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INHALT
Ritter und Spielmann Seite
a) Sahara - Sahel - Sudan 1
b) Faraka 3
c) Farakas historische Tiefe 4
d) Ritter und Spielmann 5
e) Die Gesänge 8
1. Das gesellschaftliche Leben (Reste der Spielmannszeit)
a) Die Volksschichten 13
b) Die Horo = Adligen 14
c) Die Ulussu = Hörigen 22
d) Die Numu = Schmiede 26
e) Die Dialli = Barden 35
II. Das Dausi
DIE ALTEN GARAMANTEN 49
I Gassires Laute 53
2. Die Wiederentdeckung Wagadus 60
3. Der Kampf mit dem Bida-Drachen 64
4. Samba Gana 72
5. Dama Ngiles Schwert 76
6. Die kluge Hatumata Djaora 79
7. Der Streit der Dabora und Sagone 86
8. Das Messer Dama Ngiles 89
III. Das Pitt
DIE EDLEN SONINKE 93
I Samba Kullung, der Narr 95
2. Sirrani Korro Samba und Samba ta Samba (Dame und Barde) . 106
3. Buge Korroba 111
4. Der Held Gossi 115
5. Kumba Sira Maga 128
6. Hamadi Fing und Bassala-n'Sa 132
7. Sagate Singo 142
8. Sira Maga Njoro 145
IV. Das Baudi
DIE NATIONALISTISCHEN FULBE 165
I Sira Maga 168
2. Goroba-Dike 171
3. Hami-du-hama-nkulde 179 Seite
4. Hambodeju . 182
5. Hama Ali Seni und Hambodejus Tod 188
6. König Djennewerre 190
7. Bongoe oder Bongowe 192
8. Bubu Ardo Gallo 195
9. Siga Sa-nke 197
10. Bessema Suki 203
11. Duldibulukassu 205
12. Maliki Egudusega 208
13. Hassum Labo 210
14. Die Bailulegende 212
15. Die Mabolegende 214
16. Kombe Alhassu 216
17. Sidi Baba 221
18. Der Ursprung der Fulbe 226
V. Das Niaule
DIE EINSTIGEN TORO 231
I Samba Galadjies Kindheit 233
2. Samba Galadjies Ausfahrt 235
3. Samba Galadjie in Baelle-aede 237
4. Samba Galadjies Rückkehr 242
VI. Trümmer aus den Homburi-Bergen
DIE ZERSPLITTERTEN TOMMO-HABBE
a) Die Menschen. Das Volk 249
b) Das Aufwachsen der Jugend 252
c) Liebesleben. Werbung. Ehe 256
d) Sozialer Bau: Kasten, Altersklassen usw 260
e) Ogong 265
f) Lagam, Ackerordnung, Vampyre 267
g) Totendienst, Seelendienst 270
h) Ackerdienst. Masken. Amba 275
I Siedlung. Hausbau 279
DIE LEGENDEN
I Der Stammherr (Togolegende) 282
2. Der schwarze Hund (Togolegende) 283
3. Wie sie nach Kani-Bonso kamen (Togolegende) 285
4. Krieg derer von Kani und Emme (Togolegende) 286
5. Der Untergang Njondes (Togolegende) 288
6. Die Vernichtung Sokons (Togolegende) 290
7. Die Gimminifrau (Togolegende) 292 Seite
8. Der Raub der Gindofrau (Togolegende) 294
9. Die Gräber in der Kanihöhle (Togolegende) 296
10. Die Togoamulette der Fulbe (Togolegende) 297
11. Die drei Freier (Togolegende) 298
12. Halle Sogole (Gannalegende) 300
13. Sibirri (Gannalegende) 304
14. Ambira (Gindolegende) 306
15. Der Sänger (Gindolegende) 307
16. Der Leichenräuber (Gindolegende) 309
17. Alle Bangodji (Tulemalegende) 311
18. Habbe und Bosso (Tembelelegende) 314
19. Die Gründung Bandiangaras (Tembelelegende) 315
20. Landverteilung (Karambelegende) 317
21. Der Faulpelz (Binimalegende) 318
22. Die Affen (Binimalegende) 320
23. An (Aramalegende) 322
24. Der Ahnherr der Spielleute (Gindolegende) 323
25. Der wohlhabende Tyrann (Gindolegende) 325
26. Der Protz (Togolegende) 326
27. König und Spielmann (Gindolegende) 329
28. Das Totengericht (Togolegende) 330
29. Der Pferdedieb (Togolegende) 332
30. Die erarbeitete Frau (Karambelegende) 334
31. Die erarbeitete Frau (Gindolegende) 337
32. Die Freunde (Gindolegende) 338
33. Die Tapferen (Dibolegende) 342
34. Der Geizhals (Karambelegende) 343
ALS BEILAGEN
I TAFEL: Sahelisch-sudanische Saiteninstrumente....... . 40
2. Karte zur Wanderung der Garamanten 52
GEDRUCKT IN DER ROSSBERG'SCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG


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SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN VORBEHALTEN / COPY-RIGHT 1921 BY EUGEN DIEDERICHS VERLAG IN JENA


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Ritter und Spielmann

Sahara -Sahel -Sudan -Schneide ein Profil durch das nordwestliche Afrika parallel den Längengraden, so liegen vor dir von Norden nach Süden folgende Regionen.

I Ein mehr oder weniger schmales Gelände, geschmückt mit der Vegetation und dem Leben des Mittelmeeres.

2. Die Sahara, bald ein Steinmeer, bald mächtige Sanddünen zeigend, hier und da wohl auch eine Oase.

3. Die Sahel, eine weite spiegelartige Fläche, ein grasiges Steppenland, überweht von wohltuender Luft, in seiner Einförmigkeit nur selten unterbrochen durch einen Sumpf, einen See, eine Lache, in einem entweder schon seit langem ausgetrockneten oder jährlich nur für kurze Zeit von einem fließenden Wasser in Anspruch genommenen Bette.

4. Der Sudan, eine Baumsteppe, die unmerklich mit anschwellendem Buschwerk aus der Sahel herauswächst, die in der Regenzeit von mächtigen Graswäldern bedeckt ist, die ununterbrochen fließende Gewässer aufweist, die eine dichte Bevölkerung zu ernähren vermag und demnach alljährlich dem den Farmbau vorbereitenden weithin sich wälzenden Grasbrande unterworfen wird.

5. Das Gestade des Atlantischen Ozeans, die Landschaft der Guineaküste, früher bedeckt mit der Hyläa, dem riesenhaften und oft unheimlich mächtigen Urwalde der Tropen, der heute allerdings schon vielerorts durch die immer weiter nach Süden vordrängende sudanische Landschaft und Völkersickerung, durch die Jahr um Jahr gegen seine gewaltigen Mauern aufbäumenden Steppenbrände arg bedrängt, vielerorts nur noch in schützenden Taischluchten (Galeriewaldungen) oder auf schwer zugänglichen Höhenspitzen erhalten, vielerorts aber auch schon vollkommen vernichtet ist.

Diese fünf Zonen ziehen sich mit den schmalen Küstenstreifen nach außen und den breiten Bändern im Innern wie ein Regenbogen von Osten nach Westen, nicht überall gleich an Maß, aber überall wesentlich gleich an Sinn, der Breite nach durch den Norden Afrikas. Allenthalben, gleichwohl ob ich im Westen in Timbuktu oder im Osten in Kordofan die Sahel durchwandere, finde ich ihre große freie, erhebende Schönheit, gewissermaßen als Spiegelbild des einheitlich tagsüber blau und nachts im prächtigen Sternenglanze wie eine Kuppel sich darüber wölbenden Himmels. Sahel nannten die Araber diese Zone, und sie lobten und loben, liebten und lieben sie mehr denn jedes andere Gebiet. Vom Norden kommend, erreicht der Wanderer hier die "Küste", das Land der Viehzucht, von Süden kommend hat er mit ihrem Betreten die Landschaft der "Masse" verlassen - der Masse, die sich ausdrückt in großen



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Staatsbildungen, aber auch in Mensch und Vieh verheerenden Seuchen. Die Sahel ist das Land der Entwicklung der Persönlichkeit, so wie der Sudan das der Auswirkung der Persönlichkeit ist. Mit unendlich gesteigerter Gewalt wirkt das Phänomen der Gestaltungskraft der Landschaft in diesen Ländern; — unendlich gesteigert im Verhältnis zu den Kräften, denen wir in nordischen Landen unterworfen sind.

Erst diese Sahara! Riesenhaft in ihrer stummen Unendlichkeit, der Farbenpracht von Himmel und Fels und Sandmeer, in der nur an wenigen Orten grünliche Oasen wie verloren erscheinen. Der lebendige Tod in effigie! Das ist eine Welt, in der sich Herrlichkeit der Natur und Unmöglichkeit der Zivilisation hart und unvereinbar gegenüberstehen. Hier werden nicht Individuen, sondern Stämme und Völker in bitterstem Kampfe, in härtester Notwendigkeit gestählt, aber - niemals kulturell schöpferisch sein können. Es ist die Landschaft der Zucht.

Die Sahel ist dagegen die Zone der Erziehung. Der Kameireiter der Sahara ist errettet beim Anblick der Oase. Der durch die Sahel sprengende Reiter kennt diese Sorge nicht. Er ist unterworfen dem wundervollen Bildwechsel herbstlicher Bäume und des Aufblühens, sowie eines unendlich wohltuenden Balsamduftes der Frühlingszeit. Das Land kann nicht große Menschenmassen, aber unzählige Herden von Vieh ernähren, eine Art des Reichtums, der dem zufällt, der stark und tüchtig ist. Das Ringen um den Besitz dieser beweglichen Schätze und um die Wasserstellen, die Menschen und Tier erquicken, fordert Persönlichkeiten und entwickelt Charaktere. Das Land mag vielleicht nicht an sich die Menschen schichten, wohl aber ist es ungemein geeignet, eine Schichtung nach Fähigkeiten zu erhalten und immer wieder zu beleben. So sind denn aus dieser Sahel stets die Staatsbildner in die Baum- und Farmsteppe des Sudan eingedrungen. Die Sahel erzieht zur Tat.

Wenn diese Tatmenschen nach dem Süden in die scheinbar unendlich ausgedehnten fruchtbaren Länder eintraten, dann lösten sie Kräfte aus, die dort unten durch eine immerwährend und ununterbrochen wirkende Bauernschaft, in Arbeit, —fleißiger, zusammenfassender, notwendiger, aber lohnender, —zu allen Zeiten stets und bedingungslos aufgespeichert wurden und werden. Den Viehmassen und der Erziehung zu Persönlichkeit und Tat in der Sahel stehen die dem Boden abgerungenen Farmen und die damit erfolgende Erziehung zur Arbeit gegenüber. Denn der Sudan gibt nicht ohne Arbeit, ohne sorgfältige, pflichtgetreue, aus Notwendigkeit vollzogene Arbeit. Solche Arbeit führt aber ihrerseits wieder zu einem zweiten, zur Religiosität, die den Sahelen fehlt; — jener tiefen, inneren Religiosität, deren volkskundliche Ausflüsse im fünften



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Bande gewürdigt werden und die ihre Träger sehr wohl zu Höherem vorzubereiten imstande ist.

