stimmen darin überein, daß die Sitten der Mande-. völker früher viel strenger waren. Seltene voreheliche Entgleisungen kamen bei den Mädchen vor, und die Mande waren nicht so pfiffig wie andere Völker, welche über sehr gute Täuschungsverfahren verfügen. Entdeckte der alte resp. junge Mande das Unheil, so schoß er am anderen Morgen zunächst einmal seine Flinte nicht ab. An Stelle des oben beschriebenen Geschenkes sandte er dann aber an seine Schwiegereltern ein Gericht mit Reis, einen kleinen Reisberg, in den von oben ein tiefes Loch hineingedrückt war, so daß seine Erscheinung wohl einem kleinen Krater ähnlich erschienen sein mag. Empfingen die Eltern diese vielsagende Gabe, so schüttelten sie das Haupt und sagten: "Unsere Tochter macht uns Schande; unsere Tochter macht uns Schande." Aber man sah die zurückgesandte Sünderin nicht nur mit bösen Blicken an, sondern die Brüder der Frau und die anderen männlichen Angehörigen der schwer gekränkten Familie zogen ihr die Kleider vom Leibe und behandelten sie so lange mit Stockstreichen, bis die Frau den Namen des Verführers nannte. Der so erpreßten Angabe traute



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man nicht vollkommen, sondern man stellte noch die Befragung eines gewissen Orakels an. Man schnitt einem Huhne die Kehle durch und warf es dann hin. Wenn es nach den letzten zuckenden Sprüngen auf dem Rücken liegend verschied, so war die Angabe der Frau recht. Lag es auf der Brust, so glaubte man, sie habe einen falschen Namen genannt, um den geliebten Mann, dem sie ihre erste Blüte auf den Weg gestreut hatte, zu schonen und vor schwerem Schicksal zu bewahren.

Denn diesem Verführer erging es heillos schlecht. Er ward sogleich gefangengesetzt, d. h. in das Handeisen gelegt, entkleidet und ebenfalls gepeitscht. Darauf ward er so lange mißhandelt und gefangengehalten, bis er das Sühnegeld, nämlich bis zu sieben Sklaven, bezahlt oder abgearbeitet hatte. Diese Zahlung wurde dem Ehemanne überwiesen, der außerdem das Recht hatte, sein Weib zu behalten, also daß man sagt: er habe zwar ein ungeachtetes Weib geheiratet, aber doch eine gute Sache erworben.

Im übrigen tritt auch für den Burschen mit der Verehelichung kein so großer Wechsel der Lebensführung ein. Er arbeitet weiter im Interesse der Sippe, und erst dann, wenn der Vater etwas altert und der Bursch etwas erfahrener ist, mag letzterer selbst bestimmen, welche Arbeit und Tätigkeit die wichtigste für den Augenblick ist. Immerhin muß er doch jeden Morgen den Vater begrüßen und ihm mitteilen, was er im Laufe des Tages im Interesse des väterlichen Sippenbesitzes an Arbeit vornehmen wolle.

Aber derart erweitertes Bestimmungsrecht nimmt seinen Anfang nicht unbedingt mit der Verehelichung des Sohnes, und die Abhängigkeit schwindet erst mit abnehmender Geistes- und Körperkraft des alternden Vaters. Nun nehme man aber ja nicht an, daß in jener noch nicht lange verstrichenen, älteren Zeit der Zeitpunkt der Verehelichung sehr früh lag. Mädchen übten den Beischlaf mit dem Bräutigam nicht vor dem 16. oder 17. Jahre, Männer schlossen die Ehe nicht vor dem 21. oder 22. Jahre.

Dabei betonen alle, daß in dieser Zeit absolute Keuschheit geherrscht habe und daß im allgemeinen die Männer bis zur Verehelichung ebenso keusch und unberührt vom Geschlechtsleben blieben wie die Mädchen. Ich habe diesen Angaben keinen Glauben schenken wollen; dann hat man mir diese Zeit der Sittenreinheit näher beschrieben: "Das ist der einzige Fürst Mori von Kankan - er ist ein Herr gegen 6o Jahre. Er hat bis zum 30. Jahre nicht geheiratet und kein Mädchen angesehen. Und doch war sein Vater reich genug und auch gern zu allem bereit. Aber Mori war entweder daheim und studierte mit den Marabuten die Schriften oder er war im Kriege. Jetzt würde das nicht mehr vorkommen." So lautete ein Bericht. Mir wurden viele, viele Beispiele aufgezählt. Ich kann nicht daran



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zweifeln; was ich da hörte, waren Berichte aus einem patriarchalischen Zeitalter.

Vielleicht antwortet der europäische Städter: "Das behauptet jeder, so keusch zu leben - und hinter der Scheune nimmt er heimlich; der eine schwindelt immer dem anderen keuschen Lebenswandel vor. Schon für unseren kalten Norden wäre solcher Zustand nicht anzunehmen, wieviel weniger für den heißen und hitzigen Süden!" Dieser Widerspruch würde der Anschauung unseres Volkes und wohl auch der Wissenschaft entsprechen. Ich selber habe ihn erst aufgeworfen und ungläubig gelacht. Aber ich habe mich durch viele Einzelheiten überzeugen lassen. Es gibt da Verschiedenes zu bedenken. Einmal nämlich ist ein heimliches Liebesleben in einem afrikanischen Gemeindeleben eine fast unmögliche Sache. Es ist unglaublich, wie genau ein jeder das Leben des anderen übersieht und kennt und davon auch Bericht erstattet. Es weiß jeder jedes vom anderen, und kein Schritt ist unbeachtet; wenn die Mädchen und Frauen auf die Felder gehen, so tun sie das nur in kleinen Trüpplein und nie einzeln. Geht der Weg weiter, so gehen Alte oder mehrere Männer mit. Also mit der Heimlichkeit ist es weder im Dorfe noch im Heu etwas.

Zum anderen paßt diese Keuschheit und die lange Erhaltung der Unschuld so völlig in das Gesamtbild dieses archaistischen, verknöcherten Patriarchalismus, daß sie kaum daraus entferntwerden kann. Denn für unser Zeitalter kann man es sich ja auch kaum als möglich vorstellen, daß es heute noch Völker gäbe, bei denen der Sohn der Diener seines Vaters bis zu dessen Tode ist. Das Völkerleben ist seit den Zeiten des Patriarchen nicht nur in Mesopotamien und Palästina flüssiger geworden; man kann es kaum mehr glauben, daß es ein Volk mit solchem abgeschlossenen, der Sippe entsprossenen Gemeinwesen gibt; und doch wird der Sittenzustand der älteren Malinke, wie er noch vor 50 Jahren bestand, so haarscharf umschrieben, daß nichts an dieser Eigenart weggeleugnet werden kann.

Die Bestattung.

Das, was ich von den heute allgemein geübten

Bestattungssitten

der Malinke erfuhr, zeigt, daß diese Sittengruppe einen sehr starken Prozentsatz islamischer Riten übernommen hat*. Sobald ein Mensch gestorben und die Nachricht von dem Ereignis nach den verschiedenen Himmelsrichtungen gesendet

* Die altursprüngliche Bestattung der Malinke war noch bis vor kurzem im Lande Gonnu-Kurru und Konkodugu von den Kumaga-siu geübt. Hier, zwischen dem Senegal und Futa Djallon bewohnen sie noch sippenmäßig getrennt die Bergspitzen. Ihre Toten hüllen sie in Ochsenhäute und setzen sie in Berghöhlen bei.



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ist, wird er zweimal gewaschen, einmal mit Ndji djugu, gewöhnlichem Wasser, und dann mit Salindji, d. h. dem Wasser, das dadurch heilig wurde, daß die großen Marabut sich vor dem Gebet darin wuschen. Nach der doppelten Wäsche legt man den Leichnam auf eine Matte, damit er abtropfen kann, und sobald er ganz trocken ist, wickelt man ihm zwei bis sieben und mehr Stoffstücke um. Je wohlhabender, desto mehr Stoff. Alsdann wird er auf den großen Platz getragen.

Inzwischen sind schon aus der Nachbarschaft Leute gekommen, die beim Ausheben der Grube helfen. Erst wird ein Kanal in die Tiefe, dann aber ein Querkanal unter der Erde nach der Seite geführt. In diese Seitenhöhle wird noch am gleichen Tage der Leichnam gebettet. Wenn es ein König war, der starb, so sendet jedes benachbarte Dorf zwei Totengräber, so daß ein großes und tiefes Erdwerk geschaffen werden kann. Außerdem beginnt in solchem Falle sogleich ein mächtiges Bereiten von Nahrungsmitteln, denn es werden viele, viele Fremde aus der Gegend zusammenströmen. Der Bruder oder Sohn des verstorbenen Herrschers schlachtet zwei bis zehn und mehr Ochsen und läßt das Fleisch in den einzelnen Haushaltungen verteilen, denen dann die Aufgabe zufällt, für die Fremdlinge Brei zu bereiten.

Auf dem großen Platze, auf dem die Leiche ausgestellt ist, versammeln sich inzwischen die Marabut, an deren Spitze der Leiter derselben Aufstellung nimmt, während sich die anderen wie bei jedem großen Salaam in langer Reihe gliedern. Dieser Totensalaam wird stehend absolviert. Die Hände werden seitwärts der Brust in der Höhe der Schultern mit gespreizten Fingern und nach vorn gewendeten Handflächen gehalten. Der erste Marabut dankt laut Gott, daß er den König (oder sonstigen Toten) seinerzeit schuf, ihm ein langes, ehrenreiches Leben und guten Namen gab und ihm nun erlaubt, in das Land der Seligen einzugehen. Darauf wendet er sich an das versammelte Volk und fragt, ob der Tote irgendeinem oder ob irgend jemand dem Verstorbenen etwas schulde. Alle Verpflichtungen müssen hier genannt, vertreten und auch geregelt werden, wobei der erste Erbe des Toten als Gläubiger oder Schuldner alle Verpflichtungen übernimmt. Ist dieses erledigt, so wird der Tote in seine Höhle gebettet, und dann wird das Grab geschlossen, indem jeder Anwesende einige Hände voll Erde hineinwirft. — War es ein König oder sonst ein angesehener Mann, so wird das Grab im Dorfe, sonst vor der Ortschaft angelegt.

Darauf folgen Gebets- und Volksfeste, zuerst am Tage nach dem Tode und der Bestattung das Sufollo Saraka, das einen Tag währt, und eine Woche später das ausgedehntere Tiliwolungala Saraka. Den Marabut, die zu diesem Feste kommen, macht man Geschenke



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an Fleisch und Kola, sobald sie ankommen, damit sie sich sogleich heimisch fühlen. Außerdem folgen fröhliche Leichenschmausereien.

Während dieser Feste singen dann, wenn der Verstorbene kein Marabut war, die Dialli zur großen Sorong (Gitarre), die ich leider nicht sah. Sie erzählen und singen die Geschichte der Sippe des Verstorbenen und berichten über sein eigenes Leben, seine Kriege usw. Es ist sehr wünschenswert, daß man bei Lebzeiten sich möglichst gut mit den Dialli stellt und ihnen häufige Geschenke macht, damit sie bei dieser Gelegenheit den eigentlichen Ruhm für die Nachwelt gründen. Deshalb zahlen die Erben den Sängern auch bei den Leichenschmausen größere Beträge als Geschenk. — Dieses ist, glaube ich, die große und starke Quelle, aus der alle jene Adern fließen, die wir so emsig aufsuchen und deren genaue Kenntnis uns vielleicht noch die Möglichkeit gibt, die ältere Geschichte des westlichen Sudan zu rekonstruieren. Denn was hier gesungen wird, geht als Gemeingut in den geistigen Volksbesitz über, und bei jedermanns Tode wird die Geschichte seiner Sippe, seiner Familie, das Leben und Wirken vom Vater, Großvater bis in früheste Zeiten hinauf geschildert und so die allgemeine Kenntnis erweitert und vertieft. — Gelegentlich des Todes islamischer Glaubensangehöriger singen die Dialli heute nicht mehr. Also wird diese Quelle sehr bald versiegen, auch schon aus diesem Grunde.

Während Sorong und Balafon klingen, wird die Erbschaftsverteilung vorgenommen. Der Bruder erhält die Frauen und Kleider des Toten, unter die Söhne wird alles andere Hab und Gut, also Geld, Äcker, Vieh usw. geteilt, und zwar tritt keinerlei Bevorzugung des Erstgeborenen ein, außer wenn es sich um den Antritt einer Reichs- oder Dorfherrschaft handelt. Ist ein König jung gestorben, so daß seine Nachkommen noch Kinder sind, so verwaltet der Bruder des Herrschers das "Reich" und alle privaten Besitztümer, bis die Kinder erwachsen sind. Sehr oft treten allerdings dann kleine Vergeßlichkeiten ein und es mag so kommen, daß die Herrschaft nicht wieder in die Königslinie zurückkehrt, sondern ein für alle Mal in dem Stamme des Erbschaftsverwalters bleibt. — Stirbt irgendein Mensch ohne alle Verwandtschaft im Dorfe und ohne daß jemand in der Nähe einen Verwandten kennt, so greifen die Alten sein Besitztum und geben es dem Dorfchef zur Verwaltung. Der Dorfchef muß das Gut drei Jahre lang verwalten und darf es selbst während dieser Zeit nicht nutznießen. Sollte sich in diesem Zeitraume kein Erbe melden, erst dann fällt es ihm als Besitz zu. Der Volksausdruck sagt: "Der Dugutigi darf das Erbe dann essen."



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III. Kapitel: Übertreibungen des Lebens

1. Übertreibungen

Sieben Jäger sahen sieben Elefanten in großer Entfernung, so weit, wie von Bamako bis Kati. Ein Jäger schoß einmal und schoß alle sieben auf einmal tot. Dann teilten sie die Tiere auf und jeder hatte so viel Fleischstücke, daß er sie nicht zu zählen vermochte. Sie konnten das Fleisch nicht heimtragen, bis einer der Jäger in seinem Pagne einen Karanga (Floh) fing, ihn tötete, ihm das Fell abzog, alles Fleisch in das Fell tat und es in diesem über die Schulter geworfenen Sack nach Hause trug.

2. Unwahrscheinlichkeiten

Drei Burschen gingen in den Busch, um Hirse zu ernten. Es regnete gerade. Der kleinste hatte einen Korb mit Hirse auf dem Kopf. Sein Fuß glitt weit aus, so weit wie von Bamako bis Kati. Im Fallen langte er aus einem Hause ein Messer, schnitt das am Wege stehende hohe Schilfgras, flocht daraus eine Matte und legte sie unter sich. Auf diese Weise wurden die kleinen Hirsekörner auf der Matte aufgefangen. Der Bursche stand auf, schüttelte die Hirse aus der Matte in seinen Korb und sagte: "Welche Arbeit hätte ich mit dem Sammeln der Hirsekörner gehabt, wenn ich nicht diese Matte gemacht und untergelegt hätte!"

Der größte der drei Burschen hatte in mehreren Körben 40 Hühner bei sich. Unterwegs ließ er sie zur Fütterung einmal frei aus den Körben laufen. Er streute Hirse weit hinaus, ließ sie picken und essen und schaute zu. Plötzlich kam ein Adler ganz nahe herbeigeflogen, um ein Huhn zu rauben. Der Bursche nahm alle 40 Hühner sogleich zusammen, verteilte sie in die Körbe, machte die Körbe zu und ergriff den just ankommenden Adler bei den Füßen. Dabei sagte er: "He! Du mußt mir nicht die Beine meiner Hühner zerbrechen!"

Der mittelste der drei Burschen war dann mit dem kleinsten auf der Jagd. Der kleinste legte einen Pfeil auf den Bogen und schoß ihn auf eine Antilope ab. Der zweite sprang gleichzeitig auf; er rannte zur Antilope; er fing die Antilope; er tötete sie; er zerlegte sie; er legte die Decke zum Trocknen in die Sonne; er steckte das Fleisch in seinen Schultersack. In diesem Augenblick kam der Pfeil angeflogen. Der Bursche fing den Pfeil mit der Hand neben sich auf und sagte: "He! Du mußt mir nicht meinen Schultersack verletzen."



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3. Jägerlegende

Ein Jäger (=ndonso-nke auf Bammana) tötete viele Tiere. Wenn er Tiere schoß, stieg er auf einen hohen Baum, auf eine Sebe (=borassus). Er hatte einen Sohn. Wenn der Jäger auf die Jagd gehen wollte, sagte er zu seinem Sohn: "Geh in den Wald und beschimpfe das Wild." Der Sohn ging nun in den Wald, beschimpfte ein Tier, und die Tiere versammelten sich, um sich zu besprechen. Der Jäger schoß dann einfach dazwischen und schoß so viele Tiere.

4. Übertreibung

Ich habe einen Mann gekannt, der hieß Kurminisang; der aß nichts als Steine. Er aß und aß Steine und wurde sehr stark. Er ging in den Busch und tötete sieben Elefanten. Er nahm einen Elefanten und trug ihn auf der Schulter in das Dorf. Er trug alle sieben Elefanten derart in das Dorf.

Es kam darauf ein ganz großer Vogel. Der Vogel ergriff Kuruminisang mit seinen sieben Elefanten und trug den ganzen Haufen in die Lüfte und in sein Dorf. Das sah ein Freund Kuruminisangs. Er überfiel den Vogel. Er schlug dem Vogel den Kopf ab. Der Kopf flog aber wieder zum Vogel zurück, und er war wie vorher. So ging es mehrmals.

Da sang ein kleines Vögelchen im Busch: "Es gibt hier nur eine Möglichkeit des Gelingens. Du mußt den Kopf, sowie du ihn abgeschlagen hast, sogleich begraben." Der Mann machte es so. Seitdem das geschehen ist, hat man begonnen, die Menschen zu begraben. Vorher hat man das nicht getan.

5. Übertreibung

Im Anfange gab es nur alte Ziegen. Noch nie hatte eine Ziege geboren. Es war aber ein Land mit Namen "Meinen", in dem lebte ein einziger junger, geiler Ziegenbock. Der Ziegenbock war mit einer Schnur an der Türe des Hauses festgebunden.

Die Ziegen machten sich auf den Weg, um dem Ziegenböcklein einen Besuch abzustatten. Die Ziegen kamen in die Stadt des Böckleins. Als die Ziegen ankamen, wurde der Bock am Strick in die Hütte hereingezogen. Das Böcklein streckte aber seinen Kopf zur Türe heraus. Es meckerte. Die Ziegen standen rings herum und meckerten. Das Böcklein meckerte so, daß die Ziegen sogleich schwanger wurden. Die Ziegen meckerten das Böcklein meckerte.



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Die Jungen in den Ziegenleibern mehrten sich. Hätte man nicht zuletzt das Böcklein ganz hereingezogen in die Hütte, so wären die Ziegenleiber geplatzt - derart mehrten sich die Jungen.

6. Übertreibung

Ich habe eine Frau gesehen, die war die Tochter eines Fama. Man konnte sie nicht beschneiden, denn ihre Biekisse (Klitoris) war so lang, daß sie von Bamako bis Kulikorro reichte. Es wurden 120 Frauen der Numu herbeigerufen, um die Biekisse zu beschneiden. Aber die 120 Frauen vermochten es nicht. Hierauf wurden 120 Numu herbeigerufen, von denen jeder ein schweres Beil zum Abschlagen mitbrachte. Aber auch diese vermochten es nicht. Aber Kulle Koke, der Schmied, brachte es dann fertig.

7. Ehebedingung

Ich habe eine Frau gesehen, die war richtig verheiratet. Der Ehemann hatte seine Frau nur einmal beschlafen, da war sie schon schwanger. Noch in derselben Nacht gebar sie ihr Kind. Es war eine Tochter. Das Mädchen war sehr schön. Alle Leute kamen, um die Tochter zu werben. Der Vater des Mädchens sagte aber: "Wer meine Tochter heiraten will, der muß ein Haus vollscheißen." Es war das sein letztes Wort.

8. Übertreibung

Ich habe eine Frau gesehen, die war ioo Jahre lang schwanger. Sie konnte nicht gebären, bis ihr Sohn einen langen Bart (im Mutterleib) hatte.

Der Junge ging im Leib der Mutter umher, er aß, er wuchs heran. Dann hat man ihn im Mutterleibe beschnitten. Aber die Mutter konnte ihn nicht gebären.

Der Junge sagte im Mutterleibe: "Morgen früh will ich die Köpfe aller alten Frauen im Dorfe abschlagen." Am anderen Morgen ward der Junge geboren. Er brachte einen Säbel mit zur Welt, und damit schlug er allen alten Frauen des Landes die Köpfe ab.

9. Übertreibung

Im Anfange gab es nur eine einzige Frau; die ward schwanger. Als diese Frau Marima nachher gebar, da war das am Morgen und das Kind war ein Sohn.



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Damals gab es außer der Frau nur einen Sohn, der war weit fort und in Segu. Er kam von Segu herüber nach Bamako und sagte zu der Frau: "Ich will dich heiraten." Der Bursche kam aber nicht selbst, sondern er sandte seinen Kajakalli (Geschlechtsteile). Der Mann blieb in Segu und sein Kajakalli sagte in Bamako: "Ich will dich heiraten."

Frau Marima blieb am Platze (in Bamako). Sie sandte aber eine Antwort. Sie sandte ihre Leibperlenschnur zum Burschen. Die Perlenschnur sang unterwegs:

"Ne (ich) tjeje (mein Mann) nkilli (ruft) la: ojo ko ojaka" (ein Gesang)."

10. Übertreibung

Ich kannte ein Mädchen, das nicht aß wie die anderen Leute. Das Mädchen aß, um das Leben zu erhalten, nur Baumblätter. Wenn sie die Baumblätter aß, so begannen die Blätter im Munde zu sprechen, zu trommeln, Flöte und Horn zu blasen und zu klappern.

11. Ehebedingung

Ein Mann heiratete eine Frau. Sie hatten eine Tochter, die war sehr hübsch. Es bewarben sich viele Leute um sie. Der Mann hatte einen großen Affenbrotbaum (=sire), der hing voller Früchte. Die Tochter hatte ein großes Feld mit Hirse (fini n' forro = Hirsefeld; fini = Hirse; forro =Feld) und ein großes Feld mit Tiga (Erdnüssen) bestellt. Alle Freier kamen. Der Vater sagte: "Nur der erhält meine Tochter, der an einem Tage alle Früchte des Affenbrotbaumes und die beiden Felder mit Hirse und mit Erdnüssen aberntet. Nur der erhält meine Tochter, der das alles an einem Tage zu verrichten imstande ist."

Keiner konnte es, bis auf einen kleinen Knaben. Er erntete die Früchte des Affenbrotbaumes, die Hirse und die Erdnüsse an einem Tage. Der Knabe war sehr dürr. Man gab ihm das Mädchen zur Frau.

12. Der Flötenmann

Ein Mädchen wollte niemand heiraten. Das hörte ein Mann, der das Mädchen arg leiden mochte. Da verwandelte er sich in eine (Flöte) und legte sich in dieser Gestalt vor die Haustüre des Mädchens. Das Mädchen fand die Flöte, nahm sie auf, lief zur Mutter und zeigte sie ihr. Die Mutter sagte: "Du hast eine hübsche Flöte



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gefunden. Niemand hat wohl eine so hübsche Flöte im Dorfe wie du." Das Mädchen nahm die Flöte auf und mit in ihr Haus. Sie steckte sie in die Wand.

Abends badete sich das Mädchen. Da begann die Flöte zu sprechen und sagte: "Ich möchte mich auch baden." Das Mädchen sprang auf, aus dem Hause, zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ich möchte mich auch baden.' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß sie nur. Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen legte sich auf seine Tara (Bett). Die Flöte in der Wand sagte: "Ach, ich möchte mich auch auf die Tara legen!" Das Mädchen sprang auf, aus seinem Hause und zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ach, ich möchte mich auch auf die Tara legen!' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß gut sein! Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe. Lege sie nur ruhig auf deine Tara." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen nahm die Flöte von der Wand, legte sich auf die Tara und die Flöte neben sich. Die Flöte sagte: "Ach, ich möchte zwischen deinen Brüsten (= toto) liegen!" Das Mädchen sprang auf, aus dem Hause, zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ach, ich möchte zwischen deinen Brüsten liegen!' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß gut sein! Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe; lege sie ruhig zwischen deine Brüste." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen legte sich auf die Tara, sie nahm die Flöte und legte sie auf den Busen zwischen die Brüste. Da ward aus der Flöte ein großer, kräftiger Mann mit einem mächtigen Fosso, den steckte er in die Bie des Mädchens und beschlief es dann. — Am anderen Morgen ging das Mädchen zu seiner Mutter und sagte: "Nun bin ich doch verheiratet, denn die Flöte war natürlich doch ein Mann. Aber es ist gut so." Da sagte die Mutter: "Siehst du!"

13. Der Mann mit dem großen Kaja

Ein Mann mit Namen Dennje hatte einen riesengroßen Kaja (Hoden). Der Kaja war so groß wie er selber. Der Kaja aß selbständig. Der Kaja trug den Dennje selbständig in den Busch und dann wieder heim.



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Eines Tages traf Dennje Sonsanni. Sonsanni sagte: "Dennje, sage mir, hast du denn gar keine Angst? Dein Kaja könnte dich doch einmal gründlich beißen! Mir sieht die Sache fast gefährlich aus. Ich würde den Kaja ernstlich überwachen. Es ist doch ein recht großer und gefährlicher Kaja!" Dennje sah seinen Kaja bedenklich an. Dennje bekam Angst. Dennje begann vor seinem Kaja fortzulaufen. Der Kaja kam mit: "Gilligilli bollai, gilligilli boilai, gilligilli bollai!" hinterher. Dennje erschrak bei dem starken Geräusch und rannte von dannen. Sonsanni rief Dennje nach: "Wenn er dir wirklich etwas tun will, komm nur zu mir." Dennje rannte von dannen.

Dennje rannte von dannen. Der Kaja rannte "gilligilli bollai, gilligilli bollai" hinter ihm her. Er sagte: "Sonsanni hat mir gesagt, wenn er dir wirklich etwas tun will, komm nur zu mir!" Dennje rannte zu Sonsanni. Sonsanni sagte: "Was hast du denn?" Dennje sagte: "Mein Kaja verfolgt mich und will mich beißen." Sonsanni sagte: "Verstecke dich nur hier; ich will dich beschützen." Nach einiger Zeit kam er: "Gilligilli bollai, gilligilli bollai, gilligilli bollai!" Sonsanni sagte: "Was ist das?" Dennje sagte: "Das ist mein Kaja!" Sonsanni sagte: "Das ist ja fürchterlich! Lauf fort!" Sonsanni lief fort, Dennje lief fort.

Dennje rannte von dannen. Er kam zu Uarrani (Fuchs). Uarrani fragte: "Was hast du denn?" Dennje sagte: "Mein Kaja verfolgt mich und will mich beißen." Uarrani sagte: "Verstecke dich nur hier, ich will dich schützen!" Nach einiger Zeit kam er: "Gilligilli bollai, gilligilli bollai, gilligilli bollai!" Uarrani sagte: "Was ist das?" Dennje sagte: "Das ist mein Kaja." Uarrani sagte: "Das ist ja fürchterlich! Lauf fort!" Uarrani lief fort, Dennje lief fort.

Dennje rannte von dannen. Er kam zu Saradigi (Schafbock). Saradigi fragte: "Was hast du denn?" Dennje sagte: "Mein Kaja verfolgt mich und will mich beißen. Sonsanni ist auch vor ihm fortgelaufen; Uarrani ist auch fortgelaufen." Saradigi sagte: "Ach, ich weiß, was große Kaja sind. Verstecke dich nur!"Dennje versteckte sich. Der Kaja kam an: "Gilligilli bollai, gilligilli bollai, gilligilli bollai!" Saradigi senkte den Kopf. Als der Kaja ganz dicht dabei war, senkte er den Kopf, durchbohrte Kaja mit seinen großen Hörnern und schleuderte ihn in die Luft. Der Kaja platzte, und aus dem Wasser, das darin war und das den großen Radau beim Laufen gemacht hatte, entstand ein großer Strom.



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14. Unwahrscheinlichkeiten

Zwei Burschen wurden von ihren Vätern verjagt, weil sie zuviel aßen. Der eine Vater jagte seinen Sohn fort und gab ihm in einem Korbe das Fleisch von einem Ochsen als Wegzehrung mit. Der andere Vater jagte seinen Sohn fort und gab ihm einen großen Korb mit kleinen Erdnüssen (= tiga nenkurru) mit. Am Stadtende trafen sich beide und beschlossen zusammen zu gehen.

Sie kamen zum Tore heraus. Da stand ein großer Sira (Baobab). Der mit dem Fleisch sagte: "Ich werde rechts herumgehen, geh du links; drüben treffen wir uns." Der mit den Erdnüssen sagte: "Es ist gut." Jeder ging in langsamen Schritten, aber ohne anzuhalten, um den Baum herum und aß von den Lebensmitteln, die einem jeden sein Vater mitgegeben hatte, der eine von seinem Ochsenfleisch, der andere von seinen Erdnüssen.

Sie gingen nur um den Boabab herum, aßen während des Gehens und trafen auf der anderen Seite wieder zusammen. Aber als sie wieder zusammen kamen, hatte der eine das Fleisch von einem ganzen Ochsen und der andere eine große Korbladung kleiner Erdnüsse aufgegessen und hatte schon wieder ein Stückchen auf der Flöte zu blasen begonnen.

15. Die Vertriebenen

Drei Burschen waren zusammen auf der Wanderschaft. Des einen Bart war so lang, daß, wenn er über den Fluß setzte, alle Fische aufsprangen und aus dem Wasser schnellten, um ihn zu sehen. Der Bursche hieß Bunsiba. Der zweite Bursche hieß Nsegakolonsi. Wenn er auftrat, entstand im Boden ein Loch wie ein Brunnen, aus dem Wasser aufsprang. Der dritte Bursche hieß Sirabonjintereke. Er nahm, um sich die Zähne zu putzen, die größten Bäume aus dem Boden, schnitzte die Zweige ab und benützte die übrigbleibenden Stämme als Zahnbürste.

Als Bunsiba von seinem Vater weggejagt wurde, hatte der ihm einen Sack mit Hirsemehl für die Bereitung des Kuskus mitgegeben. Nsegakolonsi war auch von seinem Vater herausgeworfen worden und hatte einen Sack mit Tiga (Erdnüssen) auf den Weg mitbekommen. Sirabonjintereke hatte, als er von seinem Vater verjagt wurde, einen Sack mit Tiga nenkurru (ganz kleine, harte Erdnüsse) erhalten. Der Vater hatte zu ihm gesagt: "Diese harten Tiga nenkurru sind für deine Zähne gerade recht."



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Die drei Burschen machten unter einem großen Baume halt. Sie begannen zu essen. Sie verzehrten erst den Kuskus, dann die Tiga. Als sie damit fertig waren, blieben die Tiga nenkurru übrig. Diese aßen sie nun, Stück für Stück. Sie nahmen der Reihe nach immer jeder eine Erdnuß. Zuletzt blieb eine einzige Nuß übrig. Die drei Burschen begannen wegen der Nuß zu streiten. Sie stritten hin und her.

Zuletzt kam ein Reiter vorbei. Er hörte den Streit. Er stieg ab. Er nahm sein Messer und teilte die Nuß in drei gleiche Teile. Er verletzte mit dem Messer aber den Sirabonjintereke.

16. Die Vertriebenen

Ein Bursche wurde von seinem Vater vertrieben, weil er soviel aß. Der Vater gab ihm einen Korb Bohnen mit. Der Bursche ging hinaus und weinte. Ein anderer Bursche wurde auch von seinem Vater vertrieben, weil er soviel aß. Der Vater gab ihm einen Korb Bohnen mit. Der Bursche ging hinaus und weinte. Ein anderer Bursche wurde von seinem Vater vertrieben, weil er soviel aß. Der Vater gab ihm einen Korb Bohnen mit. Der Bursche ging hinaus und weinte. Auf der Straße trafen sich die drei Burschen. Der eine fragte den anderen, weshalb er weine. Sie sagten: "Wir haben dasselbe Schicksal, wir haben die gleiche Menge Bohnen. Wir wollen zusammen wandern und die Bohnen zusammenwerfen." Sie taten so.

Sie kamen sehr bald an einen Busch und begannen die Sasso (Bohnen) zu kochen. Als sie gekocht hatten, begannen sie zu essen. Der eine griff mit der Hand hinein, um gleich einen ganzen Haufen zum Munde zu führen. Die anderen sagten: "Du wirst zuviel essen." Der Junge sagte: "Ich werde doch nicht die Nägel dazu nehmen!" Dann einigten sie sich dahin, daß jeder eine Bohne nach der anderen nahm, immer abwechselnd untereinander. Bald waren alle Bohnen bis auf eine einzige gegessen. Da sie gezählt und immer abwechselnd genommen hatten, wußten sie, daß jeder soviel zu sich genommen hatte wie der andere. Sie waren sehr traurig, denn sie wußten nun nicht, was sie mit der letzten einen Bohne machen sollten. Der erste sagte: "Was sollen wir da machen?" Der zweite sagte: "Was sollen wir da machen?" Der dritte sagte: "Was sollen wir da machen?" Sie sagten: "Wenn einer die Bohne bekommt, dann werden die anderen traurig sein."



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Es kam ein Jäger des Weges. Der sah die Burschen in ihrer Traurigkeit. Er fragte: "Was habt ihr?" Die Burschen sagten: "Wir aßen unsere Bohnen. Jeder nahm immer eine. Nun blieb eine übrig. Wenn wir die einem einzigen geben, so werden die anderen traurig sein." Der Jäger sagte: "Das ist sehr einfach." Er nahm sein Messer hervor und schnitt die Bohne in drei Teile. Dann wollte er das Messer an der Zunge abwischen. Er strich darüber, aber schnitt sich dabei die Zunge ab.

17. Unwahrscheinlichkeiten

Drei Burschen besuchten jeden Abend mit ihren Mädchen die andere Seite des Flusses. Einmal war der Fluß ganz wasserleer. Sie gingen trockenen Fußes hinüber. Sie kamen gegen Mitternacht zurück. Da war das Bett voller Wasser. Sie konnten so nicht hinüber.

Da nahm der erste ein kleines Stückchen Holz auf. Er stellte sich mit seiner Braut darauf und schwamm so hinüber. Der zweite zog seine Geldbörse heraus, tat alles Wasser hinein und ging mit seiner Braut hinüber. Der dritte nahm sein Messer, schnitt das Wasser auseinander, so daß es rechts und links stand und ging mit seinem Mädchen auf die andere Seite.

18. Unwahrscheinlichkeiten

Vier Burschen gingen zusammen auf die Wanderschaft. Der eine war von seinem Vater fortgejagt, weil er so rote Augen hatte. Der zweite sah sehr weit. Der dritte traf erstaunlich weit. Der vierte lief außerordentlich schnell. Sie gingen zusammen. Der eine sagte: "Ich sehe jenseits des Berges sieben Elefanten." Der zweite sagte: "Ich schieße die sieben Elefanten." Er tat es. Der dritte sagte: "Da ist viel Fleisch, aber es muß herbeigebracht werden. Ich werde es holen." Er lief hin und brachte sogleich alles Fleisch herbei. Der vierte sagte: "Jetzt ist das viele Fleisch hier, aber es muß gekocht werden. Es ist noch ganz roh. Ich werde es zubereiten." Der vierte sah darauf mit seinen roten Augen so lange und scharf auf das Fleisch, daß es geröstet ward und an einer Seite fast anbrannte.

Darauf aßen die vier Burschen alle sieben Elefanten hintereinanderweg auf und verschwanden dann.



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19. Unwahrscheinlichkeiten

Drei Burschen gingen zusammen. Der eine sah sehr gut. Der zweite schoß sehr gut. Der dritte war sehr stark. Der scharfsichtige sah gen Himmel und bemerkte da oben ein Pferd, das war über den Wolken mit einer ganz dünnen Schnur angebunden. Der zweite legte einen Pfeil auf und schoß nach der Schnur. Er schoß die Schnur durch. Der dritte breitete die Arme aus und fing das Pferd mit den Armen auf. Er sagte dabei: "Damit sich unser Pferdchen nicht die Beine bricht!" Darauf setzten sich alle drei auf das Pferd und ritten von dannen.

20. Unwahrscheinlichkeiten

Drei Leute waren zusammen auf der Wanderschaft. Sie hatten sieben Kamele beladen mit kleiner Hirse. Beim Übersetzen über einen Strom fiel ein Korn ins Wasser. Der eine hörte sehr gut. Er hörte das Korn fallen. Der zweite tauchte sehr gut, er sprang ins Wasser und holte es wieder empor. Der dritte zählte sehr gut, und ehe der zweite noch aus dem Wasser wieder emporgekommen war, hatte er durch Nachzahlen der sämtlichen sieben Kamellasten festgestellt, daß in der Tat nur dies eine Korn fehlte.

Nachdem sie so durch Auffinden des verlorenen Kornes ihre Ladung wieder ergänzt hatten, zogen sie weiter.

21. Unwahrscheinlichkeiten

Drei Burschen waren gemeinsam auf der Wanderschaft. Der eine war von seinem Vater verjagt worden, weil er so gut hörte. Der zweite war von seinem Vater verjagt worden, weil er so gut zählen konnte. Der dritte war von seinem Vater verjagt worden, weil er so gut sah.

Die drei Burschen hatten Säcke mit Hirse bei sich. Sie setzten über einen Fluß. Sie luden die Hirse auf ein Boot. Als sie auf der Mitte des Wassers waren, sagte der, der so gut hörte: "Eben ist ein Hirsekorn ins Wasser gefallen; ich habe es genau gehört." Der, der so gut sah, sagte: "Das werde ich sogleich suchen" und sprang ins Wasser. Der dritte sagte: "Ich werde nachzahlen, ob es wahr ist." Der dritte begann zu zählen und war alsbald fertig. Er sagte: "Es ist richtig, es fehlt ein Korn." In demselben Augenblick kam aber auch der zweite aus dem Wasser und sagte: "Hier ist es."



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22. Der starke Bube

Kassa Kena Ganina (ein lustiger Bursche) sagte: "Ich bin ein starker Junge, es gibt unter den Lebenden keinen Menschen, der mir gleichkommt." Er hatte zwei Kameraden: In Ba Farra und Kongo Li Ba Jelema. Kassa Kena Gananina hatte eine Eisenstange. Eines Tages ging er mit der Eisenstange in den Busch und schlug damit 20 große Antilopen mit einem Streiche tot. Er sagte zu seinen beiden Kameraden: "Wer geht nun in den Wald, um Feuerholz zu holen." Sie fürchteten sich beide, allein zu gehen. Darauf sagte er: "In Ba Farra mag hier zurückbleiben und das Fleisch bewachen. Ich werde mit Kongo Li Ba Jelema hingehen und Feuerholz holen." Er ging mit dem Kameraden fort.

Als die anderen beiden weggegangen waren und In Ba Farra allein war, kam ein großer Vogel, ein großer Konoba (Weihe), herangeflogen und sagte: "Was soll ich nehmen, dich oder das Fleisch?" In Ba Farra sagte: "Dann nimm lieber das Fleisch!" Der Konoba nahm das Fleisch und flog damit von dannen. — Die beiden Kameraden kamen zurück. In Ba Farra sagte: "Als ihr gegangen waret, kam ein großer Konoba und fragte: ,Was soll ich nehmen, dich oder das Fleisch?' Ich sagte: ,Dann nimm lieber das Fleisch.' Der Konoba nahm das Fleisch und flog damit von dannen." Kassa Kena Gananina sagte: "Da hättest du sagen müssen: Nimm lieber mich."

Am anderen Tage ging Kassa Kena Gananina mit In Ba Farra in den Wald, um Feuerholz zu holen, und Kongo Li Ba Jelema blieb allein zurück, um das Fleisch zu beaufsichtigen. Als die anderen beiden fortgegangen waren, kam ein großer Vogel, ein Konoba, herabgeflogen und sagte: "Was soll ich nehmen, dich oder das Fleisch?" Kongo Li Ba Jelema sagte: "Dann nimm lieber das Fleisch." Der Konoba nahm das Fleisch und flog damit von dannen. Die beiden Kameraden kamen zurück. Kongo Li Ba Jelema sagte: "Als ihr gegangen wart, kam ein großer Konoba und fragte: ,Was soll ich nehmen, dich oder das Fleisch?' Ich sagte: ,Dann nimm lieber das Fleisch.' Der Konoba nahm das Fleisch und flog damit von dannen." Kassa Kena Gananina sagte: "Da hättest du wenigstens sagen sollen: Dann nimm lieber mich! Nun, morgen werde ich das Fleisch beaufsichtigen."

Am anderen Tage gingen In Ba Farra und Kongo Li Ba Jelema in den Wald, um Feuerholz zu holen, und Kassa Kena Gananina



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blieb allein zurück, um das Fleisch zu bewachen. Als die anderen beiden fortgegangen waren, kam ein großer Konoba herangeflogen und sagte: "Was soll ich nehmen, dich oder das Fleisch?" Kassa Kena Gananina sagte: "Nichts sollst du nehmen, weder mich noch das Fleisch!" Er ergriff seine große schwere Eisenstange und warf sie nach dem Vogel, so daß er tot zur Seite niederfiel.

Eine Feder löste sich aber aus dem Gefieder des Konoba los und fiel Kassa Kena Gananina in den Rücken. Die war so schwer, daß der Bursche hinstürzte und, da die Feder auf ihm liegenblieb, sich auch nicht aufzurichten vermochte. Eine Frau, die ein kleines Kind auf dem Rücken trug, kam vorbei. Der Bursche sagte: "Rufe meine Kameraden aus dem Walde, damit sie die Feder von mir nehmen." Die Frau ging hin und rief die Burschen aus dem Walde herbei. Die beiden versuchten es, die Feder hochzuheben, aber sie vermochten es nicht. Die Feder war für die zwei starken Jungen zu schwer.

Da beugte sich die Frau vor und blies die Feder mit dem Munde fort. Dann nahm sie den toten Vogel auf, gab ihn dem Kinde, das sie auf dem Rücken trug, zum Spielen und ging behaglich mit Kind und Vogel von dannen.

23. Tauschen

Eine alte Frau (Mussu Koroni) hatte einen Sohn. Der Sohn hatte zwei Söhne, welche kleine Buben waren. Der Sohn starb und ließ der alten Frau die beiden Enkelkinder zurück. Die alte Frau sorgte für die Kinder. Eines Tages fand sie im Busch zwei kleine Vögelchen. Sie nahm sie mit nach Hause und gab jedem Kind ein Vögelchen zum Spielen. Das eine Kind nahm das Vögelchen sogleich, warf es ins Feuer und aß es, als es geröstet war, auf.

Der andere Knabe nahm sein Vögelchen und ging damit zum Numu. Er gab das Vögelchen dem Numu. Der Numu briet es und aß es. Dann begann der Knabe zu weinen und sagte: "Du hast mein Vögelchen gegessen." Um ihn zu beruhigen, gab der Schmied ihm ein Messer.

Der Knabe ging mit seinem Messer von dannen und kam zu Leuten, die brachen mit den Händen Bambus. Der Knabe sagte: "Warum brecht ihr den Bambus mit den Händen? Hier nehmt mein Messer!" Die Leute nahmen das Messer und arbeiteten damit. Nach einiger Zeit zerbrach das Messer. Da begann der Knabe zu



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weinen und sagte: "Ihr habt mein Messer zerbrochen." Um ihn zu beruhigen, gaben ihm die Leute einen Korb, den sie aus Bambusstreifen geflochten hatten.

Der Knabe ging mit dem Bambuskorb von dannen. Er kam an einer Frau vorbei, die sammelte Schifrüchte (=segusila) und trug sie in ihrem geschürzten Kleide heim. Der Knabe sagte zu der Frau: "Weshalb trägst du das in deinem Kleide? Hier nimm meinen Korb" (=sagi). Die Frau legte die Schifrüchte in den Sagi und trug sie zum Dorf. Sie holte mehrmals Schifrüchte. Dann zerbrach der Korb an einer Stelle und bekam ein Loch. Da begann der Knabe zu weinen und sagte: "Jetzt hast du meinen Korb zerbrochen." Um den Knaben zu beruhigen, gab die Frau ihm einen Schikuchen.

Der Knabe ging mit seinem Schikuchen von dannen und kam an einem Baum vorbei, der hatte einen sehr dürren und trockenen Stamm. Der Knabe sagte: "Gott hat dich ganz dürr und trocken gemacht, da will ich dir etwas von meiner Schibutter abgeben. Er begann den Stamm mit der Schi einzureiben. Zuletzt war die Schi verbraucht. Da begann der Knabe zu weinen und sagte: "Nun hast du meine Schi verbraucht." Um den Knaben zu beruhigen, warf der Baum ein ordentliches Stück trockenen Holzes herunter.

Der Knabe ging mit seinem Holz von dannen und kam an einer Genossenschaft von Diula vorbei. Die Diula saßen mit übergeschlagenen Armen da und froren, denn es war kalt, und sie hatten kein Feuer. Der Knabe gab ihnen das Holz hin und sagte: "Nehmt es. Macht euch ein Feuer, damit ihr nicht so friert." Die Diula nahmen das Holz, machten ein Feuer und erwärmten sich. Nachher war aber das Feuer heruntergebrannt und das Holz verbraucht. Da begann der Knabe zu weinen und sagte: "Ihr habt mein Holz verbraucht." Um den Knaben zu beruhigen, gaben die Diula ihm einige Handvoll Salz.

Der Knabe nahm sein Salz und ging damit von dannen. Nach einiger Zeit kam er an einen Fluß, und da er Durst hatte, schöpfte er daraus und trank. "Er sagte: Oh, du bist so ein großer Fluß und dein Wasser schmeckt nicht ein wenig nach Salz. Ich werde dir mein Salz geben." Der Knabe warf sein Salz in das Wasser. Das Wasser nahm das Salz und führte es von dannen. Da weinte der Knabe und sagte: "Ach, du hast mein Salz fortgenommen. Nun habe ich kein Salz mehr." Das Wasser führte ihm, um ihn zu beruhigen, einen großen Fisch zu.



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Der Knabe nahm den Fisch und ging von dannen. Nach einiger Zeit kam er an einem König vorbei, der haschte nach Torri (wahrscheinlich Taschenkrebse). Sie liefen aber immer schnell fort. Der Knabe gab ihm seinen Fisch und sagte: "Du mußt ihnen etwas hinhalten, sonst halten sie nicht an." Der König nahm den Fisch, warf den Torri Brocken davon hin, fing sie und hatte so ein großes Vergnügen. Endlich war der Fisch zerrissen und ganz verbraucht. Da fing der Knabe an zu weinen und sagte: "Du hast meinen Fisch verbraucht. Nun habe ich keinen Fisch mehr." Um den Knaben zu beruhigen, gab ihm der König Sklaven, Ochsen, Gold usw.

Der Knabe ging mit seinen Schätzen von dannen und kam nach Hause. Die Großmutter fragte: "Wie bist du zu alledem gekommen?" Der Knabe sagte: "Das hat mir alles mein Vögelchen verdient. Du hast damals meinem Bruder ein Vögelchen geschenkt und mir ein Vögelchen geschenkt. Mein Bruder hat sein Vögelchen gegessen. Mein Vögelchen hat mir viel verdient." Da sagte die Großmutter zu dem anderen Knaben: "Du weißt nichts mit deinen Sachen anzufangen. Dein Bruder aber ist verständig."

24. Die Dummköpfe

Drei Kameraden waren zusammen auf der Wanderschaft. Sie waren alle drei von ihren Vätern verjagt, weil sie Dummköpfe waren. Sie gingen zusammen in den Busch. Sie kamen zu einem Dorf und baten dessen Chef, er möchte ihnen Arbeit geben. Der Chef fragte: "Weshalb lauft ihr herum?" Die Burschen sagten: "Weil unsere Väter uns verjagt haben." Der Chef fragte: "Weshalb haben euch eure Väter verjagt?" Die Burschen sagten: "Weil wir Dummköpfe seien." Der Chef sagte: "Ich werde euch morgen Arbeit geben, und dann werde ich sehen, ob ihr Dummköpfe seid."

Am anderen Tage erhielten die drei Burschen Arbeit. Der eine sollte hingehen und Fische fangen. Der zweite sollte hingehen und im Walde Schnur drehen. Der dritte sollte hingehen und Früchte vom Affenbrotbaum sammeln.

Der erste ging hin und fing vom Morgen bis zum Abend Fische. Als er aber heimkam, hatte er vor Eifer vergessen zu trinken, und er kam fast um vor Durst. Der zweite drehte Schnüre vom Morgen bis zum Abend. Als er einen großen Haufen beieinander hatte, sah er sich aber vergebens nach etwas um, womit er die Schnüre zusammenbinden konnte. Der dritte legte sein Hackmesser auf die



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Erde, lehnte sich an einen Baum und sagte: "Jetzt bin ich gespannt, wie mein Hackmesser die Arbeit verrichten wird."

Als der Chef das hörte, jagte er alle drei Burschen fort und sagte: "Es ist wahr, ihr seid wirklich Dummköpfe."

25. Hamadi Uoloni

Ein alter Mann nahm eine Kuh mit, ging auf die Wanderschaft und sagte: "Ich möchte doch wissen, wer schlauer ist als ich; dem will ich diese Kuh schenken." Er kam bald an ein Dorf und sagte: "Gebt mir Wasser für meine Pfeife (zum Rauchen) und Feuer zum Trinken." Die Leute verstanden ihn nicht und sagten: "Das sind eigenartige Worte. Wo kommst du her ?" Der alte Mann sagte: "Ich bin gestern mit einer Sonne (statt Kriegsschar) zusammengekommen um die Zeit, als der Kriegszug (statt Sonne) auf der Mittaghöhe stand." Darauf sagten die Leute: "Geh weiter, es wird niemand mit deiner Art zu tun haben wollen. Wir verstehen dich nicht."

Der Alte ging weiter. Er kam in manches Dorf und sagte überall: "Djennigo, dinnigo henni tle!" (Bammanaworte, heißt: Knaben, Mädchen, guten Tag!). Einmal kam er an einen Banianenbaum vor dem Dorfe, da spielten die Knaben Mpere (mit Eisenpflöcken). Unter den Knaben war Hamadi Uoloni, der so schlau war wie ein Rebhuhn. Zu dem kam der Alte und sagte: "Geh, hole mir Wasser zum Rauchen." Der Bursche sagte: "Gern; du aber trag' mir den Mpere-Spielplatz aus der Sonne in den Schatten."

Der Knabe ging. Es währte lange, bis er wiederkehrte. Als er mit dem Wasser kam, sagte der Alte: "Du hast lange gebraucht." Der Bursche sagte: "Ja, das Wasser meiner Mutter, der Topf meiner Mutter hatten die Regel. Da mußte ich warten, bis das vorüber war." Der Alte sagte: "Hole mir Feuer zum Trinken." Der Knabe ging. Er blieb lange fort. Als er wiederkam, schalt der Alte. Der Knabe sagte: "Was willst du, ich mußte das alte Feuer vom neuen scheiden. Der Alte fragte: "Ist deine Mutter daheim?" Der Bursche sagte: "Nein, meine Mutter ist nicht da, sie vertritt Gott." Der Alte fragte: "Wo ist deine ältere Schwester?" Der Knabe sagte: "Meine ältere Schwester schlägt sich gerade mit zwei Männern." Der Alte sagte: "Wo ist dein älterer Bruder?" Der Knabe sagte: "Mein älterer Bruder verrichtet einmal eine ordentliche Arbeit. — Aber mein guter Alter, du fragst und forderst viel und doch hast du meinen



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Mpere-Spielplatz nicht aus der Sonne in den Schatten gerückt." Da gab der Alte dem Knaben die junge Kuh, die noch nie geworfen hatte, und sagte: "Nimm sie; du bist klüger als ich. Ich habe von dem, was du sagtest, nur Worte verstanden, sonst nichts. Nun erkläre mir die Worte."

Der Knabe sagte: "Allerdings bist du nicht so klug wie ich, deshalb nehme ich die Kuh gern an. — Du brauchtest z. B. nicht den ganzen Mpere-Platz aus der Sonne in den Schatten zu tragen, sondern es hätte genügt, ein neues Loch im Schatten für unser Mpere-Spiel zu graben. — Ich sagte, das Wasser und der Topf meiner Mutter hätten die Regel; d. h. die Sklaven hatten gerade Wasser geschöpft und das Wasser war noch undurchsichtig. Ich mußte warten, bis der Schmutz sich setzte. — Ich sagte, ich hätte das alte Feuer von neuem scheiden müssen; d. h. als ich dahin kam, war das Feuer fast ausgegangen. Ich mußte es anblasen. Da flog die glühende Asche, das alte Feuer, davon und das neue hineingelegte Holz entzündete sich. — Ich sagte, meine Mutter verträte Gott. Meine Mutter ist die älteste Frau im Dorfe. Man hatte sie zu einer Entbindung gerufen. Gelingt die Entbindung, so sagt man: Gott hat für einen guten Ausgang der Sache gesorgt. Mißlingt die Geburt, so sagt man, Gott habe es nicht anders gewollt. Wenn meine Mutter nun dafür sorgt, daß ein schwieriger Fall doch noch gut abläuft, so vertritt sie Gott. — Ich sagte, meine Schwester schlägt sich mit zwei Männern. Das kommt so: zwei große Chefs wollen meine Schwester zur Frau haben. Nun kämpfen sie miteinander. Mein älterer Bruder verrichtet ein Werk, das gut ist; d. h. er sucht die beiden Männer miteinander zu versöhnen, und das ist ein gutes Werk. Du siehst, mein armer Alter, ich habe nicht gerade Dummheiten gesagt."

Der Alte sagte: "Nein, du hast die Kuh in Wirklichkeit verdient." Hamadi Uoloni nahm die junge Kuh, die noch nie geboren hatte, und brachte sie zu seinem Onkel, der hatte nur einen einzigen Stier, aber keine Kuh. Er sagte zum Onkel: "Bewahre mir meine Kuh auf!" Der Onkel sagte: "Sehr gern." Der Knabe sagte nichts zu seinen Eltern; er sprach an zehn Jahren nicht davon. Dann sagte er eines Tages zu seinem Vater: "Wir wollen eine Hürde bauen." Der Vater sagte: "Wozu das? Wir haben doch keine Herde. Wir haben weder Kuh noch Stier!" Der Knabe sagte: "Bauen wir nur die Hürde. Nachher gehen wir dann zu meinem Onkel."

Inzwischen hatten sich die Kühe stark vermehrt. Es war eine



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Herde daraus geworden. Hamadi Uoloni ging mit seinem Vater zu seinem Onkel und sagte: "Mein Onkel, nun gib mir die Herde, die aus meiner Kuh geworden ist." Der Onkel sagte: "Aber Junge, die Herde ist doch nicht von deiner Kuh, sondern von meinem Stier geboren worden. Sie gehört also mir!" Der Knabe sagte: "Gut, wie du meinst. Dein Urteil soll das selbst entscheiden. Jetzt brauchen wir nicht weiter darüber zu reden."

Der Knabe machte sich mit seinem Vater auf den Heimweg. Sie kamen an einen Sumpf. Der Vater sagte: "Ich will dich hinübertragen." Er nahm den Jungen auf die Schulter und trug ihn über das Wasser hin. Plötzlich sagte der Junge: "Laß mich absteigen, mein Vater, mein Fuß tritt auf einen Fisch." Der Vater setzte ihn ab und sagte: "Du dummer Junge! Erst machst du die Dummheit mit der Hürde und jetzt behauptest du, auf einen Fisch zu treten, wo ich im Wasser gehe und dich über das Wasser hintrage!" Der Bursche sagte: "Komm mir nach, wir wollen schnell das Urteil des Onkels einholen!"

Der Bursche ging voraus, der Vater folgte in einiger Entfernung. Der Bursche sagte: "Onkel, gib mir schnell eine Kalebasse mit Wasser!" Der Onkel fragte: "Wozu brauchst du das?" Der Bursche sagte: "Mein Vater hat unterwegs eine Tochter zur Welt gebracht." Der Onkel sagte: "Das ist ja Unsinn. Meine Schwester hat vielleicht noch ein Kind geboren. Aber dein Vater -das ist Unsinn. Männer können nicht Kinder gebären." Hamadi Uoloni fragte darauf den Onkel: "Also können Männer keine Kinder bekommen?" Der Onkel sagte: "Nein, nur Frauen bekommen Kinder." Der Knabe sagte: "Gut, jetzt hast du selbst geurteilt. Wenn mein Vater nicht Kinder gebären kann, so kann das dein Stier auch nicht. Dann ist die Herde von meiner Kuh geboren. Also gib mir meine Herde." Darauf mußte der Onkel die Herde geben.

Hamadi trieb mit seinem Vater die Herde heim. Der Knabe sagte: "Wir wollen die Herde teilen; eine Hälfte soll dir gehören, die andere mir. Zeichne deine Tiere." Der Vater sagte: "Es ist recht." Er nahm grüne Zweige und wand sie um die Hörner seiner Viehstücke. Darauf nahm der Bursche welke Zweige und wand sie um die Hörner seines Rindviehs. Als sie abends heimkamen, waren die Zweige an den Hörnern des väterlichen Viehes vertrocknet. Alle Tiere trugen vertrocknetes Laub. Der Knabe fragte: "Wo ist dein Vieh?" Der Vater sagte: "Ich kann es selbst nicht herausfinden. Jetzt gehört wieder alles dir." Der Bursche sagte: "Siehst



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du, du mußt nicht wieder zu mir sagen, daß ich ein dummer Junge bin, denn ich bin Uoloni, d. h. klug wie ein Rebhuhn." Der Vater sagte: "Das ist wahr." Darauf gab der Knabe wieder seinem Vater die Hälfte der Herde.

26. Der kleine Bruder

Ein König wollte eine Sunguru (Mädchen) heiraten. Der kleine Bruder begleitete seine Schwester in die Stadt des Herrschers und Gatten. Er war die einzige Begleitung seiner Schwester. Deshalb lachten die Leute über ihn und auch deswegen, weil er noch so ein junger Bursche war. Der Bursche fuhr aber mit der Hand einmal in der Luft herum und hatte sogleich die Augen aller derer, die gelacht hatten, in der Hand und steckte sie einfach in die Tasche. Die Leute baten: "Gib mir meine Augen wieder, es ist mir das Lachen vergangen." Er sagte: "Ich will für jedes Auge eine Kolanuß haben." Darauf gaben ihm alle Leute Kolanüsse für die Augen, und er erhielt so einen ganzen Sack voll.

Der kleine Bruder kam mit seiner Schwester beim König an, und dieser nahm sie bei sich auf. Nun wollte der König sehen, was das für Leute seien. Deshalb gab er abends, als die anderen (älteren) Frauen des Königs von ihm Finikesse (enthülsten Reis) erhielten, der jungen Frau nur Finikama (ungeschälten Reis), damit sie wie die anderen das Abendessen bereite. Als der kleine Bruder der jungen Frau des Königs das sah, reichte er dem König einige Felinkesse (Kürbissamen) hin und sagte: "Hier hast du auch die Kalebassen, in die meine Schwester die Reisgerichte füllen kann." Der König sagte: "Das kann man so nicht verwenden, denn man müßte den Samen pflanzen, ihn keimen, wachsen, blühen lassen. Dann müßte man die Kalebassen bereiten. Bis dahin sind die Reisgerichte meiner Frauen längst fertig." Da entgegnete der Bursche: "Wenn dir der Samen der Kalebasse nicht taugt, taugt meiner Schwester auch der ungeschälte Reis nicht." Der König sagte: "Der Bursche hat recht."

Am anderen Tage sandte der König den Frauen die Kühe zum Melken, der jungen Frau aber sandte er einen Stier und ließ sagen: "Sende mir die Milch dieser Kuh." Darauf sandte der Bursche dem König einige Kürbisblätter und ließ sagen: "Laß hieraus einige Kalebassen machen, in die meine Schwester die Milch deiner Kuh melken kann." Der König ließ antworten: "Aus Blättern kann



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man keine Kalebassen machen. Dazu braucht man die Früchte." Da sandte der Bursche den Ochsen zurück und ließ sagen: "Es ist so wie mit den Kalebassen. Ochsen kann man nicht melken, dazu braucht man Kühe."

Der König sagte: "Dieser Bursche ist mir unangenehm. Macht vor dem Hofe der jungen Frau eine tiefe Grube und deckt sie mit Matten leicht zu. Ich werde den Burschen über den Platz schicken, er wird da hineinfallen und verkommen." Die Leute machten die Grube, der Bursche stürzte hinein. Er grub sich aber einen Graben, der führte in das Gehöft seiner Mutter bis unter deren Töpfe. Da kam er heraus.

Am anderen Tage ging er zum König, um ihm guten Tag zu sagen. Der König sagte: "Du lebst ja noch! Du bist noch nicht tot?" Der Bursche sagte: "Nein, ich bin noch am Leben." Der König sagte: "Wie kann ich dich nur ums Leben bringen?" Der Bursche sagte: "Du mußt heißes Wachs auf meinen Kopf gießen lassen, dann werde ich tot sein." Der König ließ Wachs sieden. Als am Abend der Bursche in sein Haus ging, sagte der König: "Nun geht auf das Dach und gießt es herab. Er wird sogleich kommen!" Er ließ dann den Burschen von außen herrufen. Als man ihn von außen rief, sagte der Bursche zu den beiden Söhnen des Königs, die bei ihm waren: "Geht ihr eben hinaus und sagt, ich würde sogleich kommen." Darauf gingen die beiden heraus. Die Leute auf dem Dache gossen aber, wie ihnen befohlen war, das heiße Wachs auf die Köpfe der Herauskommenden, und da das die Königssöhne waren, so starben die beiden Söhne des Königs alsbald.

Am anderen Tage ging er zum König, um ihm guten Tag zu sagen. Der König sagte: "Du lebst ja noch! Du bist noch nicht tot?" Der Bursche sagte: "Nein, ich bin noch am Leben." Der König sagte: "Wie kann ich dich nur ums Leben bringen?" Der Bursche sagte: "Sehr einfach, du mußt mich in einen Korb stecken, den Korb zubinden, an den Fluß tragen und in den Fluß werfen lassen. So werde ich ganz bestimmt sterben." Der König sagte: "Das ist leicht zu machen." Der König ließ seine Leute kommen und einen großen Korb herrichten. In den Korb ließ er vor seinen Augen den Burschen stecken und befahl dann, ihn durch den Wald zu dem großen Flusse zu tragen und da hineinzuwerfen. Die Leute nahmen ihn auf und trugen den Korb durch den Wald dem Flusse zu. Der Bursche hatte am Morgen ein Tier getötet und dieses nahe dem Wege im Walde hingelegt. Als die Korbträger durch den



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Wald kamen, flogen einige Geier auf. Die Träger sagten: "Da muß etwas sein." Sie legten den Korb hin und gingen zu der Stelle.

Der Bursche hatte ein Messerchen bei sich. Als die Leute fort waren, fuhr er mit der Klinge durch die Maschen und schnitt die Schnüre durch. Dann schlüpfte er heraus. Es kam gerade ein reicher Marabut des Weges. Als er den Burschen neben dem Korbe am Wege sitzen sah, fragte er ihn: "Was machst du da?" Der Bursche sagte: "Ich lasse mich in dem Korbe da hintragen, wo alle Schätze und alles Gold liegen." Der Marabut sagte: "Ich will dir alles, was ich besitze, geben, wenn du mir erlaubst, mich an deiner Stelle dahin tragen zu lassen, wo alle Schätze und alles Gold liegen." Der Bursche sagte: "Ich bin damit einverstanden." Der Marabut kroch in den Korb, der Bursche band ihn fest zu und lief alsdann fort, so schnell er nur konnte. Nun kamen die Träger zurück, luden den Korb mit dem Marabut auf, trugen ihn zum Fluß und warfen den Korb in das Wasser. Sie glaubten, der Bursche sei darin, und der Korb ging sogleich unter.

Der Bursche ging aber in das Dorf des Marabuts, nahm alle Herden, Frauen, Sklaven und Goldketten des ertrunkenen Mannes und kehrte damit in die Stadt des Königs zurück. Alles das, was er so erworben hatte, schenkte er dann seiner Schwester, so daß sie eine wohlhabende und angesehene Frau wurde. Am anderen Tage ging er zum König, um ihm guten Tag zu sagen. Der König sagte: "Bist du noch nicht tot?" Der Bursche sagte: "Nein, ich bin noch am Leben." Der König sagte: "Wie kommst du hierher? Ich habe dich doch in den Fluß werfen lassen!" Der Bursche sagte: "An der Stelle, wo du mich hast in den Fluß werfen lassen, liegt unter dem Wasser ein reiches Land mit großen Schätzen. Ich kam in dem Korbe an und erhielt reiche Geschenke an Gold, Sklaven, Frauen und Herden. Jeder, der in das Land kommt, wird so beschenkt. Ich habe alles deiner Frau, meiner Schwester, geschenkt." Der König ging hin und sah, wie reich die Schwester des Burschen geworden sei. Er sagte: "Meine Familie und ich wollen ebenso reich werden." Er ließ für sich und alle seine Angehörigen ebensolche Körbe herstellen und sich und seine Familie dahinein binden. Dann gab er den Auftrag, alle Körbe an den Fluß zu tragen und an derselben Stelle hineinzuwerfen, an der der Bursche versenkt worden war. Die Leute taten, wie ihnen befohlen war.

Als die Familie des Königs ertrunken war, ging der Bursche zu den Kindern des Königs und fragte sie: "Bin ich nicht euer Vater?"



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Die Kinder sagten: "So ist es!" Er ging dann zu den Frauen des Königs und sagte: "Bin ich nicht der König, euer Mann?" Die Frauen sagten: "So ist es." So wurde der Bursche denn König.

27. Kallondji und sein Sohn

Kallondji (=Ndji der Lügner) und Tonjandji (=Ndji der Wahrhaftige, der immer die Wahrheit sagt) gingen zusammen auf Reisen. Tonjandji sagte: "Wer von uns beiden ist Silatigi ?" (= Reisechef, d. h. Leiter der Unternehmung, der das Wort führt usw.). Kallondji sagte: "Ich will Silatigi sein!" Tonjandji sagte: "Nein, ich will Silatigi sein." Kallondji sagte: "Nein, ich will Silatigi sein!" Tonjandji sagte: "Du kannst drei Tage vor mir abmarschieren, und ich werde dich in einer Stunde einholen. Deshalb ist es besser, wenn ich Silatigi bin." Da sagte Kallondji: "So sei du Silatigi; wir wollen es versuchen."

Die beiden wanderten ab. Sie kamen am Abend des ersten Tages an ein Dorf, dessen Häuptling begrüßte sie und fragte: "Wo kommt ihr her?" Tonjandji sagte: "Wir kommen aus Tonjadugu" (aus dem Lande der Wahrhaftigen). Darauf sagte der Dorfchef nichts, aber die zwei Wanderer erhielten nichts zu essen. Sie kamen am anderen Tage in ein Dorf. Es war die gleiche Sache. Sie bekamen wieder nichts zu essen. So ging es während drei Tagen, und als sie dann gar zu großen Hunger hatten, sagte Kallondji: "So geht es nicht weiter." Tonjandji sagte: "Nein, so geht es nicht weiter, jetzt kannst du einmal Silatigi sein." Kallondji sagte: "Gut!"

Sie kamen wieder in ein Dorf. In diesem Dorfe war gerade der Sohn des Häuptlings gestorben. Es war ein wunderschöner Bursche, und keiner kam ihm im ganzen Lande gleich. Als die beiden in das Dorf kamen, klagten alle Weiber, heulten alle Alten. Kallondji kümmerte sich nicht darum, sondern sagte (brüsk): "Guten Tag, ich will trinken, gebt mir Wasser!" Tonjandji sagte: "Gib acht, daß du die Leute nicht reizt; sieh, alle klagen!" Kallondji sagte: "Ach was! Was gibt es denn?" Die Leute sagten: "Der Sohn unseres Häuptlings ist gestorben, und das war der schönste Bursche im ganzen Lande!"

Kallondji sagte: "Was? Das ist alles? Könnt ihr ihn denn nicht wiedererwecken?" Die Leute sagten: "Nein, kannst du es denn?" Kallondji sagte: "Nichts einfacher wie das. Wenn ihr es wollt, kann ich das ja morgen früh tun. Zunächst gebt mir aber einmal



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Wasser zum Trinken, denn ich habe Durst." Die Leute sagten: "Wer so etwas kann, darf nicht Wasser trinken, dem soll man Milch bringen." Man brachte eine große Schale mit Milch. Alle Leute bemühten sich um Kallondji und Tonjandji. Der Dorfhäuptling kam auch herbei und sagte: "Du kannst meinen Sohn erwecken?" Kallondji sagte: "Nichts ist einfacher. Wenn du es zahlst, will ich es morgen früh ausführen." Der Dorfchef sagte: "Ich will dir zwei männliche und zwei weibliche Sklaven, zwei Kühe und zwei Pferde geben." Kallondji sagte: "Gut, also morgen früh!" Darauf kam nun jeder, der einen teuren Verstorbenen hatte, und setzte sich zu Kallondji. Der eine sagte: "Wenn du mir meinen im vorigen Jahre verstorbenen Vater erwecken willst, werde ich dir eine Kuh schenken." Ein zweiter sagte: "Wenn du mir meine vor zwei Jahren verstorbene Frau erwecken willst, sollst du von mir einen Sklaven erhalten." Kallondji sagte: "Gut, ich werde euch alle eure Toten morgen früh erwecken und ihr bezahlt mir das dann." Die Leute brachten Kallondji und Tonjandji sehr viel gute Speise. — Abends sagte Tonjandji: "Wollen wir nun nachts fliehen?" Kallondji sagte: "Warum denn? Morgen werde ich gut verdienen und wir werden ausgezeichnet essen."

In der Nacht machte sich Kallondji eine kleine Kalebasse zurecht zu einem Baranikurrukurru. (Dies Instrument wird auch Talimbrani genannt und besteht aus der aus Westafrika bekannten Blasekugel, über deren Löcher Membranen von Spinngeweben gezogen sind.) Am anderen Morgen fragte Kallondji: "Habt ihr schon das Grab gegraben?" Die Leute sagten: "Ja, das ist geschehen." Kallondji sagte: "So bringt den Toten dahin und laßt dort alles Volk zusammenkommen." Er ging selbst hin, stieg in die Grube und höhlte mit den Händen noch sorgfältig den Seitengraben aus. Dann sagte er: "Legt den Toten hinein und deckt ihn mit einem Tuche zu." Die Leute taten es. Kallondji kroch dann selbst unter das Loch.

Kallondji wandte nun erst den Kopf nach oben und rief laut durch das Tuch in der Richtung auf das versammelte Volk: "Nakunu" (d. h. "ich erwecken", soll heißen: "ich will dich wiedererwecken"). Dann beugte er sich vor und herab und sprach gegen den Boden in die Blasekugel: "Nilakunu inam b~ kunu" (d. h. "Wenn erwecken, mach alle erwecken", soll heißen: "Wenn du einen erweckst, dann erwecke uns andere Tote auch"). Das wiederholte er dreimal. Dann fuhr er aber empor: "Ach, das ist dumm!"



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Der Dorfhäuptling fragte: "Was ist dumm?" Kallondji sagte: "Es ist nichts Besonderes. Es ist da nur dein älterer Bruder, der vor dir das Dorf regiert hat, der will durchaus als erster und vor deinem Sohne erweckt werden. Wir werden ihm als dem ältesten Mitglied deiner Familie willfahren müssen. Warte also einen Augenblick, er ist sogleich am Leben." Der König sagte: "Nein, das will ich nicht. Das will ich auf keinen Fall, das will ich nicht." Er sagte das, denn der verstorbene ältere Bruder war ein sehr guter und beliebter Dorfchef gewesen, während er selbst rauh und unbeliebt war. Wenn nun der ältere Bruder wieder lebendig geworden wäre, so wäre es mit seiner Macht zu Ende gewesen. Der Häuptling sagte also aus diesem Grunde: "Nein, das will ich nicht." Kallondji sagte: "Das geht aber nicht anders. Entweder alle oder keinen, denn man kann nicht so unhöflich sein, einem so angesehenen Manne wie deinem ältesten Bruder den Vortritt vor einem so jungen Fant wie deinem gestern verstorbenen Sohn zu verweigern." Der Häuptling sagte: "So will ich, daß keiner erweckt wird." Kallondji sagte: "Und wer bezahlt mich dann?" Der Häuptling sagte: "Ich habe die Sache angeregt und werde dir deswegen zahlen, was ich versprochen habe." Kallondji sagte: "Gut denn!" Er stieg aus der Grube. Er erhielt die Bezahlung vom Häuptling und kehrte als wohlhabender Mann heim.

Kallondji starb als wohlhabender Mann. Er hinterließ eine Frau und einen Sohn, den diese Frau ihm geboren hatte. Als der Junge herangewachsen war, hatte er sehr bald sein väterliches Erbteil verschleudert. Es verblieb Mutter und Sohn nichts, als eine Stute und ein Ohrring, den die Mutter im Ohre trug. Als der Sohn Kallondjis derart fast alles verbraucht und verschwendet hatte, schalt die Mutter und sagte: "Pfui, schäme dich! Dein Vater hat durch geschicktes Lügen sehr schnell dieses Haus gefüllt und uns zu wohlhabenden Leuten gemacht. Du bist ein Taugenichts, der nichts von der Kunst seines Vaters geerbt hat." Der Sohn Kallondjis sagte: "Oho, das wollen wir erst einmal sehen."

Der Sohn Kallondjis sagte zu seiner Mutter: "Leih mir deinen goldenen Ohrring!" Die Mutter gab ihn. Der Sohn ballte ihn in einen Brei und warf den Ballen, wie man eben Pferden Medikamente gibt, dem Pferd in den Hals. Die Stute verschluckte den Ballen. — Am anderen Tage ritt er mit dem Pferde zum König und sagte: "Hier ist ein Pferd, das ist so ausgezeichnet, daß es sich nicht für einen gewöhnlichen Mann schickt. Es ist ein Pferd für einen König.



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Es macht nämlich, wenn es seinen Mist fallen läßt, immer Gold darin. Willst du es kaufen?" Der König sagte: "Das ist unmöglich. Das ist gelogen." In dem Augenblick hob das Pferd seinen Schwanz und ließ seine Pferdeapfel fallen. Der Sohn Kallondjis sagte: "Paß auf!" Er zeigte seine flachen leeren Hände, drückte einen der Mistballen auseinander und - da lag der Goldreif. Der König sagte schnell: "Was kostet das Pferd?" Kallondjis Sohn sagte: "Das Pferd kostet fünf Sklaven und fünf Sklavinnen." Der König gab dem Burschen schnell die zehn Sklaven, und damit kam der Sohn Kallondjis heim. Die Mutter sagte: "Was, so viel gewinnst du auf einer einzigen Reise?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Das ist noch gar nichts. Paß auf, was weiter kommt!"

Der König ließ für die goldmistende Stute nun sogleich einen hohen Stall bauen, der war von einer mächtigen Mauer umgeben. Die Stute war darin. Dazu wurden sieben Pferdejungen hineingesperrt und dann die Türe zugemauert. Futter fürs Pferd und Essen für die Leute ward von oben durch ein Loch in der Mauer hineingeworfen. Der Mist ward darin auf einen großen Haufen geworfen. Nach drei Monaten rief der König alle seine Sklaven und Sklavinnen zusammen. Sie mußten sich ganz nackt ausziehen, und dann mußte die ganze Reihe mit Schüttelsieben den Mist durchschütteln. Er selbst stand daneben. Aber siehe! Es kam nicht ein Krümchen Gold zum Vorschein. Der König ward nun über alle Maßen wütend und sagte: "Der Sohn Kallondjis hat mich betrogen! Ruft ihn sogleich herbei; ich will ihn töten." Einige Leute gingen hin, um den Sohn Kallondjis zu rufen.

Der Sohn Kallondjis hatte gerade einen Hammel geschlachtet und ihn aufgeteilt, als die Leute kamen. Als er sie aus der Ferne kommen sah, füllte er schnell ein langes Darmende mit Blut und band es zu. Er ging in das Haus, band es seiner Mutter um den Hals und sagte: "Nun tue nur alles, wie ich es will. Verdecke den Darm mit deinem Kleide." Er ergriff einen Kuhschwanz und steckte' ihn in die Tasche. Die Leute des Königs kamen herein und sagten: "Der Sohn Kallondjis soll zum König kommen." Der Bursche sagte: "Ich komme gern. Mutter begleite mich!" Sie kamen zum König.

Beim König war große Versammlung. Der Sohn Kallondjis kam mit seiner Mutter herein. Der König sagte: "Du hast mich mit deiner Stute in einer ganz gemeinen Weise belogen. In den Pferdeäpfeln ist kein Gold. Ich will dich töten. Die Mutter des Sohnes



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Kallondjis sagte: "Nein, töte ihn nicht! Laß ihn leben!" Darauf aber stürzte sich der Sohn Kallondjis auf seine Mutter, warf sie hin und schnitt den Darm, der um ihren Hals gebunden war, durch. Darauf floß das Blut über die Erde hin und dem König bis vor die Füße. Die Frau blieb aber wie tot liegen.

Der Sohn Kallondjis sagte (gelassen) zum König: "Nun können wir die Angelegenheit mit dem Pferd erledigen." Der König sagte: "Nein, erst wollen wir das hier erledigen! Vor meinen Augen hast du deine Mutter getötet." Der Sohn Kallondjis sagte: "Diese Angelegenheit mit meiner Mutter ist ganz unwichtig, denn die kann ich ja natürlich jeden Augenblick wieder zum Leben erwecken. Dagegen ist die Sache mit den zehn Gefangenen, die du mir für meine goldmistende Stute gegeben hast, viel schwieriger." Der König sagte: "Was, du kannst deine Mutter ohne weiteres wieder zum Leben erwecken?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Natürlich!" Der König sagte: "So tue das zuerst."

Der Sohn Kallondjis sagte: "So laß eine Kalebasse mit Wasser kommen!" Das Wasser kam. Der Sohn Kallondjis zog den Kuhschwanz hervor. Er tauchte ihn in das Wasser und sagte: "Mein Kuhschwanz, den ich von meinem Vater Kallondji empfangen habe, der ihn von seinem Vater empfangen hat - wenn du wahrhaftig mein Kuhschwanz bist, so mache diese Frau wieder lebendig." Damit schlug er auf seine Mutter, sie mit Wasser besprengend. Das wiederholte er dreimal. Dann erhob sich seine Mutter. Sie nieste. Der König fragte sogleich: "Diesen Kuhschwanz muß ich haben. Wieviel forderst du für deinen Kuhschwanz?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Der Kuhschwanz ist mir nicht feil. Außerdem ist erst noch die Affäre mit der goldmistenden Stute und den zehn Sklaven, die du dafür gabst, zu erledigen." Der König sagte: "Die Angelegenheit mit dem Pferd wollen wir vergessen. —Aber der Kuhschwanz! So ein Kuhschwanz ist eine Sache für einen König. Ein König ist sehr oft zornig und tötet dann. Zuweilen tötet er aber in der Hitze Leute, die ihm teuer sind. Alsdann ist es ausgezeichnet, wenn er mit einem solchen Kuhschwanz die Leute wiedererwecken kann! Ich will dir noch zehn Sklaven für den Kuhschwanz geben!" Der Sohn Kallondjis sagte: "Du bist König. Wenn du durchaus willst, so will ich dir den Kuhschwanz für diesen Preis verkaufen." Dann nahm der Sohn Kallondjis wieder zehn Sklaven und ging mit seiner Mutter und dem neuen Besitz heim. Der König aber erhielt den Kuhschwanz.



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Eines Tages nun war der König betrunken. Seine Spielleute waren um ihn und sangen. Er wurde immer betrunkener. Dann rief er seine liebste Frau und sagte zu ihr: "Bring mir schnell Wasser zum Trinken, sonst schlage ich dich tot." Die Frau sah die Betrunkenheit des Königs und mußte sehr lachen. Darüber geriet der König aber in sehr großen Zorn. Er sprang auf und schlug seine Frau tot. Die Dialli standen bestürzt auf und wollten gehen. Der König sagte aber: "Bleibt! Trinken wir weiter! Das ist nachher schnell geregelt, denn die Frau kann ich jeden Augenblick wieder beleben!" Die Dialli sagten: "Tue es gleich, sonst verläßt uns nicht die Angst!" Der König sagte ärgerlich: "So bringt mir eine Kalebasse mit Wasser und den Kuhschwanz Kallondjis herbei!"

Die Sklaven gingen und brachten den Kuhschwanz Kallondjis und eine Kalebasse mit Wasser. Der König tauchte den Kuhschwanz ins Wasser und sagte: "Mein Kuhschwanz, den ich von dem Sohne Kallondjis empfangen habe, der ihn von seinem Vater Kallondji empfangen hat, der ihn von seinem Vater empfangen hat - wenn du wahrhaftig mein Kuhschwanz bist, so mache diese Frau wieder lebendig!" Damit schlug er auf seine Frau, sie mit Wasser besprengend. Das wiederholte er dreimal. Aber die Frau erhob sich nicht. Darauf schlug er wieder und wieder auf die Frau, bis der Kuhschwanz, der ein alter Kuhschwanz war, kurz und klein geschlagen war. Nun ward der König über alle Maßen wütend. Er schrie: "Bringt mir sogleich den Sohn Kallondjis. Er hat mich betrogen, und ich will ihn totschlagen!"

Die Boten kamen zum Sohne Kallondjis. Der aß gerade Erdnüsse. Sie sagten zum Sohne Kallondjis: "Komm sogleich zum Könige!" Der Sohn Kallondjis steckte den Rest der Erdnüsse in die Tasche und ging mit den Boten zum König. Er wollte sprechen; der König sagte aber: "Der Bursche darf nicht ein Wort reden! Nicht ein Wort. Sowie er spricht, ist man betrogen. Bringt eine Kuhhaut herbei!" Die Kuhhaut wurde herbeigebracht. Der Sohn Kallondjis wurde hineingewickelt. Die Kuhhaut wurde geschlossen. Dann wurde das Paket noch verschnürt. Während das geschah, schob der Sohn Kallondjis noch eine Handvoll Erdnüsse in den Mund. Als das Paket fertig war, sagte der König: "So, nun kommt; wir wollen den Sohn Kallondjis ins Wasser werfen. Ich werde selbst mitgehen, um zu sehen, ob es richtig geschieht."

Der König machte sich mit den Leuten auf. Zwei Leute trugen das Paket mit dem Sohne Kallondjis auf dem Kopfe. Sie kamen



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so bis an den Uferwald. Als sie im Uferwald angekommen waren, setzte eine schwer verwundete Antilope über den Weg. Ein Jäger hatte sie angeschossen. Der König rief: "Fangt sie!" Die Leute und der König sprangen sogleich hinterher. Die, die das Paket mit dem Sohne Kallondjis getragen hatten, legten es auch auf den Weg und sprangen mit hinter der Antilope her. Das Paket lag auf dem Wege. Diulla kamen des Weges; die hatten eben den Fluß überschritten. Als der letzte der Diulla vorbeikam, steckte der Sohn Kallondjis von den Erdnüssen in den Mund und aß. Er knackte im Munde die Erdnüsse. Der Diulla hörte das, blieb erstaunt stehen und sagte: "Das Paket ißt!" Der Sohn Kallondjis sagte: "O nein, das ist kein Paket, dem man so ausgezeichnete Sachen zu essen gibt. Das ist eine Menschenlast!" Der Diulla sagte: "Was ißt du?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Ach, ich habe viel zuviel; mach ein wenig auf, dann gebe ich dir das übrige!" Der Diulla öffnete das Paket. Der Sohn Kallondjis sprang empor. Er war viel stärker. Er stopfte den Diulla in die Kuhhaut und schnürte das Paket wieder zu. Dann ging er von dannen.

Der König kam mit den Leuten von der Antilopenhetze zurück. Die beiden Träger nahmen ihr Paket wieder auf. Der Mann im Paket schrie: "Ich bin ein Diulla; ich bin ein Diulla! Ich bin ein Diulla!" Die Leute sagten: "Daß du ein Kaufmann bist, hat der König wohl bemerkt. Außerdem hast du ihn zu sehr belogen." Sie kamen an den Fluß. Der König sagte: "Steigt in ein Boot, fahrt in jener Richtung. Werft ihn dort vor dem Strudel, wo es am tiefsten ist, ins Wasser." Die Leute taten es. Der König paßte genau auf. Als es geschehen war, sagte er: "Nun ist es gut. Kommt heim!" Der König kehrte mit den Leuten in die Stadt zurück.

Der Sohn Kallondjis war inzwischen auch heimgegangen. Er verkaufte sein gesamtes Besitztum und handelte dafür schöne Kleider und Gold ein. Eines Tages war bei dem König große Versammlung. Da begab er sich an den Hof. Er hatte ein herrliches Kleid angelegt, wie man es hier im Lande noch nicht gesehen hatte. Die rechte Hand hatte er gefüllt mit Gold. Er kam in die Halle. Alle Leute, die da waren, murmelten: "Oh, welch schönes Kleid; oh, welcher Reichtum! O wie schön!" Der König selbst hätte beinahe etwas ausgerufen. Der Sohn Kallondjis ging aber direkt auf den König zu. Er reichte kühn die rechte Hand mit dem Golde zum König hinauf und sagte: "Dein verstorbener Vater läßt dir durch mich einen guten Tag sagen. Ich habe etwas von der Erde



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da unten aufgenommen und bringe es dir als kleines Geschenk. Dort unten ist nämlich alle Erde Gold." Der König sah das Gold. Der König fragte: "Hat dir mein Vater sonst nichts gesagt?" Der Sohn Kallondjis sagte zögernd: "Ja, er hat gesagt, du möchtest ihn doch einmal dort unten besuchen und sollest mich solange als Stellvertreter hier lassen." Der König sah das Gold; er sah die herrliche Kleidung; er sagte: "Ja, ich werde mich sogleich fertig machen." Der Sohn Kallondjis sagte: "Ich bin bereit, dich dahin zu bringen und dich dann hier zu vertreten, wenn du mir versprichst, sehr bald wiederzukommen. Denn ich habe mich da unten sogleich angesiedelt und habe 20 junge Frauen zum Geschenk erhalten. Deshalb will ich bald zurück." Der König sagte: "Ich verspreche es dir."

Ehe der Sohn Kallondjis den König in die Rinderhaut einwickelte, sagte er: "Paß genau auf den Weg auf! Da, wo du unten im Wasser ankommst, da ist gerade das Tor in die andere Welt." Der König sagte: "Laß mich nur an der rechten Stelle ins Wasser werfen!" Der Sohn Kallondjis sagte: "Darauf kannst du dich verlassen!"

Der Sohn Kallondjis brachte als Vertreter des Königs das Paket mit dem König hinaus und ließ es an derselben Stelle, an der der Diulla versenkt war, ins Wasser werfen. Als es untergegangen war, nahm er die Axt von seiner Schulter, warf sie auf die Erde und sagte zu den Sklaven des Königs: "Von jetzt ab bin ich euer König!"

So ward Kallondjis Sohn König. Wenn er und sein Vater das Lügen nicht verstanden hätten, wäre das sicher nicht geschehen.