Die Sahelen am Südrande der Sahara waren niemals stark in religiösem Wesen. Ihre Seelen sind nicht fähig zu mythischen Schöpfungen. Wohl aber hat diese Zone zu allen Zeiten einen guten Nährboden für Entwicklung der irdischen Heldenverehrung abgegeben, und so wurden sie gar leicht zu Barden und Epensängern - sobald nur einmal von außen das Samenkorn solcher Bildungen in sie hinein gelegt wurde. Und dies ganz besonders, als solcher Same in ein Paradies wie Faraka fiel.


Faraka.

Die Zone der Sahel zieht sich vom Senegal bis zum Nil


hin - in

großer Einförmigkeit. Eine bedeutsame - und nun aber auch gleich gewaltig bedeutungsvolle Abweichung erfährt ihre Physiognomie nur eigentlich an einer Stelle. Zwei von Süden, aus urwald- und regenreichen Küstengebieten der Guinea entspringende Flüsse, der Oberniger und der Bani treten dem Norden zustrebend nicht weit voneinander in die Sahel ein, laufen eine Zeitlang nebeneinander her, vereinigen sich und gelangen so bis in die Sahara, durch die der Nigerstrom dann seinen Weg nach Osten nimmt, um dem aufsaugenden Wüstenklima, nach Süden zueilend, wieder zu entfliehen.

Dieser Bogenlauf des Niger nach der Vereinigung mit dem Bani ist verhältnismäßig jung. In alter Zeit liefen Oberniger und Bani in einem Inlandsumpfsee von der Art des heute ja noch bestehenden Tsadsees aus. Oberniger-Bani bildeten so ein etwas gefährliches System, denn da damals der Abfluß des Niger nach Osten noch fehlte, überschwemmten die von der Guineaküste in der Regenzeit herabströmenden Wassermengen das Land auf Hunderte von Kilometern. Der in vorgeschichtlicher Zeit stattgehabte Durchbruch nach Osten hat eine Entlastung, gewissermaßen ein Ventil geschaffen. Aber auch heute noch treten die Überschwemmungen zwischen Oberniger und Bani alljährlich ein und zeigen dann eine kaum durch Inseln unterbrochene Spiegeifläche von (an einigen Stellen) mehr als ioo Kilometern.

Dies bedeutet aber heute keine Katastrophe mehr, sondern eine den Anwohnern sehr nützliche Bewässerung, die ähnliche Bedeutung hat wie die Schwellungen des Nil in Ägypten oder früher die des Euphrat-Tigris in Mesopotamien. Und so entsteht hier ein zweites, ein afrikanisches Mesopotamien.

Dieses zwischen Oberniger und Bani gelegene Land heißt Faraka. Faraka ist die große, gewaltige, kulturgeschichtlich nach seiner Bedeutung kaum abmeßbar bedeutsame Unterbrechung, die Insel in der Sahel. Eine Insel im wahren Sinne des Wortes: im Osten und



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Westen von den meeresweiten Steppen der Sahel, im Norden von der Sahara selbst und im Süden vom hier der westlichen Hylaea nahen Sudan, also von allen Seiten von Einförmigkeiten umgeben, selbst aber ein seelenvoll eigenartiges Dasein während und durch den Zusammenfluß der es umgebenden Einförmigkeiten einen Reichtum bietend, der um so gewaltigere Wirkungen hervorbringt, je größer die Gegensätze zwischen jenen sind.

Die Natur vereinigte hier die Eigenarten dreier ja man könnte sagen von vier - Zonen, um solchen Reichtum zu erwecken, der denn auch jeden, der Oberniger oder Bani herabfährt, in seinen naturnotwendigen Folgeerscheinungen bezaubern muß. Denn wenn die großen Ortschaften oder gar Städte im Sudan oder noch weniger in der Sahel durchaus nicht sehr dicht gesät sind, so gleitet das Fahrzeug auf den Wasserwegen Farakas doch an einer langen Kette ansehnlicher, zuweilen großer Ortschaften vorbei, fällt der Blick der Fahrenden, je weiter er nach Norden kommt, immer häufiger auf Ruinen, überschreitet der Fuß bei jedem Landen Topfscherben - ja oft und wo keine Farmen sind, kilometerweite Scherbenfelder - und fallen oft hohe, die Überschwemmungskanten krönende rote Hügel auf, die nichts anderes sind, als die mächtigen Erdpyramiden, in denen die Gebeine längst verstorbener Fürsten und Könige schlummern.

Das ist Faraka, das ist das Land, in dem vormals der Bardengesang blühte und "homerische"Sänger gleich isländischen Skalden die Laute schlugen, wie nur je in einem nordischen Gebiet. Das ist das Land, das mir noch vor zwölf Jahren die Spielmannslieder gewährte, in denen die geschichtliche Wesenheit vieler Jahrhunderte schlummert.

Farakas historische Tiefe.

Auch das Lebensbild Farakas ist

keine Fläche. Auch dem, der

das "Heute" sieht, erschließt sich nicht ohne weiteres die Tiefe der Bilder, die Symbolik des Werdens. Sicherlich ist Tiefensicht nicht jedem Auge von vornherein angeboren, aber hier wird wohl ein jeder dazu angehalten. Denn:

An jenem Ufer ragen die Trümmer des Palastes des Königs Monsol - elende Lehmsäulen, aber doch noch wie anklagend erhobene Finger einer Schicksalserschütterung empor; — an dieser Stelle sind die tiefen Gruben, aus denen das Baumaterial zu einer Stadt entnommen wurde, die im 15. Jahrhundert dem Erdboden gleichgemacht wurde; — auf jenem Hügel starb der letzte Recke des Reiches Ganna, als dessen Hauptstadt noch im Norden lag; das war im 9. Jahrhundert; — alle diese roten Pyramiden wurden aber früher, viel früher über den Leichen der mächtigen Ritter aufgetürmt!



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Ich bin auch den Nil herabgefahren und habe die gewaltigen Monumente des Werdens einer uns urzeitlich hochehrwürdigen Kultur auf mich einsprechen lassen -einreden, einwirken lassen nach Maßgabe historischer Beglaubigung und dokumentarischer Tatsächlichkeit. Beredter, eindringlicher, überzeugender wirkte die Sprache dieser ältesten, geschichtlich versteinerten Zeugnisse des Niltales nicht als die in Lehm gebildete Zeugenschaft Farakas.

Da tauchte auf: die Beglaubigung der wenige Jahrhunderte alten Trümmer des ja nur jungen Bammanareiches von Segu. Da starrten empor die Merkzeichen des vorher blühenden Kaiserreiches Mali. Da waren voll sichtig: Stadtruinen aus der Zeit des noch jenseits liegenden Reiches der Songhai -die Mündung des Kanals, den der mächtige Askia nach Timbuktu gegraben -, die Pfeiler der Burgen, die er auf dem Gold heischenden Zuge nach Süden zum Schutze des Rückzuges errichtet die Trümmer der Dämme, die zur Wehr übermäßiger Überschwemmungen damals aufgetürmt wurden. Da prangten rot und unbeirrbar gewaltig aus gelbem Ufersand die roten Pyramiden der Gräber noch älteren Ganatumes - am Beginne unserer Zeitrechnung war ich damals angelangt; der Barde saß aber neben mir auf der Bordkante des Bootes und schlug die Laute und verkündete: "das aber, was das Heldenlied besingt, das war noch viel früher, und nach dem Einfall der Borojogo (=Fulbe; ca. drittes Jahrhundert n. Chr.) bis Mba (im II. Jahrhundert) regierten 44 Herrscher über Gana, vorher (also vor dem 3. Jahrhundert) regierten das Reich 74 Könige nacheinander."

Der Bardensang verherrlicht die Taten aus der Zeit der 74 Gana (oder Könige). —Leser, bedenke, in welcher Tiefe, in welches Jenseits geschichtlicher Ereignisse du damit dich versenken sollst.

Ritter und Spielmann.

Die Dokumente ägyptischer Vergangenheit,

alte griechische

Sagen, alte römische Historiker -nichts, niemand weiß uns etwas über diese jenseits der Oekumene mittelländischer Geschichte stattgehabten Lebensformen, weiß uns historische Tatsachen aus jenen verschwiegenen Ländern zu sagen. Das eine ist sicher: unsagbar vereinsamt, vergessen und beziehungslos, geradeso weltfremd geworden wie die Herrlichkeit zentralamerikanischer Hochkultur lebte jene Welt dahin - und dennoch unserem eigenen Werden, unserer eigenen großen Vergangenheit so treubleibend, daß die Überlieferungen der Spielleute, Barden, Skalden (oder wie man sie nennen mag) jener Zeit, uns heute noch so verständlich klingen, als wären sie in der Nachbarschaft Tules und nicht in der des alten Atlantis gesungen.

Die Spielleute - Dialli - der heutigen Zeit haben nicht nur die Gesänge der alten Zeit (wir werden jedes der "Heldenbücher" der



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Sahel auf sein tatsächliches Alter prüfen müssen!), sondern auch eine gute Gesamtvorstellung der Lebensform, die ihnen zugrunde liegt, bewahrt. Dies aus dem einfachen Grunde, weil das alte Heidenleben zum Stil ward und jede jüngere Vertreterschaft sich in ihr wieder auszudrücken bestrebte -auch die erste islamische Invasion der berberisch-maurischen Stämme und zuletzt sogar die Führer der marokkanischen Invasion, die Ruma oder Arama. Derart bewahrte die Knappschaft der Spielleute das Bild alten Seins und hat es bis auf unsere Tage in sagenhafter Form bewahrt.

So aber berichten die Dialli Farakas aus der alten - alten Zeit:

Von Anfang an gab es zweierlei Art von Adligen, die aber neben einander in Ganata und Faraka anlangten. Bei den einen galt der Vater nichts und bei diesen ererbten die Söhne des Bruders der Burgherrin alles, die Söhne des Burgherren selbst aber nichts. Bei den anderen aber traten die Söhne des Burgherrn in die Erbschaft, blieben jedoch bis auf einen einzigen nicht daheim, sondern wurden ebenso landzügig wie die enterbten Söhne der ersten Art, so daß alles Land in Faraka wie in der Sahel nach Osten wie nach Westen stets von einer ganzen Anzahl landarmer und landsuchender Adelssöhne durchzogen wurde.

Das Land wurde damals von Burdama (Tuareg) und Borojogo bedrängt, damit kein Salz mehr aus den Salzgruben der Sahara in die Sahel kommen könne. Die jungen Gana, die enterbten Fürstensöhne, zogen aber gegen die Burdama und Borojogo zu Felde. Sie kämpften unter der Führung der Fasa, und als die Borojogo ihre alten Herren, die Fasa, erkannten, erschraken sie so, daß sie ihre Bundesgenossen, die Burdam, im Stich ließen und diese geschlagen wurden. Denn nie konnte ein Borojogo einem Fasa ins Auge sehen. Aus diesem gemeinsamen Kampfe der Gana (= Helden) entstand das Königreich Ganata, das unter der Regierung von 74 Königen seine Eigenart wahrte bis die lauernden Borojogo mit List sich der Stadt des Königs bemächtigten. Eine Liste der Könige Ganatas ist aber noch in Bilma aufbewahrt und in den Händen eines Alten (Bericht des Dialli Djebereu Ko-lagi).

Dialli (Barden der Mande) gab es in der Zeit des alten Ganata nicht; wohl aber Diare und Garajogo. Die Diare waren selbst einst Adlige und vom Stamme der Fasa gewesen, dann aber zu Spielleuten und so die Erhalter des alten Wesens geworden. Das alte Wesen bestand darin, daß jeder Fürst (=gana-maga) seine Söhne mit den Söhnen seiner Ritter (= gana) erziehen ließ und dann, wenn sie Schild und Speer und Schwert zu handhaben wußten, vom Hof entließ. Jeder junge Gana zog dann, vom Vater wohlausgerüstet, mit Pferden und Waffen und begleitet von einem Diare



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oder Garajogo in die Weite und eroberte im Kampfe ein Land und erbaute eine Burg (= sorro). Es erstreckten sich Reihen von Burgen nach allen Richtungen in das Land der Neger, der Schwarzen (Jogofi). Die Diare und Garajogo trugen hinter ihren Herren alle Kenntnis der Geschichte alter Zeiten her, und wenn ein Gana seine Kinder versammelte, rief er den Diare oder Garajogo des Hauses herbei, daß der jenen die alten Angelegenheiten der Sippe vorsinge und sie ihnen für den Weg über der Erde und in die Sahel hinaus einpräge.

Damals gab es noch nichts Unerhörtes auf dem Lande. Gold und Steine regneten zur Erde, und aus den Herzen der Menschen erwuchsen noch die Taten. Damals kauften die Menschen noch nicht die Frauen, sondern die Frauen gewährten den Männern die Nächte, wenn sie diese ihrer würdig erachteten. Damals gab es Burgen (= sorro), aber keine Städte außer Ganata, und wenn ein junger Gana vor einer Burg lagerte und sein Diare oder Garajogo Einlaß begehrte, so ward ihm solche gestattet, nachdem er sich in seinem ritterlichen Schmucke ein Kampfesrecht gewonnen hatte. Ah! Wie oft haben junge Gana die Verpflichtung zu schweren Kämpfen gegen übermächtige Gegner übernommen, unterlagen und zogen dann entseelt in die Burg einer Herrin ein! Dann wurden ihre Leichen herrlich geschmückt, wurden reich gekleidet aufgebahrt, in den Sorros ausgestellt und in mächtigen Urnen bestattet, über denen dann die Erde bis zum Himmel aufgetürmt wurde, so daß ihr Andenken die Seelen der Menschen erfüllte und immer wieder ermahnte, daß das Leben nicht so gemeinen Wert besitze, wie bei den Söhnen der heutigen Zeit (der Bammana), die sich genügend geehrt fühlen durch ein Mittagsmahl von Hundefleisch und Kuhmilch (Bericht der Karamogo Sisse in Mopti-Segu).

Damals kannten die Menschen nur unter Gleichen den Zweikampf, unter Ungleichen aber die Verachtung, im Kampfe mit Gleichen nur Schwert und Speer, im Kampfe mit Ungleichen nur den Sattelgurt, als Ziel des Kampfes nur eine adlige Frau, ein herrschaftliches Land und die Wohltat gegen die Ärmlichen; nie aber erachteten sie es ihrer Würde angemessen, Sklaven zu machen oder Gold zu gewinnen. Stets ehrten sie die Dialli, die ihnen die tiefe Weisheit, nämlich die Weisheit des Wesens der Fasa, vermachten. Niemals aber plärrten die Dialli ihre jämmerlichen Sprüche vom Verdienste des Rühmens. Ein starker Gana mochte arm sein, aber er galt mehr als ein König, mochte der sonst auch noch so reich sein. Jeder Dialli hatte aber im Herzen wie im Bauche stets mehr Weisheit als je ein noch so weiser Marabut (islamischer Geistlicher) zur Verfügung hatte. Denn die Weisheit der Dialli betraf alle großen Geschehnisse in der Geschichte der Gara in Sahara und



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Sahel, das Wissen der Marabut aber besteht in der Wiederholung heiliger Sprüche, die niemals ein Gara, sondern nur ein Mogo-fing (=Neger) verstehen kann.

Herr! ich weiß es wohl, daß es dem Magen und der Gesundheit bekömmlich ist, nicht zu trinken, sondern heiligen Sprüchen zu folgen; aber ich kann es nicht. Denn ich war noch ein Dialli derer, die wohlgemut morgens ausgingen, um mit den Waffen das Leben in doppelter Form und in doppeltem Umfang zu gewinnen oder es ganz zu verlieren. Ich war der Dialli der letzten Gara und wenn es auch nur Bammana waren. Und ich habe sie gesehen, wie sie lebten und wie sie starben. Herr, ich habe daneben Marabut gesehen, die nie trinken und stets weise sind. Herr. dies machte mich klug!

Glaube mir, die Überlieferung unserer Sippe hat Recht: Jene Gara kämpften und tranken. Sie kämpften und gewannen die Liebe der Frauen, eine königliches Besitztum und ihren Platz im Heldengesang! Die Menschen unserer Zeit (die Zeit der Fulbe) kämpfen auch, aber nur um des Propheten willen. Und um des Propheten willen werden sie auch im Kampfe wahnsinnig. Aber dieser Kampf macht heute arm, macht die Männer arm, macht die Frauen arm und niemand reich, es sei denn die Marabut, und auch diese nur reich an Geld. —Sage mir, Herr, ob jemand heute noch ein Glück gewinnen kann, so voll, so stark, so innerlich wie die Gara der alten Zeit? (Dialli Korongo)

Die Gesänge.

Die Spielleute verglich ich oben mit nordischen

Barden und

Skalden. Die Gesänge selbst stehen ihrer Art nach am nächsten den Sagas Alt-Islands. Für die Vortragsweise ist eine gewisse Nüchternheit bezeichnend. Gefühle werden nicht geschildert, nur deren Auswirkungen; diese aber sind die eigentlich seelische Wesenheit des Diallisanges.

Die Stoffe sind fast durchweg die eines real aufgefaßten Heldentumes. Religiöse Motive fehlen ursprünglich vollkommen. Die Gestalten selbst und deren Wandlungsformen lassen nicht einen Augenblick den Verdacht mythologischen Ursprungs aufkommen. Die Irrfahrten der Odyssee konnten eine tieferem Sinn nachspürende Forschung symbolisch erklären, bei den alten Stoffen sahelischer Spielmannsgeschichten wird das nicht möglich sein. Sie sind real, tatsächlich und an sich wirklich erlebt.

Dagegen sind sie nicht historisch. Die Sänger haben sicher nie Wert darauf gelegt, diese aus dem breiten Leben geflossenen Epen historisch wahrheitsgetreu zu gestalten oder aber zu bewahren. Da aus dem Leben geflossen, liegt ihnen die ganze Kraft wirklicher Seelenhaftigkeit zugrunde - aus bestimmten Zeitereignissen geboren,



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tragen sie diese Spuren stark eingeprägt -, aber nie war ihr Innensinn der wahrhaftiger Geschichte.

Die Erhaltung dieser Überlieferungen ist keine gute. Die Dialli selbst geben an, daß das, was heute als einzelne Gesänge vorgetragen wird, früher in einem Zusammenhang gestanden hat, und von dem großen Gesang der Sisse weiß man nicht mehr als nur, daß die wenigen Sänger, die ihn kannten, zur Zeit des ersten Erscheinens der Mondsichel ihn vorzutragen begannen und, wenn sie auch jede Nacht ihn fortsetzten, erst dann am Ende anlangten, wenn der Vollmond wieder abnahm. Auch das sagen sie, daß die Gesänge heute durchweg kürzer vorgetragen würden als vordem und erklären es damit, daß vordem Lieder in ihnen enthalten gewesen seien, die sie, die Sänger, der Sprache nach nicht mehr verstanden und somit weggelassen hätten.

Eine weitere Umbildung trat dadurch ein, daß an Stelle alter Namen solche von Tagesbedeutung eingesetzt wurden. So treffen wir historische Personen wie den Schech Amadu, den König Monsol, die Sippe der Dabora - alles Menschen heutiger Zeit oder doch wenigstens aus den letzten Jahrhunderten. Auch dies erklärte mir Korongo sehr schlicht: Da man keine neuen Sänge mehr dichten könne, so benutze man die alten und setze die Namen des betreffenden großen Herren ein, dem man schmeicheln wolle. Der verrufene Samory ließ so zwei Epen umbilden, das des Sira Maga Njoro und das Lagia, und zwar in der naiven Form der einfachen Einfügung seines Namens.

Auch erklärte Korongo, weshalb es den Dialli nicht mehr möglich sei zu dichten wie in alter Zeit. Einmal, meinte er, könne es ja keine Helden mehr geben, weil sich alles Leben in großen Städten vereinige. Dann aber - dieses aber erschien mir sehr klug - müßten heut alle Kinder in die islamischen Schulen gehen, und da sie dort Hunderte von Zeilen jahraus, jahrein gemeinsam im Chor und einzeln wieder aufsagen müßten, so verlören sie damit die Fähigkeit, eigene Sätze und eigene Gedanken zu entwickeln.

Wie schon aus der Gliederung des Stoffes hervorgeht, weisen auch heute noch die Gesänge gruppenweise eine gewisse Zusammengehörigkeit auf, und es ist eine für die Beurteilung ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung wichtige Frage, inwieweit diese Gruppierungen wesentliche Unterschiedlichkeiten verraten. Soviel mag schon vorausgesandt werden: je weiter die Vortragsweise sich von dem Zentrum Altganna-Faraka entfernt, desto mehr verfällt sie der Märchenhaftigkeit und einer Verkleinerung des Sinnes. —Typisch ist die Verkümmerung der in den Homburibergen eingesammelten und im letzten Teile wiedergegebenen Trümmer.



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Sehr wichtig zum Verständnis der Gesänge scheint es mir nun, den Leser mit der ganzen großartigen Kulturwelt dieser Länder, wie sie heute allerdings nur noch als Scherben daliegt, bekanntzumachen. Die große Linienführung eines einst hohen Lebensstils ist aber auch aus den kleinlich gewordenen Zügen der immer noch tief originellen Welt der westlichen Sahelen und Sudaner unserer Tage zu erkennen.



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I DAS GESELLSCHAFTLICHE LEBEN (RESTE DER SPIELMANNSZEIT)



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Die Volksschichten

Es sind Hunderte und Tausende von Völkersplittern und Völkertrümmern, die sorgsam durcheinandergemengt über die Westsahel und den Westsudan hingestreut sind wie eine Kiesdecke. Unter ihnen findet der Ethnograph das, was den Afrikanern sonst allgemein zu fehlen pflegt, "Geschichte", gute, zum Teil klar dozierende Überlieferungen in Fülle, dem Anschein nach ein Dorado des Forschers, und doch haben an diesen Stoffen zunächst alle Forscher mit Weisheit und Geist Schiffbruch gelitten, weil ihrer so unendlich viel Sandkörner im Kies sind. In der Tat gibt es eine solche Menge von Rassen, Kasten, Stämmen, Familien, Reichen, Gruppierungen, daß ein Durchkommen durch diesen Wirrwarr einfach ausgeschlossen ist, wenn wir mit den Fragen nach den Differenzierungen der Rassen und Stämme und geschichtlichen Überbleibseln anfangen. Wir wollen also den Anfang da machen, wo eine hübsche Übereinstimmung herrscht: im Kastenwesen.