28. Ertrotzter Reichtum (Bruchstück)

Es war ein Mann, dem hatte Gott nichts gegeben als einen einzigen Hahn (ngalla ma fussi daje fo du nu korami kelle). Er hatte einen Sohn, der hieß Nkalondji. Nkalondji sagte zu seiner Mutter: "Morgen werden wir viel Geld verdienen." Nkalondji ergriff den einzigen Hahn, den die Familie besaß, und tötete ihn. Er sammelte sorgfältig alles Blut. Er ging zum Fama (König). Er sagte zum König: "Gott ist bei mir am Baume herabgestiegen." Darauf sagte die Mutter: "Mein Sohn, du lügst ja. Gott kann nicht herabsteigen." Darauf tötete der Sohn sogleich seine Mutter. Der Fama sagte: "Tötet Nkalondji, denn er hat in meiner Gegenwart einen Menschen totgeschlagen." Nkalondji sagte: "Wozu das? Gib mir fünfhundert Franken, dann will ich meine Mutter wiedererwecken." (Schluß vergessen)



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29. Bakurrobe

Eine Frau hieß Bakurrobe. Die wußte immer alles mit ihrem guten Rate zum besten zu kehren. Jeder, der zu ihr kam, brachte ihr ein Geschenk mit.

Ein junger Mann heiratete ein junges Mädchen. Bald darauf ging er auf Reisen. Als er zurückkam, fand er, daß ein fremder Mann bei seiner Frau schlief. Er nahm im Zorne ein Messer und schnitt ihm den Hals durch. Die junge Frau sagte: "Kennst du den, den du getötet hast?" Der Mann sagte: "Nein, es ist mir auch ganz egal, denn da er bei dir schlief, hatte ich das Recht, es so zu machen." Die Frau sagte: "Wir wollen Licht anzünden." Sie zündeten ein Bündel Stroh an und leuchteten den toten Mann ins Gesicht. Er fuhr zurück und sagte: "Das ist der Sohn des Königs."

Die Frau sagte: "Das ist nun eine schlimme Sache. Morgen wird man dich und mich töten." Der Mann sagte: "Ja, morgen wird der König mit uns bös verfahren." Die Frau sagte: "Wir wollen ein Geschenk nehmen und gemeinsam zu Bakurrobe gehen. Die wird uns einen Rat geben." Die beiden gingen also zu Bakurrobe und fragten sie um Rat. Bakurrobe sagte: "Das ist sehr einfach. Hier in der Stadt wohnt ein Schmied mit Namen Numu Mpie, der ist allgemein durch seine Grobheit bekannt, und wenn man, wie jetzt im Anfang der Nacht, zu ihm kommt und sagt: ,Mach' mir mein Messer ganz', so wird er sicher sagen: ,Mach' daß du fortkommst, ich habe jetzt keine Zeit.' Gehe zu dem, lehnt den Toten an die Tür und sagt: ,Mach' mir mein Messer ganz oder ich schneide mir den Hals durch.' Wenn er dann die grobe Antwort gibt, so laßt den Toten fallen und lauft fort." Der junge Mann sagte: "So ist es gut, ich werde es machen."

Er nahm den Leichnam, ging zum Numu Mpie und sagte an der Tür: "Mach' mir mein Messer ganz oder ich schneide mir den Hals ab." Der Numu antwortete: "Mach', was du willst, aber laß mich in Ruhe. Ich habe keine Zeit." Darauf ließ der Mann den Leichnam fallen und lief leise von dannen. Der Numu hörte den Fall. Er sagte: "Was ist denn das?" Er nahm Stroh zum Leuchten und ging heraus. Da lag ein Mann. Er leuchtete ihm ins Gesicht und sagte: "Das ist der Sohn des Königs, das ist eine schöne Geschichte." Er rief seine Frau und sagte: "Da hat sich der Sohn des Königs an unserer Haustür den Hals durchgeschnitten. Der König wird uns morgen alle beide töten lassen."



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Die Frau sagte: "Das ist böse. Aber wir können uns vielleicht guten Rat holen. Wir wollen Geschenke nehmen und gemeinsam zu Bakurrobe gehen, die wird uns einen Rat geben." Sie gingen also sogleich zu Bakurrobe und erzählten ihr diese Sache. Bakurrobe sagte: "Das ist sehr einfach. Vor der Stadtmauer wohnt der Räuber Suntji. Der ist sicher noch nicht daheim. Wenn er eine Beute hat, kommt er an die Mauer seines Gehöftes und sagt: ,Hrn.' Dann kommt sogleich seine Frau und nimmt die Sache über die Mauer. Packt also den Leichnam gut ein, geh hin, sag' über die Mauer ,hm', und duwirst die unbehagliche Last bald los sein." Der Numu sagte: "So ist es gut; ich werde es so machen."

Er nahm also den Leichnam, packte ihn mit seiner Frau sehr sorgfältig zu einem Ballen zusammen und trug ihn vor die Stadtmauer zum Gehöft des Räubers Suntji. Dort sagte er: "Hm!" Sogleich streckte die Frau die Hände über die Mauer. Die Frau des Räubers nahm das Paket in Empfang und sagte: "Heute hat mein Mann aber eine schwere Sache heimgebracht." Der Numu ging nach Hause. Nach einer Weile kam auch der Räuber selbst an das Gehöft, brachte den Ballen, den er heute gewonnen hatte, heran und sagte: "Hm!" Die Frau des Räubers nahm das Paket in Empfang und sagte: "Heute hat mein Mann mit zwei Unternehmungen Glück gehabt." Nachher kam Suntji herein und die Frau sagte: "Der erste Ballen, den du brachtest, war aber schwer; ich habe ihn kaum hereingebracht."Suntji sagte: "Der erste Ballen? Ich habe dir eben doch nur einen zugereicht!" Die Frau sagte: "Aber vorher hast du mir doch schon den großen, schweren Ballen gereicht." Suntji sagte: "Das war ich nicht, zeig' ihn mir!" Die Frau zeigte ihn. Suntje sagte: "Den Ballen kenne ich nicht. Ein Fremder hat ihn gebracht. Wir wollen sehen, was darin ist!" Er nahm sein Messer; er schnitt den Ballen auf; er sah den Inhalt; er sagte: "Das ist der Sohn des Königs! Ach, ich habe ihn nicht getötet. Ich habe ihn nicht getötet."

Die Frau sagte: "Das ist nun eine schlimme Sache. Morgen wird man dich und mich töten." Der Mann sagte: "Ja, morgen wird der König mit uns bös verfahren." Die Frau sagte: "Wir wollen ein Geschenk nehmen und gemeinsam zu Bakurrobe gehen. Die wird uns einen Rat geben." Die beiden gingen also zu Bakurrobe, erzählten ihr die Geschichte und fragten sie um Rat. Bakurrobe sagte: "Die Sache ist sehr einfach! Dort von der Stadtmauer aus könnt ihr ein Feuer im Busch sehen. Da sind zwei Jäger auf einem



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hohen Baum, die nehmen Bienenstöcke aus. Nimm den Leichnam mit dahin, tritt unter den Baum und sage: ,Gebt mir Honig oder ich schneide mir den Hals durch.' Die Jäger werden dir nichts geben. Lasse aber den Leichnam fallen und laufe leise von dannen." Der Räuber sagte: "So ist es gut, ich werde es so machen."

Der Räuber Suntji nahm den Leichnam, ging mit ihm unter den Baum, in dessen Wipfel die beiden Jäger arbeiteten, und rief: "Ihr Jäger, gebt mir von dem Honig oder ich schneide mir den Hals ab." Die Jäger riefen herunter: "Mach' was du willst, zieh dir unsertwegen die Haut ab, aber Honig werden wir dir nicht geben!" Darauf ließ Suntji den Leichnam fallen und schlich sich leise von dannen. Einer der Jäger sagte: "Was fiel denn da? War das ein Stück Holz?" Der andere sagte: "Sollte der Mann sich wirklich den Hals durchschnitten haben?" Der andere sagte: "Wir wollen nachsehen." Sie stiegen herab, sie leuchteten dem Toten ins Gesicht. Sie sagten: "Das ist der Sohn des Königs!"

Der eine sagte: "Das ist eine schlimme Sache. Morgen wird man dich und mich töten." Der andere sagte: "Ja, morgen wird der König bös mit uns verfahren!" Der eine sagte: "Wir wollen ein Geschenk nehmen und gemeinsam zu Bakurrobe gehen. Die wird uns einen Rat geben." Die beiden gingen also zu Bakurrobe, erzählten die Geschichte und fragten sie um Rat. Bakurrobe sagte: "Die Sache ist sehr einfach. Nehmt den Leichnam, hüllt ihn in frische weiße Kleidung und tragt ihn an den Hof des Königs. Lehnt ihn an die Türe des Frauenhauses. Schlachtet einen Hammel und nehmt dessen Blut mit. An dem Frauenhause gießt das Blut über ihn aus, so daß es aussieht, als ob er daselbst ermordet wäre." Die Jäger sagten: "So ist es gut, wir werden es so machen."

Die Jäger gingen heim, schlachteten einen Hammel und fingen dessen Blut auf. Sie nahmen weiße Kleider und das Gefäß mit Blut mit zu dem Leichnam. Sie kleideten den Leichnam in die weißen Gewänder und trugen ihn zum Gehöft des Königs. Hier lehnten sie ihn an die Türe des Frauenhauses in einer gewissen Stellung und gossen das Blut über ihn aus. Dann liefen sie von dannen.

In der Morgendämmerung erwachte der König und stand auf. Er blickte heraus und sah, daß ein Mann an der Tür des Frauenhauses stand. Er sagte: "Oho, da ist ein Mann, der-bei meinen Frauen schlafen will. Das ist stark." Er lief hin und holte ein Gewehr, das zwei Läufe hatte. Er lud alle beide Male. Er sagte: "Den will ich selbst wegschießen." Er nahm das-Gewehr in die



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Höhe und schoß. Er nahm das Gewehr und schoß noch einmal. Die Leiche unten stürzte hin. Der König sagte zu seinen Sklaven: "Lauft hinunter und schneidet ihm den Kopf ab. Ich will nachher sehen, ob es ein Freier oder ein Unfreier ist. Wenn es ein Freier ist, so will ich ihm Haus und Familie zerstören." Die Sklaven taten so und brachten den Kopf. Der König sah ihn. Er hielt die Finger vor die Augen. Er sagte: "Ich darf nicht nach der Schuld anderer Leute ausschauen, denn ich habe meinen eigenen Sohn getötet."

30. Dabarinkaba

In alten Zeiten konnten die Frauen die Männer schlagen, und kein Mann konnte sich dem entziehen. Eine Frau machte alle Tage Reis und Fleisch für ihren Akakamale (Buhlen), aber nur schlechten Kuskus (Baschi) für ihren Adje (Mann). Das ging so in einem fort, ohne daß der Adje dazu etwas tun konnte, die Verhältnisse zu ändern.

Eines Tages kaufte der Mann einen Sklaven (=djo-nke; nke Mann) mit Namen Dabarinkaba. Er sagte zu Dabarinkaba: "Alle Tage kocht meine Frau Reis und Fleisch für ihren Akakamale und für mich nur Baschi. Der Liebhaber hat es gut. Der Mann aber hat es schlecht." Dabarinkaba sagte: "Warte, das werde ich ändern. Übermorgen wirst du schon Reis zu essen bekommen." — Die Frau gab Dabarinkaba den Reis und das Fleisch, damit er es zum Liebhaber hinaustrage, und gab dem Manne den Baschi. Der Bursche Dabarinkaba tat in den Reis eine Kleinigkeit, die Magenschmerzen macht, und brachte ihn so dem Liebhaber. Als er am zweiten Tage wieder Reis brachte, jammerte der Liebhaber, daß er krank sei und den Reis nicht essen könne. Dabarinkaba sagte: "Ach, ich habe einen Freund, der versteht das gut zu arrangieren." Der Akakamale seiner Herrin ging mit. Dabarinkaba brachte ihn zu einem Freunde. Die beiden schnitten dem Manne den Arm auf, taten eine Kleinigkeit Gift hinein, und dann war der Mann sehr schnell tot.

Dabarinkaba ging zurück und brachte seinem Herrn den Reis. Dazu sagte er: "Die Leute werden dir noch mehr bringen."

Dabarinkaba stellte alsdann einen Sack aus Geflecht her. Er tat den Toten hinein und band ihn recht fest zu. Alsdann nahm er den Sack mit dem Toten auf die Schulter und trug ihn in den Busch. Er trug ihn zu einem großen Hause, das einsam draußen



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im Busch lag. In dem Hause wohnte ein Sunjala (Räuber) mit seiner Frau. Die Frau hieß Naninamina (d. h. "Komm! Nimm das!"). Der Bursche kam in der Dämmerung mit seinem Paket zu dem Hause.

Der Bursche kam mit seinem großen Sack herbei und rief die Frau: "Naninamina!" Die Frau kam heraus, nahm den großen Sack und sagte: "Ach, das ist schwer, was mag das Gutes sein!" Sie stellte den Sack beiseite. Dabarinkaba versteckte sich im Busch. Dann kam der Räuber mit einer großen Kiste herbei und rief: "Naninamina!" Die Frau kam heraus, nahm die große Kiste und sagte: "Ach, das ist schwer, was mag das Gutes sein!" Sie stellte die Kiste beiseite. Dann kam der Räuber nochmals mit einem Ballen Stoff herbei und rief seine Frau: "Naninamina!" und dann brachte er noch andere Ballen. Der Bursche versteckte sich nun im Hause. Der Räuber und seine Frau gingen zu Bett.

Am anderen Morgen sagte der Räuber: "Nun wollen wir sehen, was wir gestern gewonnen haben." Der Räuber öffnete die Ballen. Es waren schöne Stoffe und Kleider darin. Der Räuber öffnete einen zweiten Ballen. Es waren schöne Stoffe und Kleider darin. Der Räuber öffnete die Kiste. Es waren Gold, geschliffene Steine und Silber darin. Der Räuber öffnete den Sackkorb, da war die Leiche darin. Der Räuber sagte zu seiner Frau: "Wer hat das gebracht?" Die Frau sagte: "Du hast es gebracht mit den anderen Sachen."

Dabarinkaba kam herbei. Er tat, als komme er zufällig des Weges. Dabarinkaba trat herbei und rief entsetzt: "Oh, du hast den Sohn des Königs ermordet. Du hast den Sohn des Königs ermordet." Der Räuber sagte: "Nein, ich habe ihn nicht ermordet." Dabarinkaba sagte: "Oh, du hast, den Sohn des Königs ermordet, ich muß es anzeigen!" Der Räuber sagte: "Du willst es anzeigen?" Dabarinkaba sagte: "Ja." Der Räuber fragte: "Du willst es anzeigen ?" Dabarinkaba sagte: "Ja." Der Räuber fragte: "Du willst es anzeigen?" Dabarinkaba sagte: "Ja."

Der Räuber fragte: "Kann ich dich nicht bezahlen, daß du schweigst?" Dabarinkaba sagte: "Nimm alles, was du in diesem und im vorigen Jahr gestohlen hast und bringe es zu meinem Herrn. Wenn du das ehrlich tust, will ich dich nicht verraten, sondern will dir die Leiche des Sohnes des Königs wegschaffen." Der Räuber sagte: "Es ist mir recht."

Der Räuber trug alles Gut, das er in diesem und im vorigen Jahre



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gestohlen hatte, zu dem Herrn Dabarinkabas. Dabarinkaba nahm die Leiche, steckte sie in den Sack und trug sie von dannen. Er trug die Leiche ein gutes Stück weit in den Busch hinein.



***
Dabarinakaba kam mit seinem schweren Sack ziemlich weit in den Busch hinein. Er sah zwei Jäger, die stiegen auf einen Baum und suchten oben nach Honig. Dabarinkaba stellte seinen Sack beiseite und trat an den Baum. Er rief hinauf: "Was macht ihr da oben?" Der eine Jäger antwortete: "Wir sammeln Honig!" Dabarinkaba rief: "Gebt mir ein wenig von dem Honig ab!" Der eine Jäger antwortete: "Nein, wir geben nichts ab." Dabarinkaba rief: "Gebt mir von dem Honig ab oder ich werde sterben!" Der eine Jäger rief: "Nein, ich gebe dir nichts ab."

Da ging Dabarinkaba an seinen Sack, nahm den toten Mann heraus und lehnte ihn an den Stamm des Baumes. Der andere Jäger sah hinab. Er rief: "Was machst du da unten?" Der Tote antwortete nicht, und Dabarinkaba hatte sich versteckt. Der andere Jäger fragte nochmals: "Was machst du da unten?" Der Tote antwortete nicht. Darauf stieg der andere Jäger herab, stieß den Toten stark mit dem Fuß an, daß er umfiel, und fragte: "Was machst du da?" Der Tote antwortete nichts.

Der andere Jäger leuchtete dem Toten ins Gesicht und rief dann: "Er ist gestorben. Er rief dir ja hinauf, du sollest ihm Honig abgeben, sonst würde er sterben. Nun ist er gestorben." Der eine Jäger kam herab und sagte: "Was sagst du da! Ich habe gesehen, wie du ihn mit dem Fuße anstießest, so daß er umfiel. Du hast ihn getötet." Der andere sagte: "Nein, du hast ihn getötet." Der eine sagte: "Nein, du hast ihn getötet." Die beiden Jäger stritten hin und her, wer den Mann getötet habe.

Dabarinkaba kam durch den Busch herbei. Er sagte von weitem: "Na, was habt ihr denn da zu streiten?" Die Jäger riefen entsetzt: "Du darfst nicht näher kommen!" Dabarinkaba sagte: "Weshalb soll ich denn nicht näher kommen! Ihr habt wohl etwas Schlechtes getan?" Dabarinkaba kam näher. Dabarinkaba sah den Toten. Er sagte: "Oh, ihr habt den Sohn des Königs getötet! Deshalb soll ich nicht näher kommen! Oh, ihr habt den Sohn des Königs getötet! Oh, ihr seid schlechte Leute. Oh, ich muß euch anzeigen!" Der eine Jäger rief: "Ich habe ihn nicht getötet, der andere hat ihn getötet! Er hat ihm einen Fußtritt gegeben!" Der andere Jäger sagte: "Nein, ich habe ihn nicht getötet, der dort hat ihn getötet. Der Mann rief: ,Gebt mir Honig oder ich sterbe!' Mein Kamerad



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hat ihm das abgeschlagen. Da ist er gestorben. Als ich herunterkam, war er schon tot. Der Kamerad dort hat ihn getötet."

Dabarinkaba sagte: "Jedenfalls habt ihr den Sohn des Königs getötet. Ich muß es anzeigen." Die Jäger fragten: "Du willst es anzeigen?" Dabarinkaba sagte: "Ja!" Die Jäger fragten: "Du willst es anzeigen?" Dabarinkaba sagte: "Ja." Die Jäger fragten: "Du willst es anzeigen?" Dabarinkaba sagte: "Ja." Die Jäger sagten: "Können wir dich nicht bezahlen, daß du schweigst?" Dabarinkaba sagte: "Nehmt allen Honig zusammen, den ihr in diesem und im vorigen Jahre gewonnen habt, und bringt ihn zu meinem Herrn. Wenn ihr das ehrlich tut, will ich euch nicht verraten, sondern will euch auch noch die Leiche des Königs wegschaffen." Die Jäger sagten: "Es ist uns recht."

Die Jäger trugen allen Honig, den sie in diesem und im vorigen Jahre gestohlen hatten, zu dem Herrn Dabarinkabas. Dabarinkaba nahm aber die Leiche, steckte sie in den Sack und trug die von dannen. Er trug die Leiche aus dem Busch in die Stadt zurück.




***
Dabarinkaba nahm die Leiche des Sohnes des Königs und einen Gallama (Löffel) voll Honig und brachte die Leiche vor die Türe des Hauses, in welchem die Frauen des Königs lebten. Der König konnte Dabarinkaba nicht gleich sehen, er hörte aber seine Schritte und er sah, als er oben zum Fenster herausblickte, jemand an die Türe seines Frauenhauses gelehnt stehen, der unbedingt ein Mann war.

Der König ergriff Bogen und Pfeil und schoß einen Pfeil nach dem Mann. Dabei sagte er: "Wer wagt es, nachts in das Frauenhaus eines so großen Königs, wie ich es bin, zu gehen?" Der König schoß einen zweiten Pfeil. Er sagte: "Wer wagt es, nachts in mein Frauenhaus einzudringen? 1" Er schoß einen dritten Pfeil ab. Unten am Tore fiel der Körper des Toten um.

Am anderen Morgen ging der König selbst hinab, um zu sehen, wer da seinen Pfeilen erlegen sei. Er sah, daß es sein eigener Sohn war. Da begann er zu klagen: "Ich unglücklicher Mann! Ich hatte nur einen Sohn, der war mein Liebling, und den habe ich selbst erschossen. Oh, ich bin ein unglückseliger Mann!" Alles Volk in der Stadt sagte: "Der König hat heute seinen eigenen Sohn erschossen. Jetzt ist kein Mensch mehr seines Lebens sicher."

In der Stadt war ein kleiner, sehr kluger Knabe. Der sagte zum König: "Höre, du warst es ja gar nicht selbst, der deinen Sohn erschossen hat. Ein anderer hat deinen Sohn getötet. Warte bis morgen, so will ich dir den zeigen, der es gewesen ist." Der König



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sagte: "Ich habe meinen Sohn selbst erschossen. Wenn du aber irgendeinen Sinn darin siehst, so versuche es festzustellen, ob nicht vielleicht ein anderer die Tat begangen hat."

Am anderen Tage nahm der Bursche sein Kulilan u sirife (Rasiermesser). Er tat seine Zaubermittel darauf und warf es in die Luft, damit es die Hälfte des Schädels desjenigen rasiere, der den Sohn des Königs getötet hatte. Das Messer flog auf Dabarinkaba zu und rasierte dem die rechte Hälfte des Schädels.

Dabarinkaba erkannte aber den Sachverhalt. Er fing das Messer mit der Hand auf, behandelte es mit seinen Zaubermitteln. Darauf flog es über das Land hin und rasierte allen Burschen inder Stadt die rechte Hälfte des Schädels. Die Burschen der Stadt bekamen einen Schreck. Sie machten sich sogleich alle miteinander Mützen und stülpten diese über. Am anderen Morgen ließ der König die Burschen zusammen kommen. Alle kamen, nur Dabarinkaba sagte: "Was soll ich da, es ist ja doch nutzlos."

Die Burschen saßen rund herum. Der Berater des Königs trat in die Mitte und nahm dem ersten die Mütze ab. Der Bursche war halb geschoren. Der Berater sagte: "Da ist er ja schon!" Der König sagte: "Laß auch die anderen die Mützen lüften!" Alle Burschen lüfteten die Mützen. Sie waren alle halb geschoren. Der König sagte: "Es nützt nichts; glaube mir, ich habe es selbst getan!" Der Berater sagte: "Laß es mich noch einmal versuchen." Der Knabe nahm wieder sein Kulilan u sirife, tat seine Zaubermittel darauf und schleuderte es in die Luft. Das Messer schnitt in das linke Ohr Dabarinkabas einen tiefen Schnitt. Dabarinkaba fing aber das Messer auf, tat seine Zaubersprüche dazu und warf es wieder in die Luft. Das Messer schnitt in alle linken Ohren der sämtlichen Burschen der Stadt dieselbe Lücke. Die Burschen wurden wieder zusammen berufen, und der König sah wieder, daß alle gleich gezeichnet waren. Darauf sagte er zu seinem Ratgeber: "Laß jetzt alles Weitere! Ich weiß jetzt bestimmt, daß ich meinen Sohn selbst getötet habe. Wenn du so fortfährst, dann wirst du uns alle noch töten."

Seit dieser Zeit stammt die Sitte der Leute, Mützen zu tragen. Früher war das nicht so. Seitdem wollen aber schon die kleinsten Buben Mützen haben.



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IV. Kapitel: Erfahrungen des Lebens

31. Die Stiefmutter

Ein Mann hatte zwei Frauen. Jede hatte von ihm ein Kind. Die Mutter des einen Kindes starb. Die Mutter des anderen Kindes brachte das Essen und sagte zum Kinde der Gestorbenen: "Wasche du dir die Hände in Öl. Mein Kind soll sich die Hände in Wasser waschen. Wessen Hände nachher zuerst in der Sonne trocknen, der fängt an zu essen und kann allein essen, bis auch die Hände des anderen trocken sind." Die Kinder machten es also. Das Kind der Frau wusch sich die Hände in Wasser, das Waisenkind (Waise falato) in Öl. Beide legten die Hände in die Sonne. Die Hände des Waisenkindes, die mit Öl gewaschen waren, trockneten nicht. Das andere Kind aß alles auf. Das Waisenkind lief in den Wald. Es sang vor einem Torrobaume: "Meine Mutter ist gestorben, meine Stiefmutter gibt mir nichts zu essen!" Der Torrobaum (eine Feige) neigte sich darauf zur Erde. Der Knabe pflückte die Früchte. Er aß die Früchte und ward satt. Eine andere Frau kam zu der Stiefmutter und sagte: "Du hast deinem Kinde die Hände in Wasser, dem Waisenkinde die seinen in Öl gewaschen. Du hast das Kind, dessen Hände trockneten, allein essen lassen. Das war sehr schlecht. Früher war es schlecht für die Falato (Waisen); jetzt ist es aber nicht mehr schlecht für sie."

Die Stiefmutter hörte es an und schämte sich sehr.

32. Die ungehorsame Tochter

Ein Mann heiratete eine Frau. Sie hatten eine einzige Tochter. Die Tochter wuchs heran. Die Tochter sagte: "Ich heirate keinen Mann, der eine Narbe hat. Ich heirate keinen Mann, der je eine Wunde hatte." Memia (die Schlange) hörte das. Die Memia verwandelte sich in einen hübschen jungen Mann. Das Mädchen sah den jungen Mann. Das Mädchen sagte zu ihrem Vater: "Wenn es dir recht ist, heirate ich den jungen Mann. Wenn es dir nicht recht ist, heirate ich ihn doch." Der Vater sagte: "Ich warne dich vor diesem jungen Manne. Wenn du ihn doch heiratest, wirst du morgen oder übermorgen sehen, was passiert. Ich warne dich. Das andere ist mir egal." Das Mädchen sagte: "Ich heirate den Mann doch." Das Mädchen sagte zu dem Manne: "Ich heirate dich; wir können gleich gehen."



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Der junge Mann ging mit dem Mädchen von dannen. Sie setzten über einen Fluß. Sie kamen an einen Berg. Der Mann gab dem Berge einen Tritt. Der Berg tat sich auf. Der Mann trat mit seiner Frau ein. In dem Berge war ein großer Vogel mit Namen Konadjugu. Ehe es noch Morgen war, hatten die Termiten schon die Hälfte des Körpers der kleinen Frau gefressen, und sie war gestorben.

Seitdem das geschehen ist, gehorchen die Mädchen den Vätern. Das Mädchen, das nicht auf den Vater hört, wird auf Gott hören.

33. Gute Lehre

Es war ein junges Mädchen, die war stets dabei, emsig den Acker zu bestellen. Sie ging immer allein aus zur Feldarbeit. Die Mutter sagte: "Laß das!" Der Vater sagte: "Laß das!"Siehörtenichtdarauf.

Eines Tages nahm sie wieder ihr Gerät und eine Kalebasse und ging weit fort, um einen Acker zu bearbeiten. Es war da ein Uarraba. Uarraba (der Löwe) sah das Mädchen. Es gefiel ihm. Der Uarraba fand, daß es sehr hübsch sei. Daher verwandelte er sich in einen jungen Mann und kam dann heran. Er ging zu dem Mädchen und arbeitete mit ihr den ganzen Tag bis zum Abend. Abends ging er fort. Er sagte: "Ich komme morgen wieder, um dir zu helfen."

Das Mädchen ging nach Hause. Das Mädchen wußte die Sache. Es sagte zu seinem Vater: "Heute war ein Mann bei mir, das war ein Uarraba. Er kommt morgen wieder. Steige auf einen Baum und schieße ihn morgen tot." Der Vater sagte: "Es ist gut." Am anderen Morgen bestieg der Vater den Baum. Der Vater sah, wie der Mann aus dem Walde kam. Nach einiger Zeit öffnete sich der Menschenkopf. Ein Löwenkopf kam langsam heraus. Es schoben sich zwei Schultern heraus. Es kam eine Löwentatze zum Vorschein. Der Vater schoß. Der Löwe war tot. Der Vater zog dem Löwen die Haut ab.

Seitdem gehorchen die jungen Mädchen immer, wenn die Eltern etwas sagen.

34. Der Eifersüchtige*

Es war ein junger Mann, der war so eifersüchtig auf seine junge Frau, daß er nie einen Bekannten bei sich sehen wollte, denn 

* Das Motiv dieser kleinen Erzählung ist nach Osten zu bedeutend kunstvoller behandelt. Dort spielt es sogar eine Rolle im praktischen Leben, indem die eingeborenen Männer, um ihre Frauen vor Untreue zu bewahren,


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er nahm von jedem an, daß er seine Frau verführen wolle. Er wollte eines Tages auf Reisen gehen, und um seine Frau davon abzuhalten, sich mit einem anderen in eine Sache einzulassen, sagte er zu ihr: "Alle anderen jungen Leute haben zwei Forakilli (Geschlechtsteile. NB.: Forakilli ist sicher falsch. Die Rute heißt forro und kuli heißt eins, also heißt es eine Rute). Ich bin der einzige, der nur einen hat. Hüte dich also vor den anderen." Der Mann reiste ab.

Ein anderer Bursche hatte alles gehört. Er sagte: "Ach, ich will mir diese Frau doch einmal ansehen." Er ging zu der Frau hin und sagte: "Ich will einmal bei dir schlafen." Die Frau sagte (für sich): "Ich möchte doch sehen, wie das mit den zwei Forakilli ist." Sie sagte zu dem jungen Manne: "Es ist gut." — Der junge Mann kam, um bei der jungen Frau zu schlafen. Sie hob sogleich sein Kleid auf, um die Sache zu sehen. Da bekam der junge Mann Angst und lief von dannen.

Seitdem sind alle jungen Männer eifersüchtig auf ihre Frauen.

35. Der Eifersüchtige

Ein Mann überwachte eifersüchtig die Treue seiner Frau. Er wollte nicht, daß sie mit einem anderen Burschen schliefe. So band er sie denn auch immer, wenn sie zum Fluß herabging, um Wasser zu holen, an einen Strick und behielt das andere Ende des Fadens in der Hand.

Eines Tages traf die Frau unten am Bach einen anderen Burschen. Sie verabredete mit ihm eine Nacht der Zusammenkunft und ging dann mit dem Wasser und dem Strick wieder nach oben. In der Nacht schlief der Mann. Die Frau verließ das Haus. Sie ging zu dem Burschen und sagte: "Mein Mann ist sehr kurios. Ich bin nicht so." Der Bursche beschlief sie. Sie ward sogleich schwanger.

Am anderen Abend sagte der Mann der Frau: "Höre, gestern warst du nicht schwanger. Heute bist du schwanger, Ich werde den Mann, der dich beschlafen hat, und dich töten."

36. Tapferkeitsproben

Es waren zwei Burschen und ein Mädchen. Die Burschen warben um das Mädchen. Der eine Bursche fragte das Mädchen: "Wer



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diesen berichten, die fremden Männer (Araber und Europäer) besäßen eiserne Geschlechtsteile oder doppelte, mit denen sie die sich hingebenden Frauen morden. Deshalb kämen sie ohne Frauen ins Land.


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ist wohl tapferer von uns beiden?" Das Mädchen sagte: "Du." Der andere Bursche fragte das Mädchen: "Wer ist wohl tapferer von uns beiden?"

Die Burschen und das Mädchen gingen einmal in den Busch und kamen an einen Sumpf. Der eine ging hin und holte für den Kameraden und das Mädchen Wasser zum Trinken. Am Wasser war ein Löwe. Der Bursche schoß den Löwen tot. Der Bursche kam zurück und sagte zu seinem Freunde und dem Mädchen: "Ich habe das Wasser geholt und einen Löwen totgeschossen." Beide sagten: "Du bist tapfer." Der Bursche sagte zum Freunde: "Zeige, daß du auch so tapfer bist." Der Freund ging hin.

Am anderen Tage ging der andere Freund mit dem Mädchen. Ein Löwe kam; der sprang auf das Mädchen zu. Das Mädchen lag neben dem Löwen. Der Bursche ergriff Pfeil und Bogen und schoß den Löwen tot. Der Bursche sagte dann zu dem Mädchen: "Jetzt wollen wir sehen, ob mein Kamerad ebenso tapfer ist. Lege dich also hin. Ich werde den Löwen über dich legen, damit wir sehen, was er dann macht." Das Mädchen legte sich hin. Der Bursche legte den Löwen über das Mädchen.

Der Bursche lief hin zum Kameraden und rief: "Ein Löwe hat das Mädchen angefallen. Er liegt auf ihr. Sie stirbt." Der andere Bursche hörte das kaum, da stürzte er ohne Waffen fort und auf den Löwen und griff ihn mit den Händen an. Nun sah er, daß der Löwe schon tot war. Der andere Bursche sagte aber: "Du bist wirklich tapfer. Das wollten wir nur sehen."


37. Die Schönste

Es kam eine junge Frau von den Mauren (surraka von den Bammana genannt). Sie war sehr hübsch und hatte keine Verwandten. Es war bald bekannt, wie schön sie war. Es war eine andere Frau in Djenne, die war sehr hübsch. Sie hatte keine Verwandten. Es war im Lande bald bekannt, wie schön-sie war. Diese Frau hieß Jugulle.

Jugulle hörte von der Schönheit der Frau der Surraka. Sie sagte: "Ich will diese Frau der Surraka sehen. Ich will sehen, ob sie so schön ist, wie ich es bin." Jugulle begab sich auf die Reise. Als sie eine Strecke weit gewandert war, traf sie einen wandernden Diulla; der sagte zu ihr: "Du bist sehr schön. Du hast schöne Augen; du hast schöne Haare; du hast schöne Schultern; du hast



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einen schönen Busen; du hast schöne Füße. Du bist sehr schön. Es ist aber eine Frau aus dem Lande der Surraka gekommen, die ist noch schöner als du."

Jugulle reiste weiter. Sie kam endlich in der Stadt an, in der die Frau aus dem Lande der Surraka wohnte. Sie kam an das Haus. Sie sagte zu den Dienern: "Ich will eure Herrin sehen, um ihre Schönheit kennenzulernen." Die Diener sagten: "Warte, die Herrin wird sich erst kleiden. Sie wird sich erst vorbereiten." Jugulle wartete. Endlich ward Jugulle hineingeführt. Jugulle sagte: "Du bist schön. Du bist sehr schön." Jugulle sah, daß die Surrakafrau schöner war als sie selbst.

Die Surrakafrau sagte: "Du bist auch schön." Jugulle sagte: "Warte, du kannst das jetzt nicht sehen. Du hast dich vorbereitet. Du hast dich gekleidet. Ich aber bin noch staubig und schmutzig von der Wanderschaft. Laß warmes Wasser für mich bereiten." Die Frau der Surraka sagte: "Es ist recht." Sie ließ warmes Wasser zum Bade bereiten. Jugulle begab sich in das Bad. Jugulle hatte gesehen, daß die Surrakafrau schöner war als sie selbst. Jugulle tötete sich im Bade.

Die Surrakafrau wartete. Endlich schickte sie ihre Dienerin und ließ fragen: "Wo bleibt Jugulle? Sie badet sehr lange." Die Dienerin ging hin. Sie sah alles. Sie kam zurück zur Surrakafrau und sagte: "Jugulle hat sich getötet." Die Surrakafrau sagte: "Sie hat sich getötet, weil sie fand, sie sei weniger schön als ich. Ich bin schuld an ihrem Tode." Die Frau aus dem Lande der Surraka ging hin und tötete sich ebenfalls.

Seitdem sagte eine Frau wohl, sie sei die Schönste in ihrer Familie. Keine Frau darf aber sagen, daß sie die Schönste im Lande sei.

38. Samba Setani und Samba Mussa

Zwei Knaben, Samba Setani und Samba Mussa liefen in den Busch und kamen in das Haus des Uarraba (Löwen). Der Uarraba wohnte mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in dem Hause. Die beiden Knaben blieben bei dem Uarraba und begleiteten ihn auf die Jagd. Samba Mussa war immer emsig bei der Jagd und half dem Uarraba. Samba Setani war aber schlecht und verscheuchte die Tiere, die der Löwe jagen wollte. Eines Tages ging der Löwe mit seiner Frau auf die Wanderschaft und ließ seine beiden Jungen den Negerknaben zur Bewachung zurück.



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Als der Uarraba fort war, ergriff Samba Setani erst das eine Junge und tötete es. Er aß es mit seinem Bruder zusammen auf. Dann nahm Samba Setani das andere Junge des Uarraba und tötete es und aß es auch mit seinem Bruder zusammen auf. Samba Mussa sagte: "Wir haben die Jungen des Uarraba getötet und gegessen. Wenn der Uarraba nun nach Hause kommt, so wird er uns auch töten und essen wollen. Komm also; wir wollen fliehen!" Samba Setani sagte: "Es ist gut." Die beiden flohen.

Auf der Flucht trafen die beiden Knaben einen großen Vogel, den Oarassa, der einen roten Schwanz hat. Der Oarassa sagte: "Ihr flieht; ich werde euch mitnehmen." Die beiden Knaben stiegen auf den Rücken des Oarassa, und der stieg mit ihnen gen Himmel. Unterwegs sah Samba Setani den roten Schwanz des Oarassa. Er sagte zu seinem Bruder: "Sieh das rote Fleisch; wir wollen es abschneiden und essen." Samba Mussa sagte: "Laß das! Der Oarassa hat uns gerettet!" Samba Setani schnitt den Schwanz aber doch ab. Da stürzte der Vogel mit den beiden Knaben zu Boden, und beide starben.

Die Knaben lagen tot am Boden. Da kam eine Korosirama (Schildkröte) vorbei. Die Korosirama sagte: "Wenn sie gut sind, werde ich sie wiedererwecken." Die Korosirama machte erst Samba Mussa lebendig. Samba Mussa sagte: "Mache meinen Bruder nicht lebendig, denn er ist ein schlechter Kerl" (= karrato). Die Korosirama sagte: "Er ist dein Kamerad; ich will ihn wieder lebendig machen." Die Korosirama erweckte Samba Setani. Samba Setani wachte auf. Samba Setani sah die Korosirama. Samba Setani sagte: "Ei, da habe ich eine Korosirama erwischt. Wir wollen sie essen." Samba Setani ergriff die Korosirama und band sie. Samba Mussa sagte: "Laß das; sie hat uns wieder lebendig gemacht." Samba Setani sagte: "Das ist meine Sache." Er ging fort, um Holz zum Feuermachen zu holen. Als Samba Setani fort war, sagte Samba Mussa zu der Korosirama: "Ich habe dir ja gesagt, du solltest meinen Bruder nicht erwecken, denn er sei ein Karrato. Nun ist das eine schlechte Sache. Laufe schnell fort, ehe mein Bruder wiederkehrt." Die Korosirama sagte: "Es ist gut." Die Korosirama lief fort.

Samba Setani hatte das Holz zum Feuer gefunden und machte sich auf den Rückweg. Er traf unterwegs die Korosirama, die vor ihm fortgelaufen war. Samba Setani sagte: "Ei, da habe ich ja eine zweite Korosirama!" Er nahm und band die Korosirama und kehrte zu seinem Bruder zurück. Er sagte: "Ich habe eine zweite Korosirama. Wo hast du die erste, die ich dir anvertraut habe?"



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Samba Mussa sagte: "Ich habe sie laufen lassen, denn als wir tot waren, hat sie uns erweckt." Samba Setani schlug den Bruder tot.

Samba Setani lief weiter. Er kam an einen Baum, auf dem große Vögel ihre Nester gebaut hatten. Er kletterte auf den Baum hinauf. In dem Neste waren Junge. Samba Setani tötete die Jungen. Er aß die Jungen. Der alte Vogel kam zurück. Er sah, was geschehen war. Er griff Samba Setani an und biß ihm eine Backe heraus. Samba Setani stand auf und lief von dannen.

Samba Setani lief von dannen und kam an einen Brunnen, an dem kein Licht der Sonne (Sonne = dele) schien und wo es ganz dunkel war. Es saß da eine Alte am Brunnen, die sagte: "Töte die Tiere am Brunnen, damit es Licht wird." Samba Setani sagte: "Heile mir erst meine Wunden." Die Alte sagte: "Gut so." Sie heilte ihm seine Wunden. Dann stieg Samba Setani in den Brunnen und tötete die Tiere. Darauf schien die Sonne wieder.

Samba Setani sagte zu der Alten: "Gib mir Nahrung auf den Weg!" Die Alte sagte: "Es ist gut." Die Alte gab ihm drei große Eier. Samba Setani nahm die Eier und ging von dannen. Nachdem er ein Stück weit gegangen war, schlug er ein Ei auf. Es kamen lauter Limoro (Fliegen) heraus. Die Limoro umschwärmten ihn. Er schlug ein zweites Ei auf. Es kamen lauter Likesse (Bienen) heraus, die ihn umschwärmten und stachen. Das dritte Ei fiel herab und zerbrach. Es kamen allerhand wilde Tiere heraus. Die fielen über Samba Setani her und töteten ihn.

39. Hamadi Fenllgi und Hamadi Bullukullu

Hamadi Fentigi war sehr reich. Er hatte alles: Sklaven, Gold, Ochsen und Pferde. Er war ein Kamerad von Hamadi Bullukullu. Aber Hamadi Bullukullu hatte gar nichts. Er war so arm, daß seine Mutter in den Dörfern umhergehen und betteln mußte. Damit ernährten sie sich erst. Dann ging die Mutter hin und stieß für die wohlhabenden Frauen Korn. Die eine gab ihr dafür eine Handvoll Mehl, die andere eine Handvoll Schrot. Das sammelte die alte Frau mühsam und sparte an diesen Gaben so lange zusammen, bis sie genug hatte, sich dafür ein kleines Kälbchen zu kaufen. Sie kaufte das Kälbchen, und Hamadi Bullukullu nannte das Kälbchen Wuni.

Hamadi Bullukullu pflegte das Kälbchen sehr sorgfältig, bis das Kälbchen groß war und eine Kuh wurde. Hamadi Bullukullu liebte



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das Kälbchen über alle Maßen, weil seine Mutter es so sorgfältig abgespart hatte, und deshalb sagte er: "Wenn je jemand mir meine Wuni tötet, werde ich zwölf seiner Art ums Leben bringen. Wenn es eine Schlange ist, zwölf Schlangen; wenn es ein Löwe ist, zwölf Löwen; wenn es ein Mensch ist, zwölf Menschen; wenn es ein Gott ist, zwölf Götter. Nur meinem Kameraden Hamadi Fentigi werde ich nichts tun."

In einer anderen Ortschaft wohnte ein Mädchen, das war sehr begehrt, und Hamadi Fentigi wollte es gern heiraten. Er sandte hin und sein Bote fragte: "Will das Mädchen Hamadi Fentigi heiraten? Hamadi Fentigi ist bereit, Gold, Sklaven, Vieh zu schenken." Das Mädchen sagte: "Ich will Hamadi Fentigi heiraten, aber ich will weder Gold, noch Sklaven, noch Vieh. Ich will nur die Haut von Wuni, der einzigen Kuh Hamadi Bullukullus." Hamadi Fentigi ließ sagen: "Ich will dir zwölf andere Kühe geben, aber verlange nicht die Haut der einzigen Kuh meines Kameraden." Das Mädchen sagte: "Ich bekomme die Haut, oder ich heirate dich nicht."

Eines Tages ging Hamadi Bullukullu in den Busch, um Holz zu schlagen; seine Mutter war aber auf dem fernen Markt. Da sagte er zu Hamadi Fentigi: "Es ist niemand da, der für Wuni sorgen kann. Willst du ihr Futter hinwerfen?" Hamadi Fentigi sagte: "Das will ich gern tun; geh du ruhig in den Busch und schlage dein Holz." Hamadi Bullukullu ging. Hamadi Fentigi ging, als es Zeit war, zu Wuni. Alle glaubten, er werde sie füttern wollen. Er aber nahm sie, schlug ihr den Kopf ab und zog die Haut von Wunis Leib. Die Haut sandte er seinem Mädchen. Das Mädchen sagte: "Jetzt werde ich dich heiraten."

Hamadi Bullukullu kam zurück. Er fand Wuni nicht. Er fragte alle Leute. Niemand wollte es sagen. Jeder sagte: "Ich weiß es nicht." Hamadi Bullukullu sagte: "Dann wird es Gott wissen." Er ging auf den Markt, auf dem der große Marabut betete. Er nahm seinen Speer mit. Als der Marabut gerade die Hände aufgehoben hatte, sprang er mit dem Speer auf ihn zu und sagte: "Die Menschen sagen mir nicht, wer Wuni tötete. Wenn es einer weiß, so ist das Gott. Gott lebt in den Marabuts. Wenn du mir nicht Antwort gibst, steche ich für die zwölf Götter zwölf Marabuts tot." Da sagte der große Marabut: "Geh zu deinem Kameraden Fentigi, der hat die Wuni getötet."

Hamadi Bullukullu ging zu Hamadi Fentigi und sagte: "Sage, wie es mit meiner Wuni ist." Hamadi Fentigi sagte: "Ich habe



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unrecht getan, nimm diese anderen zwanzig Kühe. Ich tat es, weil ich sonst mein Mädchen nicht hätte heiraten können. Nun sie die Haut Wunis hat, will sie mich heiraten. Nimm die zwanzig Kühe und sei nicht zornig." Hamadi Bullukullu sagte: ,Mit dir ist es erledigt. Dir tue ich sowieso nichts, weil du mein Kamerad bist." Hamadi Bullukullu ging mit seinen 20 Kühen von dannen. Als seine Mutter heimkam, sagte er: "Mutter, während du fort warst, ist unsere Wuni niedergekommen und hat diese zwanzig Kühe geworfen. Leider ist sie dabei gestorben."

Der Vater des Mädchens ließ Hamadi Fentigi sagen: "Morgen wird deine Frau zu dir kommen." Hamadi Fentigi ließ sagen: "Wenn du mir meine Frau sendest, so sorge ja dafür, daß sie von starken Männern begleitet und beschützt wird, denn Hamadi Bullukullu ist sehr zornig auf sie, weil sie den Tod Wunis veranlaßt hat." Da ließ der Schwiegervater zwölf tapfere Reiter aufsitzen, sechs ritten vor dem Mädchen her, sechs ritten hinter dem Mädchen her. Hamadi Bullukullu, der durch die 20 Kühe wohlhabend geworden war, kaufte ein Pferd und ritt dem Zuge entgegen. Er sah, daß es zwölf Reiter waren und sagte: "Das ist die Zahl, die zu töten ich angekündigt habe." Er tötete die vorderen sechs und tötete die hinteren sechs. Die Pferde und das Mädchen nahm er mit nach Hause. Er ließ das Mädchen hinter sich auf das Pferd steigen und kam so an.

Daheim band er das Mädchen an den Pfahl, an dem Wuni angebunden war. Er warf ihr Kuhfutter hin und sagte: "So, Wuni, nun friß." Dann sagte er: "Meine alte Wuni kackte sich immer auf die Hacken, tu du das auch, meine neue Wuni." Das Mädchen mußte es tun. Eine Woche lang mußte das Mädchen so mit dem Hals an den Pfahl gebunden liegenbleiben, dann entließ er sie und sagte: "Geh jetzt zu deinem Mann, der dich billig erhalten hat, denn du hast nur eine Kuhhaut verlangt."

Das Mädchen ging nicht zu seinem Manne, sondern zu seinem Vater. Der Vater ließ Hamadi Fentigi sagen: "Hole dir deine Frau selbst." Hamadi Fentigi ließ sagen: "Ich will diese Frau nicht mehr. Die Sache ist erledigt. Da die Geschenke nur eine Wuni betragen haben, mögen sie auch dort bleiben."

40. Bebiere

In einem Dorfe wohnte ein Mann namens Bebiere (d. h. soviel: "Wie du willst"). Der hatte seinen Namen daher bekommen, daß



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er immer, wenn einer auch noch so freundlich seinen guten Tag entbot oder ihm Tabak anbot oder ihm ein Geschenk machte, unwirsch "bebiere" antwortete. Es war ein Mann, der für sich lebte, seinen Acker weitab vom Dorfe an einer Straße angelegt hatte, der niemand störte, aber auch von niemand gestört sein wollte.

In dem gleichen Dorfe wohnte eine Frau, die war wohlhabend, sprach und versprach in einem fort gute Sachen, aber sie hatte ein schlechtes Herz. Und das konnte man an folgendem (Ereignis) sehen.

Diese Frau hatte einen Sohn, der war seit 15 Jahren auf Reisen, und in all der Zeit hörte sie nichts von ihm. Als er 15 Jahre fort war, ward sie eines Tages neugierig, diesen Bebiere kennenzulernen, von dem alle Leute soviel sprachen. Sie machte also eine gute Speise und legte einen vorzüglich bereiteten Fisch oben darauf. Mit dieser Gabe machte sie sich auf den Weg und kam auch an den Acker an der Straße, den Bebiere bearbeitete. Sie ging auf den Mann zu und sagte: "Guten Tag." Der Mann sagte: "Bebiere." Sie sagte: "Ich habe eine Schüssel mit Speise gemacht. Willst du sie essen?" Der Mann sagte: "Bebiere; du kannst es ja da an den Butterbaum stellen. Jetzt muß ich erst fertigarbeiten." Die Frau sagte: "Ich habe aber Eile." Er sagte: "Wenn es wegen der Kalebasse ist, die kann ich dir heute abend wiederbringen." Darauf stellte die Frau die Schüsseln hin und ging.

Nach einiger Zeit kam der Sohn der Frau vorbeigewankt, der jetzt 15 Jahre auf Reisen war. Er sah Bebiere und sagte: "Guten Tag, Bebiere, kannst du mir nicht etwas zu essen geben? Etwa ein paar Erdnüsse? Ich sterbe vor Hunger!" Bebiere sagte: "Da unter dem Baum steht eine Kalebasse mit Speise. Die iß!" Der Bursche aß die Hälfte aus und stellte den Rest hin. Er sagte: "Ich danke dir." Bebiere sagte: "Iß nur alles!" Darauf aß der Bursche alles und sagte: "Ich danke dir, du hast mich gerettet; ich will ins Dorf gehen!" Der Mann sagte: "Bebiere. Geh!"

Der Bursche ging heim. Die Mutter sah ihn. Sie hatte gerade Kalebassen in der Hand. Als sie den Sohn erblickte, warf sie sie fort; sie begrüßte den Sohn lachend. Der Sohn sagte: "Mutter, laß das Lachen. Ich fühle mich plötzlich sehr krank!" Die Mutter stutzte. Sie sagte: "Bist du bei Bebiere vorbeigekommen?" Der Sohn sagte: "Ja." Die Mutter sagte: "Hast du etwa bei ihm etwas gegessen?" Der Sohn sagte: "Ja, er gab mir ein Gericht von Fisch. Das aß ich ganz auf!" Da schlug sich die Mutter entsetzt auf die Seiten: "Ach, das war mein Gericht!" Sie suchte eilend dem Sohn



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ein Mittel zu geben. Aber das Unwohlsein wuchs und am anderen Morgen war er tot.

So hatte die Frau mit den guten Worten im Mund und den schlechten Gedanken im Herzen mit dem, was sie dem mürrischen fremden Manne zugedacht hatte, den eigenen Sohn getötet.

41. Der Unzufriedene

Es waren ein Mann namens Mpie, der hatte einen sehr großen Bart, und seine Frau Nieffla. Beide waren ganz arm. Einmal hatten sie während drei Tagen nichts gegessen, und da waren sie vor Hunger dem Tode nahe. So schenkte ihnen denn eine gute Familie eine Schüssel mit Fognon (ein kleines Korn) und eine Schale mit Milch, damit die armen Leute nicht zu sterben brauchten.

Die Frau Nieffla wollte sich sogleich an die Bereitung des Milchbreies machen. Sie geriet aber mit ihrem Manne in Streit. Sie stritten sich sehr. Als der Streit am heftigsten lohte, schrie Mpie: "So, nun esse ich von diesem geschenkten Zeug nichts. Ich werde überhaupt nichts mehr essen. Ich will sterben. Die alten Verstorbenen mögen mich töten, wenn ich noch von diesen Speisen etwas genieße." (Die Bammana schwören nicht bei Gott, sondern bei den alten Verstorbenen.) Als Mpie so geschworen hatte, befiel die anderen Angst, und Leute kamen herbei und baten ihn, doch den Streit nicht so ernst zu nehmen, sondern zu essen, damit er nicht verhungere. Er sagte aber: "Nun habe ich das einmal bei den alten Verstorbenen geschworen; nun tue ich es nicht mehr."

Frau Nieffla kümmerte sich nicht mehr groß um diese Sache. Sie machte ihren Milchbrei fertig, stellte ihn in eine Ecke und ging auf den Markt. Kaum war sie fort, so wollte Mpie essen. Er hatte solchen Hunger, daß er nun essen mußte. Damit die Sache nun aber ja nicht etwa auffalle und damit seine Frau nichts merke, nahm er die Schale mit dem Milchbrei nicht in die Höhe, sondern er beugte sich über sie und schlürfte ein gut Teil fort. Dann stand er auf, ging zur Seite und tat so, als ob nichts geschehen sei. Er hatte aber nicht gemerkt, daß er seinen Bart in den Milchbrei gestippt hatte und daß der nun weiß war. Das wußte er nicht.

Nachher kam Frau Nieffla heim. Sie sah die Milch im Barte ihres Mannes. Sie sah in die Kalebasse, in der ein gut Teil fehlte. Sie sagte: "Eh! In meiner Schale fehlt etwas von dem Milchbrei, den ich bereitet habe. Hast du vielleicht doch davon gegessen?"



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Mpie sagte: "Ich habe geschworen, daß ich nicht davon essen würde, also habe ich auch nicht davon gegessen." Frau Nieffla sagte: "Ich achte nicht auf Schwüre. Der Bart sagt mir mehr." Mpie fuhr mit der Hand den Bart herab, sah, daß von dem Milchbrei darin war, brauste auf und schrie seine Frau an: "Jawohl, ich habe den Acker bestellt, und du hast mir dabei nicht geholfen!"~

Darauf schenkte eine andere Familie dem Ehepaar einen ganzen Speicher voller Hirse. Mpie sagte zu Nieffla: "Frau, nimm einen Korb, wir wollen aus unserem Speicher Hirse holen." Die Frau nahm einen Korb und folgte ihm. Der Mann stieg in den Speicher, füllte den Korb. Dabei furzte er. Dann furzte er zum zweiten Male. Dann furzte er zum dritten Male. Die Frau sagte nichts. Sie nahm den gefüllten Korb und trug ihn schweigend heim.

Daheim machte sie einen guten Brei, und als es Essenszeit war, nahm sie die Schüssel mit dem Brei und trug sie dahin, wo der Mann war. Sie kniete nieder (nach alter Sitte) und reichte ihm den Brei. Dabei aber ließ sie einen sorgsam aufgehaltenen Furz streichen. Voller Wut schrie Mpie: "Du unflätiges Geschöpf! Du ekelhaftes, übelriechendes Wesen du! Weißt du denn gar nicht, was sich gehört?" Die Frau Nieffla aber sagte: "Ich denke, ich bin nicht schuldig. Ich denke, es ist einer von den Furzen, die du heute morgen im Speicher losgelassen hast und die uns hierher gefolgt sind."

Solches ist die Art der Bammanafrauen!

42. Der Leichenräuber

In einem Dorfe hatte der Häuptling die Angewohnheit, wenn ein Mensch gestorben und begraben war, in der nächsten Nacht sein Grab zu öffnen und die Kleider, in die der Leichnam gehüllt war, zu rauben. Das ging so zwei Jahre lang. Eines Tages starb aber die Mutter eines Jägers und der beschloß, in der dem Begräbnis folgenden Nacht aufzupassen und den Leichenräuber abzuschießen. Er nahm also sein Gewehr und versteckte sich mit der Flinte hinter einem Baum.

Richtig sah er nach einiger Zeit einen Mann daherkommen, der sich zu dem Grabe seiner Mutter begab. Der Mann legte zu der Arbeit die Kleider aus und begann wuusi, wuusi, wuusi, wuusi (damit wird phonetisch die Tätigkeit des Erdewegscharrens angedeutet) wie ein Hund mit beiden Händen die Erde aufzubuddeln. In diesem Augenblick erkannte der Jäger den Häuptling, und er sagte erstaunt:



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"Aedere!" (Das ist toll!). Der Häuptling richtete sich erschrocken bei dem Rufe auf und sah um sich. Er konnte niemand sehen. Er setzte seine Arbeit fort. Wieder rief der Jäger: "Aedere." Wieder richtete sich der Häuptling um sich blickend auf. Wieder sah er nichts. Wieder setzte er seine Arbeit fort. Wieder rief der Jäger: "Aedere!" Aber da bekam der Häuptling Angst. Er zog schnell seine Kleider an und lief, ohne das schändliche Werk zu vollenden, heim.

Am anderen Tage war im Dorfe vor dem Häuptlingsgehöft Tanz. Als das Spiel eine Weile im Gange war, kam der Häuptling mit der Lanze in den Kreis herein und rief: "Macht Pause, ich will etwas sagen!" Darauf hörte alles zum Häuptling hin und der sagte: "In meinem Dorf ist Aedere. Wenn das Aedere noch einmal auftritt, werde ich mit dem Dorfe übel verfahren." Darauf tanzte man weiter. Nach einiger Zeit trat der Jäger mitten in den Kreis und rief: "Macht Pause, ich will etwas sagen!" Darauf hörte alles zum Jäger hin, und der sagte: "In einem Dorfe, in dem Wuusi, Wuusi erlaubt ist, kann man Aedere nicht verbieten!"

Alles wollte darauf weitertanzen, aber der Häuptling verbot die Fortsetzung des Tanzes. Der Häuptling und der Jäger, jeder behielt die Sache für sich. Aber von diesem Augenblicke an unterließ der Häuptling seine häßliche Gewohnheit.

43. Surro Sanke

Ein Mann machte in Kaarta mit dem Sohne eines Königs Freundschaft. Sie waren sehr gute Freunde, bis eines Tages der König starb und nun dieser Sohn König ward. Da war es mit der Freundschaft vorbei, und nun suchte der junge König sich des früheren Freundes auf irgendeine Weise zu entledigen. Der König verfolgte ihn auf alle Art; aber er wußte Surro Sanke nicht beizukommen. Da sagte Surro Sanke: "Das ist sehr einfach. Du willst mich töten. Du kannst mich töten, erstens wenn du mich eifersüchtig siehst, d. h. wenn du mich dabei ertappst, daß ich eifersüchtig auf meine Frau bin. Zweitens kannst du mich töten, wenn ich etwas lüge oder irgend etwas Unwahres sage. Drittens kannst du mich töten, wenn du mir eine Feigheit nachweisen kannst." Der König sagte: "Gut, das soll gelten!"

Der König beschloß, sogleich seine Maßnahmen zu treffen. Er ließ umgehend einen Dugutigi kommen, dessen Dorf einen kleinen



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Tagemarsch entfernt lag, und sagte ihm: "Ich werde morgen früh Surro Sanke zu dir senden. Der wird dir sagen, du sollst sofort zu mir kommen. Sage das dann zu und sattle gleich deine Pferde. Laß ihn vorausgehen, weil du ja zu Pferde schnell nachkommen würdest, und wenn er fortgegangen ist, laß wieder abzäumen und komme nicht. Surro Sanke wird bei mir eintreffen und sagen, daß du kämest, und das ist dann eine Unwahrheit." Der Häuptlingsagte: "So werde ich es machen."

Danach ließ der König 100 Soldaten kommen und sagte: "Morgen werde ich Surro Sanke auf dieser Straße zu jenem Häuptling senden. Nehmt ordentlich Pulver mit euch, aber keine Kugeln; wenn nun Surro Sanke des Weges kommt und an nichts Schlimmes denkt, funkt kräftig mit Pulver auf ihn, aber nicht mit Kugeln, damit er ordentlich erschrecke." Die ioo Soldaten sagten: "So werden wir es machen."

Danach ließ der König drei Männer kommen und sagte ihnen: "Morgen werde ich Surro Sanke früh zu jenem Häuptling senden. Surro Sanke hat drei Frauen. Sobald er fort ist, gehe ein jeder von euch zu einer der Frauen Surro Sankes und schlafe bei ihr. Ihr müßt so lange bei jeder der Frauen bleiben, bis Surro Sanke zu euch kommt. Dann sorgt dafür, daß Surro Sanke euch bei seinen Frauen in entsprechender Weise sieht. Auf diese Weise wird Surro Sanke eifersüchtig werden." Die drei Männer sagten: "So werden wir es machen."

Am anderen Morgen ließ der König Surro Sanke kommen und sagte zu ihm: "Geh diesen Weg zu jenem Häuptling und sage ihm, er soll sogleich zu mir kommen." Surro Sanke sagte: "Es ist gut." Er ging von dannen. —Als er ein Stück weit gegangen war, fingen an der Stelle, an der sie versteckt waren, die 100 Mann an, mit Pulver nach ihm zu schießen. Surro Sanke blieb sogleich stehen. Er hatte einen Bogen und drei Pfeile bei sich. Als er einen Mann erblickte, legte er einen Pfeil auf und schoß. Sogleich fiel er tot zu Boden. Hierauf schoß er noch einen zweiten und einen dritten Soldaten tot, so daß die anderen von Furcht ergriffen wurden und nach der Stadt zurückkehrten. Die 97 kamen zum König und sagten: "Der Mann Surro Sanke hat drei von uns getötet. Er hat keinerlei Schreck gezeigt, als wir schossen. Du wirst ihn töten lassen. Du wirst ihm aber nie Furcht einjagen können!"

Inzwischen kam Surro Sanke zu dem Häuptling und sagte: "Der König läßt dir sagen, du sollst sogleich zu ihm kommen." Der



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Häuptling sagte: "Das soll geschehen." Er sattelte sein Pferd. Er stieg mit einem Fuß in den rechten Steigbügel, ehe er aber noch den anderen Fuß im Steigbügel hatte, sagte er: "Geh nur voraus. Du bist zu Fuß; ich komme zu Pferde schnell nach." Surro Sanke sagte: "Es ist gut" und ging von dannen. Der Häuptling stieg aber wieder ab, ließ das Pferd absatteln und blieb daheim. Surro Sanke kam zum König. Der König fragte: "Wird der Häuptling kommen?" Surro Sanke sagte: "Ich weiß es nicht." Der König sagte: Wieso weißt du es nicht? Hast du den Auftrag nicht richtig ausgerichtet?" Surro Sanke sagte: "Gewiß habe ich ihn richtig ausgerichtet. Aber deshalb kann ich noch nicht wissen, ob er wirklich kommt. Wenn der linke Fuß in den Steigbügel kam, wie der rechte, dann kommt er vielleicht; ich sah den Häuptling aber nur zur Hälfte aufsteigen." Der König sagte: "Dann geh nur zu dir nach Hause."

Surro Sanke kam in sein Gehöft. Er kam auf das Haus seiner ersten Frau zu, öffnete und sah neben seiner Frau einen Mann, der gerade seine Hosen anzog. Darauf machte er gelassen die Tür zu und ging auf das Haus seiner zweiten Frau zu. Gerade als er öffnete, sah er einen Mann herauskommen, der ging an ihm vorbei, hockte sich nieder und urinierte. Darauf schloß er auch diese Tür, ging auf das Haus der dritten Frau zu und öffnete; aber als er eintreten wollte, stieß er mit der Stirne gegen die Stirne eines anderen Mannes, der gerade herausgehen wollte. Somit schloß er ganz gelassen auch diese Tür.

Er ging hierauf in die Mitte des Platzes und rief: "Hat mir jemand Essen bereitet? So sagt mir, wo der Teil für mich niedergesetzt ist." Darauf kamen alle drei Frauen mit den Kalebassen voll Essen heraus, und neben einer jeden ging ein Galan. Die drei Männer wollten gehen. Surro Sanke aber rief: "Ihr werdet doch so nicht gehen wollen? Ich hoffe, daß meine Frauen für uns alle vier genug Essen bereitet haben. Kommt also her und speist mit mir." Die drei Männer gingen hin und wuschen sich die Hände, und hierauf hockten alle vier zum Essen nieder. Die vier aßen miteinander.

Als die drei Männer gehen wollten, sagte Surre Sanke: "Wartet, ich werde euch noch begleiten." Er begleitete sie bis an das Tor und noch weiter, bis dahin, wo aller dreier Wege sich abzweigten. Surro Sanke reichte noch jedem Tabak zum Schnupfen und einige Kola als Wegzehrung. Er schüttelte jedem die Hand und ging



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wieder nach Hause. Die drei Männer gingen aber zum König und sagten: "Du kannst diesen Surro Sanke töten, aber eifersüchtig machen kannst du ihn nicht." — Der König ließ am anderen Tage die drei Frauen Surro Sankes kommen und fragte: "Hat euer Mann Surro Sanke euch irgendwie gescholten, weil ihr gestern drei Männer bei euch hattet?" Alle drei Frauen sagten: "Er hat nichts gesagt und getan." Der König sagte: "Man kann ihn nicht eifersüchtig machen."



***
Der König ließ Surro Sanke rufen. Als er kam, sagte der König zu ihm: "Das, was du sagtest, ist wahr; du fürchtest dich nicht, du bist nicht eifersüchtig und du lügst nicht."

Surro Sanke sagte: "Ich kann dir das auch erklären."

Surro Sanke sagte: "Ich war einmal im Kriege. Wir hatten eine heiße Zeit. Es kam ein Gefecht. Alle meine Kameraden fielen. Ich blieb allein übrig. Ich hatte ungeheuren Durst. Ich dachte, ich müßte vor Durst sterben. Dann kam ich an ein Wasser, in dem lag ein Kaiman neben dem anderen. Er war ganz angefüllt mit Kaimanen. Ich dachte, wenn ich schnell im Vorüberlaufen ein wenig Wasser mit der Hand schöpfen könne, würde ich wohl heil davon kommen. Ich versuchte es. Aber ein großer Kaiman schlug mit dem Schwanz nach mir, so daß ich in das Wasser stürzte. Sofort kamen alle Kaimane herbei, um mit den Schwänzen nach mir zu schlagen und mich zu beißen. Der Kaiman, der mich zuerst geschlagen hatte, nahm mich aber unter seinen Leib und schützte mich vor den anderen. Dann brachte er mich in seine Höhle, die vom Spiegel des Wassers unter der Erde hinführte. In der Höhle saß ich nun. Der Kaiman ging von dannen. Vor dem Eingang der Höhle lagen Kaimane. Ich wußte nicht, wie herauskommen. Da toste über mir ein Rudel großer Antilopen vorbei. Eine trat mit dem Fuß ein Loch in den Boden, so daß das Tageslicht hereinschien, und ich sah, daß die Decke über mir hier ganz dünn war. Ich erweiterte die kleine Öffnung und kroch heraus. — Seit dem Tage fürchte ich mich nicht mehr."

Surro Sanke sagte: "Eines Tages brach ich mit guten Kameraden zum Raubzüge auf. Wir waren dreißig Mann. Drei Monate lang zogen wir umher, ohne einen einzigen Fang zu machen. Nichts glückte. Drei Monate waren wir in der Steppe, ohne ein Weib zu sehen. Da eines Tages gelang es uns, einer Frau habhaft zu werden und brünstig, wie wir waren, beschliefen wir sie sogleich alle dreißig einer nach dem anderen. So lebten wir wieder drei Monate lang,



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und während dieser Zeit beschlief jeder diese Frau jeden Abend. Dann gelang es, eine zweite Frau zu ergattern, und nun beschlossen wir, daß je fünfzehn von uns je eine Frau erhielten. Wir sagten das den Frauen. Dann gingen die beiden Frauen hin, um Wasser zu schöpfen. Als sie am Brunnen waren, stürzte die Frau, die schon drei Monate lang bei uns war, die neuangekommene in den Brunnen hinab. Sie sagte: ,Was, jetzt soll ich nur noch mit fünfzehn Männern schlafen? Das halte ich nicht aus.' Seit dem Tage bin ich nicht mehr eifersüchtig."

Surro Sanke sagte: "Eines Tages war ich auf der Wanderschaft. Weitab vom Dorfe sah ich einen Menschenschädel am Wege liegen. Ich sagte: ,Wie kommt wohl der Menschenschädel dahin, wo es so weit vom Dorfe entfernt ist?' Der Schädel sprach: ,Weil ich soviel sprach!' Ich fragte: ,Weshalb?' Der Schädel sagte: ,Weil ich soviel sprach.' Ich fragte: ,Weshalb?' Der Schädel sagte: ,Weil ich soviel sprach!' Dreimal sprach der Schädel zu mir. Dann ging ich weiter. Ich kam im nächsten Dorfe an. Ich erzählte dem Dugutigi: ,Zwischen deinem und dem vorigen Dorfe liegt ein Schädel, der spricht.' Der Dugutigi sagte: ,Du lügst.' Ich sagte: ,Nein, ich spreche die Wahrheit.' Der Dugutigi sagte: ,Du lügst.' Ich sagte: ,Nein, ich lüge nicht, und wenn du es nicht glaubst, so gib mir zwei Menschen mit, denen will ich das zeigen und die mögen es selbst hören.' Der Dugutigi sagte: ,Gut, zwei Leute mögen mit ihm gehen. Wenn es wahr ist, daß der Schädel spricht, so mag es gut sein. Sonst soll man ihm sogleich wegen seiner Lügen den Kopf abschlagen.' Ich ging mit den beiden Leuten hin. Als wir an den Schädel kamen, fragte ich ihn: ,Weshalb liegst du hier?' Der Schädel antwortete nicht. Ich fragte ihn dreimal, aber er antwortete nicht. Darauf banden mich die drei Leute, wie es ihnen befohlen war, und schon hob einer den Säbel auf, um mich zu köpfen. Ich sagte: ,Ach, weshalb hast du gestern gesprochen und weshalb sprichst du heute nicht?' Da sagte der Schädel plötzlich: ,Nda, Nda' (der Mund, der Mund). Meine Begleiter sagten: ,Ja, er hat gesprochen.' Sie banden mich los. Sie brachten mich zum Dugutigi und sagten: ,Es ist wahr, der Schädel spricht.' — Seitdem sage ich: Von den beiden Löchern im Menschenleibe, aus denen das Schlechte kommt (Anus und Mund), ist der Mund das gefährlichere. —Und seitdem lüge ich nicht mehr."

Der König sagte: "Es ist gut, ich kann dich nicht töten."

Surro Sanke sagte: "Es gibt ein Mittel für dich, mich zu töten.



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Ich habe drei Haare auf dem Kopf. Wenn du die Namen dieser drei Haare erfährst, dann kannst du mich töten." Der König sagte: "Es ist gut."

Der König war so zornig darüber, daß er Surro Sanke nicht zu töten vermocht hatte, daß er beschloß, jetzt kein Mittel unversucht zu lassen, das Geheimnis der drei Haare zu ergründen. Er ließ also die erste Frau Surro Sankes zu sich kommen und fragte: "Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Wenn du mir nun sagst, welches die Namen der Haare deines Mannes sind, so will ich dich zu meiner Frau machen und dir viele Kühe schenken." Die Frau sagte: "Ich kann dir das nicht sagen, denn ich weiß es nicht." Der König ließ die zweite Frau Surro Sankes kommen und sagte zu ihr: "Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Ich will dich zu meiner Frau und wohlhabend machen, aber du mußt mir die Namen der drei Haare auf dem Kopfe deines Mannes nennen." Die Frau sagte: "Ich bin die Lieblingsfrau meines Mannes. Mein Mann hat mich lieber als alle Weiber; ich kann es nicht sagen!" Der König sagte: "Ich kann dir viel Vieh und Schmuck schenken." Die Frau sagte: "Würdest du mich zu deiner Frau machen?" Der König sagte: "Ich will dir erfüllen, was du willst." Die Frau sagte: "Das Härchen auf der rechten Seite heißt: Wallidi-tege-mogo-dinje (frei übersetzt: Nicht einmal des Freundes Sohn kann dir deinen Sohn ersetzen). Das Härchen auf der linken Seite heißt: Kanikono-fo-mussue (frei übersetzt: Erzähle deine Sachen nicht den Frauen). Das starke Haar in der Mitte heißt: Kekorro-ba-kanjikaphula (frei übersetzt: Es ist gut, wenn ein alter Mann in der Gesellschaft ist). Das sind die Namen der drei Haare auf dem Kopfe meines Mannes."

Als der König das wußte, ward er gar froh und sagte zu seinen Leuten: "Ruft mir Surro Sanke herbei." Die Boten gingen hin und sagten das dem Surro Sanke. Der war gerade bei einer Arbeit und hatte keinen Überhang. Es war aber ein Bursche da, den hatte eine seiner Frauen mit in die Ehe gebracht. In der Eile nahm Surro Sanke dessen Überwurf, der sehr klein und kurz war, und ging zum König. Der König sagte ihm sogleich: "Das Härchen auf deiner rechten Seite heißt: Wallidi-tege-mogo-dinji. Das Härchen auf deiner linken Seite heißt: Kani-kono-fo-mussue. Das große Haar in der Mitte heißt: Kekorro-ba-kanji-kaphula. Ist es nicht so?" Surro Sanke sagte: "Nun kannst du mich töten."

Surro Sanke ward hinausgeführt. Der Henkersknecht mit dem



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Schwert ging neben ihm. Der König folgte. Da kam der unechte Sohn Surro Sankes hergelaufen und schrie: "O mein Überhang, o mein Überhang, nun wird er vom Blute bespritzt werden." Der Bursche dachte nicht daran, daß sein Vater nun hingeschlachtet werden sollte, sondern dachte nur an seinen Überwurf. In eiligem Laufe kam der richtige Sohn Surro Sankes an und schrie: "O mein armer Vater, o mein armer Vater. Hier nimm meinen Überwurf für deinen letzten Weg. O mein Vater! O mein armer Vater!" Darauf ward der Überwurf gewechselt und der Vater erhielt anstatt des kleinen Überwurfes des unechten Sohnes den kleinen Überwurf des rechten Sohnes.

Sie kamen zur Stelle. Surro Sanke kniete nieder. Der Henker hob den Säbel. Surro Sanke beugte das Haupt vor. Da kam ein alter Mann auf den Knien herangerutscht und bat leise Surro Sanke: "Grüß mir meinen alten Vater, grüß mir meine alte Mutter!" Der König, der das sah, rief: "Oho, da will wohl jemand eine Botschaft über mich und mein Leben mit hinübersenden? Ihr wollt Euch wohl drüben über mich beschweren? Nein, dann erlaube ich nicht, daß dieser Mann getötet wird." Da banden sie Surro Sanke wieder frei.

Der König fragte: "Nun sage mir aber, was die drei Namen deiner Haare bedeuten!" Surro Sanke sagte: "Du hast gesehen, wie vorhin mein Stiefsohn für seinen Überhang Sorge hatte, ohne an mich zu denken. Da hast du den Sinn des Härchens auf der rechten Seite. Du hast durch die Frau, die ich am meisten liebte, die Haarnamen erfahren; da hast du den Sinn des Namens des Härchens auf der linken Seite. Wenn dieser Alte im Kreise nicht gewesen wäre, hättest du mich töten lassen. Das ist der Sinn des Namens des Haares in der Mitte meines Kopfes."


44. Die Rache der Hure

Eine Hure (bei den Mali-nke djado mussu, bei den Bammana sunguruba genannt) wohnte in einer Stadt, die so weit von Bamako fortliegt wie Mekka. Sie hatte die Gewohnheit, nie auf die Straße zu gehen,. sondern empfing jeden Abend alle ihre Freunde bei sich, und da ging es dann sehr vergnügt zu. Diese Hure hatte einen jüngeren Bruder. Eines Tages verbreitete sich das Gerücht, daß er mit einer Frau gehurt habe, und wenn man auch keine Zeugen beibringen konnte, weil das Gerücht nämlich nicht auf wahren Tatsachen



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beruhte, so verurteilte der Richter den jungen Burschen doch zu 100 Peitschenhieben. Der Bürgermeister, an den der junge Mann sich wandte, bestätigte das Urteil und ebenso der Almami (das religiöse Oberhaupt). Darauf begab sich die Hure zu dem Gericht und sagte: "Es ist an dem Gerücht nichts Wahres, und ihr verurteilt meinen jüngeren Bruder zu Unrecht, aber um ihm die Schande zu ersparen, will ich gern eine Goldbuße zahlen." Da wurde ihr geantwortet: "Und wenn du bereit wärest, so viel zu zahlen, wie dein Bruder wiegt, so müßten wir ihn doch auspeitschen!" Somit erhielt der Bursche seine hundert Peitschenhiebe.

Die Hure sagte danach zu ihrem Bruder: "Alle drei haben dich verurteilt. Ich werde dir Gelegenheit geben, jedem von allen dreien hundert Peitschenhiebe verabfolgen zu lassen." Am dritten Tage danach zog sich die Hure sehr schön an und ging dahin, wo der Almami war. Sie schritt an ihm vorüber. Der Almami sagte: "Du sagst mir nicht guten Tag?" Sie sagte: "Ich habe es gesagt, du hast es nur nicht gehört!" Der Almami sagte: "Du gehst heute aus? Das ist doch sonst nicht deine Gewohnheit!" Die Hure sagte: "Du fragst mich nach dem Verwunderlichen und begehst doch selbst das Verwunderliche, daß du nie zu mir kommst, wie die anderen Männer dieser Stadt!" Der Almami sagte: "Ich würde schon kommen, aber es sind immer soviel Männer bei dir." Die Hure sagte: "Wenn das der Grund ist! Heute um halb sieben Uhr zum Beispiel sind keine Männer bei mir!" Der Almami sagte: "Wirklich?" Die Hure sagte: "Bei deiner Gerechtigkeit!" Der Almami sagte: "Dann werde ich heute nach dem Salam um halb sieben Uhr zu dir kommen."

Die Hure ging weiter. Sie kam am Hause des Richters vorbei. Der richtete an sie die gleiche Frage wie der Almami. Sie unterhielten sich in gleicher Weise (der Erzähler wiederholt das Gespräch wörtlich) und verabredeten, daß der Richter um acht Uhr bei ihr niemand antreffen würde - "bei seiner Gerechtigkeit".

Die Hure ging weiter. Sie kam am Hause des Bürgermeisters vorbei. Der richtete an sie die gleiche Frage wie der Almami und der Richter. Sie unterhielten sich in gleicher Weise (der Erzähler wiederholt das Gespräch wörtlich) und verabredeten, daß der Bürgermeister um Mitternacht bei ihr niemand antreffen würde - "bei seiner Gerechtigkeit".

Dann suchte die Hure ihren jüngeren Bruder auf und sagte zu ihm: "Komm heute nacht nach Mitternacht zu mir, dann wirst du



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Gelegenheit erhalten, mit den Leuten, die dir die hundert Peitschenhiebe geben ließen, abzurechnen."

Der Almami hatte kaum sein Gebet vor der Gemeinde gesprochen, als er auch, ohne erst zu essen, schleunigst in das Haus der Hure eilte. Er schleuderte seine bunten Kleider in eine Ecke und kam zu der Hure auf das Bett. Die Hure scherzte mit ihm, ohne ihm Befriedigung zuteil werden zu lassen, bis acht Uhr. Da hörte man Schritte kommen. Der Almami fragte hastig: "Kommt da jemand?' Die Hure sagte: "Ist es denn schon acht Uhr, dann ist es der Richter." Der Almami fragte: "Kommt der öfter zu dir?" Die Hure sagte: "Nein, er kommt heute zum erstenmal!" Der Almami sagte: "Ach, der darf mich nicht sehen! Verstecke mich!" Es standen drei große Koffer im Zimmer. Die Hure sagte: "Komm hier hinein!" Sie öffnete einen Koffer, und der Almami kroch schleunigst, nackt wie er war, hinein. Die Hure schloß zu, zog den Schlüssel ab und steckte ihn zu sich.

Der Richter kam herein. Er warf seine Amtskleider eilig in einen Winkel und kam zu der Hure aufs Bett. Die Hure scherzte mit ihm, ohne ihm Befriedigung zuteil werden zu lassen, und trieb dies Spiel bis Mitternacht. Da hörte man Schritte kommen. Der Richter fragte hastig: "Kommt da jemand?" Die Hure sagte: "Ist es denn schon zwölf Uhr? Dann ist es der Bürgermeister." Der Richter fragte: "Kommt der öfter zu dir?" Die Hure sagte: "Nein, er kommt heute zum erstenmal." Der Richter sagte: "Ach, der darf mich nicht sehen! Verstecke mich!" Die Hure stellte darauf einen zweiten Koffer auf den ersten, in dem der Almami verborgen war. Sie sagte: "Kommt hier herein." Der Richter kroch, nackt wie er war, hinein. Die Hure schloß zu, zog den Schlüssel ab und steckte ihn zu sich.

Der Bürgermeister kam herein. Er stellte seine Lanze an die Seite, warf seine Kleider eilig in einen Winkel und kam zu der Hure ins Bett. Die Hure scherzte mit ihm, ohne ihm Befriedigung zuteil werden zu lassen, und sie trieb das Spiel, bis draußen Schritte ertönten. Der Bürgermeister fragte hastig: "Kommt da jemand?" Die Hure sagte: "Das wird mein jüngerer Bruder sein!" Der Bürgermeister sagte: "Der, den wir zu hundert Peitschenhieben verurteilten?" Die Hure sagte: "Derselbe." Der Bürgermeister sagte: "Ach, der darf mich hier nicht sehen! Verstecke mich!" Die Hure stellte darauf einen dritten Koffer auf den zweiten, in dem der Richter war. Sie sagte: "Komm hier herein!" Der Bürger-



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meister kroch, nackt wie er war, hinein. Die Hure schloß zu, zog den Schlüssel ab und band ihn mit den anderen beiden zusammen.

Die Hure hieß ihren Bruder hereintreten. Sie sagte: "Ich habe dir versprochen, dir die drei Männer zu überantworten, die dich zu der unwürdigen und unverdienten Strafe verurteilt haben. Hier siehst du nun die Kleider und Abzeichen dieser Männer in den Winkeln liegen. Dort steht die Lanze des Bürgermeisters. In diesen drei Koffern sind die drei Leute selbst. Hier hast du die Schlüssel zu den Koffern!" Der Bruder sagte: "Die Koffer sind zu schwer, die kann ich nicht fortschleppen, ich will aber die Kleider und die Schlüssel zu den Koffern zu mir nehmen, um bei dem Richter einer benachbarten Stadt zu klagen."

Er nahm die Sachen und ging damit von dannen.

Am anderen Morgen erwartete die versammelte Gemeinde der Gläubigen den Almami, auf daß er das Gebet beginne. Aber er kam nicht. Darauf wurden die Leute unruhig und sagten: "Wir wollen zum Richter gehen, damit der den Almami suchen läßt." Die Volksmenge strömte zum Richter. Die Leute des Richters sagten: "Seit gestern abend haben wir den Richter nicht mehr gesehen." Darauf machte sich die Menge auf, und alle Welt lief nun zu dem Quartier des Bürgermeisters. Sie riefen: "Der Bürgermeister muß das regeln! Der Bürgermeister muß den Almami und den Richter suchen lassen." Im Gehöft des Bürgermeisters waren nur die Frauen daheim. Die sagten mürrisch: "Er war in der letzten Nacht bei keiner von uns." Als die Menge das hörte, bemächtigte sich ihrer große Angst.

Inzwischen konnte der Bürgermeister, der im obersten Koffer im Hause der Hure war, seine Notdurft nicht mehr anhalten, denn er hatte in der letzten Nacht recht viel getrunken. So begann er denn ordentlich zu pissen, das Wasser lief durch die Ritzen in den zweiten Koffer auf den Richter, und der rief: "Bürgermeister, halt an!" Der Bürgermeister erkannte den Richter an der Stimme und sagte: "Bist du auch da?" Darauf hielt auch der Richter seine Notdurft nicht mehr in Schranken und pinkelte, so daß der Almami im untersten Koffer ein zweites Bad erhielt und rief: "Hör' auf, Richter, hör' auf! Ich, der Almami, bin ja unter euch!" Darauf sagte der Bürgermeister: "Wenn wir alle drei hier sind, dann wollen wir doch schreien!" Der Almami sagte: "Wir wollen nicht schreien!" Der Bürgermeister begann aber aus seinem Koffer heraus zu schreien.



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Das Schreien hörte die Menge, die ängstlich durch die Straßen eilte. Einige Leute sagten: "Kommt, bei der Hure prügeln sich zwei Männer!" Alles kam angerannt. Die Leute sahen keinen Menschen im Hause, aber die Pisse, die aus dem Koffer gelaufen war. Sie hörten stöhnen und rufen.

Da brachen die Leute die drei Koffer auf und der Bürgermeister, der Richter und der Almami kamen ganz nackt herausgekrochen.

45. Der Erbschaftsrichter

Ein König namens Ndji hatte drei Söhne. Er hatte drei Koffer. Eines Tages ward er krank. Er rief seine Söhne zusammen und sagte: "Ich sterbe. Nehmt mein Besitztum. Da sind drei gefüllte Koffer, jeder kann einen Koffer mit sich nehmen." Da nahm jeder einen Koffer auf und ging damit von dannen. Der Vater hatte gesagt: "Öffnet nicht, ehe ich gestorben bin." Dann starb er und wurde begraben. Die Söhne öffneten die Koffer, jeder den, den er herausgegriffen hatte. Der erste fand, daß sein Koffer angefüllt war mit Gold. Der zweite fand, daß sein Koffer angefüllt war mit Holzstücken. Der dritte fand, daß sein Koffer angefüllt war mit allerhand Erde, aber nur mit Erde,

Da sagten der zweite und der dritte Bruder: "Nein, das ist nicht gut. Wir wollen alle drei Koffer genau teilen. Unser Bruder soll jedem ein Drittel seines Goldes und jeder von uns ihm ein Drittel seines Holzes oder seiner Erde abgeben." Der erste Bruder aber sagte: "Nein, das will ich nicht. Der Vater hat nun einmal so bestimmt. Hätte einer von euch den Koffer voll Gold gezogen, würde er auch nicht teilen wollen. Das ist eben ein Zufall. Aber der verstorbene Vater hat es so bestimmt." Der zweite und dritte Bruder riefen die Dorfleute und alle weisen Männer zusammen, um denen die Sache vorzulegen und darauf eine andere Entscheidung zu treffen. Aber alle Leute sagten: "Der verstorbene Vater hat das so verfügt. Wir können nichts daran ändern; und außerdem war es ein kluger Mann, der alles nach reiflicher Überlegung tat." Die beiden Brüder wandten sich an den Herrn der ganzen Landschaft, aber der wies sie auch ab.

Es sagten aber einige: "Wendet euch alle drei an einen gewissen Mann, der heißt Kabaku (d. h. es ist merkwürdig[?]). Wenn einer euch dreien helfen kann, so ist es der." Die Brüder ließen sich die Richtung zeigen und machten sich auf den Weg.