Ich sehe zunächst alle Westsahelen als "eins" an, eine Schicht, ein Produkt, einen Charakter, eine einheitliche Wesenheit. Nicht lange braucht man nach einem wesentlichen Beleg für diese Übereinstimmung zu suchen. Der Ausdruck ist dadurch gegeben, daß sie alle die gleiche Kasteneinrichtung haben. Diese Kasten sind nicht allerorts derart versteinert wie bei den alten Indern, vielmehr sind sie noch recht beweglich. Ein Kriegsunglück kann eine Familie der Vornehmen oder Adligen, wenn der siegreiche, vielleicht barbarische, kulturarme Feind einfällt, zu Bauern oder Handwerkern machen, die alterworbene und langbewahrte Kulturkunst nunmehr im Dienste eines Siegers üben müssen, der zwar kein Tyrann ist, dessen Zufriedenheit zu gewinnen aber oft schwer genug sein mag. Während aber das Kriegsglück einen Stammesteil unterwirft und unfrei macht, zieht ein zweiter gewarnt von dannen, erobert ein neues Stück Land, in dem der "Stärkere" ihm nicht auf den Fersen sitzt und wird hier doppelt Herr; ein dritter aber versucht weder das unzuverlässige Kriegsglück, noch mag er auswandern; er bietet sich als Höfling und Dienstmann an und wird ein Dialli. So wechseln die Stämme und sogar Sippen bruchstückweise die Heimat, den Namen und die Kaste, und das ist der Grund der Buntfarbigkeit des westlichen Sudan.

Die einfachsten Bezeichnungen siehe umstehende Seite.

Indem ich diese genauen Bezeichnungen gebe, möchte ich gleich betonen, daß die volkstümlichen Ausdrücke der Westsahelen nicht überall so genau begrenzen, sondern daß vielmehr der Volksjargon den Stamm oder die ursprüngliche Sippe einfach als Diamu,* die 

* Diamu kommt von diamo =sprechen.


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Familie als Mbadi und die Kaste als Schi (oder Kabila) bezeichnet. Diese drei wohl überall verstandenen Abkürzungen werde ich auch häufig anwenden, betone aber, daß sie trotz ihrer Ublichkeit nicht allzu schöne Ausdrucksweisen darstellen.

bei heißt Stamm Familie Kaste
Wolof . . . . santa: domandai: lodon:
                Pl.: santaja Pl.: domdeji Pl.: lungendon
Malinke. . . idiamo: mbadingu: issio:
                Pl.: diamolu Pl.: mhadingulu Pl.: issiolu
Marka. andiamo: mareme: dambe:
                 Pl.: diamunu Pl.: marennu Pl. dambu
Fulbe . . . . jatode: mbandirado: lenjol:
                Pl.: jatodemodon Pl.: mbandirabe Pl. ledji
Bammana . djamu: mballima: ischi:
                Pl.: djamulu Pl.: mballimalu Pl. schilu

Gehen wir nun zur Beschreibung der ersten Kaste über, der dann eine Aufzählung der anderen, tieferen Schichten folgen mag.

Die Horo = Adligen. —Mögen die einzelnen Völker in der Abstufung und Gliederung nach unten noch so weit voneinander abweichen, immer stand und steht heute noch obenan die Linie der Freien, Vornehmen, Adligen oder wie man sie nennen will. Ihre Namen bei den verschiedenen Stämmen sind:
bei Wolof: burkin (Plural: burkinje),
   Malinke: horo (Plural: horolu),
Marka: hore (Plural: horu),
Fulbe: dimo (Plural: rimbe),
Bammana: foro (Plural: forolu).

Gerade in den Reihen dieser ersten Kaste sah man vordem außerordentlich aufmerksam auf Stammesreinheit. Es geht mit den matriarchalisch stark beeinflußten Bestimmungen des Mandingischen Sippenlebens Hand in Hand, daß man nicht nur einen Horo danach respektierte, aus welchem mehr oder weniger angesehenen Djamu väterlicherseits er stammte, sondern vor allem suchte man festzustellen, ob die Mutter auch "reinen Blutes" sei. Fremden gegenüber, die zuzogen, war man mißtrauisch. Die konnten ja viel erzählen, aus was für noblem Djamu Mutter und Großmutter seien. Deshalb heiratete ein junger Horo nicht sehr gerne "in" eine eingewanderte Familie hinein. Die eigenen Landsleute kannte man. Da wußte man genau Mutter, Großmutter und Ahnfrau anzugeben. Und so ergab sich im Laufe der Zeit für die Horo



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"reiner" Herkunft eine neue Ausdrucksweise, die immer etwa besagen will: "garantiert echt".

Solche Leute, denen man generationenweit die Kastenreinhaltung nachweisen konnte, hießen bei den Wolof Ngorrje (Sing.: ngorr). Das Wort soll abstammen von gorr, das seinerseits die Imperativbedeutung: schlage oder schneide hat. Ich habe nicht genügende Gelegenheit gehabt, mich eingehender mit dieser Sprache zu beschäftigen, um sagen zu können, ob das richtig ist. Die Malinke kreditieren einen reinblütigen Horo mit dem Ausdruck: djerreulu (Plural: djerreluol), das wohl mit njerre Zweig oder Baum und ulu gleich geboren zusammenhängt. In Bate (Kankan) und Konian hörte ich in solcher Bedeutung den Ausdruck: mogo-njima-nding (njima-gut), bei Malinke das Wort mogo-bete-nding (bete-gut) anwenden. Es ist alles gleiche Rühmung vornehmer Abstammung, d. h. reiner Herkunft, und für Leute solcher Bezeichnung fällt die Beschuldigung väterlicher oder großväterlicher Mesalliance fort.

Bei Bammana ist gleicher Ausdruck wie bei Malinke üblich: jerre oho, Plural: jerre ollolu, und ebenso bei Marka: jere-oro, Plural: jere-oronu. Dagegen sagt der Fulbe: bi haha! (Plural: bibe hallal), das soll kommen von bi = Kind und hallal = "das ist mein". Den Wurzeln und der Konstruktion nach scheint mir diese Explikation für die Fulbesprache möglich.

Diese Horo nun, hervorgegangen aus siegreichen Völkern, entsprechen fast vollkommen der Herrschaft auf Mecklenburgs Rittergütern, nach dem alten Modus, der heuer allerdings hinfällig wird. Im allgemeinen haben wir es in den Horo mit den Herren Grund und Bodens, mit Gutsbesitzern zu tun, wobei aber gegen unseren Norden der Unterschied merkenswert ist, daß jene Herren selbst Hand anlegten, wenn es sich darum handelte, das Land zu bestellen. Jeder Gutsbesitzer ist hier sein erster Ackerknecht. Das galt in alter Zeit nicht nur für die Bauern, sondern sogar für die Fürsten. Wir werden diesen Fürsten und Königen sogleich ein Wort widmen, vor allem der Hauptarbeit des Horo, dem Ackerbau, einen Abschnitt widmen. Vorher aber müssen wir einer Adelsgruppe gerecht werden, die aus dem Rahmen aller anderen herauszufallen scheint. Ich meine die Dimo - eigentlich müßte ich "Rimbe" sagen - der Fulbe.

Der Dimo war niemals und nirgends Bauer, kein Rittergutsbesitzer; er hatte nichts, gar nichts mit Landbestellung zu tun. Man hat aber auf der anderen Seite früher oft gesagt, der Fulbe wäre immer nur und nichts weiter als Hirten. Das ist falsch! Es gibt ganze Kasten hellfarbiger typenreiner Fulbe, die den Ackerbau betreiben. Das sind die Rimaibe, die den Ulussulu der Mandingo entsprechen. Das ist aber keine Ritterschait, das ist Bauerniehntum,



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das hier Gestalt gewinnt. Die Dimo waren nur Ritter. In dem Abschnitte "Baudi", in dem die Bardensänge, die "homerischen"Fulbe-Dichtungen des westsahelischen Plateaus Wiedergabe finden werden, sind in klareren Bildern die typischen Szenen des Lebens und der Lebensgewohnheiten solcher Dimo geschildert.

Der adlige Sohn zieht hoch zu Roß mit einem Reisigen das ist sein Mentor, Knappe und Barde - aus und sucht Abenteuer. Er zieht aus der Begrenzung des Heimatlandes. Kampf, Ruhm und anscheinend am wenigsten Beute, scheinen sein Ziel. Das "königliche Weib", das erworben werden will, ist dagegen ein bedeutsames Symbol. Das ganze Leben der Dichtung mutet nach mancher Richtung an wie mittelalterliches Minnewerben mit Schwertklang und Lautenschlag. Und somit summt ein uns durchaus bekannter, verwandter, sympathischer Zug durch diese Dichtungen.

Kriegerisches Rittertum ist das Charakteristikum der Fulbeedlen — nicht etwa Viehräuberei, obgleich das als unschöne Nebenerscheinung ebensolche Blüte stickiger Zeit sein mag, wie bei uns die Wegelagerei der Raubritter! Ich habe keinerlei direkten Beleg dafür finden können, daß die Fulbedimo in der Westsahel Hirten gewesen seien, obgleich ich das doch natürlich als selbstverständlich vorausgesetzt habe. Der eine nahm wohl dem andern die Herden, aber er blieb Ritter, und das Viehstehlen als solches, als Beruf, lag den Mauren hier viel näher als den Fulbe. Im übrigen ist über die Fulbedimo in der Einleitung zum Baudi des näheren berichtet.

Steigen wir von der Leiter der Rassenreinheit und ritterlichen Kulturverfeinerung eine Stufe abwärts, so treffen wir, den Heldengesängen nach zu schließen, bei den Marka etwas Ähnliches und den Übergang zu jenen Mahnke-Vornehmen, die mit festem Handgriff im fürnehmeren Bauernhandwerk den niederen Bauern vorbildlich vorangehen. Von den Malinke, den reichen, früher ritterlichen, Großbauern, die in vorfranzösischer Zeit noch über große Mengen Höriger verfügten, kommen wir dann zu den Bammana, den Kleinbauern, bei denen im allgemeinen der Unterschied zwischen Foro und Ulussu nur noch ein traditioneller ist. — So geht in diesen Ländern, bei den einzelnen Völkern, das Rittertum fast unmerklich in das Bauerntum über.

Aus diesem Ritter-Bauerntume ragten aber als oberste Spitzen die Fürsten, Könige, Kaiser empor, teils mächtige Gestalten, mit Sippen, die, weil am höchsten stehend, am meisten dem Schicksal der Zeiten, dem Sturme und noch mehr der Zersetzung ausgesetzt waren. In bezug auf die "Reinheit" der Schi ist sehr bemerkenswert, was im Volksmunde Westsaheliens kursiert: Große Eroberer, Gründer neuer Herrscherfamilien, werden nicht von vornehmen Müttern geboren, sondern sie gehen aus der Ehe eines Horo mit



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einer Tara Mussu (Näheres siehe unter Ulussu) hervor. — Wie die Gründung neuer Reiche, Fundierung neuer Geschlechter und deren langsame Auflösung und Zersetzung vor sich ging, dafür geben die historischen Traditionen und epischen Auffassungen hinreichend Aufschluß, so daß auf die Texte verwiesen werden kann. —König hieß im allgemeinen bei:

Wolof: burr (Plural: burrji),
Malinke: fangama (Plural: fangamalu),
Marka: tunka (Plural: tunkanjugu),
Fulbe: lam(u)do (Plural: lamde),
Bammana: fama (Plural: famabe).

Aber neben dieser Bezeichnung laufen eine ganze Anzahl von Bezeichnungen, als heute noch üblich, her, die nicht einmal alle jene Bezeichnungen berücksichtigen, die wir aus den alten Aufzeichnungen der Araber oder den Volksgesängen kennen.