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Als sie eine Zeitlang gegangen waren, kamen sie an ein Wasser. In dem Wasser stand ein Mann bis an den Hals. Auf seinem Rücken hatte er eine Bockshaut, die war mit Wasser gefüllt. Auf dem Kopfe hatte er eine Kalebasse voll Wasser. Der Mann weinte und jammerte. Die drei Brüder fragten ihn: "Was fehlt dir?" Der Mann sagte: ,Ich weine, weil ich vor Durst sterbe!" Da meinten die Brüder: "Das ist merkwürdig. Das wird wohl Kabaku sein." Der Mann in dem Wasser aber sagte: "Ich bin nicht Kabaku. Wenn ihr Kabaku sucht, so müßt ihr noch weitergehen. Da vor euch ist ein Dorf, das ist bewohnt und belebt, aber man kann nicht hinein, denn es ist ganz zugedeckt. In der Gegend ist vielleicht Kabaku."

Darauf gingen die Brüder weiter. Sie kamen an dem geschlossenen Dorfe vorbei. Man hörte da das Leben, Gehen und Treiben, aber es führte weder ein Weg hinein, noch einer heraus. Dann kamen sie an einen Mann, der schnitt Forgnon, und zwar schnitt er sowohl die reifen als unreifen Halme mit gleicher Gelassenheit ab. Die drei Brüder sahen das und sagten: "Das ist merkwürdig, das muß Kabaku sein!" Der Schnitter aber sagte: "Nein, ich bin nicht Kabaku; Kabaku werdet ihr aber treffen, wenn ihr auf diesem Wege weitergeht."

Die drei Brüder gingen weiter und kamen an eine Reihe von drei nebeneinander in einer Reihe liegenden Brunnenschächten. Der erste und dritte enthielten Wasser und spieen dies auch nach oben aus, und zwar der erste so, daß sein Wasser in den dritten, der dritte so, daß sein Wasser in den ersten übersprang. Der zweite Brunnen aber war trocken und wurde auch von den beiden Wasserstrahlen nicht genetzt. Die drei Brüder sagten: "Das ist merkwürdig; das muß Kabaku sein!" Aus der Tiefe des Brunnenloches aber klang eine Stimme, die rief: "Nein, hier ist nicht Kabaku. Kabaku ist noch vor euch. Erst werdet ihr noch an zwei große Töpfe kommen, von denen ihr vielleicht Näheres hören könnt."

Die drei Brüder gingen weiter. Sie kamen denn auch nach einiger Zeit an zwei mächtige Töpfe, die standen ziemlich weitab getrennt. Der eine der großen Töpfe war bis an den Rand mit Wasser gefüllt; der Boden um ihn herum war aber gänzlich trocken. Der andere Topf war leer; der Boden rund herum war aber von Wasser durchtränkt. Die drei Brüder sagten: "Das ist so merkwürdig, daß man meinen möchte, dieses wäre Kabaku selbst." Aus den Töpfen aber klang es alsogleich: "Nein, hier ist nicht Kabaku. Geht aber auf diesem Wege weiter."



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Die drei Brüder gingen weiter und kamen zuletzt zu einem uralten Manne mit ganz weißen Haaren, der saß am Wege. Die Brüder fragten: "Bist du Kabaku?" — "Nein," sagte der Mann, "ich bin aber der jüngste Bruder Kabakus. Geht aber diesen Weg hin, so kommt ihr an einem Mann vorbei, dessen Bart und Haar ist auf einer Seite noch ganz schwarz, auf der anderen aber schon vollständig weiß. Das ist mein älterer Bruder. An dem geht vorbei, und dann kommt ihr zu meinem ältesten Bruder, das ist ein kleiner Junge. Der ist noch nicht beschnitten. Das ist Kabaku." Die Brüder gingen weiter und kamen erst an dem älteren Bruder vorbei, der auf der einen Seite schon weißes, auf der anderen noch schwarzes Haar hatte. Endlich kamen sie an einen Baum, unter dem spielte ein noch unbeschnittener junger Bursche mit anderen Kindern Mpere, und der sagte sogleich: "Ich bin Kabaku; ihr sucht mich." Die drei Brüder sagten sogleich: "Ja, wir wollen einen Rat von dir erbitten und haben deshalb die Reise an den unverständlichen Erlebnissen vorbei zu dir unternommen."

Kabaku sagte: "Diese Dinge, die ihr gesehen habt, sind nicht so unverständlich, wie es euch scheint. Ich werde euch alles erklären: Da war der Mann, der im Wasser stand und Wasser in Kalebasse und Ledersack trug. Das ist ein Bild aller Menschen, die, je mehr sie haben, desto mehr erlangen wollen. — Da war die Stadt, die gedeckt war und aus der kein Weg herausführte, trotzdem ihr viel Leben in ihr sich regen gehört habt. Das war ein Termitenhaufen. — Ihr kamt an dem Mann vorbei, der reife und unreife Ähren mit gleichem Griffe ohne Unterschied abschnitt. Das war Gott, der unerwachsene Knaben, kräftige Männer und welke Greise gleichzeitig abschneidet. — Weiterhin kamt ihr an die drei Brunnen, deren äußere beiden das Wasser einander zuspieen, während der mittelste trocken war und von dem Überfluß der anderen beiden nichts erhielt. Das ist das Leben der Reichen, die sich Schätze untereinander zuwerfen, den Armen aber, die nichts haben, auch nichts abgeben. — Es standen dann am Wege zwei große Töpfe, deren einer leer war, während der Boden rund herum naß war, wogegen der andere wohigefüllt, der Boden rings um ihn aber trocken war. Das sind zwei Frauen, von denen die eine Kinder gebar und all ihr Inneres den Kindern mitgab, so daß sie verdorrte - die andere aber alle Lebenskraft für sich behielt. Sie gebar keine Kinder und gab nichts. — Endlich kamt ihr an uns drei Brüdern vorbei, von denen der jüngste uralt und



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ganz weißhaarig, der mittlere halbweiß und halbschwarz und der älteste, ich - Kabaku ganz schwarz und ganz jung ist. Das wurde so: Mein jüngster Bruder hatte zwei Frauen, die sehr böse wurden, da alterte er schnell und wurde der älteste. Mein zweiter Bruder hatte eine schlechte und eine gute Frau, und so ward die eine Seite weiß, die andere schwarz. Ich, der älteste, habe aber vier gute Frauen, und so bleibe ich ewig jung und wurde der jüngste."

Kabaku sagte (weiter): "Ihr streitet euch um die Erbschaft! Der eine Sohn erhielt einen Koffer mit reinem Golde. Der zweite Sohn erhielt einen Koffer, in dem war von allen Holzarten des Busches enthalten. Der dritte Sohn erhielt einen Koffer mit Erdstücken jeder Beschaffenheit des Landes. Euer Vater hat bestimmt, daß jeder einen Koffer erhält, wie er ihm gerade zufällt. Zwei von euch sind unzufrieden und wollten lieber das Gold haben. Ich kann gegen den letzten Wunsch eures Vaters nichts sagen, denn das war sehr klug. Aber ich glaube, ihr beiden könnt doch sehr wohl zufrieden sein. Der eine erhielt von allen Arten des Holzes im Lande. Also hat er das Recht über allen Busch und alle Bäume. Er kann von jedem, der Holz sucht oder Bäume fällt, Abgaben erheben. Der zweite hat von allen Erdarten. Er hat das Recht über den Boden. Niemand darf einen Brunnen auswerfen, niemand ein Loch für Rattenfang machen, niemand einen Termitenhaufen zum Hühnerfüttern abbrechen, ohne ihn zu fragen, ohne an ihn Abgaben zu zahlen. — Ich glaube mit diesen Rechten könnt ihr zufrieden sein."

Das verstanden die Brüder. Sie gingen heim.

Der erste Bruder, der den Koffer mit dem Gold geerbt hatte, kaufte sich viele Sklaven. Nun wollte er sie auf den Feldern arbeiten lassen. Er gab den Auftrag, ein neues Feld zu bestellen. Als die Sklaven die Erde aber aufbrachen, kam der dritte Bruder und sagte: "Du mußt mir Abgaben zahlen, wenn du den Boden bestellen willst." Der erste Bruder sagte: "So sollen meine Sklaven im Busch Holz schlagen." Er sandte sie in den Busch, damit sie Holz schlügen. Als die Sklaven die Arbeit begonnen hatten, kam der zweite Bruder und sagte: "Du mußt mir Abgaben zahlen, wenn du deine Sklaven im Busch Holz schlagen lassen willst." Darauf wußte nun der erste Bruder mit seinen Sklaven nichts anzufangen und teilte mit seinen beiden Brüdern sein Gold. Außerdem zahlte er ihnen von den Arbeitsergebnissen seiner Sklaven.



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46. Der Alkali

Ein Bosso hatte im Bossolande drei Söhne gezeugt. Der Bosso war ein Tungutu (ein Magier). Die Söhne wurden groß. Der Bosso sagte zu seinen Söhnen: "Wenn ich einmal sterbe, dürft ihr mein Besitztum nicht teilen, sondern ihr müßt es zusammenhalten. Denn unter denen, die teilen, ist ein Bastard, und wenn ich euch auch nicht sage, wer es ist, so genügt doch die Tatsache, um diese Vorsicht zu üben. Ich wiederhole also, daß ihr allein schon aus diesem Grunde nach meinem Tode mein Besitztum nicht teilen, sondern daß ihr es zusammenhalten sollt."

Der alte Bosso war ein sehr angesehener Mann. Die Leute im Dorfe sagten, als er krank wurde: "Wenn der Alte stirbt, haben wir nicht mehr einen so tüchtigen Tungutu. Denn die Söhne sind nicht so gut unterrichtet wie der Vater."

Nach einiger Zeit starb der Vater. Sobald der Vater gestorben war, sah einer der drei Söhne den anderen von der Seite an und sagte bei sich: "Ob das nicht der Bastard ist? Sicher, das ist der Bastard!" (Bastard in Bosso = schomo-diong; in Mali-nke = i. diakalmedi, 2. danka ding; in Bammana = niamako-di.) Jeder meinte, den anderen gering ansehen zu müssen. Eine Zeitlang gingen sie still (finster) nebeneinander her.

Eines Tages brach der Streit aus. Ein jeder warf dem anderen vor: "Du bist daran schuld, daß nicht jeder aus des Vaters Besitz sein Erbteil nehmen kann. Denn du bist ein Schomo-diong." Und der andere antwortete: "Du lügst, weil du ein Schomo-diong bist. Alle Bastarde lügen und verderben den Ruf anständiger Menschen. Und weil der Vater deine Betrügerei gefürchtet hat, deshalb dürfen wir unser Besitztum nicht teilen, und deshalb müssen wir anderen beiden mit einem Bastard zusammenleben!" Jeder der drei Brüder sagte dem anderen schlimme Sachen. Von Tag zu Tag-wurden die Streitereien schlimmer. Die Leute des Dorfes sagten: "Der alte Bosso war ein ausgezeichneter Tungutu. Aber seine Söhne taugen nichts. Sie streiten den ganzen Tag."

Endlich sagte eines Tages der älteste: "Wir wollen diesen Zänkereien ein Ende machen und wollen zum Richter (in Bosso =alkali; in Fulbe = scharria; in Mali-nke = kirn; in Bammana = kirn) gehen. Der Alkali mag entscheiden, was an unserer Sache ist." Der zweite sagte: "Ich stimme dem zu." Der dritte sagte: "Ich denke auch, daß das am besten ist." So machten sich denn die drei Brüder fertig zur Wanderung und traten die Reise an.



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Die drei Brüder waren aber so erzürnt, daß keiner mit dem anderen gehen mochte. So gingen sie zwar alle drei die gleiche Straße, aber jeder vom anderen ein großes Stück entfernt. Der älteste ging am weitesten vorn, dann kam der zweite, dann der dritte!

Als der älteste ein langes Stück gegangen war, begegnete er einem Alten. Der Alte fragte ihn: "Ich habe mein Kamel verloren. Ist hier nicht ein Kamel entlang gekommen?" Der älteste sagte: "Gewiß ist hier ein Kamel (in Bosso njuomo; in Mali-nke = njome; in Bammana = njame; in Fulbe = geloba) entlang gegangen." Der Alte fragte: "Hatte es denn ein besonderes Aussehen?" Der älteste sagte: "Ja, es war auf dem linken Auge blind." — Der Alte lief also weiter, seinem Kamele nach. Er begegnete dem zweiten Bruder, hielt ihn an und sagte: "Ich habe mein Kamel verloren. Ist hier nicht ein Kamel entlang gekommen?" Der zweite Bruder sagte: "Gewiß ist hier ein Kamel entlang gekommen." Der Alte fragte: "Hatte es denn ein besonderes Aussehen?" Der zweite Bruder antwortete: "Ja, es war auf dem Rücken wund." — Der Alte lief also weiter, seinem Kamel nach. Er begegnete dem dritten Bruder, hielt ihn an und sagte: "Ich habe mein Kamel verloren. Ist hier nicht ein Kamel entlang gekommen?" Der dritte Bruder sagte: "Gewiß ist hier ein Kamel entlang gekommen." Der Alte fragte: "Hatte es ein besonderes Aussehen?" Der dritte Bruder antwortete: "Ja, es war trächtig."

Darauf sagte der Alte zu dem dritten Bruder: "Das Kamel, das ihr drei mir beschrieben habt, ist mein Kamel. Der erste sagte mir, es sei auf dem linken Auge blind; der zweite, es sei auf dem Rücken wund; du sagst mir, es sei trächtig. Ihr kennt also mein Kamel, und auf dem ganzen Wege ist es weit und breit nicht zu sehen. Also müßt ihr drei mein Kamel gestohlen und beiseitegebracht haben. Wenn ihr mir mein Kamel nicht sogleich wiederverschafft, werde ich zum Alkali gehen und euch verklagen." Der jüngste Bruder sagte: "Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Geh zum Alkali. Es paßt sehr gut, daß wir auch gerade auf dem Wege zum Alkali sind."

Der Alte kehrte um. Er ging nun mit den drei Brüdern zum Alkali. Der älteste Bruder kam an. Der zweite Bruder kam an. Der jüngste Bruder kam an. Der Alte trug seine Sache dem Alkali vor. Er sagte: "Mein Kamel ist mir gestohlen worden. Ich bin von der anderen Seite gekommen, also konnte niemand auf dieser Seite mein Kamel sehen. Heute morgen war es nicht mehr da. Ich



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ging nach dieser Seite und traf diese drei Leute, die getrennt voneinander gingen. Ich fragte den ersten, ob er mein Kamel gesehen habe. Er sagte, daß er ein Kamel gesehen habe, das auf dem linken Auge blind war. Ich fragte nachher den zweiten, ob er mein Kamel gesehen habe. Er sagte, daß er ein Kamel gesehen habe, das auf dem Rücken wund war. Ich fragte nachher den dritten, ob er mein Kamel gesehen habe. Er sagte, daß er ein Kamel gesehen habe, das trächtig war. Mein Kamel war aber wirklich auf dem linken Auge blind, auf dem Rücken wund und trächtig. Die drei Männer haben mein Kamel gesehen, aber behaupten, daß sie nicht wissen, wo es ist. Also müssen sie mein Kamel gestohlen haben."

Der Alkali fragte den ältesten: "Du hast also das Kamel gesehen?" Der älteste sagte: "Nein, ich habe das Kamel nicht gesehen. Ich habe auch zu dem Alten nicht gesagt, daß ich das Kamel gesehen hätte. Ich habe nur gesagt, daß ein Kamel auf meinem Weg entlang gegangen ist." Der Alkali sagte: "Woran hast du denn erkannt, daß das Kamel, das deinen Weg entlang gegangen ist, auf dem linken Auge blind war?" Der älteste antwortete: "Das habe ich daran erkannt, daß das Gras nur auf der rechten Seite abgenagt war. Daraus schloß ich, daß es auf dem linken Auge blind sein mußte."

Der Alkali fragte den zweiten Bruder: "Aber du hast wohl das Kamel gesehen?" Der zweite Bruder sagte: "Nein, ich habe das Kamel nicht gesehen. Ich habe auch zu dem Alten nicht gesagt, daß ich das Kamel gesehen hätte. Ich habe nur gesagt, daß ein Kamel auf meinem Weg entlang gegangen ist." Der Alkali sagte: "Woran hast du dann erkannt, daß das Kamel, das deinen Weg entlang gegangen ist, auf dem Rücken wund war?" Der zweite Bruder antwortete: "Das habe ich daran erkannt, daß an dem Wege einige abgerissene, mit Blut beschmutzte Blätter lagen. Daraus schloß ich, daß das Kamel auf dem Rücken verwundet sein müsse, denn jedes Kamel hat die Angewohnheit, wenn es verwundet ist, Blätter auf den Rücken zu werfen, um so die Fliegen zu verjagen."

Der Alkali fragte den jüngsten Bruder: "Hast du denn wenigstens das Kamel gesehen?" Der jüngste Bruder antwortete: "Nein, ich habe das Kamel nicht gesehen. Ich habe auch gar nicht ZU dem Alten gesagt, daß ich das Kamel gesehen hätte. Ich habe nur gesagt, daß ein Kamel auf meinem Weg entlang gekommen wäre." Der Alkali sagte: "Woran hast du denn aber erkannt, daß das Kamel, das deinen Weg entlang gegangen ist, trächtig war?" Der



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jüngste Bruder antwortete: "Wenn ein Kamel trächtig ist, macht es eine breite Bahn im Grase. Diese breite Bahn habe ich auf dem Wege gesehen, den das Kamel gegangen ist, und daraus schloß ich, daß das Kamel trächtig sein müsse."

Darauf sagte der Alkali zu dem Alten: "Laß diese drei jungen Leute, ich kann kein Unrecht an ihnen finden. Du bist ihnen aber zu Dank verpflichtet, denn sie haben dir hier gesagt, an welchen Zeichen man den Weg erkennen kann, den es gegangen ist. Folge diesen Zeichen, und du wirst, wenn Allah will, dein Kamel finden."

Der Alkali sagte zu den drei jungen Leuten: "Bleibt in meinem Hause als meine Gäste. Nehmt Speise und Trank zu euch. Und wenn ihr euch ausgeruht und erfrischt habt, so kommt zu mir, dann will ich eure Sache hören." Darauf wies er den drei Brüdern in seinem Hause eine Wohnstatt an und gab den Auftrag, für sie Speise und Trank zu bereiten. Er ließ eine Schüssel mit Reis herrichten und sagte zu einem Sklaven: "Bringe diese Schüssel mit Reis den drei jungen Leuten und setze dich dann an die Tür. Höre zu, was die drei sagen. Merke es dir und komme nachher zu mir, um mir alles zu wiederholen. Achte nur genau auf jedes Wort." Der Sklave nahm die Schüssel mit Reis und trug sie zu den drei Burschen hinüber. Er sagte: "Der Alkali sendet euch diese Schüssel mit Reis!" Der älteste der drei Brüder nahm die Schüssel und sagte: "Wir danken." Dann setzte sich der Sklave an der Tür auf den Boden.

Der älteste hob den Deckel von der Schüssel, blickte auf den Reis und sagte, ohne erst zu versuchen: "Die Bereitung ist gut, aber der Reis ist beschmutzt." Der zweite blickte in die Schüssel und sagte, ohne erst zu versuchen: "Der Reis ist gut, aber das Fleisch darin ist Hundefleisch!" Der jüngste blickte in die Schüssel und sagte, ohne erst zu versuchen: "Der Reis ist gut; die Bereitung ist gut; aber der Alkali selbst ist ein Bastard." Als der jüngste das gesagt hatte, verließ der Sklave seinen Platz und ging fort. Er ging zum Alkali.

Der Alkali sagte: "Hast du alles gehört, was die Burschen sagten?" Der Sklave sagte: "Ja." Der Alkali fragte: "Hast du alles gemerkt?" Der Sklave sagte: "Ich habe alles gehört und habe alles gemerkt." Der Alkali sagte: "So wiederhole es mir." Der Sklave sagte: "Ich fürchte mich, das zu wiederholen." Der Alkali sagte: "Ich muß es wissen. Sage es!" Der Sklave sagte: "Ich brachte die Schüssel mit Reis herein. Der älteste nahm den Deckel ab, blickte hinein und sagte, ohne erst versucht zu haben: ,Die Bereitung



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ist gut, aber der Reis ist beschmutzt.' Der zweite blickte in die Schüssel und sagte, ohne erst versucht zu haben: ,Der Reis ist gut, aber das Fleisch darin ist Hundefleisch!' Der jüngste blickte in die Schüssel und sagte, ohne erst versucht zu haben: ,Der Reis ist gut; die Bereitung ist gut; aber der Alkali selbst ist ein Bastard!' Als ich das hörte, bin ich aufgestanden und herausgegangen."

Der Alkali sagte zu dem Sklaven: "Rufe mir die Sklavin, die den Reis bereitete." Der Sklave ging; er rief die Sklavin. Die Sklavin kam. Der Alkali sagte zu ihr: "Ich gab dir den Auftrag, eine Schüssel Reis zu bereiten. Wie kommt es, daß man von dem Reis sagen kann, er sei schmutzig." Die Sklavin begann zu weinen und sagte: "Es ist wahr, ich habe, ehe ich den Reis bereitete, mich von meinem Freunde beschlafen lassen und dann in der Eile vergessen, mich zu waschen." Der Alkali sagte: "Es ist gut! Geh!" Die Sklavin ging.

Der Alkali sagte zu dem Sklaven: "Rufe mir den Schlächter, der den Hammel geschlachtet hat." Der Sklave ging; er rief den Schlächter. Der Schlächter kam. Der Alkali sagte zu ihm: "Ich gab dir den Auftrag, ein Schaf zu schlachten, damit den jungen Leuten ein gutes Gericht vorgesetzt werden könne. Wie kommt es, daß man sagen kann, das Fleisch in der Speise sei von einem Hunde!" Der Schlächter dachte nach und sagte: "Die Sklavin kam vorhin zu mir und kaufte bei mir ein ganz junges Lamm. Das Lamm war von einem Schaf geworfen, aber ich muß zugeben, daß ich nie sah, daß ein Hammel das Schaf deckte -wohl aber, daß ein männlicher Hund vielfach auf meinem Hofe mit dem Schafe spielte. Also könnte sehr leicht nicht ein Hammel, sondern der Hund das Schaf gedeckt haben." Der Alkali sagte: "Es ist gut! Geh!" Der Schlächter ging.

Darauf begab sich der Alkali zu seiner Mutter und sagte: "Meine Mutter, es sind heute drei junge Männer zu mir gekommen, das sind die Söhne eines sehr weisen Mannes. Die drei jungen Männer wissen in allen Dingen Bescheid. Sie haben mir bewiesen, daß sie so weise sind wie ihr Vater. Ich habe alles, was sie sagen, nachgeprüft und habe gefunden, daß sie sich in nichts täuschen. Diese drei jungen Männer haben nun auch gesagt, ich sei ein Bastard! Sage mir, meine Mutter, was daran wahr ist, denn ich muß gerecht sein!" Als die Mutter des Alkali das hörte, begann die alte Frau zu weinen. Sie sagte nichts. Sie weinte. Der Alkali sagte: "Sage mir, meine Mutter, was daran ist. Ich werde nicht zürnen. Ich



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bin aber Alkali, und als solcher muß ich die Wahrheit wissen." Die alte Frau weinte. Sie weinte und sprach nicht. Der Alkali sagte: "Sprich! Ich muß es wissen!"

Die alte Frau, die Mutter des Alkali sagte: "Es ist wahr. Die drei jungen Leute haben die Wahrheit gesagt. Dein Vater war einmal im Kriege. Er blieb sieben lange Jahre fort. Ich blieb immer treu. Eines Tages aber war ich sehr erregt. Dein Vater war schon so lange fort, daß ich nicht mehr an seine Rückkehr glaubte. Ich dachte, er wäre schon längst im Kriege gefallen. Ich war noch jung und meiner Erregung nicht mehr Herr. Es war ein alter Sklave, nur dieser eine alte Sklave im Dorfe. Der alte Sklave beschlief mich. — Wenige Tage später kam dein Vater aus dem Kriege zurück. — Das ist fünfundsechzig Jahre her. Es weiß das aber außer mir kein lebender Mensch." Der Alkali ging.

Der Alkali ließ die drei jungen Leute zu sich kommen und sagte: "Ich hoffe, daß ihr nun genügend ausgeruht habt. Nun tragt mir vor, was eure Angelegenheit ist." Der älteste der drei Brüder sagte: "Unser Vater war ein großer Tungutu. Einige Zeit vor seinem Tode ließ er uns drei Brüder, seine Söhne, zu sich kommen und sagte: ,Wenn ich einmal sterbe, dürft ihr mein Besitztum nicht teilen, sondern ihr müßt es zusammenhalten. Denn unter denen, die teilen, ist ein Bastard, und wenn ich euch auch nicht sage, wer es ist, so genügt doch die Tatsache, um diese Vorsicht zu üben. Ich wiederhole also, daß ihr allein schon aus diesem Grunde nach meinem Tode mein Besitztum nicht teilen, sondern daß ihr es zusammenhalten sollt!' Dann aber starb unser Vater, und von dem Augenblicke an sind wir in Mißtrauen und in Uneinigkeit. Jetzt sollst du uns sagen, wie wir aus diesem ständigen Streiten und Mißtrauen herauskommen können und was an der Sache mit dem Bastard Wahres ist." Die anderen beiden Brüder sagten: "Ja, so ist es."

Der Alkali sagte: "Ihr streitet um den Bastard. Des Bastards wegen könnt ihr beruhigt nach Hause zurückkehren, denn es ist kein Bastard unter euch. Euer Vater hat gesagt, unter denen, die teilen, sei ein Bastard. Euer kluger Vater sah richtig voraus, daß ich diese Angelegenheit zu regeln haben würde, und ich bin in der Tat ein Bastard. — Dann hat euer Vater gesagt, daß ihr allein schon aus diesem Grunde nicht teilen, sondern zusammenhalten sollt. Er hat noch einen anderen Grund dafür gehabt. Ihr sollt nämlich mit der Klugheit, die ihr geerbt habt, nicht geteilt und gegeneinander, sondern zusammen und gemeinsam tätig sein! Ich



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sehe aus allem, was ich von euch gehört und erfahren habe, daß ihr gemeinsam wirken müßt. Bis jetzt habt ihr euch unbeliebt gemacht, weil ihr euch untereinander bekriegt habt. Haltet von nun an zusammen, so wird man euch lieben und ihr werdet zu Macht und Ansehen kommen. Nehmt, um einig zu werden, ein wenig von diesem Medikament, eßt es und streicht euch über das Antlitz. Dann wird alles gut werden."

Die drei Brüder nahmen das Medikament, aßen es und strichen sich über das Antlitz. Von da an waren sie einig und wurden sehr angesehen.

Das war aber das Medikament der Bastarde, das man auch heute noch kennt und auch heute noch häufig anwendet.



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V. Kapitel: Das Leben im Tierbilde

47. Sonsanni und Uarraba

Uarraba (der Löwe) wollte ein Haus bauen, in dem alle Tiere der Wildnis Platz hätten. Sonsanni (der Hase) sagte: "Das kannst du nicht." Uarraba sagte: "Gut, wenn ich mein Haus gebaut habe und wenn du dann hereinkommst, so werde ich dich töten." Der Hase entgegnete: "Ich werde doch in dein Haus gehen, und du wirst mich nicht töten."

Uarraba machte sein Haus. Alle Tiere kamen herein. Nur Sonsanni blieb draußen. Nach einiger Zeit kam Sonsanni am Hause des Uarraba vorbei. Er sah hinein und fand, daß niemand darin war. Er trat also in das Haus. Er legte sich nieder und schlief nach einiger Zeit ein. Darauf kam Uarraba. Uarraba fragte: "Was machst du hier?" Sonsanni sagte:' "Ich war müde und so kam ich herein." Darauf ergriff Uarraba Sonsanni und band ihn mit einem Strick fest.

Sonsanni sagte: "Es ist gut, daß du mich festnimmst und strafst. Binde mich aber nicht mit einem Strick, sondern wirf mich so in das Wasser. Mein Vater hat gesagt, ich solle nie einen Strick anfassen, weil das meiner Umgebung Unglück bringe. Wirf mich also lieber ins Wasser!" Uarraba band Sonsanni los und warf ihn ins Wasser. Darauf schwamm Sonsanni fort. Uarraba hat ihn bis heute nicht erwischt.

48. Sonsanni und die Tiere

Sonsanni und Surukku gingen aus, Wasser zu suchen. Sonsanni trank dann an dem Brunnen der anderen Tiere, und er beschmutzte ihn. Die Tiere merkten es und sagten: "Wenn wir Sonsanni morgen erwischen, werden wir ihn schlagen." Die Tiere machten aus Kautschuk (= manna) die Figur eines hübschen Mädchens. Sie stellten das Mädchen am Brunnen auf.

Am anderen Tage kam Sonsanni wieder. Sonsanni sah das Mädchen und sagte: "Erlaube mir, daß ich dich ein wenig betrachte." Dabei betastete er ihren Busen (= asi). Sogleich blieben seine Füße hängen. Sonsanni stieß mit dem einen Fuß nach ihr und rief: "Was, du willst mich festhalten?" Er klebte mit dem Fuße fest. Er stieß mit dem anderen Fuß. Er klebte mit dem anderen Fuß fest. Er konnte nicht fort.



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Die anderen Tiere kamen. Sie nahmen Sonsanni gefangen und banden ihn. Sie fragten Sonsanni: "Wie willst du getötet sein? Sollen wir dich in das feuchte Gras werfen oder sollen wir dich unter die Füße der Elefanten werfen?" Sonsanni sagte: "Werft mich unter die Füße der Elefanten!" Sama (der Elefant) sagte: "Wenn das für Sonsanni ein schlimmer Tod wäre, würde er ihn nicht selbst wählen. Ich rate also: Werft ihn ins feuchte Gras, das scheint er zu fürchten." Die Tiere sagten: "Es ist gut." Sie nahmen Sonsanni und warfen ihn ins feuchte Gras. Sonsanni sprang auf, lief fort und rief: "Ihr Dummköpfe, wißt ihr nicht, daß mich mein Vater im feuchten Grase gezeugt hat? Wißt ihr nicht, daß mich meine Mutter im feuchten Grase geboren hat?"

49. Sonsanni und der Brunnen

Alle Tiere hatten eine Versammlung. Sie sagten: "Wir wollen einen Brunnen graben, damit wir, um zu trinken, nicht soweit bis zum Sumpf zulaufen brauchen." Alle Tiere waren einverstanden. Nur Sonsanni sagte: "Nein, ich grabe nicht mit. Wenn ihr aber euren Brunnen gegraben habt, dann werde ich daraus trinken." Die Tiere sagten: "Wenn du das tust, so werden wir dich töten." Sonsanni sagte: "Ich tue es doch."

Die Tiere gruben den Brunnen. Jeden Morgen kam Sonsanni und trank von dem Wasser in dem Brunnen. Die Tiere merkten es. Die Tiere sagten: "Es trinkt jeden Morgen jemand von dem Wasser in unserem Brunnen und trübt unseren Brunnen. Wir werden es sehen, wer das ist." Die Tiere brachten eine Figur aus Wachs (=kannja) und stellten die Figur an den Brunnen. Am anderen Morgen kam Sonsanni. Sonsanni sah die Figur. Er sagte: "Was willst du hier an dem Brunnen, den die Tiere für mich gegraben haben." Sonsanni schlug mit der rechten Hand und blieb hängen. Er schlug mit der linken Hand und blieb hängen. Er stieß mit dem einen Fuß und blieb hängen. Er stieß mit dem anderen Fuß und blieb hängend Er stieß mit dem Kopf und blieb hängen. Er hing ganz fest an der Wachsfigur.

Die anderen Tiere fanden ihn so, als sie kamen. Sie sagten: "Ach, du bist es also, der immer unser Wasser trübt! Jetzt wollen wir dich töten und essen. Sie nahmen Sonsanni gefangen. Sie banden ihn. Die einen liefen hin, um Feuer zu holen. Die anderen liefen hin, um Holz zu holen. Die dritten liefen hin, um ein Gefäß zu



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holen, in dem Sonsanni abgebrüht werden sollte. Surukku (der Schakal) blieb als Wächter bei Sonsanni zurück.

Sonsanni fragte Surukku: "Soll ich dir Fleisch zeigen?" Surukku sagte: "Ja, zeige mir Fleisch!" Sonsanni sagte: "So binde mich los und ich will dich dahin führen." Surukku band darauf Sonsanni los. Sonsanni führte Surukku durch die Steppe. Sonsanni sprang plötzlich auf einen Baum und warf einen Ast herunter. Surukku fragte: "Bist du es?" Sonsanni sagte: "Ja, ich bin es. Ich hole Fleisch für dich!" Sonsanni sprang dann auf der anderen Seite herunter und lief von dannen. Nach einiger Zeit merkte Surukku, daß er hintergangen war. Er lief also hinter Sonsanni her.

Sonsanni sprang inzwischen in eine alte von Würmern zerfressene Tierhaut. Surukku kam allmählich heran und fragte die Haut: "Wer bist du?" Sonsanni antwortete: "Ich bin hier an einen schlechten Baum gekommen. Dadurch habe ich mir eine schlimme Krankheit zugezogen. Sieh, wie die Würmer in meinen Geschwüren leben! Sie essen meinen Leib." Als Surukku das hörte, lief er eilends von dannen.

Sonsanni sprang auch auf und lief zu Mali (dem Nilpferd). Sonsanni sagte zu Mali: "Ich schulde dir noch etwas. Heute will ich es aber abbezahlen! Nimm ein starkes Tau und binde dessen eines Ende an dein Bein. Das andere Ende werde ich mitnehmen." Mali sagte: "Es ist gut!" Sonsanni ergriff das zweite Ende und lief zu Surukku. Sonsanni sagte zu Surukku: "So, jetzt sieh das Fleisch, das ich dir versprochen habe. Es ist ein totes Pferd, das im Fluß liegt. Ich habe einen Strick daran gebunden. Nimm du das andere Ende und zieh das Pferd heraus." Surukku sagte: "Es ist gut."

Surukku begann zu ziehen. Surukku zog und zog. Am anderen Ende zog Mali. Mali war natürlich stärker. Mali zog Surukku herab in das Wasser und tötete ihn.

50. Sonsanni und Mali

Sonsanni hatte bei Mali eine Kuh geliehen, ohne sie bezahlen zu können. Sonsanni ging dann zu Sama und lieh eine Kuh. Mali sagte zu Sonsanni: "Zahle mir endlich." Sama sagte zu Sonsanni: "Zahle mir endlich!" Sonsanni sagte: "Es ist gut, ich werde sogleich zahlen."

Sonsanni nahm eine Schnur und ging zu Mali. Sonsanni sagte: "Sieh, ich habe eine Kuh, aber sie ist so groß, daß ich sie nicht



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ziehen kann. Halte nun dies Ende; ich gehe hin und binde das andere Ende an die Hörner der Kuh, die oben in der Steppe ist, und wenn ich dann rufe: ,Zieh', dann ziehst du dir deine Kuh herunter!" Mali sagte: "Es ist gut."

Sonsanni ging dann mit dem anderen Ende der Schnur zu Sama, gab es ihm und sagte: "Sieh, ich habe eine Kuh, aber sie ist so groß, daß ich sie nicht ziehen kann. Halte nun dies Ende. Ich gehe hin und binde das andere Ende an die Hörner der Kuh, die unten am Flußufer grast. Wenn ich dann rufe: ,Zieh!', dann ziehst du dir deine Kuh herauf." Sama sagte: "Es ist gut."

Sonsanni ging in die Mitte des Weges zwischen Flußufer und Steppe. Dann rief er: "Zieh!" Mali und Sama zogen. Erst zogen sie schwach, dann zogen sie aus Leibeskräften. Mali sagte: "Das ist eine merkwürdige Kuh!" Er geriet in Zorn und zog Sama ein Stück an das Flußufer. Sama sagte: "Das ist eine merkwürdige Kuh. Er geriet in Zorn und zog Mali aus dem Wasser ans Flußufer. Bald war der eine in Wut und zog schneller, bald war der andere in Wut und zog stärker.

Mali sagte: "Ich muß diese Kuh ansehen!" Er wickelte die Schnur auf und kam ans Ufer. Sama sagte: "Ich muß diese Kuh sehen!" Er wickelte die Schnur auf und kam ans Ufer. Sama und Mali trafen sich. Mali sagte: "Das ist eine Sache des Sonsanni. Aber nie wieder soll Sonsanni an meinem Wasser trinken." Sama sagte: "Und nie wieder soll Sonsanni auf meinen Bäumen schlafen."

Seitdem trinkt Sonsanni nie tagsüber am Wasser und er wagt es nie, länger als zwei Minuten irgendwo zu liegen.

51. Sonsanni und Surukku

Surukku (der Schakal) sagte zu Sonsanni: "Wir wollen in den Busch gehen und Eier des Kammi (Perlhuhn) suchen." Sonsanni sagte: "Gut, gehen wir!" Sie nahmen beide ihren Schnappsack und gingen in den Busch. Surukku fand viel mehr Eier als Sonsanni.

Sonsanni sagte zu Surukku: "Wir wollen in unsere Ledersacke Löcher machen, damit die Luft zutreten kann und sie so nicht schlecht werden." Surukku sagte: "Es ist recht." Sonsanni nahm eine Nadel und machte ganz kleine Löcher in den Tragsack. Surukku nahm aber ein Messer und schnitt in seinen Sack ganz große Löcher. Sie gingen heimwärts, und Surukku ging immer



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voraus. Von Zeit zu Zeit fiel ein Ei aus seinem Ledersack und Sonsanni sammelte es schnell auf. Es fielen alle Eier heraus bis auf eins. Sonsanni tat alle Eier in seinen Sack.

Sie kamen daheim und trennten sich. Sonsanni ging auf sein Haus zu. Surukku betrat seine Hütte. Er gab seiner Frau den Sack und sagte: "Er ist voller Eier. Bereite mir die Eier zu." Die Frau nahm den Sack, öffnete ihn und sagte: "Es sind nicht viele Eier darin. Es ist nur ein Ei!" Surukku sagte: "Nein, der Sack ist voll!" Seine Frau sagte: "Nein, es ist nur ein Ei darin!" Surukku sagte: "Dann hat der Forokko (der Tragsack) meine Eier gegessen."

52. Sonsanni und Uarrable

Uarra-ble-kudia (Uarra =Affe; ble =rot; ku =Schwanz; dia = lang; das ist der Husarenaffe, der kurzweg auch Uarrable genannt wird) suchte Sonsanni auf und sagte: "Man kann nichtwissen, was in diesem Jahre sich ereignen wird, darum sieh für mich das Erdorakel." Sonsanni machte die Striche und sagte:,,Ach, das ist schlecht!" Uarrable fragte: "Weshalb denn?" Sonsanni sagte:,, Es sind so viele Hundehaare darin!" Uarrable sagte: "Dann mach' es noch einmal!" Sonsanni wischte die ersten Linien fort und begann von vorne. Dann sagte er: "Das ist noch schlechter." Uarrable fragte: "Weshalb denn?" Sonsanni sagte: "Diesmal sind so viele Hundepfoten darin!"

Während sie so miteinander sprachen, schlugen ganz in der Nähe die Hunde des jagenden Jägers an und Uarrable sagte: "Wenn es sich so verhält, dann sage mir lieber nicht, wie es in diesem Jahre wird, sondern wie das heutige Jagen sich entwickeln wird." Sonsanni sagte: "Steige nur schnell auf jenen Baum dort. Das wird das richtigste sein."

Uarrable sprang mit seiner Frau auf den Baum. Sie kletterten empor. Aber als sie oben in der Krone waren, ermattete die Frau des Uarrable und sagte: "Meine Hände werden schlaff, ich kann nicht weiter." Uarrable sagte zu seiner Frau: "Wenn du ermüdest, so blicke auf die Hunde, welche schon herangekommen sind und kläffend den Baum umkreisen. Wenn du das siehst, muß deine Müdigkeit schwinden und du wirst frisch weiterklettern."

Die Frau des Uarrable nahm alle Kraft zusammen. Sie sprang von einem Ast zum anderen. Sie sprang und sprang - dann fiel sie. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, sich an einem der Baumäste



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während des Fallens festzuhalten, sondern sie fiel einfach bis auf die Erde herab, wo sie natürlich sogleich von den Hunden gepackt wurde. Der Jäger nahm sie. Er hatte aber nicht viel Zeit, so daß er sich nicht lange um das Männchen kümmerte, sondern heimging. Uarrable entkam also.

Seitdem sucht aber Uarrable nicht mehr Sonsanni auf, daß er ihm das Orakel deute.

53. Sonsanni und Surukku

Sonsanni sagte zu Surukku: "Wir wollen unsere Mütter verkaufen und dafür Kühe erwerben." Surukku sagte: "Ich bin einverstanden." Sie banden ihre Mütter an, um sie zum Markt zu führen. Surukku führte seine Mutter an einem dicken, festen Strick. Sonsanni führte seine Mutter an einem dünnen Faden. Sonsanni sagte zu seiner Mutter: "Wenn wir am Marktplatze fast angekommen sein werden, dann reiße die Schnur durch und reiße aus. Dann verstecke dich in der Höhle des großen Baumes, der vor dem Marktplatze ist. Dort werden wir dann schlachten!"

Sonsanni und Surukku machten sich auf den Weg und führten ihre Mütter fort. Sie kamen fast bis zum Markte. Da riß sich Sonsannis Mutter los und rannte fort. Sonsanni rief: "Surukku, Surukku! Meine Mutter ist durchgebrannt, meine Mutter ist durchgebrannt!" Surukku sagte: "Wenn deine Mutter fortgelaufen ist, so macht das nicht soviel. Wir haben ja noch die meine, und wenn wir die verkaufen, so genügt das, eine schöne Kuh dafür zu erwerben." Inzwischen lief die Mutter des Sonsanni zu dem Baume nahe dem Marktplatze und versteckte sich in dem Baumloch.

Sonsanni und Surukku kamen auf dem Marktplatz an. Sie verkauften die Mutter Surukkus. Surukku sah eine Kuh, die war krank, und sie entleerte sich ständig nach hinten. Surukku lief hin, duckte sich darunter und fing den Unrat auf. Er fraß den Unrat. Er rief: "Die ist fett, die ist fett, die kaufen wir!" Sie kauften die Kuh. Sie nahmen die Kuh an den Strick. Sie führten die Kuh fort. Sie führten die Kuh bis an den großen Baum vor dem Marktplatze. Da sagte Sonsanni: "Hier wollen wir die Kuh schlachten; hier wollen wir abkochen!" Surukku sagte: "Es ist gut." Sie lagerten unter dem Baume. Sie töteten die Kuh. Sie zogen der Kuh das Fell ab.



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Sonsanni sagte: "Wir haben kein Feuer. Du bist schneller als ich. Lauf du hin und hole Feuer. Ich will inzwischen die Kuh zerlegen. Ich werde wohl damit fertig sein, wenn du wiederkommst." Surukku ging fort, um Feuer zu holen. Sonsanni zerlegte die Kuh und warf alles Fleisch in die große Baumhöhle, in der seine Mutter war. Dann machte er ein Loch und vergrub den Schädel der Kuh in die Erde, so daß nur die Hörner heraussahen.

Surukku suchte im Busch vergeblich nach Feuer. Endlich kam er zurück. Als Sonsanni Surukku kommen sah, lief er ihm schnell entgegen und rief: "Komm schnell, komm schnell! Bangu (die Erde) ißt unser Fleisch, und ich bin zu schwach, um es zu hindern! Komm schnell!" Surukku kam eilig herbeigelaufen. Surukku sah den Kopf der Kuh aus der Erde herausragen. Er packte ihn bei den Hörnern und zog. Er zog nur den Schädel heraus. Er sagte: "Es ist zu spät. Bangu hat schon alles aufgefressen. Es ist zu spät. Von der Kuh haben wir nichts mehr zu essen. Komm, wir wollen schlafen gehen!" Sie legten sich unter dem Baume zum Schlafen nieder.

Als Sonsanni und Surukku unter dem Baume einschliefen, fing Sonsannis Mutter an, das Fleisch zu essen. Sie aß und aß und warf die Knochen herunter auf den Kopf Surukkus. Surukku wachte auf, griff mit der Hand auf den Kopf und sagte: "Nein, ist der Samberle (Hagel) in diesem Jahre hart!" Die Mutter des Sonsanni warf wieder Knochen herab. Surukku sagte wieder: "Nein, ist der Samberle in diesem Jahre hart!" Endlich merkte Surukku, daß es Knochen waren. Surukku sagte: "Ich merke, was du gemacht hast. Es war nicht Bangu, der die Kuh gegessen hat, sondern du und deine Mutter haben die Kuh gegessen, die ich mit meiner Mutter bezahlt habe. Du hast mir alles Fleisch gestohlen. Du hast es deiner Mutter gegeben, die oben im Baumloch sitzt. Warte mir aber! Ich werde jetzt Kono Sogondi (den Strauß) holen, damit er das Loch da oben säubert. Ich werde euch sauberer Gesellschaft schon helfen." Damit lief Surukku von dannen.



***
Während Surukku fort war, legte Sonsanni eine Schlinge um das Baumloch. Er nahm das Ende in die Hand und kroch in dem Baume hoch herauf in die Zweige. Nach einer Weile kam Surukku mit Kono Sogondi an. Surukku sagte zu Kono Sogondi: "Hole mir das Fleisch und das Gesindel da oben aus dem Baumloch!" Kono Sogondi reckte seinen Hals mächtig in die Höhe. Er steckte den Kopf just in das Loch, da zog Sonsanni die Schlinge an.


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Sonsanni zog den Kopf des Kono Sogondi in die Höhe. Kono Sogondi hing an seinem Halse und an der Schnur des Sonsanni.

In Angst und Schmerz ließ Kono Sogondi ein Ei fallen. Kaum sah das Surukku, so schrie er in heller Freude: "Sieh da, meine Lieblingsspeise! Sieh das Ei des Kono Sogondi! Zieh, Sonsanni, zieh! zieh! Ein Ei ist immer für mich, eins für dich. Zieh, Sonsanni, zieh!" Sonsanni zog. Kono Sogondi ließ noch ein Ei fallen. Sonsanni sagte (bei sich): "Jetzt ist es genug, jetzt will ich Surukku verjagen." Er sagte zu Kono Sogondi: "Ach, was behandelt dich Surukku schlecht! In welche Falle hat er dich gelockt. Ich werde dich aber befreien." Sonsanni ließ den Strick los. Kono Sogondi kam auf die Erde. Er stürzte sich voller Wut auf Surukku. Surukku floh entsetzt in eine Höhle. Surukku schrie: "Sonsanni hat das getan! Ich habe es nicht getan!" Kono Sogondi sagte: "Glaubst du, ich hätte nicht gehört, wie du gerufen hast: ,Ziehe, zieh! Ein Ei ist immer für mich, eins für dich! Zieh! Zieh!' Glaubst du, ich hätte das nicht gehört? Sonsanni hat mich befreit. Du hast mich töten wollen. Jetzt will ich warten, bis du herauskommst." Kono Sogondi steckte eine Feder aus seinem Schwanze vor die Höhle. Dann ging er fort.

Als Kono Sogondi fort war, kamen Sonsanni und seine Mutter von dem Baume herab. Sie nahmen das übriggebliebene Fleisch von der Kuh. Sie nahmen die zwei Straußeneier und gingen nach Hause. Surukku schlich sich von Zeit zu Zeit nach der Öffnung der Höhle. Dann sah er die Feder und rannte schnell wieder fort. Surukku hatte Hunger und Durst. Surukku kam immer wieder an den Ausgang der Höhle und floh immer wieder zurück, wenn er draußen die Straußenfeder sah.




***
Surukku lief in der Höhle unruhig hin und her. Eine alte Frau kam des Weges. Sie hörte das. Sie fragte: "Nun, wer läuft denn da unten so hin und her?" Surukku antwortete: "Ich bin es; ich warte, daß Kono Sogondi da oben fortgeht, um mich nach Hause zur Mahlzeit zu begeben. Denn ich habe Appetit." Die alte Frau rief: "Ach, aber hier ist ja gar kein Kono Sogondi!" Surukku sagte: "Aber ich sehe doch von hier aus die Schwanzfedern!" Die Frau sagte: "Aber das ist ja nur eine Adjollo" (Feder). Surukku kam aus seiner Höhle heraus.

Surukku sagte: "Ich habe Hunger und muß essen, wenn es auch nur Limmoro (Fliegen) gibt!" Surukku machte sich auf die Fliegenjagd. Er suchte im Busch Fliegen zu fangen, fand aber keine. Wohl



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aber traf er Uarrabamussu (die Löwin). Er bekam einen schweren Schrecken und sagte schnell: "Ich habe gehört, daß du mehrere Junge, aber keine Milch habest. Nun habe ich, um dir nützlich zu sein, eine alte Frau herbeigebracht, die sehr bewandert in der Anwendung der Medikamente ist und die dir somit vorzügliche Mittel und Ratschläge in deiner Sache wird geben können." Uarrabamussu sagte: "Du bist wahrhaft aufmerksam, rufe mir die alte Frau!" Surukku lief zurück und rief die alte Frau.

Die alte Frau sagte zu Uarrabamussu: "Es gibt ein vorzügliches Heilmittel in deinem Falle, das sind die Arschbacken des Surukku. Diese Hinterbacken sind ein vorzügliches Heilmittel und Nahrungsmittel. Man muß sie über dem Kopf des Surukku in einem Topfe kochen." Uarrabamussu sagte: "Das soll gemacht werden!" Man hielt den Surukku fest, schnitt ihm die Hinterbacken ab und kochte sie in einem Topfe über dem Kopfe des Surukku. Uarrabamussu nahm das Gericht zu sich. Es schmeckte ihr nicht nur ausgezeichnet, sondern es verfehlte auch nicht seine Wirkung. Uarrabamussu hatte bald wieder genügend Milch in ihren Brüsten. Sie konnte ihre Kinder wieder nähren. Surukku floh von dannen. Die alte Frau blieb aber einige Zeit bei Uarrabamussu zu Gaste.




***
Nach einiger Zeit ging auch die alte Frau. Als sie ein Stück weit gegangen war, traf die alte Frau auf Surukku, der mit einer Axt (=djende) auf einem Baume Holz hackte. Als die alte Frau kam, sprang er vom Baume herab, packte sie und sagte: "Du wirst jetzt das Holz schlagen, in dem ich dich verbrennen werde." Die alte Frau stieg auf den Baum hinauf. Sie begann die Arbeit. Nach einiger Zeit rief die alte Frau: "Hooo!" — als ob sie von irgendeiner Seite angerufen worden sei und nun antworte. Surukku fragte: "Wer kommt denn?" Die alte Frau sagte vom Baum herab: "Ach, da drüben kommt die Löwin, die wieder von ihrem guten Medikament haben will." Als Surukku das hörte, lief er so schnell wie möglich davon. Die alte Frau stieg herab und ging weiter.

Nach einiger Zeit traf die alte Frau wieder den Surukku. Surukku saß am Wege und wartete auf sie. Er packte sie und sagte: "Du wirst jetzt das Holz schlagen, in dem ich dich verbrennen will." Die alte Frau stieg hinauf. Sie begann Holz zu schlagen. Surukku stand unter dem Baume und paßte auf. Die alte Frau arbeitete eine Weile, dann rief sie plötzlich ganz laut über den Busch hin: "Hier! — Hier! — Jawohl, hier! Dein alter Surukku mit den Hinterbacken ist hier!" Kaum hörte das Surukku, so rannte er



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davon, so schnell er konnte. Die alte Frau stieg aber herab, wartete eine Weile und ging dann ganz langsam ihres Weges weiter.

Nach einiger Zeit traf sie aber wiederum auf Surukku, der am Wege auf sie wartete. Surukku sagte: "Steige hinauf und schlage das Holz, mit dem ich dich verbrennen werde. Ich weiß jetzt übrigens, daß das mit dem Rufen gelogen ist. Die Uarrabamussu ist zu Hause und kommt nicht nach. Schlage also ruhig dein Holz weiter und merke dir, daß, wenn du noch einmal beginnst, so zu rufen, ich sogleich hinaufkommen werde, um dich zu töten." —Die alte Frau stieg hinauf. Sie hackte eine Zeitlang Holz, und als Surukku einmal wegsah, schleuderte sie die Axt herab, spaltete ihm den Kopf und tötete ihn auf diese Weise. Dann stieg sie herab und ging ruhig und langsam nach Hause.


54. Surukku und Sani

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Surukku (der Schakal) legte seine Kala-nge (Rebhuhnfallen) L) aus und erwischte auch glücklich ein Uolloni (Rebhuhn). Er trug das Rebhuhn von dannen. Auf dem Wege traf er eine Frau, die hatte viele und ausgezeichnete Ziegen. Surukku sagte: "Wie ausgezeichnet, daß ich dich treffe; nun kann ich dir gleich mein kleines Geschenk übergeben. Hier hast du ein Rebhuhn. Es wird dir gut schmecken." Die Frau nahm das Rebhuhn an.

Am anderen Morgen ging Surukku zu der Frau, die die vielen Ziegen und der er gestern das kleine Rebhuhn geschenkt hatte, und sagte zu ihr: "Guten Morgen, Frau!" Die Frau sagte: "Guten Morgen." Surukku fuhr fort: "Weißt du, ich bin der, der dir gestern das schöne Rebhuhn geschenkt hat. Hoffentlich ist es recht gut gewesen. Für ein solches Rebhuhn sollte man ein gutes Gegengeschenk erhalten. So ein Rebhuhnfang macht Mühe, während das Halten von Ziegen doch eigentlich keinerlei Arbeit macht. Man läßt sie umherlaufen. Bei den Ziegen wird alles von selbst." Darauf machte die Frau Surukku ein Gegengeschenk von einer Ziege für das eine Rebhuhn.

Surukku ging nun jeden Morgen hin und ließ sich von der Frau eine Ziege nach der anderen als Geschenk für sein Rebhuhn geben. Er erhielt für jedes Rebhuhn eine Ziege. Zuletzt blieb nur noch eine Ziege, ein großes, besonders starkes und fettes Tier übrig. Da ging er zu Sani (Kaninchen) und sagte: "Höre, Sani, wir wollen zusammen Freundschaft schließen. Ich habe da eine Gelegenheit, da



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gibt es so viele und fette Ziegen, daß ich gar nicht allein damit fertig werden kann. Wir wollen Freundschaft schließen und heute abend eine ganz besonders dicke Ziege holen." Sani sagte: "Das ist gut. Ich werde mich gern beteiligen."

Die alte Frau sah, daß sie noch eine Ziege hatte, die die schönste war. Sie ging zu ihrem Schwiegersohn und sagte: "Höre, da ist Surukku, der holt mir jeden Tag eine Ziege. Nun habe ich nur noch eine ganz große und fette Ziege. Die mag ich ihm nicht gönnen. Sicherlich wird er heute abend kommen, um sie zu holen." Der Schwiegersohn sagte: "Gut, so werde ich mich in einen Löwen verwandeln. Bringe die Ziege an einen fernen Ort und binde mich dafür da an, wo die Ziege immer abends gelegen hat. Inder Dunkelheit wird Surukku die Verwechslung nicht merken." Die Frau sagte: "Es ist gut, so wollen wir es machen."

Abends kam Surukku mit Sani, und beide holten die (vermeintliche) Ziege. Surukku führte sie vorn am Strick. Sani trieb sie hinten. Surukku sagte unterwegs: "Höre, Sani, der Gang dieser Ziege klingt gar nicht wie der Gang anderer Ziegen. Andere Ziegen gehen: kodiekodie, kodie-kodie. Diese Ziege aber geht: mula-mula-mula-mula!" Sani sagte: "Das ist ganz natürlich, denn diese Ziege ist so fett und dick, daß sie nicht anders gehen kann."

Nach einiger Zeit kamen sie an das Haus des Sani vorbei. Sani sagte: "Geh ruhig weiter, ich werde gleich nachkommen. Binde die Ziege inzwischen an deiner Haustür an. Morgen früh wollen wir sie dann schlachten." Damit ging Sani seitwärts fort und in sein Haus. Surukku ging aber mit der Ziege heim und band sie an der Haustür an. Er warf ihr trockene Gräser hin und ging mit seiner Frau schlafen.

Als Surukku und seine Frau am anderen Tage erwachten, sahen sie, daß die Ziege keine Ziege, sondern ein Löwe war. Darauf befiel sie große Angst, denn jeder, der in oder aus dem Hause wollte, mußte an dem Löwen vorbei. Surukku sagte: "So laß wenigstens meine Frau heraus, denn sie ist schwanger." Der Löwe sagte: "Sie mag gehen." Die Frau ging heraus. Surukku wollte selbst mit entschlüpfen, aber der Löwe fing und fraß ihn.

Am gleichen Morgen kam Sani vorbei. Der Löwe rief: "Binde mich doch frei." Sani sagte: "Ich würde es gern tun, aber ich bin auf dem Wege, mir meine Ziege zu holen. Wenn ich nicht schnell gehe, werde ich sie verlieren. Wenn ich dich losbinde, verliere ich viel Zeit." Der Löwe sagte: "Binde mich nur los. Ich werde dir



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eine große, dicke Ziege geben, die meiner Schwiegermutter gehört." Sani sagte: "Das ist etwas anderes." Er band den Löwen los und erhielt dafür die große dicke, letzte Ziege der Frau als Geschenk.


55. Sani und Surukku

Sani rief alle Leute zusammen, daß sie zu ihm kämen und mit ihm im Dorfe seiner Schwiegereltern das Beschneidungsfest feierten. Alle Leute kamen zu Pferde. Sani hatte kein Pferd. Er sagte: "Reitet nur voraus, ich will mein Pferd holen und komme dann nachgeritten." Die anderen ritten zusammen voraus. Sani lief in den Wald und rief allen Tieren zu: "Wer will mein Pferd sein? Man wird dem Pferd Kuskus und Fleisch geben! Wer wird mein Pferd sein ?" Surukku hatte gerade nichts zu essen. Er hörte die Rufe des Sani und kam herbei. Er sagte: "Wir sind von Mutterseite verwandt. Meine Mutter war Kankudama, deine Mutter war Sandama. Sandama und Kankudama waren Schwestern. Wir sind also verwandt; und deshalb will ich dir als Pferd dienen. Du mußt mir aber ordentlich zu essen geben." Sani sagte: "Ich weiß, daß wir verwandt sind; und deshalb bin ich damit sehr zufrieden. Du sollst viel zu essen haben, Kuskus und Fleisch." Surukku sagte: "Schön, aber du darfst mich nicht mit dem Sporen (= sebre oder sebron) treten, denn dann muß ich in einem fort kacken. Und hinterher mußt du mich bezahlen." Sani sagte: "Abgemacht, aber du mußt schnell laufen, denn die anderen sind schon gestern abgeritten und sind also weit voraus." Surukku sagte: "Habe keine Sorge, ich werde alle überholen." Sani setzte sich auf Surukku, und der lief mit großer Geschwindigkeit von dannen, so daß sie bald bei den anderen ankamen. Alle Leute sagten: "Ali bongu fin soro (bongu = braun; fin = dunkel; soro = Pferd). Du hast ein schönes dunkelbraunes Pferd. Oh, Sani hat ein schönes Pferd erhalten."

Sani und die anderen trafen zu Pferde im Dorfe der Schwiegereltern ein. Alle banden ihre Pferde an kurze Pflöcke, Sani aber band sein Pferd sehr fest an einen starken Baum. Nachher brachten die anderen ihre Pferde zum Fluß, damit sie tränken. Sani sagte: "Mein Pferd ist aus der Sahel, daher trinkt es wenig, bringt ihm eine Kalebasse voll Wasser." Die Kinder setzten Surukku eine Schale mit Wasser hin. Nachher ließen die anderen Leute ihre Pferde auf der Weide frei laufen, damit sie fräßen. Sani sagte: "Mein Pferd ist aus der Sahara. Es ist nicht gewöhnt, viel zu essen.



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Gebt ihm ein wenig trockenes Stroh." Man warf Surukku Stroh hin. Er stierte es knurrend an und sagte zu Sani: "Du hast mir versprochen, Fleisch und Kuskus bereiten zu lassen und nun bekomme ich Heu." Sani sagte: "Warte und überstürze es nicht. Die Leute haben die Speisen noch nicht bereitet. Warte bis nachher!" Dann aßen die Leute. Nachher kratzte Sani das Essen zusammen und setzte es Surukku hin. Surukku sagte: "So bin ich zufrieden."

Am anderen Morgen fand das Wettrennen (das Pferderennen in der Beschneidungszeit ist Sitte bei den echten Malinke) statt. Sani sagte zu Surukku: "Sei heute ein gutes Pferd, damit ich das Wettrennen gewinne. Nachher sollst du auch viel Fleisch und eine reichliche Zahlung erhalten." Surukku sagte: "Ich will es gern tun, nur gib mir nicht die Sporen. Laß die anderen weit vorausreiten, wir werden sie doch einholen." Sani sagte: "Es ist gut so." Die anderen ritten weit vor. Sani stieg dann langsam auf seinen Surukku. Er jagte hinterher. Surukku sauste mit Wau wau dahin. Die anderen Pferde sprangen entsetzt beiseite. Sani kam weit vor den anderen am Ziele an. Die Dialli sangen: "Sani ist ein großer Reiter. Sani hat das beste Pferd!" Die Leute wiederholten den Wettritt dreimal. Dreimal gewann er den Ritt. Alle Leute lobten Sani und sein Pferd.

Nachher band Sani seinen Surukku wieder fest an den Baum, und abends gab er ihm wiederum den Rest der Speisen zu essen. Am anderen Tage war die Beschneidung selbst. Einige Stunden, nachdem die Sonne aufgegangen war, kamen die Leute mit "Fan"-Schreien und unter Abschießen der Flinten in das Dorf zurück. Sani nahm einen Knüppel auf die Schulter und hielt ihn, als wäre er sein Gewehr. Er ging bei Surukku vorbei und sagte: "Sie wollen jetzt über dich und mich herfallen, um uns zu erschießen, weil ich gestern mit dir das Rennen dreimal gewann." Surukku sagte: "Binde mich los, wir wollen schnell fliehen!" Sani sagte: "Ach, ich habe keine Furcht. Ich schieße erst zwanzig tot. Ein Mann wie ich läuft nicht fort!" Dabei ging er mit seinem Knüppel stolz auf und ab. Surukku sagte: "Wenn du so dumm sein willst, so bleib! Ich will fort!" Sani band ihn nicht ab. Da riß und zerrte Surukku in furchtbarer Angst so lange an Strick und Baum, bis der angefesselte Fuß abriß. Dann rannte er auf drei Beinen schnell davon.

Sani aber blieb noch im Dorfe und aß und trank gut. Man sprach viel davon, daß er der beste Reiter sei. Er hatte aber Surukku nicht zu bezahlen brauchen.



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56. Sonsanni und die Blissi-Eier

Sonsanni hatte viel Hunger. Es gab nicht viel zu essen. Sonsanni L) hatte gar nichts zu essen. Sonsanni lief dahin, wo die Blissi (Teufel) ihre Eier legen. Sonsanni nahm dort einige Früchte und einen ganzen Sack voller Blissi-Eier. Er machte sich auf den Rückweg. Er kam an den Blissi vorbei. Die Blissi fragten: "Was hast du da?" Sonsanni sagte: "Ich habe Früchte." Die Blissi sagten: "Gib her!" Sonsanni gab jedem der Blissi eine Frucht. Die Blissi sagten: "Es ist gut. Du kannst gehen." Sonsanni ging mit seinen Eiern nach Hause.

Sonsanni hatte nun viel zu essen. Die anderen Leute hungerten. Eines Tages kam Frau Saba (die Frau des Surukku), um bei Sonsanni Feuer zu leihen. Sie sah, daß die Töpfe des Sonsanni gefüllt waren. Sie geht, löscht das Feuer aus und kehrt zurück, um einen neuen Brand zu erbitten. Während Sonsanni sich herumdreht, sucht Frau Saba ein Ei zu stehlen. Sonsanni merkt es, dreht sich herum und sagt: "Komm, ich will dir ein Ei schenken." Sonsanni gibt Frau Saba ein Ei. Frau Saba geht damit nach Hause.

Saba, die Frau Surukkus, ging mit dem Blissi-Ei nach Hause und legte es in einen Topf. Sie stellte den Topf in einen zweiten Topf. Sie stellte den zweiten Topf in einen dritten Topf. Sie stellte einen vierten Topf darüber. Surukku kam nach Hause. Er witterte das Blissi-Ei. Er zerschlug alle Töpfe, um schnell zu dem Blissi-Ei zu kommen. Frau Saba kam dazu. Frau Saba sagte: "Du taugst gar nichts, da du alle Töpfe wegen eines einzigen Eies zerschlägst, statt wie Sonsanni hinzugehen und einen Sack voll Blissi-Eier zu holen!" Surukku sagte: "Wie soll ich denn zu den Blissi-Eiern kommen?" Frau Saba sagte: "Lege eine Pagne an, decke ein Tuch über die Augen, dann gehe hinter das Haus Sonsannis und klage über deine erblindenden Augen. Sonsanni wird herauskommen und dir einige Bassi (Zaubermittel) seines Vaters auflegen, um deine Augen zu heilen."

Surukku machte es so. Er legte eine Pagne um, band ein Tuch über die Augen und ging hinter das Haus Sonsannis, um zu klagen. Sonsanni kam mit den Bassi seines Vaters heraus und wollte sie auf die Augen Surukkus legen. Da schnappte Surruku zu und hielt die Hand mit den Zähnen fest. Surukku sagte: "Entweder sagst du mir, wo ich die Blissi-Eier finde oder ich beiße dir die?Hand ab." Sonsanni sagte: "Das ist nicht schwer, laß meine Hand frei!" Surukku sagte: "Erst sage mir, wie du die Eier erreichtest!" Sonsanni sagte:



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"Komm morgen früh zu der Stunde, da die alten Frauen hüsteln (also beim ersten Morgengrauen, wenn die Nebel niederfallen), zu mir und hole mich ab. Dann wollen wir zusammen gehen." Surukku sagte: "Es ist gut." Er ließ die Hand des Sonsanni los und ging heim.

Schon um Mitternacht begann Surukku seine alte Mutter zu schlagen, so daß die Frau zu hüsteln begann. Er ging zu Sonsanni und sagte: "Die alten Frauen hüsteln. Erhebe dich also!" Sonsanni sagte: "Ich hörte, daß irgend jemand im Dorfe seine Mutter geschlagen hat. Es ist wohl noch nicht so ganz frühmorgens. Geh also noch einmal auf dein Lager und warte, bis die Hühner schreien. Dann werden wir zusammen gehen." Surukku ging nach Hause.

Daheim begann Surukku seinen Hahn zu schlagen, bis er schrie. Dann ging er zu Sonsanni und sagte: "Die Hühner schreien. Erhebe dich also!" Sonsanni sagte: "Ich hörte, daß irgend jemand im Dorfe seinen Hahn geschlagen hat. Es ist also wohl noch nicht so ganz frühmorgens. Warte, bis das Tageslicht kommt und die Leute die Tiere in den Busch treiben! Dann werden wir zusammen gehen." Surukku ging nach Hause.

Daheim zündete Surukku rechts und links einen Haufen Stroh und trockene Blätter an, so daß die Flammen emporschlugen. Dann ging er zu Sonsanni und sagte: "Das Tageslicht ist gekommen. Sieh, wie hell der Himmel ist." Sonsanni sagte: "Ich hörte, daß irgend jemand im Dorfe nach Osten zu Stroh angezündet hat, deshalb soll es so hell sein. Es ist also wohl noch nicht so ganz frühmorgens." Dann warf Sonsanni eine Nähnadel in einen großen Heuhaufen neben der Türe und sagte: "Suche die Nadel aus dem Heu. Wenn du sie findest, dann wird es spät genug sein, um aufzubrechen." Surukku suchte.

Es war gegen sieben Uhr, und die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Surukku die Nadel fand. Vorher vermochte er sie nicht zu sehen. Er weckte Sonsanni. Sonsanni sagte: "Siehst du, jetzt istdie rechte Zeit. Sieh mal, jetzt wirst du vom vielen Warten und Wecken recht ermüdet sein und wirst kaum schneller laufen als ich." Sonsanni gab Surukku alle alten Säcke zu tragen. Er sagte ihm: "Trage das hier. Laufe nur schnell mit mir, damit sie uns nicht erwischen." Sonsanni selbst nahm nur einen Sack mit.

Die beiden kamen zu den Blissi. Sonsanni füllte seinen Sack mit Eiern und nahm außerdem fünf Früchte mit. Surukku hatte alle Säcke voller Eier gesteckt und nahm nur vier Früchte mit. Am Ausgange saßen fünf Blissi. Als Sonsanni kam, fragten sie ihn: "Was



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hast du da?" Sonsanni sagte: "Früchte." Die Blissi sagten: "Gib uns!" Sonsanni gab jedem Blissi eine Frucht. Surukku kam. Die Blissi fragten: "Was hast du da?" Surukku sagte: "Früchte." Die Blissi sagten: "Gib uns!" Nun waren es fünf Blissi. Surukku hatte aber nur vier Früchte. Er gab den hinteren vier Blissi je eine Frucht und warf dem Chef der Blissi anstatt dessen ein großes Blissi-Ei an den Kopf. Dann sprang er fort und in ein Loch in der Erde. Sonsanni sagte zu den Blissi: "Wenn ihr Surukku fangen wollt, dann müßt ihr Mballa (Stacheischwein) nehmen und ihn ein Loch zu Surukku bohren lassen. Wenn ihr erlaubt, will ich meine Früchte schnell nach Hause tragen und euch Mballa herbeibringen."Die Blissi sagten: "Es ist gut." Sonsanni sprang von dannen.

Sonsanni kam zurück. Er brachte Mballa mit. Mballa vermochte nicht sogleich in das Loch des Surukku hineinzukommen. Sonsanni sagte: "Laß mich vorangehen!" Sonsanni schlüpfte hinein. Sonsanni hatte Salz, Pfeffer und ein Messer mitgebracht. Sonsanni gab es Surukku und sagte: "Hier hast du ein Messer; damit schlage Mballa, wenn er hineinkommt, die Nase ab. Und kommt er doch wieder, so wirf ihm Pfeffer in die Wunde. Das Salz brauchst du nachher." Surukku sagte: "Es ist gut." Sonsanni lief von dannen. Mballa drang zu Surukku vor. Surukku schlug ihm das Maul fast ab. Mballa floh zurück. Mballa sagte zu den Blissi: "Ich will gehen. Diese Arbeit ist zu schwer für mich." Die Blissi sagten: "Du wirst nicht eher gehen, als bis du das Loch zu Surukku gebohrt hast." Mballa ging zurück. Er bohrte sein Loch bis zu Surukku herunter. Surukku streute dem ankommenden Mballa Pfeffer in die Wunde. Die Wunde schmerzte doppelt. Surukku höhnte: "Wer so verwundet ist, der stirbt gar leicht." Mballa floh eiligst von dannen.

Sonsanni sagte zu den Blissi: "Dieser hatte nicht genug Kraft; schickt doch Laê (das Wildschwein), der hat mehr Kraft als Mballa." Die Blissi sagten: "Es ist ein guter Rat, rufe uns Las!" Sonsanni ging in den Busch und rief Laê herbei. Die Blissi sagten zu La& "Mache hier ein Loch, daß wir da hinab zu Surukku kommen. Surukku hat uns Eier gestohlen und hat unserem Häuptling ein Ei an den Kopf geworfen. Also mach' uns den Weg." Inzwischen lief Sonsanni in das Loch zu Surukku. Er fragte: "Wo hast du das Salz?" Surukku sagte: "Ich habe es gegessen." Sonsanni sagte: "Das war unrecht, denn nun brauchst du es. Hier hast du aber anderes Salz, das ich dir mitgebracht habe. Wenn du dies Kogo (Salz) auch auffrißt, wird dich Laê töten. Hebe es auf und wirf es Laê in die



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Augen, wenn er herankommt." Surukku sagte: Ich werde es so machen." Sonsanni lief von dannen.

Laê kam und bohrte sein Loch. Laê kam immer tiefer. Laê kam zu Surukku hinein. Surukku nahm das Kogo und warf es Laê ins Gesicht. Laê konnte nichts sehen, machte kehrt und lief zurück. Laê sagte zu den Blissi: "Blast mir doch den Schmutz aus den Augen, damit ich wieder sehen kann. Surukku hat mir den Schmutz in die Augen geworfen." Die Blissi bliesen. Dabei flog ein Salzkörnlein aus den Augen des Laê in den Mund eines Blissi. Der Blissi sagte: "Ei, das schmeckt ja so gut wie Salz. Wenn das so ist, müssen wir einmal deine Augen versuchen." Darauf rissen die Blissi Laê ein Auge heraus und versuchten es. Sie sagten: "Ach, das schmeckt ja ganz ausgezeichnet!" Die Blissi schlugen Laê tot und verzehrten ihn.

Währenddessen lief Surukku aus dem Loch und sprang von dannen, seinem Hause zu.

57. Sani, Surukku und die Kühe

Kassari-Sani-na (das Kaninchen) hatte eine neue Weise ausfindig gemacht, zu einem guten, fetten Fleisch zu kommen. Auf den Wiesen an einem Bache, nahe dem Dorfe der Fulbe, weideten deren Kühe. Sani kroch in deren Arschloch hinein und schnitt sich überall von dem besten und fettesten Fleische ab. Er packte es zusammen, ging auf demselben Wege wieder heraus und brachte so herrliche Speise heim. Dabei hütete er sich wohl, die Herzen (= song), Nieren (= akomakudu) oder Leber (= bienje) zu verletzen. Er unternahm diese Wanderungen oft. So kam es, daß er, seine Frau und seine Kinder rund und fett wurden derart, daß es den anderen Tieren auffiel.

Die Frau Surukkus, der dicht bei dem Gehöft des Sani wohnte, beschloß eines Tages festzustellen, welches wohl die Speise war, die die Familie des Sani zur Zeit genoß. Sie ging eines Abends gegen die Essenszeit hinüber und bat Frau Sani um etwas Feuer. Sie schnüffelte dabei umher und merkte, daß aus dem Topfe über dem Feuer allerdings ein sehr feiner Duft aufstieg. Sie nahm den Brand, den ihr Frau Sani gab, mit, pißte aber, als sie ein Stück weit gegangen war, darauf, so daß er ausging und sie nochmals umkehren und das zweitemal um Feuer bitten mußte. Das wiederholte sie mehrere Male, bis endlich Sani heimkam und seine Frau ihm das Essen vor-



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setzte. Nun blieb sie ein wenig stehen, unterhielt sich mit ihm und veranlaßte ihn so, ihr eine Handvoll Essen zu reichen. Mit dem Essen und dem Feuer kehrte sie zu ihrem eigenen Manne zurück und sagte zu ihm: "Da ist von dem ausgezeichneten Essen, das Sani alle Tage hat und von dem er und seine Angehörigen dick und fett werden. Sieh, daß du erfährst, wie man es erhält."

Surukku aß davon, fand es ausgezeichnet und ging sogleich herüber zu Sani und fragte: "Sage mir, wo man das erhält, damit ich auch davon bekomme." Sani sagte: "Das ist zu schwierig!" Surukku sagte: "So wollen wir gemeinsam gehen." Sani sagte: "Gut, wir wollen morgen früh gehen, wollen aufbrechen, wenn die Hähne schreien." Surukku sagte: "Es ist gut so." Surukku ging nach Hause und schlug seine Hühner, so daß sie krähten. Er kam wieder angelaufen, weckte Sani und sagte: "Komm, die Hähne krähen!" Sani sagte: "Ach, es ist noch nicht Morgen; warte, bis die Sonne den Himmel rot färbt!" Surukku ging fort, schichtete das Holz auf, das bei seinem Hause lag, und brannte es an, so daß es ein großes Feuer gab. Dann kam er zu Sani zurück, weckte ihn und sagte: "Komm, der Himmel ist rot gefärbt." Sani sagte: "Ach, es ist noch nicht Morgen; warte, bis es Tag ist. Ich werde eine Nadel in den Strohhaufen dort werfen. Suche sie. Wenn du sie gefunden hast, können wir gehen." Surukku suchte die Nadel, und da sie im Stroh sehr schwer zu finden war, fand er sie nicht eher, als bis das Tageslicht kam. Als er die Nadel gefunden hatte, brachte er sie Sani und der sagte: "Es ist Zeit, wir können gehen."

Sani ging mit Surukku auf die Wiese am Bache, auf der die Kühe der Fulbe weideten, und sagte zu seinem Begleiter: "Wir wollen nun in eine Kuh gehen. Wir gehen durch das Arschloch hinein und schneiden uns im Innern so viel gutes und fettes Fleisch ab, als wir haben wollen. Nur darf man nicht an Herz, Nieren und Leber schneiden, sonst stirbt die Kuh und wir können nicht wieder heraus." Surukku sagte: "Gut, so wollen wir es machen." Sie krochen hinein. Kaum waren sie aber im Innern der Kuh, als Surukku unversehens und geschwind Herz, Leber und Nieren abschnitt, so daß die Kuh sofort umfiel und tot war. Surukku kroch in seiner Angst alsbald in den Magen (= furu) , Sani aber schlüpfte eilig in den Blinddarm (=kunone).

Nach einiger Zeit kamen die Leute und fanden die tote Kuh. Sie zogen das Fell ab und begannen sie zu zerlegen. Als sie den Wanst aufschnitten und den Inhalt herausgezogen hatten, trennten sie zu.



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nächst den Blinddarm auf und warfen ihn über den Bach fort. (Die Neger essen den Blinddarm nicht.) Sani schlüpfte schnell heraus und rief: "Oh, ihr habt mich mit Unrat beworfen, während ich hier ruhig lag. Ihr habt meine Kleider von oben bis unten beschmutzt." Die Leute sagten: "Wir bitten dich um Entschuldigung; der Schmutz kam aus dem Blinddarm einer Kuh, den wir weggeworfen haben." Sani sagte: "Mit der Entschuldigung ist es nicht getan." Die Leute sagten: "Komm herüber, wir wollen dir von dem Fleisch abgeben." Sani wusch sich im Bach, kam hinüber und setzte sich zu den Leuten.

Sani sagte: "Da ihr gute Leute seid und mir Fleisch abgebt, will ich euch auch sagen, was es hier gibt. Wie ich da drüben lag, sah ich, wie Surukku in die Kuh kroch und wie sie nach einiger Zeit umfiel. Sicher hat er sich im Magen versteckt. Bindet ihn fest zu und schlagt ordentlich darauf, bis er tot ist." Die Leute taten so. Als man gründlich darauf geschlagen hatte, sagte Sani: "Wartet, ich will sehen, ob er tot ist." Er schnitt ein Stück guten Fettes ab, hielt es an den Magen und sagte: "Surukku, lebst du noch?" Surukku schnüffelte. Sani sagte: "Er schnüffelt noch, schlagt weiter!" Dies wiederholte sich mehrere Male, bis endlich Surukku ausgelebt hatte und nicht mehr schnüffelte. Dann öffnete man den Magen und fand Surukku. Die Leute sagten zu Sani: "Du hast nicht gelogen. Du hast recht gehabt." Darauf gaben sie ihm einige große Stücke Fleisch und den Kopf der Kuh.

Sani nahm den Kopf und legte ihn auf einen Sumpf, so daß die abgeschnittene Seite auf der Erde im Morast war und Augen und Hörner gen Himmel sahen. Eine Nkere (Eichhörnchen) ging vorüber. Sani sagte zu ihm: "Komm in meinen Sack und bewege dich darin, so daß ich sagen kann, das wäre mein großes Zaubermittel. Ich werde dich gründlich bezahlen." Nkere war zufrieden und schlüpfte in den Sack. Sani setzte sich dann neben den Kuhkopf.

Es kamen einige Diulla des Weges. Sani sagte zu ihnen: "Die Kuh des Königs ist in den Sumpf gefallen. Wollt ihr sie herausziehen?" Die Diulla sagten: "Sehr gern!" Sie packten den Kopf und hoben ihn heraus. Sani sagte: "Ach, jetzt habt ihr den Kopf der Kuh des Königs abgerissen. Ach, was wira der König sagen?" Die Diulla befiel ein gewaltiger Schrecken. Sie sagten: "Was ist da zumachen?" Sani sagte: "Das ist eine schwierige Sache. Aber ich habe in diesem Sack ein ausgezeichnetes Zaubermittel. Wenn ihr mich bezahlt, will ich die Sache in Ordnung bringen." Die Diulla



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sagten: "Wir wollen dir viel Salz geben." Sani sagte: "So gebt das Salz!" Die Diulla gaben Sani eine halbe Last Salz und zogen weiter.

Nkere kam heraus und sagte: "Nun zahle mich. Teile das Salz!" Sani gab Nkere nur wenig ab. Nkere sagte: "Gib mehr!" Sani sagte: "Man wird dich schon nachher bezahlen." Nkere sagte: "Gut, dann gehe ich zu den Diulla und erzähle ihnen, wie du sie betrogen hast." Nkere lief fort und hinter den Diulla her. Sani rief laut: "Ihr Diulla, eben läuft mein Nkere mir fort, schlagt mir mein Nkere tot!" Die Diulla ergriffen Knüppel und warfen damit nach Nkere. Sie trafen Nkere. Nkere war tot. Ein Diulla brachte Sani Nkere. Sani sagte: "Danke sehr!" Die Diulla gingen weiter.

Sani nahm sein Fleisch, das Salz, Nkere und ging damit nach Hause.

58. Sani und die Tiere

Sani (das Sonsanni Kaninchen - der Bammana) versteckte seine Mutter und sandte eine Nachricht an alle Tiere, welche lautete: "Meine Mutter ist gestorben." Gleichzeitig bereitete er ein starkes Gift und fügte davon der einen Hälfte seines Dolo bei. Nach einiger Zeit kamen die ersten Trauernden, die Tumina, d. h. die Antilopen. Die Tumina sangen und weinten: "Unsere gute Mutter ist gestorben, unsere gute Mutter ist gestorben!" Sani sagte: "Ja, meine Mutter ist gestorben, und es ist hübsch von euch, daß ihr zum Begräbnis gekommen seid. Nun unterbrecht aber ein wenig eure Klagen und trinkt ein wenig von meinem Dolo" (Hirsebier). Eine Antilope nach der anderen trank. Sani führte sie in seine Hütte, und da starben sie dann infolge des Giftes. Also starben die Antilopen und füllten die erste Hütte mit gutem Fleische.

Darauf kamen die Simba (die Elefanten). Er machte es mit ihnen ebenso. Dann traf die Gesellschaft der Djerra (Löwen) ein. Er machte es mit ihnen ebenso. Alle Tiere kamen, und alle Tiere starben also in den Hütten des Sani.

Endlich kamen auch die Sani, die Verwandten des Sani und sangen und weinten: "Unsere gute Mutter ist gestorben, unsere gute Mutter ist gestorben!" Sani sagte zu ihnen: "Weint nicht, sondern trinkt von meinem guten Dolo." Die Sani sagten: "Wir sind Verwandte der Toten, wir wollen nicht trinken, sondern wir wollen klagen." Darauf sagte Sani: "Ach, meine Mutter ist noch gar nicht gestorben. Ich habe das nur gesagt, um für uns alle Fleisch zu erlangen. Ich



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werde euch das Fleisch zeigen." Die Sani sahen darauf die Hütter mit Fleisch. Die Mutter des Sani kam aus dem Versteck. Alle wurder vergnügt, tranken von dem Dolo, das nicht vergiftet war, und bereiteten sich viel Speise.

Damals blieben von allen Tieren nur wenig übrig. Vorher hatte es sehr viele gegeben, und es würde heute noch ebenso viele geben, wenn die Sani nicht so viele aufgegessen hätten.

59. Surukku und die Bamba

Surukku sagte zu Bamba (dem Kaimann): "Ich will Euch in den Naina (Geheimbund) eintreten lassen." Surukku sagte zu den Bamba: "Ihr müßt zu diesem Zwecke alle zusammenkommen. Ihr müßt euch in langen Reihen hinlegen. Ihr müßt ganz ruhig liegen, die Augen schließen und die Augen geschlossen halten, was auch immer passieren mag. Wer zuerst die Augen öffnet, der wird eines schrecklichen Todes sterben." Die Bamba sagten: "Es ist recht."

Die Bamba legten sich hin. Sie lagen in drei langen Reihen da. Die eine reichte von Bamako bis Segu. Die zweite reichte von Bamako bis Kita. Die dritte reichte von Bamako bis Sigirri. Surukku machte sich eine schwere eiserne Rute. Die Bamba lagen in langen Reihen da, ohne sich zu rühren. Surukku schlug sie alle tot.

60. Der geschlagene Surukku

Alle Tiere versammelten sich zu einem Wettkampfe. Sonsanni setzte sich mitten auf den Platz und sagte: "Nun sollen die Tiere herankommen." Surukku sagte zu Uarraba: "Bin ich wohl groß genug, um mit Sonsanni zu kämpfen?" Sonsanni sagte: "Komm nur, ich werde es schon schaffen." Sonsanni und Surukku begannen zu kämpfen. Sonsanni warf Surukku zu Boden.

Die anderen Schakale waren wütend, daß Surukku sich hatte von Sonsanni werfen lassen. Sie waren so wütend, daß sie Surukku totschlagen wollten. Da sagte Uarraba: "Laßt, ich will selbst mit Surukku kämpfen." Die Schakale sagten aber nun, daß sie nicht eher weiterkämpfen wollten, als sie nicht die alten Bubu (Überkleider) ihrer Väter geholt hätten. Die Schakale liefen weg, um die alten Bubu zu holen.

Die Schakale kamen nicht wieder.



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61. Ulu und Surukku

Surukku kam zu Ulu und sagte: "Gib mir deine Tochter! Ulu und Surukku haben sich nie vertragen. Wir wollen jetzt Frieden schließen." Ulu sagte: "Ich gebe dir meine Tochter nicht, denn du hast vier Füße wie wir." Surukku bat. Zuletzt sagte Ulu Surukku seine Tochter zu.

Am Hochzeitstage setzte der Ulu eine Mütze auf, zog eine Hose an und nahm eine Trommel. Ulu hatte alle Hunde zusammengerufen. Er hatte gesagt: "Surukku heiratet meine Tochter." Die Frauen des Ulu kamen in schönen Pagnes (= fanni) herbei.

Die Surukku hatten ein großes rundes Haus gebaut (rundes Haus = bon, viereckiges Haus = mbilli). Die Surukku waren im Hause. Die Ulu kamen singend an. Sie sangen schöne Lieder. Sie sangen, daß sie ihre Tochter brächten, um den Charakter der Surukku zu prüfen. Die Tochter der Ulu kam. Sie kam bis zur Tür. Die Surukku sagten: "Die Braut soll allein eintreten." Die Braut trat ein. Die Surukku schlossen die Tür. Der Bräutigam fiel über die Braut her. Er biß die Braut tot. Die Surukku fraßen die Braut auf.

Die Surukku machten die Tür auf. Sie sagten: "Die kleine Schwester der Braut soll eintreten." Die kleine Schwester trat ein. Die Surukku fielen über das Mädchen her, töteten es und fraßen es. Darauf ließen die Surukku alle anderen Hunde herein und töteten und fraßen sie alle bis auf einen, den sie nicht mehr essen konnten; so satt waren sie.

62. Ulu und Surukku

Ein kleiner Ulu (Hund) war in einem Hause groß geworden. Eines Tages legte er sich im Hofe zum Schlafen nieder. Surukku streifte umher. Er kam in den Hof und war bei dem Ulu, ehe der noch entweichen konnte. Surukku schnappte sogleich nach ihm. Ulu stellte sich tot. Ulu ließ die Beine schlapp herabhängen. Surukku dachte: "Der Ulu ist tot." Surukku trug Ulu aus dem Gehöft in sein Lager im Busch. Dort warf er ihn hin und lief selbst fort, um Holz und Feuer und Wasser zum Kochen zu holen.

Als Surukku sich umgewandt hatte, sprang Ulu auf und lief von dannen. Surukku sah es aus der Entfernung und lief sogleich hinter ihm her. Ulu rannte auf sein Dorf zu. Ulu sprang in den Hof. Surukku raste hinterher. Surukku kam mit Ulu im Dorf an. Ulu wollte durch eine Umzäunung. Da hatte ihn Surukku erwischt,



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und Surukku packte ihn am Bein. Sogleich begann Ulu zu singen: "Hoo, Surukku glaubt, mich am Fuß gepackt zu haben, aber er hat einen Holzstab im Maul und mein Bein ist daneben." Da ließ Surukku den Fuß des Ulu los und biß in den danebenstehenden Holzstab. Ulu zog aber seinen Fuß in die Hütte und sang: "Hoo, Surukku hatte mein Bein im Maul, er hat es losgelassen, um in einen Holzknüppel zu beißen!"

63. Die Wandergenossenschaft

Ein Njebbere (Kakerlak, Schwabe) suchte Li (Honig) und ging seines Weges. Njebbere traf Sise (Huhn). Sise fragte: "Wo gehst du hin?" Njebbere sagte: "Ich suche Honig." Sise sagte: "So werde ich dich begleiten."

Sie trafen nach einiger Zeit den Uarrani. Uarrani fragte Sise: "Wo gehst du hin?" Sise sagte: "Frage Njebbere." Uarrani fragte Njebbere: "Wo gehst du hin?"Njebbere sagte: "Ich suche Honig." Uarrani fragte Sise: "Und wo gehst du hin?" Sise sagte: "Ich begleite Njebbere." Uarrani sagte: "So begleite ich dich." Sie gingen weiter.

Sie trafen nach einiger Zeit Ulu. Ulu fragte Uarrani: "Wo gehst du hin?" Uarrani sagte: "Frage Njebbere und die anderen!" Ulu fragte Njebbere: "Wo gehst du hin?" Njebbere sagte: "Ich suche Honig!" Ulu fragte Sise: "Wo gehst du hin?" Sise sagte: "Ich begleite Njebbere." Ulu fragte Uarrani: "Wo gehst du hin?" Uarrani sagte: "Ich begleite Sise." Ulu sagte: "So werde ich Uarrani begleiten." Sie gingen weiter.

Sie trafen nach einiger Zeit Surukku. Surukku fragte Ulu: "Wo gehst du hin?" Ulu sagte: "Frage Njebbere und die anderen." Surukku fragte Njebbere: "Wo gehst du hin?" Njebbere sagte: "Ich suche Honig." Surukku fragte Sise: "Und wo gehst du hin?" Sise sagte: "Ich begleite Njebbere." Surukku fragte Uarrani: "Und wo gehst du hin?" Uarrani sagte: "Ich begleite Sise!" Surukku fragte Ulu: "Und wo gehst du hin?" Ulu sagte: "Ich begleite Uarrani." Surukku sagte: "Dann werde ich Ulu begleiten." Sie gingen weiter.

Sie trafen nach einiger Zeit Sama. Sama fragte Surukku: "Wo gehst du hin?" Surukku sagte: "Frage Njebbere und die anderen." Sama fragte Njebbere: "Wo gehst du hin?" Njebbere sagte: "Ich suche Honig." Sama fragte Sise: "Wo gehst du hin?" Sise sagte: "Ich begleite Njebbere." Sama fragte Uarrani: "Wo gehst du hin?" Uarrani sagte: "Ich begleite Sise." Sama fragte Ulu: "Wo gehst du



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hin ?" Ulu sagte: "Ich begleite Uarrani." Sama fragte Surukku: "Wo gehst du hin?" Surukku sagte: "Ich begleite Ulu." Sama sagte: "Dann werde ich Surukku begleiten." Sie gingen weiter.

Sie gingen weiter und kamen dahin, wo der Honig war. Njebbere holte eine Kalebasse mit Honig. Sise sagte sogleich zu Njebbere: "Wenn du etwa die Kalebasse mit Honig fallen läßt, fresse ich dich." Njebbere erschrak so, daß er die Kalebasse fallen ließ. Sise sprang zu und fraß Njebbere. Ehe Sise es sich aber versah, war es von Uarrani verschlungen, der seinerseits von Ulu gefressen wurde.

Sama sagte zu Surukku: "Wenn du etwa den Ulu frißt, dann werde ich dich verschlingen." Der Ulu ließ aber die Kalebasse mit Honig fallen, und sogleich jagte Surukku hinter Ulu her. Ulu schlüpfte durch eine Umzäunung. Surukku packte im letzten Augenblick ein Bein. Ulu sang: "Oho, Surukku läßt mein Bein stehen und frißt Holz!" Darauf ließ Surukku das Bein los und packte in das Holz. Ulu sang: "Hoho! Surukku hat mein Bein losgelassen und dafür in das Holz gebissen!" Surukku erwischte Ulu nicht, und somit entging auch Surukku dem Sama.

64. Surukku und Bakoront

Ein kleiner Bakoroni (Bock, Ziege = ba), Ulu (der Hund) und Surukku (die Hyäne) gingen gemeinsam in den Sumpf, um zu fischen. Sie erlangten drei Jegge (Fische), und zwar einen großen und zwei kleine. Danach sagte Surukku: "Ich werde jetzt teilen." Er schob einen kleinen Fisch Bakoroni und einen kleinen Ulu hin. Den großen zog er auf seine Seite. Ulu sagte: "Du kannst nicht teilen; ich werde es machen." Er schob einen kleinen Fisch Bakoroni und den anderen Surukku hin. Den großen aber zog er auf seine Seite. Bakoroni sagte: "Du kannst nicht teilen; ich werde es machen." Er schob einen kleinen Fisch Surukku und den anderen Ulu hin. Den großen aber zog er auf seine Seite. Ulu sagte: "Ich werde noch einmal teilen." Damit ergriff er den großen Fisch, ließ die beiden kleinen liegen und lief so schnell er konnte mit der Beute von dannen.

Surukku machte sich sogleich auf und jagte hinter Ulu her. Ulu sprang in das Dorf. Surukku folgte ihm. Ulu sprang in die Haustür, da kam auch Surukku an und packte ihn im letzten Moment an der Ferse. Ulu rief laut: "Laß das Holz meines Vaters!" Darauf dachte Surukku, er habe nur einen Holzpfahl erwischt, und ließ des-



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halb den Fuß des Ulu frei. Ulu war gerettet und konnte das Haus verschließen.

Surukku kehrte zum Platze des Fischfanges zurück. Inzwischen hatte Bakoroni die anderen beiden Fische genommen und sich in einem Loch (=bogo) im Sumpfe versteckt. Nur die Hörner (=akerre) ragten heraus. Im Sumpfioche wollte er auf eigene Hand weiterfischen. Surukku fand weder Fische noch Bakoroni. Als er aber suchend über den Sumpf ging, stieß er seine Füße an den Hörnern des Bakoroni. Surukku sagte: "Was ist das? Man soll mich nicht anrühren!" Er kam zurück und stieß wiederum die Füße an den Hörnern des Bakoroni. Surukku sagte wieder: "Man soll mich nicht anrühren!" Er kam nochmals über die Stelle und stieß sich wieder an den Hörnern des Bakoroni die Füße. Er sah näher und erkannte Bakoroni. Surukku sagte: "So habe ich dich. Du hast meine Fische gestohlen." Er zog Bakoroni heraus. Er sagte zu Bakoroni: "Ich werde dich essen."

Bakoroni sagte: "Sieh, ich bin vom Wasser ganz naß. Wir wollen erst ein Feuer machen, damit ich trockne; dann kannst du mich essen." Surukku sagte: "Ja, so ist es gut." Bakoroni sagte: "Ich werde auf den Baum dort steigen und trockene Äste herunterwerfen." Surukku sagte: "Ja, so ist es gut."

Bakoroni stieg auf den Baum. Nach einiger Zeit schrie er laut, und dann sagte er nach dem Himmel hin: "Ich werde es machen, wie du mir sagst." Surukku trat an den Baum und sagte: "Was gibt es denn da?" Bakoroni entgegnete: "Ach, es ist nichts Besonderes! Eben hat mich Gott gerufen und hat mir gesagt, ich solle ihm neun Felle von Dierra (Löwen), neun Felle von Soli (Füchse) und neun Felle vom Surukku bringen. Er sagte, ich brauche diese Tiere nur scharf anzusehen und dabei an meinen kleinen Bart zu fassen. Darauf habe ich geantwortet: "Ich werde es machen, wie du mir sagst." Da bekam Surukku Angst. Er fragte: "Hast du es bei mir schon so gemacht?" Bakoroni sagte: "Noch nicht!" Darauf lief Surukku schnell von dannen. Bakoroni aber stieg vom Baume, aß in aller Behaglichkeit seine Fische auf und ging nach Hause. Auf diese Weise hatte Surukku nichts erhalten.

65. Bakoroni und Surukku

Bakoroni (das Böcklein) beschloß eine Wallfahrt nach Mekka. Er nahm eine Schüssel voll Li (Honig) auf den Kopf und machte



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sich auf den Weg. Er war noch nicht sehr weit gekommen, als ein heftiger Tornado niederging. Er sah sich nach einem geeigneten Schutzdach um. Im Busche nebenan lag ein alter umgestürzter Sira (Baobab), in dessen Fußende eine große Höhle war. Bakoroni ging hin und schlüpfte in die Höhle im Baobab. Als er sich aber darin umsah, gewahrte er, daß vorne schon Surukku (der Schakal), wenig dahinter Uarra-ni-nkalla (der Panther) und im Hintergrunde Uarraba (der Löwe) lagen.

In großer Angst setzte Bakoroni sogleich die Schüssel mit Li hin. Surukku sagte: "Ich habe gehört, du wollest nach Mekka pilgern." Bakoroni sagte: "Da hast du recht gehört. Ich bin auf dem Wege dahin." Surukku sagte: "Du hast im Dorfe Sebe (Koranvers-Amulette) gemacht. Das wird uns nun fehlen. Vor der Abreise solltest du wenigstens noch ein Sebe für Uarraba herstellen." Uarraba sagte: "Surukku hat recht; das solltest du tun." Bakoroni sagte: "Sehr gern will ich das tun. Es fehlt nur eine Sache. Tinte ist da, aber Haut, um das Sebe dareinzuwickeln (die Sehe sind immer in Leder gewickelt), fehlt mir." Uarraba sagte: "Was für eine Haut brauchst du dazu?" Bakoroni sagte: "Eine Surukkuhaut ist die beste." Uarraba sagte: "Eine trockene oder eine frische?" Bakoroni sagte: "Eine frische ist am besten!" Bakoroni sagte: "Unser Freund Surukku gibt sicher ein wenig Haut!" Damit zog er Surukku ein Stück Fell vom Bein. Surukku sagte: "Gut, nimm das. Es ist für Uarraba."

Bakoroni tauchte die Surukkuhaut in seinen Honig und sagte zu Uarraba: "Nun schließe die Augen und öffne den Mund." Uarraba tat es. Bakoroni warf das in Honig getauchte Hautstück in den Mund des Uarraba und sagte: "Das schlucke." Uarraba verschluckte es. Bakoroni sagte: "Nun kannst du die Augen wieder öffnen!" Uarraba öffnete die Augen und sagte: "Ich fühle, wie heilsam das ist. Kannst du das nicht zweimal machen?" Bakoroni sagte: "Gewiß kann ich das zweimal, ja dreimal machen -vorausgesetzt, daß genug Surukkuhaut vorhanden ist." Surukku sagte: "Sicherlich geht es noch mehrmals, aber ich werde dabei sterben, wenn ich mein ganzes Fell hergeben soll." Uarraba sagte: "Wenn du das noch einmal sagst, werde ich dir den Herrn zeigen, und dann wird es viel schneller mit dir zum Sterben gehen." So zog denn Bakoroni dem Surukku abermals ein Stück Fell ab, tauchte es wiederum in den Honig, und alles spielte sich ab wie das erstemal.

Uarraba sagte: "Ich fühle wiederum, wie heilsam das ist. Könntest du es noch einmal machen?" Bakoroni sagte: "O gewiß, ich



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kann bis zum Abend fortfahren." Da bekam Surukku einen Schreck, er sprang auf, aus der Höhle und von dannen. Uarraba setzte sogleich hinter ihm her, um ihn zu fangen.

Als Bakoroni mit Uarra-ni-nkalla allein in der Höhle war, sagte er: "Höre, Uarra-ni-nkalla, ich nehme an, daß wir sehr gute Freunde sind, sonst würde ich dem Uarraba verraten haben, daß deine Haut viel geeigneter für die Sebe ist als die des Surukku. Ich denke also, wir sind Freunde. Oder ist es nicht so ?" Da bekam auch Uarra-ni-nkalla Angst. Er sprang eilig von dannen, und nun war Bakoroni in der Höhle allein und konnte gemächlich das Ende des Tornados abwarten, um dann seinen Weg fortzusetzen.

66. Bakoroni und Surukku

(Ein anderer Diulla, der den Bericht der Erzählung Nr. 65 mit angehört hat, behauptet, kurze Zeit nachher hätte sich folgende

Geschichte abgespielt, die eine Fortsetzung der vorigen sei)

Surukku traf Bakoroni auf dem Wege und packte ihn. Surukku sagte: "Ich lasse dich nicht lebendig von hier fortkommen, wenn du mir nicht drei Worte sagst, die wahr sind. Bakoroni sagte: "Wenn ich in mein Dorf zurückkomme und erzähle den Ziegen, der Schakal hätte eine Ziege gepackt gehabt und wieder laufen gelassen, so werden sie das nicht glauben."

Surukku sagte: "Dieses Wort ist wahr, nun sage ein zweites." Bakoroni sagte: "Wenn du in dein Dorf zurückkommst und erzählst dem Schakal, ein Schakal hätte eine Ziege gepackt gehabt und sie nur wieder laufen gelassen, weil sie ihm drei wahre Worte sagen konnte, so werden sie das nicht glauben."

Surukku sagte: "Dieses Wort ist auch wahr, nun sage noch das dritte." Bakoroni sagte: "Mein großer Surukku, du mußt dich schon vollkommen satt gegessen haben, sonst würdest du nicht so scherzen, sondern mich schon lange gefressen haben." Surukku sagte: "Ja, das ist auch wahr."

Surukku ließ Bakoroni laufen.

67. Sonsanni, Surukku und die Ba

Die Ba (Ziegen) kamen einmal aus der Stadt, um im Busch einen Tamtam abzuhalten. Sonsanni hatte es gehört und sagte zu Surukku: "Höre, die Ba sind aus der Stadt in den Busch gezogen,



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um einen Tamtam abzuhalten." Surukku sagte: "Holla, ich habe Hunger; ich werde die Gelegenheit benutzen und mir eine Ziege holen". Surukku ging dahin, wo die Ba im Busch ihren Tamtam abhielten.

Sonsanni lief schnell zu den Ba, die im Busch versammelt waren. Sonsanni sagte zu den Ba: "Hört, Surukku weiß, daß ihr hier tanzt. Surukku ist auf dem Wege hierher, um eine Ziege zu holen und zu essen." Die Ba machten sich sogleich auf den Heimweg.

Surukku kam am Tanzplatze an. Alle Ba waren auf dem Heimwege. Surukku folgte ihrer Spur. Ganz hinten war eine einzige Ziege zurückgeblieben. Surukku wollte sich auf sie stürzen. Die Ziege lief von dannen. Surukku stürzte hinter ihr her. Die Ziege sprang auf die Stadt zu. Surukku folgte ihr. Ganz dicht an der Stadt hatte er sie beinahe erreicht. Die Ziege sprang durch das Holzgitter in den Hof. Surukku biß zu, aber schnappte vorbei. Er biß in eine Holziatte. Er merkte es sogleich, aber er sagte laut: "Pfui, ist dieses Ziegenbein dürr; nein, diese Ziege mag ich nicht."

68. Die Trommel der Surukku

Ein König rief alle Bewohner seiner Stadt zusammen und sagte zu ihnen: "Besorgt mir die Trommel der Surukku. Der, der mir die Trommel der Schakale bringt, erhält einen Teil des Dorfes als Unterchef." Zunächst meldete sich kein Mensch, der es gewagt hätte, die Trommel der Surukku zu holen. Endlich kam ein Knabe, der sagte: "Ich will es versuchen, die Trommel der Surukku zu besorgen. Ihr müßt mir aber etwas Tabak mitgeben." Die Leute gaben dem Knaben Tabak mit, und der Knabe ging.

Der Knabe ging. Er kam an ein Feld, da arbeiteten ein paar Weiber. Er trat zur ersten Frau und sagte: "Hier hast du ein wenig Tabak." Die Frau fragte: "Wo gehst du hin?" Der Bursche sagte: "Ich will die Trommel der Surukku holen." Die Frau sagte: "Nimm dies Ei; wenn die Surukku dich verfolgen, wirf es hinter dich. Dann entsteht zwischen dir und ihnen ein Sumpf, ein Fluß oder dergleichen." Der Bursche ging zur zweiten Frau und sagte: "Hier hast du ein wenig Tabak." Die Frau fragte: "Wo gehst du hin?" Der Bursche sagte: "Ich will die Trommel der Surukku holen." Die Frau sagte: "Nimm dies Ei, wenn die Surukku dich verfolgen, wirf es hinter dich. Dann entsteht zwischen dir und ihnen ein Sumpf, ein Fluß oder dergleichen." Der Knabe ging weiter.



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Der Bursche traf Sonsanni. Sonsanni fragte: "Wo gehst du hin?" Der Bursche sagte: "Ich will die Trommel der Surukku holen." Sonsanni sagte: "Da möchte ich mitgehen." Der Bursche sagte: "Ich nehme dich aber nicht mit, denn du bist mir zu schlau." Sonsanni sagte: "Auch gut." Sonsanni lief fort und traf einen Surukku. Er sagte zu dem Surukku: "Ein Bursche ist unterwegs, der will eure Trommel holen."

Der Bursche kam abends bei den Surukku an. Der Knabe sagte: "Es ist heute spät geworden. Ich finde den Weg nicht mehr. Darf ich vielleicht bei euch bleiben?" Die Surukku sagten: "Es ist recht, bleibt nur!" Der alte Surukku sagte: "Du kannst mir dann morgen früh sagen, wohin dich dein Weg führt." Nachher kam der Surukku, den Sonsanni gesprochen hatte. Der Surukku sagte: "Dieser Bursche ist gekommen, um unsere Trommel (= ndunnu) zu stehlen." Die Surukku sagten zum Burschen: "Sonsanni sagt, du habest ihm erzählt, du wolltest unsere Trommel holen." Der Bursche sagte: "Ach, man erzählt so lustige Sachen. Aber wie wäre das wohl möglich."

Alle Surukku legten sich zum Schlafe nieder. Der Bursche steckte den Surukku Baumwolle in die Ohren, damit sie nichts hören möchten. Dann ging der Knabe zur Trommel und schlug versuchsweise dagegen. Die Surukku sprangen auf. Einige riefen: "Der Bursche will unsere Trommel stehlen." Andere riefen: "Nein, ihr habt ja selbst dagegen gestoßen!" Sie stritten hin und her. Dann legten sie sich wieder hin. Sie schliefen wieder.

Gegen Morgen nahm der Bursche die Trommel und rannte damit fort. Er lief, so schnell er konnte. Nach einiger Zeit kamen die Surukku hinterher. Die Surukku liefen schneller als der Bursche. Sie holten ihn beinahe ein. Da nahm er eins der Eier, die ihm die Frauen gegeben hatten. Es entstand ein Fluß. Die Surukku kamen an den Fluß. Sie kamen nicht hinüber. Einer der Surukku lief nach Hause zurück und holte einen Schuh. Er schlug mit dem Schuh an das Wasser. Der Fluß verschwand. Die Surukku rannten weiter hinter dem Burschen her.

Der Bursche war schon ganz dicht bei der Stadt, da kamen die Surukku wieder dicht hinter ihm an. Er nahm das zweite der Eier, das ihm die Frauen gegeben hatten, und warf es hinter sich. Da entstand ein großer Sumpf. Die Surukku kamen an den Sumpf und konnten nicht herüber. Der Bursche aber kam mit der Trommel in die Stadt.



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Als der Bursche mit der Trommel die Stadt betrat, starben alle Surukku. Der König setzte den Burschen aber als Unttrchef über einen Teil der Stadt.

69. Jägerlegende

Der Jäger (=dunsu) Kanjima sagte: "Ich will mich mit Mansa Surukku messen." Das war der König aller Schakale. Kanjima machte sich auf den Weg und kam nach einiger Zeit auch an den Eingang der Höhle, in der der Mansa lebte. Vor der Höhle war ein mächtiger Baum. Er stieg auf diesen Baum und wartete bis Sonnenuntergang.

Als die Sonne unterging, kam eine Fledermaus aus der Höhle. Sie war die Wache des Königs Surukku. Sie flog heraus und um den Baum. Sie sah den Jäger Kanjima und kehrte in die Höhle zurück. Sie kam wieder zum Mansa und sagte ihm: "Auf dem Baume vor deiner Höhle sitzt der Dunsu Kanjima; er wartet auf dich und will sich mit dir messen." Der Mansa sagte: "Es ist gut." Dann sagte er: "Ein kleiner Schakal soll meine Lampe vor die Höhle tragen." Darauf ergriff ein kleiner Schakal die Lampe. Der Fuß der Lampe bestand aus Gold. Der kleine Surukku trug die Lampe vor die Tür.

Nach einiger Zeit flog eine zweite Fledermaus hervor, die auch eine Wache des Königs war. Sie kreiste um den Baum, auf dem Kanjima saß. Sie sah den Jäger und kehrte in die Höhle zurück. Sie kam wieder zum Mansa und sagte: "Auf dem Baume vor deiner Höhle sitzt der Jäger Kanjima; er wartet auf dich und will sich mit dir messen." Der Mansa sagte: "Es ist gut." Dann sandte der König ein anderes seiner Geschöpfe. Das kam aus der Höhle als ganz kleines Tier. Sobald dies kleine, unscheinbare Tier aber vor der Tür der Höhle angekommen war, begann es zu wachsen. Das Tier wuchs und wuchs. Es wurde so groß wie ein Pferd. Darauf sagte das Tier zu Kanjima: "Das Leben stammt nicht von heute, mein Kanjima."

Nach einiger Zeit kam ein Surukku und brachte die große Ochsenhaut heraus, auf der der König zu sitzen pflegte. Er breitete die Ochsenhaut vor der Türe der Höhle aus. Dann kam der Mansa selbst. Zweihundert Surukku begleiteten den König. Der Mansa hatte seinen Wedel mit Zaubermitteln in der Hand. Er ließ sich auf der großen Ochsenhaut nieder. Der Jäger Kanjima sah das alles.



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Darauf begann der Mansa seine Befehle auszuteilen. Der König sagte zu einem seiner Surukku: "Da und da ist ein Mensch gestorben; geh dahin." Der Surukku ging. Der König sagte zu einem zweiten seiner Schakale: "Da und da hat ein Mensch einen anderen erschlagen; geh dahin." Der Schakal ging. Der König sagte zu einem dritten seiner Schakale: "Da und da ist heute ein Jäger vom Baume gestürzt; geh dahin!" Der Mansa sandte so alle seine Leute aus, so daß sie sich weithin über das Land ausbreiteten.

Dann wandte sich Mansa Surukku an den Dunsu Kanjima und fragte: "Mein Dunsu, sage mir; hast du nicht meinen ersten Sendling gesehen?" Der Jäger sagte: "Ja, ich habe ihn gesehen." Der Mansa sagte: "Warum bist du denn nicht fortgegangen? — Ich habe dann nochmals gesandt; hast du das gesehen?" Der Jäger sagte: "Ja, ich habe es gesehen." Der Mansa sagte: "Warum bist du denn nicht wenigstens dann gegangen? Nun siehst du mich hier in meiner ganzen Machtentfaltung und Größe, und du gehst noch nicht. Sieh, ich regiere seit den Zeiten deines Großvaters, das war Ni, und dessen Vater, das wa Nki Koliokoto. Seit damals und noch viel länger lebe und regiere ich. Wie willst du es nun wagen, mich bekriegen zu wollen? Rede nie vor den Menschen davon, daß du dich hast mit mir messen wollen."

70. Limmoro und Soso

Limmoro (die Fliege) und Soso (die Mücke) gingen zusammen hin, Wasser holen. Soso wollte die mit Wasser gefüllte Kalebasse auf den Kopf setzen, stürzte aber hin und brach ein Bein. Als Limmoro das sah, mußte er so lachen, daß ihm der Kopf abflog.

(Die Neger finden diese Geschichte ganz besonders lustig.)

71. Sasso und Sisse

Sisse (das Huhn) ging spazieren. Sisse kam an einer großen Sasso(Bohnen-) Pflanze vorbei. Sisse sagte: "Geh beiseite!" Sasso sagte: "Nein, ich werde bleiben." Sisse sagte: "Wenn du nicht beiseitegehst, werde ich dich auffressen."Sasso sagte: "Wenn du mich auffrißt, werde ich schwellen, und dann wirst du platzen." Sisse sagte: "Ich werde dich auffressen, und ich werde nicht platzen."



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Sasso sagte: "Du wirst platzen." Sisse sagte: "Willst du es erfahren?" Sasso sagte: "Ich gehe nicht zur Seite."

Sisse schluckte Sasso hinter. Als Sasso schwellen wollte, kackte Sisse sie hinten wieder heraus.

72. Der alte Hund und der junge Hund*

Ein junger Hund sagte zu einem alten Hunde: "Ich bin viel klüger E als alle Hunde und als alle Tiere des Feldes und Waldes." Der alte Hund sagte: "Du kannst vielleicht sagen, daß du der klügste unter deinen Verwandten seiest, du kannst aber nicht sagen, daß du klüger als alle Tiere seiest."

Der alte Hund lag einmal auf dem Marktplatze. Er hatte keine Frau im Hause, so daß er auf das Essen angewiesen war, das er anderweitig erwischte. Er lag also nahe bei einer Fleischerbude. Der junge Hund kam und sagte: "Guten Tag, mein Alter." Der alte Hund antwortete: "Guten Tag, mein Kleiner!" Der junge Hund legte sich neben den alten und blieb daliegen. Nach einiger Zeit nahm der Schlächter zwei Stück Fleisch. Das eine warf er dem alten Hunde hin, das andere dem jungen. Der alte sprang auf und verschlang schnell alle beiden Stücke. Der alte sagte: "Warum nimmst du denn nichts?" Der junge sagte: "Ach, ich habe es nicht nötig. Ich kann warten, bis meine Frau daheim das Essen bereitet hat. Dann werde ich speisen können."

Nach einiger Zeit warf der Schlächter wieder ein Stück Fleisch hin. Ehe die Hunde es aber aufgenommen hatten, kam eine Weihe, schnappte es weg und trug es auf einen Baum. Der alte Hund sagte: "Siehst du, was ich dir gesagt habe? Man kann sagen, man sei klüger als alle Verwandten, man kann aber nicht sagen, man sei klüger als alle Tiere." Der junge Hund sagte: "Warte nur; du wirst sehen, daß ich doch noch zu meinem Fleisch komme!" Der junge Hund ging hin unter den Baum, auf den sich die Weihe gesetzt hatte und rief: "Höre, Weihe, ich habe dir etwas zu sagen!" Die Weihe sah gar nicht hin. Der kleine Hund sagte: "Höre, Weihe, der alte Hund da drüben hat etwas gesagt." Die Weihe sah nicht hin. Der kleine Hund sagte: "Höre, Weihe, der alte Hund da hat 

* (Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob diese schöne Lesart im Bammana- Lande am Niger heimisch ist, denn sie wurde mir von einem Manne vorn Senegal erzählt. Allerdings sagte dieser Mann, daß die Geschichte von den Bammana bei Bamako stammt.)


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etwas Schlechtes von dir gesagt." Die Weihe sah auf und fragte: "Was hat der alte Hund Schlechtes von mir gesagt?" Der junge Hund sagte: "Er hat gesagt, daß du nicht singen könntest." Da machte die Weihe den Mund auf, um zu singen. Sie ließ aber dabei das Fleisch herabfallen. Der junge Hund nahm es auf, trug es von dannen und sagte, als er bei dem alten Hunde vorbeikam: "Siehst du, daß ich klüger bin als alle Tiere?"

Eines Tages sagte der kleine Hund zu dem alten: "Ich gehe ein wenig am Fluß spazieren, um mir Essen zu suchen!" Der junge Hund ging zum Ufer hinab und fand da eine Katze. Die Katze hatte ein Stück trockenen Fisches gefunden, das einer Frau beim Waschen fortgeschwommen war. Die Katze aß von dem Fisch. Der Hund setzte sich neben die Katze. Die Katze gab ihm einen Bissen von dem Fisch ab. Der Hund aß davon und sagte: "Ach, das ist sehr gut. Wo bekommst du diese gute Speise?" Die Katze sagte: "Ach, das ist sehr einfach. Ich habe jeden Tag zehn und mehr solcher Fische. Es ist sehr einfach, sie zu fangen." Der junge Hund sagte: "Ach, zeige mir das doch!" Die Katze sagte: "Ach, das tue ich sehr gern; komm nur mit." Die Katze führte den jungen Hund an den Fluß, da, wo das Ufer ganz hoch und steil und wohl fünfzig Meter über dem Wasser erhaben war. Die Katze sagte: "Du mußt dich mit dem Rücken gegen den Fluß hinsetzen, so daß dein Schwanz herabhängt. Du wirst sehen, die Fische springen herauf!" Der Hund setzte sich vorsichtig an den Abhang. Die Katze sagte: "Dein Schwanz hängt nicht weit genug herab. Die Fische springen, aber sie erreichen dich nicht. "Der Hund setzte sich näher heran. Die Katze sagte: "Noch näher!" Der Hund rückte noch ein wenig zum Abhang hin und dann stürzte er herab, schlug sich Schwanz und Rücken auf und fiel ins Wasser. Er kam wieder heraus, aber er war sehr krank, als er in das Dorf zurückkehrte.

Als der alte Hund ihn sah, sagte er: "Siehst du, ich sagte es dir ja: ,Man kann wohl klüger sein als alle Verwandten, man kann aber nicht klüger sein als alle Tiere.'"

73. Hundelegende

Anfangs lebte der Hund im Wasser. Er hatte keinen Mund. Der Kaiman machte ihm eines Tages einen Mund und Zähne in den Mund. Nun hatte der Hund aber noch keine Zunge. Deshalb lief er eines Tages zu Kaiman und sagte: "Leih mir doch einmal



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deine Zunge! Du hast eine so schöne Zunge." Der Kaiman sagte: "Ich will sie dir für einen Augenblick leihen. Du mußt sie mir aber gleich wiedergeben." Der Kaiman nahm die Zunge heraus und gab sie dem Hunde. Es war eine sehr schöne Zunge. Der Hund nahm die Zunge und lief damit von dannen. Seitdem hat der Hund eine Zunge, aber der Kaiman hat nun keine Zunge mehr.

Als der Kaiman sah, daß der Hund ihm seine Zunge gestohlen hatte, ward er sehr böse. Er sah, daß er sie nicht wiederbekommen würde. Nach einiger Zeit begegnete er einem Manne, der suchte ein gutes, starkes Zaubermittel. Der Mann sah den Kaiman und fragte ihn: "Weißt du nicht ein gutes Zaubermittel, mit dem ich den Komma kräftigen kann?" Der Kaiman sagte: "Gewiß weiß ich das! Opfere dem Komma nur den Hund, das wird ihm am günstigsten sein." Der Mann tat es. Seitdem ist der Komma, dem Hunde geopfert werden, wirkungsvoller als der, dem nur Ziegen und Hühner dargebracht werden. Der Komma, der Hunde erhält, ist über alle Maßen grauenvoll.

74. Herkunft der Trommel

Ich habe zwei Leute gesehen, die sich stritten. Der eine sagte: "Das ist wahr." Der andere sagte: "Das ist nicht wahr." Es waren Dugumene (die Ameise) und Soso (die Mücke). Dugumene sagte: "Ich kann trommeln." Soso sagte: "Ich kann auch trommeln."

Damals war gerade der Vater des Surukku gestorben. Dugumene und Soso gingen zum Tamtam des Surukku. Dugumene versuchte es, aber Dugumene konnte nicht trommeln. Soso versuchte es, Soso konnte trommeln. Es sind also die Soso, die uns das Trommeln beigebracht haben. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, so könnten die Neger heute nicht tanzen.

75. Sa, Bundeni und Korrokarra

Sa (Schlange), Bundeni (Skorpion) und Korrokarra (eine Wasserschildkröte) stahlen gemeinsam Honig. Sie waren zu diesem Zwecke auf einen Baum gestiegen. Der Besitzer kam. Sa fiel herunter und zerbrach. Korrokarra fiel herunter und zerbrach. Der Mann erwischte Bundeni. Er wollte Korrokarra aufnehmen. Da sang sie einen Zaubergesang, und darauf ward Sa zum Strick und Bundeni zum Feuer. Der Mann tötete aber Korrokarra und aß sie.



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76. Bamma als Fährmann

Früher setzte Bamma (der Kaiman) in einem Boote (Kullu) die Menschen über den Fluß (Niger). Alle Tage setzten Menschen über den Fluß, um zum Markte zu gehen. Im Lande lebte Uorrodie, die ein sehr, sehr hübsches Mädchen war. Uorrodie war sehr hübsch. Jede Frau, die von Bamma übergesetzt werden wollte, sagte: "Setze mich über; ich will dir auch Uorrodie zuführen." Bamma setzte sie über. Viele Frauen kamen und sagten: "Ich will dir Uorrodie zuführen." Bamma setzte sie alle über. Es kamen die Diulla (wandernde Kaufleute). Jeder Diulla, der zum Markte wollte, sagte zu Bamma: "Setze mich über; ich will dir auch Uorrodie zuführen." Bamma setzte sie alle über.

Uorrodie hörte es, was die Leute sagten. Uorrodie sagte zu ihrer Sklavin: "Laß dich auch übersetzen wie die anderen." Die Sklavin ging zum Fluß. Sie sagte zu Bamma: "Setze mich über; ich will dir auch Uorrodie zuführen!" Bamma sagte: "Du bist selbst Uorrodie." Die Sklavin sagte: "Nein, ich bin nicht Uorrodie!" Sie stritten hin und her. Bamma setzte sie über. Uorrodie machte sich selbst auf den Weg. Uorrodie sagte zu Bamma: "Setze mich über. Ich will dir Uorrodie zuführen!" Bamma sagte: "Du bist selbst Uorrodie!" Uorrodie sagte: "Nein, ich bin es nicht!" Bamma sagte: "Du bist es doch; du bist es doch!" Uorrodie sagte: "Nein, ich bin es nicht! Nein!" Bamma sagte: "Doch!" Uorrodie sagte: "Nein!" Sie stritten hin und her, hin und her. Bamma setzte Uorrodie über.

Uorrodie kam auf den Markt. Uorrodie sagte zu allen Leuten: "Wer über den Fluß setzen will, der tue es bald, denn Bamma wird es erfahren, daß ich Uorrodie bin." Die Leute und alle Diulla machten sich alsbald auf den Weg und setzten so schnell wie möglich über. Dann kehrte auch Uorrodie heim. Uorrodie kam an den Fluß. Uorrodie sagte zu Bamma: "Setze mich über, ich führe dir auch Uorrodie zu!" Bamma sagte: "Du bist Uorrodie selbst; du bist Uorrodie selbst; du bist Uorrodie selbst!" Uorrodie sagte: "Nein, nein, nein!" Bamma sagte: "Doch, doch, doch!" Sie stritten lange, lange, lange hin und her. Endlich setzte Bamma Uorrodie über.

Seitdem fährt Bamma die Menschen nicht mehr in seinem Boote über das Wasser. Bamma macht seitdem viel Unruhe im Wasser, und die Menschen bauen deswegen selbst Boote, um überzusetzen.



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77. Die Blinden

Ehe die Welt noch war, befand sich Uarraba einmal auf einem Berge, um sich die Haare zu ordnen. Ein Mädchen kam herauf, um ihm den Kopf zu zerschlagen. Sie trat aber mit dem Fuß in ein Loch und verwundete sich von der Ferse bis zum Ohr. Das Mädchen sagte zum Löwen: "Dieser Streit ist noch nicht fertig." Dann schlug das Mädchen den Löwen, und der Löwe ward zornig. Er sagte: "Sobald ich dich finde, werde ich dich töten." Der Uarraba traf das Mädchen auch bald wieder und sagte: "Nun werde ich mich revanchieren. Ich würde dir die Haut abziehen; aber das ist schändlich, weil du weder mit den Toten noch mit den Lebenden würdest existieren können." Dann gab er dem Mädchen eine Ohrfeige, so daß sie blind wurde; er gab ihr einen Stock und sagte: "Solange die Welt besteht, wird es immer Blinde geben."

78. Ndurri und Sise

Sise (das Huhn) sagte zu Ndurri (der Kröte): "Wir wollen uns ein ordentliches Haus bauen." Ndurri sagte: "Wozu soll ich mir ein Haus bauen. Ich bin ein Tier, das den Regen liebt. Im übrigen gibt es für mich überall Blätter und Steine, unter die ich mich verkriechen kann, wenn ich schlafen will. Nein, ich baue nicht mit. Baue dir dein Haus nur ganz allein und wohne dann auch allein und ganz nach deinem Gefallen darin!" Sise sagte: "Wie du willst!"

Sise baute sich ein Haus und wohnte sehr behaglich darin. Ndurri blieb im Freien, hüpfte im Regen herum und schlief unter Blättern und Steinen. Es ging das lange Zeit sehr gut. Eines Tages hub aber ein Regen an, wie es noch nie einen gegeben hatte. Es gab keinen Platz mehr im Freien, auf dem man stehen konnte, ohne fürchten zu müssen, weggeschwemmt zu werden. Ndurri konnte nirgends bleiben. Überall wurde Ndurri vom Regen fortgespült. In seiner Not hüpfte Ndurri auf das Haus des Sise zu.

Ndurri hüpfte auf die Schwelle und fragte: "Ist es erlaubt, einzutreten? Es regnet so furchtbar, daß man nirgends bleiben kann!" Sise sagte: "Ich hatte dir ja gesagt, wir wollten ein Haus bauen. Du hast nicht gewollt. Nun siehst du, wie es kommt! Jetzt komme aber herein." Ndurri hüpfte in das Haus des Sise. Nach einiger Zeit fragte Ndurri: "Ist es erlaubt, zu schlafen?" Sise sagte: "Ich hatte dir ja gesagt, daß du mit mir ein Haus bauen solltest. Na, lege dich nur hin und schlafe!"



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Ndurri legte sich hin und schlief ein. Sise sah nach einer Weile zu, ob Ndurri auch fest schliefe. Ndurri schlief ganz fest. Sise nahm einen Eisenstab und machte ihn im Feuer heiß. Als der Eisenstab glühend war, ergriff ihn Sise und bohrte ihn Ndurri in den Hinterleib. Ndurri sprang auf und schrie: "Du willst mich töten!" Ndurri sprang auf und zum Hause heraus.

79. Sonsanni und der Ursprung der Ehe

Früher heiratete man nicht, heute heiratet man, und daran ist Sonsanni schuld. Früher sagten die jungen Mädchen: "Wir heiraten nicht." Sie gingen in den Busch und blieben lange, lange im Busch. Kein Mensch heiratete. Sonsanni verwandelte sich in einen hübschen jungen Mann. Die Mädchen waren gerade zu einem Sira (Affenbrotbaum) gegangen, um Blätter zu pflücken. Sie vermochten aber nicht heraufzukommen und standen um den Baum. Die Mädchen sahen Sonsanni. Ein Mädchen sagte: "Da ist ein junger Mann, welcher gerade ankommt." Sonsanni kam. Die Mädchen sagten alle: "Tjee Hoooo!" Sonsanni antwortete nicht. Die Mädchen sagten: "Tjee Hoooo!" Sonsanni antwortete nicht. Die Mädchen sagten: "Tjee Hoooo!" Sonsanni sagte: "Huu! Ich bin der Sohn des Königs, der im Namen seines Vaters einen Auftrag auszurichten hat. "Die Mädchen sagten: "Hier ist ein Sira. Wir möchten gerne Blätter haben, vermögen aber nicht, hinaufzuklettern. Steig du doch hinauf und schneide uns einige Blätter ab!" Sonsanni stieg hinauf und schnitt Blätter ab. Er schnitt Bündel nach Bündel ab und warf sie hinab. Die Mädchen sagten: "Jetzt ist es genug!"

Sonsanni stieg hinab, ging ein Stück, ließ sich dann auf die Erde fallen, rieb sich den Rücken und rief: "O mein armer Rücken, o mein armer Rücken, o mein armer Rücken, o mein armer Rücken!" Die Mädchen fragten: "Was fehlt dir?" Sonsanni sagte: "Geht nur zu dem alten Mann, der dort unter dem Baume liegt. Der Mann heißt: ,Firra korro nia bossoni.' Der mag sagen, was es mit mir ist." Die Mädchen gingen. Als die Mädchen ein Stück weit gegangen waren, sprang Sonsanni auf, lief selbst hin und legte sich als alter Mann, als Firra korronia bossoni (firra =Blatt; korro =unter; nia bossoni =schielt) unter den Baum. Die Mädchen kamen und fragten: "Was fehlt dem jungen Mann?" Der Alte antwortete: "Wenn ihr alle heiratet, wird er gesund werden." Die Mädchen kehrten zurück.



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Sonsanni sprang auch auf und legte sich wieder als hübscher junger Mann unter den Sira. Sonsanni weinte: "O mein armer Rücken, o mein armer Rücken!" Ein Mädchen sagte: "Ich will nicht, daß das Haus meines Vaters zerbricht!" Das Mädchen heiratete Sonsanni. Seitdem ließ Sonsanni alle Mädchen in das Dorf bringen und den Tantang (Tamtam) schlagen. Es wurden alle Mädchen, die früher im Busch waren, verheiratet, und so kam die Heirat in die Welt, die es früher nicht darin gab.

80. Die zurückgesetzte Frau

Ein Fama hatte fünf Frauen. Er schlief mit allen fünf Frauen im selben Hause. Er nahm dann noch eine andere junge Gefangene als Frau bei sich auf. Nach zwei Tagen sagte er zu dieser jungen Frau: "Nimm Wasser und gib es dem Pferd." Er sandte sie in den Busch, um Holz für die anderen fünf Frauen herbeizutragen. Dann mußte sie wieder dem Pferde zu trinken geben. Wieder sandte er sie in den Busch, damit sie Holz hole.

Die geplagte kleine Frau traf im Busch Sonsanni. Sonsanni sagte: "Ich habe Hunger." Die Frau hatte nur wenig Kuskus bei sich. Sie gab den Kuskus Sonsanni. Sie sagte: "Ich habe Mitleid mit dir. Hier hast du." Sonsanni sagte: "Höre, ich gebe dir den Rat, deinem Fama zu entfliehen. Sage ihm, du wüßtest im Busch etwas, das wäre sehr gut für ihn. Er wird dich aussenden, es zu holen; dann komme zu mir." Die Frau ging nach Hause.

Am gleichen Abend schlief der König wieder mit der jungen Frau. Sie sagte ihm: "Ich weiß im Busch etwas, das ist sehr gut für dich." Der Fama sagte: "So gehe morgen in den Busch und hole es mir." So ging die Frau am anderen Tage von dannen und lief zu Sonsanni.



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Die Frau kam zu Sonsanni. Die Frau war schwanger. Sonsanni sagte: "Ich weiß eine sehr schöne Grube nahe beim Hause des Uarraba (Löwen), die ist sehr geeignet als Wohnstatt für dich. Ich werde dir nun zunächst Essen aus dem Dorfe bringen." Die Frau sagte: "Es ist recht so."Sonsanni lief in das Dorf. Er brachte Essen. Inzwischen reinigte die Frau ihre Wohnstätte. Dann lief Sonsanni nochmals in das Dorf und holte eine Lila (Matte), damit die Frau darauf schlafen könne, und sagte: "Hier hast du eine Lila!"

Die Frau fragte Sonsanni: "Wo willst du in Zukunft Hirse holen, damit ich Kuskus machen kann?" Sonsanni fragte: "Wo hat denn dein Mann seine Hirse aufbewahrt?" Die Frau sagte: "Mein Mann



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hat seine Hirse im Busch an einer Stelle, die mit Dorngestrüpp umgeben ist. Wenn ihr Hirse haben wollt, so räumt das Dorngestrüpp zunächst zur Seite und legt es nachher wieder hin." Sonsanni sagte: "Es ist recht so." Sonsanni hatte eine alte Haut; daraus machte er eine Trommel. Er trommelte.

Darauf kam Surukku. Sonsanni sagte zu Surukku: "Ich habe eine schwangere Frau bei mir. Wenn du mir hilfst, für sie Hirse herbeizubringen, dann kannst du nachher Mutter und Kind essen." Surukku war einverstanden. Sonsanni lief mit Surukku zum Speicher des Königs. Sie räumten die Dornen beiseite, entnahmen sieben Säcke mit Hirse und brachten sie in das Haus des Sonsanni. Dann lief Sonsanni zurück und ordnete das Dornengestrüpp wieder.




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Surukku sagte: "Nun möchte ich die Frau sehen." Sonsanni sagte: "Gut, du sollst sie sehen. Ihr Haus ist nahe dem meinen und nahe dem des Uarraba. Wir wollen nun hingehen und die Frau unter den Schutz des Uarraba stellen." Sonsanni und Surukku gingen. Als sie hinkamen, war Uarraba gerade abwesend. Sonsanni sagte: "Wir wollen warten." Surukku sagte: "Ich habe Furcht." Sonsanni sagte: "Warte nur! Er wird dir nichts tun, da du eine Nachricht bringst." Sonsanni wartete. Surukku versteckte sich hinter Sonsanni.

Uarraba kam. Er hatte zwei Tiere getötet. Sonsanni trat heran und sagte: "Uarraba, wir haben einen Gespielen für deinen Sohn, wir haben eine schwangere Frau, die gebiert. Ehe ich sie hier einlogiere, muß ich dich, den Herrn, fragen. Das Kind wird ein guter Gespiele für deine Kinder sein. —Übrigens ist auch Surukku hier. Er hatte Angst, du könntest ihn verzehren wollen. Deshalb hat er sich versteckt. Ich habe ihm aber gesagt, daß er nichts zu fürchten habe, da wir doch gekommen seien, diese Kommission auszurichten."

Der Löwe sagte: "Gut; ich fürchte aber ein wenig in dieser Sache, denn man sagt mir, daß du sehr schlau seiest." Sonsanni sagte: "Wie könnte ich dich betrügen, da du doch soviel älter bist als ich." Surukku trat hervor. Uarraba wollte sich auf ihn stürzen, um ihn zu töten. Aber Sonsanni sagte: "Ich bin mit Surukku gekommen, um dir etwas Gutes zu sagen. Da darfst du doch die Boten nicht verletzen. Uarraba sagte: "Es ist recht damit. Ich möchte jetzt aber die Frau sehen."

Die Frau kam herbei. Uarraba sagte: "Dein Mann hat dich verjagt. Wir anderen sind nicht so. Wir freuen uns, wenn du bleibst. Wenn du bleiben willst, so nimm dieses Fleisch hier und bereite mir eine Mahlzeit." Der Uarraba gab der Frau zwei Stücke Fleisch.



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Sonsanni sagte zu Surukku: "Wir können nun gehen!" Surukku sagte: "Eben sehe ich die Stücke Fleisch. Wenn ich so schönes Fleisch sehe, kann ich nicht gehen."Uarraba ging, um aus dem Walde Holz für die Küche zu holen. Während Uarraba fort war, stahl Surukku das Fleisch und fraß es. Uarraba kam zurück. Surukku bekam einen Schreck. Er wollte mit dem Messer das Blut vom Munde abstreifen. In der Angst und Eile aber schnitt er sich kräftig in das Maul.

Uarraba sah den Schnitt. Uarraba fragte: "Was hast du da gemacht?" Surukku sagte: "Ich habe Fleisch für deine Jungen geschnitten." Sonsanni sagte: "Das ist ja nicht wahr. Er hat all dein Fleisch aufgefressen." Uarraba wollte sich voll Wut auf Surukku stürzen. Sonsanni hielt ihn aber zurück und sagte: "Uarraba, du verstehst keinen Scherz. Surukku ist ein guter Kerl, der ein wenig stiehlt, aber ausgezeichnet für deine Kinder sorgt." Da ließ Uarraba ab.

Die Frau gebar das Kind. Uarraba ging selbst hin und holte Heu. Das Kind war ein Knabe. Der Uarraba legte das Kind zu seinen Kindern. Dann ging Sonsanni aus, um mit den Kindern des Uarraba zu spielen. Surukku sagte: "Ich werde auch mitgehen und auch spielen." Sonsanni und Surukku gingen hinaus, um mit den Kindern des Uarraba zu spielen.

Sie spielten zusammen. Surukku biß beim Spiele einem Kinde des Uarraba eine Hand ab. Sonsanni sah es. Sonsanni sagte: "Du bist ein Dummkopf. Diesmal will ich dir noch helfen. Lege dich hin und tue so, als ob du tot seiest. Ich will dann Uarraba sagen, daß du dem Jungen des Uarraba die Hand abgebissen habest, daß der dich aber dann bei der Gurgel gepackt und getötet habe. Lege dich also hin und tue, als ob du gestorben seiest. Wenn du so daliegst, wird der Uarraba dich packen und in den Busch werfen lassen. Da hast du dann aber Gelegenheit zu entfliehen." —Surukku legte sich wie tot hin. Sonsanni lief zum Uarraba und erzählte ihm alles, wie er es dem Surukku versprochen hatte. Uarraba ließ Surukku zum Busch tragen und dort wegschleudern. Surukku sprang im Busch auf seine Füße und lief nach Hause.




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Die Frau sagte eines Tages: "Ich will zu meinem Manne zurückkehren. Wenn ich ihm den Sohn mitbringe, ist er wohl freundlicher." Die Frau nahm ihr Kind und kehrte zum Fama zurück. Fama erklärte: "Dieser Sohn ist nicht mein Kind." Der König ließ heimlich nahe dem Hause der Mutter eine tiefe Grube graben, in


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die er das Kind schleudern wollte. Das Kind merkte es beizeiten und grub einen Gang, der leitete vom Lager der Mutter hinab in die tiefe Grube.

Die tiefe Grube war vollendet. Der Fama ließ eine Matte darüber decken. Auf die Matte ließ er reichlich Kaurimuscheln legen. Er sagte zu dem Kinde: "Hole mir doch die Kaurimuscheln!" Das Kind tat, als ob es von nichts etwas wisse. Es lief hin und glitt mit Matte und Kaurimuscheln in die Tiefe. Unten sammelte das Kind alle Kaurimuscheln auf und lief durch den geheimen Gang, der unter das Lager seiner Mutter führte, von dannen. Das Kind lief in das Haus seiner Mutter.

Aus dem Hause der Mutter lief das Kind in den Busch. Im Busch machte es auch Goldkörbe. Es machte sehr schöne goldene Körbe. Das Kind nahm die Körbe und kehrte in die Stadt zurück. Das Kind brachte dem Vater die Körbe und sagte: "Fama, ich habe diese Körbe im Strome gefunden. Wenn du die Stelle, an der noch sehr viele sind, sehen willst, so laß dir die Augen verbinden und komme mit mir. Ich will dich führen." Der König sagte: "Führe mich sogleich hin!" Er ließ sich von seinem Sohne die Augen verbinden und hinführen. Der Sohn führte den Fama an den Strom und stieß ihn am Ufer in die Tiefe. Der König ertrank.

Das Kind übernahm die Stadt und ward Fama. Er nahm alles Gold, Ziegen, Herden des Vaters. Seine Sklaven und die Nebenfrauen seiner Mutter tötete er aber.


81. Keningbanani

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Der vergnügte Knabe

Ein Massanke (d. h. ein König) hatte eine Frau, die war schwanger. Der ältere Bruder der Frau war auf der Jagd, als die Frau niederkam, und alle Freunde erschienen, um Speisen und Fleisch als Beisteuer für das bevorstehende Fest herbeizubringen. So stand schon viel Essen im Zimmer, als die Frau zum erstenmal ausging, sich zu baden, und das kleine Kindchen allein dalag. Als die Mutter herausgegangen war, richtete es sich auf, stand, von dem Lager auf, warf die Decken fort, ging hin und aß alles auf, was im Zimmer stand. Von einem Hammelbein blieb ihm noch ein Knochen zwischen den Zähnen sitzen. Darauf ging es zum Lager zurück, legte sich wieder hin, deckte sich zu.

Eine alte Frau kam herein, die sah nach dem Kinde, sah, daß es



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den Knochen zwischen den Zähnen hatte, daß alles Essen im Zimmer verzehrt war, und lief wieder fort. Sie lief zum König und sagte: "Dein Kind ist sehr schlecht. Es ist eben erst geboren und hat schon alles Fleisch im Hause gegessen." Da ging der König hin, ergriff das Kind am Fuß und schleuderte es gegen die Wand, um es zu töten. Das Kind sagte aber: "Nimm dich in acht, daß du die Mauer nicht zerbrichst." Darauf stand das Kind auf, ging zum Bette zurück und legte sich hin, um zu schlafen.

Das Kind sagte am anderen Tage zum König: "Laß mir Bogen und Pfeile machen." Der Vater ließ einen eisernen Bogen und eiserne Pfeile herstellen. Der Knabe fragte: "Wo ist der ältere Bruder meiner Mutter?" (also der Onkel). Der König sagte: "Der ist auf der Jagd." Da machte sich der Knabe mit seinen Waffen auf den Weg und ging seinem Onkel nach. Er ging mit dem Onkel jagen. Einen Tag später sahen sie Bobofing (schwarze wilde Büffel). Der Onkel sagte: "Schieße nicht auf sie, denn wenn du einen tötest, wird es ganz schwarz werden." Die schwarzen Büffel liefen vor den beiden Jägern über das Land und von einem Busch über eine Lichtung immer zum anderen. Als sie über die dritte Lichtung liefen, schoß der kleine Knabe nach einem von ihnen, und der war auch sogleich tot. Sogleich wurde es aber auch für einen Augenblick rund herum pechschwarze Nacht. Dabei toste ein gewaltiger Sturm über das Land. Der ergriff die beiden und trug sie weit fort, bis in die Stadt. Hier wurden sie aber vom Winde hinter einem Hause in eine Tuda (das sind die Löcher, die im Boden entstehen, wenn Erde für den Hausbau ausgehoben wird) geschleudert. Der Onkel stand auf und ging hinkend von dannen.

Der kleine Knabe blieb zunächst liegen und sah sich die Sache an. Dann kam eine alte Frau, die Mitleid mit ihm hatte, um ihm herauszuhelfen. Da sie glaubte, er müsse getröstet werden, sagte sie: "Warte, mein Kindchen, ich will dir einen Kuchen zurechtmachen." Der Knabe sagte: "Ach, du weißt sicher nicht, wie man das Korn stampft!" Er nahm den Stampfer, beugte sich weit vor über den Mörser und sagte: "So mußt du es machen." Die Frau wollte es darauf ebenso versuchen. Da packte der Knabe sie von hinten und stopfte sie unversehens in den Mörser von oben hinein. Darauf ging er fort.

Er kam an einer Frau vorbei, die brach mit der Daba (Hacke) neben einem Mbang- (kleine Aubergines, gambo genannt, von Europäern viel zu Salat verwendet) Felde das Steppenland um. Der



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Bursche sagte: "Du bist eine alte Frau, ich aber bin jung und will dir die Arbeit abnehmen. Geh mittlerweile in das Dorf und sieh nach deiner sonstigen Arbeit. Wenn du zurückkommst, werde ich mit meiner Arbeit fertig sein." Die Frau war damit sehr zufrieden und ging fort in die Stadt. Der Knabe aber brach so schnell wie möglich das Feld mit dem guten Mbang um, ließ das Steppenland unberührt und lief dann eiligst von dannen.

Der Knabe kam alsdann zu einer Frau; die trug ein kleines Kind auf dem Rücken, wollte aber zur Arbeit gehen. Der Knabe sagte: "Höre, das Kind stört dich. Ich habe aber nichts Besseres zu tun. Gib mir das Kind, ich will ihm eine Maus fangen und es dann mit der Maus spielen lassen. Derweilen kannst du deine Arbeit erledigen." Die Frau war sehr froh über diesen freundlichen Vorschlag. Sie gab dem Knaben das Kind und ging fort zur Arbeit. — Der Bursche hatte auch bald eine kleine Ratte gefangen. Er machte ein Feuer, warf sie hinein und röstete sie. Dann hielt er sie dem Kinde hin. Das Kind weinte und schrie und fürchtete sich vor der toten Ratte. Der Knabe sagte: "Das Kind kann nicht mit der Ratte spielen; nun will ich sehen, ob die Ratte mit dem Kinde spielen kann." Er nahm das Kind, warf es in das Feuer und röstete es. Darauf hielt er das tote, geröstete Kind der Ratte hin. Die Ratte war auch tot und konnte also nichts machen. Der Knabe sagte: "Die Ratte kann zwar auch nicht mit dem Kinde spielen, aber sie schreit wenigstens nicht." Darauf setzte er sich hin und wartete, bis die Mutter des Kindes zurückkam. Als sie kam, sagte er: "Ich habe gefunden, daß das Kind nicht mit der kleinen Ratte und die kleine Ratte nicht mit dem Kinde spielen konnte." Dann lief er so schnell als möglich von dannen.

Er sah am Wege drei Säcke liegen. Er sah den ersten und sagte: "Aha, du bist mein Sidibodoni" (= der mir nachher Vergnügen macht). Der Sack sagte: "Nein, ich bin der Mako-labo" (= Auspacken des Notwendigen). Damit schüttete der Sack viele Stricke aus seinem Innern, band den Knaben erst und packte dann die Stricke wieder in sich hinein. Der Knabe sagte: "Ei, dich werde ich sehr gut gebrauchen können" und nahm ihn mit. Er ging weiter und kam zu dem zweiten Sack. Er sagte zum Sack das gleiche. Der Sack antwortete auch dasselbe, packte aber aus seinem Innern eine Buschang (Peitsche) aus und fuchtelte damit mächtig herum. Der Knabe sagte: "Ei, dich werde ich sehr gut brauchen können" und nahm den Sack mit. Er ging weiter und kam zu dem



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dritten Sack. Er begrüßte den Sack in derselben Weise. Der Sack packte aus seinem Innern einen Muru (Säbel) aus. Mit den: schwang er so mächtig umher, daß der Knabe meinte, er wäre in viele Stücke zerschnitten. Dann packte er den Säbel wieder ein Der Knabe sagte: "Ei, dich werde ich sehr gut gebrauchen können.' Er ergriff auch den dritten Sack und nahm ihn mit sich.

Der Knabe ging weiter und traf den Soli (Leoparden), der sagte zu ihm: "Djerra, Surukku und ich" (erst sagt der Erzähler auch noch Sani) "haben eine große Viehherde. Du kannst uns helfen, sie zu hüten." Der Knabe sagte: "Es ist gut. Ich will mir das ansehen." Er ging mit Soli und kam zu Djerra. Djerra sagte zum Knaben: "Es ist gut, du kannst morgen mit Soli hüten gehen." Dann nahm er Soli beiseite und sagte zu ihm: "Du kannst den Burschen morgen früh totbeißen, dann haben wir morgen abend etwas Ordentliches zu essen." Soli sagte: "So wollen wir es machen."

Am anderen Morgen gingen Soli und der Knabe in die Steppe, um die große Viehherde zu hüten. Soli kletterte auf einen Baum und rief: "Hao! Treibe das Vieh zusammen!" Der Knabe tat es. Nach einiger Zeit rief Soli wieder: "Hao, treibe das Vieh zusammen!" Der Knabe tat es. Soli blieb auf seinem Aste und ließ den Knaben springen. Einige Male führte der den Befehl aus, dann sagte er: "Ach, wenn du denkst, daß ich nur zum Springen gut bin, dann irrst du dich! Ich tue es nicht mehr." Soli sagte: "Dann werde ich dich totbeißen!" Damit setzte er zum Sprunge an, um sich auf den Knaben zu stürzen. Der aber zog seinen ersten Sack heraus und rief: "Makolabo." Darauf sprangen die Stricke heraus und umfingen den Soli so fest und stark, daß er sich nicht rühren konnte. Soli rief: "Ach, laß mich frei, ich will dir ja nichts tun!" Der Knabe sagte: "Nein, ich lasse dich nicht; nachher erzählst du es den anderen und das könnte mir unangenehm sein!" Soli sagte: "Nein, ich verspreche dir, daß ich dir nichts tun werde und auch den anderen nichts von alledem sagen werde." Da ließ der Knabe ihn frei, und Soli trieb nun den ganzen Tag das Rindvieh, während der Knabe sich auf den Baum setzte, zusah und von Zeit zu Zeit rief: "Hao! Treibe das Vieh zusammen!" Abends gingen sie dann gemeinsam zurück.

Djerra sah sie kommen, nahm Soli beiseite und fragte ihn: "Warum hast du den Burschen nicht totgebissen, damit wir ein gutes Abendessen haben?" Soli sagte: "Es war wirklich keine Möglichkeit." Djerra sagte: "Du bist ungeschickt. Morgen soll Surukku mit dem Burschen das Vieh auf die Weide treiben und ihn



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totbeißen, damit wir abends ein gutes Essen haben."Djerra nahm Surukku beiseite und sagte ihm das gleiche. Am anderen Tage gingen also Surukku und der Knabe in die Steppe, um das Vieh zu hüten. Surukku legte sich unter einen Baum und ließ den Knaben das Vieh hüten. Von Zeit zu Zeit rief er ihm zu: "Wau! Treibe das Vieh zusammen!" Der Knabe tat es. Nach einiger Zeit rief Surukku wieder: "Wau! Treibe das Vieh zusammen!" Der Knabe tat es. Surukku blieb unter seinem Baume liegen und ließ den Knaben springen. Einige Male führte der den Befehl aus; dann sagte er: "Ach, wenn du denkst, daß ich nur zum Springen gut bin, dann irrst du dich! Ich tue es nicht mehr." Surukku sagte: "Dann werde ich dich totbeißen." Damit setzte Surukku zum Sprunge an, um den Knaben anzufallen. Der aber zog seinen ersten Sack heraus und rief: "Mako-labo!" Darauf sprangen die Stricke heraus und umfingen Surukku so fest und stark, daß er sich nicht rühren konnte. Surukku rief: "Ach, laß mich frei, ich will dir ja nichts tun." Der Knabe sagte: "Nein, ich lasse dich nicht frei. Nachher erzählst du es den anderen und das könnte mir unangenehm sein!" Surukku sagte: "Nein, ich verspreche dir, daß ich dir nichts tun und von alledem auch den anderen nichts sagen werde." Da ließ der Knabe ihn frei, und Surukku trieb nun den ganzen Tag das Rindvieh, während der Knabe sich auf den Baum setzte, zusah und von Zeit zu Zeit rief: "Wau! Treibe das Vieh zusammen!" Abends gingen sie dann gemeinsam zurück.

Djerra sah sie kommen, nahm Surukku beiseite und fragte ihn: "Warum hast du den Burschen nicht totgebissen, damit wir ein gutes Abendessen haben?" Surukku sagte: "Es war wirklich keine Möglichkeit!" Djerra sagte: "Du bist auch ungeschickt. Ihr seid alle ungeschickt. Morgen werde ich selbst mit dem Knaben das Vieh hüten. Dann werde ich ihn totbeißen. Aber dann sollt ihr auch nicht eine Faser davon erhalten. Ich werde den Burschen gleich selbst auf dem Felde essen!" Am anderen Morgen trieben Djerra und der Knabe das Vieh auf die Weide. Als sie draußen angekommen waren, sagte der Knabe zu Djerra: "Nun fange nur nicht erst wie die anderen mit ,Hao' und ,Wau' an, sondern hüte dein Vieh hübsch selbst!" Djerra wurde sehr zornig und schrie: "Ich werde dich fressen." Er wollte sich auf den Burschen stürzen, doch der rief seinem ersten Sack zu: "Mako-labo!" Da sprangen die Schnüre heraus und banden Djerra. Dann nahm er den zweiten Sack und rief ihm auch zu: "Mako-labo!" Da sprang die Peitsche



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heraus und schlug auf Djerra ein, so daß er jämmerlich zu schreien und zu klagen begann und rief: "Laß ab! Laß ab! Ich will dir auch nichts tun! Ich will dir sicher nichts tun!" Der Knabe aber sagte: "Ach, das ist dir sehr gut!" Djerra rief: "Ach, laß ab! Laß ab! Ich will dir auch zehn Kühe schenken und verspreche dir, dir nichts zu tun!" Darauf rief der Knabe die Säcke zurück. Die Schnüre kehrten in ihren Sack zurück, die Peitsche kehrte in ihren Sack zurück. Djerra hütete aber den ganzen Tag die Herde und trieb sie abends mit dem Knaben gemeinsam heim.

Djerra nahm Soli und Surukku zur Seite und sagte zu ihnen: "Wir wollen mit unserem Vieh heimlich in der Nacht, wenn der Knabe schläft, fortziehen, denn dieser Knabe ist fürchterlich!" Soli sagte: "So ist es richtig!" Surukku sagte: "So wollen wir es machen!" Die Tiere hatten eine große Mbarra (Kalebassenkoffer aus zwei gegeneinander gesetzten Kalebassen) für ihre Sachen bei sich. Abends tat der Knabe heimlich alles heraus und legte sich zum Schlafen hinein. Djerra, Soli und Surukku, die den Burschen nicht mehr sahen und annahmen, daß er irgendwo unter einem Baume im Busch liege, trieben möglichst leise das Vieh fort und liefen damit so weit sie konnten, weit, weit fort. Als sie weit weg waren, sagte Djerra: "Wir haben die Mbarra mit unseren Sachen liegenlassen. Surukku kann zurückgehen und die Mbarra holen." Surukku sagte: "Ich kann nicht so leise gehen wie Soli. Ist es nicht besser, wenn Soli geht?" Soli sagte: "Ja, ich will hingehen und die Mbarra holen."

Soli machte sich auf den Weg und schlich sich leise zurück. Er fand die Mbarra, nahm sie auf und lief, so schnell er konnte, zu den Kameraden zurück. Die anderen fragten: "Hat der Bursche nichts gemerkt?" Soli log und sagte: "Er lag unter einem Baum und schnarchte ganz laut." Djerra und Surukku lachten ganz laut, davon wachte der Bursche auf, hob den oberen Deckel der Mbarra anf und sagte: "Hier bin ich. Wo habt ihr mich hingetragen?" Erschreckt riefen Djerra, Soli und Surukku: "Wir haben ihm nicht entfliehen können. Er ist wieder da!" Der Knabe sagte: "Ja, er ist da, hat seine Säcke bei sich und noch einen mehr, aus dem kommt ein scharfer Säbel!"

Da befiel Djerra, Soli und Surukku Angst. Sie liefen davon und ließen die Viehherde im Stich. Der Knabe trieb darauf die Kühe und Ochsen heim in sein Dorf. So sind die Herden zu den Menschen gekommen. Früher hatten nur Djerra, Soli und Surukku Ochsen und Kühe.



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82. Mangallalegende

Eines Tages sagte Mangalla (oder Mankalla, d. i. der Gott der alten Bammana) zu Sonsanni: "Um König zu werden, mußt du mir bringen eine Kalebasse, gefüllt mit Fliegen mußt du mir bringen eine Kalebasse, gefüllt mit Mücken mußt du mir bringen eine Waldschlange, die an einen Stock gebunden ist mußt du mir bringen die Milch des wilden Büffels - mußt du mir bringen den gefesselten Surukku. Wenn du das kannst, dann werde ich dich zum König machen."

Sonsanni ging zu Domba (dem Ahnherrn der Fanne, das sind die ältesten Bammana) und sagte zu dem: "Mangalla will mich zum König machen, wenn ich ihm bringe: eine Kalebasse, gefüllt mit Fliegen, eine Kalebasse, gefüllt mit Mücken, eine Waldschlange, an einen Stock gebunden, Milch des wilden Büffels und den gefesselten Surukku. Mangalla sagt, er wolle den zum König machen, der das kann. Komme mit mir. Wir werden das machen und teilen uns in die Herrschaft." Domba sagte: "Glaub' doch das nicht. Mangalla lügt stets. Mangalla erfüllt nicht seine Versprechen. Es nützt gar nichts. Ich mache nicht mit." Sonsanni sagte: "Dann werde ich es allein machen." Domba sagte: "Ja, ich mache nicht mit." Sonsanni ging fort.

Sonsanni ging heim und holte eine Kalebasse, die nur eine kleine Öffnung hatte. Sonsanni ging damit zu den Fliegen. Die Fliegen sagten: "Was willst du?" Sonsanni sagte: "Ich will nichts Besonderes. Ich sagte mir nur: das ist doch wohl nicht möglich." Die Fliegen fragten: "Was ist doch wohl nicht möglich?" Sonsanni sagte: "Ach, Mangalla sagte, es gäbe nicht genug Fliegen, um eine Kalebasse, wie diese hier, zu füllen. Ich sagte erst, es wäre doch möglich. Nun sehe ich, wie klein ihr seid. Mangalla hat doch wohl recht." Die Fliegen sagten: "Das ist sehr einfach. Wir wollen dir zeigen, daß wir so viele sind, daß es uns ein leichtes ist, eine Kalebasse zu füllen." Sie begannen in den Eingang der Kalebasse zu schlüpfen. Es kamen so viele Fliegen, daß die Kalebasse nach einiger Zeit gefüllt war. Da schloß Sonsanni die Öffnung und trug seine mit Fliegen gefüllte Kalebasse heim.

Sonsanni nahm eine zweite Kalebasse, die nur eine kleine Öffnung hatte und ging zu den Mücken. Die Mücken sagten: "Was willst du?" Sonsanni sagte: "Ich will nichts Besonderes. Ich sagte mir nur: das ist doch wohl nicht möglich." Die Mücken fragten: "Was



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ist doch wohl nicht möglich?" Sonsanni sagte: "Ach, Mangalla sagte, es gäbe nicht genug Mücken, um eine Kalebasse wie diese hier zu füllen. Ich sagte erst, es wäre doch möglich. Nun sehe ich, wie klein ihr seid. Mangalla hat doch wohl recht." Die Mücken sagten: "Das ist sehr einfach. Wir wollen dir zeigen, daß wir so viele sind, daß es uns ein leichtes ist, eine Kalebasse wie diese hier zu füllen." Sie begannen in den Eingang der Kalebasse zu schlüpfen. Es kamen so viele Mücken, daß die Kalebasse nach einiger Zeit gefüllt war. Da schloß Sonsanni die Öffnung und trug seine mit Mücken gefüllte Kalebasse heim.

Er nahm eine Bambusstange und begab sich zur Waldschlange. Er betrachtete die Waldschlange. Sie lag in ihren Windungen da. Die Waldschlange fragte: "Was willst du?" Sonsanni sagte: "Ich habe mich mit Mangalla gestritten. Mangalla sagte, du seiest nicht so lang wie diese Bambusstange. Nun sehe ich jedoch, daß du so viele Krümmungen hast, daß ich Mangalla wohl recht geben muß." Die Waldschlange sagte: "Nein, du hast recht gehabt. Du kannst Mangalla zeigen, daß ich so lang bin wie die Bambusstange. Binde mich nur einmal mit dem Schwanz an das eine, mit dem Kopf an das andere Ende fest." Sonsanni sagte: "Ja, so kann man es sehen." Sonsanni band die Waldschlange mit dem einen Ende am Anfang, mit dem Kopf an die andere Spitze der Bambusstange fest. Die Waldschlange sagte: "Siehst du, daß ich so lang bin wie die Bambusstange?" Sonsanni sagte: "Ja, du hast recht gehabt." Die Waldschlange sagte: "Nun binde mich aber wieder los." Sonsanni sagte: "Ich werde dich lieber so zu Mangalla bringen. Er glaubt mir sonst nicht." Sonsanni trug darauf die an die Bambusstange festgebundene Waldschlange heim.

Sonsanni nahm darauf eine Milchkalebasse und ging damit zum wilden Büffel. Sonsanni setzte sich hin. Der wilde Büffel sagte: "Was willst du?" Sonsanni sagte: "Mangalla sagt: ,Die Kühe der wilden Büffel haben keine Milch.' Ist das wahr?" Die wilde Büffelkuh sagte: "Melke mich. Du wirst sehen, daß ich auch Milch habe." Da melkte Sonsanni die wilde Büffelkuh und füllte so seine Kalebasse. Die Kalebasse mit der Milch der wilden Büffelkuh trug er heim.

Sonsanni ging in den Busch zu Surukku. Surukku sagte: "Wo gehst du hin?" Sonsanni sagte: "Ich suche mir ein Pferd. Mangalla will mich zum König machen. Da wollen wir trefflich leben, denn wir schlachten Ochsen, Ziegen, Hammel. Wir bereiten nur die



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Köpfe dieser Tiere, den Rest werfen wir fort. Es wird ein herrliches Leben werden." Surukku sagte: "Sonsanni, wenn du mir erlauben willst, den Rest von den Tieren, die ihr wegwerft, zu essen, so will ich dir wohl als Pferd dienen." Sonsanni sagte: "Das sollst du gern erhalten. Komm mit mir, daß ich dich zäume."

Surukku begleitete Sonsanni. Sonsanni nahm ihn mit zu seinem Hause und sattelte ihn. Er nahm seine beiden Kalebassen voll Fliegen und Mücken, er nahm die an die Bambusstange gebundene Waldschlange, er nahm die Schale mit der Milch von der wilden Büffelkuh. Er bestieg den gesattelten Surukku und ritt zum Himmel zu Mangalla. Oben angekommen, fesselte er sein Pferd Surukku fest an einen Pflock, daß es sich nicht losreißen könne, und ging zu Mangalla.

Sonsanni sagte zu Mangalla: "Hier ist eine Kalebasse, gefüllt mit Fliegen; hier ist eine Kalebasse, gefüllt mit Mücken; hier ist die an den Bambusstab gebundene Waldschlange; hier ist die Milch der wilden Büffelkuh. Dort ist der gefesselte Surukku. Nun mache mich zum König." Mangalla sagte: "Es ist gut. Nun fehlt uns noch eins nötig: Komm auf einem Weg, auf dem es weder Montag noch Freitag gibt. Wenn du auf einem solchen Weg kommst, sollst du sogleich Masa (König) werden."

Sonsanni ging wieder herab zu den Ahnherren der Fanne (Domba) und sagte: "Mangalla will mich nun sogleich zum Masa machen. Er verlangt nur noch, daß ich auf einem Weg komme, auf dem es weder Montag noch Freitag gibt." Domba sagte: "Siehst du, ich habe es dir gleich gesagt, Mangalla betrügt immer. Es gibt in der ganzen Welt Montag und Freitag. Er will dich eben nur betrügen. Es gibt keinen Weg, auf dem Montag und Freitag fehlen." Sonsanni ging betrübt von dannen.

Inzwischen riß sich im Himmel Surukku von dem Pflock los. Er stürzte herab auf die Erde. Bei dem Sturze drückte er sich das Hinterteil ein, so daß er heute hinten viel niedriger ist als vorn. Ujugu, eine kleine Mücke, bohrte durch die Kalebasse, in der alle Mücken waren, ein Loch und schlüpfte heraus. Alle anderen Mücken folgten ihr. Das war in der Abend- und Nachtzeit. Nachher machte eine Fliege ein Loch in die Kalebasse, in der alle Fliegen waren und schlüpfte heraus. Dann folgten alle anderen Fliegen. Sie flogen im Winde davon. So werden heute noch die Mücken in der Abend- und Nachtzeit, die Fliegen im Winde geboren.



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83. Mankallaleßende

Es war einmal die Mutter Mankallas krank. Man fragte das Erdorakel. Das Erdorakel sagte: "Die Mutter Mankallas wird sterben, wenn sie nicht die Schibutter bekommt." Es war am Ende der Regenzeit und gab daher nirgends im Lande Schibutter (bereitet aus den Früchten des Schibaumes). Mankalla sagte: "Ist niemand da, der in die ferne Welt zieht und mir aus der Ferne Schibutter bringt, damit meine Mutter nicht zu sterben braucht? Ich will diesen Dienst reichlich belohnen." Da sagte Fonso (die Fledermaus): "Ich will mich aufmachen, in die ferne Welt ziehen und will dir dann die Schibutter bringen." Mankalla sagte: "Ich will es dir gern reichlich belohnen."

Fonso ging zu Domba, dem Ahnherrn der Fanne, und sagte: "Mache mir sieben Paar eiserne Schuhe, denn ich will mich aufmachen, in das ferne Land zu ziehen, in dem es jetzt Schibutter gibt, und will diese holen, damit die Mutter des Mankalla nicht zu sterben braucht. Mankalla hat mir versprochen, es mir reich zu lohnen. Mache mir doch die sieben Paar eisernen Stiefel." Domba sagte: "Glaube doch Mankalla nicht. Mankalla betrügt alle. Mankalla hält nie Wort. Es lohnt sich nicht, für Mankalla etwas zu tun. Wenn ich etwas erlangen will, wende ich mich nie an Mankalla. Ich bringe auf den Kreuzwegen den Su (das sind die seit langer Zeit Verstorbenen) meine Opfer dar. Die Su erfüllen meine Wünsche. Mankalla macht nur Worte." Fonso sagte: "Ich habe es Mankalla versprochen, ich werde es tun."

Domba, der Ahnherr der Fanne, machte darauf für Fonso sieben Paar eiserne Schuhe. Fonso machte sich auf den Weg. Fonso ging mit den Schuhen weit fort. Er lief das erste Paar der eisernen Schuhe durch; er lief das zweite Paar der eisernen Schuhe durch. Er lief fünf Paare der eisernen Schuhe durch. Dann kam er endlich in das Land, in dem der Baum Olodo, der Baum Trigido, der Baum Dialedo standen. (Diese Bäume stehen mit den Schibutterbäumen zusammen.) Er fand die Früchte. Er brachte die Früchte zurück. Die Mutter des Mankalla aß die Früchte und ward gesund.

Einige Zeit nachher ward die Mutter des Fonso schwer krank. Fonso ging zum Ahnherrn der Fanne und sagte: "Meine Mutter ist schwer krank; ich weiß nicht, was ich machen soll." Domba las das Erdorakel und sagte: "Ich habe das Erdorakel gelesen. Ich habe gefunden, daß deine Mutter nur genesen kann, wenn ein



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schwerer Gewitterregen fällt." Nun war das aber gerade in der Trockenzeit. Fonso sagte: "Ich werde Mankalla bitten, einen Gewitterregen zumachen. Neulich habe ich die Mutter des Mankalla vor dem Tode errettet. Mankalla hat mir reichen Lohn versprochen. Nun will ich sehen, ob er mir nicht diesen Wunsch erfüllen wird." Domba sagte: "Ich kenne Mankalla. Mankalla verspricht, aber hält nicht Wort. Mankalla wird dir keinen Gewitterregen machen."

Fonso ging zu Mankalla und sagte: "Meine Mutter muß, um weiterleben zu können, einen Gewitterregen haben. Neulich errettete ich deine Mutter. Nun hilf mir." Mankalla sagte: "Ich will das gern tun!" Fonso ging. Mankalla ging hin und stahl dem Ahnherrn der Fanne den Blasebalg und die Holzkohlen. Mit den Holzkohlen färbte er den Himmel schwarz. Mit dem Blasebaig machte er Wind. Aber regnen lassen konnte er nicht. So starb die Mutter des Fonso.

Fonso ging zu Mankalla und sagte: "Du bist ein Lügner. Du hast mir nicht einmal den Wunsch erfüllen können und mir doch seinerzeit reichen Lohn versprochen. Ich habe deiner Mutter das Leben gerettet. Du hast aber meiner Mutter das Leben nicht retten können. Du kannst nichts. Du kannst nicht einmal einen Gewitterregen machen. Ich sah gestern abend einen Mann, der schlich zu Domba und stahl seinen Blasebalg. Ist das nicht wahr ?" Mankalla sagte: "Ja, es ist wahr." Fonso sagte: "Ich sah gestern abend einen Mann, der schlich zu Domba und stahl ihm Holzkohlen. Ist das nicht wahr?" Mankalla sagte: "Ja, das ist wahr."

Fonso kehrte zurück. Seitdem hängt sich Fonso mit den Beinen an einen Baum und läßt den Kopf zur Erde herabhängen. Denn Fonso will nicht mehr Mankalla sehen, der doch lügt,, sondern sie will die Fanne sehen, welche ehrliche Menschen sind.

84. Kameradschaft

Nkere (die Grille) hat 12 Eigenschaften. 1. Nkere bohrt Löcher wie ein Stachelschwein (?). 2. Nkere beißt wie ein Hund. 3. Nkere schlägt mit den Beinen. 4. Nkere stößt mit zwei Hörnern wie ein Ochse. 5. Nkere hat einen Schwanz wie ein Pferd. 6. Nkere springt wie Tong (Heuschrecke). 7. Nkere fliegt wie die Vögel.



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Nkere läuft wie eine Ratte, um in ihr Loch zu kommen. 9. Nkere singt schön wie das Spiel der Gitarre. 10. Nkere ist fett wie ein Hammel. 11. Nkere ist trocken wie ein Stück Holz. 12. Nkere kratzt im Winter die Erde als Erdorakel.

Außerdem ist aber Nkere ein sehr kluges Tier.

Nkereni, Tutu Dangala (die Holzschlange mit leicht zu verletzendem Schwanzende), Uarra-ni-nkalla (nkalla =gefleckt) und Uarraba machten Kameradschaft und beschlossen, ein Bugu, d. h. langes Strohhaus, zu bauen. Als sie damit fertig waren, sagten sie: "So, nun soll jeder einzeln seine Geheimnisse und Wünsche sagen."

Uarraba sagte: "Ich liebe es nicht, daß man mir direkt in die Augen sieht. Wenn man mit mir spricht, soll man die Augen zu Boden schlagen." Uarra-ni-nkalla sagte: "Ich liebe es nicht, wenn mich einer mit Erde bewirft und mir mein schönes Kleid beschmutzt." Tutu Dangala sagte: "Wenn einer keine Matte hat, so mag er sich ruhig auf mich legen, aber er darf meinen Schwanz nicht berühren. Wenn einer keinen Stuhl hat, mag er getrost sich auf meinen Kopf setzen, aber er darf meinen Schwanz nicht berühren." Nkereni sagte: "Ich aber liebe es nicht, daß man mich mißachtet, weil ich ein kleines Tier bin."

Darauf beschlossen die Tiere, daß Uarra-ni-nkalla im Hintergrund, an der Rückseite des Hauses, schlafen sollte, so daß es ausgeschlossen sei, daß einer Schmutz auf seinen Rock werfe. Uarraba sollte neben den beiden liegen, damit er vor den Blicken der anderen sicher sei. Tutu Dangala sollte am Eingange liegen und den Schwanz zur Türe herausstecken, damit er vor den Tritten der anderen ja sicher sei. Das verabredeten die großen Tiere untereinander.

Nkereni sagte: "Und ich? Wo soll ich schlafen?" Die anderen antworteten: "Ach, du bist so klein, daß du nicht einmal einen Strohhalm aufheben kannst. Du brauchst nicht in dem Hause unter uns zu schlafen; mach', daß du fortkommst!" Nkereni sagte: "Ich habe euch eben gesagt, daß ich es nicht liebe, wenn man mich verachtet, weil ich kein großes, sondern nur ein kleines Tier bin. Glaubt nicht, daß solcher Anfang für euch gut ist." Als Nkereni das gesagt hatte, jagten die anderen Tiere die kleine Nkereni fort.

Nkereni ging in der Nacht um das Haus herum und machte an der Hinterwand, da, wo Uarra-ni-nkalla schlief, ein Loch, das unter der Wand hindurchführte. Dann warf Nkereni Erde auf das Kleid



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des Uarra-ni-nkalla. Am anderen Morgen erwachte Uarra-ninkalla und sah, daß sein Kleid beschmutzt war. Zornig stand er auf und schritt auf Uarraba zu. Er fragte Uarraba: "Habe ich dir nicht gestern gesagt, daß ich es nicht liebe, wenn ich mit Sand beworfen werde oder wenn mir jemand mein Kleid beschmutzt?" Uarraba sagte: "Und habe ich dir nicht gesagt, daß ich es nicht leiden mag, wenn mir einer, wie du jetzt, in die Augen sieht? Habe ich nicht gesagt, daß man zur Erde blicken soll, wenn man mich anredet?" Darauf begannen beide sich zu balgen. Im Streite rollten sie zur Tür und fielen auf den Schwanz der Tutu Dangala. Tutu Dangala sagte: "Habe ich nicht gesagt, daß man mir nicht den Schwanz berühren soll ?" Damit biß Tutu Dangala Uarraba. Im Schmerze biß Uarraba erst Uarra-ni-nkalla und dann die Tutu Dangala tot. Dann aber starb er selbst, denn jeder, der von der Tutu Dangala gebissen ist, muß sterben.

Nkereni kam herein und sagte: "Seht ihr, wenn man mit jemand Kameradschaft macht, soll man nicht darauf sehen, ob der Jemand klein ist. Nun seid ihr großen Tiere alle tot, und das ganze Haus gehört mir allein."

85. Mißachtete Warnung

Bassa (die Eidechse) schlug sich mit seiner Frau. Nkere (oder Nkerre, die Grille) sah das und lief schleunigst in das Dorf. Nkere traf Dununkoroni (den Hahn) und sagte ihm: "Im Dorfe schlagen sich Bassa und seine Frau. Geh doch hin, ermahne sie zum Frieden und sage ihnen, daß aus kleinen Streitigkeiten große Gefahren erwachsen." Dununkoroni sagte: "Mach', daß du wegkommst mit deinem Gerede, oder ich fresse dich. Was gehen mich die Streitigkeiten der Bassa an!"

Nkere ging weiter und traf Bakoroni. Nkere sagte: "Im Dorfe schlagen sich Bassa und seine Frau. Geh doch hin, ermahne sie zum Frieden und sage ihnen, daß aus kleinen Streitigkeiten große Gefahren erwachsen." Bakoroni sagte: "Mach', daß du wegkommst mit deinem Gerede. Was gehen mich, der ich ein so großes Tier bin, die Streitigkeiten dieser Bassa an!"

Nkere ging weiter und traf Sagadjiggi (den Hammel). Nkere sagte: "Im Dorfe schlagen sich Bassa und seine Frau. Geh doch hin, ermahne sie zum Frieden und sage ihnen, daß aus kleinen Streitigkeiten große Gefahren erwachsen." Sagadjiggi sagte:



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"Mach', daß du wegkommst mit deinem Gerede. Was gehen mich, der ich ein so großes Tier bin, die Streitigkeiten dieser Bassa an!"