Die Diallonke -das sind Sago und Konare -, die vor den Fulbe in Futa Djallon wohnten, nannten ihre Könige simbago (Plural: simbagolu). Diesem Ausdruck entspricht das archaistische Wort der Bammanasprache für König: seba. Dem muß als sehr wichtige Bemerkung hier gleich beigefügt werden, daß die Soninke des Nordens das Wort sebe kannten und daß auch die Bosso-Soroko vom Lac Debo und bei Djenne diesen Wortstamm haben, und daß sie ihren König "sebe-ntu" nannten. Dieses Sebe-ntu erinnert aber seinerseits daran, daß die Fulbesage die ersten Fulbeeinwanderer in Massina die "Sebe"-Soroko vorfinden läßt. Also liegt hier eine alte Wurzel vor.

Dem "großer König" = simbago entsprach bei den Wolof die Bezeichnung damal (Plural: damallje). Bei Marka finden wir das Wort katana (Plural: katanu). Im Gesange rühmte man mächtige Herrscher bei den Malinke und Kassonke als "Uola-Wal". Dagegen bedeutet das Wort kelle-manso (bei Malinke) oder kellemassa (bei Bammana) nicht wie früher von anderer Seite einmal angenommen Kaiser oder König, sondern Kriegsgeneral, sagen wir Feldmarschall, Armeeführer, aber niemals Souverän. — Die Worte fangamamba (Plural: fangamambalu in Malinke), famamba (Plural: famambalu in Bammana) und tunkajugogore (Plural: tunkajugogoru in Marka) bedeuten weiter nichts als die wörtliche Übersetzung: "König, großer", so daß wir es hier mit einem besonderen Worte nicht zu tun haben.

Diese mehr oder weniger großen Herrscher, die als solche stets Horo waren - denn sobald aus einem Diamu sich einer als König aufgeschwungen hatte, waren eo ipso die ihn umgebenden und anhängenden Diamumitglieder adlig und Horo - waren noch vor



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gar nicht allzulanger Zeit in großer Zahl über Westsahelien ausgestreut. Zur Glanzzeit Maus gab es wohl einen mächtigen Kaiser, aber unter ihm außerordentlich viele von ihm abhängige Könige. Das lehrt die Sunjattalegende (vgl. Bd. V). Als dann das Malireich zerfiel und die verschiedenen "Häuser" der Königsfamilien ihr Erbe unter die Söhne aufzuteilen begannen, nahm ihre Zahl zu, und erst nach den Eingriffen der energischen, staatenzusammenfassenden und staatengründenden Fulbeentwicklung wurde eine hübsche Zahl der Duodez-Fürstentümer verweht und überdeckt. Es gibt jedoch noch viele alte Leute, die sich sehr wohl erinnern, an ein Durcheinander von fürstlichen Hofhaltungen, Lehnsfürstentümern und Tributen, die einer immer dem anderen zahlte. Das wirtschaftliche Leben ward dadurch natürlich geschädigt, aber doch auch wieder nicht so in Unordnung gebracht wie durch die Kriege eines Samori oder Tieba.

Die Machtverteilung im Lande seitens der königlichen Herren war stets sehr ungleichmäßig. Hier und da widerstand eine Provinz inmitten einer Kette unterworfener Bezirke, in dem die früheren "Herren" jetzt zu Lehnsleuten und Bediensteten wurden. Und in diesen Inseln der Selbständigkeit blieben die alten Horodiamu am Ruder. Die Tributzahlung war nichts weniger als regelmäßig, und der größte Teil der königlichen Herren war weder beharrlich noch zielbewußt genug, ein Reich in unserem Sinne zu gründen oder gar zu erhalten. Das gilt auch für die ritterlichen Fulbe, die ihrerseits darunter litten, daß zeitweilig der energischen und abenteuerlichen "Reichsgründer" zuviel waren. In Gegenden wie Massina saßen "Fürst" neben "Fürst". Das hatte darin seinen Grund, daß in der typischen Fulbefamilie die jüngeren Brüder sich dem Machtbereich der "Ältesten", der "Erben", zu entziehen suchten und nicht wie bei den Mande eo ipso im Familienverbande verblieben.

Der König der Mande also war Horo, ein edler Rittergutsbesitzer, und wie ein Horo hatte er auch seine Ackerwirtschaft. Das Bauerntum des Herrschers trat deutlich zutage durch die Zeremonie des ersten Spatenstiches. Vor Beginn der Regenzeit fragte man das Erdorakel, ob es ratsam sei, daß der König wie gewöhnlich diesen vollziehe. Wenn das gute Erdorakel nichts dagegen hatte, zog alle Welt unter Sang und Trommeispiel auf die Äcker des Königs, und der hackte in aller Anwesenheit die "tabe saba", die drei Pflanzlöcher.

Damit war natürlich seine Ackerarbeit - wenn es nicht ein Duodezfürst ohne jeden Anhang war, der eben alles selbst arbeiten mußte - zu Ende. Nun konnten die Horo ihre Feldbestellung beginnen und zogen demnach nach allen Richtungen mit Hörigen und Sklaven auseinander.

Da nun der Landbau und seine Leitung die wesentlichste Beschäftigung der Horo ausmachte, so erscheint es hier am Platze,



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ihm einige Worte zu widmen. Beginnen wir mit dem Ackergerät, der Hacke; denn die Westsahelier und Westsudaner kennen und kannten den Pflug nicht.

Das alte Ackergerät der Malinke ist ausgestorben. Nur alte Leute erinnern sich seiner und haben mir mehrfach eine nicht mißzuverstehende Beschreibung gegeben. Dies Instrument hieß wälan oder walang. Die Walan bestand aus einem nach vorn gebogenen, oben abgeschliffenen Knieholz, auf das ein zweites, langes Keilholz aufgebunden war, in dessen Spitze die eiserne Klinge, ein Blatt, ruhte. Die Ähnlichkeit mit den merkwürdigen Hacken der Moba, Konkomba und Bassari in Nordtogo war groß. Ein alter Mandingo, der mir schon lange vor unserem Eintreffen in der deutschen Kolonie diese Walanhacke erklärt hatte, sagte mir beim Anblick der ersten Mobahacke freudig: "Sieh, hier wird noch die Walan verwendet." — Als Ergänzung, und weil ich vielleicht anderweitig darauf hinzuweisen vergessen könnte, sei gesagt, daß ich sehr verwandte Instrumente bei den Baule im Hinterlande der Elfenbeinküste kenne. Bei diesen war das Hackenblatt auch aufgebunden, aber es bestand aus - Holz.

Die Walan gilt als älteste Hacke im Mandingogebiet und wird in den alten Ackerbaugesängen häufig erwähnt als die "Walan Daba". Es heißt "wer damit arbeite, müsse ein starker Mann sein". Nach den Beschreibungen war die Anwendung der Walan genau die gleiche wie die der Mobahacken, nämlich mit ihr wurde der Boden lang aufgerissen und gleichzeitig die Erde zur Seite gewendet. D. h. man hat ein gewisses Recht, die Walan als einen Urpflug anzusehen. Die Ähnlichkeit der Walanhacken mit Steinäxten der Südsee ist groß. Die Arbeitsverwendung als "Wender" erscheint mir aber wichtiger. Noch bedeutsamer wird aber dies ethnologische Relikt dadurch, daß man die Walan zum Aufreißen stark krautigen Bodens, und zwar Brachbodens, ganz besonders für Reisbau anwendete.

Eine zweite Hackenform war die Tomma, bei allen Malinke früher gebräuchlich, heute bei diesen nur noch selten, aber noch sehr häufig bei den Wolof. Ein Exemplar sah ich im ersten Lagerdorf der Nigertalfahrt hinter Mopti. — Es ist ein Krummholz mit einem Zwingenblatt darauf. Wolof, dann auf der anderen Seite die Mossi, haben sämtlich Hacken mit Zwingenblättern.

Bei den Mandingo sind diese, wie ein Lied singt, seit Hadj-Omars Zeiten verschwunden. Dafür ist die "djallong", auch djallong daba (wenn klein für Schwache "mussu daba", wenn schwer und für starke Leute gebaute "goffe") eingebürgert. Das ist die "Daba der Bammana", die heute überall gebräuchliche Hacke, ein Stiel mit Dornblatt.



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Anfang Juni beginnt im zentralen Mandingogebiet die Feldarbeit, und zwar mit dem Herausreißen der Sorghum-Stoppeln und -Wurzeln, deren Aufhäufen und Verbrennung auf den Ackern. Das heißt bei Malinke: sa-sali, bei Bammana: kalla-gossi. Gleichzeitig wirft man auf die um das Dorf gelegenen Äcker den Dung, der in der Mistgrube (Bammana: badinji, Malinke: tuta) aufgespeichert ist. Das ist nicht nur der Mist (Bammana: noa, Malinke: nojo) von Rind und Pferd. Wer am Berge wohnt, sucht kullombahlimbu, den Mist der kleinen Kullobalhi. Wer am Flusse wohnt, sucht Nilpferdmist. Bei der Sorgfalt der Mistzusammentragung und Dungverwertung fällt es auf, daß das Unterhacken von Bohnen- und Erdnußstroh unbekannt geblieben ist. —Nach Hacken und Düngen des Feldes noch ein Regen, und die Saat kann beginnen.

Die Reihenfolge der Saat ist:

I suna und panicum auf einem Felde. Die suna-Felder liegen immer nahe dem Dorfe.

2. njaningkong (weißes Sorghum) oder sanjo resp. kenenge (rotes Sorghum). Alle diese Früchte kommen auf eigene Schläge.

3. Reis = malu.

4. Mais (= kaba) und koroni (Baumwolle).

5. Erdnüsse und wenig später Erderbsen. Diese bringt man in Reihen auf die sanjo-Felder. Das Eintreten der jungen Erdnußpflanzen ist hier bekannt.

6. Bataten (= kunduba im Malinke) und Sosobohnen, sowie Maniok schließen im August die Saat- oder Setze- und Legezeit ab. Alle Äcker werden im Laufe der Regenzeit zweimal, die Erdnußfelder sogar dreimal nachgehackt.

Als Fruchtwechsel wurde mir nur angegeben: Im ersten Jahre: njanigkong, im zweiten Jahre: Erdnüsse, im dritten Jahre: Panicum, im vierten Jahre: njaningkong und sanjo. Lange Brachen sind unbekannt. Maniok wird bis drei, ja vier Jahre genutzt.

Reihenfolge der Ernte: I Suna, 2. etwa acht Tage nachher Mais, 3. Panicum und fast gleichzeitig Reis, 4. weißes Sorghum und Erdnüsse, 5. Sanjo usw. Den Abschluß machen Maniok und Baumwolle. — Große Erntefeste sind so gut wie unbekannt. Bei den Bammana ordnen sich die Frauen die Haare neu und das heißt: dababla-sahi. Ein einziges Volk im Markalande scheint eine Ausnahme zu machen, die Bammana Magassi Kakorro. Bei diesen wird das Suna nkura jali gefeiert. Knaben und Mädels tanzen während acht Tagen. — Bei den Malinke wurde früher Djuro gebraut; das war ein alkoholisches, milchig aussehendes Getränk, dessen Grundlage Panicum ausmachte. Frauen gossen davon auf den Kreuzweg. Aber gefeiert wurde nicht besonders.