Nkere ging weiter und traf Turraba (den Stier). Nkere sagte: "Im Dorfe schlagen sich Bassa und seine Frau. Geh doch hin, ermahne sie zum Frieden und sage ihnen, daß aus kleinen Streitigkeiten große Gefahren erwachsen." Turraba sagte: "Was schert mich, den großen Turraba, das Streiten und Reden so kleinen Gesindels, wie ihr seid! Wenn beide Bassa im Gras mir in den Mund kommen, merke ich es nicht, und wenn du mir in die Nase kommst, dann niese ich nicht einmal!" Damit graste Turraba weiter.

Die Frau der Bassa hatte bei dem Streite inzwischen den kürzeren gezogen und war geflohen. Es saß da eine alte Numufrau, die hatte auf der einen Seite neben sich ein dürres Fell liegen und auf der anderen ein Feuer. Die Bassa schlüpfte unter das Fell, schob es dabei zum Feuer hin, so daß einige Flocken sich entzündeten, und raste dann in wilder Hast in den Komma-tu (Komma-Wald). Sie hatte sich in einige glimmende Flocken mit den Füßen verhakelt, und als sie in den Komma-tu kam, entzündete sich im heiligen Walde gar schnell einiges dürre Holz, das hier in Menge herumliegt. Denn kein Mensch wagt es, diesen Wald zu betreten, um die trockenen Äste als Brennholz heimzutragen. In großer Geschwindigkeit griff der Brand um sich, und alsbald stand der ganze Komma-Wald in Flammen.

Der Komma-tigi (Besitzer, Leiter des Komma) und alle Leute waren über dieses Ereignis sehr bestürzt, denn kein Mensch wußte, wie der Wald anders als durch den Groll des Komma selbst in Brand geraten sein konnte. Die Komma-Leute glaubten, daß der Komma wütend war, weil seit so langer Zeit kein Huhn mehr im Walde geopfert war. Sie fragten also ein Erdorakel. Das Erdorakel sagte, es solle ein Hahn geopfert werden.

Die Leute holten den Dununkoroni. Als sie ihn brachten, saß Nkere am Wege und sagte: "Du hast meine Warnung nicht glauben wollen!" Der Hahn ward geopfert. Als er hinstürzte, fiel er schlecht, nämlich auf die Brust. Die Leute sagten: "Ein Hahn tut's nicht allein, der Komma ist über unsere Vernachlässigung sehr zornig. Holt eine Ziege!"

Die Leute holten Bakoroni. Als sie ihn brachten, saß Nkere am Wege und sagte: "Du hast meine Warnung nicht glauben wollen!" Der Bock ward geopfert. Als man über ihn die Kola auswarf, fielen sie schlecht und die Leute sagten: "Hahn und Bock tun es nicht



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allein, der Komma ist über unsere Vernachlässigung sehr zornig. Holt einen Hammel!"

Die Leute holten Sagadjiggi. Als sie ihn brachten, saß Nkere am Wege und sagte: "Du hast meine Warnung nicht glauben wollen!" Der Hammel ward geopfert. Als man über ihn die Kola auswarf, fielen sie schlecht. Die Leute sagten: "Hahn, Bock und Hammel tun es nicht. Der Komma ist über unsere Vernachlässigung sehr zornig. Holt einen Stier!"

Die Leute holten Turraba. Als sie ihn brachten, saß Nkere am Wege und sagte: "Du hast meine Warnung nicht glauben wollen. Ich bin zu klein, als daß ich dich zum Niesen reizen könnte; aber mir scheint Größe und Klugheit nicht immer zusammen zu stehen." Wegen des Streites der kleinen Bassa müssen jetzt alle drei Tiere sterben. So erwachsen aus kleinen Streitigkeiten große Gefahren.

Turraba ward auch geschlachtet.



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VI. Kapitel: Zierkunst des Lebens

86. Die Taubenfrau

Eine Tubani (Taube) verwandelte sich in eine hübsche Frau, zog in die Stadt und richtete sich darin häuslich ein. Ein Mann sah sie und heiratete sie. Sie lebte sehr gut mit dem Manne. Nur verwandelte sie sich jeden Morgen wieder in eine Tubani, flog in die Hirsefelder und nahm da ihre Mahlzeit zu sich. Sie kehrte darauf zurück und war wieder eine schöne Frau. Eines Tages kam ein Jäger zu dem Manne der Taubenfrau und sagte: "Höre, deine Frau ist kein Mensch. Deine Frau ist eine Tubani." Der Mann sagte: "Nein, meine Frau ist ein Mensch und eine gute Frau." Der Jäger sagte: "Deine Frau ist eine Tubani, und wenn du es mir nicht glauben willst, so folge ihr einmal morgens, wenn sie weggeht. Du wirst dann selbst sehen, wie sie sich in eine Taube verwandelt und ihre Hirse ißt." Der Mann sagte: "Es ist nicht so!" Er wollte es nicht glauben.

Eines Tages sagten die Leute der Stadt zu ihren Frauen: "Geht in die Felder und erntet die Hirse!" Die Frauen machten sich auf. Die Tubanifrau sagte: "Das ist gerade das, was ich liebe." Sie ging mit den Frauen heraus, blieb aber auf dem ersten Felde etwas zurück, legte ihre Kleider ab und verwandelte sich in eine Tubani. Dann aß sie Hirse nach Herzenslust. Nach einiger Zeit riefen sie die anderen Frauen. Die Tubani konnte aber nur mit "Tuutuu! Tuuutuuu!" (Taubenruf) antworten. Die Frauen erkannten den Sachverhalt. Sie gingen zurück zu dem Manne und sagten: "Deine Frau sitzt als Tubani im Hirsefeld. Ihre Kleider liegen am Boden." Da ging der Mann hin und nahm die Kleider weg. Die Frau blieb nun eine Tubani.

87. Die Freunde

Ich habe zwei Jungen gesehen, die hießen beide Mahmadu und waren sehr gute Freunde. Sie wurden beide groß. Als sie größer geworden waren, begannen sie zu ringen. Aber keiner konnte den anderen werfen. Sie waren beide gleich stark. Der eine Mahmadu nahm eine Kalebasse voll Milch und gab sie dem Bruder. Er sagte: "Ich gehe auf die Wanderschaft. Solange diese Milch weiß ist, geht es mir gut. Wenn die Milch rot wird, dann mache dich auf und suche



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mich, denn dann werde ich sehr ermüdet sein." Der andere sagte: "Es ist gut!"

Lange Zeit war die Milch weiß. Eines Tages ward sie rot. Da machte sich der zurückgebliebene Mahmadu mit seiner Frau auf und wanderte dahin, um den Freund zu suchen. Nachdem er weit gegangen war, kam er in ein trockenes Land; in dem war nur ein Brunnen, und in dem herrschte eine große Schlange. Die Schlange ließ nur dann zu, daß man Wasser nahm, wenn ihr ein Mädchen geopfert wurde. Mahmadu kam mit seiner Frau an diesen Brunnen. Er wollte sich am Brunnen zum Schlafen niederlegen. Da kam die Schlange, um die junge Frau zu beschlafen. Mahmadu stürzte sich auf die Schlange und schlug ihr den Kopf ab. Sogleich strömte Wasser hervor, immer mehr Wasser. Es entstand ein mächtiger Strom, der heute noch rinnt.

88. Bamtna als Fährmann

Ein Mädchen namens Nkoja heiratete einen Mann auf der anderen Seite des Flusses und nahm ihre Schwester mit. Nach der Zeit von zwei Jahren wollte sie zu ihren Eltern zurückkehren, um ihnen einen Besuch zu machen. Als sie an den Niger kam, war niemand da, der sie hätte über setzen können. Sie wartete lange Zeit. Sie wartete sehr lange. Sie wurde ganz traurig. Sie begann zu weinen. Da kam ein Bamma (Krokodil) mit abgeschnittenem Schwanz heran und sagte: "Ich will dich übersetzen, du darfst es aber niemand nachher erzählen, wer dich übergesetzt hat!" Nkoja sagte: "Nein, ich will es gewiß niemand erzählen." Bamma setzte die Frau über.

Nkoja kam zu ihren Eltern. Der Vater fragte: "Wie bist du über den Niger gekommen?" Nkoja sagte es nicht. Die Mutter fragte: "Wie bist du über den Niger gekommen?" Die Frau sagte es nicht. — Nkoja traf einen Akamele (Freund). Sie plauderte mit dem Freunde. Eines Abends schlief sie mit dem Freunde. Sie schlief mit dem Akamele, und der gab ihr ein reiches Geschenk an Gold. Sie plauderte mit ihm und erzählte: "Ein Bamma ohne Schwanz hat mich über den Niger gesetzt."

Der Ehemann sandte inzwischen die kleine Schwester zu Nkoja und ließ ihr sagen, sie solle zurückkommen. Als das Mädchen bei Nkoja ankam, saß eine Ntuba (Taube) auf dem Baum und sang: "E! E! E! Nkoja hat von ihrem Akamele Gold bekommen und hat



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ihm dann erzählt, daß ein Bamma ohne Schwanz sie über den Niger gesetzt hat." Nkoja machte sich mit der Schwester auf den Weg und kam an den Niger. Am Niger lag das Bamma ohne Schwanz. Die Ntuba kam angeflogen und sang: "E! E! E! Nkoja hat von ihrem Akamele Gold bekommen und hat ihm dann erzählt, daß ein Bamma ohne Schwanz sie über den Niger gesetzt hat." Das Bamma fragte: "Ist das wahr, Nkoja?" Nkoja antwortete nicht. Das Bamma fragte: "Ist das wahr, Nkoja?" Nkoja antwortete nicht. Da nahm das Bamma ohne Schwanz Nkoja mit sich fort.

89. Die gerächte Frau

Ein Dugumansa (die alte Bezeichnung für König; heute sagt man Fama) hatte eine Sklavin geheiratet. Er vernachlässigte sie aber und ließ ihr nichts zukommen, denn er beachtete sie nicht mehr.

Die Frau ging eines Tages in den Busch, um Holz zu sammeln. Die Frau sammelte Holz. Sie sah niemand, der ihr die Last auf den Kopf heben helfen konnte; denn die Frau war schwanger, und so ward ihr das Heben schwer. Als sie die Last heben wollte, traten die Wehen ein, und sie gebar einen Knaben. Als der Knabe geboren war, sagte er: "Mutter, gib mir einen Namen." Die Mutter sagte: "Benenne dich selbst." Der Knabe sagte: "Ich werde Djenne bienni a tessira ko blenje heißen." Der Knabe sagte dann: "Mutter, zeige mir das Gehen!" Die Mutter sagte: "Ein Kind, das sagen kann: ,Mutter, zeige mir das Gehen', ein solches Kind kann von selbst gehen." Der Knabe stand auf, er ging, er half der Mutter die Last Holz auf den Kopf heben. Der Knabe sagte: "Geh voraus, wir gehen nach Hause." Sie gingen nach Hause.

Der Knabe sagte daheim zu seiner Mutter: "Gib mir eine kleine Falle, ich will hingehen, Ratten zu fangen." Der Knabe erhielt die Rattenfalle. Er ging in den Busch und fing Ratten. Der Knabe sagte zu seiner Mutter: "Zeige mir meinen Vater, damit ich ihm meine Beute zeige." Der König hatte gerade die Bewohner aller umwohnenden Dörfer eingeladen, und es war eine große Versammlung. Alle Oberhäupter verbrachten den Abend beim König.

Die Frau ging mit ihrem Kind ebenfalls hin. Die Frau zeigte dem Kinde den Vater. Das Kind ging zweimal im Kreise umher. Es kam wieder am König vorbei. Das Kind blieb beim König stehen. Das Kind sagte: "Das ist mein kleiner Vater." Das Kind gab dem König eine Ohrfeige.



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90. Golo und das Wassermädchen

Es waren drei Brüder vom gleichen Vater (man drückt das aus mit ,badema saba'). Sie hießen Nji, San und Golo. Die drei jungen Leute waren sehr unglücklich, denn sie hatten zusammen nur eine Hose (=mpoko), die sie alle drei zusammen anziehen mußten, wenn sie zusammen aufs Feld gingen. Das Feld der drei Burschen lag am Fluß.

Golo war eines Tages auf dem Felde, da kam ein junges Mädchen mit Hirsebrei und sagte: "Ich will dir diesen Brei geben, wenn du mich zwischen Feld und Fluß erwischst." Das Mädchen lief weg, Golo hinter ihr her. Das Mädchen lief in das Wasser. Golo lief ihr nach. Im Wasser waren Männer, die sagten zu Golo: "Wir werden alle Mädchen dieses Landes zusammensuchen. Wenn du das Mädchen mit dem Essen nicht wiedererkennst, wirst du getötet. Erkennst du sie, so sollst du sie zur Frau haben." Alle Mädchen kamen zusammen. Golo erkannte das Mädchen, das den Brei gebracht hatte, wieder. Darauf setzten ihn die Männer mit dem Mädchen an das Land.

91. Das Stiefkind

Ein Mann heiratete zwei Frauen, von denen die eine viel besaß und die andere nichts. Die wohlhabende Frau ward schwanger, gebar ein Mädchen und starb, als es noch klein war. Die arme Frau ward nicht schwanger. Als die wohlhabende aber gestorben war, nahm sie nicht nur das Mädchen, sondern auch alles Gold und alle Besitztümer der Nebenfrau in ihre Hütte hinüber.

Die Gespielinnen des kleinen Mädchens kamen, um es abzuholen. Die Frau sagte: "Es kommt nicht mit, denn ich habe ihm noch nicht zu essen gegeben." Die anderen Kinder sagten: "Oh, wir können warten." Dann suchte die Frau langsam den Kuskus, gab dem Kinde ein wenig und ließ es gehen. Das Kind ging mit den anderen fort.

Am Tage vor dem großen Feste wollten die Freundinnen das Mädchen wieder abholen, um hinzugehen und sich die Haare zu ordnen. Die Frau warf alle Arten von Hirse durcheinander. Die Mädchen sagten: "Wir wollten die Freundin abholen, um für das Fest gemeinsam die Haare zu ordnen." Die Frau sagte: "Das Mädchen war schlecht. Es hat alle Hirse durcheinandergeworfen. Nun soll



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sie mir diese erst auseinander lesen. Das Mädchen kann heute nicht mitgehen." Da sagten die anderen Mädchen: "Früher, ehe deine Nebenfrau starb, hattest du nichts als alte Körbe und alte Kleider. Was du nun hast, verdankst du der Mutter dieses Mädchens. Und nun gibst du nicht einmal zu, daß dieses Mädchen sich zum Feste die Haare bereiten läßt." (Kabeta'a kunda = Haare zurechtmachen, ordnen.) Die Freundinnen gingen.

Das Mädchen weinte und weinte. Da kam eine Tinginje (Ameise) und fragte: "Was weinst du?" Das Kind sagte: "Ich wollte mit den Freundinnen hingehen, um mir zum Feste die Haare ordnen zu lassen. Da warf meine Abassi sina mussu oder Abani ndjini (Nebenfrau der Mutter) alle Hirse durcheinander und sagte, ich dürfe nicht eher weggehen, als alle Hirse richtig verlesen sei." Tinginje sagte: "Laß gut sein, ich werde das ordnen." Tinginje rief alle, alle Ameisen zusammen. Die Ameisen begannen die Auslese, und bald war die Arbeit vollendet. Das Mädchen wollte nun zu allen seinen Freundinnen gehen. Die Stiefmutter sagte ihr aber: "Erst bringe mir im Hause in Ordnung, was du verdorben hast." Das Mädchen sagte: "Es ist fertig." Eine Schlange fragte (leise): "Soll ich deine Stiefmutter totbeißen ?" Das Mädchen sagte: "Nein, laß es!" Die Mutter sagte: "Wenn du fertig bist, dann geh, denn dann ist nichts weiter im Hause zu tun." Das Mädchen ging.

Die Freundinnen hatten gesagt: "Wenn du noch nachkommst, so gehe am Kreuzweg vor der Stadt den Weg, auf den wir Gras werfen, und nicht den anderen." Das Mädchen kam an den Kreuzweg. Der Wind hatte aber inzwischen das Gras ergriffen und es auf den anderen Weg gelegt. Das Mädchen ging so den falschen Weg. Nachdem das Mädchen ein Stück weit gegangen war, traf sie Uarrabamussu (die Löwin). Uarrabamussu fragte: "Wo gehst du hin?" Das Mädchen sagte: "Ich folge meinen Freundinnen, um mir die Haare ordnen zu lassen." Uarrabamussu sagte: "Das kann ich dir auch machen. Mein Mann ist gerade im Busch auf der Jagd. Ich habe also Zeit. Wenn mein Mann während der Arbeit dazukommt und wenn er auch etwas dagegen sagt, daß ich dir die Haare mache, so laß dich das nicht ängstigen. Fordere, daß ich fortfahre." Das Mädchen sagte: "Ich werde so handeln."

Uarrabamussu begann, dem Mädchen die Haare zu machen. Uarraba kam dazu. Uarraba sagte: "Laß das!" Das Mädchen sagte: "Nein, mach' mir meine Haare." Uarraba zerriß darauf das Mädchen und sagte nochmals: "Laß das!" Das Mädchen sagte:



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"Nein, mach' mir meine Haare." Da setzte sie der Löwe wieder zusammen. Die Löwin machte aber die Haare sehr schön. Sie flocht immer in ein Haar Gold, in ein Haar Silber. Als sie fertig war, setzte sie dem Mädchen eine Kappe (wie dies landesüblich ist) darüber und sagte: "Wenn dich jemand nach dem Namen derer fragt, die dir die Haare so schön gemacht hat, so sage ihn nie!" Das Mädchen sagte: "Ich will es befolgen." Das Mädchen ging.

Am anderen Tage kamen die Freundinnen, um sie zum Tamtam abzuholen. Die Abassi sina mussu sagte aber einfach: "Heute geht sie nicht zum Tamtam." Die Freundinnen gingen betrübt von dannen. Erst ganz spät am Abend erlaubte die Stiefmutter dem Mädchen, zum Tamtam zu gehen. Es ging; als es aber hinkam, da war der Tamtam just zu Ende.

Das Mädchen ging langsam nach Hause. Ehe es daheim eintrat, tanzte es noch allein auf der Straße umher. Sie war allein draußen. Da kam Surukku an. Heimlich und schnell schlüpfte das Mädchen in das Haus.

Ebenso ward es am zweiten Tage. Ebenso ward es am dritten Tage. Am vierten Tage stahl sich das Mädchen heimlich vom Hause weg und ging zum Tamtam. Das Mädchen tanzte. Das Mädchen nahm beim Tanze die Kappe ab. Es begann zu regnen. Das Mädchen setzte die Kappe wieder auf.

(Beim Schlusse wird der Erzähler unsicher, und nach einigem Sträuben gibt er zu, daß die Erzählung noch weitergehe, daß er aber den Schluß vergessen habe.)

92. Die Grabtiere

Ein Kaffiri (also ein Mann, der nicht Mohammedaner ist) hatte eine Tochter. Er sagte: "Wenn jemand meine Tochter heiratet, muß er damit einverstanden sein, daß er gleich nach meinem Tode auf meinem Grabe getötet wird." Erst wollte niemand das Mädchen heiraten. Endlich aber meldete sich ein junger Mann, der mit der Bedingung einverstanden war. Der junge Mann heiratete also, und sieben Tage später starb sein Aberanke (Schwiegervater; Schwiegersohn =annimoro). Da nahm der Annimoro ein großes Messer und machte sich auf den Weg in das Dorf des Verstorbenen.

Er ging traurig dahin und trat versehentlich auf eine Bassa (Eidechse). Die Bassa fragte: "Willst du mich töten, daß du mich trittst?" Der Mann sagte: "Nein, ich tat es aus Versehen." Die



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Bassa sagte: "Wohin gehst du denn?" Der Mann sagte: "Ach, meine Leute werden mich jetzt auf dem Grabe meines Schwiegervaters töten." Die Bassa sagte: "So nimm mich mit und setze mich auf das Grab deines Schwiegervaters." Der Mann nahm die Bassa mit.

Er ging traurig dahin und trat versehentlich auf eine Ndurri (Kröte). Die Ndurri sagte: "Willst du mich töten, daß du mich trittst?" Der Mann sagte: "Nein, ich tat es aus Versehen." Ndurri sagte: "Wohin gehst du denn?" Der Mann sagte: "Ach, meine Leute werden mich jetzt auf dem Grabe meines Schwiegervaters töten." Ndurri sagte: "So nimm mich mit und setze mich auf das Grab deines Schwiegervaters." Der Mann nahm die Ndurri mit. Er kam zur Stadt seines Schwiegervaters. Vorher kam er am Grabe vorbei und setzte Bassa und Ndurri auf das Grab. Dann ging er in die Stadt, zog sich ganz nackt aus, nahm sein Messer in die Hand, rief die Leute und sagte: "Nun tötet mich auf dem Grabe meines Schwiegervaters." Die Leute kamen.

Die Leute führten ihn zum Grabe seines Schwiegervaters, um ihn zu töten. Sie wollten ihn mit dem Messer erstechen. Da rief die Bassa aus dem Grabe: "Ihr dürft ihn nicht töten." Die Ndurri aber rief: "Daß mir ja kein Blut auf meinen Körper tropft!" Die Leute liefen voll Angst von dannen. Sie liefen Hals über Kopf fort.

Der Mann erhob sich und ging in die Stadt. Die Stadt war leer; alles war geflohen. Der Mann zog seine Kleider wieder an und sagte: "Das ist Ngalla (Gott), der mich gerettet hat."

93. Ntji

Es war in den alten Zeiten, da die jungen Leute noch gezwungen waren, die Töchter ihrer Onkel zu heiraten. Es war damals ein König, dessen ältester Sohn hieß Ntji. Der König tat den Armen nie etwas zugute. Es war ein sehr schlechter König. Ehe der König starb, rief er seinen Sohn Ntji zu sich, gab ihm einen mit Gold gefüllten Korb und sagte: "Suche dir hiermit einen guten Kameraden."

Ntji ging von dannen, um sich einen Kameraden zu suchen. Er wanderte und wanderte. Er traf einen Ngou (schwarzer Affe, Hundskopf; roter Affe, Husarenaffe heißt narrablu), der sagte: "Wer geht hier so spät zur Mitternacht durch den Wald?" Ntji sagte: "Mein Vater ist ein Fama (König), der nie etwas Gutes getan hat. Er wird nun bald sterben und hat mir einen Korb Gold



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gegeben, damit ich mir für nachher einen guten Kameraden erwerbe." Ngou sagte: "So gib mir den Korb mit Gold." Ntji gab den Korb mit Gold hin. Er kehrte heim.

Ntji kam nach Hause zurück. Er kam zu seinem Vater. Sein Vater fragte ihn: "Wem hast du das Gold gegeben?" Ntji antwortete: "Ich habe das Gold dem Ngou gegeben." Der König rief: "Oh, ich habe keinen guten, keinen klugen Sohn! Er hat das Gold dem Ngou, dem Affen, dem Wilden gegeben! Wie soll Ngou ihm einst nützen können, wenn er einen Kameraden braucht. — Oh, mein gutes Gold ist hin! —Nimm aber noch einen Korb mit Gold, geh hin und suche dir einen Kameraden."

Njti wanderte mit dem Gold fort. Er kam in den Busch. Er traf Fonfonni (die Schlange). Fonfonni fragte ihn: "Was machst du hier?" Ntji sagte: "Mein Vater ist ein Fama, der nie etwas Gutes getan hat. Er wird nun bald sterben und hat mir einen Korb Gold gegeben, damit ich mir für nachher einen guten Kameraden erwerbe." Fonfonni sagte: "So gib mir den Korb mit Gold." Ntji gab den Korb mit Gold hin. Er kehrte heim.

Ntji kam nach Hause zurück. Er kam zu seinem Vater. Sein Vater fragte ihn: "Wem hast du das Gold gegeben?" Ntji antwortete: "Ich habe das Gold der Fonfonni gegeben." Der Vater sagte: "Du hast mein Gold nur Wilden gegeben. Du wirst sehen, wenn du Hilfe brauchst, können Wilde nie einen Menschen retten." Ntji wollte dem Vater etwas sagen und beugte sich über ihn; da sah er, daß der Vater gestorben war.

Ntji lief zum jüngeren Bruder des Vaters und sagte ihm: "Komm, mein Vater, der König ist gestorben!" Der Onkel sagte: "Oh, ich kenne euch; das ist nur eine Falle, in die du mich locken willst. Wenn ich an den Hof komme, laßt ihr mich töten." Der jüngere Bruder des Vaters floh. Ntji lief zu seinem jüngeren Bruder und sagte ihm: "Unser Vater, der König, ist gestorben!" Der jüngere Bruder stand auf, lief unter das Volk und rief: "Das Land ist von einem schlechten König befreit, der nie Gutes tat! Freut euch, ein schlechter König ist gestorben. Nun tötet auch gleich sein Ebenbild, den Ntji, ehe er noch das Begräbnis des Königs vollendet hat!" Darauf wollten die Leute den Ntji im Grabe des Königs töten.

Es war da ein alter Mann, der wurde Kemorokobello genannt. Der sagte: "Man muß den Ntji nicht also schnell töten. Der Vater war schlecht. Von ihm weiß man nichts. Man kennt nicht die Kräfte, die er hat. Gebt ihm also lieber eine Arbeit zu verrichten,



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die er wohl kaum ausführen kann, und wenn er sie nicht zu vollenden vermag, dann tötet ihn." Die Leute waren damit einverstanden. Es war da eine alte Kuh, die war schon seit 25 Jahren im Hause und hatte noch nie die Augen geöffnet. Ihre Augen waren stets geschlossen. Die Leute kamen zu Ntji und sagten zu ihm: "Sieh zwei- oder dreimal die Kuh an. Wenn sie nicht unter deinen Blicken stirbt, so werden wir dich töten." Ntji sagte: "Man kann eine Kuh nicht durch Blicke töten." Die Leute brüllten ihn an und riefen: "Wenn du so etwas noch einmal wiederholst, dann werden wir dich gleich töten!"

Ntji ging traurig hinweg, dahin, wo er die Fonfonni traf und sagte ihr: "Die Leute wollen mich töten, wenn ich morgen nicht mit zwei oder drei Blicken die alte Kuh töte." Fonfonni sagte: "Nichts ist einfacher als dieses. Nimm mich mit in das Haus, in dem die alte Kuh steht. Ich werde mich zwischen ihren Klauen verstecken." Ntji nahm Fonfonni mit nach Hause.

Am anderen Morgen kamen die Leute und weckten Ntji. Sie sagten: "Komm schnell, wir werden dich totschlagen." Ntji sagte: "Erlaubt mir doch erst, mich zu waschen!" Die Leute sagten: "Wer so bald sterben wird, der braucht sich nicht erst zu waschen." Ntji sagte: "So gilt das nicht, was ihr mir gestern gesagt habt?" Die Leute sagten: "Ja, wirst du es denn können?" Ntji sagte: "Ich werde es doch versuchen." Die Leute führten Ntji zu dem Platze der alten Kuh.

Sie kamen im Hause bei der alten Kuh an. Ntji sagte: "Gebt acht! Jetzt sehe ich die Kuh zum erstenmal an." Ntji wandte den Kopf zur Seite und blickte die Kuh scharf an. Fonfonni biß die Kuh in den Fuß. Die Kuh begann zu zittern. Die Leute sahen erstaunt zu. Ntji sagte: "Gebt acht! Jetzt sehe ich die Kuh zum zweitenmal an!" Fonfonni biß die Kuh wieder in den Fuß. Die Kuh stürzte hin und verschied. Die Leute schrien auf und liefen dann eiligst von dannen. Sie fürchteten, unter den Augen Ntjis ebenso zu sterben, wie die alte Kuh.

Die Leute versammelten sich wieder und sagten: "Man soll ihm noch eine Aufgabe stellen." Sie riefen Ntji und sagten ihm: "Wir haben hier einen großen Affenbrotbaum, der hat noch niemals Früchte getragen. Sorge, daß er morgen voller Früchte hängt. Gelingt dir das, so wollen wir dich zum König erheben. Sonst töten wir dich." Ntji ging von dannen und begab sich in den Busch zu Ngou. Ngou sah ihn und fragte: "Weshalb siehst du so traurig



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drein?" Ntji sagte: "Mein Vater, der König, der niemals jemand etwas Gutes getan hat, ist gestorben, und nun verlangen die Leute von mir, ich soll es machen, daß morgen ein großer Affenbrotbaum, der nie Früchte trug, voller Früchte hänge. Gelingt das, so wollen sie mich zum König erheben; gelingt es nicht, so wollen sie mich töten." Ngou sagte: "Geh nach Hause, morgen werden wir alles sehen." Ntji ging von dannen. In der Nacht rief Ngou alle Affen zusammen und ließ sie überall alle Brotfrüchte sammeln. Dann ging er mit allen Affen und Früchten zur Stadt und band im Verlaufe der Nacht mit seinen Gehilfen alle Früchte an den Baum. Als am anderen Morgen die Leute erwachten, fanden sie, daß der Baum voller Früchte hing. Die Leute sagten: "Ntji ist ein kluger und vielseitiger Mann. Man soll ihn ja nicht töten." Dann kam der jüngere Bruder des Vaters. Er sagte: "Hier habe ich dir ein Quant Gold gebracht. Weine mit den anderen Leuten um den Tod deines Vaters, der mir nie etwas Schlechtes zugefügt hat." Es kam ein anderer und brachte einen Ballen Stoff. Es kam einer, der brachte Salz. Alle Brüder kamen und brachten die Frauen des Vaters.

Seit damals setzt man sich nicht mehr gegenüber dem König; seit damals sieht man ihn nicht mehr an, sondern alles setzt sich hinter ihm nieder.

94. Der Ursprung der Völker

Ein Dorfchef (von Bamako) hatte nur eine Tochter. Eines Tages sollte sie beschnitten werden. Der Dugutigi rief die Numu. Als sie aber kamen, ergriff sie der Schwindel, und sie fielen hin. Der Dugutigi sandte eine Nachricht an die Numu von Segu, daß sie kommen und die Arbeit ausführen sollten. Die Numu von Segu machten sich auf den Weg. Als sie sich auf den Weg machten, da ergriff sie der Schwindel, und sie fielen zu Boden. Da sandte der Dugutigi zu den Kule; die kamen. Sie verwandelten sich in Surukku (Schakale), und als das Mädchen bei ihrer Annäherung einschlief, wurde es von den Kule beschnitten. Nun wurden Baschi (Zaubermittel) bereitet und damit alle, die hingefallen waren, wieder aufgeweckt.

Es kam ein Mann Sanguluba in das Land, der wollte das Mädchen heiraten. Sanguluba hatte einen riesengroßen Penis. Der Penis war über sechs Esel gebunden und von den sechs Eseln getragen. Er selbst ritt auf einem siebenten Esel. Die Leute von Segu rissen



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ihn herunter und schlugen ihn, bis sein Glied ganz klein war. Sanguluba reiste bis Kulikorro. Von Kulikorro reiste er bis Djamfalla. Von Djamfalla wollte er nach Bamako reisen. Die Leute von Djamfalla sagten aber: "Reise nicht nach Bamako, denn du wirst den Weg verlieren." So blieb er in Djamfalla und heiratete, so daß das Mädchen in Bamako blieb.

Die Frau ward schwanger. Als Sanguluba das hörte, sandte er 300 Arbeiter in den Busch, auf daß sie Gras schnitten. Die Frau hatte aber in ihrem Leibe viele, viele Menschen. Sie hatte Bammana, Malinke, Senufo, Futa (Tukulör) Bobo, Sonrhay - sie hatte alle Sorten Menschen im Leibe. Zuerst wurden die Bammana geboren. Sie gebar viele Kinder so schnell, daß die Alten sie nur auffangen und schnell aufs Heu legen konnten. Es war keine Zeit, sie zu waschen. Alle Völker wurden geboren. Dann gingen die Alten zu Sanguluba und sagten: "Deine Frau hat alle Völker geboren. Wir haben sie aufgefangen, zahle uns für die Mühe." Sanguluba sagte: "Ich will euch ein Pferd geben." Die Alten sagten: "Das ist nicht genug für die Mühe. Deine Frau hat alle Völker geboren." Da sagte Sanguluba: "So geht hin und nehmt alle Herden, Kühe und Ochsen."

95. Die Kinder Nonsis

Ein Mädchen war sehr schön. Der Vater sagte: "Ich werde meine Tochter niemand zur Ehe geben." Alle Tiere kamen und bewarben sich um das Mädchen. Endlich sagte der Vater: "Veranstaltet einen Wettlauf. Alle Tiere sollen laufen. Wer am schnellsten läuft, dem will ich meine Tochter zur Frau geben."

Die Tiere traten zum Wettlauf an. Am Ende stand als Ziel das Mädchen. Wer zuerst bei ihm ankam, der sollte sie zur Frau erhalten. Die Tiere banden die Koba (eine große Antilope) fest an, weil sie viel schneller lief als alle anderen Tiere. Als es nun aber losging, schnitt Nonsi (das Chamäleon) den Strick durch und sprang auf seinen Rücken. Koba lief schneller als alle Tiere. Koba kam zuerst am Ziel an. Koba war fast am Mädchen, da sprang Nonsi über den Kopf der Koba weg auf das Mädchen und war so zuerst bei ihm. Alle Tiere riefen: "Es ist für Nonsi; es ist für Nonsi!"

Also heiratete Nonsi das schöne Mädchen. Die Frau ward zweimal schwanger. Erst gebar sie einen Knaben, dann gebar sie ein Mädchen. Beide Kinder wuchsen heran.



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Eines Mittags hatte die Frau das Essen bereitet und sagte zu den Kindern: "Geht heraus und ruft den Vater!" Die Kinder gingen heraus und riefen: "Vater, Vater!" Aus dem Busch antwortete das Chamäleon: "Fok!" Die Kinder riefen wieder: "Vater, Vater!" Aus dem Busche rief das Chamäleon wieder: "Fok!" Die Kinder lachten und liefen heim. Sie sagten zur Mutter: "Jedesmal, wenn wir im Busch Vater rufen, antwortet ein Chamäleon ,Fok!' Wir wollen dies Chamäleon fangen und töten!" Die Mutter sagte: "Tut das nicht, denn dies Chamäleon ist euer Vater." Die Kinder lachten. Sie sagten: "Ach, wie kann das unser Vater sein! Es ist ein Chamäleon. Wir werden es töten!" Die Mutter sagte: "Es ist euer Vater; tötet es nicht!"

Am anderen Morgen sagte der Vater zu den Kindern (NB. offenbar ist er hier Mensch, so daß eine zeitweilige Verwandlung angenommen zu werden scheint): "Meine Kinder, seid immer einig. Wenn einer von euch etwas gern will, soll der andere sich dem nicht widersetzen!"

Mittags war das Essen bereitet. Die Mutter sagte zu den Kindern: "Geht hinaus und ruft den Vater!" Die Kinder gingen hinaus und riefen: "Vater, Vater!" Das Chamäleon antwortete: "Fok!" Die Kinder lachten. Die Kinder riefen: "Vater, Vater!" Das Chamäleon rief: "Fok!" Das Mädchen sagte: "Wir wollen das Chamäleon töten!" Der Knabe sagte: "Laß es, die Mutter hat es verboten!" Das Mädchen sagte: "Der Vater hat gesagt: ,Wenn einer von euch gern etwas will, soll der andere sich dem nicht widersetzen!'" Der Knabe sagte: "Gut denn!"

Die Kinder gingen hin und töteten das Chamäleon. Sie liefen nach Hause und sagten zur Mutter: "Wir haben das Chamäleon getötet!" Die Mutter sagte: "Macht, daß ihr in den Busch kommt; ich will euch nicht mehr zu Hause sehen!" Die Frau verjagte die beiden Kinder.

Die beiden Kinder gingen in den Busch. Nach einiger Zeit trafen sie den Uarraba. Uarraba sagte: "Es ist gut, daß ihr hier kommt. Wollt ihr mir einen Dienst erweisen?" Die Kinder sagten: "Wir wollen das sehr gern, denn wir haben nichts zu essen und haben Hunger." Uarraba sagte: "Ihr sollt alles bei mir haben. Ich besorge stets reichlich Nahrung. Kommt in mein Haus. Meine Frau liegt im Wochenbett. Sie hat drei Kinder geboren. Spielt und sorgt für die Kinder!" Die Kinder sagten: "Wir werden das gern und gut tun." Uarraba brachte die Kinder nach seinem Hause und



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übergab sie seiner Frau. Uarraba ging wieder zur Jagd in den Busch.

Daheim töteten die Kinder eines der Jungen des Löwen. Sie legten die Decke zur Seite, schnitten den Kopf ab und bereiteten mit Bohnen zusammen eine Speise. Am Mittag setzten sie der Uarrabamussu diese Speise vor. Uarrabamussu aß. Uarrabamussu sagte: "Das habt ihr gut gemacht!" Nachdem Uarrabamussu sich an dem Gericht ordentlich gesättigt hatte, sagte sie: "Nun bringt mir meine Kinder, ich will ihnen die Brust reichen." Die Kinder gingen. Das Mädchen sagte: "Ich habe Angst!" Der Knabe sagte: "Laß nur; ich sorge für alles." Der Knabe brachte das erste Kind der Uarrabamussu. Sie nährte es und schickte es zurück. Der Knabe brachte das zweite der Uarrabamussu. Sie nährte es und schickte es zurück. Der Knabe brachte darauf wieder das erste Kind, das schon genährt war, und sagte: "Hier ist das dritte." Das Kind war satt und nahm keine Nahrung mehr. Die Uarrabamussu fragte: "Wie kommt das?" Der Knabe sagte: "Ach, ich hab' ihm vorher schon ordentlich Bohnen gegeben, weil ich dachte, es wäre groß genug." Die Uarrabamussu sagte: "Wenn das Kind es genommen hat, hast du recht getan."

Am anderen Morgen töteten die Kinder das zweite Kind der Uarrabamussu. Sie zogen wieder die Decke ab, schnitten den Schädel ab und bereiteten eine Bohnenspeise, die mittags der Uarrabamussu vorgesetzt wurde. Wieder war die Herrin zufrieden. Abermals forderte sie die Kinder auf, die drei Jungen herbeizubringen, da sie sie nähren wolle. Der Knabe brachte das erste Kind. Die Uarrabamussu gab ihm die Brust. Es nahm die Brust und ward gesättigt. Der Knabe nahm es weg und brachte es als zweites Kind wieder. Nun war es satt und wies die Brust zurück. Die Uarrabamussu fragte: "Wie kommt das?" Der Knabe sagte: "Ich habe ihm und dem anderen Kinde vorhin ordentlich von dem Bohnengerichte gegeben." Die Uarrabamussu sagte: "Und die Kinder haben es genommen?" Der Knabe sagte: "Die Kinder haben es recht gut genommen. Sie waren sehr zufrieden." Die Uarrabamussu sagte: "Das freut mich, denn ich merke, daß meine Brust nicht mehr viel Milch hat. So ist es gut, wenn sie bald anderes essen. Ich bin mit euch zufrieden."

Am anderen Morgen töteten die Kinder das dritte Kind. Sie zogen die Decke ab und schnitten den Kopf ab. Aus dem Körper bereiteten sie ein schönes Gericht. Aus den Decken der drei Kinder



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machten sie einen starken Sack. Sie machten im Boden eine tüchtige Höhle. In die Höhle legten sie den Sack und die Schädel der Kinder.

Als Uarrabamussu heimkehrte, setzten sie ihr das Gericht vor. Die Herrin ließ es sich gut schmecken. Sie sagte dann: "Bringt mir meine Kinder, daß ich sie nähre!" Die Kinder gingen in die Höhle. Der Knabe warf aus der Höhle den ersten Schädel und rief: "Das ist dein erster Sohn!" Sie warfen aus der Höhle den zweiten Schädel und riefen: "Das ist dein zweiter Sohn!" Sie warfen aus der Höhle den dritten Schädel und sagten: "Das ist dein dritter Sohn!" Die Uarrabamussu war wütend. Sie lief in der Richtung auf die Kinder hin und sprang in die Höhle. Die Kinder hatten ihren Sack aus dem Fell der jungen Uarraba aufgespannt. Sie fingen die Uarrabamussu darin auf und banden dann den Sack zu. So hatten sie Uarrabamussu gefangen.

Am anderen Morgen machten die Kinder sich auf den Weg nach Hause. Sie luden den Sack mit der gefangenen Uarrabamussu auf und wanderten von dannen. Bald trafen sie auf eine Karawane Diula (reisender Kaufleute), die die Kinder fragten: "Was tragt ihr denn da?" Die Kinder antworteten: "Ach, wir haben hier einen schönen großen Hund, den wollen wir verkaufen." Die Diula sagten: "Wir wollen ihn wohl kaufen." Die Kinder sagten: "Ihr könnt ihn für zehn Franken bekommen. Ihr müßt aber den Sack nicht eher öffnen, als bis wir weit fort sind, denn sonst läuft uns der Hund sogleich nach, und ihr seid ihn für immer los. Ihr müßt eine Nacht verstreichen lassen, damit die Fährte den Geruch verliert." Die Diula erklärten sich einverstanden und bezahlten für den großen Hund zehn Franken.

Die Kinder nahmen die zehn Franken und eilten so schnell wie möglich fort, um noch recht weit zu kommen. Die Diula ließen den Sack die Nacht durch geschlossen und öffneten ihn erst am anderen Morgen. Uarrabamussu, die sehr hungrig war, kam sogleich herausgesprungen und begann, die Diula zu töten und aufzufressen. Sie tötete und fraß alle Diula bis auf eine alte Frau, die sie übersah. Dann aber setzte Uarrabamussu hinter den Kindern her. Die Kinder waren schon ziemlich weit gekommen und waren nahe dem Hause.

Als die Kinder merkten, daß Uarrabamussu hinter ihnen hersetzte, sahen sie sich nach einem hohen Baum um. Sie kletterten auf den höchsten Baum und versteckten sich in den Zweigen.



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Uarrabamussu kam. Uarrabamussu wollte hinaufklettern. Da nahmen die Kinder einen Strick und warfen ihn der Uarrabamussu zu. Uarrabamussu packte ihn sogleich. Die Kinder zogen sie herauf. Als sie schon ganz hoch oben war und beinahe in den Arm des Knabens biß, schnitten sie die Schnur durch. Uarrabamussu fiel ganz von oben herab und zerschellte auf dem Boden. Uarrabamussu war tot.



***
Die Kinder saßen auf dem Baum. Der Baum war so hoch, daß die Kinder nicht herunter konnten. Es kam ein großer Vogel. Der nahm die Kinder auf. Jedes Kind setzte sich auf einen Flügel. Der Vogel trug sie empor. Der Knabe* sagte: "Auf meinem Flügel riecht es übel. Ich möchte ihn aufschneiden." Die Schwester sagte: "Laß das!" Der Knabe sagte: "Vater hat am letzten Tage gesagt: ,Wenn einer von euch gern etwas will, soll der andere sich dem nicht widersetzen.'" Die Schwester sagte: "Es ist also gut!" Der Bruder schnitt den Flügel durch und kam auf den Flügel der Schwester mit hinüber. Drüben sagte er: "Hier riecht es auch." Er schnitt den Flügel ebenfalls durch, und nun stürzte der Vogel tot herab. Die beiden Kinder stürzten ebenfalls herab und waren tot.

Sirakochomani kam des Weges. Sirakochomani (die Schildkröte) sah die Kinder und erweckte den Bruder zum Leben. Der Knabe sagte: "Nun erwecke nur nicht meine Schwester, denn sie gibt immer schlechte Ratschläge." Sirakochomani sagte: "Sie ist doch deine Schwester. Du magst ja recht haben; ich will sie aber doch erwecken." Sirakochomani erweckte die jüngere Schwester. Die Schwester machte die Augen auf und sagte: "Ei, Bruder, sieh die Sirakochomani. Das ist ein vorzügliches Gericht. Ich werde sogleich zum nächsten Busch gehen und Brennholz holen." Die Schwester ging.

Als die Schwester fort war, sagte der Bruder: "Nun lauf fort, Sirakochomani; lauf schnell, damit dich meine Schwester hier nicht mehr vorfindet." Sirakochomani lief fort. Die Schwester kam aber just aus dem Busch zurück, als die Sirakochomani sich davonmachen wollte. Die Schwester fing sie sogleich und sagte: "So, nun haben wir zwei Sirakochomani, eine für meinen Bruder und eine für mich." Sie kam zum Bruder und sagte: "Wo hast du die erste Sirakochomani? Ich habe eine zweite gefangen. Nun hat jeder eine." Der Bruder sagte: "Ich habe sie laufen lassen. Sie hatte 

* Wahrscheinlich begeht hier schon die Schwester die Schlechtigkeit, und der Bruder rät ab.


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uns wiederbelebt." Die Schwester sagte: "Ich will sie essen. Du weißt, der Vater hat am letzten Tage gesagt: ,Wenn einer von euch etwas gern haben will, soll der andere sich dem nicht widersetzen.'" Der Bruder sagte: "Komm denn, wir wollen jemand suchen, der die Sirakochomani bereitet." Sie gingen.




***
Die Kinder kamen mit ihrer Sirakochomani in ein Dorf zu einem Schmied. Sie baten den Schmied: "Bereite uns unsere Sirakochomani." Die Sirakochomani ward von dem Blasebalg bereitet. Als der Schmied die Sirakochomani bereitete, sahen die Kinder, daß der Mann einen geschwollenen, mächtigen Kaja (Hoden) hatte. Die Kinder fragten: "Sollen wir dir das heilen?" Der Schmied sagte: "Wenn ihr das könnt, so tut es." Die Kinder machten ein ordentliches Schmiedefeuer, legten den Kaja des Schmiedes darauf und begannen den Blasebalg zu drücken. Die Flamme stach in den Kaja. Der Schmied schrie vor Schmerz laut auf. Die Kinder liefen fort. Der Schmied schrie in einem fort: "Fangt sie doch! Fangt sie doch!" Die Kinder liefen so schnell sie konnten von dannen. Die Kinder des Schmiedes jagten hinterher. Sie vermochten aber die zwei Kinder nicht einzuholen.

Nach einigen Tagen verteilte der Schmied im Dorfe Erdnüsse. Er gab jedem Kinde, das einen guten Schwank erzählen konnte, eine Kalebasse voll Erdnüsse. Der Knabe kam auch herbei. Er erzählte als Schwank, wie er mit seiner Schwester kranke Kaja behandelte. Die Leute des Schmiedes merkten, daß dies jener Knabe sei und packten ihn. Der alte Schmied. sagte: "Nun, da haben wir dich ja!" Der alte Schmied steckte den Burschen in einen Sack und legte ihn fort.

Der Knabe lag in seinem Sack und kaute Kuru (Süßigkeiten). Ein Knabe des Schmiedes, der mit seinen Geschwistern da war, fragte: "Du da im Sack, was ißt du denn da?" Der Knabe sagte: "Ho, es sind nur kleine Erdnüsse." Der Sohn des Schmiedes fragte: "Willst du mir einige abgeben?" Der Knabe im Sack sagte: "Natürlich, sehr gern! Aber du mußt mir den Sack öffnen!" Der Knabe des Schmiedes öffnete den Sack. Der Knabe schlüpfte heraus und steckte alle Kinder des Schmiedes in den Sack. Dann machte er den Sack wieder zu und versteckte sich.

Nachher kam der Schmied. Er sagte: "Nun wollen wir den Burschen in gutem Schmiedefeuer verbrennen." Die Kinder des Schmiedes schrien im Innern: "Ich bin es! Ich bin es!" Der Schmied sagte: "Ach, dich kenne ich besser, dich kenne ich besser."



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Er warf die Kinder allesamt ins Feuer und verbrannte sie. Als sie verbrannt waren, sprang der Knabe aus seinem Verstecke und rief laut: "Du hast alle deine Kinder verbrannt! Du hast alle deine Kinder verbrannt!"

Dann lief er fort.




***
Die beiden Kinder flohen. Sie kamen in ein anderes Dorf. Der Häuptling des Dorfes gab dem Knaben ein Mädchen zur Frau. Der Bursche heiratete die Frau. Seine Schwester, das Mädchen, sagte: "Wir wollen die Frau töten." Der Bursche sagte: "Nein, laß es, wir wollen die Frau leben lassen." Das Mädchen sagte: "Wir wollen sie töten. Du weißt, der Vater hat am letzten Tage, als er lebte, gesagt: ,Wenn einer von euch etwas gern haben will, soll sich der andere dem nicht widersetzen.'" Der Bursche sagte: "Gut also, töten wir sie!" Die beiden töteten die Frau. Die Dorfbewohner fragten: "Wo ist die Frau?" Die Geschwister flohen.

Die Geschwister flohen. Sie erreichten unbemerkt einen hohen Baum und kletterten hinauf. Sie versteckten sich heimlich ganz oben in seinen Zweigen. Abends kamen zwei Alte aus dem Dorfe. Die setzten sich auf die untersten Äste des Baumes und plauderten miteinander. Das Mädchen, das mit dem Bruder hoch oben saß, kam Lust an, zu pissen. Sie sagte: "Ich will pissen." Der Bruder sagte: "Laß das!" Das Mädchen sagte: "Du weißt ja, der Vater hat am letzten Tage, als er lebte, gesagt: ,Wenn einer von euch etwas gern haben will, soll sich der andere dem nicht widersetzen." Das Mädchen pißte den alten Leuten auf den Kopf. Die Alten faßten mit der Hand auf den Kopf und sagten: "Es regnet." Der Bursche sagte: "Ich will auch etwas tun!" Er kackte den Alten auf den Kopf. Die Alten sprangen herab und auf die Erde. Sie sagten: "Ach, das sind die, die die Frau getötet haben und die wir suchen." Sie riefen alle Dorfbewohner zusammen. Die Dorfbewohner kamen mit Beilen.

Die Dorfbewohner schlugen mit den Beilen auf den Baum ein. Sie schlugen den Baum um. Als der Baum umgefallen war, kamen zwei Bassa (Eidechsen) aus dem Stamm und machten, daß der Baum wieder aufstand. Die Geschwister sagten: "Welch hübsches Tier!" Die Schwester tötete die eine Bassa. Die Leute schlugen wieder auf den Baum ein. Sie schlugen den Baum um. Als der Baum umgefallen war, kam die andere Bassa aus dem Stamm heraus und machte, daß der Baum wieder aufstand. Die Geschwister sagten: "Welch hübsches Tier!" Die Schwester tötete die Bassa.



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Die Leute schlugen wieder auf den Baum ein. Sie schlugen den Baum um. Der Baum stürzte, und nun war keine Bassa mehr da, um ihn aufzurichten.

Da flogen die Kinder in den Himmel. Im Himmel leben die Geschwister noch immer. Das Mädchen kommt: "Prrrrr! prrrrr! prrrrr!" Dann fällt Regen. Der Bursche kommt: "Pah! Pah!" Wie das Gewitter.


96. Kasarra Kent Ganani (Lausbube)

Kasarra Keni Gananis beide Brüder wollten auf Reisen gehen. Kasarra Keni Ganani sagte: "Ich will mitgehen." Die Brüder sagten: "Du bleibst!" Er sagte: "Ich will aber!" Die Brüder antworteten: "Du bleibst!" Die Brüder gingen. Kasarra Keni Ganani lief hinter ihnen her und schlug sie mit einem Stock. Dann sprang er vom Wege ab.

Er verwandelte sich in ein hübsches Messer und legte sich den Brüdern dahin in den Weg, wo sie vorbeikommen mußten. Der eine Bruder sah es, hob es auf, betrachtete es und sagte: "Das ist ein hübsches Messer. Wenn Kasarra Keni Ganani hier wäre, würde ich ihm das Messer schenken. Nun will ich es ihm mitbringen." Da sagte das Messer: "Ich bin ja dein kleiner Bruder." Der ältere warf sogleich das Messer fort. Das Messer verwandelte sich wieder in den Knaben Kasarra Keni Ganani, und der Knabe schlug wieder die Brüder. Alsdann sprang er vom Wege ab.

Er verwandelte sich in einen hübschen Dolo-ki (Überwurf) und legte sich den Brüdern dahin in den Weg, wo sie vorbeikommen mußten. Der eine Bruder sah ihn, hob ihn auf, betrachtete ihn und sagte: "Da ist ein hübscher Dolo-ki. Wenn Kasarra Keni Ganani da wäre, würde ich ihm den Überwurf schenken. Nun will ich ihn ihm mitbringen." Da sagte der Dolo-ki: "Ich bin ja dein kleiner Bruder." Der ältere warf sogleich den Dolo-ki fort. Der Dolo-ki verwandelte sich wieder in den Knaben Kasarra Keni Ganani, und der Knabe schlug wieder die Brüder. Alsdann sprang er vom Wege ab.

Er verwandelte sich in einen hübschen Bienje (kleiner eiserner Pfeil) und legte sich den Brüdern dahin in den Weg, wo sie vorbeikommen mußten. Der eine Bruder sah ihn, hob ihn auf, betrachtete ihn und sagte: "Da ist ein hübscher Bienje. Wenn Kasarra Keni Ganani da wäre, würde ich ihm den Bienje schenken. Nun



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will ich ihn ihm mitbringen." Da sagte der Bienje: "Ich bin ja dein kleiner Bruder." Der ältere warf sogleich den kleinen Pfeil weg. Der Pfeil verwandelte sich wieder in den Knaben Kasarra Keni Ganani, und der Knabe schlug wieder auf die Brüder ein.

Mittlerweile waren sie an ihrem Ziele, im Dorfe des Königs, angekommen. Der König sandte ihnen sogleich drei Kalebassen mit Dolo. Sie tranken ihn. Dann sagte Kasarra Keni Ganani: "Ich will meine Dolokalebasse zerbrechen." Die Brüder sagten: "Man soll nicht Gutes mit Schlechtem erwidern. Laß es!" Kasarra Keni Ganani zerbrach dann aber doch nicht nur seine, sondern alle drei Dolokalebassen.

Der König sandte alsdann drei Kalebassen mit Tii jenn. Sie verzehrten den Tii jenn. Dann sagte Kasarra Keni Ganani: "Ich will meine Kalebasse zerbrechen." Die Brüder sagten: "Man soll nicht Gutes mit Schlechtem erwidern. Laß es!" Kasarra Keni Ganani zerbrach dann aber doch nicht nur seine, sondern alle drei Tii-jenn-Kalebassen.

Der König sandte alsdann drei Kalebassen mit Kini (Kuskus). Sie aßen ihn. Dann sagte Kasarra Keni Ganani: "Ich will meine Kalebasse zerbrechen." Die Brüder sagten: "Man soll nicht Gutes mit Schlechtem erwidern. Laß es!" Kasarra Keni Ganani zerbrach dann aber doch nicht nur seine, sondern alle drei Kini-Kalebassen.

Der König sandte am Abend drei Mädchen zu den drei Burschen. Die schliefen bei den drei Wanderern. Am frühen Morgen sagte Kasarra Keni Ganani: "Ich will mein Mädchen totmachen." Die Brüder antworteten: "Laß das, laß das!" Kasarra Keni Ganani aber tat es doch. Er tötete nicht nur sein Mädchen, sondern auch die anderen beiden seiner Brüder. Dann flohen die Brüder gemeinsam auf einen großen Banabaum, der am Dorfplatz stand. Sie stiegen hinauf und versteckten sich in den Zweigen.

Als die Sonne höher stieg, sagte der König: "Die Mädchen sind noch nicht zurückgekommen. Sie schlafen recht lange. Man soll einmal nachsehen." Es ging ein Bote hin; der fand in den Hütten nur die toten Mädchen und die zerbrochenen Kalebassen. Er kam zurück und sagte es dem König. Der König ließ sogleich zu einem großen Marabut schicken, der das Mori-ke (das Erdorakel) zu befragen verstand. Der Marabut fragte das Mori-ke, wo die drei Burschen hingegangen seien. Das Mori-ke antwortete: "Der König soll sich unter den großen Banabaum setzen und dort erst sein Tii jenn und dann sein Kini verzehren."



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Der König setzte sich unter den Banabaum. Er ließ eine Schüssel mit Tii jenn kommen und begann etwas zu sich zu nehmen. Kasarra Keni Ganani sagte zu den Brüdern: "Ich will dem König in das Essen pissen!" Die Brüder sagten: "Laß es, laß es!" Der Junge pißte aber doch herunter und gerade in die Schüssel mit Tii jenn. Der König versuchte vom Tii jenn und sagte dann: "Das ist nicht gut. Bringt mir gleich die Schüssel mit Kini!"

Man brachte dem König eine Schüssel mit Kini unter den Banabaum. Kasarra Keni Ganani sagte zu den Brüdern: "Ich werde dem König in den Kini kacken." Die Brüder sagten: "Laß es, laß es!" Kasarra Keni Ganani tat es aber doch und kackte dem König gerade in den Kini. Der König sagte: "Äh! Was sind das für unangenehme Tiere auf dem Baum!" Er sah auf und entdeckte die drei Burschen über sich. Er sagte: "Sieh, da sind die drei Burschen!' Er rief seine Leute.

Die Leute kamen mit Äxten herbei und begannen den Baum zu fällen. Als der Baum umstürzte, kam eine Bassa hervor, die in einem Loch des Stammes gesessen hatte, und schlug mit dem Schwanz gegen den Stamm. Darauf richtete sich der Baum wieder auf und war ganz heil wie zuvor. Kasarra Keni Ganani sagte zu den Brüdern: "Ich möchte diese Bassa (Eidechse) wohl totmachen und ihr die Beine abreißen." Die Brüder sagten: "Laß es, laß es!" Kasarra Keni Ganani haschte aber die Bassa, riß ihr die Beine und den Schwanz ab und warf sie dann herunter.

Die Leute begannen wieder mit den Äxten auf den Baum einzuschlagen. Bald hatten sie ein mächtiges Loch in den Baum gehauen und er brach um. Sie fingen darauf die drei Brüder und brachten sie zum König. Der König fragte die älteren Brüder: "Habt ihr zwei die Frauen getötet und die Kalebassen zerschlagen?" Die beiden Brüder sagten: "Nein, wir haben es nicht getan. Kasarra Keni Ganani hat es gemacht." Hierauf ließen sie die beiden älteren frei und hielten Kasarra Keni Ganani fest. Der König gab Kasarra Keni Ganani einem Schmiede, damit er ihn verbrenne.

Der Numu packte Kasarra Keni Ganani und steckte ihn in einen Furruko (Schultersack aus zusammengenähter, enthaarter Bockshaut), in dem aber ein kleines Loch war. Er band den Furruko zu und hängte ihn zunächst im Hause an der Wand auf. Im Hause spielten die beiden kleinen Kinder des Numu. Der Numu war fortgegangen. Kasarra Keni Ganani hatte im Schurz noch zwei kleine Stückchen Honig (Li). Er rief die Kinder herbei und reichte jedem



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ein Stückchen zu dem Loch in dem Furruko heraus. Die Kinder aßen ihn, kamen nochmals und sagten: "Gib uns noch mehr!" Kasarra Keni Ganani sagte: "Sehr gern und sehr einfach. Dieser Furruko ist angefüllt mit Li. Macht also den Sack auf, laßt mich heraus, und ich werde euch hineinsetzen. Dann könnt ihr euch nach Belieben sattessen." Die Kinder sagten: "Das wollen wir gern tun." Sie öffneten den Ledersack, ließen Kasarra Keni Ganani heraus und ließen sich selbst hineinsetzen. Kasarra Keni Ganani band alsdann den Furruko fest zu.

Der Numu kam zurück, ergriff den Furruko und trug ihn zum Feuer. Die Kinder im Innern hatten inzwischen gemerkt, daß in dem Sack kein Honig war. Sie schrien deswegen: "Es ist kein Honig in dem Furruko. Wir sind ja die zwei Brüder! Wir sind ja die zwei Brüder!" Der Numu entgegnete: "Daß das nicht nach Honig schmeckt, glaube ich wohl. Und daß man gleich zwei für einen von dem Gesindel verbrennt, ist nur gut." Damit warf er den Sack in das Feuer. Die Kinder verbrannten. Kasarra Keni Ganani hatte sich in der Nähe versteckt. Als der Sack mit dem Inhalt verbrannt war, schrie er laut: "Du hast nicht Kasarra Keni Ganani, sondern deine Kinder verbrannt." Dann lief er schnell von dannen. Der Numu rannte hinterher, konnte den Burschen aber nicht erreichen.

Kasarra Keni Ganani rannte weit fort und kam in eine andere Stadt. Er traf da einen Numu bei der Arbeit, der war krank und hatte einen großen Hoden (=Kaja-to, wahrscheinlich Elephantiasis). Kasarra Keni Ganani setzte sich neben ihn und steckte einen eisernen Pfeil in das Feuer. Als er glühend war, stieß er ihn dem Numu in das Kaja-to. Alsdann sprang er auf und rannte so schnell von dannen, daß der Schmied ihm nicht zu folgen vermochte.

Der Schmied wollte den Burschen aber doch fangen. Er zog sich ein anderes Kleid an und ging nach einiger Zeit zu den Straßenjungen der Stadt und sagte: "Hier habe ich zwei große Batzen Honig. Ich will sie dem unter euch geben, der den tollsten Streich ausgeführt hat." Der erste Bursche sagte: "Ich habe meines Vaters größten Hammel getötet." Der Numu sagte: "Geh', du bist nicht der Rechte." Der zweite sagte: "Ich habe meiner Mutter kleinstes Kind mit heißem Wasser begossen." Der Numu sagte: "Du bist nicht der Rechte. Geh!" Jeder erzählte etwas. Alle wurden fortgeschickt. Endlich sagte der letzte: "Ich habe mit einem Pfeil einem Numu in das Kaja-to gestochen!" Der Numu sagte: "Du



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bist der Rechte!" Er reichte ihm den ersten Honigbatzen. Kasarra Keni Ganani nahm ihn. Er reichte dem Buben den zweiten Batzen hin, und als der ihn fassen wollte, packte er ihn und hielt ihn fest.

Der Numu nahm Kasarra Keni Ganani mit nach Hause und steckte ihn in einen Korb. Er wollte ihn zum Flusse tragen und ertränken. Auf dem Wege dahin stellte er einmal den Korb auf die Straße und ging abseits. Ein Marabut kam des Weges. Kasarra Keni Ganani rief ihn an und ließ sich von ihm befreien. Dann stopfte er den Marabut hinein und versteckte sich im Gebüsch. Der Numu kam wieder, nahm den Korb, trug ihn zum Flusse und warf ihn hinein. Als der Korb untergegangen war, rief Kasarra Keni Ganani: "Du hast nicht den bösen Buben, sondern einen Marabut ins Wasser geworfen!" Dann lief er von dannen.

Kasarra Keni Ganani lief nach Hause zurück. Er erzählte, was er erlebt hatte. Die Eltern sagten: "In Zukunft wirst du daheim bleiben." Der Knabe sagte: "Ich möchte noch eine Reise machen." Die Eltern erlaubten es ihm nicht.

97. Die beiden Maka

Schon vor der Schöpfung gab es zwei Leute, von denen der eine seine Schulden nie bezahlte und der andere seine Schulden stets einzukassieren wußte. Beide hießen Maka. Der eine wohnte im Osten weit weg bis hinter Sikasso. Der andere wohnte im Westen weit weg bis hinter Kayes. Der im Osten hinter Sikasso wohnende Maka bekam stets wieder, was er verlieh. Der im Westen wohnende Maka bezahlte nie seine Schulden. Der im Westen wohnende Maka sagte: "Ich muß mir den Maka im Osten ansehen. Ich muß den Maka sehen, der es versteht, stets seine Schulden einzukassieren."

Der Maka wanderte nach Osten über Sikasso hinaus. Er kam zu dem Maka. Der Maka sagte: "Ich weiß, daß du stets Schulden machst, ohne sie je zu bezahlen." Der angekommene Maka sagte: "Ja, das ist richtig. Ich kenne dich auch schon lange ganz genau. Ich weiß, daß du Geld verleihst und es stets wieder erhältst." Der Maka des Ostens sagte: "Ja, ich erhalte stets zurück, was ich verleihe. Willst du etwas von mir haben?" Der Maka des Westens sagte: "Leihe mir hundert Franken." Der Maka des Ostens sagte: "Oh, das ist ja so viel wie nichts. So nimm doch wenigstens tausend Franken!" Der Maka des Westens sagte: "Gut, ich werde den Betrag nehmen. Du weißt doch aber, daß ich nie etwas zurückzahle?"



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Der Maka des Ostens sagte: "Wenn ich dir den Betrag leihe, werde ich ihn auch einmal zurückerhalten." Der Maka des Westens sagte: "Ich werde es nicht zurückgeben." Der Maka des Westens ging wieder von dannen.

Während dreißig Jahren dachte der Maka des Ostens: "Ich möchte wohl wissen, was mein Kamerad, der Maka des Westens, mit den tausend Franken angefangen hat, die ich ihm geliehen habe!" Der Maka machte sich auf den Weg und wanderte nach Westen zu. Er kam bei dem anderen Maka an. Er sagte: "Ich bin gekommen, um von dir zurückzufordern, was ich dir geliehen habe. Du weißt, daß ich immer zurückerhalte, was ich ausleihe." Der Maka des Westens sagte: "Ich habe dir ja gesagt, daß ich nie zurückzahle, was ich geliehen habe." Der Maka des Ostens sagte: "Du mußt jetzt zahlen." Der Maka des Westens sagte: "So warte hier; ich will in das Haus gehen und sehen, was ich habe, um dir zu zahlen." Der Maka des Ostens wartete. Der Maka des Westens ging in sein Haus.

Der Maka des Westens ging in sein Haus und auf der anderen Seite wieder hinaus. Er ging auf einen fremden Acker. Auf dem Acker stand ein großer Topf mit Hirsekörnern. Maka stieg hinauf. Er stahl ein Hirsekorn. Er schnitt das Hirsekorn auf und legte sich hinein. Er machte das Hirsekorn wieder zu. Es kam eine Tubani (Taube), die schluckte das Hirsekorn hinunter. Dann kam ein Sege (Adler), der schluckte die Tubani hinunter. Dann kam ein Uarrani (Fuchs), der verzehrte den Sege. Der Uarrani lief ans Ufer, da lag ein Bamba. Der Bamba schluckte den Uarrani hinunter.

Der Maka des Ostens wartete lange Zeit. Endlich ging er in das Haus. Die Spur des Maka des Westens führte auf der anderen Seite wieder hinaus. Sie führte zu dem Acker mit der Hirse. Am Boden lagen die leeren aufgeschnittenen Hirseschalen. Der Maka des Ostens ging weiter. Er kam an das Ufer. Da lagen alle Bamba. Der Maka des Ostens sah alle Bamba durch. Er fand das richtige Bamba heraus.

Der Maka des Ostens tötete das Bamba. Er schnitt dem Bamba den Leib auf. Es war der Uarrani darin. Er schnitt dem Uarrani den Leib auf. Es war der Sege darin. Er schnitt dem Sege den Leib auf. Es war eine Tubani darin. Er schnitt der Tubani den Leib auf. Es war der Maka des Westens darin. Der Maka des Ostens sagte zu ihm: "Zahle mir." Der Maka des Westens sagte: "O mein Freund!"



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Der Maka des Ostens sagte: "Ich habe dir ja gleich gesagt, daß man mir zahlen muß."

Der Maka des Westens sagte: "Ich kann nicht zahlen." Sie gingen zusammen weiter. Sie kamen bei einem alten Mann vorbei, der spann baumwollene Fäden. Der Maka des Westens sagte zu dem Spinner: "Sieh, das ist mein Freund aus dem Osten, dem man immer zurückzahlen muß, was man ihm schuldig ist. Leihe mir eine Rolle Faden!" Der Maka des Ostens rief: "Du mußt mir zahlen!" Der Maka des Westens schrie: "Ich werde dir nicht zahlen!" Er nahm den Faden und warf ihn gen Himmel. Er ergriff das Ende und kletterte zum Himmel empor. Der Maka des Ostens folgte ihm sogleich und kletterte auch zum Himmel empor. Beide waren nun am Himmel.

Bis heute hat der Maka des Westens den Maka des Ostens nicht bezahlt. Aber man hört sie heute noch häufig am Himmel als Sampie (Donner) streiten.



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ERZÄHLUNGEN DER MOSSI



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VII. Kapitel: Lebenslauf der Mossi

Der Name des Reiches, des sog. Kaiserreiches Mossi, ist durch die arabische Chronik schon im Mittelalter bekannt geworden, und wenn wir danach Umschau halten, in welchem Punkte wir etwa den Charakter dieses Volkes, seine Daseinsform zu erkennen vermögen, so bietet uns solchen eben "das Kaiserreich Mossi" und dessen Staatsorganisation, die eine ganz andere ist als die aller Völker, die zwischen den Mossi und dem Meere bei Senegambien wohnen. Von diesen ethnographischen Gesichtspunkten aus drängt sich die Versuchung auf, zu sagen: auf der Westgrenze des Mossireiches liegt die Grenze zwischen dem westlichen und zentralen Sudan. Wer in das Gebiet der Mossi gelangt, erreicht ein Volk, dessen staatliche Einrichtungen keinerlei Ähnlichkeit mit denen des Westens haben.

Zunächst ist zu betonen, daß die Mossi (Sing. Mora-je) nicht eine einheitliche Rasse darstellen. Ich sah Mossi vom Bammanaschlage, vom Miniankatypus, sah Mossi, die rote Hautfarbe und starke, wohlgeformte Beine hatten gleich den Gersse, sah Mossi von jedem Typus, den ich sonst unter den dunklen Völkern beobachtete, und wenn jemand etwas besonders Charakteristisches in diesem Punkte hören will, so kann ich wenig mehr geben als eine negative Tatsache: ich sah nie Mossi mit sog. semitischen Zügen und nie Menschen, die in ihrem Äußeren die Zeichen einer höheren Zivilisation boten. Die Mossi repräsentieren einen verhältnismäßig brutalen Typus.

Ferner zeigen die Mossi noch außerordentlich deutlich die Struktur des Materials, aus dem sie zum heutigen Wesen eines Reiches, einer Nation heranwuchsen. In allen Teilen des Hauptreiches und der Nebenstaaten gibt es niedriger stehende Stämme, die mit bestimmten Vorrechten ausgestattet sind und eigene Namen führen, die sich aber zunächst auch als Mossi gerieren. Wir werden ihre Namen dann treffen, wenn wir die religiös-sozialen Maskenfeste in den Bereich unserer Untersuchung ziehen. Überall und in jeder Provinz als uraltes Ansassentum finden wir diese unterworfenen Stämme, von denen die vornehmen Mossi behaupten, es seien sehr primitive Stämme gewesen, denen sie, die Mossi, einst die Kultur gebracht hätten, die aber überall den Kultus mehr oder weniger ausschließlich in Händen haben, so daß man fast behaupten möchte, es habe im Wesen dieser Stämme von alters her eine Kraft gesteckt, die so mächtig war, daß sie nicht einmal durch die brutale Mossiwirtschaft ganz zu zerstören war.

Der Staatsorganismus der heutigen Mossi scheint ein sehr alter zu sein. Da wir ihn in ganz gleicher Weise auch in den entfernten



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Staaten finden, die vor langer Zeit vom Hauptreiche Wagadugu abfielen und da er sich in archaistischer, selten geschlossener Form erhalten hat, darf man annehmen, daß er in seiner heutigen Gestalt sich gleich nach Einwanderung der Mossi ins Voltaplateau gefestigt hat, daß die Maße und der Aufbau des Reiches aber seinerzeit mitgebracht wurden. Und diese Maße scheinen mir, von der südlichen Reichshauptstadt Wagadugu aus abgeschätzt, denen der Staatsbauwerke des Haussastaates, der Reiche Banu, Wadai, Darfur einerseits, und der Reiche Dahome, Benin, Aschanti andererseits proportional zu entsprechen. Hier ist vor allem auch von einer nach außen wirkenden Funktion dieser Staatengebilde zu sprechen, nämlich von der umfangreichen, ausgedehnten und wohl durch Jahrhunderte fortgesetzten Ausbeutung des Landes auf Sklaven. Die Kaiser und Könige dieser Staaten waren Sklavenhändler ersten Ranges. Als ich von Norden nach Wahiguja kam, durchschnitt ich ein Gebiet von ca. 8o km Ausdehnung, in dem nur ganz wenige, jüngst angelegte, kleine Dörfer der Fulbe usw. gelegen waren. Ein Territorium gleichen Zustandes durchmaß Dr. Hugershoff, als er von Westen nach Wagadugu kam. So umgibt eine Zone der Verwüstung diese Reiche, deren Hände im Mittelalter sicher nach der Westküste ausgestreckt waren, um dahin Sklaven abzugeben und von dort die "Segnung" europäischer Kultur zu beziehen. Wie lange historisch gedacht - dieser einträgliche Betrieb in Blüte stand, davon wußte Binger noch zu erzählen. Er sah, wie die tapferen Krieger des Kaisers von Wagadugu von Süden her ganze Reihen von Sklaven herbeibrachten.

Die Staaten haben keine geschriebene Geschichte, es besteht aber eine außerordentlich genaue Genealogie der Herrscher im Gedächtnis der Menschen. Daraus erkennen wir die Abstammung dieser Reiche, die Gründung eines kriegerischen Wagadugu im Mittelalter und den Abfall einer Provinz nach der anderen (vgl. Bd. V). Es versteht sich von selbst, daß in den Stammbäumen große Fehler enthalten sind und daß auch mancherlei darin gefälscht wurde. Immerhin scheint die dynastische Zusammengehörigkeit der Herrscher eine unbestreitbar deszendentale zu sein. Ja, ich glaube, daß der ganze Adel des Landes in letzter Linie die Gesamtheit einer Sippengruppe repräsentiert. Und von der Geschlossenheit des Adels in Abstammung und Gesamtwesen müssen wir ausgehen, wenn wir die Stellung, die sehr eigenartige Stellung des sogenannten, aber nur "sogenannten" allgewaltigen Herrschers des Landes verstehen wollen. In Wahrheit herrschen nicht diese barbarischen, grausamen Kaiser, sondern ihre Edlen hier wie anderweitig im Sudan. Werfen wir nun aber einen Blick in das Leben der Bürger dieses Reiches.



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Das bürgerliche Leben in Wahiguja*.

Die feineren Unterschiede

des bürgerlichen Lebens im Norden

und im Zentrum des alten Mossireiches sind doch so groß, daß es wünschenswert ist, den menschlichen Lebenslauf hüben und drüben zu verfolgen, und es wird uns bei solcher Zweisicht hier und da das eine oder andere auffallen, so daß zwei Übersichten eine erwünschte Ergänzung abgeben.

Wenn in Jatenga ein Knabe geboren wird, bleibt die Mutter drei, wenn ein Mädchen erscheint, vier Tage im Niederkunftshause, ohne auszugehen. Der Vater sorgt bei solchem eingetretenen glücklichen Ereignis sogleich für Salz, und andere Frauen bereiten Essen, so daß die Mutter gut gepflegt wird. Ist ein Vater vorhanden, was nicht immer der Fall ist, so gibt er, sonst die ältere Schwester der Mutter den Kindern den Namen. Aber das geht nicht so schnell vor sich, und manchmal soll die Namengebung ein Jahr auf sich warten lassen. Den Namen wählt man aus unter denen der Freunde, nach Ereignissen, und angeblich soll man auch den Namen des regierenden Naba häufig verwenden. Doch erscheint mir das nicht sehr glaubhaft, da z. B. im Wagadugebiete in der Kaiserprovinz kein Mensch den gleichen Namen wie der Mogo-Naba führen darf. Vielleicht ist mit dieser Behauptung der Name kleiner Nabas gemeint.

Im allgemeinen gehören die Kinder dem natürlichen Vater, und dieses Gesetz wurde früher auch im Falle unregelmäßig eingetretenen Geschlechtsverkehrs konsequent durchgeführt. So gehörten Kinder, die von unverheirateten Mädchen geboren wurden, dem Liebhaber. Trieb eine verheiratete Frau mit einem Dritten Liebeshändel, so sandten die beiden Eheleute den kleinen Bastard, sobald er entwöhnt war, an den Liebhaber, daß er in Zukunft für ihn sorge und Recht und Pflicht des Vaters an ihm übe.

Eine eigenartige Ansicht betreffend Zwillinge fand ich in Wahiguja. Bestanden die Zwillinge (=kikirsi) aus Knabe und Mädchen, so galt das als ein ausgezeichnetes Omen, das Vater und Mutter noch ein langes Leben verhieß. Waren es jedoch zwei Mädchen, so nahm man an, daß der Vater nicht mehr lange leben würde. Kam jedoch eines von beiden Mädchen tot zur Welt, so nahm man das als gute Vorbedeutung für des Vaters Lebenszeit. Waren es zwei Knaben, so glaubte man, daß die Lebenszeit der Mutter nicht mehr lange bemessen war.

Das erste Wort des kleinen Würmleins ist "ma", d. h. Mutter. Man rechnet etwa 1-1 1/2 Jahr bis zur vollendeten und bewußten Aussprache dieses Lallwortes. Mit zwei Jahren soll das Kind alles 

* Wahiguja ist die Hauptstadt der Nordprovinz Jatenga des Mossireiches.


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verstehen, ohne aber selbst mehr als die ersten Plapperlaute hervorbringen zu können; erst mit drei Jahren kann es sich stammelnd äußern. Die Linie der Körperentwicklung ist (nach der Meinung der Mossi) folgende: mit 6 Monaten setzt sich das Kind aufrecht hin, mit 6-8 Monaten beginnt es auf den Knien herumzurutschen, mit 12 Monaten richtet es sich auf, mit 14-16 Monaten geht es ein wenig. Als Nährzeit rechnet man drei Jahre.

Solange das Kind nicht laufen kann, soll die Mutter sich dem Beischlaf nichthingeben, denn dies gilt als außerordentlich schädlich für die körperliche Entwicklung des Kindes. Mit dem Endpunkte der Beischlafzeit ist es für die junge Mutter eine eigenartige Sache. Sobald die Frau schwanger ist, hört für sie das Liebesleben auf. Aber 40 Tage nach der Geburt soll die Mutter sich einmal dem Gatten oder Geliebten, jedenfalls dem Vater des Kindes, hingeben. Das ist ein feststehendes Zeremonie! der alten Zeit gewesen. Dann setzte das regelmäßige Geschlechtsleben aber noch lange aus. Die Pause nahm im ganzen die Nährzeit in Anspruch, währte also etwa drei Jahre. Diese dreijährige Pause entspricht genau dem Brauche der Malinke und zentralen Mande, während Wolof und Fulbe sich angeblich nicht darum kümmerten.

Nun der Eintritt in das Werktagsleben. Mit drei Jahren beginnt das kleine Mädchen die Kalebassen zu waschen. Dann muß es bald Wasser tragen und erlernt das Entsamen der Baumwolle. Mit sechs Jahren steht das Kind im vollen Arbeitsleben. Die erste Arbeit des Knaben setzt dagegen erst mit vier Jahren ein - bis dahin spielen sie gleich allen anderen Kindern der Welt mit den kleinen Mädchen zusammen "Arbeiten". Wie bei allen Völkern, die ich bis dahin in Afrika sah, sind die kleinen Mädchen geistig aktiver und überlegener. Sie stellen die Büblein an und sind schon völlig kleine Weibchen; der spröde Sinn des Knaben äußert sich dagegen in einer ausgesprochenen Ablehnung gegen alle derartigen Äußerungen, und wenn nun mit vier Jahren die erste Arbeitsverpflichtung, das Ziegenhüten, an sie herantritt, so entwickeln sie sich in ihrem Busch- und Weideleben alsbald zu kleinen Raufbolden und Gegnern aller, wenn auch noch so kindlichen Annäherungsversuche. Bis zum siebenten Jahre etwa hütet das Bürschlein mit den Altersgenossen in gemeinschaftlicher Geschlossenheit die Ziegenherde des Ortes. Dann tritt die erste wirkliche Arbeitsanforderung an ihn heran. Er hat von morgens um 5 oder 5 1/2 bis 9 Uhr mit den Männern an der Feldarbeit teilzunehmen. Und dabei wird der Bursche gebändigt. Mit der Beschneidung tritt volle Arbeitszeit für ihn in Kraft.

Die Knaben wurden früher mit acht, die Mädchen erst mit zehn Jahren beschnitten. Die Handlung wurde bei den Mossi Jatengas



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nicht von Schmieden, sondern von irgendwelchen älteren Leuten, die es besonders gut verstanden, ausgeführt. Die Mädchen begaben sich natürlich unter die Fürsorge geschickter Frauenhände. Den Knaben ward das Präputium weit über die Glans gezogen, dann zeichnete der Operateur eine schwarze Linie vor, setzte einen Eisenmeißel auf und schlug mit einem Holzhammer darauf. — Über irgendwelches Zeremonie! konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Angeblich ist solches in Jatenga nicht üblich.

Bis zur Beschneidung blieben die Mädels und Buben im allgemeinen sicher unschuldig, denn bis zu diesem Zeitpunkte schliefen die jungen Menschen im Hause der Mutter. Und da diese Nachtbettung am Mutterherde noch länger währte, als die Zeit bis zur Beschneidung, so dürfen wir den Zeitpunkt des Beginns des Geschlechtslebens noch ein wenig weiter hinaufrücken.

Die Mossi von Jatenga behaupten, früher strengere Sitten gehabt zu haben als die Mossi von Wagadugu. Das dürfte damit zusammenhängen, daß die Jatengaprovinz früher von Jarsi, von Mande, beherrscht war, die sehr sittenstreng waren. Aber auch das einflußreiche Auftreten des Islam in den nördlichen Provinzen des Kaiserreiches mag seinerzeit dazu beigetragen haben, daß hier eine Sittenkontrolle eintrat, daß islamische Sitte "Mode" wurde, und daß die Alten aus Schamgefühl den früheren Zustand zu beschönigen versuchten. Ich traue deshalb den Angaben der Mossi nicht so ganz, wenn diese berichten: Wenn in alten Zeiten ein Mann ein unverheiratetes Mädchen beschlief, und wenn das herauskam, so nahm man ihm alles, denn es war verboten. Die Töchter der Burkimvo sollten unschuldig in die Ehe treten, ein freies Liebesleben war ihnen nicht gestattet. Auch sollen die Väter die Burschen gewarnt und ihnen verboten haben, sich mit den adligen Mädchen, den Töchtern der eigentlichen Mossi, einzulassen. Dagegen war es den Mossiburschen wohl gestattet, einmal eine Liebelei mit einem Tenga-Ndemba-Mädchen (Tenga-Ndemba eine primitive äthiopische Urbevölkerung) zu beginnen, und die Väter des letzteren hatten nicht die Macht, sich bei dem herrschenden Volke eine Genugtuung nach irgendeiner Richtung hin zu verschaffen. — Letzteres wird wohl stimmen, aber eine historische Keuschheit der Mossimädchen scheint mir sehr zweifelhaft. Sobald der Leser die nachfolgende Schilderung der in Wagadugu herrschenden Verhältnisse aufgenommen hat, wird er mir voraussichtlich beipflichten.

Zunächst die Ehe. Mit Bestimmtheit darf man sagen, daß bei allen Mossi früher Kinderverlobungen Sitte waren. Wenn der junge Jatengabursche ein junges Mossimädchen sah, mit dem er später einmal in den Ehestand treten wollte, so ist wohl anzunehmen, daß seine Wahl auf ein Mädchen fiel, das noch längere Zeit hindurch



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Anrecht auf die Bezeichnung "Kind" hatte. Das war also die gleiche Sitte wie bei den zentralen und westlichen Malinke. War der Bursche nicht besonders reich, so brachte er dem Schwiegerelternpaar nach und nach Hirsestrohplatten (Sekkoplatten), Brennholz usw. oder aber reichere Gaben dar. Der Vater des Brautwerbers machte eine gute Portion Ram (d. i. Hirsebier) und eine Speise, die man im vorliegenden Falle Urem-baram nannte, und sandte sie dem Vater der Braut. Auch die Mutter des Mädchens erhielt eine Gabe an Salz, das Mädchen selbst eine Pagne, einen Schurzstoff, und dessen Vater noch einen Überhang. Und dann folgten jährliche Gaben an die Brautfamilie, anscheinend Salz für die Mutter und Kauri für den Vater. Aber ich habe das alles in Wahiguja nicht so gut verstanden wie die Auseinandersetzung derselben Sitten nachher in Wagadugu. Im Grunde genommen scheinen es mir die gleichen zu sein. —Jedenfalls heirateten die Mädchen nicht vor dem 15. und 17. Lebensjahre, auch Jungen von einflußreichen und wohlhabenden Familien im gleichen Alter, dagegen arme Burschen nicht vor dem 22. und 25. Jahre - ich sage heirateten: daß das Liebesleben mit voller Kraft früher einsetzt, leugnen auch die Mossimohammedaner nicht.

Zur Hochzeit veranstaltete der Vater des Bräutigams ein großes Hirsebierfest. Aber es wird ausdrücklich betont, daß der Brautvater größere Zahlungen weder gefordert noch angenommen hätte, denn der Brautvater der alten Zeit sagte: "Ich will wohl aus den kleinen Gaben sehen, daß du (der Bräutigam) ein wahres Interesse für meine Tochter hast, daß du nicht arm bist, dir auch deine Sache zu verdienen weißt - ich will aber nicht, daß du meine Tochter mit großen Zahlungen kaufst, so daß du in ihr eine Sklavin gewinnst. Meine Tochter soll frei sein!" Im übrigen kannten die Mossi die Sitte der Keuschheitserhaltung zu keiner Zeit, und etwaige Testimonia auf einem weißen Laken zu suchen, fiel ihnen nicht im Traum ein. Im Gegenteil, wir werden später sehen, daß das Recht des Liebhabers recht weit ging, daß aber im Mossilande seit alter Zeit eine ethnisch-gesonderte Schicht vorhanden ist, die diese alte Mandeanschauung in aller Klarheit und mit aller Sittenstrenge noch lange aufrechterhalten hat.

Jedenfalls bedeutete die Ehe im allgemeinen bei den Mossi eine lockere Institution, und in Anbetracht der Form, die die Ehe hatte, nimmt es nicht Wunder, wenn die Jatengaleute durchgehend sagen: Wenn jemand schwer krank wird, so pflegen ihn die Schwestern und die Schwestern der Mutter. Die Frau selbst aber hat nichts mit der Krankheit des Ehemanns zu tun. Und wenn der Mann stirbt, so sind es auch wieder nicht die Ehefrauen, die der Leiche die letzten Liebesdienste erweisen, sondern es sind wieder die



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Märchenerzähler und Sänger der MossiBegrüßungen im Mossilande

(Originalzeichnungen von Fritz Nansen 1909)



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Schwestern und Mutterschwestern, die dem Toten die Haare ordnen, die seinen Leib waschen, die ihn mit Baumbutter einreiben, die ihm Augen und Mund schließen und ihn geschickt hinlegen. Während die verwandten Frauen dies tun, wird die ganze Familie zusammengerufen, und einige Leute beginnen damit, die letzte Ruhestätte vorzubereiten.

Der Tote wird in eine langgestreckte Lage gebracht, und über den Kopf weg, also von oben her nach unten, wird ein Sack gezogen, der bis unter die Knie reicht und hier zugeschnürt wird. Der Unterkiefer wird hochgebunden, und unter dem Sack trägt der Tote eine kurze Hose, deren Lendenschnur aber nicht wie bei den Lebenden vorn, sondern hinten zugebunden ist. Derart vorgerichtet wird der Leichnam in der Mitte des Hofes ausgestellt, und dann treten die Verwandten heran und bringen Opfergaben dar. Einige Leute geben Kaurimuscheln, andere schlachten Hühner und Ziegen, Reiche auch wohl Rinder usw. Die geschlachteten und dem Toten dargebrachten Tiere werden aber nur von den Tenga-Ndamba und den Grabarbeitern, nie von den vornehmen Mossi verspeist - so sagen sie in Jatenga.

In Bezug auf das weitere Zeremoniel, das in Jatenga Sitte ist, gehe ich auf die Gebräuche ein, die beim Tode des Mogo-Naba in Wahiguja Sitte sind. Das mag das ergänzen, was später vom Todeszeremoniel in Wagadugu gesagt werden wird, und stimmt unter Reduktion der Proportionen anscheinend auch für die Leichenbegängnisse der Vornehmen.

Während die Leichen Armer nur einen Tag, die Vornehmer 2 bis 3 Tage ausgestellt werden, wird der gestorbene Mogo-Naba (König der Mossi) während sieben Tagen über der Erde gelassen. Für den König wurde alsbald nach dem Verscheiden ein starker Ochse herbeigebracht, der wurde gefesselt, und es wurde ihm bei lebendigem Leibe das Fell abgezogen. Diese Haut wurde während dreier Tage stark mit Butter und Fett eingerieben, und dann ward der Leichnam des Herrschers in diese Haut eingenäht. Inzwischen gingen die Grabarbeiter in einem runden Schacht wie beim Brunnenbau (etwa mannstief) in die Tiefe, und hierauf ward unten ein etwa 3 m langer Kanal horizontal unter der Erde hin nach Westen zu ausgeschachtet. In diesen Kanal ward zunächst ein Hahn, ein Kater und eine halbe Barre Salz hineingeschoben, so daß diese Gaben an das äußerste Ende zu liegen kamen. Diese drei Grabspenden hatten folgenden Zweck: Der Hahn sollte am Morgen die Zeit angeben, wenn die Sonne aufgehe; die Katze sollte die Ratten und Mäuse fangen, die etwa die Ruhe des Grabes beeinträchtigen sollten, mit dem Salz sollte der Herrscher sich Speisen kaufen.

Danach legte man die königliche Leiche in den Seitenkanal und



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schüttete den vertikalen Schacht zu. Über dem Grabe ward ein Esel geschlachtet und ein Haus errichtet, in dem ein Wächter der Ruhe des Herrschers wartete. Mit dem Esel hatte es eine besondere Bewandtnis: Wenn ein König von Jatenga gekrönt ward, so kaufte er sich einen Bonga, d. i. einen Esel. Dem gab man den Titel: Na-noma. Solange der Herrscher lebte und regierte, hatte dieser Na-noma das Recht und die Freiheit herumzulaufen und zu fressen, wo und was er wollte und fand. Er durfte auf allen Feldern weiden. Niemand durfte ihn hindern, verjagen, schlagen oder gar töten. Seine Stunde hat aber geschlagen, wenn sein Mogo-Naba stirbt. Dann wird er über dem Grabe des Herrschers geopfert. — Die Volkssage erzählt übrigens, daß, als seinerzeit der gewalttätige Naba Kango starb, man allenthalben nach seinem ,Na-noma' suchte, ihn aber nicht finden konnte, so daß dieser Esel seinem Schicksal entgangen sei und sich heute noch auf den Weiden bei Wahiguja herumtreibe. Manche Leute behaupten, das uralte Tier gesehen zu haben. Vernünftige bestreiten es. Aber der Na-noma Naba Kangos spukt noch als Gespenst in den Köpfen vieler Leute umher. Dies nebenbei.

Im übrigen war das "bürgerliche Leben" in Wahiguja durch die vier Ackerbaumonate der Arbeit, einige darauffolgende Monate der Schlemmerei, zumal des reichlichen Hirsebiergenusses, und einige Monate der dem vorhergehenden Übermaße entsprechenden Hungerzeit in drei ziemlich gleiche Teile eingeteilt.

Das bürgerliche Leben in Wagadugu*.

Wenn einem Weibe die

Brüste schwellen, wenn gewisse

Übelkeiten eintreten und die sonst anscheinend nicht so sehr regelmäßig funktionierende Menstruation ausbleibt, so erhebt sich unter den Frauen ein Streit, ob man es mit einem Schwangerschaftsfalle zu tun habe. Ist der Fall einmal festgestellt, so hört für die junge Mutter das Geschlechtsleben unbedingt auf, und zwar für einen Zeitraum von -alles in allem -vier Jahren. —Vielleicht ist die Beobachtung erwähnenswert, die ich im Sudan und am Nil sowohl wie im südlichen Kongobecken mehrmals machte, daß junge Frauen im Anfange der ersten Schwangerschaftsperiode, zumal im Gesicht, häufig den sonst so zarten, samtartigen Teint verlieren und auf ziemlich trockenem Grunde Pickelabsonderungen zeigen. Auf meine Fragen, ob diese Frauen etwa krank seien, wurde mir immer die Antwort gegeben, daß dies im Gegenteil ein Zeichen besonderer Gesundheit sei.

Schon im üblichen Leben hat jede Mossifrau im Gehöfte ihres Mannes ihre eigene Hütte. Sobald sie schwanger ist, wird diese 

* Wagadugu ist die Hauptstadt sowohl der Zentralprovinz wie des ganzen Mossireiches, also die Residenz des mit Recht betitelten Kaisers (vgl. Bd. V).


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kleine Behausung in noch viel höherem Grade die Stätte unbeirrter, friedlicher Zurückgezogenheit, die kein Mann, auch der eigene Gatte nicht, zu betreten wagen wird. Die schwangere Frau verrichtet ihre Arbeiten genau wie jede andere und läßt sich durch ihren Zustand in keiner Weise hindern, ihre Haus- und Ackerarbeiten bis zum letzten Moment zu verrichten. Die schwangere Frau heißt bei den Moss, Tutulepuga oder Tutule-poka (bei Malinke: mussu kono-ma).

Sobald die Stunde der Entbindung gekommen ist, versammeln sich einige alte Frauen im Hause der Kreißenden. Es sind vier alte Frauen (= puga niasse) zur Geburt vonnöten. Die Frau kommt nieder in der Froschstellung, von oben und vorn greift ihr die erste um die Brust, die zweite von oben und hinten um den Leib. Die dritte Alte hockt hinter der Gebärenden, die Frucht erwartend, bereit, sie aufzufangen, die vierte endlich hält zur Seite Wasser zur Reinigung bereit. Ist das Kind erschienen, so schneidet eine Alte mit einem Rasiermesser die Nsare, d. i. die Nabelschnur, möglichst lang ab. Eine andere nimmt die Dogon-njibo, d. i. die Nachgeburt, in einem Topfe auf. Das Geschirr mit der Nachgeburt wird auf das Feld getragen dahin, wo ein Jole oder Jore, d. i. ein Termitenhaufen, ist. Neben dem Jole wird eine Grube in die Erde gemacht und der Topf hineingebettet.

Das neugeborene Kind wird säuberlich gewaschen. Um den Njuga, d. i. Nabel, in Ordnung zu bringen, hält die Mutter ständig eine alte Topfscherbe mit Baumbutter in Bereitschaft über dem Herd, so daß das Fett angenehm warm ist. Jede halbe Stunde taucht sie den Daumen hinein und drückt mit gefettetem Finger die Basis der Nabelschnur massierend in den Kinderleib hinein, damit kein Nabeibruch - den ich übrigens hier weit seltener sah als bei den Mandestämmen - entstehe. Bei solcher Behandlung mit Baumbutter trocknet die Nabelschnur ohne Eiterung gewöhnlich nach 4-5 Tagen ein und fällt ohne schädliche Folgen glatt ab. Die Mutter wickelt die Nabelschnur in einen Baumwollstreifen, gräbt ein Loch in die Hütte und vergräbt das Bündelchen dahinein aufs sorgfältigste. Im übrigen verläßt sie während der ersten 7 Tage nicht die Hütte.

Über das Erscheinen von Zwillingen (=kinkirsi) freut man sich. Üble Vorbedeutungen, wie wir sie in einigen Zusammensetzungen in Wahiguja angetroffen, behaupten die Leute nicht zu kennen. Knaben werden einfach als logo oder rogo, Mädchen als poko bezeichnet. Die Namengebung erfolgt am siebenten Tage seitens des Vaters. Die Vornamen der Mossi enthalten eine Fülle eigenartiger Sinnworte. Leider waren meine Dolmetscherkräfte in Wagadugu nicht stark genug, um größere Mengen mit sichergestellter



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Bedeutung einheimsen zu können. Anscheinend bereitete den Eingeborenen meine Ausfragerei in diesem Sinne keine große Freude, und mein Dolmetscher war nicht geschickt genug, nebenbei und unbemerkt seine Beobachtungen zu machen. Hier das, was ich sammeln konnte. Man nennt:

Seruare, ein Kind, das in der regenlosen oder auch in einer schlechten Jahreszeit geboren worden ist.

Tapo (Bogen), ein Kind, das zur Kriegszeit geboren worden ist:

Tenkuma, ein Kind, das zu einer Zeit, in der zwischen zwei Nabas Streit, d. h. also nur Zwiespalt und kein offener Krieg, herrschte.

Rogo, einen Knaben, auf den man Hoffnungen in Bezug auf Erhaltung des Stammbaumes setzt. Er heißt einfach "Mann" und entspricht dem "Gorko" der Fulbe und dem "Gorgi" der Wolof.

Tibo, ein Kind das geboren ist, nachdem man lange auf Nachkommenschaft wartete und nachdem zum Zwecke der Familienvermehrung auf einem Opferplatze Anruf und Darbringung erfolgte.

Tibilla, ein Mädchen, das nach einem "Tibo" geboren wurde.

Noga, d. h. "Huhn", ein Kind, das geboren ward, nachdem die Mutter, während es mit ihm schwanger ging, versehentlich bei der Arbeit ein Küken tottrat.

Nobila, d. h. Küken, ein Kind, das nach einem Noga geboren worden ist.

Passeke-dajologo, ein Kind, das geboren wurde, nachdem schon mehrere oder alle von der gleichen Mutter geborenen Kinder gestorben sind. Passeke-dajologo soll soviel heißen, wie daß das Kind wohl nicht lange genug leben werde, um dazu zu kommen, sich eine der bekannten, bei den Mossi üblichen Ledertaschen herzustellen.

San-dogo, ein Kind, das geboren wurde, wenn während der Zeit, da die Mutter mit ihm schwanger ging, Besuch aus der Ferne kam. Das Wort zerfällt in sana = Reise, dogo oder rogo = Mensch.

Sambila wird ein Kind genannt, das nach einem San-dogo geboren wird. Anscheinend ein Knabe.

Sampoka, ein Kind, das anscheinend als drittes in dieser Serie erscheint. Dies ist jedenfalls ein Mädchenname.

Risi, ein Knabe, der auf Opferanruf an die Erde hin geboren wurde.

Tengfisi, ein Mädchen, das auf Opfer-anruf an die Erde hin geboren wurde.

Robi oder Debi, d. h. Holz, ein Kind, das geboren ist, nachdem schon eine große Anzahl anderer Kinder vorhanden ist.



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Kuguri, d. h. Stein, ein Kind, das so hart und lebensfest werden soll wie ein Stein. Bedeutung aber unsicher.

Tenga, d. h. Erde.

Kubudu-Naba, d. 11. Kornherr.

Bila, d. h. Kleine.

Joko, ein Kind, das während heißer Kriegszeit geboren ist. Was das Recht an den Kindern betrifft, so ist Grundlage aller Familienorganisation das Gesetz, daß die der Ehe entsprossenen Kinder nach Recht und Pflicht dem Vater gehören. Kinder, die von unverheirateten Mädchen geboren werden, gehören dem Mogo-Naba, und werden im kaiserlichen Hofdienst angestellt. Ebenso gehören dem Herrscher alle aus dem Ehebruch einer verheirateten Frau entsprossenen Kinder, aber diese mußte der Mogo-Naba früher unbedingt verkaufen. Man sah die Ehebruchkinder, die "Kampiri", als ein Unglück für das Land an und sagte sogar, daß, wenn die Kampiri irgendwo durch Kacken den Boden verunreinigen, dies sehr schlimm für diese Stelle sei und daß man sie deshalb möglichst schnell außer Landes verkaufen müsse. —Übrigens ist diese Anschauung auch den zentralen Mande nicht ganz fremd, und wem ein Ehebruchkind bei den Malinke das Kleid besudelt, der eilt sich ganz besonders schnell, es gründlich mit Wasser zu reinigen, während man sonst dem Kleinkinderschmutze eine außerordentlich natürliche und harmlose Nachsichtigkeit entgegenbringt und den Satz naturalia non sunt turpia hochhält.

Bei dem Vorherrschen der Vaterrechte im allgemeinen fallen kleine Besitzrechte der Kinder an die Vatersbrüder ganz besonders auf. Der Bube kann z. B. eines Tages, wenn er unbeachtet ist, beim Vaterbruder ein schönes Messer, einen Säbel, ein Bündel Pfeile oder derartige Werkstücke der Eisenkunst entwenden und verstecken. Der Mann wird dann den Verlust entdecken, er wird böse werden, wird überall suchen und bei allen Leuten untersuchen, er wird immer zorniger, aber er findet die Sache nicht. Endlich beginnt er nachzudenken: Der Brudersohn fällt ihm ein. Der Schlingel wird geholt. Der Mann fragt: "Hast du das und das genommen?" Der Junge sagt: "Ja", und - die Sache ist erledigt. Der Vaterbruder hat nicht das Recht, das Stück zurückzuverlangen, er darf gegen den Jungen nicht einmal böse werden oder ihn gar schlagen. Der entwendete Gegenstand gehört dem Buben.

Noch weiter geht das Recht dem Mutterbruder gegenüber. Dem Mutterbruder darf der Junge sogar ein Huhn und, wenn er reich ist, auch wohl einen Hammel und, wenn er gar ein sehr großer Naba ist, ein Stück Rindvieh stehlen. Dem Jungen geschieht nichts, wenn er entdeckt wird, und der sog. Raub bleibt sein Eigentum. Die Leute, die mir in obiger Weise das Recht gegenüber dem Vaterbruder auseinandersetzten,



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schilderten mir die räuberische Verkehrsform im Hause des Mutterbruders ähnlich intim. Dessen Frau selbst spielt hier nicht selten die geistige Urheberin solcher Taten. Sie sagt z. B. zu dem auf kurzen Besuch einmal vorsprechenden Neffen: "Siehst du, das hier gehört anderen Leuten. Das hier gehört aber dem Bruder deiner Mutter. Sage aber niemand, daß ich es dir gesagt habe." Der kleine Räuber nimmt dann das, was er nehmen darf, was also dem Mutterbruder gehört, und gibt der Frau ein wenig davon ab. Gewöhnlich handelt es sich bei diesen berechtigten Diebereien um Nahrungsmittel. Jedenfalls tut man dem Buben nichts.

Mir scheint aber, daß gerade in der Verteilung der Raubgerechtsame in Gerät und Nahrungsmitteln unter Vaterbruder und Mutterbruder wichtige Formen alter Organisation gegeben sind.

Nun der Entwicklungsgang der Kinder. Die im Mossigebiete ansässigen Mande-Diula behaupten, daß die Kinder der Mossi-fing (d. h. der schwarzen Mossi) auffällig langsam aufkämen und erst viel später als die Mandevölker Geistes- und Körperkultur erreichten. Und in der Tat steht das im Einklang mit den Daten, die mir die Mossi selbst gegeben haben. Nach ihnen ist der Gang folgender: Das erste Wort amina, d. h. Mutter, wird lallend und bewußtlos mit fünf Monaten zuerst herausgebracht. In dieser Zeit beginnen die Kinder auch zu kriechen. Nach einem Lebensjahre ist das Wort ,amina' aber erst verständlich. Erst jetzt beginnen sie das eine oder andere zu verstehen und sich an Bäumen, Geräten, Hauswänden usw. aufzuwinden -Versuche, die mit vielem Fallen und Schreien verbunden sind. Mit zwei Jahren können die Kinder im allgemeinen ein wenig laufen, und damit ist der Zeitpunkt gekommen, in dem die Mutter anfängt, ihren Unterricht zu erteilen. Sie zeigt auf Dinge und Menschen und wiederholt dabei häufig: "Das ist ein Baum" oder "das ist ein Korb" oder "das ist dein Vater" usw. usw. Bei diesem Verfahren lernen die Kinder außerordentlich schnell und können sich dann nach einem halben Jahre mit ihrer Umgebung verständigen.

Wenn das Kind fünf Jahre alt ist, kann der Vater zu ihm schon sagen: "Bring mir Feuer zum Anzünden meiner Pfeife!" Das Kind kann es und führt es aus. Die Mutter läßt das Mädchen in diesem Alter Korn für Speisebereitung bringen und zeigt ihm alle Handgriffe. Das Kind begreift es schnell, wenn auch die ersten Versuche noch mancherlei Mißerfolge zutage fördern. Dann muß das Kind auch bald mit dem Wassertopf zum Brunnen und Wasser holen. Aber mancher Topf geht dabei noch in Scherben, ehe die Kleine die Kunst des Gleichgewichts auskundet. — Überhaupt ist das Erziehungsprinzip nicht ein solches, welches sich scheut, irgendeine Sache der Erziehung preiszugeben. Der Mehlbrei verbrennt, und



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so entsteht ein Verlust, der Topf zerbricht, und wieder ist es eine Besitzminderung. Aber eine alte Mandemutter setzte mir einmal auseinander, wenn man immer danebenstehe und jeden Handgriff des Kindes überwache, aus Angst, das Kind möge etwas verderben, so erhalte man sich wohl einige Sachen, das Kind lerne aber sehr langsam. So solle man das Kind sich selbst überlassen und die Sache dem eventuellen Untergange preisgeben. Dann erlerne das Kind sichere Handgriffe. Diese außerordentlich vernünftige Pädagogik, die man natürlich weniger bei armen als bei reichen Völkern findet, herrscht nach dem, was ich oben wiedergab, auch bei den Mossi in Wagadugu.

Den Knaben fällt mit sieben Jahren die erste ernste Arbeit zu. Sie müssen mit den älteren Brüdern zusammen Heu zum Dachdecken und Stroh zum Sekkoflechten herbeibringen. Da die Bündel für die Kleinen nicht viel kleiner bemessen werden als für die Großen, so erleben die Bürschlein zunächst manchen Sturz, und man sagt, daß die Buben vor dem neunten Jahre nicht so recht brauchbar seien. Im übrigen läßt der, der ein Pferd besitzt, den kleinen Jungen Heu schneiden, es dem Tiere reichen und auch sonst für seine Wartung sorgen. Wer Ziegen besitzt, läßt das Kind Ziegen hüten; der Rinderbesitzer vertraut ihm die Kälber an.

Knaben werden im Wagadugugebiete mit acht Jahren, Mädchen mit sieben Jahren beschnitten. Jeder Mossi kann das der Sitte nach ausführen, keiner besonderen Kaste liegt das ob, und jedermann ist nur bemüht, ältere geschickte und in solcher Sache erfahrene Hände für die Herrichtung seiner Kinder zu gewinnen. Das Präputium =jogongo wird möglichst weit vorgezogen und mit einem Schnitt eines starken Messers abgetrennt. Es wird in den Busch geworfen und vergraben. Sigiri, die Klitoris, wird von einer alten Frau mittels eines kleinen Rasiermessers deren Spitze beraubt und diese gleichfalls verscharrt. Diese Operation gab Veranlassung zu fröhlichen Festen und Gelagen. An einem Sonnabend abend versammelt sich die Verwandtschaft und Freundschaft eines Dorfes zu Trommelei und Tanz. Am folgenden Morgen geht die Handlung vonstatten.

Danach bleiben die Mädchen im Dorfe, für die Burschen ist aber außerhalb der Niederlassung eine kiero genannte Hütte errichtet. Dort verbringen sie mit einigen Alten zusammen die Zeit bis zur Heilung der Wunde. — Nur dann und wann kommen sie tagsüber ins Dorf, um Essen zu holen. Die Tracht besteht in einem langen Überhang, der durch Zusammennähen der Stoffe unter den Armen mit Ärmeln versehen wird. Hosen tragen sie nicht. Die Alten überwachen im Kiero die Wundbehandlung und sorgen dafür, daß kein Streit unter den Burschen entsteht. Endlich lassen sie die Jungen



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am Abend bis spät in die Nacht hinein und vom allerersten Morgen an bis in den Tag hinein den "Djelle"-Tanz ausführen. Der Djelle ist ein Platztanz. Die Jungen stehen im Kreise, wenden den Körper rechts herum, links herum, schwenken die Arme, singen. — Diese Art von Tänzen wird von einem großen Teile der Sudanvölker geübt, und es scheint ihr irgendwie eine richtige hygienische Idee ahnend zugrunde zu liegen. Mit Bestimmtheit zielen alle Maßnahmen der südlichen Stämme im westlichen Sudan, die die Beschneidung kennen, dahin, zu vermeiden, daß Errektionen der wunden Glieder die Heilung aufhalten, und wahrscheinlich ist für die an Bewegung gewöhnten jungen Körper eine Blutverteilung durch die Platztänze ein gesundes Ersatzmittel für die sonst geübte starke Übung jungsprossender Körperkraft. Auch daß man die Jungen in dieser kalten Jahreszeit in kalten Strohplattenhäusern schlafen läßt, statt in warmen Lehmhütten, zeigt Verstand. Die Burschen tragen einen Stab in der Hand. Die Rasselinstrumente, die Wasamba der Mande, fehlen hier.

Von einer hochinteressanten Sittenübung hörte ich hier. Im Osten oder Nordwesten von Wagadugu sollen Mossistämme (?) wohnen, die als Sunkuire bezeichnet zu werden scheinen. Man gibt den Familien, die die nachfolgend zu schildernden Sitten üben, den Namen sigimse (Sing.: siginga). Bei denen werden Knaben und Mädchen nach der Beschneidung drei Jahre lang in der Kiero gehalten. Die Kiero ist ziemlich weit entfernt von dem Orte - nur in großen Orten wird die Sitte geübt - errichtet. Das Kleid der jungen Leute besteht nicht wie sonst in Baumwollstoffen, sondern aus Fell oder Leder. Die Burschen werden als Bankoeng-dapa, die Mädchen als Bankoeng-paraba bezeichnet. Die jungen Leute führen während der drei Jahre eine Art Räuberleben im Kleinen und haben die Berechtigung, sich nach jeder Richtung hin auszutoben. Sie überfallen Frauen und Mädchen und sonstige schwache Leute, die umhergehen, berauben und schlagen sie. Nur dann und wann kommen sie in die Stadt, um Essen zu besorgen. In der Kiero dürfen sie miteinander liebeshandeln, soviel sie wollen, dürfen sich nach Belieben der Verliebtheit hingeben, doch besteht das Gesetz, daß kein Mädchen geschwängert werden darf. Mädchen, die in der Kiero Kinder zur Welt bringen, töten darum die Leibesfrucht sogleich nach dem Erscheinen. Manchmal heiraten sich die Paare, die sich so in der Kiero zusammenfanden, meistens aber fliegen die Neigungen nachher auseinander, wie ein aufgescheuchter Schwarm von Schmetterlingen; und wenn, wie wir gleich sehen werden, das Liebesrecht auch über die Gesetze der Ehe herrscht, so bleiben diese Liebeleien doch eben immer solche, und es werden damit keine neuen Grundlagen für familiäre oder soziale Organisation geschaffen.



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Treten wir nun in das Studium des Geschlechtslebens ein, so erscheint gleichsam als Überschrift über diesem Thema der Satz: Das Liebesleben der Mädchen ist frei. Niemand und kein Gesetz, kein Mutter- oder Vaterwort hindert sie daran, mit ihrem Körper das anzufangen, was ihnen angenehm ist. Es bestand für sie keinerlei geschlechtliche Beschränkung, auch dann nicht, wenn sie verlobt waren. Und wir werden gleich sehen, daß das gewöhnlich der Fall war, und daß die Übung des freien Geschlechtsverkehrs weit und in ausgesprochener Form in das Eheleben hineinragte.

Bei den Mossi war es in älteren Zeiten durchaus Sitte, daß die jungen Burschen sich schon mit ganz kleinen, noch lange nicht geschlechtsreifen Mädchen verlobten. Der junge Bursche, der es auf solch ein Kind abgesehen hatte, machte sich bei der Mutter beliebt. Er brachte der zukünftigen Schwiegermutter im ersten Jahre aus Hirsestroh geflochtene Türen (Sekkoplatten), nachher schleppte er Brennholz herbei. Dann schenkte er ihr 500 Kauri, ein Huhn. Hierauf gab er ihr in jedem Januar zwei Sekkoplatten und ein Huhn. Das alles geschah mehr oder weniger unbemerkt, und darum bekümmerte sich vor allen Dingen eine Persönlichkeit gar nicht, nämlich das war die angehende Erwählte selbst. Sie wuchs heran und trat in das Anfangsstadium der Weiblichkeit. Dann verliebte sie sich, liebte und kümmerte sich nicht im geringsten darum, ob die Mutter sie inzwischen an irgendeinen anderen vergab.

Wenn die Mutter eine Zeitlang diese kleinen Geschenke angenommen hatte, sagte sie wohl eines Tages zum Vater des Mädchens: "Der junge Mann da macht mir immer hübsche Geschenke, man sollte ihm auch einmal eine Freude bereiten und ihm z. B. ein hübsches Mädchen zur Frau geben." Der Vater antwortete dann etwa: "Ich habe kein hübsches Mädchen, meine Töchter sind alle häßlich."

Das war eine Redensart, die sich gehörte und von anständiger Lebensform zeugte, denn es stand einem Vater, wenn er auch noch so stolz auf seine Töchter sein mochte, nicht an, seine Töchter anders als häßlich zu nennen. Die Mutter antwortete dagegen: "Wenn du auch nur häßliche Töchter hast, so macht das nichts. Gib doch das, was wir haben, denn der junge Mann scheint es zu verdienen."

Eines Tages sagte dann der Brautvater zum Brautwerber: "Tue Asche auf den Kopf!" Wenn der Bursche das hörte, wußte er, daß er nahe der Erfüllung seiner Wünsche angelangt wal. Er sagte das, was der Brautvater zu ihm gesprochen hatte, alsbald seinen Diem-tasse. Die Diem-tasse sind die Burschen seines Alters, die mit ihm gleichzeitig erzogen und beschnitten wurden. Diese Zusammengehörigkeit erstreckte sich nicht so weit, als man bei



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anderen Stämmen findet. Sie erschöpfte sich in der Zeit, da die Burschen ihre erste Frau heirateten. Jeder Freier hatte das Recht, seine Diem-tasse zusammenzurufen. Jeder gab ihm als Beisteuer zur Brautschenkung 100 Kauri. Dann nahmen der Bräutigam und die Diem-tasse jeder eine Handvoll Holzasche und machten sich auf den Weg, den Schwiegervater zu begrüßen. Sie kamen bei ihm an. Sie warfen sich vor dem Schwiegervater auf die Erde. Sie streuten sich die Asche auf den Kopf, sprangen auf und benahmen sich wie närrisch. Einige gellten laute Schreie hinaus, andere schlugen die Erde, andere riefen: "Wir haben eine Frau bekommen! Wir haben eine Frau bekommen!"

An dem Tage brachte der Bräutigam im Hause des Schwiegervaters allerhand Geschenke dar. Der Hausverwalter - das war zuweilen der Sklavenaufseher, zuweilen auch ein Schwager erhielt 1000 Kauri. Dem jungen Schwager wurden 500 Kauri zuteil. Den reichsten Schatz aber erhielt der Großvater väterlicherseits. Der bekam nicht weniger als 10000 Kauri. Es ist aber noch nicht gesagt, daß der junge Mann an diesem Tage schon seine Braut einholen kann. Er muß warten, bis sie groß genug ist, Kinder zu gebären, und bis dahin kann sie sich einen oder, wenn der auch abgetan ist, noch einen zweiten Liebhaber anschaffen. Ist die Erwählte aber genügend entwickelt, so bringt der Bräutigam dem Schwiegervater einen Hammel, ein Huhn und 1000 Kauri, fordert seine Frau, nimmt sie und führt sie in die Saka (das Gehöft der Sippe) seines Vaters oder Bruders, in der ihm jetzt ein eigenes Haus errichtet worden ist.

Etwa 12 Monate blieb das junge Ehepaar in dem Gehöft des Mannes. Dann, zur Zeit des Basagafestes, nahmen sie ein Huhn, 200 Kauri und ein Türsekko. Damit kehrten sie in das Heimatsgehöft der jungen Frau zurück und brachten die erwähnten guten Dinge der Schwiegermutter als Geschenk dar. Derselbe Besuch wiederholte sich um die gleiche Jahreszeit ein Jahr später. Diesmal bekam die Schwiegermutter nur die 200 Kauri, während Huhn und Sekko dem Vater zufielen. — Nach diesen beiden offiziellen Besuchen besuchte das junge Paar das Gehöft der Schwiegermutter (der Eltern der Frau) nur noch, wenn der Schwiegervater oder die Schwiegermutter gestorben war und wenn die Anstandspflicht es gebot, zur Bestattung zu kommen.

Dieses war die allgemein übliche Form der Verschreibung. Sie fing mit Jugendverlobung an, bekümmerte sich um die Gefühle und Wünsche des Mädchens ganz und gar nicht und war summa summarum nichts anderes als eine Zeremonialehe. Daneben - wenn auch selten genug -kamen Liebesehen vor. Ein Mädchen, das nicht verlobt war, verliebte sich, gewöhnlich auf der Reise, beim Marktgang,



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jedenfalls fast stets auswärts, in einen jungen Mann. Waren sich beide einig, so zahlte der junge Mann an den Schwiegervater eine nicht allzu hohe Summe, ein für allemal, und die Sache war kurz und bündig geregelt. — Diese Form der Ehe ward wenig geübt und war wenig angesehen. Als ich es wagte, den Mossi die Frage vorzulegen, ob diese Form der Ehe nicht beide Teile mehr befriedigt habe, ward ich ausgelacht und mir ward höhnisch auseinandergesetzt, daß bei diesen Ehefrauen die Frauen ihren Mann und umgekehrt bald über hätten und die Frauen meist mit einem Geliebten davonliefen. (Allerdings wird unter dem wohl nahen, europäischen Druck diese Eheform in Zukunft mehr entwickelt werden.)

Und das letztere will bei den Mossi etwas heißen. Ich habe oben auseinandergesetzt, daß im Wagadugugebiete die Mädchen gar nicht um ihre Meinungen und Wünsche bei dieser Gelegenheit befragt werden, daß sie aber vor der Ehe schon ihre zwei bis drei Liebhaber oder Dolleramba (Sing.: dolle) gehabt haben. Diese Dolle-Institution bleibt als Liebesventilator bei der generellen Form der Mossiehe mehr oder weniger offen anerkannt und fast stets gebilligt auch für die ersten Zeiten des Ehelebens der jungen Frau bestehen. Die sich daraus ergebenden Szenen, die mir mit großer Ernsthaftigkeit und Genauigkeit verschiedentlich geschildert wurden, bieten eine solche Fülle humoristischer Einzelheiten, daß sie fraglos zu den merkwürdigsten gehören, die das afrikanische Völkerleben bietet.

Die junge, in oben geschilderten konventionellen Formen verheiratete Frau, die, wie gesagt, schon zwei, drei oder auch wohl gar vier Liebhaber hinter sich hat, tritt nach einiger Zeit vor ihren Herrn und Gebieter mit der Frage: "Gestattest du mir, daß ich einmal heim zu meiner Mutter gehe, mich nach ihrem Befinden umzusehen?" Der junge Ehemann weiß genau, worum es sich handelt. Und doch verlangt die Sitte von ihm, daß er als anständiger und weitherziger Gatte antwortet: "Ja, reise einmal zu deiner Mutter." Die junge Frau packt ihr Bündel und geht, und der Mann seufzt und kümmert sich nicht darum, welchen Weg sie einschlägt. Er weiß Bescheid.

Die Frau sucht ihren letzten Dolle auf. Ihr letzter Liebhaber hat aller menschlichen Wahrscheinlichkeit nach sich auch inzwischen verehelicht und hat eine Pacha, eine Hausfrau, Ehegattin. Aber die wandernde junge Ehefrau, die ihren Gatten mit der Begründung verließ, ihre Mutter besuchen zu wollen, kommt jetzt als die Pogosada (Geliebte) ihres früheren Dolle (Liebhabers) zurück, und in dem Augenblicke, da sie auftritt, da sie, die Pogosada, im Hofe ihres Freundes erscheint, hört bei dem Dolle das Herrinnenrecht seiner Pacha, seiner Gemahlin, auf.

Die Pogosada begrüßt den Dolle. Der Dolle begrüßt die Pogosada.



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Dann fängt der Dolle ein Huhn, gibt es seiner Pacha und sagt zu ihr: "Bereite uns ein gutes Gericht. Diese Nacht mußt du übrigens außerhalb des Hauses schlafen." — Abends hat die Pacha ihr gutes Gericht mit Huhn und Zutaten bereitet, bringt es in das Haus, in dem der Hausherr mit seiner Pogosada sitzt und schmaust, Die Hausfrau bedient die beiden, reicht wie eine Sklavin die Speisen. Nachher trinken Dolle und Pogcsada ihre Kanne Dam, d. i. Hirsebier, aus. Ist die Pogosada sehr gut aufgelegt und durch den vergnüglichen Zustand und die Freude auf das bevorstehende Eiinnerungsfest mildtätigen Sinnes geworden, so ruft sie die Pacha herein und reicht ihr ein Schälchen Dam.

Danach betten sich Dolle und Pogosada auf dem Ehelager und sind glücklich, und dabei mag die Erinnerung an vergangene Zeiten einen bacchantischen Taumel entfesseln. Denn so trocken und materiell im allgemeinen der schwarze Mann erscheint und ist und handelt, ebenso sicher ist, daß er sentimentale Regungen kennt, und sentimentale Regungen sind verwässerte Poesie. Diese Poesie fehlt diesen Nächten nicht. — Die Pacha aber schläft als heute entthronte Herrin vor der Haustür, und auch das wieder mag dem Sinn der Pogosada ein Triumphgefühl verleihen. Auch die Negerin ist Weib - sogar sehr Weib!

Am frühen Morgen beginnt schon ganz früh der Sklavendienst der armen Pacha. Sie muß warmes Wasser bereiten und in das Haus tragen, damit die Liebenden sich waschen können. Nachher hockt sie am Herde und bereitet für Pogosada und Dolle gute Speisen, so daß die Liebenden neue Schlemmereien üben können. Doch ist der Pacha nur gestattet, aufzutragen. Dann hat sie vdeder im Hintergrunde zu verschwinden. Wenn sie sich beschwert, so zuckt Pogosada die Achseln und sagt: "Warum machst du es nicht wie ich? Hast du nie einen Dolle gehabt?" Und so geht es fort, bis die Pogosada wieder geht und den Heimweg antritt. Dann schenkt der galante Dolle ihr noch 1000 Kaurimuscheln, und für die Pacha kommt die letzte Demütigung: sie muß das Bündel der Pogosada bis zur Gemeindegrenze tragen. Dann aber ist sie von dem quälenden Geiste befreit und zieht mit dem Rechte der Ehe wieder in ihr Häuslein ein.

Und die Pogosada geht heim, dahin, wo sie auch Pacha ist, und ihr Mann sagt im allgemeinen nichts - es sei denn, daß die Gattin allzulange als Pogosada des alten Liebhabers wegblieb. In solchem Falle kracht es ein wenig. Der Mann sagt: "Ich erlaubte dir, fünf Tage wegzubleiben, und du bleibst einen Monat? Was unterstehst du dich?" Was soll er auch sonst machen? In den meisten Fällen kennt auch er diesen verspäteten Minnedienst aus eigener Erfahrung, und hat auch er seine Pacha schon, eben die vor ihm stehende



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Sünderin, gelegentlich vor die Türe gesetzt, weil eine alte Pogosada ihn besuchte.

Natürlich kommt dann und wann eine Eifersuchtsszene zum Durchbruch. Die Frau erhält wohl einmal ordentliche Schläge, aber das ist so selten, daß in Wagadugu keiner sich eines solchen Falles erinnert. Vom Hörensagen aus alter Zeit weiß man, daß hier und da einmal ein Ehegatte in ganz besonderen Zorn geriet und solchen Liebeshandels wegen das Schwert gezogen hat. Es soll auch vorgekommen sein, daß ein Ehemann sein Eherecht mit dem Lebensblut des Dolle besiegelt hat, doch war das schlimm genug für ihn. Er mußte dann die Frau, um deren Treue er kämpfte, dem Kaiser geben, und der vergütete mit dem aus ihrem Verkaufe gezogenen Gewinn der Familie des Getöteten den Menschenverlust. Doch das sind Fälle von Rechtsentscheidungen, von denen man nur noch dem Gerücht nach weiß. Keiner hat sie erlebt. Und vom Dolle etwa eine Entschädigung wegen Ehebruchs einzufordern, das wäre nach der Ansicht der Südmossi einfach lächerlich gewesen. Soviel weiß man noch: wer gegen solche Sitte anging, bekam nie wieder eine Frau.

Nicht immer war und ist es die Frau, die alte Liebeshändel wieder aufnimmt. Auch der Mann knüpft zuweilen wieder die Erinnerung an vergangenes Glück und Hoffnung auf künftige, verjüngte Liebe aneinander. Aber während die Pogosada frei und frank den Dolle aufsucht, muß er einen Umweg einschlagen. Ich hörte von zwei Arten solcher Anknüpfung.

Der verliebte Mann begibt sich auf die Wanderschaft und sucht den Marktflecken auf, auf dem er an großen Markttagen aller Wahrscheinlichkeit nach seine alte Geliebte treffen wird. Nachdem der Marktbesuch vielleicht das eine oder andere Mal mißglückt ist, trifft er sie dort.

Vielleicht trägt sie gerade Kolanüsse zum Verkaufe. Der Liebhaber erblickt sie, ruft ihr also laut und ohne Auffälligkeit zu: "Kolanüsse? Die suche ich gerade. Was kosten sie? Zeig her!" Die Frau hockt nieder, zieht das Blätterwerk, unter dem die Nüsse feucht gehalten werden, beiseite und zeigt die Früchte. Der Mann hockt vor ihr nieder. Er betrachtet die Nüsse, sucht einige große Exemplare heraus und - während nun alle Welt rundherum glaubt, die beiden verhandelten wegen der Kolanüsse, die emsig gewogen und betrachtet werden, sagt er: "Warte, ich will in einigen Tagen mein Elternhaus besuchen; dann komme ich bei dir vorüber. Ich komme in vier (oder so) Tagen." — Sie sagt: "Es ist gut!" Worauf er aufsteht, gleichgültig gähnend und sich dehnend und sagt: "Die Kolanüsse sind mir zu teuer." Dann geht er weg, sie packt ihren Kram zusammen und geht von dannen. Alle Welt aber



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denkt: Da hat sich ein Handel um Kolanüsse zerschlagen; und ist doch dabei ein Handel um Liebe perfekt geworden! Diese Leute sind eben so abgefeimte und diskrete Ränkespinner und Schauspieler, daß man es kaum glauben kann.

Eine zweite Form, sich der Geliebten zu nähern, besteht darin, daß man sich möglichst harmlos an deren Nebenfrau wendet. Wenn ein Mann mehrere Frauen hat, so nennen diese sich untereinander Pugutu.

Sagen wir, ein Mann habe zwei Frauen, die kleine A und die große B. Ein Liebhaber will sich nähern, weiß sie aber nicht anzutreffen. Da wendet er sich denn an die kleine A, schenkt ihr einige Kolanüsse und sagt: "Verzeih mir, wenn ich mich an dich wende, und erlaube mir, daß ich dir einige Kolanüsse schenke. Ich möchte aber gern einmal mit deiner Pugutu zusammenkommen. Willst du mir helfen?" Der Liebhaber kann versichert sein, daß die kleine A ihm hilft, denn hier bei den Mossi wirkt die Vorliebe der Frauen, Liebende zusammenzubringen. Wie anders die Mande! Bei denen wirkt vor allem eine zweite weibliche Triebkraft, eine Art Mißgunst, ein Streben, der anderen das unmöglich zu machen, was man selbst nicht kann und haben darf. Die Mandefrauen achten eifersüchtig darauf, daß keine Sina-mussu, keine Mitfrau etwas merke, wenn eine von ihnen eine Heimlichkeit in solchen Dingen vorhat. Wenn irgendwo ein stilles Verhältnis solcher Art blüht - und es kommt das bei dem Frauenreichtum trotz aller Sittenstrenge sicherlich doch oft genug vor -, so ist es in demselben Augenblicke beendet, da eine Mitfrau etwas merkt. (Vgl. dazu, was im Bd. IX über die Ehefrauen der Nupe zu berichten ist.) Und hier bei den Mossi tut jede Frau zur Förderung des Verkehrs ihrer Pugutu, was sie kann.

Solchergestalt spielt sich das Liebes- und Eheleben in bunten Wechselbildern ab. Die freie Liebe der Liebenden hat hier ihr Recht, auch jenseits der Ehe - aber streng wird bei der Geburt eines Kindes nachgerechnet, ob nicht etwa die berühmten zehn Mondmonde vorher gerade die Mutter "eine Besuchsreise zu ihrer Mutter" unternommen hat. Und wenn das der Fall ist, so wird der neue Erdenbürger als Kind der Frau in ihrer Eigenschaft als Pogosada und nicht als Kind der Frau in ihrer Eigenschaft als Pacha angesehen, d. h. man stellt so genau als möglich fest, ob dieses Kind ein eheliches ist oder nicht, und wenn letzteres erkannt wird, dann wird es dem Mogo-Naba übergeben, daß der es verkaufe und damit das Land vor Unglück schütze.

So äußert sich das Liebes- und Eheleben im südlichen Mossilande: die Ehe hat die Aufgabe der Kindererzeugung, die Ehe der Mossi ist eine echte Sippenehe, d. h. sie verliert wohl ihr ausschließliches Recht, wenn die Liebe naht, die Liebe kann das



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Recht der Ehe zeitweise suspendieren, aber sie darf kein Kind ersprießen lassen.

Wenn ein Mann erkrankt, so wird er in diesem Lande von seinem Bruder gepflegt, und wenn der den Leidenden einmal verläßt, um Medikamente zu besorgen, eigener Angelegenheit nachzugehen oder in Erwartung des kommenden Endes die letzten Vorbereitungen zu treffen, so treten die Schwestern und die Mutter als Sorgende an seine Stelle. Niemals aber etwa die Gattin. Besondere Ärzte gibt es unter den Mossi nicht, einer glaubt an dieses Tipa (Medikament; Plural: tip-damba), einer an jenes. Jeder sorgt seiner Idee nach und fürchtet dabei, daß die Tip-damba des anderen etwa Pewere-damba (Sing.: pewere, d. h. böse Zaubermittel gleich den Korte der Mande) sein können. Man kuriert solange man kann, man vollführt auch allerhand Zauber- und Opferdienst, aber wenn man sieht, daß nicht mehr zu helfen ist, dann genügt auch die Erkenntnis, daß jener eben sterben mußte.

Erst dem Toten gegenüber stehen der Gattin wieder Rechte zu. Den Sterbenden trägt man in das Haus seiner ersten Frau. Man bereitet gleichzeitig ein neues Gewand vor, bringt eine Ziege und ein Huhn zur Stelle. Hat der Leidende geendet und liegt er nun aufgebahrt im Hause der ersten Frau, so rasiert man ihm zuerst den Kopf, wäscht ihm dann den Leib. Hierauf legt man ihm eine kleine Hose an, und darüber zieht man das moderne, lange Beinkleid, Überhang und Mütze, alles neu hergestellte, noch nicht verwendete Kleidung. Nunmehr wickelt man ihn in eine Strohmatte, verschnürt das so entstehende Paket und geht zur Opferung über. Man hält Huhn und Ziege dem Verstorbenen hin und sagt: "Hier hast du ein Huhn, hier hast du eine Ziege als Wegzehrung." Das Huhn wird darauf nicht durch einen Messerschnitt wie sonst, sondern mit einem Schlag des Kopfes gegen den Boden getötet. Auch die Ziege wird nicht gleich in üblicher Weise hingeschlachtet, vielmehr wird ihr Kopf erst dreimal gegen den Boden gestoßen. Dann rösten die Arbeiter sich das Fleisch beider Tiere hinter dem Hofe und verzehren es. Das Herkommen will es, daß erstens kein Familienmitglied davon genießt, und zweitens, daß das Fleisch bei der Handlung nicht gekocht, sondern nur geröstet wird.

Inzwischen heben die Arbeiter das Grab aus. Es ist ein Kamin, der dem Brunnenloche gleicht, und darin ein Kanal, der sich zur Seite in der Tiefe abzweigt. Ist der Leichnam - möglichst bald nach dem Verscheiden - in den Kanal geschoben, so biingen die Frauen Wasser herbei, die Arbeiter stampfen geschlagenen Lehm und vermauern mit Lehm und Steinen den Kanalzugang. Darauf wird der Kamin zugeworfen. An Opfergaben erfolgte nur der Einwurf von 100 Kaurischnecken seitens des Erstgeborenen, "damit



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sein Vater sich Hirsebier kaufen könne". Während der Bestattung haben die Frauen daheim Wasser mit Mehl gekocht, und die heimkehrenden Arbeiter erhalten das als Getränk.

Die Mossi Wagadugus behaupten, daß jeder Tote sein eigenes Grab erhalte. Anders sei es bei den Stämmen Jatengas. Bei diesen nahm ein Grabbau mehrere Tote auf. Ist ein Mann gestorben, so öffnet man eine der Grabhöhlen, in der seit langem niemand mehr beigesetzt war und stößt die alten Knochen und Gerippe beiseite, auf daß Platz für den neuen Ankömmling werde. Wenn die Leiche untergebracht war, wurde die Höhle wieder geschlossen. Daß diese Angaben richtig sind, geht aus der Art und Verbreitung der gleich verwendeten Höhlen- und Baumgräber im Norden Jatengas hervor. Es kann nur die Frage bleiben, ob die Stämme der Wagadu-Mossi nicht auch hier und da solche Sitte üben. Denn im Westen Wagadugus ist sie auch festgestellt, und zwar in der Jatengaart. Jedenfalls ist es übrigens sicher, daß im ganzen Mossilande hier und da Baumbestattung vorkommt, wie wir sie in Ban (nördliches Jatenga) entdeckten.

Um alle Beerdigungsformen zusammenzustellen, möge zuletzt noch diejenige des Mossikaisers, des großen Naba von Wagadugu, ihrer bedeutungsvollen Eigenart nach geschildert werden. Wenn früher ein Mogo-Naba in Wagadugu starb, ward die Leiche zunächst gewaschen, dann in weiße Beinkleider und weißen Überhang gehüllt und das Haupt mit einer roten Mütze bedeckt. An den Füßen wurden Sandalen befestigt. Die Leiche blieb drei Tage lang über der Erde, und zwar wurde sie im Hause der ersten Frau des Herrschers aufgebahrt. Täglich wurde sie mit Baumbutter eingerieben Alle Leute in der Stadt und auf dem Lande waren ernst. Es fand keine Festlichkeit statt. Viele Menschen drängten sich in der Stadt zusammen. Viele weinten, und niemand wagte zu lachen. Alle hohen Würdenträger der Umgebung kamen zusammen.

Mittlerweile ward das Grab ausgehoben. Zunächst ging man mit einem runden Kamin nach unten. Davon zweigte man dann nach Süden hin einen Seitenkanal ab. Und in diesen, den Kopf nach Süden, ward die Leiche des Herrschers gehoben. Zuhinterst brachte man ein Lederkissen; auf dieses kam der Kopf des verschiedenen Herrschers zu liegen. Das Haupt lag zur Seite gewandt, so daß es auf der rechten Wange lag. Hierauf ward neben die Leiche eine Barre Salz, Kaurimuscheln, eine Holzschale mit Kolanüssen, ein Topf mit Sorghumbier sowie zuletzt ein Messer gelegt. Der Grabkamin ward nicht zugeschüttet, sondern darüber wie bei Kornurnen oder wie bei Töpfen Tonwülste übereinandergedrückt. Diese Kuppel ward aber nicht geschlossen, sondern in der Mitte verblieb ein Loch, das mit einer Steinplatte geschlossen ward.



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Der Kaiser der Mossi in WagaduguTanzender Dagombafürst (Originalzeichnungen von Fritz Nansen 1909)


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Am Grabe wurden zehn Ochsen geschlachtet und geopfert. Ihr Blut ward durch die Öffnung in der Kuppel in den Grabkamin hinabgelassen. Ebenso brachte jeder, der in Zukunft von dem verstorbenen Herrscher träumte, diesem ein Opfer dar, war er wohlhabend genug, so bestand dies in einem Ochsen, dessen Blut wieder in die Tiefe gegossen ward.

Besondere Sitten beobachteten einige Bammana, die der Bestattung jenes landflüchtigen Mogo-Naba zuschauten, der seinerzeit von der französischen Regierung entthront worden war. Er war ein etwas brutaler Herr, der nach uralter Sitte seine eigenen drei Töchter geheiratet hatte und nicht duldete, daß jemand anderes mit ihnen Umgang pflegte, und mit einer von ihnen auch ein Kind gezeugt hatte. Als er gestorben war, ward ein Pferd getötet und der Schwanz desselben um einen Arm der Leiche gebunden. Dann ward ein weißer Ochse getötet und der Tote in dessen Haut gehüllt. —

Was zum Schlusse die Erbschaft angeht, so ist der älteste Sohn des Hofherrn, des Herrn der Saka (= Sippengehöft gleich dem Lu der Malinke), nach jeder Richtung Universalerbe, der auch alle Frauen des Vaters übernimmt - bis auf die eigene Mutter. Aber der älteste Sohn ist klug genug, die Brüder und Neffen, d. h. die ihm unterstellten Mitbewohner der Saka, in guter Laune zu erhalten, und dazu genügt, daß er den Brüdern alte Inventarstücke des Harems, Frauen, die nur noch zur Arbeit und Kinderwartung verwendet wurden, überläßt. Junges Blut gibt er nicht fort. Im übrigen bleibt alles genau beim alten. Rind und Pferd behalten ihren Platz, kein Sohn, kein Weib zieht fort. Der Herr des Saka, des Gehöftes, hat gewechselt - das ist alles.

Werfen wir nun noch einen Blick in das religiöse Leben der Mossi, und zwar in eine ihrer Priesterinstitutionen, die mit den Seelen der Verstorbenen zunächst zu tun hat.



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Opferpriester und Stammeswahrsager. — Die Mossi besitzen sowohl im Norden als im Süden Priester- und Wahrsagerinstitutionen, wie ich sie in dieser Form weder im Norden noch im Westen beobachten konnte. Da die entsprechenden Sitten im Wahigujagebiete und im Wagadugulande beträchtlich voneinander abzuweichen scheinen, so mag die Anschauungs- und Sittendarstellung wieder in Trennung erfolgen.

In Jatenga, richtiger in der Hauptstadt Wahiguja, werden diese Leute Bugu (Sing.), Buguba (Plural) genannt. Es sind anscheinend stets alte, erfahrene und grauhaarige Greise, und stets setzt sich der Bestand aus den "Uralten", d. h. den von Mossi im Lande angetroffenen Tenga-Demba, zusammen. Die "Burkimbo", die Vornehmen der Mossi, werden die Leute immer gern zu Rate ziehen,



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aber in ihre Reihen einzutreten, das verbietet ihnen Tradition und das Vorrecht der Altangessenen.

Hauptaufgabe der Buguba ist die Weihe und Leitung des großen tellurischen Ernteschnittfestes, des Tido usw. Sie vermitteln den Verkehr mit der heiligen Erde. Nur sie dürfen das erste Korn schneiden, das die Tengasoba mahlen. Das große Opfer- und Orakelfest der Buguba findet für alle Ortschaften im November statt. Es hat anscheinend den Namen Tido. Hier das, was ich über den Verlauf hörte, und das, was ich an Tanz selbst sah.

Alle Buguba stehen unter der Leitung eines alten Bugu, der im Dorfe Djimu im Wagadugulande wohnt und den Titel Djim(u)-Sadena trägt. Dieser oberste Bugu, der natürlich durch und durch Tenga-Demba ist, gibt eine genaue Übersicht, an welchem Tage in diesem, an welchem Tage in jenem Dorfe das Tido gefeiert werden soll. Er selbst beginnt die lange Reihe dieser Festlichkeiten und verkündet dabei alles, was im Lande der Mossi im künftigen Jahre sich ereignen wird: Ausfall der Ernte, Kriegsfälle, Krankheitsepidemien, der Tod wichtiger Persönlichkeiten usw. usw. Er selbst läßt im Lande einige Tage vor Beginn der Zeremonien ausrufen: "An dem und dem Tage findet das Tido in dem Orte, an dem und dem Tage in jenem Orte statt." Nun der Verlauf eines solchen Festes.

Der November ist der "reiche" Monat im Mossilande. In dieser Zeit gibt es überall zu essen und - was den Mossistämmen sehr wichtig ist - zu trinken. Die Ernte ist eingebracht, die Frühlingsarbeit, d. h. die neue Ackerbestellung, hat noch sehr viel Zeit. Also kann, wenn es nicht ein Jahr der Mißernte ist, jeder Ort reichlich für Beköstigung von Gästen sorgen, besonders, da diese noch allerhand Leckerbissen als Gastgeschenk mitbringen. Sobald also die Nachricht verlautet: "In X ist am xten Tage Tido", kommt von allen umliegenden Nestern das befreundete Volk zusammen. Auch die Buguba in der Nachbarschaft machen sich auf, ihrem Amtsbruder in X bei Zelebration und Festgenuß zu helfen.

In X wird inzwischen manches Hühner- und Ziegen-, evtl. auch Rinderleben vernichtet, Essen bereitet, Bier gebraut und vor allem der Haaiaufbau vervollständigt. Am Abend um 6 Uhr wird geschlachtet und die nun folgende Nacht dem Vergnügen gewidmet. Die fremden Buguba tanzen nun schon mit Kleid und im vorgeschriebenen Zeremonialschritt, die einheimischen sparen das meist bis zum anderen Morgen auf. Sie legen ihr Feierkleid erst mit Sonnenaufgang an, und damit nimmt das Fest seine Feierstimmung an. Die Buguba tanzen den Ritualtanz.

Ich habe diesen Tanz bei Wahiguja gesehen, und ich will nicht leugnen, daß er auf mich einen feierlichen Eindruck gemacht hat,



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wie überhaupt das ganze Zeremonial etwas Würdiges und Achtunggebietendes hat. Der Tanz bei Wahiguja wurde von zwei alten Buguba ausgeführt.

Der allgemeine äußere Eindruck erinnerte an die Tracht der Hottentottenweiber. Zunächst ist zu bemerken, daß die gesamte Grundlage der Maskenkleidung nicht aus Pflanzenfaserstoffen, sondern aus Leder bestand. Eine feste, starke Lendenschnur; ein Schurzfeil hinten, wie es unsere Bergleute tragen; des ferneren ein dickes Wams; ein Kopfputz, dicht mit Kaurimuscheln besetzt, den vorn noch ein mächtiger Marabutkopf und aufkiappender Gesichtsschirm schmückt; an den Armen Wedel für magische Zwecke, allerhand Schwänze; an den Fingern schwere eiserne Schellen; unter dem Marabutkopf und Augenschirm ein weißhaariger alter Kopf; solche Gestalt kann nicht leichtfertig tanzen wie ein junger Fant.

Hat der Marabutkopfauf dem Helmspitz dieser Leute eine symbolische Bedeutung? Fast möchte ich es annehmen. Sie springen oder gehen nicht, sie schreiten und staksen im Tanztakte.

Sie sind ernst und würdig, nicken und stehen gebückt da, gleich Stelzvögeln, wenn sie ausruhen. Sie blicken ernst zu Boden, stehen sinnend, den Kopf zur Seite neigend.

Wenn an dem besagten grauen Oktober- oder Novembermorgen nun unsere beiden (oder mehr) Buguba einhergestelzt sind und so in Glieder und Kopf ein wenig warm wurden, dann wird das Hühneropfer gebracht, geschlachtet, hingeworfen, beobachtet usw. Die beiden Buguba schauen in marabutischer Vogelstellung zur Erde, schlagen ein wenig gegen die schweren Eisenglocken, sie wiegen Kopf und Körper ein wenig hin und her und murmeln dabei die Namen der ganzen Herrscherreihe herunter, mit Uidi-Laogo (oder Rogo) beginnend und mit dem gegenwärtigen Mogo-Naba schließend. Dieses Zeremonial der Namensableserei hat wohl nicht für viele Leute Interesse, ein besonders großes aber für die Ethnologen, Ethnographen, Historiker, die hier derart petrifizierte Stammbäume antreffen und demnach Maßstab und Gliederung für Zeitereignisse und Zeitabschnitte im Kern des westlichen Sudan sammeln können. In jedem Orte, in dem ein Geschlecht der Burkimbo herrscht, wird so im Gedächtnis der Buguba das ortszugehörige Herrscherregister an diesem Tage gezogen.

Während dieser Liturgie zappelt das arme Huhn seine letzten Zuckungen und verendet schließlich. Liegt es nun tot auf dem Rücken da, so bedeutet das ein gutes Jahr, während die Brustlage schlechte Zeiten vorhersagt. Aber die Buguba sind "gute" Menschen. Sie lieben es nicht, ihre Dorfgenossen mit traurigen Vorhersagungen zu deprimieren. Wenn also das erste Huhn schlecht fällt, so heißt es einfach, das könne nicht gelten, denn es habe dann und



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dann der und der Dorfbewohner einen Streit angefangen, und das stimme die Gunst des Schicksalssprechers zu einer Drohung. Also ein zweites Huhn wird, nachdem auf das erste Huhn ordentlich gespuckt ist - für dieses sehr bedeutungsvolle und interessante Speien wollten die Leute keine Erklärung geben -, geschlachtet. Die Litanei hebt von vorn an. Oftmals liegt kein richtiges Glück in den Hühneropfern, dann gibt es noch eine Erklärung: Eine Kima oder mehrere Kiemsi sind unzufrieden, weil sie sich vernachlässigt fühlen. Die Kiemsi (Sing.: Kima) sind die Geister des Verstorbenen. Sie haben anscheinend einen außerordentlich starken Einfluß auf das Schicksal und so wird denn dieses Hilfsmittel häufig benutzt. "Es muß erst dem Vater dieses oder jenes Mannes ein Huhn (oder eine Ziege) geopfert werden." So lautet dann der Machtspruch der Bugula.

Aus alle diesem Hin- und Herreden ergibt sich dann der Ausblick ins neue Jahr, Beseitigung hinderlicher Folgen, schlimmer Vernachlässigung der Ahnen, Stillung von Zwistigkeiten usw. usw. Das Prognostikon für das Jahr wird gelesen - das ist die wesentliche Sache, Angelegenheit der Toten.

Leider ist das alles, was ich von diesem Bogubazeremonial sah und hörte. Es bezieht sich nur auf das Tidofest, das die Tenga-Demba feiern, und das gewissermaßen das Neujahrsfest dieses alten Volkes ist. Und wie unsere ländlichen Altvordern Blei gossen, Pantoffeln warfen und vielerlei aus kleinen Ereignissen der Jahreswende herauszulesen wußten, so hören und sehen die Tenga-Demba auf das, was die Buguba aus Huhn und Erde am Tido herausorakeln.

Ist jenes Fest im November, so ist das Opferfest der eigentlichen Mossi im Dezember. Es heißt Filiga und ist angeblich das einzige Orakelfest der Mossi Jatengas. Die Buguba sollen dabei auch eine Rolle spielen. Die Tenga-Demba Jatengas haben dagegen noch ein Opfer- und Orakelfest, das ist das Bega, das im Januar anschließend, ohne Hilfe der Buguba, gefeiert wird.

Im Wagadugugebiete führt die Bugubagesellschaft einen anderen Namen, nämlich: Plural: Bagaramba oder Bagaba, Sing.: Bagare. Die Darsteller entstammen hier jenem uralten Volke. Man versichert aber, daß es (im Gegensatze zu dem Tenga-Demba) richtige Mossi seien und kein unterworfener Stamm. — Einmal bekam ich einen Bagare zu sehen, der bei leider nur flüchtiger Inaugenscheinnahme (er drückte sich allzuschnell seitweits in den Busch)im Kleide vollkommene Übereinstimmung mit dem Bugu aufzuweisen schien.

Das Filigafest wird in Wagadugu anscheinend nicht getanzt. Das Hauptzeremonial der Bagaramba findet statt bei folgenden Gelegen-



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heiten: i. bei der Krönung eines neuen Königs und 2. beim Bagaraga genannten Feste. Das Bagaraga ist das jährliche, herbstliche Erntefest. 3. Wenn ein Mann vom Blitz erschlagen wurde, dann kommen sie zusammen und suchen den Saga-uare, den Blitzstein, der jenen tötete. Wesentlich ist es, daß ich hier wenigstens einiges über den Werdegang und den inneren Zusammenhang dieser Propheten zu hören vermochte.

So viel ist, glaube ich, sicher, daß die Bagaba sowohl stammesgemäß als auch sozial eine Genossenschaft bilden, der an sich alle Familien- resp. Sippenmitglieder angehören, wenn auch unter diesen vielen nur wenige zur Würde eines zelebrierenden Propheten emporsteigen. Die Neuernennung oder Einsetzung oder Entdeckung eines neuen Mitgliedes erfolgt in sehr origineller Weise: Im Gehöft der Bagaba existieren zwei Töpfe, von denen man den einen als Vertreter des anderen, der eigentliches Heiligtum ist, bezeichnen kann. Der erstere steht im Hause und am Lager des Uafugu-Naba, d. i. der Oberherr aller Bagaramba. Er ist mit Wasser gefüllt und wartet auf den Augenblick, da der eigentliche heilige Topf zerschellt. Das aber geschieht bei zwei Gelegenheiten.

Der eigentliche heilige Topf, der Bagaba-tibo, hängt an einer Schnur von der Decke eines kleinen Häuschens herab. Wenn ein großer Bagare, ein Uafugu-Naba stirbt, so rasiert man der Leiche den Kopf. Die Haare werden in den zweiten Topf getan und Wasser darauf gegossen. Dann wird der alte Bagaba-tibo zu Boden geworfen und zerschellt. Der zweite hat durch die aufgenommenen Kopfhaare des verstorbenen Schamanen heilige Kraft angenommen und wird jetzt der neue Bagaba-tibo. Wenn das große Opferfest, das Bagara ist, dann taucht der zelebrierende Uafugu-Naba seine Hand in den mit dem Haarwasser gefüllten Bagaba-tibo und streicht sich die Feuchtigkeit über den Kopf. Dadurch geht anscheinend die Weihekraft des verstorbenen Uafugu-Naba auf ihn über.

Zum zweiten aber ersetzt der zweite Topf das hängende Heiligtum, wenn bei der Weihe eines Bagarefamiliengliedes zum Hohenpriester der alte Bagaba-tipo zerschellte. Einmal nämlich im Jahre versammeln sich die Erstgeborenen des Bagaramba unter diesem Heiligtume. Wenn gerade ein gewöhnlicher Bagarepriester oder gar der Uafugu-Naba gestorben ist, dann stürzt während der Versammlung das Bagaba-tibo herab auf einen in der Versammlung, und das ist dann gleichbedeutend mit dessen Priesterernennung. Während nun einige Priester die beim Zerschellen des Bagaba-tibo herumgeflogenen Haare des letztverstorbenen Uafugu-Naba auflesen und in den zweiten Topf werfen (worauf dieser selbst Bagaba-tibo wird und die Stelle des alten Heiligtums nun annimmt), rast der neuernannte Priester gleich dem Lagam der Habbe in den Busch



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und ist ganz von religiösem Wahnsinn befallen. Sobald dem Bendere-Naba (Erztrommel- und Registraturchef des Kaisers) das mitgeteilt wird, geht der mit seinen Kameraden trommelnd in den Busch und bringt so dem neuen Priester eine Ehrung dar, worauf dessen wirre Geistesbeschaffenheit sich schnell ändert und prophetisch klarblickendem Schamanentume Raum gibt.

Der größte Augenblick der Bagarambafestlichkeiten und Würde tritt ein, wenn der Mogo-Naba gelegentlich des Bagaraga (Bagarasa oder Basaga) nach dem Verlauf des kommenden Jahres fragt. Der Oberpriester bringt dazu die Bagakuga, seine Würfelsteine, zwei oder drei oder sechs, mit. Es kamen in alter Zeit zum Bagaraga eine große Zahl von Bagaramba. Das hat in den letzten Jahren nachgelassen, doch konnte oder wollte man mir nichts Näheres darüber sagen.

Das Bagarasa war das Fest, an dem nach der Ernte, d. h. nach Vollendung des Jahres, der Eingang in einen neuen Zeitabschnitt gefeiert ward. Man wollte dabei über die Unsicherheit der Zukunftsbegriffe wegkommen, und der erste, der sich naturgemäß an die prophetische Gabe des Schamanen wandte, war der Mogo-Naba, der Kaiser. Der pflegte sich erst zu vergewissern, ob die prophetische Kunst des Bagaramba auch unbeirrt sei, und zu diesem Zwecke wandte er einen Kunstgriff an.

Der Mogo-Naba pflegte kurz vor Beginn des großen Festes durch einen seiner Sogone (Pagen) einen Armring oder so etwas verstecken zu lassen. Das wurde aber keinem Menschen sonst verraten, und der Kaiser sah die hellseherische Gabe des Bagare darin, daß er ohne jede Anregung von außen zu der Kenntnis der Sachlage kam und von selbst merkte, daß der Kaiser einen Gegenstand versteckt hatte und daß er ihn suchen müsse. Jeder der heiligen Leute, der herantrat und seinen Tanz ausführte, ohne nach dem versteckten Ringe sogleich Ausschau zu halten, ihn zu holen und dem Mogo-Naba zu bringen, mußte abtreten und galt dem Herrscher als nicht genügend geistgefüllt. Einer nach dem anderen mußte diese Probe bestehen.

War der Scharfsinnige gefunden, dann ward dem die Aufgabe erteilt, die Opfer festzustellen und zu leiten. Der Schamane erkannte dann aus divinatorischer Erhellung heraus, welche Opfer notwendig seien, um den drohenden Unglücksfällen des kommenden Jahres vorzubeugen, und er bestimmte, ob Hühner, Schafe, Ochsen usw. zur Beschwichtigung dieser oder jener Geister notwendig seien, und forderte vor allen Dingen Opfertiere für die Kimse (Sing.: kum), das sind die Seelen der Verstorbenen, damit diese kein Unglück anrichteten.

Wollte der Mogo-Naba dann noch eine bestimmte Sache wissen,



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so tanzten die Bagaramba ihren religiösen Tanz, richteten ihre Augen stier gen Himmel, rührten, auf der Stelle bleibend, die Beine und gaben dann wie aus entrücktem Zustande heraus ihre Antworten. War der Herrscher befriedigt, so konnten die übrigen Leute die Bagaramba um Offenbarungen angehen. Jeder nahm sich dann den von den Schamanen beiseite, zu dem er das größte Zutrauen hatte, und der Bagara gab seine Auskunft nach Befragung des Baga-kuga, der Orakelsteine, oder des Bugu-baga, des Orakels. Diese beiden Einrichtungen spielen überhaupt bei ihnen eine größere Rolle, und schon ehe sie vor den Kaiser traten, setzten sie sich mit den beiden Orakelformen in Verbindung. Immer wieder kehrt aber in ihren Auskünften eine feststehende Sache, "die Seele der Verstorbenen", wieder. Dieser Begriff muß für alle Anfragen herhalten. Arme Verstorbene, was hat hier eine schlaue Priesterschaft schon alles in eurem Namen aus dem Beute! der Gläubigen herausgezapft!

Aber nicht nur in harmloser Opferforderung ergingen sich diese Propheten. In alten (?) Zeiten forderten sie auch Menschenopfer! —So ward der Kaiser häufig oder regelmäßig -die Angaben widersprechen sich -aufgefordert, eine Grube auszuheben und ein hellfarbiges Mädchen sowie einen Ochsen darin zu versenken, die Grube zu füllen und über dem so geheiligten Raume seinen Sitzplatz einzunehmen. Oft auch verlangten die Propheten noch andere Opfer. So wurde anscheinend regelmäßig im Heiligtume Nogoma, im Dorfe gleichen Namens, ein Mensch für die Seele des verstorbenen Kaisers geopfert. Zumal auf dem Grabe des in Nordlanden bestatteten Kaisers Ubri (siehe Bd. V) wurden alljährlich ein oder mehrere Fulbe getötet. Ein zweiter, gleicher Platz für jährliche Menschenopferung war unter einem Baume auf dem heutigen Marktplatze in Wagadugu. Auch hier kamen nur Fulbe in Betracht. Die Tötung der Individuen erfolgte mit drei Keulenschlägen, von denen der eine auf den Nacken, der zweite auf die Brust, der dritte auf den Rücken fiel.

Ich betone nochmals, daß allen Angaben nach die geopferten Menschen "helle" Menschen oder "Fulbe" waren. Und dem entspricht die tiefe Stellung und starke Gemischtheit der Fulberasse im Mossilande. Es war hier immer ein verfehmtes Volk.


Aus dem Volksglauben der Mossi (Manismus).

Von Uende-Naba, dem eigentlichen Gotte, weiß der Mossi so viel wie nichts. Nur Redensarten über seine Allmacht usw. usw. kennt er, vielleicht auch einige Mythenbrocken, aber davon vernahm ich wenig. Desto mehr vernahm ich von dem Ahnendienste, dem Glauben an die Existenz der Totenseelen usw., dem Manismus.



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An geistigen Kräften, die den menschlichen Körper beleben, kennt der Mossi Wagadugus anscheinend die drei gleichen wie Malinke und Bammana. Das sind:

i. Das Leben: Bei Mossi: Bei Malinke: Bei Bammana:
                      wussu, ni oder dunarukulung,
             dunanotege,
2. Die Seele: nintule, gia, dja,
3. Das Denken: tagasugo, miri, itaschi.

Unter diesen ist Tagasugo anscheinend die Traumbilder gebende Kraft und Wussu diejenige, deren Existenz aufhört, wenn der Mensch stirbt, wogegen Nintule, die Seele, ewig ist.

Nach der Anschauung der Wagaduguleute, die außerordentlich reich ist in diesem Punkte, gibt es zwei Aufenthaltsorte für die Kimse (Sing.: kum), das sind die Seelen der Verstorbenen. Der eine Platz heißt Pilimpiko und liegt im Nordwesten, der andere im Süden: Sakure.

Pilimpiko existiert nicht nur als mythologischer Platz, sondern auch als ein großes Dorf, das allgemein bekannt ist. Es liegt im Gebiet des Scham-oaba, und zwar zwischen drei Bergen, und in oder unter diesen drei Bergen leben die Verstorbenen. Der Herr der Toten daselbst heißt Teng~soba~Naba*. Auch Sakure existiert. Es wird als ein großes Loch (oder Tal?) nahe der Volta im Gebiete des Tudu-Naba geschildert, und zwar wird hinzugefügt, daß dieser Volta dort genau die Grenze zwischen Mossi und Gurunsi darstellt. Also ist der Seelenwohnort Sakure der letzte Platz auf Mossiboden nach Süden zu. Über die Seelen der Toten in dieser Erdhöhlung herrscht Jakuri-Naba, der ebenso blind ist wie seine Frau. Von diesen beiden Plätzen erzählte man nun allerhand interessante Einzelheiten.

Das Wesentliche aber ist der große soziale Unterschied: nach Sakure kommen die Seelen (kimse) der verstorbenen Angehörigen der Kaiserfamilie, der Leute aus dem Stamme Uidi-Rogos, nach Pilimpiko, die Toten (kimse) der Leute des Volkes, der alten Stämme. Der erste Tote, der nach Sakure ging, war angeblich Naba-Ubri. Aber nach Pilimpiko sind die Seelen der anderen lange vorher schon gegangen.

Jedes Jahr feiert man für jedes der beiden großen Totenlager ein Fest. Dasjenige für die Seligen von Pilimpiko wird im November gefeiert und heißt Sigim-dara. Tagsüber feiert das Volk im Busch. Da ist es wie ein großes Marktfest. Die Armen bringen Hirsebier 

* Dieser Tenga-soba ist der gleiche wie der schon genannte Tansoba-naba (vgl. Bd. V); der Tenga-soba gab vordem auch die Anregung zum heiligen Kriege, und dadurch behielt er etwas Kriegerisches an sich.


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und allerhand Fleisch und Kornspeisen hin, und die Reichen kaufen. Man ißt, man trinkt, man musiziert, man ist allgemein vergnügt, und abends zieht alles nach Wagadugu, tanzt vor der kaiserlichen Hofburg, zieht dann zum Tansoba-Naba und jubelt da die ganze Nacht hindurch. Der Tansoba-Naba muß also wohl in ganz besonderem Verhältnis zu den Toten von Pilimpiko stehen.

Das Fest für Sankure heißt Nguka und wird im Maimonat begangen. Das ist eine schlechte Jahreszeit. Es gibt nichts Rechtes zu essen mehr. Das Fest für die Totenstadt der Vornehmen ist viel ungünstiger gelegen als das für die Volksleute, die die beste Jahresernte nutzen können. Es herrscht im Mai Dürre. Aber viel Schlemmerei benötigt die vornehme Welt nicht zu diesem Feste. Es ist vielmehr sehr bemerkenswert, daß die Mossiadligen ihr Totenfest als - Jäger feiern. Sie ziehen nach Süden in die reicheren Jagdgebiete und suchen hohes Wild zu ergattern. Wenn eine schwere Antilope, ein Elefant oder so etwas erlegt ist, ist der Jäger zu einer wiederum sehr bemerkenswerten Abgabe verpflichtet. Er muß nämlich eine Keule an die Leute von Pilimpiko senden. Diese geben als Gegenleistung einen Hahn und ein Huhn, von denen das erstere für den einäugigen Herrscher, das zweite für dessen ebenso einäugige Gattin bestimmt ist. Beides wird mit Sachabo-Brei und Fleischstückchen vom Jagdwild in die große Grube Sankure geworfen.

Wenn ein Menschenkind geboren wird, sei es im Volke, sei es im Adel, so ist das immer die Wiederkehr einer Kum, für ersteres aus Pilimpiko, für letzteren aus Sankure. Überhaupt stammt aus den beiden Totenreichen aller Nachwuchs, aller Vermehrungssegen, gute Ernte und Gesundheit. Aber auch das Schlechte kann daher kommen, wenn die Menschen nicht beizeiten das Wohlwollen der Kimse durch Opfer und Feste zu fesseln wissen. Unter den Hofzeremonien spielen noch eine ganze Reihe anderer manistischer Feste eine bedeutsame Rolle.

Für den Adel kommt aus Sankure auch jede Todeswarnung. Irgendeiner aus Uidi Rogos Familie sieht im Traume den Jakuri-Naba, und der sagt ihm, daß der und der sterben würde. Der das träumte, sagt es sogleich dem zum Tode Verdammten, und dieser muß den Ahnen gleich ein gut Stück Vieh opfern, von dem aber der, der geträumt hat, nichts genießen darf. Oft streckt das die Lebensspanne noch einmal. — Gar häufig teilt schon ein Jahr nach dem Hinscheiden eines Adligen der Jakuri-Naba der Familie mit, daß die Kum der Toten in Bälde wiedergeboren werden würde. Er tut das mit den Worten: "Ich gebe ihm kein Wasser mehr in Sakure. Er kehrt zu euch zurück."

Ahnenfiguren gibt es im Wagadugugebiet nicht.



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Nun noch einige Notizen aus Wahiguja. Dort glaubt man, daß Kibiri Kullugu, ein Dorf im Süden Jatengas, der Aufenthaltsort der Seelen der Verstorbenen sei. Allerdings kehre jede Seele jedes Jahr einmal in ihr Dorf zurück; deshalb feiere man das Tiligafest. Bei diesem zählt man die Zahl der Ahnen auf und opfert -seitens des Adels - für jeden ein Huhn oder für alle einen Ochsen. Auch sonstige gute Sachen werden dargebracht, und man hofft, daß derart die Toten abgehalten werden, Schlechtes zu tun. Ahnenfiguren werden auch hier nicht hergestellt, aber in alter Zeit gab es bei Wahiguja ein paar Wangomasken, deren eine zwischen den Hörnern eine Männer- und eine Frauenfigur darstellte. Vom Tanz dieser Geschlechtsmasken erwartete man Familienfruchtbarkeit.

Wenn jemand in Jatenga erkrankte, so brachte er der "Gottheit" Opfer dar. Er ruft dabei Uendo (Himmel) als Gottvater, Tenga (Erde) als Gottfrau an, ruft aber auch alle bekannten Ahnen an, gibt einige Hühner als Opfer und bittet, daß Uendo, Tenga und die Ahnen ihm nichts Böses antun sollen. Eine klare tellurische Weltanschauung!

Zaubermittel. Gleich den Mandestämmen haben die Mossi verschiedene Arten von Abwehr.. und Angriffswaffen geistiger Natur, die etwa nach folgendem System eingeteilt werden können: i. Djussong-tiga entsprechen den Kirsi der Bammana (vgl. Bd.VII). Eine gute Definition vermag ich nicht zu geben, da auch die besten Dolmetscher in diesem Punkte versagten, und aus ihrem Wortschwall glaube ich nur entnehmen zu müssen, daß es sich um Fluchzauber handelt, die durch Blasen eines Pulvers oder Ausstoßen im Winde in der Richtung auf die angegriffene Person, verbunden mit dem Ausspruch von Fluchsätzen, in Bewegung gesetzt werden. 2. Paewere und Diwere entsprechen den Korte der Bammana. Es sind mehr Vergiftungszauber, die in realer oder mystischer Form dem Gegner beigebracht werden. In ersterer Hinsicht ist hier auch die berühmte "Nage" (Übertragung) zu erwähnen. Das wirkliche Gift wird unter den Daumennagel gebracht und der Daumen harmlos (nach Negerart) in das Getränk getaucht, wenn es dem Gegner überreicht wird. Die mystische Form der Übertragung erfolgt auch hier, indem mit einem kleinen Zauberbogen (oft mit Eisensehne) das Gift in der Richtung auf das gehaßte Individuum geschleudert wird. 3. Die Tim entsprechen den eigentlichen Baschi der Bammana. Man trägt die Tim am Halse, um den Arm, sie hängen in der Hütte, sie liegen als Häuflein Steine umher usw. Wir wollen wenigstens einige solche Tim, ihre historische und sinnliche Bedeutung betonend, schildern.

Sigilli oder Sigirre sind zwei ca. 50 cm hohe Erdhügelchen, die sich im Gehöfte des Mogo-Naba befinden, und zwar ist eines im



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Hause der ersten Frau, eines im Hause des Herrschers aufgerichtet. In jedem ist ein Eisen angebracht. Alljährlich werden diese Sigilli mit Opfern bedacht, und zwar bekommt das Sigilli im Kaiserhause Hahn, Perihuhn und Huhn. Der Hahn ist für den verstorbenen Kaiservater bestimmt, das Perlhuhn ist für die Kinkirsi, das Huhn für Glück, Gesundheit des Kaisers selbst bestimmt. Das Sigilli im Hause der ersten Frau des Herrschers erhält nur Perihuhn und Huhn. Beide Tiere dienen gleicher Fürsorge. — Des Näheren danach befragt, warum den Kinkirsi gerade geopfert werde, und aus welchem Grunde man hierfür Perihühner für geeignet halte, ward angegeben, daß die Kinkirsi Familienvermehrung wünschten. Das Perlhuhn hat aber einerseits auch viele Kinder und andererseits so viele Flecken in seinem Federkleide, daß das der Vielheit der erhofften Sprossen symbolisch durchaus entspreche.

Tibo ist ein zweites großes Tim, das beim Naba aufbewahrt wird und das seinerzeit der große Naba Ubri vom Tonso-Naba empfing. Es besteht in einem großen, mit Flüssigkeit gefüllten Topfe. Seine Anwendung tritt in Kraft, wenn ein neuer Mogo-Naba ernannt ist. Dann ruft der Ballum-Naba alle Mitglieder der Königsfamilie zusammen, die etwa als Kronprätendenten in Betracht kommen könnten. Mit einer langen Löffelkalebasse schöpft er aus dem heiligen Topfe. Er reicht die Kalebasse dem ersten. Der schwört: "Ich verpflichte mich, nichts gegen den Mogo-Naba zu unternehmen." Er trinkt und gießt den Rest, der in der Löffelkalebasse enthalten ist, über Kopf und Rücken. So muß einer nach dem andern vom Tibo zu sich nehmen.

Tenkuguri ist ein weitverbreitetes Tim historischer Bedeutung. Im Bd. V berichte ich, wie seinerzeit der Naba Ubri gestorben und wie er dann (wie mir der Name in der neuen Verfassung genannt wird), Suma, gestohlenworden sei. Damals - erzählte die Sage - suchten die Leute lange vergeblich nach der kaiserlichen Leiche, bis endlich eine alte Frau mit Namen Anjando die Grabstätte verriet. Zur Erinnerung hieran wird jährlich, Ende Januar, vom Kaiser ein Fest mit Namen Tense auf einem kleinen, Tantibo genannten Hügel abgehalten. Dieser Berg liegt im Nordosten Wagadugus und gegenüber der Stelle, an der Ubri und Anjando dicht beieinander bestattet sind. Am Tense-Feste opfert der Kaiser auf dem Tantibo zwei Hühner und fragt die alte Anjando, ob er das kommende Jahr noch überleben werde. — Was der Mogo-Naba auf dem Tantibo verrichtet, machen die meisten Menschen im eigenen Gehöft. Die meisten Leute haben sich vom Berge Tantibo einige Stücke Erde geholt und diese heiligen Bestandteile als Miniaturhügelchen im eigenen Hofe angelegt. Dieses Häuflein heißt Tenkuguri und über ihnen verrichten die Leute ihr Opfer. Wir werden



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sehen (unter Orakel), daß die Tenkuguri noch andere Verwendung finden.

Kubodogo ist ein Zaubermittel, das Schutzkraft besitzt und prophylaktisch bezeichnet werden kann, denn es soll etwaige Schlangenbisse unmöglich machen. Es wird aus einer gewissen Baumwurzel gewonnen, die man schabt und kocht und drei Tag lang ohne anzurühren in der Ecke stehen läßt. Will jemand vom Besitzer nun eine genügende Dosis erwerben, so bringt er dem ein Huhn und erhält eine kleine Schüssel voll des Dekoktes. Hat der Mann, der solche Flüssigkeit, genannt Kubodogo, erworben hat, nun vor, auf die Jagd und in schlangenreichen, steinigen Busch zu gehen, so trinkt er ein Schälchen davon und gießt sich den Rest über den Körper. Derart vorbereitet, glaubt er, daß auch der Biß der gefährlichsten Schlange ihm nichts anhaben kann.

Sibega (oder Sebacha) ist ebenfalls ein aus einer Baumwurzel hergestelltes Medikament. Am schwierigsten ist bei seiner Herstellung die Feststellung der richtigen, d. h. für die betreffende Persönlichkeit gut wirksamen Baumwurzel. Denn als Sibega eignet sich für jeden Menschen eine andere Baumwurzel. Die Baumwurzel muß dem Suchenden drücken wir es so aus -gewissermaßen wohlwollend gesinnt sein. Eine solche, eine wohlgesinnte Baum- wurzel herauszufinden, das ist die Schwierigkeit. Der Suchende greift auch hier, wie so häufig, zum Hühnerorakel. Er schlachtet an der Baumwurzel ein Huhn. Rückentodeslage ist günstig, Brust lage sagt, daß die Wurzel nicht wohlwolle. Hat man die Wurzel gefunden, so trocknet man sie und schält sie und hebt sorgfältig das Pulver auf. Man streut davon jedesmal in eine Speise, wenn man fürchtet, sie könne vergiftet sein.

Salculli oder Sakurri ist ein Tim, das aus einer bestimmten Holzkohle besteht. Es schützt gegen Blitzschlag und gegen Blitzschlag im Gehöft. Man kauft es gegen ein schwarzes Huhn beim Schmiede.

Paem-tiga wird von allen Mossi stets angewendet, denn seine schützende Kraft wehrt besonders die grausame Wirkung der giftigen Pfeilschüsse ab, die nicht selten in diesem Lande fliegen. Wer es herstellt, hat vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß keine Frau in der Nähe ist oder gar der Opfer- und Zauberwasserherstellung zuschaut. Dann werden über einem Topfe eine Ziege (und wenn man keine solche hat, ein Hund als Ersatz) und ein Huhn durch Halsschnitt getötet und deren Blut sorgfältig aufgefangen. In dem Timjure wird das Opferblut mit Wasser zusammen gekocht. Nach gründlichem Aufkochen stellt man den Topf beiseite und darf ihn während drei Tagen nicht ansehen und anrühren. — Wer nun Paem-tiga haben will, kauft bei einem mit dessen Herstellung wohlvertrauten



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Meister für ein Huhn ein Schälchen und reibt sich damit den Körper ein.

Nin-dita ist angeblich das Zaubermittel des Schoiba, das diesem die Möglichkeit verleiht, sich zu verwandeln. Ich habe über diese Vampyrgeister oben gesprochen und habe der Ansicht breiten Raum gegeben, derzufolge im allgemeinen die Männer Inhaber dieser bösen Zauberkenntnis sind. Es wird hier Zeit, hinzuzufügen, daß verschiedene Geschlechter, und zwar alte Geschlechter, der Ansicht sind, daß die Inhaberinnen der Schoibazaubermittel, der Nin-dita, im Wagadugugebiete und in Gurunsi nur Frauen, in Bussenga aber nur Männer sind. Dieser Unterschied wurde mir verschiedentlich stark betont. —Wer nun das Nin-dita im Gurunsi zu erreichen und damit Mitglied dieser menschenfressenden Gesellschaft zu werden wünscht, muß sich hinter ein altes Weib stecken, muß sich beliebt machen durch Holztragen, Wassertragen, Kornstampfen usw., bis sie ihm etwas von dem Medikament überläßt, das ihm ermöglicht, sich zu verwandeln.

Orakel und Ordale. — Die Schicksaisbefragungen beherrschen die Anschauungswelt der Mossiländer. Besonders in älterer Zeit wurde kein Schritt im Leben unternommen, ohne daß man sich über seine Folgen oder die damit etwa zu gewinnenden Ausblicke durch ein kleines Orakelchen informiert hätte. Die Orakelkünste waren im Privatgebrauche so gang und gäbe, daß es mir damit zu erklären scheint, wenn die bei anderen, hiesigen Völkern so entwickelte Kunst des Prophetentums und Schamanismus bei den Mossi zurücktritt. Ich berichte hier über einige der wichtigsten Orakel.

Mando ist das einfache Hühnerorakel. Es ist so beliebt und wird so häufig angewendet, daß es in manchen Mossigebieten für den Fremden schwer ist, ein Huhn zu bekommen. Die Leute brauchen eben ihre Hühner selbst. In allen Fällen bedeutete die Brustlage des nach Halsschnitt und Todeszappelei verendeten Huhnes das Schlechte, die Warnung, Feststellung eines angeklagten Übeltäters usw., die Rückenlage dagegen guten Ausgang eines projektierten Unternehmens, Unschuld eines Angeklagten usw., also das Gute.