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Mit der Ernte war aber eins verbunden: das bürgerliche Neujahr Senegambiens. Ich glaube, daß die Verschiedenartigkeit der hierfür ausschlaggebenden Feldfrüchte sehr wichtig ist. Dies sind:

I bei den Fulbe im Bakunugebiet (nicht in Futa-Djallon): "Dehengelal märo", d. h. eine Last Reis,

2. bei den Kassonke: "Mälo Sinso", d. h. ein Korb Reis,

3. bei den Marka: "Märo nkande", d. h. ein Korb Reis,

4. bei den Malinke: "Njodundo", d. h. einfach Bündel, und zwar ist damit ein Bündel weißes Sorghum gemeint.

5. bei den Bammana: "Njofallang", das ist ein Korb voll weißem Sorghum, denn fallang: Korb.

6. Für die Wolof ist maßgebend die erste Ernte von Feela, das ist ein grobkörniges rotes Sorghum mit hängendem Kornbündel. (Bei Kassonke heißt dies Korn: "gegeba".) Die Redensart, mit der der Eintritt des neuen Jahres angegeben wird, ist: "Feela deche sendal", d. h. ein Korb voll Feela. Der Eintritt des neuen Jahres wurde übrigens in keiner Weise gefeiert. Es genügte, daß jemand bei den Kassonke einen Mann mit "Malu-Sinso", d. h. mit einem Korb Reis auf dem Kopfe oder bei Malinke, daß einer einen mit "Njodundo", mit einem Bündel Sorghum auf dem Kopfe sah, und er wußte und sagte es daheim, daß das neue Jahr begonnen hatte, und deshalb bezeichnete man das eben mit "Malu Sinsu" oder "Njodundo" usw. usw. — — —

Soweit die Horo, die Vornehmen, Freien, Adeligen und ihr "Beruf". Nun wollen wir den unteren Kasten, den weniger Geachteten, Mißachteten, oder Gefürchteten uns zuwenden. Ich will voraussenden, daß unter den verschiedenen Stämmen Senegambiens erstens weder die Kasten überall die gleichen an Zahl und Tätigkeit noch an Achtung oder Mißachtung sind. So fehlen z. B. allen zentralen Völkern die Lederarbeiter, und wo in Leder gearbeitet wird, übernehmen die Sänger diese Tätigkeit. Dagegen fällt auf der anderen Seite im Süden das "soziale" Übergewicht der Schmiede auf, die im Norden eine unbedeutende, unwesentliche Rolle spielen. Gehen wir zu Einzelheiten über.

Die Kasten der zwei Zentral-Mande heißen:

Malinke Bammana:
Freie: horo (Plural: horolu), foro (Plural: forolu,
Lederarbeiter (selten): garanke
(Plural: garankelu), fehlt,
Sänger: djallo (Plural: djallolu), djalhi (Plural: djallinu),
Schmiede: numu (Plural: numolu), numu (Plural: numunu),
Hörige: ulussuo (Plural: ulussulu), ulussu (Plural: ulussulu)
Sklave: djong (Plural: djongulu), djong (Plural: djong),
san-djong (Plural: san-djongulu).


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Marka:
Freie: hore (Plural: horu),
Lederarbeiter: garanke (Plural: garanku),
Schmied: tage (Plural: tagu),
Sänger: djare (Plural: djaru),
Hörige: uorosso (Plural: uorossono),
Sklave: kobo-komme (Plural: kobo-kommu).
                   Wolof:
Vornehme: burkin (Plural: burkinje),
Lederarbeiter: ude (Plural: udeji),
Schmied: tage (Plural: tageja),
Sänger: ngewell (Plural: ngewellja),
Höriger: ndiamdjudu (Plural: ndjadjuduja),
Sklave: larr (Plural: larrja).
Fulbe:
in Futa djallon und Massina:
Vornehme: dimu (Plural: rimbe),
Hörige: dimadio (Plural: rimaibe),
Händler, Höflinge, Hirten: diando
(Plural: diawambe),
Sänger, Weber: mabo (Plural: mabube)
Lederarbeiter: sake (Plural: sakebe),
Holzarbeiter: labo (Plural: laobe),
Schmiede: Hailu (Plural: wailbe),
Fulbe:
in Say am Niger:
dimo (Plural: rimbe),
dimadjo (Plural: rimaibe)
mabo (Plural: mabube),
gargassa (Plural: gargassabe),
sekaejo (Plural: sekaebe):
bahillo (Plural: wahilbi).

Man ersieht aus dieser tabellarischen Zusammenstellung, daß die Sechsteilung des Kastenwesens im allgemeinen überall die gleiche ist. Bei den Fulbe tritt eine Änderung ein. Die Einteilung der Fulbe ist mit der anderer Völker Westsaheliens und des Westsudan nicht vollkommen in Einklang zu bringen. — Was die Eigentümlichkeit der Diawambe-Existenz anbelangt, so wird noch anderweitig davon zu sprechen sein. Sie sind in Kaarta als Diawando, bei den Malinke als Djogorame bekannt. —Die "Sklaven"repräsentierten eine mehr oder weniger käufliche und verkäufliche Menschheit. Was die Hörigen anbelangt, so werde ich gleich davon mehr zu sagen haben.

Die Ulussu =Hörigen (Sing.: ulussu, Plural: ulussudu, bei Bammana und Malinke) repräsentieren eine durchaus festgegliederte Einrichtung. Ich gebe im folgenden die Beschreibung der Verhältnisse, wie sie bei den Malinke in Bambuk herrschen. Bei den Bammana und Bosso Soroko sind es aber genau die


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gleichen, und erst bei den Senufo und anderen Völkern im Osten tritt eine Abflauung der Sittenstrenge ein.

Das Wort ulu-su kommt von ulu geboren und su = Gehöft. Es sind also die in den Landweilern, den Farmorten, also nicht die in den Burgen und Städten des Adels Geborenen, Beheimateten, Ursprünglichen. Es sind dies zunächst die Nachkommen der patriarchalisch-sippenmäßig gegliederten Urbevölkerung, die ursprünglichen Bauern, die hier ihrem nahrhaften Gewerbe vor dem Einfall staatenbildender Ritterschaften aus dem Norden nachgingen. Als Urbevölkerung sind es auch die "Jäger", die Primitiven, von denen mancher Barde sang und z. B. in den Epen Samba Kullung und Bassala-n'Sa zu berichten weiß. Als Jäger sind sie noch nicht unterworfen, noch nicht Hörige.

Aus diesen ursprünglich Freien werden dann aber die Ulussu zu Bastarden, die aus der Mischung des Herrenvolkes mit kriegsgefangenen Sklavinnen und der Ulussu untereinander hervorgegangen sind. Die unterworfenen Völker und eroberten Sklaven selbst werden von den Mandestämmen nie mit der Verleihung des eigenen Diamunamens beehrt. Hierin spielen nur die Senufo eine berüchtigte Rolle. Alle unterworfenen Stämme nehmen dort den Diamunamen des neuen Herrschers an. Wohl aber erhalten die mit den Sklavinnen gezeugten Kinder den Diamunamen des vornehmen Vaters. Diese Kinder sind und bleiben aber, wenn nicht die Befreiung durch Freikauf eintritt, Ulussu und sind niemals eo ipso Vornehme oder Freie, also Horo.

Das Eigenartige ist, daß die Ulussu, also heute die Bastarde, nicht Privateigentum ihres vornehmen Erzeugers werden, sondern daß sie entsprechend dem alten Bodenrecht der Ureinwohner zunächst als Orts- oder Gemeindeeigentum gelten, wenn sie auch für ihren Horopatron oder -vater nur bestimmte Arbeitsleistungen auszuführen haben. Übrigens ist es bemerkenswert, daß die Ulussuschaft in Bambuk z. B. nicht nur auf dem Wege direkter Blutsund Geschlechtsmischung eintritt. Ein Mann kauft z. B. Sklaven, das sind djong (Sing.: djong, Plural: djong-balu). Mit dem durch Kriegsglück oder Kauf erworbenen Sklaven männlichen und weiblichen Geschlechts kann der Vornehme machen, was er will. Sobald diese Djong aber - auch ohne seine geschlechtliche Mittätigkeit -auf seinem Hofe ein Kind hervorbringen, ist dieses Kind ein Ulussu, und es führt nicht mehr den Diamunamen der Djongmutter oder des Djongvaters, sondern den seinen. Und auch diese von Djong hervorgebrachten Ulussuarten gelten unbedingt nicht nur als Eigentum der Gemeinde und treten dieses Eigentumsrecht der Gerneinde nicht in irgendeiner Anforderung, die an die Arbeitskraft der Ulussu oder an irgendeine Abgabeart seitens der Ulussuherrn



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gestellt wird, hervor, sondern dies Mitbesitzrecht der Gemeinde äußert sich erst im Augenblick, wenn der Herr seinen Ulussu befreien will.

Dies kann der Herr nicht anders machen, als indem er ihn freikauft. Und zwar kauft er ihn von der Gemeinde frei. Er zahlt eine ziemlich hohe Summe, und hiervon fällt ein Drittel den anderen Ulussu, ein Drittel den Siginfe (das sind die Fremden, Zugezogenen) und ein Drittel den eigenen Verwandten der Horo zu. Ich habe mich emsig bemüht, eine Antwort auf die Frage zu erhalten, worauf das Anrecht an diese Auszahlung zurückzuführen sei. Denn eigentlich sollte nach unserer Auffassung derartiger Verhältnisse bei den Naturvölkern das Kind, das ein Herrenmann (ein Horo) mit seiner ihm vollkommen gehörenden Sklavin zeugt, doch ihm gehören. Aber scheint nicht so; der Horo erwirbt bei den sittentreuen Nachkommen der alten Malinke die Kastenzugehörigkeit seines derartigen Sprossen nur durch eine Zahlung an seine Familie, die Fremden und die anderen Ulussu. Als Antwort auf meine dahin zielenden Fragen wurde mir immer wieder geantwortet: Der Ulussu gehört nicht wie der Djong seinem Herrn allein, sondern er gehört eben allen gemeinsam, denn er tanzt für alle. Diese Antwort befriedigt natürlich nicht ohne weiteres. — Was die Tänze der Ulussu anbelangt, so sind sie, abgesehen von speziellen mimischen Darstellungen, durch starke Betonung erotischer Bewegungsformen ausgezeichnet. Ich sah solche Tänze zur Zeit der Beschneidungsfeste und sonst. Immer und bei allen Festen fielen mir die alten Ulussudamen auf, die ihren Mittelkörper mit erstaunlicher, von großer Ubung zeugender Geschicklichkeit, in entsprechenden Bewegungen vibrieren ließen. Dafür wurden sie mit allerhand kleinen Gaben bedacht.

Ein Horo kauft einen Ulussu im allgemeinen nur frei, wenn er sein Sohn ist, den er mit einer Ulussufrau, also außerehelich, gezeugt hat, und wenn er diesem Sprossen nun nach seiner Beschneidung das Recht eines ehelichen Sohnes und Horozugehörigen verschaffen will. In solchem Falle wird dann die ganze Gemeinde zusammengerufen. Auf der Mitte des großen Dorfplatzes wird eine Kalebasse voll Wasser aufgestellt sowie ein Armring aus Silber hingelegt. Dieser silberne Armring heißt: buhlukonna-ori (Silber ori; sonst heißt Silber auch wohl wari). Der zu Befreiende muß sich vor aller Welt baden und waschen. Dann legt er den silbernen Armring an, und damit ist er vom Ulussu zum Horo geworden. Der silberne Armring sagt das. Denn ein Ulussu darf als Schmuck wohl Gold, nie aber Silber tragen. Das Silber ist das Schmuckmetall der Vornehmen. Dieses Gebot wird streng innegehalten. — Von dem Augenblick an, da der Ulussu-Sproß den Silberring trägt, ist er



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Horo und nun führt er den Diamu-Namen seines Horovaters mit vollem Rechte. — Im Volksansehen sind die Söhne der Horo, die diese mit Ulussufrauen als Beischläferinnen (=Taramussu) gezeugt haben, weit begabter als die üblichen ehelichen Söhne aus Horofamilien und man sagt, daß alle großen Krieger und bedeutenden Männer nicht den Horomüttern, sondern den Ulussumüttern entstammten.