Bihirribarre ist das Erdorakel, das Keniella der Malinke. Ich habe es bei allen Westsudanvölkern, dagegen aber noch keinen Menschen gefunden, der es mir erklären konnte oder -wollte, oder aber meine Interpreten begriffen es nicht. Jedenfalls kann ich nichts Näheres darüber sagen.

Pilimpiku ist ein Orakel, zu dessen Befragung eine einmal zusammengefaltete kleine Stabmatte von Spannhöhe und zwei Spannlänge und vier Kaurimuscheln gehört. Die linke Hand des Orakelnden greift um die Falte der Stabmatte, die rechte wirft die vier Kaurimuscheln. Fallen die Kauri auf die flache Schlitzfläche, so



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ist das ein Zeichen für guten, fallen sie auf die gebogene, gewölbte Seite dagegen, so ist es ein Zeichen für schlechten Ausgang. Je mehr in ersterer Lage, desto besser, je mehr in letzterer, desto schlimmer. Ein entscheidendes Wort spricht dabei die Bambusstabmatte mit. Wenn sie sich auftut, so ist das ein gutes Zeichen, schließt sie sich aber, d. h. wenn die beiden Seiten sich gegeneinander legen, so verkündet das Schlechtes. — Man gibt der Stabmatte vor der Befragung ein Opferhuhn, um das Orakel zu bewegen, die Wahrheit zu sagen.

Kugumissi ist ein Orakel, das man gewöhnlich befragt, nachdem man sich bei dem Pilimpiku schon Auskunft geholt hat. Das Orakelwerkzeug besteht in etwa 30 walnußgroßen mehr oder weniger kantigen Steinen, die nicht bearbeitet sind. Die Zahl spielt keine Rolle, wohl aber ist ihre Herkunft außerordentlich wichtig, nämlich ein Viertel muß vom Tantiboberge (siehe Tim, und zwar unter Tenkuguri) stammen, ein Viertel muß auf dem Marktplatze, ein Viertel auf einem vielbegangenen Wege und ein Viertel in einem Bachbett aufgelesen sein. Der Orakellesende wirft auf geschlagener Lehm- oder glattem Erdboden zunächst die sämtlichen Steine, einen nach dem anderen, aus der Menge heraus. Die vier Steine legt er in die halbhohle, linke Hand. Dann schlägt er schnell und die linke Hand zudeckend mit der hohigehaltenen rechten Hand darauf. Natürlich springen beim Schlagen die Steine in der linken Hand in die Höhe und der Orakellesende schließt nun schnell die rechte Hand. Zuweilen greift er dabei einen der Steine, zuweilen zwei, und das ist das Entscheidende. Hat man z. B. gefragt, ob die Krankheit eines Freundes oder Verwandten gut oder schlecht ablaufen würde, und greift der Orakelnde immer nur einen Stein, so ist sicher, daß die Krankheit einen schlechten Verlauf nehmen wird. Greift er stets zwei, so wird der kranke Mensch bald wieder genesen.

Gessekoramba nennt man ein Kalebassenorakel, d. h. ein Orakel, zu dem eine Kalebasse (seltener ein Topf) verwendet wird. Der Leser wirft ein Pulver zauberkräftiger Natur hinein und sieht die durch das Pulver im Wasser entstehenden Verunklarungen und Figuren an.

Lila ist das Orakel, von dem im Kapitel über das kaiserliche Haremsleben gesprochen wurde. Der Poi-Naba läßt bei gewissen Gelegenheiten die Haremsdamen in ein Gefäß mit Wasser sehen, und ob ihr Spiegelbild darauf hell oder dunkel erscheint, ist maßgebend für die Schuld oder Unschuld der Hineinschauenden. — Früher (ob heute noch, muß ich dahingestellt sein lassen) bestand das zum Lila verwendete Gefäß aus Eisen und zwar soll die ganze Gestalt dieser Orakeleinrichtung einer Goldwage geglichen haben.

Tontoga ist ein Orakel, das von den Bussanga oder Bussangsa stammt. Es besteht aus 2, 3 oder 6 Steinen von Walnußgröße,



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die der Orakelnde vor sich auf die Erde wirft. In der linken Hand hält er dann eine Klapperkalebasse, in der rechten ein Stäbchen. Er schüttelt die Kalebasse und schlägt immer auf die Steine. Trifft er sie jedesmal, so ist das gut. Trifft er sie nicht, so ist das ein schlechtes Zeichen. —Einige scheinen zwei Steinchen aufeinanderzulegen und einen davon nach dem anderen herabzuschlagen zu versuchen usw.

Kabogo ist das Ordal, der "Giftbecher", und entspricht dem Sieng (Schieng oder Schienni) der Bammana und dem Sengio der Malinke Bambukus nur insofern, als angeblich hier niemals pflanzliche oder giftige Bestandteile zu seiner Herstellung verwandt wurden. Man nimmt vielmehr einfaches Wasser und gießt es über die Tenkuguristeine (siehe oben). Dadurch, und indem noch ein wenig Erde hineingetan ist und daß der Angeschuldigte vor dem Tranke einen längeren Spruch murmelt, gewinnt das Wasser seinen richtenden Wert. Was der Angeschuldigte murmelt, ist erstens die Reihe der Kaiserahnen, dann der Satz: "Wenn ich lüge, so möge meine Kehle sogleich geschlossen werden." Wenn er dann trinkt und wenn er wirklich gelogen hat, so stirbt er auf der Stelle - sonst schadet ihm der Trank nichts - so sagt der Mossi. Der Herr seines Gehöftes, sein Erbe, der Familienvorstand oder wer es sonst sei, schlachtet aber alsbald an der Sterbestelle eine Ziege und ein Huhn. Er murmelt ebenfalls die Namen aller großen Toten und sagt dann zu dem Toten: "Wir haben gesehen, daß du unrecht hattest. Nun störe unser Haus nicht noch, indem du uns erscheinst, Krankheiten oder sonstiges Unheil bringst." Beim Schlachten des Huhnes achtet der Opfernde wieder genau auf die Todeslage des Huhnes und weiß, daß wenn das Huhn auf dem Rücken stirbt, jener fernbleiben wird, wenn das Huhn aber auf der Brust stirbt, der Ungebetene seine Gehöftsgenossen beunruhigen wird.

Timpelo ist ein Fluch. Wenn irgend jemand von einem anderen bestohlen oder hintergangen ist, und wenn er den Schädiger kennt, so geht er zu dem Grabe des toten Kaisers und sagt: "Wenn der Löwe den X, der mir das und das angetan hat, holt und frißt, so verspreche ich, hier eine Ziege und ein Huhn zu opfern."

Eine ähnliche Sitte bei den Malinke heißt Doni. Wenn jemand an Korn oder Stoff bestohlen ist und er den Dieb kennt, so nimmt er den Rest, den der Dieb liegengelassen hat, und trägt ihn unter einen alten Djallabaum. Den Baum bittet er, den Räuber zu strafen. Er rührt das am Baume Niedergelegte nie an - es verkommt dort. Aber dem Diebe schwillt nach einiger Zeit der Bauch, und er stirbt. Die Bammana kennen das Verfahren ebenfalls und nennen es Killinkillindja. Damit möge genug gesagt sein vom ernsten Zauberspiel.



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VIII. Kapitel: Volksdichtungen der Mossi

98. Somba narrt die großen Tiere

Somba ging zu Uobogo (dem Elefanten) und sagte: "Gib mir deine kleine Tochter; ich bin bereit, sie großzuziehen." Uobogo war es zufrieden. Somba nahm die kleine Tochter des Uobogo mit nach Hause. Dort tötete er sie und lebte mehrere Tage von ihrem guten Fleisch. Eines Tages begegnete er Uobogo. Uobogo fragte: "Nun, wie geht es meiner kleinen Tochter?" Somba sagte: "Sie wächst; sie wächst. Man hat seine Freude an dem Kind." Uobogo war zufrieden und ging weiter.

Somba ging zu Junde (dem Nilpferd) und sagte: "Gib mir deine kleine Tochter; ich bin bereit, sie großzuziehen." Junde war damit einverstanden. Er übergab sie Somba. Somba nahm die kleine Tochter des Junde mit nach Hause. Dort tötete er sie und lebte mehrere Tage von ihrem guten Fleisch. Eines Tages begegnete er Junde. Junde fragte: "Nun, wie geht es meiner kleinen Tochter?" Somba sagte: "Sie wächst; sie wächst. Man hat seine Freude an dem Kind." Junde war damit zufrieden.

Während drei Jahren trafen Uobogo und Junde Somba häufig. Sie fragten ihn dann stets, wie es ihren Töchtern ginge, und Somba antwortete ihnen stets, daß sie ausgezeichnet wüchsen und daß es ihnen vorzüglich ginge. Eines Tages sagte Somba zu Uobogo: "Höre einmal, deine Tochter wird mir nun nachgerade zu groß. Sie ist schon weit größer, als du selbst bist. Du wirst also deine Schwierigkeiten mit ihr haben. Sie will auch nicht ohne weiteres die Flußuferwiese verlassen, in der sie nun drei Jahre lebte. Ich werde ihr also morgen eine Schnur um den Hals legen; ich werde dir das Ende der Schnur bringen, und du magst dann auf meinen Ruf anfangen, sie aus der Uferwiese in deinen Buschwald hinaufzuziehen." Uobogo sagte: "Es ist gut so."

Somba ging zu Junde und sagte: "Höre, Junde, deine Tochter wird mir nun nachgerade zu groß. Sie ist schon weit größer als du selbst bist. Du wirst also deine Schwierigkeiten mit ihr haben. Sie will auch nicht ohne weiteres die hochgelegene Buschsteppe verlassen, in der sie nun seit drei Jahren lebt. Sie sagt, sie fühle sich oben im Busch so wohl, daß sie nicht wieder zur Uferwiese zurückkehren will. Auch hat sie Angst vor dem Wasser. Ich werde ihr also morgen eine Schnur um den Hals legen; ich werde dir das Ende der Schnur bringen, und du kannst dann auf meinen Ruf hin anfangen,



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sie von der Buschsteppe zur Uferwiese herabzuziehen. Viel leicht gelingt es dir so." Junde sagte: "Es ist gut so."

Am anderen Morgen legte Somba eine lange und starke Schnur zurecht. Das eine Ende derselben brachte er dem Uobogo hinauf und sagte: "Faß das an! Wenn ich dir zurufe, kannst du beginnen, an der Schnur deine Tochter zu dir hinüberzuziehen. Aber warte meinen Ruf ab, ich will dem großen Mädchen noch ein wenig zureden." Uobogo sagte: "Es ist gut." Dann ging Somba zur Uferwiese herab, nahm das andere Ende der Schnur und trug es zu Junde in den Fluß hinab. Somba gab Junde das Ende der Schnur und sagte: "Faß das an! Wenn ich dir zurufe, kannst du beginnen, an der Schnur deine Tochter zu dir herunterzuziehen. Aber warte meinen Ruf ab; ich will dem großen Mädchen erst ein wenig zureden." Junde sagte: "Es ist gut."

Somba kehrte dann in die Mitte des Weges zwischen Wasser und Buschsteppe zurück und rief: "Zieht!" Es begannen Uobogo und Junde jeder an einem Ende der Schnur zu ziehen. Sie zogen so stark sie konnten. Einmal zog Uobogo Junde ein wenig aus dem Wasser auf die Uferwiese hinauf, einmal zog Junde Uobogo ein wenig aus der Buschsteppe zur Talwiese hinab. Während eines ganzen Tages zogen sie immer hin und her. Einmal gewann dieser, einmal jener einen kleinen Vorteil. Am Abend aber ermüdete Junde, und nun zog Uobogo den Junde aus dem Wasser über die Flußwiese hin zur Buschsteppe hinauf.

Als Uobogo so weit gezogen und vor sich in die Buschsteppe geholt hatte, sagte er: "Was, du bist es, der am anderen Ende der Schnur den ganzen Tag über gezogen hat? Sombo hatte mir gesagt, ich zöge meine Tochter!" Und Junde sagte zu Uobogo: "Was, du bist es, der am anderen Ende der Schnur den ganzen Tag über gezogen hat? Somba hatte mir gesagt, ich zöge meine Tochter!" Uobogo sagte: "Somba hat uns arg hintergangen. Wir wollen uns dafür an ihn halten. Ich will ihn überall auf dem hohen Lande und in der Buschsteppe verfolgen." Junde sagte: "Ja, wir wollen diesen Betrug nicht so hinnehmen. Ich will ihn überall, wo er auf den Uferwiesen oder am Uferrande herumläuft, aufstöbern und ihn, wenn ich ihn treffe, töten."

Somba wußte sehr wohl, daß man ihn nun verfolgte. Er wußte, daß er in der Buschsteppe und im Uferwiesenland den beiden großen Tieren preisgegeben war. So lief er denn zu Njebaga, dem Kaman. Er trat in dessen Höhle am Ufer und sagte: "Guten Tag!" Njebaga



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sagte: "Guten Tag, Somba, was machst du ?" Somba sagte: "Ich bin gekommen, dich, meinen klugen Njebaga, um Rat zu bitten. Ich habe augenblicklich keine rechte Beschäftigung und will doch irgend etwas Nützliches unternehmen." Njebaga sagte: "Das paßt ja ganz ausgezeichnet. Ich habe sieben Junge, sieben Töchter. Seitdem die geboren sind, kann ich nicht mein Haus verlassen, um mich draußen auf die Sandbank zu legen oder zu promenieren. Würdest du nun wohl die Wartung der sieben Töchter übernehmen, SO könnte ich mich für einige Tage draußen auf die Sandbank legen. Du könntest mir die Kinder von Zeit zu Zeit bringen, und ich brauchte nicht selbst in der Höhle zu liegen."

Somba sagte: "Das ist gerade so etwas, wie ich es mir gewünscht habe. Ich will ausgezeichnet für deine sieben Töchter sorgen und will sie schnell zum Aufwachsen bringen." Njebaga sagte: "Gut, so kannst du ihnen ja das Essen immer bereiten. Hier ist ein großer Kochtopf und hier sind Bohnen. Koche nun immer Bohnen, und wenn eine meiner Töchter Hunger hat und herankriecht, so gib ihr zu essen." Somba sagte: "Das ist sehr einfach. Ich will das ordentlich und gut besorgen." Njebaga also verließ die Höhle.

Somba setzte sich an den Bohnentopf. Wenn eins der kleinen Njebaga-Kinder herankam, so steckte er es einfach in den Kochtopf und ließ es kochen. Natürlich starb es. Wenn es tot war, nahm er es heraus und legte es auf die Seite. — Inzwischen lag Njebaga draußen vor seiner Höhle. Junde kam des Weges. Junde suchte Somba, um ihn zu töten. Njebaga, der dachte, der große Junde könne es auf seine Kinder abgesehen haben, sagte barsch: "Was willst du hier, Junde?" Junde sagte: "Ich suche die Schwester meines Vaters. Ich dachte, sie sei vielleicht hier." Njebaga sagte: "Die Schwester deines Vaters kommt nie hierher; mach', daß du fortkommst." Junde hatte vor Njebaga arge Angst. Er machte, daß er von dannen kam.

Njebaga rief zu Somba hinein: "Gib mir ein Kind, daß ich es an die Brust lege." Somba gab eines der Kinder heraus. Da aber nicht mehr alle am Leben waren, so gab er jedes Kind zweimal. Als die Kinder zum zweitenmal an die Mutterbrust gelegt wurden, nahmen sie keine Milch mehr an, weil sie schon gesättigt waren. Njebaga sagte zu Somba: "Wie kommt das? Die ersten Kinder nahmen gut die Brust, diese aber weisen sie zurück!" Somba sagte: "Ich habe diese eben schon ausgezeichnet gut an die Bohnen gewöhnt. Du wirst sehen, sie werden alle sehr bald nur noch Bohnen essen wollen



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und dann ungemein schnell wachsen." Njebaga sagte: "Es scheint ja, als ob du es vorzüglich verstandest. Ich bin sehr zufrieden."

Allmählich tötete Somba eine der Töchter des Njebaga nach der anderen, indem er sie in den Bohnentopf steckte und kochen ließ. Er machte aber kleine Kaimane aus Lehm, die waren sehr natürlich. Am anderen Tage sagte Njebaga: "Bringe mir doch etwas zu essen heraus!" Somba brachte sogleich Bohnen mit etwas Fleisch von den jungen Njebaga-Töchtern. Njebaga aß. Njebaga sagte: "Du kochst ausgezeichnet. Ich verstehe, daß meine Töchter nur noch dein Bohnengericht und nicht mehr meine Milch haben wollen. Immerhin bring die Kinder ein wenig heraus und lege sie in die Sonne." Somba brachte ein Lehmbildnis nach dem anderen heraus und legte sie alle in die Sonne. Njebaga sagte: "Meine Töchter sind ja ungemein gewachsen. Das ist ja ausgezeichnet. Bring sie mir doch noch ein wenig näher." Somba sagte: "Verzeihe einen Augenblick. Ich will nur schnell einmal ans Land springen, um zu kacken!" Somba sprang fort.

Vom Lande aus rief Somba dem auf der Sandbank liegenden Njebaga zu: "War mein Bohnengericht nicht gut?" Njebaga antwortete: "Es war ausgezeichnet." Somba rief: "Es waren auch deine eigenen Kinder darin gekocht!" Njebaga fuhr wütend auf. Somba rief: "Hüte nur gut die Lehmpuppen!" Njebaga sah die jungen Töchter auf der Sandbank näher an. Jetzt erkannte er, daß sie aus Lehm hergestellt waren. Er ging in die Höhle und fand darin die gekochten und beiseitegeworfenen Überreste seiner Kinder. Voller Wut machte er sich auf, Somba zu verfolgen. Somba aber versteckte sich in einem Grasbüschel. Njebaga konnte ihn nicht finden.

Seitdem versteckt sich Somba immer in Grasbüscheln, und seitdem stellen die Menschen Lehmbilder von Njebaga her. (Ich habe nie eines im Mossilande gesehen.)

Somba sagte (bei sich): "Jetzt verfolgen mich alle großen Tiere, wenn ich ihnen nicht Furcht mache." Er fand da im Busch eine gefallene Antilope, die war innerlich ganz verfault, wimmelte von Würmern und stank weithin. Somba kroch in diesen stinkenden, ausgefaulten Kadaver, steckte seine Beine in die Antilopenbeine und ging in diesem Zustande dahin, wo Uobogo (der Elefant) war. Uobogo fragte: "Wer bist du denn?" Somba antwortete: "Ach, ich bin die Antilope." Uobogo sagte: "Wie bist du denn in diesen Zustand gekommen? Du stinkst ja durch den ganzen Busch, und



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auf dir kriechen Würmer umher." Somba sagte aus dem Antilopen~ kadaver: "Ich habe Somba geärgert, ich wußte nicht, daß er so starke Zaubermittel (kavogo) hat. Ich hatte ihn nur eben ein wenig geärgert, da sagte er zu mir: ,Kafo' (Anmerkung: Bei den Mande kennt man ein gleich schlimmes Zauberelement. Man sagt dort Allami. Das Kafo scheint mir aber aus den Mandesprachen zu stammen und gleich "Sprich" zu sein), und ich verlor im selben Augenblick meine Gesundheit und meine Kraft!" Uobogo sagte: "Und nur auf den Ruf Kafo hin bist du in diesen ekelhaften Zustand gekommen?" Somba sagte aus dem Antilopenkadaver: "So ist es. Jetzt stinke ich und bin von Würmern zerfressen." Uobogo sagte: "Man muß sich also vor Somba hüten?" Somba sagte: "Sein Kavogo ist schrecklich."

Darauf kroch Somba in seiner stinkenden Antilopenhülle auf die Uferwiese, und dann wiederholte sich zwischen ihm und Junde das gleiche Gespräch. Nachher suchte er noch Njebaga zu gleicher Aufklärung auf. (In beiden Fällen wiederholt der Erzähler die Unterhaltung in selber Ausführlichkeit wie im Falle mit Uobogo.) Danach streifte Somba aber am Flusse die schmutzige Antilopenhaut ab und wusch sich gründlich.

Als Somba sich gründlich gereinigt hatte, ging er hinauf in die Buschsteppe und sah sich um, ob er nicht irgendwo Uobogo (den Elefanten) sähe. Als er ihn erblickt hatte, ging er auf ihn zu und sagte: "Guten Tag, mein alter Uobogo, wie geht es dir denn?" Sobald aber Uobogo Somba sah, lief er von dannen und rief nur: "Ich weiß, du hast ein schreckliches Kavogo. Laß mich! Ich will dir gar nichts Schlimmes tun."

99. Njakas Tochter und Somba

Njaka (das ist eine kleine Antilope, die Mangarni der Mande. Alle Negerstämme im Westen, auch die Mossi, bezeichnen sie als besonders klug und auch zauberkräftig) hatte eine kleine Tochter, die war sehr hübsch, und viele hätten sie gern geheiratet. Njaka aber machte bekannt: "Ich gebe dem meine Tochter zur Frau, der mir die Milch der Padere (oder auch Uide nafo = wilde Büffel), die Haut der Abaga (Leoparden) und den Zahn der Uobogo (Elefanten) bringt." Auch Somba hörte das, und er dachte bei sich: "Das ist doch gar nicht so schwer! Das werde ich schon zusammenbringen."



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Zunächst mischte sich Somba einen feinen Brei aus wilden Grassamen (ähnlich dem Fonio der Mande) mit Salz (=jamsong). Es gab eine ausgezeichnete Speise. Die füllte er in seinen Quersack. Er ging in den Busch dahin, wo er den Padere wußte. Padere sagte: "Wohin gehst du ?" Somba sagte: "Ich will mich ein wenig zurückziehen, um von einem Medikament zu essen, das gut zu schmecken scheint." Padere sagte: "Zeig her, ich will ein wenig davon versuchen." Somba gab ihm ein wenig. Padere versuchte es und sagte: "Das ist ja ganz ausgezeichnet. Wo hast du das her?" Somba sagte: "Ich fand das in jenem Baobab. Allerdings kann ich mit meinen kleinen Zähnchen nur wenig abkratzen. Du aber mit deinen mächtigen Hörnern brauchst nur einmal gründlich dahineinzufahren, um ein weites Loch in die dünne Baumwand zu schlagen. Dann kannst du der Baumhöhle entnehmen, soviel du willst, denn der Baum ist immer ganz angefüllt mit dieser Nahrung." Padere sagte: "Gut. Wo ist der Baum?" Somba sagte: "Sieh! Ganz dicht dort drüben!"

Padere senkte den Kopf; er rannte mit aller Gewalt auf den Baum zu. Er wollte die dünne Wand zerstoßen, aber er rannte nur seine Hörner fest. Er wollte sie zurückziehen, aber er war so fest dagegen gestürmt, daß er nicht wieder vom Baume abzukommen vermochte. Als er nun so fest saß, sagte Somba: "Du erlaubst mir wohl?" Er kam mit einer kleinen Kalebasse heran und begann den Padere, der sich nicht zu wehren vermochte, zu melken. Als seine kleine Kalebasse gefüllt war, lief er damit zu Njaka und sagte: "Hier ist zunächst einmal die Milch des Padere."

Dann begab sich Somba zu Abaga und fragte: "Willst du mich vielleicht begleiten? Ich möchte baden gehen." Abaga sagte: "Ich will, schnell meine Sachen ein wenig ordnen, dann komme ich mit dir." Abaga ging in sein Haus. Somba ging in sein Haus. Somba stopfte seinen Quersack fest voller Tjeperrenga (roten Pfeffer). Abaga regelte in seinem Hause noch einige Unordnungen, dann trafen sie sich beide auf dem Wege zum Bade. Sie gingen gemeinsam zum Wasser herab. Am Ufer warf Somba seinen Sack ins Gras und sagte: "Wollen wir uns nicht unserer guten Kleider entledigen?" Abaga sagte: "Gewiß lege ich mein gutes Kleid ab." Er tat es. Er warf seinen fleckigen, schönen Überzug neben Sombas Sack. Dann stiegen beide ins Wasser und nahmen ihr Bad.

Als sie eine Zeitlang herumgeschwommen waren, sagte Somba: "Ach, ich habe ganz vergessen, etwas beiseitezulegen. Nun habe



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ich es mit ins Wasser genommen. Ich will schnell ans Ufer gehen, es ins Trockene zu legen. Gleich hin ich wieder zurück." Somba sprang ans Ufer. Er öffnete seinen Sack und rieb so schnell wie möglich Abagas Kleid gründlich mit rotem Pfeffer ein. Als das geschehen war, ging er zurück in das Wasser.

Sie schwammen noch eine Weile umher, dann stiegen sie ans Ufer. Abaga wollte sein Kleid anlegen. Er bewegte sich ein wenig darin (in seinem Fell). Er zog das Kleid wieder aus und sagte: "Pfui, das juckt ganz abscheulich." Er zog sein Kleid wieder aus. Somba hatte inzwischen seinen Sack genommen. Er roch daran und rief: "Pfui, das ist ja ganz abscheulich. Es ist etwas über meinen Sack gekommen, während wir badeten." Abaga trat herzu und sagte: "Es ist dasselbe, das in mein Kleid gekommen ist." Somba sagte: "So kann ich meinen neuen Sack nicht mit nach Hause nehmen." Abaga sagte: "Ich kann auch mein Kleid nicht anziehen." Somba sagte: "Ich muß meinen Sack erst gründlich waschen." Abaga sagte: "Mein Kleid muß auch erst gewaschen werden." Somba sagte: "Laß es hier; ich will es gleich mit reinigen." Abaja sagte: "Es ist gut!" Somba sagte: "Du bekommst es dann morgen." Abaga ging. Somba nahm das schöne Kleid Abagas, trug es zu Njaka und sagte: "Es ist gut!" Somba sagte: "Du bekommst es dann morgen." Njaka und sagte: "Hier ist wunschgemäß zum zweiten das Fell des Abaga.''

Somba begab sich dahin, wo der große Rudel der größten Uobogo (Elefanten) war. Somba setzte sich neben den größten Uobogo und blickte unaufhörlich mit weit geöffneten Augen gen Himmel. Von Zeit zu Zeit schüttelte er wie vor Verwunderung den Kopf und sagte: "Nein, ist das schön!" Der größte Uobogo guckte auch in der Richtung, nach der Somba schaute, und sagte: "Guten Tag, mein Somba! Was gibt es denn da?" Somba tat so, als ob er erstaunt zusammenführe und jetzt erst den Uobogo sähe. Er sagte: "Verzeih mir, mein Uobogo, daß ich dich nicht beachtete und dir nicht guten Tag sagte. Aber ich war davon so ganz eingenommen." Der Uobogo sagte: "Wovon warst du eingenommen?" Somba sah den größten Uobogo erstaunt an und sagte: "Ja, siehst du denn nicht das Herrliche da oben am Himmel ?" Der größte Uobogo sah empor und sagte: "Nein, ich sehe nichts." Somba sagte: "Was, das siehst du nicht?" Uobogo fragte die anderen Uobogo: "Nein, wir sehen es nicht."

Somba sagte: "Nein! Der große Uobogo sieht das Herrliche da



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oben am Himmel nicht!" Alle Uobogo sahen zum Himmel empor. Der größte Uobogo sagte: "Ich sehe es nicht, ich möchte es aber sehr gern sehen." Die anderen Uobogo sahen ständig empor und sagten: "Ja, wir möchten wohl auch recht gern wissen, was dies Herrliche da oben am Himmel ist." Somba sagte: "Daß ihr das nicht seht, das kommt wohl daher, daß ihr im Verhältnis zu eurer Größe eigentlich kleine Augen habt, während ich als kleines Tier mit recht großen Augen versehen bin. Aber ihr seid so große, so wunderbar große Tiere, daß die Sache gar nicht so schwer ist. Es muß nur einer immer auf den Rücken des anderen steigen. Wenn dann der ganz große Uobogo zu oberst auf den Rücken des letzten steigt, so kann er das Herrliche da oben nicht nur sehen, sondern er kann es sogar ergreifen." Die Uobogo sagten: "Das ist richtig." Der größte Uobogo sagte: "Ich will auf euch alle hinaufsteigen. Ihr müßt aber ganz fest stehen, damit ich nicht falle." Die Uobogo sagten: "Wir werden ganz fest stehen."

Danach stieg ein Uobogo immer auf den Rücken des anderen. Es entstand eine ganz, ganz hohe Säule. Zu oberst stieg der ganz große Uobogo. Als er oben war, hielt Somba unter den Hinterfuß des untersten Uobogo schnell einen Feuerbrand. Das schmerzte den derart, daß er nicht anders konnte, als einen Schritt nach vorn zu machen. Dadurch kam die Reihe der Uobogo aber ins Wanken, der größte Uobogo, der zu oberst stand, fiel herab und brach sich einen Zahn ab. Alle Uobogo fielen scheltend über den Uobogo, der zu unterst war, her. Der sagte: "Verzeiht mir, aber ich trat mir einen scharfen Dorn in den Fuß, und ihr wart so schwer auf mir!"

Während sie schalten, brachte Somba schnell den abgebrochenen Zahn beiseite und versteckte ihn im Busch. Der große Uobogo suchte zornig seinen Zahn. Im Zweige des Baumes nebenan saß ein kleines Vögelchen, das hatte alles mit angesehen und rief dem größten Uobogo zu: "Du suchst deinen Zahn an der falschen Stelle. Du mußt deinen Zahn da drüben suchen. Somba hat ihn gestohlen und versteckt." Der größte Uobogo hatte nicht recht verstanden. Er fragte: "Was ist los?" Somba sagte: "Dieser freche kleine Vogel wagt es, auch noch über dein Unglück zu lachen." Als Uobogo das hörte, ward seine Wut grenzenlos. Er jagte mit seinen Genossen hinter dem kleinen Vogel her, den (angeblichen) Spötter zu vernichten. Während die Uobogo von dannen jagten, nahm Somba seinen Zahn, trug ihn zu Njaka und sagte: "Hier ist zum dritten der Zahn des Uobogo."



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Njaka sagte: "Es ist wahr. Du hast mir die Milch des Padere, das Fell des Abaga und den Zahn des Uobogo gebracht." Somba sagte: "Nun gib mir deine Tochter!" Njaka sagte: "Mein Somba! Meine Tochter kann ich dir nicht geben. Du bist, wie du mir gezeigt hast, ganz ungewöhnlich klug. Ich bin auch ein ganz ungewöhnlich kluges Tier. Wenn unsere Familien sich zusammentun und aus unseren beiden Stämmen ein Kind geboren wird, so wird es klug wie Wende (wie Gott), und das wäre nicht gut. Deshalb kann ich dir meine Tochter nicht geben."

100. Katere, So,nbas Reitpferd

In alten Zeiten war in Wagadugu nur alle sechs Tage großer Markt und nicht wie heute jeden dritten Tag. Somba sagte eines Tages zu seiner Adole (das ist Freundin oder Verhältnis): "Morgen ist Markt." Die Adole sagte: "Man sollte einmal etwas Besonderes anfangen." Somba sagte: "Gut, dann werde ich Katere als Reitpferd nehmen und auf Katere zu Markte reiten." Die Adole sagte: "Das kannst du nicht." Somba sagte: "Gut, ich werde es dir zeigen."

Somba holte sich graue Erde und strich sie auf seine Knie. So legte er sich vor die Haustür. Nach einiger Zeit kam Katere vorbei und sagte: "Was hast du?" Somba sagte: "Ich habe ein schlimmes Knie. Das wäre nicht so fürchterlich, aber für morgen bin ich zum Markte eingeladen, wo man Ochsen, Ziegen und Hammel schlachtet, und nun kann ich nicht dahin." Katere sagte: "Wenn es weiter nichts ist, was dich traurig macht, so kann ich dir helfen. Wenn du mir von dem Fleisch einige Stücke abgibst, will ich dich auf den Markt tragen." Somba sagte: "Das kann ich nicht annehmen!" Katere sagte: "Gib mir von dem Fleisch ab, und die Sache soll gut sein!" Somba sagte: "Gut denn! Komm morgen ganz früh."

Am anderen Morgen kam Katere. Somba faßte seinen Rücken an und sagte: "So kann ich nicht darauf sitzen, sondern ich muß etwas darauf legen." Er nahm den Gal (Sattel) und legte ihn an. Dann nahm er das Zaumzeug (= salbere) und wollte es Katere über den Kopf ziehen. Katere sagte: "Nein, das will ich nicht. Ich nehme nicht so etwas in den Mund." Somba sagte: "Ja, dann können wir nicht zu dem Markte, denn nur die werden zum Gastmahle des Ziegen-, Hammel- und Ochsenfleisches zugelassen, die sich vorher gründlich die Zähne gereinigt haben. Und das ist hier



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zum Zähnereinigen." Katere sagte: "Gut, so leg es mir um." Dann legte sich Somba die Sporen (= saba) an und stieg auf. Er gab Katere die Sporen. Katere sagte: "Ich will nicht diese Eisen." Somba sagte: "Ja, ich muß aber Eisenmesser mitnehmen, um das Fleisch schneiden zu können. Sonst kann ich nachher für uns nichts von den Ochsen, Hammeln und Ziegen abschneiden." Katere sagte: "So nimm es denn mit!"

So kam Somba auf seinem Reitpferd auf dem großen Markte an. Alle Leute riefen: "Seht, Somba hat Katere als Reitpferd genommen! Seht Somba, seht Katere!" Katere sagte: "Ich verstehe nicht gut. Was sagen alle diese Leute?" Somba sagte: "Der da drüben sagte: du habest ihm eine Ziege gestohlen; der da, du habest ihm einen Hammel geraubt; der da das gleiche. Die Leute sagten, es sei gut, daß sie dich nun auf dem Markte hätten." Als Katere das hörte, sagte er: "Schnell, steig ab; schnell, steig ab, daß ich fortlaufen kann." Somba stieg ab. Katere lief so schnell wie möglich von dannen.

Wenn man in alten Zeiten auf dem Marktplatze die Spuren Kateres sah, vollzog man sogleich ein Hühneropfer. Aber heute ist das abgekommen.

101. Somba und Katere

Somba und Katere hatten den Auftrag, für den König Honig (=sido) zu sammeln und in dessen Hof zu tragen. Sie gingen in den Busch. Jeder füllte seinen Topf. Als sie aber mit der Sammelarbeit fertig waren, konnte Katere sich nicht versagen, den Honig zu versuchen. Er fand ihn so vorzüglich, daß er noch einmal und noch einmal versuchte und daß zuletzt in seinem Topfe nur noch eine Handvoll Honig war. Da nahm Katere auch diesen Honig aus dem Topfe, füllte ihn ganz mit seinen Exkrementen an und strich den Rest des Honigs darüber, so daß man meinen konnte, der ganze Topf sei voll schönen Honigs.

Beide, Somba und Katere, nahmen ihre Töpfe mit Honig und trugen sie zum König. Der König wog die beiden Töpfe in der Hand, fand, daß derjenige des Katere schwerer sei und gab ihn, weil er glaubte, es müsse wohl mehr darin sein, seiner Lieblingsfrau. Den leichteren Topf Sombas gab er seiner zweiten Frau. Die zweite Frau fand, daß ihr Topf von unten bis oben voll ausgezeichneten Honigs sei. Als die erste Frau aber mit der Hand hineinfuhr,



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Fühlte sie, daß der Hauptinhalt wohl nicht in Honig bestehe. Sie wg die Hand heraus, ließ sie in diesem Zustand, ging zum König und demonstrierte ihm die Sache vor Auge und Nase. Der König sagte: "Warte, dem will ich aber auch mitspielen."

Die beiden Frauen machten nun für die Honigbringer Speise. Die zweite Frau, die den ausgezeichneten Honig Sombas erhalten hatte, bereitete eine vorzügliche Speise aus feinem Mehl mit Salz, Fleisch und Kräutersauce. Die Frau, die den verunreinigten Honig Kateres empfangen hatte, bereitete einen Fladen aus dem groben Mehl des roten Sorghums, ohne Salz und Fleisch und nur gekocht in schmutzigem Wasser. Die Speise für Katere stellte man auf eine Plattform, die für Somba auf die Erde.

Man brachte Katere und Somba an die Stelle, wies Katere seine schlechte Speise oben, Somba seine gute Speise unten an. Katere sah seinen Fladen, versuchte ihn und fand, daß er ganz geschmacklos war. Er blickte herab und sah, daß in der Speise Sombas Fleisch enthalten und darüber gute Sauce gegossen war. Da ließ er, wie zufällig, ein abgebrochenes Bällchen seines Fladens herab in die feine Speise Sombas fallen und sagte: "Somba, mir fiel von meiner Speise herab, reiche mir doch wieder herauf!" Somba tat es. Katere versuchte seine Speise, die nun von Sombas feiner Sauce überzogen war, und fand, daß das ausgezeichnet munde. Da konnte er nicht unterlassen, noch ein Bällchen seiner Speise herunterfallen zu lassen. Es fiel, gut geworfen, wieder in Sombas Speise. Katere sagte: "Somba, mir fiel von meiner Speise herab; reiche es mir doch wieder herauf." Somba tat es, aber er sagte: "Damit ist es nun genug. Behalte deine Speise da oben. Ich habe keine Lust, mich in einem fort so stören zu lassen." Darauf mußte Katere seine schlechte Speise zu Ende essen und zusehen, wie Somba da unten sein ausgezeichnetes Gericht verzehrte.

Am anderen Morgen sagte der König: "Nun werde ich euch für euren Honig bezahlen." Es stand da die große Herde des Königs. Man hatte eine dicke Schnur um den Hals einer Ziege und eine dünne um den Hals eines jungen Stieres gebunden. Die beiden Schnüre reichten bis zu dem Platz, auf dem der König stand. Man konnte aber nicht sehen, um welches Tier jede Schnur gelegt war. Der König sagte zu Katere und Somba: "Jeder kann nun an einer Schnur sich aus jener Herde der Rinder und Ziegen ein Stück Vieh herausziehen." Katere sagte: "Ich bin stärker, ich will an der dicken Schnur ziehen." Katere zog an der dicken Schnur. Er zog



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die Ziege heraus. Somba zog nun an der dünnen Schnur. Er zog den jungen Stier heraus. Katere beschwerte sich beim König und sagte: "Das ist nicht gut geteilt. Das ist schlecht geteilt." Der König sagte: "Ich habe nicht gewählt, ihr konntet ziehen, wie ihr wolltet. Aber meinethalben, zieht morgen noch einmal. Mag das nicht gelten, was heute geschah." Katere war es zufrieden. Katere gab seine Ziege, Somba gab seinen jungen Stier zurück.

Am anderen Morgen ließ der König die dicke Schnur um den Hals des jungen Stieres, die dünne um den der Ziege legen. Aber man konnte vom Platz aus wieder nicht sehen, um welchen Tierhals die Schnüre gelegt waren. Der König sagte zu Katere und Somba: "Nun zieht euch jeder ein Stück Vieh heraus!" Katere sagte: "Ich hatte gestern Unglück, darum muß ich heute zuerst ziehen." Dann zog er an der dünnen Schnur, weil er meinte, sie sei wieder um den Hals des jungen Stieres geschlungen. Er zog die Ziege heraus. Darauf zog Somba an der dicken Schnur. Er zog den jungen Stier heraus, wie am Tage zuvor. Katere sagte: "Das ist schlecht geteilt." Der König sagte: "Ihr habt selbst gezogen. Nun geht!"

Die beiden machten sich auf den Heimweg. Katere führte seine Ziege, Somba sein junges Rind hinter sich her. Als sie ein Stück weit gegangen waren, sagte Katere: "Ach, meine Ziege ist an einem Fuße krank; sie kann nicht recht laufen; ich werde das Bein einfach abreißen." Somba sagte: "Dann wird sie noch weniger laufen können." Katere aber riß seiner Ziege ein Bein aus. Er aß es. Danach sagte er: "Meine Ziege ist zu krank. Ich muß ihr auch das zweite Bein ausreißen." Er riß auch das zweite Bein aus. Danach begann er die ganze Ziege zu fressen, und es blieb nichts übrig als die Songare (die Leber). Er hatte die ganze Ziege allein aufgefressen.

Nun nahm er das letzte Stückchen, die Leber, reichte sie Somba hin und sagte: "Hier schenke ich dir etwas. Laß es dir recht gut schmecken." Somba sagte: "Ich danke dir." Somba dachte bei sich: "Es wird nachher womöglich Unfrieden geben. Ich will das lieber noch nicht essen, damit ich es nötigenfalls zurückgeben kann." Er steckte die Leber hinter sein Ohr. — Nach einiger Zeit sagte Katere: "Ich habe dir meine Ziegenleber gegeben, vergiß das nicht." Somba zog die Ziegenleber hinter dem Ohre hervor und sagte: "Nein, ich vergesse es nicht, ich habe sie noch!" Katere sagte: "Iß sie nur. Es ist ja nur Scherz, daß ich noch einmal davon



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sprach." Somba steckte die Leber wieder hinter das Ohr. Nach einiger Zeit sagte Katere: "Du hast da einen schönen jungen Stier. Übrigens, habe ich dir nicht vorhin die Leber von meiner Ziege gegeben?" Somba zog die Leber hinter dem Ohr hervor und sagte: "Gewiß hast du mir eine Ziegenleber gegeben. Hier ist sie. Wenn du Hunger hast, nimm sie ruhig wieder zurück. Ich habe keinen Appetit." Katere sagte: "Wie kannst du nur so etwas sagen. Ich scherze doch nur. Iß nun aber die Ziegenleber, sonst wird sie dir noch schlecht werden." Darauf steckte Somba die Ziegenleber wieder hinter sein Ohr.

Inzwischen überlegte Somba: "Das wird eine schwierige Sache werden, denn nachts kann Katere mir meinen Ochsen mit Gewalt fortnehmen. Wie mache ich es? Ich möchte ihn doch beiseitebringen." Somba sagte laut zu Katere: "Ich will dir etwas sagen, Katere. Ich bin es müde, meinen Stier immer hinter mir herzuziehen. Ich will ihn schlachten. Lauf du inzwischen zurück und hole Feuer, damit wir uns ein gutes Essen kochen können." Katere sagte: "Das tue ich von Herzen gern!" Damit rannte er davon.

Inzwischen tötete Somba den jungen Stier, häutete ihn ab, zerlegte ihn, schnitt nur den Schwanz ab und füllte alle guten Fleischstücke in die Haut. Die Haut mit dem Fleisch steckte er oben in ein Loch des Baobab-Baumes, unter dem er geschlachtet hatte. Den Schwanz steckte er mit dem blutigen Ende in die Erde, so daß die Quaste in die Luft ragte. Als Katere in einiger Entfernung zu sehen war, rief er: "Katere, Katere, mach schnell, komm schnell! Die Erde frißt unseren jungen Stier, sie hat ihn schon bis zum Schwanz im Maul." Katere stürzte schnell herbei. Er sah das Schwanzende aus der Erde herausragen. Er packte sofort daran an, um mit aller Kraft das Tier der Erde zu entreißen. Er zog aber nur den Schwanz heraus. Das Ende blutete.

Somba sagte: "Du hast ihm nur den Schwanz abgerissen. Das Tier selbst bekommen wir nicht mehr, wenn du nicht schnell nach. gräbst," Katere aß aber zunächst den Schwanz, kaute die Knochen gut ab und begann zu graben. Er fand nichts. Somba sagte: "Indem du den Schwanz aßest, hast du zuviel Zeit verloren." Katere sagte: "Jedenfalls werden wir es nun nicht mehr bekommen."

Nach einiger Zeit sagte Somba: "Ich habe nur Scherz gemacht, Katere - wie du vorhin mit der Ziegenleber. Die Erde hat nicht den jungen Stier gefressen, sondern er ist da im Loch des Baobab-Baumes." Katere sah hinauf. Er sah Blutspuren. Er sagte: "Ja,



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da scheint er zu sein. Aber wie soll ich da hinaufkommen. Ich kann nicht klettern." Somba sagte: "Ich werde dich hinaufschieben und dich von unten her stützen." Katere sagte: "Ja, du darfst mich aber nicht fallen lassen." Somba sagte: "Wir wollen es einmal versuchen."

Somba schob nun Katere den Baum hinauf. Er stützte von unten. Er schob. Im Augenblicke aber, da Katere schon fast oben am Loche und jedenfalls weit über der Erde war, ließ Somba wie versehentlich los. Katere stürzte herab, mit dem Hinterende zuerst, schlug mit diesem Teil gegen den Boden und blieb wie tot liegen. — Katere starb nicht. Er raffte sich nach einiger Zeit auf und kroch krank, wie er war, mühsam durch den Busch von dannen. Er erholte sich von dem Sturz. Aber bis heute sieht man an dem schwankenden Gange die Folgen des Sturzes.

Somba aber hatte einen jungen Stier für sich allein.

102. Somba und Norogo

Abaga (der Panther) hatte einige Junge bekommen. Er ging in den Busch, um Kräuter zu suchen. Während er abwesend war, kam Norogo, der damals noch kein Haustier war, und Norogo (der Hahn) pickte allen Kindern Abagas die Augen aus. Dann lief Norogo fort. Als Abaga zurückkam, fand er seine Kinder tot. Aber er konnte suchen, wie er wollte, er fand nicht den, der seine Kinder so zugerichtet hatte.

Abaga lief umher. Abaga traf Somba. Abaga sagte: "Du könntest mir helfen. Während ich fort war, hat jemand meinen kleinen Kindern die Augen ausgehackt. Weißt du nicht, wie ich den Kerl, der das tat, erwischen kann?" Somba sagte: "Ach, das ist doch wohl nicht so sehr schwer! Laß uns verkündigen, daß du ein großes Opferfest veranstalten willst, und daß alle Tiere an deiner Haustür vorüberziehen sollen. Dann wirst du den Sünder schon erwischen. Sorge nur, daß alle von der größten Antilope bis zum kleinsten Norogo eingeladen und zum Feste beordert werden. Du selbst setze dich vor die Haustür und paß genau auf, was geschieht und wer kommt." Abaga sagte: "Das ist gut. Ich bin zufrieden, daß du mir helfen willst. Sorge du nur, daß alle kommen, von der größten Antilope bis zum kleinsten Norogo." Somba sagte: "Es ist gut; ich werde das schon erledigen."

Somba verkündete im Lande, daß alle Tiere, von der größten



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Antilope bis zum kleinsten Norogo, beim Abaga zusammen zu kommen und bei diesem großen Opferfeste an seiner Hausflur vorüberzuziehen hätten. Norogo hörte das. Es wurde ihm bänglich zumute. Er sagte: "Wie ziehe ich mich aus der Sache? Es wird herauskommen!" Er überlegte. Er sagte sich endlich: "Ich werde mit Somba sprechen und ihn um seine Hilfe bitten." Norogo ging zu Somba und sagte: "Somba, ich muß dir sagen, daß ich es gewesen bin, der den Kindern des Leoparden die Augen ausgepickt hat. Nun sind wir alle zum Feste geladen. Willst du mir helfen, daß das nicht herauskommt?" Somba sagte: "Ja, ich will dir helfen, wenn du mir zahlst." Norogo sagte: "Ich will dir zahlen."

Abaga fragte nach einigen Tagen Somba: "Hast du alles angeordnet? Werden wir erfahren, wer meinen Kindern die Augen ausgepickt hat?" Somba sagte: "Ich habe alles angeordnet. Paß nur auf Norogo und seine Familie auf. Die werden hinter mir sein. Du kannst dich darauf verlassen. In der Familie ist der Sünder." Abaga sagte: "Es ist gut." Am Festtage sagte Norogo zu Somba: "Du hast doch nicht vergessen, was du mir versprochen hast?" Somba sagte: "Ich werde dir helfen. Schlüpfe nur in einen Korb, den ich unmerklich auf dem Rücken vorbeitragen kann." Norogo sagte: "Das werde ich tun."

Der Festtag kam. Erst zogen die größten Antilopen an Abagas Tür vorbei. Abaga saß vor der Tür. Die größten Antilopen sagten: "Guten Tag!" Abaga sagte: "Guten Tag." Die größten Antilopen sagten: "Wir wünschen, daß dir dein Fest gelinge." Abaga sagte: "Es geht ja gut. Wo ist denn aber Norogo ?" Die größten Antilopen sagten: "Er wird weiter hinten sein!" Dann gingen sie vorüber. Alle Tiere gingen vorüber. Abaga fragte alle Tiere, wo Norogo sei. Sie sagten alle, er sei hinten.

Somba kam nun der Tür Abagas näher. Er trug Norogo in einem Korb auf dem Rücken. Norogo sagte: "Du hast doch nicht vergessen, was du mir versprochen hast? Ich will dir alles schenken, was du willst, und wenn es ein Elefant ist. Aber hilf mir!" Somba sagte: "Es ist gut." Norogo sagte: "Wenn Abaga mir nichts tut, will ich dir alles schenken." Somba sagte: "Es ist gut." Somba kam an Abagas Haustür. Er grüßte Abaga. Abaga sagte: "Wo ist denn Norogo? Du hast mir gesagt, er würde direkt hinter dir sein!" Somba sagte: "Er wird wohl dicht hinter mir sein. Halte dich aber nur zunächst an jene Antilope mit den schönen Hörnern; das ist der Vater Norogos. Wenn du den. tötest, tötest du einen Dieb."



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Diese Antilope war nämlich Somba seit langer Zeit etwas schuldig. Aber Somba konnte sie mahnen, soviel er wollte, er erhielt die Schuld nicht zurückbezahlt. Abaga sagte: "Gut."

Die Antilope mit den großen Hörnern kam vorüber. Sie sagte: "Guten Tag! Verläuft dir das Fest angenehm?" Abaga sagte: "Es verläuft recht angenehm. Sage mir, wo ist denn dein Sohn, der Norogo?" Die Antilope sagte: "Was geht mich Norogo an? Das ist nicht mein Sohn, und ich weiß nicht, wo er ist." Abaga sagte: "Siehst du, du lügst! Da haben wir den Dieb." Er sprang auf die Antilope mit den schönen Hörnern zu und tötete sie.

Als Somba Norogo vorbeigetragen hatte, sagte Norogo: "Nun laß mich aus dem Korbe, geh nach Hause. Ich will auch nach Hause gehen und das Geschenk für dich vorbereiten." Somba ließ Norogo heraus. Norogo lief von dannen in den Busch, in sein Dorf und ließ nichts mehr von sich hören. Somba hatte das Nachsehen.

Seitdem traut man den Hühnern nicht mehr und trägt sie in Körben.

103. Der Fleischraub Sombas und Kateres

K inkirsi machte sich ein großes, großes Haus. Das füllte er von oben bis unten mit trockenem Fleische an. Somba (Plural: sonsi; der Sonsanni der Mandestämme) fand das. Er wußte hineinzugelangen, entdeckte den Inhalt und trug ein wenig von dem trockenen Fleische ins Freie. Er kehrte zurück und holte noch mehr. Das tat er mehrmals. Als er eine Last voll hatte, ging er damit nach Hause. Am anderen Tage machte er es ganz ebenso. Demnach gab es im Hause Sombas sehr viel zu essen.

Gegenüber von Somba hatte Katere (der Schakal) sein Haus. Eines Tages ging Frau Katere das Feuer aus. Sie ging also hinüber zu Frau Somba, um sich einen neuen Brand zu holen. Als sie hinüberkam, sah sie einen großen Topf auf dem Feuer stehen; daraus stieg ein Duft empor. Die Frau Katere roch, daß es etwas Gutes war. Sie sah, daß Sombas Leute in Bälde essen wollten. Sie ging ein Stück fort und löschte den Brand aus. Sie kehrte um und sagte: "Mein Feuer ist wieder ausgegangen. Gebt mir einen anderen Brand!" Sie zündete aufs neue an und ging von dannen. In einiger Entfernung löschte sie den Brand aus. Sie kehrte zurück und sagte: "Mein Feuer ist wieder ausgegangen. Gebt mir einen anderen Brand!" Sie zündete aufs neue an und ging von dannen. In einiger



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Entfernung löschte sie den Brand aus. Sie kehrte zurück und sagte: "Mein Feuer ist schon wieder ausgegangen. Gebt mir einen anderen Brand!"

Nun sah Somba wohl, daß es der Frau Katere nur darauf ankäme, zu erfahren und herauszubekommen, was in dem Topf enthalten sei. Deshalb rief er sie heran und sagte zu ihr: "Hier, versuche ein wenig." Er gab ihr von dem gekochten Fleisch ab. Frau Katere aß davon. Doch ein wenig steckte sie zu sich und nahm es mit dem Brande zusammen heim.

Daheim lag ihr Mann, der Katere, schläfrig auf der Erde und brummte, als sie kam: "Du bist lange fortgeblieben." Frau Katere sagte: "Gewiß bin ich lange fortgeblieben. Dafür bringe ich aber auch eine gute Nachricht mit. Der Somba da drüben, das ist noch ein guter Ehemann. Der bringt für seine Familie noch Fleisch zur Stelle. Ich habe einen faulen Mann. Ja, bei Sombas gibt es Fleisch!" Katere sagte: "Das ist nicht wahr." Frau Katere sagte: "Sie haben mir ja davon abgegeben. Hier ist noch ein Stück." Sie gab ihrem Manne das, was sie beiseitegesteckt hatte. Der aß es und sagte: "Ja, das ist getrocknetes Fleisch." Sobald Katere es verschlungen hatte, lief er hinüber zu Somba.

Katere sagte zu Somba: "Du hast ja Fleisch!" Somba sagte: "Ja, ich habe wohl Fleisch, aber es gehört nicht mir. Ich habe es gestohlen." Katere sagte: "Das ist ganz ausgezeichnet. Da holen wir gemeinsam. Wann können wir dahin gehen?" Somba sagte: "Gut, ich will es dir zeigen." Katere sagte: "Wann können wir dahin gehen?" Somba sagte: "Wir werden morgen, wenn der Tag weiß ist (d. h. wenn die Sonne aufgegangen ist), dorthin gehen." Katere sagte: "Gut."

Katere ging wieder. Er ging aber nicht zu Bett, sondern holte einen weißen Stoff hervor. Den breitete er weit aus, lief zu Somba zurück, weckte ihn und sagte: "Die Sonne ist schon aufgegangen. Der Tag ist schon ganz weiß. Schau dorthin. Wir wollen nun hingehen und von dem getrockneten Fleisch holen." Somba blickte auf und sagte: "Das ist doch wohl noch nicht der weiße Tag. Da scheint mir jemand einen weißen Stoff aufgehängt zu haben. Geh nur wieder auf dein Lager. Wir gehen nicht, ehe nicht der Tag weiß ist." Katere zog wieder fort und warf sich auf sein Lager.

Als es soweit war, kam Katere wieder zu Somba. Katere hatte einen Sohn mitgebracht. Katere sagte: "Wir wollen gehen." Somba sagte: "Gehen wir." Sie gingen. Somba war allein. Katere hatte



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seinen Sohn mitgebracht, damit er derart noch mehr schleppen könne. Als sie nun an den großen Speicher Kinkirsis gekommen waren, in dem das getrocknete Fleisch aufgespeichert lag, sagte Somba: "Du siehst, der Speicher ist geschlossen. Wenn man nun will, daß der Speicher sich öffne, muß man rufen: ,Kurie! Kurie!' (Das soll heißen: ,Tu dich auf! Öffne dich!') Das darf man nicht vergessen. Paß auf!" Somba schrie laut: "Kurie! Kurie!" Darauf öffnete sich der Speicher. Somba und Katere stiegen hinein. Der Sohn Kateres blieb draußen.

Somba steckte sich einiges in seinen Sack und sagte dann: "Katere, ich gehe jetzt!" Katere sagte: "Ich will erst noch von dieser ausgezeichneten Sache genießen. Nachher packe ich auch auf und werde mich mit meinem Sohne von dannen machen." Somba sagte: "Wie du willst!" Dann sprang Somba zum Speicher hinaus und rief: "Kurkib! Kurkib!" (Das soll heißen: "Schließe dich! Deck dich zu!") Als er das rief, tat sich hinter ihm sogleich der Speicher zu, und Somba lief von dannen in das Dorf.

Katere fraß noch ein wenig im Dunkeln. Dann wollte er auch hinaus und dachte bei sich: "Somba hat mir ja das Wort gesagt, das man nennen muß, wenn der Speicher aufgehen soll! Wie war doch das Wort?" Es fiel Katere nicht ein. Darauf rief er seinem draußen wartenden Sohne zu: "Laufe doch in das Dorf und frage Somba, wie das Wort hieß, mit dem der Speicher zu öffnen ist!" Kateres Sohn sagte: "Gut." Er lief ins Dorf zu Somba und sagte: "Mein Vater Somba, wie heißt doch das Wort, auf das hin sich der Speicher öffnet? Mein Vater hat es vergessen." Somba sagte: "Dein Vater soll nur sagen: "Kurkib! Kurkib!" Der Sohn Kateres lief wieder zurück. Er rief dem Vater im Speicher zu: "Somba sagt, du solltest nur sagen: ,Kurkib! Kurkib!'" Darauf rief Katere: "Kurkib! Kurkib!" Der Speicher schloß sich noch mehr. Katere rief: "Kurkib! Kurkib!" Der Speicherschluß ward fester und fester.

Nach einiger Zeit kam Kinkirsi. Er trat an den Speicher und rief: "Kurie! Kurie!" Darauf öffnete sich der Speicher. Kinkirsi



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Anmerkung. Zu den beiden Worten Kurie und Kurkib ist zu bemerken, daß die Eingeborenen, und zwar sind dies ziemlich wilde Mossi, ihren Sinn als "öffne dich !" und "Deck dich zu !" kennen, die Worte selbst aber als der Fabeisprache und nicht dem Mossi zugehörig erklären. öffne dich heißt in Mossi Pack! Deck dich zu heißt in Mossi Packi! In Wahrheit scheinen mir die beiden Worte einen recht interessanten Anhaltspunkt für mehrere Schlüsse zu bieten. Beide Worte stammen wohl aus der Mandesprache, z. B.


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sah hinein. Im Innern erblickte er Katere. Kinkirsi sagte: "Nun finde ich doch endlich den Dieb, der mir mein gutes Fleisch stiehlt!" Katere sagte: "Ich bin kein Dieb; ich bin nur so hier!" Kinkirsi sagte: "Was machst du denn hier?" Katere sagte: "Das ist nur Sombas Schuld. Somba hat mich hierhergeführt." Kinkirsi sagte: "Wo ist denn dieser Somba?" Katere sagte: "Er ist fortgelaufen." Kinkirsi sagte: "Solange ich den Somba nicht finde, werde ich mich an dich halten."

Dann schlug Kinkirsi Katere tot.


104. Somba, Katere und Uobogo

Uobogo (der Elefant) pflegte alle Tage in Erdlöchern das Spiel Uarre (das Paddi der Bammana und der Kallaleute) zu spielen. Eines Tages kam Somba dazu. Er sagte: "Guten Tag, mein Uobogo." Uobogo sagte: "Guten Tag, mein Somba, willst du mit mir spielen?" Somba sagte: "Ich kann es nicht, aber ich könnte es ja lernen." Somba kannte es aber sehr wohl. Uobogo sagte: "Gib acht, ich will es dir beibringen!" Uobogo zeigte es Somba.

Somba spielte nun mit Uobogo Uarre. Er wußte es aber sehr wohl einzurichten, daß Uobogo gewann und er selbst verlor. Darüber freute sich Uobogo so, daß er vor Vergnügen und lachend sich auf den Rücken warf und hin und her wälzte. Diesen Augenblick sah Somba ab. Er bemerkte, daß Uobogo beim Wälzen den Anus öffnete. Da schlüpfte er schnell hinein. Im Innern schnitt er sich schnell einige von den besten Fettstücken ab und trug die eilig heraus. Als Uobogo sich ausgewalzt hatte, war Somba schon wieder zu seinem Anus herausgeschlüpft und hatte auch schon seine Fettstücke im Grase versteckt. Sie spielten noch mehrmals. Somba ließ Uobogo noch mehrmals gewinnen und benutzte jedesmal, wenn jener vor Vergnügen sich im Grase wälzte und dabei den Anus öffnete, die Gelegenheit, in dessen Inneres zu schlüpfen und sich einige gute Stücke Fett herauszuholen. Die versteckte er



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Kurie-Kurru jelle! auch ausgesprochen als Kur-jell, da Endsilben häufig verschluckt werden. Kurru jelle heißt "Fels, öffne dich". Kurkib-Kurru birri! d. h. "Fels, decke dich zu". Die Form Kurkib entsteht hieraus sehr einfach, da in diesen Sprachen besonders bei Abbreviativformen ein Streben zu Alliteration nicht so sehr selten ist und somit der K.-Anfang beider Silben deutlich wird. Das beweißt: z.daß diese Fabelkunst aus Mandequelle stammen dürfte, 2. daß die Mandequelle in dem Speicherraum ursprünglich eine Feishöhle sah.


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erst, und als sie sich trennten, nahm er seinen Raub und trug ihn nach Hause.

Daheim genoß Somba nun die ausgezeichneteste Speise. Und das ereignete sich nicht einmal, sondern Somba spielte mit Uobogo alle Tage, und während er stets Uobogo gewinnen ließ, erlangte er selbst dabei die vorzüglichsten Fett- und Fleischstücke aus dem Innern Uobogos. Die ließ er von seiner Frau zubereiten und führte auf diese Weise ein ausgezeichnetes Leben. — Eines Tages besuchte Katere das Gehöft Sombas. Er roch die Fleischspeise und sagte: "In dem Topfe hier scheint mir eine ausgezeichnete Fleischspeise zu sein. Was ist das?" Somba sagte: "Du irrst dich, das ist nichts." Katere sagte: "Wenn du mir nicht sagst, was das ist, dann brauche ich es auch nicht zu wissen. Ich werde dich dann aber töten und an dir mir ein gutes Frühstück machen." Somba sagte: "Nun, Katere, ich will es dir nur sagen, daß es etwas recht Gutes ist. Ich will dich morgen mitnehmen und dir zeigen, wo ich das gewinne. Du mußt mir aber versprechen, recht vorsichtig zu sein, denn die Sache ist nicht ohne Gefahr." Katere sagte: "Gut, morgen früh werde ich dich abholen."

Am anderen Tage kam Katere und holte Somba ab. Sie machten sich beide auf den Weg zu der Stelle, an der Uobogo Uarre zu spielen pflegte. Ehe sie ankamen, sagte Somba zu Katere: "Nun paß nur auf, daß du immer verlierst, und nachher mach' mir alles nach!" Katere sagte: "Es ist gut!" Als Uobogo sie kommen sah, sagte er: "Ihr seid heute zwei?" Somba sagte: "Ja, ich habe meinen Freund mitgebracht. Er hat mich ausgelacht, weil ich immer verliere, und meint, er verstände es selbst wohl schneller und besser als ich." Uobogo sagte: "Gut, wir wollen es ihm zeigen, und dann will ich gegen euch alle beide spielen." Uobogo zeigte Katere das Spiel, und darauf spielten sie. Somba und Katere ließen Uobogo gewinnen. Der rief: "Ihr könnt beide zusammen nicht soviel wie ich allein!" Dann wälzte er sich noch viel vergnügter als sonst vor Lachen.

Somba lief geschwind in den Anus hinein. Katere folgte ihm. Somba zog sein Messer heraus. Er sagte: "Nun paß auf, Katere! Du kannst dir überall Fett und Fleisch abschneiden. Nur diesen Teil hier, das Herz, das darfst du nicht anrühren. Sobald du da hineinschneidest, stirbt Uobogo, und sobald er stirbt, schließt er das Arschloch, und wir können nicht wieder heraus. Also sei vorsichtig!" Katere sagte: "Ich will vorsichtig sein!" Somba sagte: "Gib wohl



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acht, denn sonst geht es uns allen beiden schlecht. Wenn du ihn tötest, sterben wir auch, und mit der guten Fett- und Fleischspeise ist es vorbei!" Katere sagte: "Jaja, es ist gut!"

Darauf schnitten sie jeder ab, was ihnen gut gefiel. Katere war aber so emsig dabei, daß er nach einiger Zeit das Gebot Sombas vergaß. Der fettige Herzklumpen gefiel ihm so ausgezeichnet, daß er endlich sein Messer ansetzte und just da ein ordentliches Stück herausschnitt.

Als Katere das getan hatte, starb Uobogo sofort, und im Tode schloß er seinen Anus. Nun konnten Somba und Katere nicht heraus. Der tote Uobogo lag da. Nach einiger Zeit kam ein Jäger an der Stelle vorbei und sah den toten Elefanten. Der Jäger ging sogleich in das Dorf zurück und rief seine Genossen. Er sagte: "Es ist ein toter Elefant da." Darauf machten sie sich auf und gingen in den Busch. Die anderen fragten: "Hast du ihn getötet?" Der erste Jäger sagte: "Nein, ich habe ihn so gefunden." Einer sagte: "Wie mag er wohl zu Tode gekommen sein ?" Sie stritten darüber. Dann begannen sie, die Haut abzuziehen. Somba fragte Katere: "Wo willst du dich verstecken?" Katere sagte: "Ich will mich im Pure (Magen; in Bammana =furru) verstecken." Somba sagte: "Ja, das ist ein geräumiger Platz!" Dann schlüpfte er selbst in die Djimpoi (das ist die Galle; in Bammana = kunankuna). Er sagte sich: "Alle Jäger werfen die Djimpoi beiseite." Die Jäger schnitten inzwischen den Leib auf; sie rollten das Innere aus dem Bauche heraus, schnitten die Djimpoi vorsichtig ab und warfen sie weit fort zur Seite.

Somba schlüpfte sofort heraus und reinigte sich. Darauf kam er wie zufällig auf die Jäger zu und sagte: "Guten Tag! Sieh da, ein toter Elefant! Habt ihr ihn getötet?" Die Jäger sagten: "Nein, wir haben ihn nicht getötet; wir haben ihn so gefunden." Somba sagte: "Wenn es euch interessieren sollte, woran er gestorben ist, so könnte ich es leicht erfahren. Ich verstehe mich auf das Erdorakel, auf das Orakeln aus Kaurimuscheln, auf das Orakeln aus Kalebassen. Da ist es mir nicht schwer, die Sache zu erkunden." Die Jäger sagten: "Ja, stelle die Sache für uns fest. Wir wollen dir gern als Lohn dafür von dem Fleisch des Elefanten abgeben." Somba begann sogleich seine Arbeit. Er befragte das Erdorakel. Er befragte die Kaurimuscheln. Er sah in die Kalebassen. Dann sagte er: "Der Elefant ist von etwas getötet worden, was jetzt im Magen sitzt. Bindet also den Magen sorgfältig ab. Dann legt ihn beiseite. Wenn



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ihr mit der Zerteilung fertig seid, schneidet euch Stöcke und schlagt so lange auf den Magen des Elefanten, bis das, was darin ist, stirbt." Die Jäger sagten: "So wollen wir es machen."

Danach zerlegten die Jäger das Tier. Den Magen banden sie zu und legten ihn beiseite. Das Fleisch teilten sie in verschiedene Haufen, der Anzahl der Jäger entsprechend. Dann schnitten sie sich kräftige Knüppel und begannen ordentlich auf den zugebundenen Magen einzuschlagen. Als sie eine Weile zugeschlagen hatten, nahm Somba ein Stück Fett zur Hand, beugte sich auf den Magen herab und sagte: "Katere, hier ist ein herrliches Stück Fett, willst du es essen?" Katere sagte mit schwacher Stimme: "Ich lebe ja nicht mehr sehr, aber ich denke, ich werde es noch essen können." Hierauf sagte Somba zu den Jägern: "Das lebt noch, schlagt nur weiter!" Die Jäger begannen von neuem auf den Magen einzuhauen. Nach einiger Zeit beugte sich Somba wieder herunter und sagte: "Willst du nicht von dem ausgezeichneten Fett, mein Katere?" Katere sagte ganz schwach: "Vielleicht kann ich es noch essen!" Somba sagte zu den Jägern: "Das lebt noch, schlagt nur weiter!" Die Jäger begannen von neuem auf den Magen einzuhauen. Und das setzten sie so lange fort, bis Katere nicht mehr antwortete, als Somba ihm das Fett hinhielt.

Somba sagte: "Nun kann man mit Vorsicht aufschneiden." Die Jäger schnitten auf. Aber Katere lebte noch, er sprang im letzten Augenblick von dannen. Somba sagte: "Seht ihr, daß ich recht gehabt habe?" Die Jäger sagten: "Ja, du hast recht gehabt." Und jeder gab ihm ein ordentliches Häuflein von seinem Fleischanteil ab. Das trug Somba nach Hause.


105. Somba, Uobogo und Jußumde

Somba schloß Kameradschaft mit Uobogo (dem Elefanten) und mit Jugumde (dem Kamel). Aber sowohl Uobogo als Jugumde wußten nicht, daß Somba noch einen zweiten Kameraden habe. Jeder von beiden glaubte, er sei der einzige Kamerad Sombas.

Eines Tages sagte Somba zu Uobogo: "Wir wollen einen Acker zusammen anlegen und uns dabei in der Arbeit teilen. Du kannst die Bäume und den Busch wegräumen, kannst das Feld reinigen, und ich werde nachher die Saat auswerfen." Uobogo sagte: "Es ist gut, so werden wir es machen." Sie suchten also einen guten Platz aus, und Uobogo machte sich sogleich an die Arbeit. Er



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räumte Bäume, Büsche und Gras fort und räumte das Feld gut auf. Somba betrachtete die Arbeit und sagte: "Du hast deine Arbeit gut gemacht. Nun werde ich, sobald der erste Regen fällt, an die meine gehen und werde den Samen ausstreuen."

Einige Tage später ging Somba zu Jugumde und sagte: "Wir wollen zusammen einen Acker bestellen. Dabei wollen wir uns in die Arbeit teilen. Ich habe schon das Feld von allen Bäumen, Büschen und Gräsern gereinigt. Jetzt kannst du es übernehmen, die Saat auszustreuen. So teilen wir uns ausgezeichnet in die Arbeit." Jugumde sagte: "Ja, das wollen wir machen." Dann gingen sie hin, betrachteten den Acker, und Jugumde sagte: "Du hast das Feld gut gereinigt. Nun können wir säen, und das werde ich übernehmen." Jugumde warf die Saat aus. Die Saat ging auf. Nach einiger Zeit ließ Somba durch Uobogo den Acker vom Unkraut reinigen.

Als die Saat reif war, ging Somba eines Tages zu Uobogo und sagte: "Du mußt doch einmal nachsehen, was das mit unserem Acker wird. Ich habe jetzt schon mehrfach ein Tier darauf wahrgenommen, das scheint unseren Acker in Beschlag nehmen zu wollen. Es muß ein ganz riesengroßes Tier sein, viel größer als du. Bring dir also ja einen großen, starken Knüppel mit. Das Tier selbst habe ich noch gar nicht gesehen, sondern nur seine Konde (Gitarre). Aber diese Konde ist so mächtig, daß du sie nicht würdest tragen können. Also rüste dich ja, wenn du kommst, mit einem tüchtigen Knüppel aus, denn dieses Tier muß viel größer und stärker sein als du. Uobogo sagte: "Gut, ich werde mich einrichten. Ich werde morgen früh auf dem Acker sein."

Alsdann ging Somba zu Jugumde und sagte zu ihm: "Jugumde, ich fürchte fast, wir haben die schwere Arbeit der Ackerbestellung für jemand anders verrichtet." Jeden Morgen sehe ich jetzt auf unserem Acker ein riesenhaftes Tier, demgegenüber du wie eine Termite bist. Es trägt eine Keule zwischen zwei Fingern, die mir Angst macht zu sehen. Ich glaube, dieses Tier will uns die Frucht unserer Ackerarbeit rauben. Willst du es nicht einmal ansehen?" Jugumde sagte: "Gewiß will ich das Tier sehen; ich werde morgen früh hingehen." Somba sagte: "Komm aber ja ganz früh. Lege dich nur irgendwo an der Sonnen (aufgangs- oder -untergangs ?)seite hin, so daß ich dich gleich rufen kann, wenn ich das Tier irgendwo sehe." Jugumde sagte: "Es ist gut; ich werde ganz früh dort sein."



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Am anderen Morgen ging Jugumde ganz früh auf das Feld. Inzwischen lief Somba zu Uobogo und sagte: "Komm, ich will dir das fremde Tier mit der Konde zeigen." Uobogo machte sich darauf mit Somba auf den Weg. Ehe sie am Felde ankamen, machte sich Uobogo aus einem großen Baum eine riesenhafte Keule zurecht und sie gingen auf den Acker. Am anderen Ende war inzwischen Jugumde angekommen. Man sah nur seinen Hals und seinen Höcker aus dem Felde emporragen. (Nach Ansicht der Mossi sehen diese beiden Teile zusammen aus wie eine Konde.) Somba sagte zu Uobogo: "Sieh dorthin! Sieh dorthin! Ist das nicht eine Konde?" Uobogo sah dorthin und sagte: "Ja, das ist eine riesengroße Konde!" Somba sagte: "Nun kannst du dir denken, wie groß das Tier ist, das dieses Instrument führt. Ich habe Furcht, ich habe Furcht! Schnell, laß uns weglaufen, ehe das Tier mit uns Streit beginnt. Wirf deine Keule weg! Lauf mit mir fort. Auch dein Leben ist wertvoll." Somba lief davon. Uobogo bekam auch Angst. Er warf seine Keule beiseite und lief auch in das Weite.

Somba kehrte aber bald um, er schlich sich zu Jugumde hin und sagte leise: "Jugumde, Jugumde, komme schnell! Das Tier ist dort drüben. Es hat eben seine Keule hingelegt. Ach, ich habe solche Angst! Aber komm! Sieh dir die Sache selbst an." Jugumde sagte: "Ja, ich will mir die Sache ansehen." Somba führte Jugumde zu der Stelle, an der Uobogo seine Keule auf die Erde geworfen hatte und zeigte Jugumde den Baumstamm. Er sagte: "Glaubst du, mit einem Tier fechten zu können, das solche Keulen handhabt?" Jugumde sagte: "Nein, das kann ich nicht." Somba sagte: "Aber du könntest es vielleicht versuchen! Warte, ich will das Tier, das da drüben sein muß, rufen, damit du mit ihm kämpfst! Wir wollen doch unsere Ackerarbeit nicht umsonst verrichtet haben!" Somba wollte gehen. Jugumde sagte: "Laß, laß! Ich kann das unmöglich, lieber gebe ich den Acker auf!" Jugumde lief von dannen.

Somba sagte zu sich: "Nun gehört mir der Acker allein. Ich brauche jetzt nur noch jemand, der mir das Eintragen des Kornes erledigt." Somba ging zur Uidi Pelogo (Koba-Antilope) und fragte: "Wenn du mir das Korn von meinem Acker einsammeln und in die Speicher tragen willst, sollst du gut bezahlt werden. "Uidi Pelogo hatte aber alles gesehen, was Somba mit Uobogo und Jugumde angefangen hatte und sagte: "Ich danke dir. Ich kenne deine Schliche. Suche dir jemand anders." Darauf ging Somba zu den



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Uamsi (Affen, Sing.: uamba) und fragte: "Wenn ihr mir das Korn von meinem Acker einsammeln und in den Speicher eintragen wollt, so sollt ihr gut bezahlt werden." Die Uamsi sagten: "Gut, das wollen wir tun."

Somba sagte: "Fangt ihr nur an, das Korn zu schneiden, ich werde inzwischen die Speicher vorbereiten. " Die Uamsi gingen an die Arbeit des Kornschneidens. Somba ging nach Hause und bereitete die Speicher vor. Er nahm von allen Speichern die Deckel ab und setzte sie auf die Erde. Er tat aber unter jeden Strohhelm drei Hunde. Nachher kamen die Uamsi mit dem Korn und füllten es in die Speicher. Somba~sagte: "So ist es gut, nun braucht ihr nur noch die Strohhelme auf die Speicher zu setzen. Nachher will ich euch gut bezahlen." Die Uamsi nahmen die Strohhelme auf. Da fuhren aber die Hunde empor, und das verursachte den Uamsi einen solchen Schrecken, daß sie in großer Bestürzung von dannen rannten, ohne noch an die Bezahlung zu denken.

So hatte Somba sein Korn gewonnen, ohne selbst dabei auch nur die Hand zur Arbeit erhoben zu haben.

106. Somba, Katere und Baga

Zuerst waren Somba und Katere gute Kameraden. Sie stahlen zusammen Ziegen, Hammel und Hühner und fühlten sich dabei recht wohl. Eines Tages aber sagte Katere zu Somba: "Hör' mal, Somba, du paßt mir nicht mehr als Kamerad. Vor allen Dingen bist du mir zu schwach, weshalb ich immer alles tun muß, was Stärke erfordert. Dann aber arbeitest du überhaupt nicht, sondern überläßt mir den größten Teil der Arbeitsleistungen, auch wenn sie keine besonderen Kräfte erfordern. Also will ich dich nicht mehr als Kameraden haben. Ich werde mich nach einem anderen Kameraden umsehen." Somba sagte: "Wie du willst! Ich fürchte nur, es wird zu deinem Schaden sein!" Katere sagte: "Das werde ich ja sehen."

Dann lief Katere zu Baga (dem Hunde) und sagte: "Hör', mein kleiner Hund, ich will in Zukunft mit dir Kameradschaft halten. Ich bin bis jetzt mit Somba ausgegangen, und wir haben viele Ziegen, Schafe und Hühner gewonnen. Aber jetzt habe ich das Verhältnis zu ihm gelöst, denn zum ersten ist er schwach und arbeitet nicht, und dann muß ich ihm immer mehr als die Hälfte aller Beute abgeben. Deshalb will ich nichts mehr von ihm wissen und will dafür



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mit dir, mein kleiner Hund, Kameradschaft schließen." Baga sagte: "Es ist gut, wir können es versuchen."

Als Somba hörte, daß Katere mit Baga Kameradschaft geschlossen habe, ging er zu Baga und sagte zu ihm: "Mein Baga, ich will dir einen Rat geben. Sei ja vorsichtig mit Katere. Ich habe gehört, daß Katere mit dir Freundschaft geschlossen hat. So sage ich dir denn, daß Katere furchtbar gierig ist. Da du nun im Dienst der Menschen bist, so ist das an sich schon gefährliche Ziegenrauben für dich doppelt gefährlich, denn wenn sie dich dabei erwischen, werden sie mit dir noch härter verfahren als mit einem anderen. Also sei vorsichtig! Sage aber auch Katere nichts, daß ich dich gewarnt habe, denn dann wird er gegen dich mißtrauisch." Baga sagte: "Ich danke dir, mein Somba, ich werde mich danach richten." Somba sagte: "Ich will dir im übrigen sagen, daß du, wenn du einmal Hunger hast, dich nur an mich zu wenden brauchst, denn ich weiß eine ausgezeichnete Honigstelle" (Honig sido). Baga sagte: "Ich danke dir, mein Somba."

Eines Tages sagte Katere zu Baga: "Komm, wir wollen uns eine Ziege holen." Baga machte sich mit Katere auf den Weg. Sie kamen bis an das Dorf. Katere sagte zu Baga: "Gehe hinein und hole uns eine Ziege heraus!" Baga sagte: "Aber was denkst du, mein Katere! Was sollte mein Herr dazu sagen, wenn ich ihm eine Ziege raube! Ich bin doch im Dienst der Menschen, und ich kann doch so etwas nicht tun." Katere sagte: "So muß ich die Ziege wohl selbst holen!" Baga sagte: "Ja, das mußt du, mein Katere!"

So lief denn Katere in das Dorf und stahl eine Ziege. Die Ziege trieb er heraus. Dann sagte er zu Baga: "Nun laufe wenigstens in das Dorf und hole uns Feuer, daß wir kochen können." Baga sagte: "Wie soll ich denn Feuer holen? Ich habe keine Hände, es anzufassen. Ich müßte es mit dem Munde nehmen. Wenn ich es aber mit dem Munde nähme, würde ich mir den Mund verbrennen. Was würde aber mein Herr dazu sagen, wenn ich einen verbrannten Mund hätte!" Katere sagte: "Es ist gut. Dann wollen wir die Ziege so in unser Lager treiben." Sie trieben die Ziege in das Lager.

In dem Lager war Somba. Somba kannte eine ausgezeichnete Honigstelle. Die Bienen hatten in einem gekrümmten, hohlen Baum ihre Waben gebaut. Dieser Baum war so gewunden, daß man nicht mit dem Kopf hineinfahren konnte, ohne steckenzubleiben. Nun hatte Somba damals noch einen schönen langen Schwanz. Mit dem Schwanze war er in die Bienenhöhle gefahren und hatte den Honig



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herausgezogen. Der ganze Schwanz war noch voller Honig, als er ins Lager kam.

Einige Zeit, nachdem Somba mit seinem Honigschwanze angekommen war, kamen auch Katere und Baga mit ihrer Ziege an. Katere warf sich müde auf die Erde. Somba stand auf und ging an Katere vorüber. Er strich mit dem honigüberzogenen Schwanze Katere an der Nase vorbei und sagte: "Rieche einmal, mein Katere." Katere roch und sagte: "Das ist ja der ausgezeichnetste Honig!" Dann begann Katere den Honigschwanz abzulecken. Er war aber so gierig, daß er nicht nur den Honig, sondern auch den ganzen Schwanz nach und nach wegknabberte, und daher kommt es, daß Somba heute nur noch einen ganz kurzen Schwanzstummel hat. Danach fragte Katere: "Wo hast du diesen Honig gefunden, mein Somba?" Somba sagte: "Das will ich euch gern sagen. Der Honig ist in einem gekrümmten (besser gewundenen) hohlen Aste. Nun wißt ihr, daß ich ja leider nur ein schwaches Tier bin. Wäre ich ein starkes Tier, dann könnte ich das morsche Holz mit meinem Kopfe zerbrechen und euch den ganzen Honig bringen. So bin ich leider darauf angewiesen, meinen Schwanz in die Höhlung hineinzuschieben und so viel herauszuziehen, als eben gelingt. Aber es gibt für mich immer nur wenig und ist schwierig, während es für dich, den starken Katere, ein leichtes wäre, alles auf einmal zu ergreifen." Katere sagte: "Zeige mir doch die Stelle!"

Darauf führte Somba Katere und Baga an den gewundenen hohlen Ast und sagte: "Hier ist der Honig!" Katere roch erst daran. Er sagte: "Es ist wahr, und die Höhlung scheint ganz voll zu sein! Ich werde mit meinem Kopf das Holz aufbrechen." Er fuhr mit wilder Gier eilig hinein und zwängte den Kopf in die Windung. Nun war er ganz fest darin und konnte zunächst den Hals drehen und wenden, wie er wollte; er kam nicht wieder frei.

In seiner Herzensangst rief Katere: "Baga, lauf schnell zu meiner Mutter und sage ihr, sie solle das Erdorakel befragen, um zu erfahren, wie ich aus dieser Klemme wieder herauskomme. Lauf schnell!" Somba nahm Baga beiseite und sagte zu ihm: "Frage doch Katere, ob er dafür bezahlen und erlauben wolle, von der Ziege zu essen, die ihr geraubt habt." Baga fragte Katere laut: "Ist es erlaubt, als Bezahlung für den Dienst von der Ziege zu essen, die wir gestohlen haben?" Katere sagte: "Lauf nur schnell zu und frage meine Mutter. Von der Ziege kannst du nehmen, was du willst. Wenn ich nur bald wieder fortkomme."



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Darauf liefen Baga und Somba so schnell wie möglich von dannen. Sie liefen aber nicht zur Mutter Bagas, sondern in das Lager zu der Ziege. Sie aßen die Ziege auf und ließen Katere in seiner Falle. Katere zog und zog und kam auch endlich los, aber er war arg zerschunden.

Seitdem will aber Katere von der Kameradschaft mit Baga noch weniger wissen als von der Kameradschaft mit Somba.

107. Buschkönig und Somba

Eines Tages machte Uego-naba (der Buschkönig, das ist der Löwe; sein eigentlicher Name ist djigimde) allgemein bekannt: "Kein Tier soll in Zukunft Siba (Art wilder Weintrauben) essen. Ich will dieses Recht mir ganz allein vorbehalten." Somba hörte das auch und sagte bei sich: "Die anderen können ja zuletzt machen, was sie wollen. Ich kümmere mich natürlich nicht darum. Ich werde die Siba nun gerade erst recht verzehren."

Eines Tages zog Somba im Walde die Lianen und Zweige weit herunter und ließ sie dann frei zurück in die Luft schießen, so daß es ein starkes Sausen und Brausen gab. Der Uego-naba hörte das. Er kam eilig angelaufen, und als er Somba sah, fragte er ihn: "Was ist das?" Somba warf sich schnell nieder und sagte: "Welches Glück für mich, daß du, Uego-naba, kommst. Du allein kannst mir das Leben retten. Du hörtest soeben schon den ersten Windstoß. Gleich wird der große Sturm heranbrausen, der wird die Tiere fortwehen. Auch der Elefant wird wie ein Blatt von dannen geblasen werden. Nun tue mir die Gnade an und binde mich an einen Baum recht fest an." Als Uego-naba das hörte, sagte er: "So geht das nicht. Erst muß ich, der Uego-naba, festgebunden werden. Sogleich wirst du, Somba, mich an einen Baum festbinden." Somba sagte: "Wie du befiehlst!" Darauf band Somba den starken Uegonaba fest. Als das geschehen war, ging Somba umher und aß alle Siba auf. Um den König des Busches kümmerte er sich nicht mehr, den ließ er angebunden.

Lange Zeit lag Uego-naba am Boden, ohne sich rühren zu können. Endlich kamen die kleinen weißen Ameisen und begannen die Lianenstränge, mit denen der König festgebunden war, durchzunagen. So ward er denn wieder frei.

Nach einiger Zeit ließ Uego-naba verkünden, daß er an einem bestimmten Tage ein großes Fest und allerhand Opfer veranstalten



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wolle. Es sollten sich alle Tiere zur Begehung der Zeremonie einfinden. Als Somba das hörte, begab er sich sogleich zu Kango (dem Perlhuhn) und sagte: "Ich habe eine wichtige Neuigkeit gehört; leih mir doch dein Kleid, daß ich es ein wenig anlege." Kango gab Somba sein Kleid. Darauf lief Somba zu Buruogo (dem Kronenkranich, Trompetenvogel der Franzosen; kommo oder kumma der Mande) und sagte: "Leih mir doch deine hübsche Kopfkappe. Ich habe eine wichtige Neuigkeit gehört. Da möchte ich hingehen und, um gekleidet zu sein, dies Stück von dir leihen." Darauf lieh Buruogo seine Kappe dem Somba.

Als der Tag des Festes gekommen war, legte Somba das Federkleid Kangos an und setzte die Kronenkappe Buruogos auf. Niemand konnte ihn so erkennen, und er begab sich an den Hof des Königs. Er sagte: "Guten Tag!" Der König fragte: "Was ist das?" Somba sagte: "Ich wage es, zu deinem Geburtstag zu kommen, weil du alle Tiere eingeladen hast." Uego-naba fragte: "Wer bist du denn?" Somba sagte: "Ich bin nur der Sohn der Termiten." Uegonaba sagte: "Das ist gut. Dein Vater hat mich seinerzeit befreit, als der schlimme Somba mich gebunden hatte. Nun will ich dich gern und ausgezeichnet aufnehmen."