Einfacher ist übrigens die Klärung der vollberechtigten Kindschaftsanerkennung so zu erledigen, daß der Horovater, der seine Ulussufrau mit seinem Sprossen schwanger weiß, direkt die schwangere Ulussufrau heiratet. Er hat dann nur nötig, diese Tatsache unter Beifügung kleiner Geschenke der eigenen Familie, den Ulussus und den Fremden mitzuteilen. — Dann gilt das erwartete Kind als eheliches Horokind. — Aber wie gesagt, ganz abgesehen von dem Freikauf haben die Ulussu sonst nicht das Recht, den Diamunamen ihrer Horoherren zu tragen.

Das Leben des Ulussu ist ein durchaus angenehmes. An fünf Tagen der Woche arbeitet er für seinen Herrn, und zwar nur in den Vormittagsstunden von Sonnenaufgang bis Mittag. Die Nachmittagsarbeit, die uranjang heißt, ist für ihn selbst. Außerdem steht ihm freie Verfügung über die Arbeitszeit am Freitag und Sonnabend zu, so daß er in Wahrheit mehr Arbeitszeit für sich, als für seinen Herrn verwenden kann. Was er in dieser Zeit verrichtet, das gehört ihm, und er kann das verwenden, indem er sich eine Frau kauft, indem er heiratet, oder auch wohl, indem er sich freikauft, obgleich das letztere früher nicht allzu häufig vorgekommen ist.

Erstens also, der Ulussu kann sich eine eigene Sklavin anschaffen, d. h. kaufen. Eine Ulussuskiavin heißt: djomandjong. Zeugt er mit ihr Kinder, so geht keinerlei Recht an dieselben auf seinen Herrn über. Sie sind sein Privatbesitz, und was sie verdienen, gehört dem Vater der Kinder, dem Ulussu. Diese Kinder arbeiten nur für ihn. Sie gelten im übrigen, ganz wie ihr Vater, im Ansehen der Leute als Ulussu.

Zweitens kann der Ulussu heiraten, aber das Recht hierzu muß er sich gewissermaßen erkaufen, d. h. er muß etwa für 10 Frank Wert eingeborenen Baumwollstoff seinem Herrn zahlen und je zwei Hühner sowohl dem Angesehensten der Numu als dem Angesehensten der Dialli schenken. Hat der Ulussu keine Hühner, so muß er den gleichen Wert (also ca. 2 Frank für je ein Huhn) in irgendwelchen anderen Gaben diesen beiden Herren zukommen lassen. — Die Kinder einer solchen Ehe gelten als Ulussu und arbeiten nur für den Herrn ihres Vaters - wie ihr Vater selbst.

Endlich kann der Ulussu, wenn er genug erarbeitet hat, sich auch freikaufen. Dann zahlt er für etwa 400 Frank Vieh oder selbstgewebte



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Stoffe an seinen Herrn, und die kommen auch wieder nicht seinem Herrn zu, sondern der muß die Abgabe zu gleichen Teilen unter die Ulussu, die Fremden und die eigene Familie verteilen. Solange ein Ulussu sich nicht freigekauft hat, gelten seine Kinder nicht nur als Ulussu, sondern sie müssen auch wie ihr Vater die oben angegebene Zeit für den Horo arbeiten.

Die Ulussu haben noch eine wesentliche Industrie in diesen Ländern in Händen: sie sind die vorzüglichsten Weber. Sonst sei noch bemerkt, daß die Ulussu der Mande den Rimaibe (Sing.: dimadio) der Fulbe entsprechen.

Die Numu = Schmiede. (Zumal im Malinkegebiet.)

Nach allen

meinen Forschungen, nach allen Fragen, die ich

in dieser Richtung stellte, kann es für mich kein Zweifel sein, daß die heute so verachtete Kaste der Schmiede, der Numu, erstens der zur Unterschicht degradierte Restbestand der Oberschicht eines alten Volkes ist und das zweitens dieses Volk nicht, wie die Dialli-Historiker und islamischen Schriftsteller es gern hinstellen möchten, ein niederes, kulturloses, sondern daß es ein für alte Verhältnisse sehr kultiviertes, kluges, geistig und.materiell reiches Volk war. Die Nachrichten, die uns über Susu Sumanguru, die Fanne, Kamme und Kante erhalten sind (vgl. Bd. V: Sunjatalegende), zeigen uns an, in welcher Richtung wir forschen müssen, wenn wir noch zutage liegende, anstehende Schicht dieser Kultur finden wollen. Aber ohne erst nach den Sternen zu schweifen, griff ich während des Aufenthaltes in den Mandingoländern das auf, was die Numu selbst noch sind, wissen und darstellen, und da hat sich ein klares Bild ergeben. Diese Leute sind die Träger eines uralten Gewerbes, einer alten sozialen Bundform, und uralter, religiöser Überlieferungen. Die islamischen Stürme, die zwischen dem 10. und 17. Jahrhundert mit langwellenden Stößen über diese Länder hinbrausten, haben vielerlei überdeckt, haben viel Schutt und Trümmer über die alte Numu-Kultur geworfen; aber an vielen Stellen ragen aus diesen Massen noch die Turmspitzen und Giebelfirsten der Numustädte hervor, die sonst vergraben liegen. Hier einiges Material:

Man behauptet: die Numu seien verachtet. Das trifft in dem Sinne, wie etwa im Mittelalter die Juden verachtet waren, nicht zu. Es ist wahr, daß man nie die Ehe mit einem Numuweibe eingeht, wenn man ein Horo ist. Das würde schlimme Folgen haben. Auch verkehrt man nicht gerne mit den Vertretern dieser Kunst allzu intim, aber diese Abneigung beruht mehr auf dem Gefühl der Angst, als auf dem der Verachtung. Jeder Mensch hat in diesen Ländern persönlich ein wenig Angst vor den Numu. Man bleibt einem Numu beileibe nichts schuldig, weil man seine geistige Rache



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fürchtet. Die Numu sind die eigentlichen alten Herren, Inhaber, Verwalter des Naina und des Komma (d. h. der heiligen Fernbünde). Die Numu sind es, die die Beschneidung ausführen. Welch merkwürdiges, sozial-religiöses Schauspiel! die stolzen, vom islamischen Adel ihr Dasein und ihre Gesittung ableitenden Haibberber lassen ihre Sprossen von den Vertretern und immer wieder als solche signierten Nachkommen des verachteten, todfeindlichen Heidentumes beschneiden!

Es gibt viele Sitten und Anschauungen, die gleiche Richtungstendenz haben: Wenn die Mandingo in den Krieg zogen und der erste Tote ein Numu war, so floh das ganze Heer. Denn das ward unbedingt als ein sehr schlechtes Zeichen angesehen. Oder: wenn ein Dorf gegründet ward, und der erste darin Sterbende ein Numu war, so glaubte man nicht mehr an ein glückliches Gedeihen der Gemeinde an dieser Stelle, und oft ward dann die Ortschaft verlegt. —Oder: wenn einer vornehmen Mandingofrau ein Kind nach dem andern starb, so brachte sie zuletzt ihre Sprossen bei Familien niederer Kaste unter, daß sie da aufwuchsen. Man brachte sie zu Dialli, Ulussu, vor allem aber zu den Numu. Solche Kinder, die in niederer Kaste aufwuchsen, hießen Diallikunda, Djongkunda (d. i. Hörigenzöglinge, Sklavenzöglinge) und Numukunda (Schmiedezöglinge). Zu Dialli und Ulussu brachte man sie nur dann, wenn keine Numufamilie in der Nähe war. Bei den Numu glaubte man sie entschieden am besten aufbewahrt und vor dem frühzeitigen Sterben gesichert. Und im späteren Leben galt ein Numukunda auch stets als allen Kindern solcher Art und auch vornehmer Aufziehung überlegen, ja gewissermaßen als deren Herr.

Bei dem üppigen Auftreten solcher Symptome fragt eine gewisse berechtigte Skepsis unwillkürlich: kann die Schmiedekaste wirklich als eine in unserem Sinne verachtete bezeichnet werden? — Es spielt Furcht eine große Rolle und man sah den Numu als einen Schwarzkünstler an, der eine im Grunde genommen nicht "ehrliche" (weil staatlich nicht sanktionierte) Religionspaktierung geschlossen hatte, sowie man im Mittelalter scheu und ärgerlich auf die Leute sah, die "mit dem Teufel paktiert hatten". So wird ein allgemein bekannter Spruch verständlich: "Wenn ein Numu Jäger wird, so wird er ein besserer und glücklicherer Jäger als alle anderen." Und doch, wenn etwa angenommen wird, damit eine erschöpfende Erklärung und volles Verständnis für die Stellung der Schmiede gefunden zu haben, so beruht das auf einem gewaltigen Irrtum, wie an einem Gegenstück leicht zu zeigen ist. Das alte Volkslied der Mande sagt: "Man dankt den Numu folgendes: 1. die Flöte, 2. wenn man Kindersegen hat, 3. wenn man guten und angenehmen Beischlaf findet, 4. gutes Essen, 5. Herrschaft über Gehöft,



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Herrschaft über Land, 6. ein glückliches und ereignisloses Überschreiten des Djalli-ba (Niger), 7. die Beschneidung, 8. anständige Bestattung." — Ein Zusammenzählen und Überfliegen aller dieser acht Punkte (von denen ich übrigens nicht sagen kann, ob sie in richtiger Reihenfolge gegeben sind, da sie mir verschieden gereiht gesagt wurden) zeigt, daß man dieser Anschauung nach den Numu eben den ganzen Lebenswandel, soweit er glücklich und angenehm verlief, verdankt und von ihrem Segen abhängig erachtete.

Es gibt aber noch klarere Beweise für direkte Achtung, die den Numu erwiesen wurde! — Bekanntlich gab es an den Höfen der Mandingo Kaiser und Könige keine hierarchischen Großwürdenträger wie bei Haussa, Mossi und anderen Völkern nach Osten und Südosten, bis zu den Bakuba etc. Der Herrscher war nur umgeben von seinen Barden, den Hofsängern, die ihm lobsangen und Speichellecker waren. Galt es nun eine wichtige, ernste Sache zu besprechen, so wandte sich der Machthaber nicht an diese Dialli, sondern an die - Numu. Mit denen beriet er. Deren Rat hörte er.