Darauf ließ Uego-naba für Somba eine Lagerstätte im Haus seiner ersten Frau bereiten. Auch ließ er gute Getränke bringen und endlich einen Ochsen schlachten und die trefflichsten Speisen bereiten. Somba wurde danach untergebracht. Er legte sich auf sein Lager, nachdem er ordentlich gegessen und getrunken und einige große Knochen mit tüchtigen Fleischstücken in seinen Quersack gesteckt hatte. Somba schlief fest und lange. Endlich sagte sich die erste Frau des Königs: "Der Gast, der Sohn der kleinen Termiten, schläft sehr lange. Er wird doch nicht etwa krank sein? Ich werde einmal nachsehen." Die Frau trat in das Haus. Somba war im Schlafe die Kronenkappe des Buruogo herabgefallen. Die Frau des Königs sah ihn mit entblößtem Kopfe daliegen. Sie betrachtete den Kopf des schlafenden Somba und sagte: "Es ist ja sehr auffallend, was für lange Ohren der Sohn der kleinen Termiten hat. Er hat Ohren wie Somba. Ich muß das doch einmal dem König sagen." Die Frau ging.

Die erste Frau ging zu Uego-naba und sagte: "Der Gast, den du bei mir untergebracht hast, ist nicht der Sohn der Termiten. Das ist Somba." Der König sagte: "Das glaube ich nicht." Die erste Frau sagte: "Du brauchst nur die Ohren zu sehen. Seine Kappe



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ist heruntergefallen. So kann man es ganz deutlich erkennen." Der König sagte: "Ich kann es nicht glauben. Ich will noch jemand hinsenden, der die Sache ansieht." Der König sandte noch eine Botschaft. Der Bote kam zurück und sagte: "Ich habe ihn im Hause deiner Frau schlafend gesehen. Man erkennt ihn an den Ohren. Das Tier sieht dem Somba sehr ähnlich."

Uego-naba sagte: "Dann müssen mir alle helfen, diesen Somba, der mich zweimal hintergangen hat, zu töten." Der König rief alle seine Sklaven und sagte: "Nehmt Stöcke, geht hinein, schlagt Somba tot." Dann stellte der König rund um das Haus viele Hunde auf, damit, wenn Somba doch aus dem Hause entkomme, die Hunde über ihn herfallen und ihn totbeißen sollten. Die Sklaven gingen hinein. Sie schlugen nach Somba. Somba aber sah sich sehr vor, nahm seinen Quersack, sprang hoch und weit über die Sklaven fort.

Draußen wollten die Hunde über ihn herfallen. Somba setzte von dannen. Als der erste Hund ihn fast erreicht hatte, warf Somba ihm einen Knochen aus seinem Sack hin. Sogleich packte der Hund danach, schleppte ihn beiseite und nagte an dem Knochen herum. Ein Hund nach dem anderen fiel so beiseite. Zuletzt war nur noch ein ganz alter, bissiger Hund da, der wollte bis dahin keinen Knochen nehmen, sondern hatte es darauf abgesehen, Somba selbst zu ergreifen. Somba hatte aber in seinem Sack noch einen Knochen mit einem großen Stück Fleisch daran. Diesen Knochen hielt Somba lange Zeit hinter sich, so daß der große Hund ganz gierig wurde. Endlich schnappte der große Hund danach und schleppte ihn beiseite.

Eine Zeitlang war nun Somba seine Verfolger los. Als er aber ganz dicht am (rettenden) Walde war, jagte der alte Hund wieder hinter ihm her, und in dem Augenblicke, da er in das Buschwerk springen wollte, packte der Hund ihn am Hinterfuß. Somba lachte nun laut auf und sagte: "Du beißt in ein Stück Holz, wo mein Fuß daneben ist." Darauf ließ der Hund den Fuß los und biß in einen Ast. Somba aber entwischte lachend in das Dickicht.

108. Der Kampf der Tiere

Somba hatte sich einen Sondo, das ist ein Webstuhl, gebaut und fragte: "Wem soll ich seinen Faden verarbeiten?" Uobogo kam und brachte seinen Gissi-ga (Faden) und sagte: "Verwebe mir das!" Norogo, der junge Hahn, brachte seinen Gissi-ga und sagte: "Verwebe mir das!"



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Uobogo, der~Elefant, kümmerte sich zunächst nicht weiter um die Sache. Norogo aber kam in einem fort zu Somba, quälte ihn und sagte: "Laß nur Uobogos Faden noch liegen und verarbeite erst den meinen, damit mein Webstoff fertig wird, denn ich habe es sehr eilig mit meinem Stoff. Also spute dich! Spute dich!" So quälte Norogo den ganzen Tag und ließ nicht nach, so daß Somba nicht dazu kam, etwas anderes anzufangen als den Webstoff Norogos.

Eines Tages aber kam Uobogo, der Elefant, zu Somba und fragte: "Nun, wo hast du meinen Webstoff?" Somba sagte: "Ich bin nicht dazu gekommen, ihn anzufangen. Den ganzen Tag über sitzt Norogo hier bei mir und quält mich, daß ich doch nur erst einmal seinen Faden aufarbeite und sagt außerdem, dein Faden hätte Zeit! Was soll ich da machen?" Darauf wurde Uobogo über alle Maßen wütend und schrie: "Was will so ein kleines Tier, wie dieser Norogo, gegenüber einem so mächtigen Geschöpf, wie ich es bin! Norogo ist ja über alle Maßen unverschämt!" Dann ließ Uobogo einen guten Haufen seiner Exkremente fallen und sagte fortwährend: "Ein Tier, das ebensolchen Misthaufen abwerfen kann, mag sich mit mir messen, aber nicht dieser kümmerliche Hahn!" Dann ging er.

Kurze Zeit darauf kam Norogo. Somba sagte zu ihm: "Soeben war Uobogo hier. Er hörte, daß du gesagt hast, sein Faden und Stoff hätte Zeit. Da wurde er sehr wütend und sagte, du wärst ein kümmerliches Tier ihm gegenüber. Dann hat er diesen Misthaufen hier ausgeworfen und gesagt: ,Ein Tier, das ebensolchen Misthaufen auf einmal setzen kann, mag sich mit mir messen, aber nicht der kümmerliche Hahn."

Als Norogo das hörte, ging er auf dem Mist herum und scharrte und pickte ihn auseinander. Dann zog er sich eine Feder amis, steckte sie in die Mitte des Mistes und sagte: "Wenn Uobogo wiederkommt, sage ihm, das wäre soviel wie ein Haar meiner Augenwimper. Nun soll Uobogo einmal überlegen, wer größer sei, er oder ich!" Damit ging Norogo von dannen. Dann kam aber einige Zeit später Uobogo wieder vorbei, und Somba richtete ihm genau seine Botschaft aus: "Norogo war hier. Er hat den Mist zerstreut und diese Feder als Haar seines Augenlides hineingesteckt. Nun sollst du einmal überlegen, wer größer sei, er oder du!"

Uobogo sagte: "Vor allen Tieren will ich mich mit diesem kleinen Hahn schlagen, und alle sollen, sehen, wer mächtiger ist, er oder ich. An dem und dem Tage wollen wir uns da und da schlagen."



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Die Nachricht sandte er an alle großen Tiere. Norogo aber sandte die Nachricht auch an alle Tiere, welche fliegen, damit sie als Zeugen seiner Seite dem Kampf beiwohnten.

Am gegebenen Kampftage kamen als erste auf dem Kampfplatze die Simfu (oder singfu, das sind die Bienen) an. Sie meldeten sich sogleich bei Norogo an. Norogo sagte: "Nehmt eure Wohnung nur zunächst in dem Flaschenkürbis dort!" Darauf krochen alle Simfu in den Flaschenkürbis. Als zweiter kam Kossemkonde (ein Adler mit roten Läufen) an. Norogo sagte zu ihm: "Wenn der Kampf im Gange ist, nimm den Flaschenkürbis mit dir hoch in die Luft und laß ihn von oben herabfallen, so daß er gerade dem Uobogo auf den Kopf fällt."

Die Parteien versammelten sich. Es ward verabredet, daß der Kampf schweigend verlaufen müsse, und daß die Partei verloren hätte, deren Mitglieder zuerst anfingen zu schreien oder fortzulaufen. Uobogo und Norogo begannen zu kämpfen. Nach einiger Zeit stieg Kossemkonde in die Luft und nahm die Kalebasse mit den Simfu mit hinauf. Von oben ließ er sie herabfallen. Die Bienen schwärmten, als das Gefäß auf dem Kopfe Uobogos zerschellte, nach allen Seiten auseinander. Erst suchten alle Tiere durch Armschwenken die Bienen fernzuhalten. Dann aber ward Katere gestochen, und er begann zu schreien und fortzulaufen. Kaum aber hatte der erste begonnen, so folgten die anderen, und endlich lief auch Uobogo, der große Elefant, davon.

An dem Tag egab es viele gute Fänge für die Vögel. Ein Storch (der Norogo-Partei natürlich) pickte einen Frosch nach dem anderen auf und sagte nach jedem Schluck: "Die Truppen und der Kriegszug des Norogo sind gut, sind gut!" — Die Frösche waren nämlich auf der Seite Uobogos.

109. Katere und Djigimde

Katere ging eines Tages im Walde spazieren. Da traf er einen Topf voller Fische. Es war ein sehr großer Topf. Katere steckte die Nase hinein und rief: "Ja, es sind Fische!" Er begann voller Freude rund um den Topf zu tanzen. Dann sagte er: "Nun will ich aber die Sache beiseitebringen, um ungestört essen zu können." Er nahm ihn auf und wollte gehen. Just kam Djigimde (der Löwe).

Djigimde hatte Katere so vergnügt tanzen sehen. Er sagte zu



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Katere: "Ich sah dich schon tanzen; weshalb warst du so vergnügt ?" Katere sagte: "Ich habe soeben im Busch etwas gefunden, nämlich einen großen Topf voller Fische." Djigimde sagte: "Zeig' einmal!" Katere setzte den Topf mit Fischen auf die Erde. Djigimde roch daran und sagte: "Das ist nichts für Kinder. Das werde ich selbst essen." Und Djigimde machte sich sogleich daran und fing an zu essen. Katere sagte: "Gib mir doch ein klein wenig ab." Djigimde aß und schüttelte den Kopf. Katere sagte: "Gib mir doch ein klein wenig ab." Djigimde aß und schüttelte den Kopf. Als er beinahe alles aufgefressen hatte, sagte Katere nochmals: "Gib mir doch ein klein wenig ab!" Djigimde schüttelte nur den Kopf.

Da sprang aber Katere mit einem schnellen Satz hinter dem Djigimde vorbei und riß ihm die Laili (das Skrotum) fort. Mit den Lalli jagte er so schnell er konnte von dannen. Als er weit genug war, ging er langsamer. Er sah die Tauben sitzen. Er warf mit dem Laili des Djigimde (wie mit einem Stein) nach ihnen, traf auch wirklich eine Taube und tötete sie. Mit den Laili und der Taube ging er weiter.

Mit den Laili und der Taube kam er an einem Gehöft vorbei, in dem wohnte eine Frau mit ihrem Söhnchen. Die Frau hatte eine sehr große Ziegenherde. Katere nahm die Taube und machte sie dem Söhnchen der Frau zum Geschenk. Nach einigen Tagen machte er sich aus den Laili eine Gitarre, ging zu der alten Frau, spielte die Gitarre und sang: "Pendere, pendere, pendere! Wenn jemand dem Djigimde die Lalli entreißt, um damit Tauben totzuwerfen, und wenn er dann die Tauben verschenkt, so muß man ihm die Gabe reich belohnen. Was gibst du mir für die Taube, meine Alte?" Die alte Frau wußte sich nicht anders zu helfen, als dem Katere eine Ziege zu schenken.

Am anderen Tage kam aber Katere wieder und sang wieder: "Pendere, Pendere, Pendere! Wenn jemand dem Djigimde die Lalli entriß, um damit Tauben totzuwerfen, und wenn er dann die Tauben verschenkt, so muß man ihm die Gabe reich belohnen. Was gibst du mir für die Taube, meine Alte ?" Die alte Frau hatte große Angst vor dem Manne, der dem König des Busches die Laili hatte entreißen können. Sie wußte nichts anderes zu tun, als dem Katere eine zweite von ihren Ziegen zu schenken.

Am dritten Tage aber kam Katere wieder. Er kam jeden Tag, einen nach dem anderen, sang auf der Lalligitarre und erpreßte eine Ziege nach der andern, so daß der alten Frau von ihrem großen



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Ziegenbestande zuletzt nichts weiter übrigblieb als eine einzige große Ziege. Da setzte sich die Frau mit ihrem Söhnchen hin und begann zu weinen. In dem Augenblick kam aber Djigimde vorbei. Er sah lie beiden weinen und fragte: "Was habt ihr denn?" Die Alte antwortete: "Ach, hier kommt immer ein Katere an, der hat dem Djigimde die Laili geraubt, hat damit eine Taube totgeworfen, hat uns die Taube geschenkt und kommt nun alle Tage. Er spielt auf den Laili des Djigimde, aus denen er seine Gitarre gemacht hat, und verlangt drohend eine Ziege für die Taube. Nun hat er fast schon alle Ziegen erhalten. Es bleibt nur noch die eine dort, und die wird er heute abend holen. Dann sind wir ganz arm."

Djigimde sagte: "Ich will euch helfen. Bindet mich gegen Abend auch an den Ziegenpflock, und wenn Katere heute abend kommt, dann gebt mich ihm als Ziege." So ward es. Gegen Abend band die Frau Djigimde an einen Pflock. Als es anfing, Nacht zu werden, machte sich Katere auf, seine Ziege zu holen. Er traf unterwegs Somba und nahm den mit sich zu der alten Frau. Somba trug die Gitarre. Katere sang: "Pendere, Pendere, Pendere! Wenn jemand dem Djigimde die Laili entriß, um damit Tauben totzuwerfen, und wenn er dann die Tauben verschenkt, so muß man ihm die Gabe reich belohnen. Was gibst du mir für die Taube, Alte?" Die Alte sagte: "Ihr seid zwei Burschen. Ich habe gerade noch zwei Ziegen. Nehmt die beiden Ziegen hin." Darauf führte sie die beiden dahin, wo Djigimde und die Ziege angebunden waren. Als Katere Djigimde sah, sagte er: "Das ist die größere, die werde ich nehmen. Nimm du die andere, mein Somba." Es war nämlich inzwischen vollkommene Nacht geworden.

Die beiden führten jeder seine "Ziege" fort. Nach einiger Zeit begann es zu blitzen. Somba sah, daß die Ziege Kateres Djigimde sei, daß Katere das aber nicht sah, weil er Djigimde hinter sich her führte. Somba sagte: "Katere, sieh doch einmal rückwärts auf die Blitze!" Katere sagte: "Was scheren mich die Blitze. Ich mache, daß ich mit den Ziegen heimkomme." Somba dachte bei sich: "Diese Sache wird gut endigen! Ich will machen, daß ich beizeiten von dannen komme." Somba sagte nach einer Weile: "Ich habe schweres Leibschneiden, führe meine Ziege ein wenig. Ich will mich in den Wald zurückziehen." Katere sagte: "Gib die Schnur her." Somba gab die Schnur an Katere. Somba trat in den Busch und machte, daß er so schnell wie nur möglich heimkomme.

Katere eilte sich auch, mit den zwei Ziegen nach Hause zu



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kommen. Als er in sein Gehöft kam, führte er die beiden Ziegen ins Haus, rief seine zwei Frauen und sagte: "Kommt mit euren Kindern und zwei Holzschalen. Ich bringe zwei Ziegen mit. Die will ich nun gleich schlachten und das Blut auffangen." Die Frauen kamen mit Kindern und Holzschüsseln. Nun packte Katere Djigimde am Kopf, um ihm die Kehle durchzuschneiden. Als er aber so den starken Hals faßte, knurrte Djigimde, und an dem Knurren merkte Katere entsetzt, wen er vor sich hatte. Er und die Seinen sprangen beiseite. Aber es war zu spät. Djigimde sprang auf einen nach dem anderen und tötete so alle Kateres. Darauf kehrte Djigimde zu der alten Frau zurück und sagte: "Ich habe Katere und seine ganze Familie geschlachtet. Du kannst hingehen, ihr Fell und ihr Fleisch als Ersatz für deine verlorenen Ziegen verkaufen."

110. Einladungen der Tiere

Wulumwupu (die Lehmnester bauende, große schwarze Hauswespe) sagte einmal zu Pondere (der Kröte): "Willst du mit mir gehen zu meiner Schwiegermutter? Wir werden sicher ausgezeichnet bewirtet werden!" Pondere sagte: "Wir sind befreundet; gewiß, ich werde dich gern begleiten." Beide machten sich nun auf den Weg. Sobald sie ankamen, ward ihnen ein Lagerplatz angewiesen. Dann trug man Getränk herbei. Sie konnten sich satt trinken. Inzwischen bereiteten die Frauen des Dorfes schönen Sachabo (Mehlbrei) vor.

Die Schwiegermutter ließ den Sachabo vorsetzen und sagte: "Nun eßt!" Wulumwupu sagte zu Pondere: "Ehe du mit zu speisen beginnst, geh' hin und wasche dir die Hände." Pondere hüpfte fort, um sich die Hände zu waschen. Als das geschehen war, hüpfte Pondere zurück, aber nun wurden die nassen Hände natürlich sandig. Als Wulumwupu das sah, sagte er: "Das ist im Dorf meiner Schwiegermutter nicht Sitte. Hier ißt man nur, wenn man sich ganz gründlich gereinigt hat. Geh also zurück und beginne die Wäsche nochmals." Pondere hüpfte wieder fort, sich zu waschen. Pondere kam wieder mit sandigen Füßen. Inzwischen begann Wulumwupu zu essen. Wulumwupu sandte Pondere immer wieder zurück, weil Pondere noch Sand an den Füßen habe. Endlich hatte Wulumwupu alles aufgegessen, und für den armen Pondere war dabei nichts übriggeblieben. — Dann kehrten die beiden Freunde wieder heim in ihr Dorf.



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Eines Tages sagte Pondere zu Wulumwupu: "Ich will meinem Onkel einen Besuch abstatten. Willst du mich begleiten? Wir werden sicherlich ausgezeichnet empfangen werden, und man wird uns reichlich Speise und Trank vorsetzen." Wulumwupu sagte: "Wir sind befreundet, da will ich dich gern begleiten." Sie machten sich also gemeinsam auf den Weg und kamen in dem Dorfe des Onkels an. Es ward ihnen sogleich Getränk vorgesetzt und das Lager bereitet. Darauf begannen die Frauen auch, den Sachabo zu bereiten. Als der Mehikuchen, herbeigebracht wurde, sagte Pondere: "Nun geh hin, lieber Wulumwupu und wasche dir die Hände. Wenn du wiederkommst, dann laß dein kleines Trömmelchen fort. Es ist bei uns Sitte, daß man nichts zu essen erhält, wenn man trommelnd zum Sachabo tritt." (Mit diesem Trommeln ist das Gesumm der sehr geräuschlos fliegenden Wespe gemeint. Schon in dem Namen Wulumwupu ist eine phonetische Betonung dieser Eigenschaft enthalten.) Wulumwupu ging hin, sich die Hände zu waschen. Als er aber zurückkam, konnte er nicht anders, als wieder sein Trömmelchen schlagen (mit den Flügeln summen). Darauf sagte Pondere: "Das geht nicht. So gibt es nichts. Du mußt ohne dein Trömmelchen zum Essen kommen." Wulumwupu ging. Inzwischen aß Pondere den Sachabo auf.

Daraufhin entstand nun ein Streit. Beide schimpften sich Bastarde. Pondere sagte: "Meine Familie bringt ihre Jungen in sehr vornehmer Form zum Leben. Erst werden Eier gelegt. Aus den Eiern schlüpfen kleine Geschöpfe mit Schwänzen heraus, und dann erst entwickeln wir Frösche uns." Wulumwupu sagte: "Meine Familie entwickelt sich genau ebenso vornehm. Erst baut man ein Haus (ein Erdnest), dann holt man von draußen Würmer herein und mauert das Haus zu. Hierauf erst kommen die Flügeltiere heraus. Wir sind Vornehme."

Daraus erkannten beide, daß sie von ganz verschiedener Art seien, und somit lösten sie die Freundschaftsverbindung.

111. Kinkirst und das Korn

Kinkirsi hatte eine Tochter. Er legte vor die Haustür einen Kinkirsi-Laare (das ist dasselbe wie Saaga-Laare; das ist soviel wie sankalimakaba, neolithische Steinwerkzeuge im Mande. Aber die Volksvorstellung glaubte besonders viele dieser Blitzsteine in den Händen der Kinkirsi). Kinkirsi sagte zu allem Korn: "Wer



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von euch es versteht, diesen Stein zu zerbrechen, dem gebe ich meine Tochter zur Frau." Damals war alles Korn noch wie ein Speer geformt (d. h. kolbenartig), wie es heute die Kassia (das ist sanio der Mande) ist. Alle Kornarten machten sich daran und versuchten, den Kinkirsi-Laare zu zerstören. Der kleine Kassia (von Franzosen petit mil genannt - panikum) gewann im Wettspiel. Kein anderes Korn vermochte den Stein zu durchbrechen. Somit ging Kassia mit Kinkirsi in sein Dorf. —Beschämt hierüber, ließen die anderen beiden Kornarten, Baninga (das ist kenenge der Mande) und Karaga (das ist njenekong der Mande, das von den Franzosen fälschlich "rote Kanenge" genannte Korn) den Kopf hängen. Und in dieser Weise den Kopf hängen lassend, kann man sie heute noch sehen.

Auf dem Wege ins Dorf kamen Kinkirsi und Kassia am Kumbafelde (kumba =Aubergines; djagatu der Malinke; nkojo der Bammana) Kinkirsis vorbei. Kassia brach eine Frucht ab und sagte: "Ist das gut zu essen ?" Er wollte essen. Kinkirsi aber wurde wütend und sagte: "Seit meines Urgroßvaters Zeiten haben wir keine andere Nahrung zu uns genommen als Kumba. Wir haben nicht geduldet, daß ein anderer von diesen Früchten genießt oder auch nur abbricht. Ich verbiete dir das nicht nur, sondern ich verlange von dir, daß du die Frucht sofort wieder an den Busch bringst. Kannst du das nicht, so bekommst du meine Tochter nicht, und außerdem mußt du mir Strafe zahlen." Kassia begann vor Angst zu zittern. Kinkirsi rief drohend: "Tue es oder ich töte dich!"

Somba hatte alles das, nebenan im Grase liegend, gehört. Er schlich sich zu Kassia und sagte ihm heimlich: "Kinkirsi hat es nur darauf abgesehen, dich zu töten und dir seine Tochter vorzuenthalten. Ich will dir raten. Dort drüben will ich mich wie ein Hund niederlegen und dann rufe du mich: Hahahaha! wie man seinen Hund ruft." Kassia sagte heimlich: "Es ist gut!"

Kassia sagte zu Kinkirsi: "Warte, ich will meinen Hund rufen!" Er rief: "Hahahaha!" Somba kam angejagt. Da lief Kinkirsi SO schnell er konnte von dannen.

112. Kinkirsi und Schakal

Ein Mann hatte einen kleinen Sohn. Der Mann hatte viel Korn gewonnen und seinen Speicher gut gefüllt. Als die schlechte Jahreszeit begann, entstand in der Gegend Hunger. Der Vater sagte



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zu seinem Jungen: "Ich will ausgehen, um ein wenig Arbeit zu suchen. Achte du derweilen auf den Speicher!" Der Vater ging.

Eines Tages kam ein kleiner Kinkirsi (Plural: kinkirsi damba; entspricht den Uoklo der Mande) zu dem Knaben und sagte: "Guten Tag." Der Junge sah den Kinkirsi an und sagte auch: "Guten Tag." Der Kinkirsi sagte: "Dein Vater, der zur Arbeit ausgegangen ist, sendet mich zu dir und läßt dir sagen, du sollst mir von dem Korn in eurem Speicher geben." Der Junge sagte: "Wenn mein Vater das angeordnet hat, so nimm dir." Damit machte er den Speicher auf. Der Kinkirsi kroch hinein. Er aß soviel er nur essen konnte, und dann machte er sich noch ein hübsches Paketchen zurecht, das nahm er mit sich fort. Am anderen Tage kam der Kinkirsi wieder und sagte: "Dein Vater, der auf Arbeit ausgegangen ist, sendet mich zu dir und läßt dir sagen, du sollst mich in den Speicher hineinlassen, damit ich mir ein wenig Korn nehme." Der Junge sagte: "Wenn, mein Vater das angeordnet hat, so komm!" Er führte den Kinkirsi an den Speicher, öffnete und ließ ihn hinein. Der Kinkirsi kroch hinein. Er aß, soviel er zu essen vermochte. Dann packte er noch eine kleine Matte mit Korn voll und schleppte das mit sich von dannen.

Am nächsten Tage kam der Vater wieder. Er sagte: "Guten Tag." Der Sohn sagte: "Guten Tag." Der Vater sagte: "Was gibt es?" Der Junge sagte: "Ich habe mich über einen kleinen Kerl geärgert, der kam zuerst vorgestern und sagte, du hättest ihn geschickt, ich soll ihm den Speicher öffnen und ihn nach Belieben nehmen lassen. Ich tat es. Er aß und nahm auch noch mit. Gestern kam er schon wieder und sagte, du habest ihn geschickt und ich solle ihn essen lassen. Ich ließ ihn in den Speicher. Er aß sich ordentlich voll. Dann nahm er noch reichlich mit und ging von dannen." Der Vater sagte: "Ich will dir etwas sagen, mein Junge. Das ist sicher ein Kinkirsi. Wenn er wiederkommt, laß ihn nur ruhig in den Speicher hinein. Dann aber, wenn er drin und ordentlich beim Essen ist, mach den Speicher zu und laß ihn nicht wieder heraus. Warte, bis ich wiederkomme." Der Junge sagte: "Es ist gut so." Der Vater ging.

Am anderen Tage kam richtig der Kinkirsi wieder und sagte: "Guten Tag." Der Junge sagte: "Guten Tag." Der Kinkirsi sagte: "Dein Vater, der auf Arbeit ausgegangen ist, sendet mich zu dir. Er läßt dir sagen, du sollest mir den Speicher aufmachen, damit ich ordentlich essen kann." Der Junge sagte: "Wenn mein Vater das



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angeordnet hat, so wollen wir es sogleich machen. Er ging hin und öffnete den Speicher. Der Kinkirsi kroch sogleich hinein. Kaum war er darin, so schloß er auch wieder.

Der Vater kam wieder. Er sagte: "Guten Tag." Der Junge sagte: "Guten Tag." Der Vater sagte: "Was gibt es Neues?" Der Junge sagte: "Der Kinkirsi ist im Speicher gefangen." Der Vater sagte: "Das ist gut. Wir wollen sogleich nachsehen." Er ging hin und öffnete den Speicher. Im Speicher war der Kinkirsi. Der Vater sagte: "Was ist er klein und mager und hat dabei einen großen Kopf mit einem langen Bart!" Kinkirsi sagte: "Das kommt daher, daß ich so großen Hunger hatte. Der Kopf ist groß geblieben, aber der Körper wurde, weil ich nicht genug zu essen bekam, immer kleiner. Nun brauche ich aber nur einige Tage gut zu essen, so wächst mein Körper sehr schnell. Ich werde wieder ganz groß und stark, und man kann gar nicht glauben, wie ich dann arbeiten kann." Der Vater sagte: "Das ist nicht dumm. Das ist möglich. Wir können es versuchen." Der Vater legte ihm eine Schnur um den Hals und führte ihn ins Haus, um ihn schnell anzubinden. Der Kinkirsi sagte: "Wenn ich aber gut gedeihen soll, müßt ihr mich da anbinden, wo es nicht so hell und wo es etwas abgelegen ist." Der Vater sagte: "Das kann geschehen." Dann band er ihn in einem Winkel an, und nun bekam Kinkirsi alle Tage Mehlspeise und Fleisch vorgesetzt.

Eines Tages kam Katere (Plural: kata, der Schakal) vorbeigelaufen und witterte einen Knochen, den Kinkirsi vorher abgeknabbert hatte. Katere trat ein und sagte: "Guten Tag, mein alter Kinkirsi. Was machst du denn hier in dem stillen Winkel?" Kinkirsi sagte: "Ach, die Menschen haben mich hier angebunden, damit ich fetter werde, und nun geben sie mir alle Tage Hühner, Hammel- und Ochsenfleisch. Und ich mag kein Fleisch essen. Ich habe es nun aber einmal übernommen und muß es durchführen." Katere sagte: "Ich will dir einen Vorschlag machen, Vater Kinkirsi!" Ich will dich losbinden. Du kannst mich dann an den Strick legen. Ich tue es aus Freundschaft für dich und verspreche dir, daß ich alles Fleisch, was sie herwerfen, auffresse." Kinkirsi sagte: "Laß nur. Ich habe das einmal übernommen und will dir nicht zumuten, daß du dich mit dem Fleisch herumplagst. Denn du glaubst gar nicht, welchen Haufen ich davon jeden Tag verzehren muß!" Katere sagte: "Vater Kinkirsi, ich bin jung, und es soll mich freuen, dir mit junger Kraft eine schwierige Sache abzunehmen." Sie



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stritten längere Zeit hin und her. Endlich sagte Kinkirsi: "Wenn du denn durchaus willst, so will ich den Freundschaftsdienst annehmen." Darauf band Katere Kinkirsi los und ließ sich von Kinkirsi an den Strick legen. So war denn Katere in dem stillen Winkel angebunden, und Kinkirsi eilte, von dannen zu kommen.

Am anderen Tage kam der Knabe, dem Kinkirsi sein Essen hinzustellen. Er sah Katere, stellte das Essen schnell hin, lief zu seinem Vater und sagte: "Vater, es ist wahr, Kinkirsi ist schon ganz groß geworden; er läuft schon auf vier Beinen; er ist schon so groß wie ein Kalb. Er hat nicht gelogen. Die gute Nahrung hat ihn schnell groß und stark gemacht." Der Vater sagte: "Das ist ja ausgezeichnet. Ich will das gleich ansehen." Der Vater ging mit dem Sohne hin. Er sah den Katere. Er sagte: "Du bist außerordentlich gewachsen. Das ist sehr schön. Du bist wirklich so groß wie ein Kalb, und wir wollen dich schlachten." Darauf sagte Katere: "Ich bin ja gar nicht Kinkirsi. Ich bin ja Katere. Seht ihr nicht, daß ich viel größer bin als Kinkirsi ?" Der Vater sagte: "Ach was! Du hast selbst gesagt, daß du, wenn du gute Nahrung bekämst, in einigen Tagen ganz groß sein würdest. Also, du wirst jetzt geschlachtet." Und so ward Katere getötet. Seitdem fliehen Kinkirsi und Katere die Wohnungen der Menschen.

113. Sombas Wette

Somba wettete mit einem Naba. Somba hatte behauptet: "Die Mädchen können Kinder bekommen, ohne daß sie mit einem Manne schlafen." Der Naba behauptete: "Die Mädchen müssen erst vom Manne beschlafen werden, ehe sie schwanger werden können." Somba sagte: "Es ist ganz einfach; laß ein Mädchen in ein Haus, das einen Hof hat, bringen. Sorge, daß genug Nahrung im Hause ist. Dann maure es zu und du wirst sehen, daß, wenn du nach einem Jahr aufmachst, das Mädchen ein Kind hat." Der Naba sagte: "Es ist wahr, wir können den Versuch machen." Der Naba ließ ein Haus mit einem Hof und einer hohen Mauer darumbauen. Er ließ Speise und alles Korn in Menge hineinbringen, setzte ein unberührtes Mädchen hinein und ließ dann das Haus und den Hof vermauern.

Als das Mädchen so eingemauert war, wandte sich Somba an Dajuga (eine große Ratte). Er sagte zu ihr: "Wenn du mir einen Dienst erweisen willst, an dem mir sehr viel liegt, so werde ich dich



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reichlich belohnen." Dajuga sagte: "Wenn es in meinen Kräften liegt, will ich es tun." Somba sagte: "Lege mir hier draußen ene tiefe Grube an. Von der Grube führe einen Kanal bis unter die Hütte, die der Naba zugemauert hat, und dort gehe bis an die Erdoberfläche. Wirst du das machen können?" Dajuga sagte: "Das ist keine sehr große Sache. Das werde ich tun." Dajuga machte das Loch und den Kanal bis in das Haus des eingemauerten Mädchens.

Sobald das fertig war, lief Somba durch das Loch zu dem eingemauerten Mädchen hinein. Und das machte er so oft und so lange, bis das Mädchen schwanger war, denn jede Nacht beschlief er sie. Als er das erreicht hatte, sagte er in der letzten Nacht zu dem Mädchen: "Nun klopfe den Boden in deiner Hütte recht ordentlich. Denn die Buhuli (Würmer) sind in das Erdreich gekommen. Du mußt das sehr ordentlich machen, damit die Hütte nicht einfällt." Dann ging er fort. Das Mädchen verstopfte also alle Löcher und klopfte den Erdboden sehr fest. Außen aber machte Somba auch jenes Loch zu, durch das er seinerzeit in den Kanal geschlüpft war.

Nach geraumer Zeit sagte Somba zum Naba: "Es dürfte jetzt übrigens ein Jahr verflossen sein, seitdem du das Mädchen hast einmauern lassen. Vielleicht läßt du nun einmal aufmachen und nachsehen, ob sie ein Kind zur Welt gebracht hat." Der Naba sagte: "Es ist wahr; es ist ja ein Jahr verstrichen." Er gab den Auftrag, das Haus zu öffnen. Als man hineintrat, fand man, daß das Mädchen Mutter geworden war und ein Kind hatte.

Somba sagte zu dem Naba: "Erinnerst du dich, daß ich gewettet habe, Mädchen könnten auch Kinder bekommen, ohne daß sie von einem Manne beschlafen würden ?" Der Naba sagte: "Es ist wahr." Es waren aber alte Leute da, die besprachen die Sache. Eines Tages wandte sich der Naba an sie und fragte: "Ist es wahr, was Somba behauptet?" Die alten Leute sagten: "Nein, es ist nicht wahr. Das Kind muß einen Vater haben." Der Naba sagte: "Wie kann man aber feststellen, wer der Vater des Kindes ist?"

Die alten Leute überlegten noch einmal; dann sagten sie zum Naba: "Du kannst vielleicht den Vater des Kindes auf folgende Weise feststellen: Laß alle Männer sich neue Kleider anziehen und jeden mit einem Samsa (gleich der Gommi-Speise der Mande) vor das Kind treten. Jeder soll sein Samsa dem Kinde hinreichen. Welchem nun das Kind die Arme entgegenstreckt, das ist sicher



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der richtige Vater." Der Naba sagte: "Das ist ein sehr guter Rat; So werde ich es machen lassen." Und er gab diesen Befehl nach allen Seiten.

Alle Männer kamen nun an den Hof. Jeder hatte ein neues Kleid an und einen Samsa-Kuchen in der Hand. Jeder reichte dem Kinde den Samsa-Kuchen hin. Aber alle ließen das Kind ganz gleichgültig. Endlich kam auch Somba mit seinem Samsa vorbei und hielt ihn dem Kinde hin. Sowie das Kind den Samsa Sombas sah, streckte es die Arme weit aus und lachte ganz laut. Alle alten Leute sagten: "Das ist der richtige Vater des Kindes." Der Naba sagte: "Das ist der richtige Vater des Kindes." Somba aber sagte: "Nein, ich bin nicht der Vater des Kindes. Das Kind ist ja von einem Mädchen geboren, das nie von einem Manne beschlafen war."

Der Naba sagte: "Es ist schade, daß du nicht zugibst, der Vater des Kindes zu sein; denn wenn es dein Kind wäre, würde ich Mutter und Kind dir zum Geschenk gemacht haben. So müssen wir aber einen Besitzer für die Frau und das Kind suchen. Ich will die Frau und das Kind demjenigen schenken, der mir zuerst frischbereiteten Dam (das ist Hirsebier) vorzusetzen imstande ist."

Als Somba das hörte, dachte er nach. Er wußte, daß es im Orte sehr viele gab, die viel schneller Dam zu machen verstanden als er und seine Mutter. Aber er wollte nicht gern, daß die Frau und sein Kind Leibeigene eines anderen würden. Er rief seine Mutter und sagte zu ihr: "Mache sogleich und so schnell wie möglich einen Topf mit gutem Dam. Du mußt auf jeden Fall mit deinem Dam vor allen Leuten zuerst fertig werden. Hole sogleich vom Fluß das dazu nötige Wasser, ehe noch irgend jemand anderes daran denkt. Dann werde ich es zu verhindern wissen, daß die anderen an das Wasser kommen und das nötige Wasser besorgen." Die Mutter Sombas sagte: "Gut, so will ich es machen." Sie ging sogleich hin und holte vom Fluß Wasser.

Kaum war sie vom Fluß mit dem Wasser angekommen, so ging Somba zum Fluß hinunter und setzte sich in eine kleine Hütte, die am Flußufer war. Er hatte seine Armtrommel bei sich, trommelte und sang: "Jeder, der zum Fluß geht, um Wasser zu holen, soll sich so viel Zeit lassen, erst zu hören, was die Trommel sagt. Denn die Frauen des Königs sind am Fluß, und die darf keiner sehen!" —Als nun die Leute kamen, um das Wasser zur Dambereitung zu holen, hörten sie das. Und jeder, der das hörte, kehrte sofort um; denn es stand schwere Strafe darauf, die Frauen des Königs anzusehen.



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Da so aber niemand Wasser hatte, konnte auch niemand Dani machen, außer der Mutter Sombas, die schon vordem Wasser geschöpft hatte.

So kam es, daß Somba in der Lage war, dem Naba zuerst Dani zu bringen, und so bekam er dann die Mutter und das Kind als Geschenk des Naba. — Seitdem, so sagt man, gelte die Ehe erst dann, wenn der Dani bereitet und verschenkt werde.

114. Die Söhne des Zauberers

Ein Mann hatte drei Söhne. Der Mann war ein mächtiger Timsoba, d. h. Zauberer. Er vermochte ganz außerordentliche Dinge. Auf alle anderen Leute und auch auf seine Söhne blickte er mit Verachtung herab. Er sagte zu seinem Ältesten: "Bilde dir nichts ein! Du kannst nicht das, was ich vermag!" Er sagte zu seinem zweiten: "Du bist noch weniger als dein Bruder. Ihr seid alle miteinander nichts wert." Er sagte zu seinem dritten: "Du taugst nun schon gar nichts. Du bist nicht viel mehr als ein Bastard. Ihr alle seid zuletzt Bastarde, aber habt nichts von meinem Können."

Eines Tages waren der Vater und die drei Söhne jeder für sich allein auf der Wanderung. Sie trafen sich; aber zwischen ihnen war ein Fluß. Auf der einen Seite stand der Vater, auf der anderen standen die drei Söhne. Der älteste Sohn sagte nun zum Vater: "Du hast uns geschmäht und hast gesagt, wir seien nur Bastarde und vermöchten gar nichts im Vergleich zu dem, was du als Tim-soba vermochtest. Ich werde dir jetzt etwas zeigen." Der erste Sohn nahm ein Messer heraus. Er schlug auf das Wasser in der Richtung, in der der Vater stand. Darauf spaltete sich das Wasser und blieb rechts und links wie eine Mauer stehen. In der Mitte zwischen dem Vater und dem Sohne entstand aber im Flußbett ein trockener Weg, auf dem schritt der älteste Sohn nun zu seinem Vater trockenen Fußes hinüber. Darauf schloß das Wasser sich wieder.

Der zweite Sohn sagte: "Zu mir hast du gesagt, daß ich noch weniger tauge als dein Erstgeborener." Der zweite nahm seinen Überhang von den Schultern, breitete ihn auf dem Wasserspiegel aus und schritt auf dieser Bahn wie über die Erde trockenen Fußes über das Wasser zu seinem Vater hinüber. Als er auf dem anderen Ufer angekommen war, nahm er sein Gewand vom Wasserspiegel und schüttelte es. Es fiel kein Wassertropfen heraus. Es war ganz trocken.



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Der dritte Sohn sagte: "Mich hast du am ärgsten gescholten und hast mir gesagt, daß ich noch weniger wert sei als die anderen. Nun werde ich dir zeigen, daß ich auch etwas vermag." Darauf nahm der dritte Sohn einen Feuerbrand. Er ging an den Rand des Flusses. Er ging mit dem Brande unter das Wasser. Er ging im Wasser unter der Oberfläche auf dem Flußboden hin bis zum anderen Ufer hinüber. Der Brand verlöschte nicht. Der dritte Sohn schritt auf der anderen Seite aus dem Wasser wieder heraus und auf den Vater zu. Er schüttelte sich. Er war unter dem Wasserspiegel im Fluß selbst hingegangen, aber das Feuer war nicht verlöscht. Der Sohn schüttelte sein Kleid. Es fiel kein Tropfen Wasser heraus.

Als der Vater gesehen hatte, wie seine drei Söhne vom anderen Flußufer zu ihm hinübergekommen waren, sagte er: "Meine Söhne, ich habe euch unrecht getan. Ihr könnt doch mehr als ich."

115. Die starken Knaben

Ein Mann hatte neun Frauen. Die neun Frauen hatten nur ein Kind. Das Kind sagte, als es ein wenig herangewachsen war: "Ich will mir selbst einen Namen geben. Ich will in Zukunft heißen Para-bane-biga" (Kind der neun Mütter). Das Kind der neun Mütter wuchs allmählich heran. Als es etwa acht Jahre alt war, ging es zu seinem Vater und sagte: "Ich will auf Reisen gehen und mir Kameraden von meiner Art suchen. Gib mir einen Pfeil aus Eisen, einen Bogen aus Eisen und einen Stab aus Eisen." Der Vater gab es ihm. Dann zog er von dannen.

Als das "Kind der neun Mütter" ein Stück weit gegangen war, traf es einen Knaben. Der Bursche fragte den Fremden: "Wer bist du?" Der fremde Junge sagte: "Ich heiße Biga awure abong Sanga lingima tubere" (der Knabe, der einen Sangabaum ausreißt, um das Ohr auszukratzen; die Sangabäume sind sehr groß). Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Zeige das einmal." Der andere Bursche riß einen Sangabaum aus und kratzte sich damit das Ohr aus. Das Kind der neun Mütter sagte: "Es ist gut. Das ist das, was ich brauche. Du kannst als Kamerad mit mir kommen." Die beiden gingen weiter.

Als sie ein Stück weit gegangen waren, trafen sie einen anderen Knaben. Den fragte das "Kind der neun Mütter": "Wie heißt du? Der fremde Bursche antwortete: "Ich heiße Biga ajule jeddega



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tuenga duduenda" (der Knabe, der mit seinem Bart den Himmel bedeckt). Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Zeige das einmal!" Da breitete der andere seinen Kinnbart aus, und richtig, alles rundherum war bedeckt. Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Es ist gut; das ist das, was ich brauche. Du kannst als Kamerad mit uns kommen." Die drei gingen zusammen weiter.

Als sie ein Stück weit gegangen waren, trafen sie einen anderen Knaben. Den fragte das "Kind der neun Mütter": "Wie heißt du?" Der fremde Bursche sagte: "Ich heiße Biga entiga akadaga tintam Mankaraga" (der Knabe, der mit einem Schritt bis Mankaraga kommt. Mankaraga ist ein Dorf von ungefäh 1180 km Entfernung). Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Zeige das einmal!" Der fremde Bursche machte einen Schritt. Er war in Mankaraga. Er machte einen zweiten Schritt. Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Das ist gerade das, was wir gebrauchen können. Du kannst mit uns kommen." Die vier machten sich also auf den Weg.

Sie begaben sich ein Stück weiter. Das "Kind der neun Mütter" tötete mit einem Pfeilschuß einen Elefanten. Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Der Baumausreißer mag beim Elefanten Wache halten. Wir anderen wollen noch ein wenig in den Busch ziehen." Der Baumausreißer blieb da. Die anderen machten sich auf und gingen noch ein wenig in den Busch. Als die anderen ein gut Stück weit gegangen waren, kam eine gewaltige Riesenweihe angeflogen. Die Riesenweihe sagte: "Guten Tag, mein Freund Baumausreißer!" Der Knabe antwortete: "Guten Tag, meine Riesenweihe." Der Vogel sagte: "Willst du lieber, daß ich dich töte, oder willst du lieber, daß ich den Elefanten mitnehme ?" Der Knabe hatte Angst. Er sagte: "Nimm den Elefanten!" Darauf nahm die Riesenweihe den Elefanten und flog damit fort. Als die anderen wiederkamen, fragte das "Kind der neun Mütter": "Wo ist unser Elefant?" Der Baumausreißer sagte: "Es kam eine Riesenweihe, die wollte mich entweder töten oder den Elefanten haben. Darauf ließ ich sie den Elefanten mitnehmen." Das "Kind der neun Mütter"sagte darauf: "Du sollst dich schämen, daß du dir von einem Vogel einen Elefanten wegnehmen läßt und dein Leben für wertvoller hältst als diese Schmach!"

Am anderen Tage tötete das "Kind der neun Mütter" einen wilden Büffel. Es sagte: "Heute mag der Bartbedecker die Wache übernehmen, während wir anderen in den Busch gehen." Es kam wie das erstemal. Die Riesenweihe nahm den wilden Büffel. Das



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"Kind der neun Mütter" schalt den Feigling. Am dritten Tage tötete das "Kind der neun Mütter" wieder eine große Antilope. Es sagte: "Heute mag der Ausschreiter die Wache übernehmen, während wir anderen in den Busch gehen." Es kam wie die beiden ersten Male. Die Riesenweihe nahm die große Antilope. Das "Kind der neun Mütter" schalt den Feigling.

Am vierten Tage tötete das "Kind der neun Mütter" wieder einen großen Elefanten. Es sagte: "Heute werde ich selbst Wache halten. Ihr anderen könnt in den Busch gehen." Die anderen drei machten sich auf und gingen noch ein wenig in den Busch. Als sie eine gute Zeitspanne fort waren, kam die gewaltige Weihe angeflogen. Die Riesenweihe sagte: "Guten Tag, du ,Kind der neun Mütter'." Der Knabe antwortete: "Guten Tag, meine Riesenweihe!" Der Vogel sagte: "Willst du lieber, daß ich dich töte, oder willst du lieber, daß ich den Elefanten mit fortnehme?" Das "Kind der neun Mütter" sagte: "Wage es nicht, den Elefanten anzurühren! Mich zu töten, kannst du versuchen." Der Riesenvögel schoß nun auf den Knaben herab. Der spannte den eisernen Bogen und sandte ihm einen eisernen Pfeil in die Brust. Der Vogel stürzte getroffen herab. Dann aber griff er doch noch den Burschen an. Der Bursche versetzte ihm einen Schlag mit dem Eisenstab. Darauf verlor er fast das Bewußtsein; als er aber doch noch einmal mit dem Schnabel nach dem Knaben hackte, schnitt dieser ihm mit dem Messer den Hals durch.

Hierauf begann das "Kind der neun Mütter" dem Vogel die Federn auszuziehen. Es wurden neun Haufen, ein jeder so hoch wie eine Hütte. Nachher kamen die drei anderen an. Sie waren sehr beschwert. Das "Kind der neun Mütter" sagte aber: "Ihr seht wohl, daß ich euer richtig gewählter Führer bin."

116. Die starken Knaben

Eine Frau hatte neun Töchter. Acht dieser Töchter gebaren wieder jede neun Töchter, die neunte aber blieb kinderlos. Das war gerade die älteste. Eines Tages nun ward sie über diesen Zustand sehr erbittert und auf ihre Schwestern eifersüchtig. Voll wilder Gefühle lief sie in den Wald und sagte dort: "Jede meiner acht Schwestern hat neun Kinder. Ich, die älteste, aber bleibe kinderlos. Ich will im Busch eine Stelle suchen, an der ich mich selbst töte." Auf ihrem Wege traf sie Uende-naba (Gott; die Aus-



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sprache ist oft so undeutlich, daß man Uende-nam zu hören vermeint). Uende-naba fragte sie: "Was hast du? Wo willst du hingehen gehen?" Die Frau sagte: "Ich bin die älteste von neun Schwestern. Jede meiner acht Schwestern hat neun Kinder. Nur ich habe deren nicht ein einziges. Ich schäme mich dessen, und ich will hingehen und mich töten."

Uende-naba sagte: "Geh nur wieder heim. Koche Reis auf, so daß das Wasser darübersteht. Trinke das dann und schlucke auch den Reis hinunter. Sollte aber ein wenig von dem Reis beim Trinken vorbeispritzen und irgendwo am Körper dir haftenbleiben, so streiche dies Reiskorn nicht fort. Laß es da, wo es ist. Drei Tage später komm dann wieder in den Busch und suche Holz." Die Frau sagte: "Ich will es tun." Sie ging nach Hause und bereitete den Reis. Als sie ihn trank, tropfte ein wenig Reiswasser mit einem Korn herab und haftete auf der Wade. Sie ließ es da und streifte es nicht fort. Sofort begann die Stelle an der Wade wie eine Beule zu schwellen und blieb auch in diesem Zustande. Drei Tage später begab sie sich wieder in den Busch, um trockenes Holz zu sammeln. Sie stieg auf einen Tanga-Baum (Baumbutterbaum). Ein Zweig brach ab, und ein Splitter strich in die Beule an der Wade, die an der Stelle entstanden war, wo das Reiskorn hingefallen war. Kaum riß der Splitter die Beule ein wenig auf, so ward aus ihr ein Knabe geboren. Der Knabe sagte: "Mutter, komm, wir wollen zusammen ins Dorf zurückgehen. Weißt du, wie ich heiße?" Die Mutter sagte: "Nein, das weiß ich nicht, denn du bist ja eben erst und ohne daß du einen Vater hast, geboren." Der Knabe sagte: "Ich heiße Rogom-karaga-biga-nagüem-londa" (der aus der Wade geborene Knabe; karaga Wade). Sobald der Knabe das gesagt hatte, machten sie sich auf den Weg und gingen zusammen in das Dorf.

Im Dorfe sagte der Wadengeborene zu seiner Mutter: "Gehe zum Orts-Naba und sage, daß jeder ein Stück Eisen hergebe und daß man aus all dem Eisen zusammen eine Stange anfertige, die mir als Stab dienen kann; denn ich will auf Wanderschaft gehen." Die Mutter sagte es dem Orts-Naba. Der Orts-Naba ließ eine Eisenstange anfertigen. Die Eisenstange wollte man dann dem Knaben bringen. Es waren aber 25 Leute nötig, sie zu tragen, so schwer war sie. Als die 25 Leute die Eisenstange dem Knaben übergaben, nahm der sie in die rechte Hand und schlug ein wenig gegen den ausgestreckten linken Unterarm. Da zersplitterte die Stange. Der Knabe sagte: "Ihr seht, daß das nichts für mich ist. Das ist kümmerlich,



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Nehmt das Spielzeug wieder auf, bringt es zurück und sagt, man solle mir etwas Ordentliches herstellen." Die Leute gingen. Nun fertigte man eine noch viel schwerere Eisenstange an. Als man sie aufnehmen wollte, um sie dem Knaben zu bringen, gelang es nicht. Die Dorfleute waren zu schwach, um das Instrument zu tragen. Da schickte der Orts-Naba eine Nachricht an die Mutter des Kindes, die lautete: "Die Ortsleute haben nun eine sehr große, Schwere Eisenstange hergestellt, die ist aber so schwer, daß sie sie nicht tragen können. Der Wadengeborene muß also selbst kommen, sie abzuholen." Der Wadengeborene hörte die Botschaft. Er machte sich auf den Weg. Er kam zu der Stelle, wo die Stange lag, hob sie mit der rechten Hand auf und schlug sie leicht gegen den linken Unterarm. Er sagte: "Sie ist zwar nicht besonders ausgezeichnet. Immerhin mag sie ausreichen, weil keine bessere vorhanden ist." Dann ging er zu seiner Mutter und bat um die Erlaubnis, eine Wanderschaft zu unternehmen.

(Die Fortsetzung entspricht einer Wandergenossenschaftssage, wie sie z. B. in Nr. 14 der letzten Legende des vorigen Heftes Wiedergegeben ist. Das Wesentliche daraus mag kurz wiedergegeben werden: Der Wadengeborene trifft zwei Kameraden: erstens den Uerre-biga-selle-kumba (der Zweige abbricht und einpflanzt, woraus dann Aubergines emporwachsen; jedenfalls ein Zauberkräftiger), zweitens den Pia-(oder Piga-) üei-manbenda (der neun Sekko-Matten zusammenflicht, um daraus eine kleine Hose zu machen, die knapp reicht). Der Wadengeborene tötet nun erst sieben Elefanten mit der Eisenstange. Während die anderen beiden fortgehen, bleibt der Sekkohosenknabe da. Räuberin ist eine alte Frau. Der Sekkoknabe wird von ihr einfach im Busch aufgehängt. Die anderen befreien ihn zurückkommend. —Anderentags dieselbe Sache. Der Pflanzenverwandler wacht. Die Alte kommt, hängt ihn beiseite, ißt einige Elefanten und nimmt noch einige mit "für das kleine Kind, das sie daheim hat". Die zurückkehrenden anderen beiden befreien ihn. — Am dritten Tag wieder Elefantentotschiag mit der Eisenkeule des Wadengeborenen. Der übernimmt heute, als die anderen fortgehen, die Wache. Die Alte kommt. Der Wadengeborene gibt ihr mit der Eisenstange einen Schlag auf die Stirn, einen Schlag auf den Hinterkopf. Die Alte ist tot. Nun werden noch viele Elefanten getötet und mit nach Hause genommen. Sie werden von den drei Knaben so leicht getragen, als wären es Kaninchen.)



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117. Wandergenossenschaft

Es sind vier Männer: 1. Tonjissogo, ein scharf sehender Scharfschütze; 2. Tonsibue, ein sehr starker Träger; 3. Tonsadaga, ein besonders gut zählen Könnender und 4. Tongobodo, ein Mann, der besonders viel essen kann. Die Geschichte ist ungewöhnlich schlecht erzählt, läuft aber darauf hinaus, daß hinter neun Bergen befindliche neun Elefanten von einem gesehen und gezählt, vom zweiten geschossen, vom dritten heimgetragen und vom vierten gegessen werden.

118. Die drei Freier

Ein Mann hatte eine Tochter. Drei Männer kamen und wollten die Tochter heiraten. Der Vater sagte: "Das ist jetzt schwierig. Meine Tochter ist nur eine, ihr seid drei. Wie soll ich da wählen? Ich kann meine Tochter doch nicht allen drei Männern auf einmal geben." Die Tochter sagte zu ihrem Vater: "Mein Vater, diese Sache ist nicht so sehr schwierig. Sage nur den drei Männern, sie sollten jetzt gehen. Übermorgen abend aber, wenn der Mond voll aufgegangen sei, sollten sie sich alle drei unter dem großen alten Baobab zusammenfinden. Dann würde die Wahl fallen." Der Vater sagte: "Es ist gut; ich werde es ihnen sagen." Der Vater sagte es den Männern. Die drei Männer sagten: "Es ist gut." Sie gingen.

Der Abend kam. Der erste Mann traf im Mondschein unter dem alten Baobab ein. Er sagte zu dem Vater: "Ich bin hier. Ist deine Tochter noch nicht angekommen?" Der Vater sagte: "Warte, bis die anderen beiden Freier kommen." Der zweite Mann kam. Er fragte: "Ist deine Tochter noch nicht angekommen?" Der Vater sagte: "Warte, bis die anderen Männer angekommen sind." Der dritte Mann kam. Er fragte: "Ist deine Tochter noch nicht angekommen ?" Der Vater sagte: "Wartet, meine Tochter wird kommen, da ihr nun alle zusammen hier seid."

Nach einiger Zeit kam die Tochter. Sie sagte: "Nun seid ihr alle drei unter dem Affenbrotbaum, der voller Früchte hängt, versammelt. Nun kann ein jeder zeigen, was er Außerordentliches vermag. Wer am meisten vermag, den werde ich zum Manne nehmen." Als die Frau das gesagt hatte, ergriff der erste Freier den zweiten an den Füßen und schleuderte ihn in die Luft nach dem Baobab. Der Mann, der so geschleudert war, flog um den Baobab. Während er



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flog, pflückte er alle Früchte des Baobabbaumes ab, rieb zwischen den Händen das Mehl des Innern fein und reichte, wieder herunterkommend und so den Flug abschließend, der Frau das Mehl. Er sagte: "Iß das, wenn es dir gefällt." Inzwischen ergriff der dritte Mann den mächtigen uralten Baobab und warf ihn um.

Als die Tochter das alles gesehen hatte, sagte sie zu ihrem Vater: "Da kann ich wirklich nicht wählen. Ich muß schon bei meinem Vater bleiben."

119. Das Kind der ungeliebten Frau

Ein Mann hatte drei Frauen. Zweien von ihnen hatte er Namen gegeben, der dritten nicht. Die eine nannte er Ueni-nogo (in Bammana: Allakabung "Gott groß"), die zweite nannte er Uene-guda (in Bammana: Allade-bammara "Gott der Wächter"). Diese beiden Frauen liebte er. Die dritte Frau liebte er nicht; und deshalb hatte er ihr auch keinen Namen gegeben. Wenn sie kochen wollten, gab er den beiden geliebten Frauen feines Korn, der dritten aber nur Mehl von rotem Korn. Er bevorzugte die zwei mit den Namen überall und setzte die dritte überall zurück.

Eines Tages sagte er: "Meine Frauen sollen zum Markt gehen, einzukaufen." Den beiden geliebten gab er gute Bohnen, daß sie daraus guten Bohnenkuchen machen könnten, der auf dem Markte sehr gesucht war. Die dritte, namenlose Frau kam und bat: "Gib mir auch etwas, damit ich es mir für den Markt bereiten kann." Darauf sagte er: "Ich habe keine Bohnen mehr. Willst du vielleicht Mais haben?" Die namenlose Frau sagte: "Ja, bitte gib mir." Darauf gab der Mann ihr verdorbenen Mais. Als sie den empfangen hatte, ging sie in den Busch und suchte sich wohlschmeckende Blätter. Sie bereitete aus dem Mais einen Brei und tat eine aus den Blättern hergestellte feine Sauce dazu. Damit ging sie auf den Markt.

Die beiden wohigeliebten Frauen kauften für ihre Bohnenbällchen Reis und allerhand Leckereien. Die namenlose Frau kaufte für ihren aus verschimmeltem Mais bereiteten Brei aber eine legende Henne. Die anderen Frauen verzehrten den Reis und die Leckereien. Das Huhn der namenlosen Frau aber legte 10 Eier, und aus den 10 Eiern schlüpften 10 Kücken aus. Dann legte das Huhn noch 10 Eier und brütete daraus abermals 10 Küken aus. Die namenlose Frau nahm von dem beginnenden Hühnerreichtum



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13 Küken und kaufte dafür eine Ziege. Die Ziege warf Junge und wieder Junge. Eines Tages nahm die Frau von den jungen Ziegen neun junge Tiere und verkaufte sie gegen eine Kuh. Die Kuh ging in der Herde und war bald trächtig.

Die beiden wohigeliebten Frauen blieben kinderlos. Die namenlose Frau gebar aber ihrem Manne eines Tages einen Sohn. Der Mann sah den Jungen der ungeliebten Frau nicht an und gab ihm keinen Namen. Die Kuh warf ein Kühlem und einen kleinen Bullen. So ging das weiter. Die namenlose Frau kaufte ihrem Jungen, als er herangewachsen war, eine Sklavin, und die gebar drei Kinder, zwei Mädchen und einen Knaben.

So kam es, daß der Sohn der namenlosen ungeliebten Frau gar bald gegenüber dem Gehöft des Vaters sein eigenes Gehöft hatte. Das Gehöft des Vaters war alt, die Häuser alt; es war wenig darin. Das Gehöft des ungeachteten Sohnes der namenlosen, ungeliebten Frau bestand aus neuen, schönen, festen Häusern. Er hatte Frauen, Kinder, Sklaven darin und besaß viele Hühner, Ziegen, Schafe und Rindvieh. Eines Tages ging die namenlose, ungeliebte Frau zu ihrem Manne und sagte: "Wir waren zu dreien deine Frauen. Zweien gabst du Namen. Mir gabst du keinen Namen. Den anderen beiden gabst du gutes Mehl. Mir gabst du schlechtes Mehl. Die anderen beiden blieben unfruchtbar, ich brachte dir einen Sohn. Da du mich aber nicht liebtest, achtetest du auch meinen Sohn nicht und gabst ihm keinen Namen. Mein Sohn hat von dir nichts erhalten, nicht einmal einen Namen. Mein Sohn ist aber wohlhabend geworden und gediehen durch meine Sorge. So will ich ihm einen Namen geben. Mein Sohn soll heißen: Uende-nongoma" (in Bammana: Allah-benfe = "Gott liebt mich").

So sieht man oft, daß ungeliebte Weiber die besten Mütter der besten Kinder sind, und daß geliebte Weiber nichts sonderlich Gutes in der Welt können.

120. Das fleißige und das faule Mädchen

Ein Mädchen hatte Vater und Mutter verloren, als es noch ganz klein war, und wurde von einer fremden Frau aufgezogen. Die fremde Frau hatte ein eigenes Kind, das war auch ein Mädchen. Die Frau ließ nun alle Arbeit im Hause durch das fremde Mädchen verrichten, die eigene Tochter brauchte nichts zu arbeiten. Alles aber, was das arme Waisenmädchen verrichtete, genügte der Frau nicht. Wenn



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sie Mehl stampfte, war das Mehl schlecht gestampft; wenn sie wusch, War schlecht gewaschen. Es war der Frau nichts gut genug, was das Waisenkind tat. Dafür bekam das Waisenmädchen nur das allerschlechteste Essen und mußte in einem schmutzigen Winkel schlafen, während die eigene Tochter, die nichts tat, das beste Essen bekam und in einer ausgezeichneten Hütte schlief.

Eines Tages wusch das Waisenmädchen. Dabei zerbrach sie eine alte Kalebasse. Als die Frau die zerbrochene Kalebasse sah, ward Sie wütend und sagte: "Stelle sofort meine Kalebasse im Topf des Abaga (Leoparden) wieder her!" Das Mädchen wußte nicht, was es machen sollte. Es nahm die zerbrochene Kalebasse und ging in den Busch. Im Busch suchte es das Haus Abagas auf. Abaga war gerade ausgegangen, aber alle seine Sachen, eine Schale mit Mehl Und vieles andere, standen im Freien. Nach einiger Zeit begann es zu regnen. Das Mädchen sagte: "Es ist Abaga sicher nicht recht, wenn alle seine Sachen naß werden." Und sie räumte alles in das Haus.

Nach einiger Zeit kam Abaga nach Hause. Abaga fragte: "Wer hat denn mein Geschirr in die Hütte geräumt?" Das Mädchen Sagte: "Ich tat es, weil es zu regnen begann." Abaga sagte: "Du hast mir einen Gefallen getan. Nun sage mir, was du willst." Das Mädchen sagte: "Ich habe als kleines Kind meine Eltern verloren und werde nun von einer fremden Frau aufgezogen, die ein eigenes Mädchen hat. Aber ich muß alles machen. Und nichts ist der Frau recht. Nun habe ich gar auch noch beim Waschen eine Kalebasse zerbrochen. Darauf hat die Frau zu mir gesagt, ich solle hingehen und die Kalebasse sogleich im Topf des Abaga wiederherstellen." Abaga sagte: "Zeig' die Scherben her!" Das Mädchen gab die Kalebassenscherben hin. Abaga nahm die Scherben, zerstampfte sie im Mörser, warf das Pulver in einen Topf und kochte die Masse auf. Nach einiger Zeit sagte Abaga zu dem Mädchen: "Nun nimm den Deckel vom Topf." Das Mädchen nahm den Deckel ab. Innen war die Kalebasse wiederhergestellt und schöner als zuvor.

Nachher fragte Abaga das Waisenmädchen: "Willst du lieber Baninga- oder lieber Karaga-Kuchen?" Das Mädchen sagte: "Ich bin für alles dankbar, was du mir gibst, denn ich bin gewöhnt, das allerschlechteste Essen zu bekommen." Darauf bereitete Abaga einen ausgezeichneten Brei und setzte ihn dem Mädchen vor. — Nachher fragte Abaga das Waisenmädchen: "Willst du in einer schlechten Hütte oder in einer guten Hütte schlafen?" Das Mädchen antwortete: "Für mich ist jeder Winkel recht. Ich bin es gewohnt,



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an einem schlechten Orte schlafen zu müssen." Darauf richtete Abaga für das Mädchen die allerbeste Hütte her und brachte es dahinein.

Am anderen Morgen nahm das Waisenmädchen Abschied von Abaga und bedankte sich. Abaga sagte: "Ich will dir noch einige Eier zum Abschied geben. Willst du lieber rote oder willst du lieber weiße?" Das Waisenmädchen sagte: "Du bist sehr freundlich. Aber gib mir doch, was du am leichtesten entbehren kannst." Darauf gab Abaga dem Mädchen drei weiße und drei rote Eier und sagte: "Wenn du in der Umgebung eures Dorfes ankommst, so wirf ein weißes Ei zu Boden, so daß es zerbricht. Vor dem Eintritt in das Dorf wirf ein weißes Ei zu Boden, so daß es zerbricht. Innerhalb des Eingangs in das Dorf wirf ein weißes Ei zu Boden, daß es zerbricht. Wenn du in der Mitte des Dorfes angekommen bist, wirf ein rotes Ei zu Boden, so daß es zerbricht. Dicht daneben wirf noch ein rotes Ei zu Boden, so daß es zerbricht. Dann wirf noch ein Ei zu Boden, so daß es zerbricht. Erst nachher geh zu der Frau hinüber und gib ihre Kalebasse zurück." Das Waisenmädchen bedankte sich, nahm Abschied und machte sich auf den Heimweg.

Als das Waisenmädchen in der Umgebung des Dorfes angekommen war, nahm es eins von Abagas weißen Eiern und warf es zu Boden. Das Ei zerbrach, und eine große Rinderherde kam heraus. Als das Mädchen vor dem Eingange in das Dorf angekommen war, nahm es ein zweites von Abagas Eiern und warf es auf den Boden. Da kam aus dem zerbrochenen Ei eine große Schafherde heraus. Als das Mädchen durch den Eingang des Dorfes geschritten war, nahm es ein drittes von Abagas weißen Eiern hervor und warf es auf den Boden. Das Ei zerbrach, und es kam eine große Menge von Ziegen aus den Schalen hervor.

Als das Waisenmädchen dann mitten im Dorfe angekommen war, warf es eines der roten Eier Abagas zu Boden, so daß es zerbarst. Da entstand an der Stelle ein großer Teich, der genug Wasser hatte, um alles Rindvieh, die Schafe und Ziegen des Waisenmädchens ZU tränken. Dicht daneben warf das Mädchen das zweite der roten Eier Abagas zu Boden. Es zerbrach, und sogleich entstand aus der Erde ein weitläufiges Gehöft mit schönen Häusern. In dem Gehöft zerbrach das Mädchen das dritte der roten Eier Abagas. Es zerbrach, und heraus kam eine Menge von Leibeigenen und Sklaven, die sich sogleich in dem Gehöft zu schaffen machten.

Das Mädchen nahm die Kalebasse der Frau und brachte sie hin-



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über. Sie sagte: "Hier ist die zerbrochene Kalebasse, die ich im Topf Abagas wiederherstellen sollte." Die Frau sagte: "Nun, lange genug bist du ja weggeblieben. Nun verrichte einmal gleich und schnell eine andere Arbeit. Der Pfahl an meiner Hüttentür ist schlecht; grabe ihn mit den Händen aus und setze einen anderen Pfahl an seine Stelle." Das Waisenmädchen kniete sogleich nieder und begann die Erde mit den Händen aufzukratzen. Als sie die erste Handvoll in den Schoß warf, war es reines Gold. Als es die zweite Handvoll in den Schoß warf, war es Silber. Die Frau sah das und ward sogleich auf das Mädchen eifersüchtig. Sie sagte: "Mach, daß du von meinem Hofe wegkommst. Meine Tochter kann auch arbeiten." Sie jagte das Waisenmädchen fort, weil sie glaubte, ihre eigene Tochter könne das Gold und Silber auch heben. Das Waisenmädchen nahm das so gefundene Gold und Silber im Lendenschurz zusammen und lief in ihr Gehöft.

Die Frau ließ nun ihre eigene Tochter die Erde an dem Pfahl auf.- kratzen. Als die aber die erste Handvoll aufwarf, ward es nicht Gold, sondern die Erde ward zu Schlangen. Als sie die zweite Handvoll Erde auswarf, ward die Erde nicht zu Gold, sondern zu kleinen Skorpionen. Und so ging das fort. Da wurde die Mutter sehr böse. Sie schlug ihre eigene Tochter und sagte: "Das andere Mädchen, für das niemand gesorgt hat, hat jetzt Gehöft, Sklaven, Herden, wirft mit den Händen Gold auf und ist wie ein König. Du aber, von der ich nicht eine Arbeit verlangt habe, für die ich immer aufs ausgezeichneteste sorgte, du kannst nichts, gar nichts." Dann zerbrach die Frau eine Kalebasse, gab sie ihrer Tochter und sagte: "Stelle sofort meine Kalebasse im Topf Abagas her!" Damit jagte sie die eigene Tochter fort.

Das Mädchen ging mit den Kalebassescherben in den Busch und suchte das Haus Abagas auf. Abaga war nicht zu Hause. All sein Gerät stand aber im Freien. Nach einiger Zeit begann es zu regnen. Das Mädchen ging in das Haus, ließ aber das Gerät Abagas draußen stehen. Als Abaga nach Hause kam, war sein Geschirr und alles naß. Abaga sagte: "Konntest du das nicht in die Hütte nehmen, als es anfing zu regnen?" Das Mädchen sagte nur: "Meine Mutter hat mich geschickt, die Kalebasse in deinem Topf wiederherzustellen, so wie du die Kalebasse des anderen Mädchens wieder zurechtgekocht hast." Abaga nahm die Kalebasse und tat es so. Er gab die wiederhergestellte Kalebasse dem Mädchen. Nachher fragte Abaga das Mädchen: "Willst du lieber Baninga- oder lieber Karaga



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Kuchen haben?" Das Mädchen sagte: "Ich bin gewöhnt, gute Kassiaspeise zu genießen." Abaga setzte ihr gutes Essen vor. Nachher fragte Abaga: "Willst du in einer neuen oder in einer alten Hütte schlafen?" Das Mädchen sagte: "Glaubst du vielleicht, daß ich gewöhnt bin, in schmutzigen Winkeln zu hausen, wie das andere Mädchen? Gib mir nur ein gutes Lager!" Abaga gab ihr ein gutes Bett.

Am anderen Morgen wollte das Mädchen mit seiner Kalebasse gehen. Abaga sagte: "Nimm zum Abschied ein paar Eier mit. Willst du weiße Eier haben oder rote ?" Das Mädchen sagte: "Rote Eier mag ich nicht, gib mir nur weiße!" Darauf gab Abaga ihr drei weiße Eier und sagte: "Wirf sie, ehe du in das Dorf kommst, zu Boden, so daß sie zerbrechen." Das Mädchen sagte: "Es ist gut." Sie ging.

Als das Mädchen ein Stück weit gegangen war, warf es ein Ei Abagas zu Boden, so daß es zerbrach. Sogleich kam ein Löwe daraus hervor. Das Mädchen lief fort und warf ein zweites Ei zu Boden. Da kam eine große Boaschlange hervor. Das Mädchen lief noch schneller. Das dritte Ei fiel zu Boden und ein Schakal kam heraus. Die Tiere verfolgten das Mädchen. Das Mädchen lief, so schnell es konnte, auf das Dorf zu. Als es aber an das Dorf kam, riefen die Leute: "Wirst du wohl mit deinen Tieren draußen bleiben? Wir wollen nichts von dir wissen!"

Die Leute ließen das Mädchen mit seinen Tiere nicht hinein, und es mußte in den Busch zurücklaufen. So kommt es aber, daß Löwe, Boaschlange und Schakal noch heute im Busch leben.

121. Der Zahnschmuck des Waisenmädchens

Die Mutter eines Mädchens war gestorben. Nur sein Vater lebte noch. Der hatte eine zweite Frau, und die zog das Mädchen auf. Die Frau hatte selbst eine Tochter; für die besorgte sie alles Gute, was es gab. Ihre eigene Tochter bekam schöne Kleider. Das mutterlose Mädchen mußte sich aber Fliegen fangen und aus deren Flügeln sich ein Kleid herstellen, wenn es nicht nackt gehen wollte. Das eigene Mädchen bekam gutes Essen, das andere nur schlechte Abfälle.

Eines Tages wollten alle Mädchen in einen anderen Ort gehen, um sich da die Zähne (nach hiesiger Mode) zustutzen zu lassen. Die Halbwaise wollte auch gern die Zähne gestutzt haben. Als aber



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die anderen Mädchen schon zum Gehen sich angezogen hatten, sagte ihre Stiefmutter: "Du mußt mir noch diese Arbeit machen." Das Mädchen begann die Arbeit. Die anderen gingen. Als sie fertig war, sagte die Stiefmutter: "Du mußt mir noch diese Arbeit machen." Das Mädchen vollendete auch das noch.

Dann lief die Haibwaise den anderen Mädchen nach. Als sie sie eingeholt hatte, jagten die anderen sie fort und sagten: "Bleib weg, du hast zu häßliche Kleidung." Das Mädchen lief nochmals nach. Die anderen jagten sie wieder fort und sagten: "Bleib weg, du hast zu häßliche Kleidung. Wir wollen nicht mit dir gehen." Die Halbwaise kam zum dritten Male nachgelaufen. Eines der anderen Mädchen sagte zu den Genossinnen: "Wartet, ich will sie schon wegbringen, so daß sie nicht mit uns gehen kann." Als die Halbwaise ankam, sagte das Mädchen: "Lauf noch einmal zurück; bring mir ein anderes Kleid. Wenn du mir den Gefallen tust, wollen wir dich mitnehmen, und so kannst du dir auch die Zähne stutzen lassen. — Komm nur schnell nach. Dicht hierbei ist ein Kreuzweg. Achte darauf, welche Seite wir dir als die richtige bezeichnen. Dann kommst du noch rechtzeitig an." Die Halbwaise sagte: "Es ist gut." Sie lief zurück, das Kleid zu holen.

Als sie fort war, sagte das andere Mädchen: "Nun werden wir ungestört bleiben, wir wollen dem aufdringlichen Kinde in seiner häßlichen Kleidung einfach den falschen Weg angeben." Die anderen sagten: "Es ist gut!" Als sie an den Kreuzweg kamen, gaben sie den falschen Weg als den richtigen an. So kam es, daß, als die Halbwaise nun endlich doch noch nachgelaufen kam, sie durch die falschen Zeichen auf den falschen Weg geführt wurde. Der falsche Weg führte zu den Kinkirsi. Die Halbwaise kam so bei den Kinkirsi an. Als sie sah, wo sie war, begann sie zu weinen. Die Kinkirsi sagten: "Du brauchst nicht zu weinen, wir essen keine Menschen. Sage nur, was es gibt." Die Halbwaise erzählte ihr Unglück. Die Kinkirsi sagten: "Wenn es weiter nichts ist! Zähnestutzen können wir besser als andere. Du darfst nur nachher bis zum siebenten Tage nicht so laut lachen, daß man dir in den Mund sehen kann." Die Halbwaise sagte: "Das will ich wirklich nicht tun."

Die Kinkirsi stutzten ihr die Zähne und taten Gold und Silber hinein. Das Mädchen ging zurück. Nun hätten die anderen Mädchen furchtbar gern gewußt, was die Haibwaise an dem Tage erlebt habe, nachdem sie ihr den falschen Weg gezeigt hatten. Sie neckten



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sie also den ganzen Tag und suchten sie zum Lachen zu bringen. Die Halbwaise lachte aber nur mit geschlossenem Munde, so daß die anderen nicht hineinsehen konnten. Das wußte sie sechs Tage einzuhalten. Als aber am siebenten Tage die vorgeschriebene Zeit verstrichen war, brauchte eines der anderen Mädchen ihr nur das Knie zu berühren und sie lachte laut heraus. Im gleichen Augenblick fielen aber Gold und Silber aus ihrem Munde. Darauf wurden alle anderen Mädchen ihre Dienerinnen. Die eine machte Essen, die zweite holte Wasser, die dritte Holz, die vierte machte Feuer. Und so ward sie, die erst verlacht war, zuletzt die Königin aller Mädchen.

Die Zähne stutzt man heute noch so. Aber Gold und Silber fällt nicht mehr heraus.

122. Die Gewittergeschwister

Ein Mann hatte eine Frau und von der einen Knaben und ein Mädchen, mit denen wohnte er in einem hübschen Hause. Eines Tages sagte der Mann: "Wir wollen uns verstecken und abwarten, ob wir nicht vielleicht Naba Uende (Herr Gott =Mangalla der Bammana) sehen." Der Vater versteckte sich im Speicher. Die Mutter versteckte sich in dem großen Topf, in dem sie das Essen für den Haushalt kochte. Der Sohn versteckte sich in dem großen Topf, in dem sonst das Wasser aufbewahrt wurde. Die Tochter versteckte sich in der Wasserkalebasse. Alle hatten sich versteckt.

Nach einiger Zeit steckte die Tochter den Kopf ein wenig heraus. Naba Uende rief: "Komm hierher!" Das Mädchen kam heraus und ging zu Naba Uende. Naba Uende fragte: "Wo ist dein Vater?" Das Mädchen sagte: "Ich weiß nicht, wo mein Vater ist." Naba Uende sagte: "Wenn du mir nicht sagst, wo dein Vater ist, so töte ich dich. Sage es sogleich!" Das Mädchen sagte in seiner Angst: "Der Vater ist im Speicher." Sie rief zum Speicher hin: "Vater, komm doch heraus, Vater, komm doch! Naba Uende will dich sehen!" Der Vater kam heraus.

Darauf tötete Naba Uende den Vater, kochte ihn und sagte zu dem Mädchen: "Nun iß deinen Vater!" Das Mädchen sagte: "Das kann ich nicht!" Naba Uende sagte: "Wenn du es nicht auf der Stelle kannst, töte ich dich." Endlich aß das Mädchen seinen Vater.

Naba Uende fragte das Mädchen: "Wo ist deine Mutter?" Das Mädchen sagte: "Ich weiß es nicht!" Naba Uende sagte: "Wenn



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du es nicht sogleich sagst, töte ich dich!" Darauf sagte das Mädchen: "Meine Mutter ist im großen Kochtopf!" Sie wandte sich in der Richtung zum großen Kochtopf und rief: "Mutter, komm doch heraus! Naba Uende will dich sprechen!" Die Mutter kam heraus. Naba Uende schlug sie tot, kochte sie und sagte zu dem Mädchen. "Nun iß deine Mutter!" Das Mädchen sagte: "Das kann ich nicht. Naba Uende sagte: "Wenn du es nicht auf der Stelle kannst, töte ich dich!" Endlich aß das Mädchen seine Mutter.

Naba Uende fragte das Mädchen: "Wo ist dein Bruder?" Das Mädchen sagte: "Ich weiß es nicht!" Naba Uende sagte: "Wenn du es nicht sogleich sagst, töte ich dich!" Darauf sagte das Mädchen: "Mein Bruder ist wohl im großen Wassertopf; ich will ihn holen." Das Mädchen ging zum Wassertopf und sagte zu ihrem Bruder: "Naba Uende ruft dich. Geh aber nicht hin, denn wenn du hingehst, so wird er dich töten und wird dich kochen, und mich wird er nachher zwingen, dich zu essen. Wir wollen lieber fliehen."

Darauf liefen der Bruder und die Schwester von dannen und kletterten auf eine hohe Kongo (Fächerpalme). Das Land, über dem der Kongo emporragte, gehörte einem besonderen Naba, der pflegte sich täglich unter den Palmbaum zu setzen und da sein Bier zu trinken. Als die Geschwister auf den Baum geflohen waren, kam der Naba mit seiner Kalebasse voll Bier und nahm unter dem Baum Platz. Der Bruder und seine kleine Schwester sahen gerade auf den Naba herunter.

Nach einiger Zeit sagte der Bruder zu seiner Schwester: "Schwester, ich möchte einmal pissen! Ich könnte dem Naba gerade in die Bierkalebasse pissen." Die Schwester sagte: "Tue das ja nicht. Wenn du das tust, würde er uns sehen, und wenn er uns nicht selbst tötet, würde er jedenfalls alles dem Naba Uende (dem Herrgott) sagen. Der würde uns finden, und dann wäre es mit uns zu Ende. Darauf unterließ es der Bruder.

Nach einiger Zeit kam aber dem Bruder die Lust an, zu kacken. Er sagte zu seiner Schwester: "Ich möchte einmal kacken! Ich könnte gerade dem Naba da unten in die Bierkalebasse kacken!" Die Schwester sagte: "Laß das ja sein! Wenn du das tust, würde der Naba uns sehen, und wenn er uns aus Zorn darüber nicht selbst tötet, so wird er es dem Naba Uende sagen. Der würde uns finden, und dann wäre es mit uns zu Ende." Darauf unterließ es der Bruder.



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Der Bruder mußte aber immer daran denken. Nach einiger Zeit sagte er zwar nichts zu seiner Schwester, aber er kackte, und dabei traf er gerade den Biertopf des Naba da unten. Der Naba sah in seinen Biertopf und sagte: "Es ist etwas von dem Kongobaum gefallen. Es muß wohl jemand da oben sitzen." Er sah hinauf. Da sah er Bruder und Schwester. Sogleich rief er einige Leute mit Beilen herbei und sagte: "Schlagt mir den Baum um, daß ich diese Menschen fasse." Die Leute schlugen mit den Äxten ordentlich darauf los. Als aber der Baum so weit durchgeschlagen war, daß er beinahe umfiel, schnalzte der Bruder mehrmals. (Der Erzähler führt dies dental aus, und zwar in der Weise, in der man bei uns wohl einen Hund lockt oder das Traben des Pferdes auf dem Pflaster nachahmt.) Darauf war der Baum sofort wiederhergestellt, als ob nie eine Axt einen Schnitt an seinem Stamm ausgeführt habe.

Die Leute begannen also von neuem mit den Äxten auf den Baum einzuschlagen. Als sie den Baum wieder bis zum Umstürzen durchgeschlagen hatten, schnalzte der Bruder wieder. Da war er wiederhergestellt. So ging das mehrfach. Aber endlich wollte der Baum doch stürzen. Da erhoben sich der Bruder und die Schwester in die Lüfte und begannen von dannen zu fliegen. Dabei jauchzte der Bruder laut heraus. Die Schwester lispelte leise: "Mein Bruder, laß das! Naba Uende merkt uns!" Doch der Bruder ließ es nicht.

Bruder und Schwester sind heute noch im Himmel. Der Bruder verursacht mit seinem Jauchzen die Gewitterschläge. Die Schwester warnt mit leisen Worten, das ist das "Wuwuwuwu", das leise Grollen.

123. Die Schöpfung

Seinerzeit ward Uende-Naba (Gott) durch einen Greis geboren. Der Greis setzte seinen Sohn, Uende-Naba, erst als Hirt ein über die Ziegen und Schafe. Eines Tages wollte sich Uende-Naba unter seinen Ziegen waschen. Da bekamen die Ziegen Angst und flohen von dannen. An einem anderen Tage wusch er sich unter den Schafen; die liefen nicht fort. So ist es bis heute geblieben. Die Ziegen fliehen das Wasser, die Schafe lassen sich aber durch das Wasser treiben. Denn gleichzeitig, als er sich badete, sprach Uende-Naba damals gegen die Ziegen Zauberworte und gegen die Schafe nicht. Damals starben von den Ziegen täglich sieben. Und so können sie bis heute noch nicht das Baden ertragen.



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Der Greis sagte zu Uende-Naba: "Tue das nicht weiter so, fahre nicht so fort, sonst wirst du eines Tages dich zuletzt gar selbst töten." Uende-Naba sagte: "Gut, ich werde eines Tages abziehen, ich werde an meinen eigenen Ort gehen." Der Greis sagte: "Tu das nicht, denn dann bin ich einsam und verlassen." Uende-Naba sagte: "Wenn ich gehe, mache ich dir Menschen und gebe sie dir als Ersatz für mich." Uende-Naba war damals noch ein Knabe.

Als Uende-Naba etwas größer war, sagte er eines Tages zu seinem Vater: "Vater, ich gehe jetzt. Ich werde auf jenen Berg steigen." Uende-Naba machte sich auf den Weg und stieg auf den Berg. Auf dem Berge machte er Menschen von verschiedener Sorte. Ehe er ging, hatte Uende-Naba zu seinem Vater gesagt: "Wenn du mich sehen willst, lege viel Hirsestroh auf einen Haufen und zünde das an. Im Rauch werde ich so jede Nachricht von dir empfangen.

Der Greis zündete unten Hirsestroh an, das in Haufen aufgeschichtet war. Uende-Naba aber machte oben auf dem Berge allerhand Tiere. Der Greis verrichtete drei Tage lang Rauchopfer. Als aber am dritten Tage Uende-Naba auf das Rauchopfer hin nicht kam, machte der Alte sich selbst auf den Weg und stieg auf den Berg. Er kam oben an. Als Uende-Naba seinen Vater ankommen sah, ward er sehr zornig. Er ergriff einen mächtigen Felsblock und schleuderte ihn gegen den Alten. Als er ihn aber abgeworfen hatte, tat es ihm nachher selbst leid. Im letzten Augenblick rief er dem fliegenden Felsblöcke noch zu: "Fall zu Boden! Töte meinen Vater nicht!" Der Felsblock fiel sogleich auf die Erde, kurz vor dem Alten. Er wurde zu Djurru, das ist Bleiglanz (Antimon). Der Greis brach ein Stück von dem Bleiglanz ab und nahm es mit sich in das Dorf. Ehe er ging, sagte ihm Uende-Naba: "Ich sage dir nochmals: Wenn du mir eine Nachricht senden willst, so sende nie Menschen; sende mir alle Botschaft im Rauch!"

Dann fuhr Uende-Naba fort, Tiere zu machen. Er bildete erst die Schlange, dann den kleinen Skorpion, dann die Ratten, dann die Katze. Er sagte: "Nun will ich die Tiere aber auch essen machen." Er sagte zu der Katze: "Nimm von dem Antimon und streiche es nachts auf die Augen, so wirst du nachts sehen und dir leicht Nahrung ergattern können." Dann gab er ein Stück Antimon der Schlange und sagte: "Ehe du beißt, tu davon auf deinen Zahn. Dazu sprich den Namen Gottes aus. Unterläßt du das letztere, so werden auf deinen Biß hin die Menschen zwar schlaff und krank werden; sie werden aber nicht sterben." Dann wandte er sich an



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den kleinen Skorpion. Der kleine Skorpion sagte: "Ich, der kleine Skorpion, werde niemals den Namen Gottes aussprechen. Ich werde, wenn ich etwas erreichen will, das mit meinem Schwanz machen." Darum stirbt der Mensch nicht, wenn er vom kleinen Skorpion gestochen wird, wenn er auch krank wird.

(Leider war es nicht möglich, mehr als dies noch obendrein reichlich unklare Bruchstück zu ergattern. Im Südosten sollen die Leute aber mehr davon wissen.)



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ANHANG


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Namen der Fabeltiere bei den Mande


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