In verschiedentlichen Zeremonialhandlungen, die nicht mit Naina und Komma zusammenhingen, spielten die Numu die Rolle hauptsächlicher, einzig entscheidender Akteure. Da ist zum Beispiel das Gottesgericht Dabakung, in dem eine uralte Hackenklinge ausschlaggebend ward über Schuld oder Unschuld eines der Lüge, des Diebstahls, des Totschlags, des Mordes oder anderer Verbrechen Angeklagten. Derartige rechtsentscheidende, uralte Hackenklingen gab es im Lande auch früher sehr wenige, heute wohl nur noch ganz vereinzelte. Natürlich waren sie stets im Besitze einer Numufamilie und der Fürst oder Dorfchef, der solches Instrument zur Rechtsentscheidung benötigte, mußte oft weit fortsenden und schwere Entschädigung resp. hohen Sold an den Besitzer zahlen. Wer das heilige Hackeneisen herbeibrachte, mußte sehr sorgsam und vorsichtig damit umgehen. Unterwegs durfte er mit keiner Frau ausruhen. Er mußte es immer auf derselben Seite tragen. Hatte er es links aufgenommen, so mußte es in der linken Hand bleiben, und er durfte es nicht etwa auf die rechte Seite bringen. Und hatte er es anfangs rechts getragen, durfte er es unterwegs nicht etwa in die linke Hand bringen. Das Eisen war zuerst in weißen Stoff gehüllt und dann noch einmal in Ziegenhaut gewickelt.

Am Morgen, an dem die Orakel-Ordalzeremonie vor sich gehen sollte, ging der Numu schon früh in den Wald und schleppte einen tüchtigen Holzblock auf den Platz. Der König oder Bürgermeister hieß alle Welt zusammenzukommen. Das Volk gruppierte sich rundum. Vor versammeltem Volke zog alsdann der Numu alle Kleider aus und legte alles bis auf das kleinste Schmuckstückchen



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ab. Er behielt nur einen alten Baumwollappen um die Lenden als Schambedeckung. Dann zerhackte er unter Zuschauen aller Welt das Holz und entzündete endlich ein neues Feuer. Anscheinend ward dies in der Weise gemacht, daß ein stehender Pennisetumhaim in die Kerbe eines liegenden, gleichen Kornhalmes gequirlt wurde. Das nennt man: sanjo-kallata. Damit waren die Vorbereitungen getroffen. Das neu entzündete Feuer lohte um das geschlagene Holz empor.

Der Schmied wickelte erst die Ziegenhauthülle, dann den Baumwollstoff ab. Er legte das uralte Hackeisen ins Feuer. Man wartete, bis es rotglühend war. Dann sagte der Schmied: "Hier ist der N. N. Man sagt, er habe das und das getan. Zeige, ob das wahr ist. Wir wissen es nicht, denn er selbst sagt, er habe solches nie unternommen. Darum wenden wir uns an dich. Wenn er es tat, so verbrenne ihn. Wenn er unschuldig ist, dann sei in seinem Munde wie frische Milch." Der Angeklagte trat heran. Er ergriff das Eisen und Feuer und wiederholte seinerseits: "Ich bin N. N. Man sagt von mir, ich habe das und das getan. Ich bin aber unschuldig. Zeige den Leuten die Wahrheit. Wenn ich es tat, so verbrenne mich. Wenn ich unschuldig bin, dann sei in meinem Munde wie frische Milch!" Nach dieser Beschwörung führte er das Eisen an den Mund, auf die Lippen; er ward entweder furchtbar verbrannt oder aber, er ging heil und wie unberührt aus der Probe hervor. Dann führte er das Eisen noch über Gesicht und Zunge. War er unschuldig, so konnte ihm all das nichts schaden. Im übrigen wurde für den Untersuchten eine Pfeife und Tabak zum Rauchen und eine Schale mit Milch zum Trinken bereitgehalten.

Eine zweite Kultushandlung, die lediglich in den Händen der Numu lag, war das bidun-tane-lo (bei Malinke), oder biblakulang-korro (bei Bammana), das auf dem Ambos, dem tane der westlichen Malinke, dem kulang der Bammana sich abspielte und daher seinen Namen hatte. Es war eine schlimme Form der Verfluchung. Wenn einer den anderen einer Schlechtigkeit zieh oder wenn zwei sich so schwer stritten, daß sie glaubten, die Sache nur dadurch ausgleichen zu können, daß dem, der Unrecht hatte, Haus und Hof vernichtet wurden, so ward diese schwere Beschwörungszeremonie vorgenommen. Aber nur ein ganz reiner Numu, in dessen Blut kein Tropfen vom Dialli oder Horo rollte, — man sieht, nicht nur bei Horo, sondern auch bei den Numu war die Rassenreinheit eine bedeutende Sache -also nur ein reiner Numu konnte diese Handlung mit Erfolg am Montag oder Freitag vollziehen. Er legte ein Saatkorn (njanikomg, d. i. weißes Sorghum) auf den Amboß und sagte: "Wer hier Unrecht hat (also im speziellen: log, stahl, totschlug), der soll zugrunde gehen!" Jeder der Streitenden



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wiederholte darauf dieselben Worte. Dann schlug der Numu auf das Njaninkong-Korn, einmal -nicht öfter! Die Folge davon war, daß der Schuldige innerhalb drei Monaten starb, während dem Unschuldigen nichts geschah. Man behauptet allgemein, stets sei das ganze Hauswesen des Schuldigen unter der Wucht dieses Numufluches zugrunde gegangen.

Wenn ein Schuldiger solchem Unheil unter dem Druck eines schlechten Gewissens entgegensah, so nahm er einen Baumwollschurz, ging damit zu dem Numu und beichtete. Der Numu verlangte eine Handvoll von jeder Getreideart, aber auch von anderen Feldfrüchten, wie Erdnüssen, Erderbsen, Bohnen, Reis usw. War alles vereinigt, so legte der Numu den Amboß, der ihm vordem zum Fluchschlage diente, ins Wasser, fügte auf dem Boden des Hauses zusammengescharrten Staub, des ferneren alle seine Instrumente und endlich ein wenig von all den Feldfrüchten, die ihm der Reuige gebracht hatte, hinzu. Er sprach zu dem Amboß: "Hier ist der, der das und das tat, tue ihm nichts, denn jetzt hat er alles angegeben, wie er es machte!" Mit dem Wasser über dem Amboß mußte der Delinquent sich über und über waschen, und dadurch wurde er dann frei vom Fluche. Es geschah ihm nichts mehr.

Sehr interessant ist es, daß die Fane, das älteste Numuvolk, sonst gemeiniglich das weiße Huhn als Tana (Totemtier) haben; am Tage dieses Gottesgerichtes essen sie aber ein weißes Huhn.

Dann gibt es noch weitere Ordale, die in den Händen der Numu liegen. Da ist senji, der Ost-Mali und senni, der Bammana. Das ist der Gottesgerichtstrank, der hier angeblich keinerlei Giftstoffe, wohl aber Erde, die aus Gräbern genommen ist, enthält. Kein Numu darf ohne Erlaubnis des Königs solche Erde zu solchem Zwecke nutzen. Der Herrscher selbst ist es, der den Giftbecher reicht, aber der Numu ist der Zeremonienmeister. Er ist der, der die machtvollen Fluchworte spricht. Natürlich wird solches Ordal nur nach ganz schwerer Anklage gereicht und auch dann lediglich, wenn sonst keine Klarheit in eine Sache zu bringen ist. Wer das Getränk trinkt und im Unrecht ist - will sagen, falsch geschworen hat -, dem schwillt der Bauch mächtig auf. Bei solchem Meineid gibt es kein Zurück; da nutzt keine nachherige Beichte. Der Mann stirbt.

Daß die Numu vordem eine Beziehung zur heute noch einheimischen Ackerwirtschaft hatten, geht aus dem Fluche der Samenzertrümmerung hervor. Als frühere Herren des bebauten Landes, wenn jetzt auch unfrei gewordene und Unterdrückte erkennt man sie aber leicht aus folgendem Brauche: Von jedem Ackergewinn erhält der Numu des Dorfes bei der Ernte eine Abgabe. So von Fonio per Acker acht Bündel. Man nennt das numukurru. Von allen Kornfrüchten als Sanjo, Suna, Fini, Kenenge, auch Kaba je



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einen Korb voll per Acker. Es gab einen besonderen Korb für diesen Zweck in jedem Dorfe. Und wer gerade für den Numu das Deputat abmessen will, holt ihn von dem, der zuletzt den Korb zu gleichem Zwecke benutzte. Man nannte diesen Korb Numu-sagi oder auch Sumana-ke-sage. Sehr eigentümlich ist auch die versteckte Form der Überbringung dieser Abgabe. Angeblich überbringt man diese Abgabe nämlich dem Könige, aber der König und jeder weiß, daß sie für den Numu bestimmt ist. Und man kann sich darauf verlassen, daß sie dem Numu auch auf jeden Fall überwiesen wird. Oftmals, wenn in seiner Gemeinde kein Numu ansässig ist, wandert der Bauer eine Tagesreise weit mit dem Erntezins nur um diese dem Acker und der nächstjährigen Ernte günstige Abgabe an einen Schmied leisten zu können. Geschieht das nicht, so gereicht das sicher seinem Anbau zum Nachteil.

Der Numu hat aber eine Gegenleistung zu bieten, deren Entstehung uns zu einer der interessantesten Numusitten führt. Jeder Numu hat das Recht, in der Trockenzeit so viele der gambung-tung genannten (gambung = Küche, Küchenhaus, also Feuerhaus - tung = Termitenhaufen oder Köcher) kleinen Hochöfen zu errichten, als er denkt oder will, um die für seine Verschmiedungsarbeit genügende Eisenmenge auszuhütten. Gegen Ende der Trockenzeit aber ist er verpflichtet, einen besonders großen und mächtigen Hochofen zu errichten. Der heißt: barkuna-buntung. Das Eisen, das hier ausgeschmolzen wird, ist nur einem einzigen Zwecke gewidmet: es sollen daraus die Dabalu, die Hackenklingen für die Horolu, geschmiedet werden. Und der Tag, an dem dies Eisen ausgehüttet wird, ist ein ganz großer Festtag für die Numu.

Sobald der Hochofen errichtet ist, benachrichtigt der leitende Schmied, gewöhnlich der Älteste einer großen Sippe, alle die Vornehmen, die ihm Korn als Abgabe bei der Ernte gesandt haben. Er selbst aber sammelt mit allen seinen Leuten am frühen Morgen schon Holz. Von allen Seiten kommen die Horo herbei. Sie bringen alles mögliche mit: Schlachttiere, wie Hunde, Ziegen und Korn und Dolo (Bier), vor allem sieben rote Hähne. Ein guter Teil dieser Naturalien wird zubereitet und an Ort und Stelle verspeist. Der Rest fällt den Numu zu. Diese Zusammenkunft findet meistens am Sonntage, zuweilen auch am Donnerstage, das Festessen am gleichen Abende statt. Die feierliche Ofenöffnung aber erst am mohammedanischen Feiertage, am Montag oder Freitag. (Diese Zeitangaben, wie überhaupt die große Anzahl von Mitteilungen über diese Dinge verdanke ich den Malinke. Es ist sehr, sehr schwer über diese "uralten" und mit peinlicher Sorgfalt verheimlichten, zum Teil nur noch selten geübten, zum Teil ganz ausgestorbenen Sitten Auskunft zu erhalten, und es gelang mir bei den leichteren



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und klügeren Malinke viel leichter, als bei den schwerfälligeren und plumperen Bammana. Aber, wenn ich nicht sehr irre, fand die feierliche Ofenaufbrechung früher am Donnerstage statt!)

Sicher ist, daß bei diesem, dem größten Feste der Numu, niemals Dialli zugegen sein dürfen. Zwischen Numu und Dialli besteht eine klare Gegensätzlichkeit. Die Dialhi dürfen ja auch nie dem heiligen Numubund des Komma nahetreten!

Am Abend des Festessens, nach sechs oder sieben Uhr, bringt jeder Vornehme, vom König anfangend, bis zum ärmsten Horobauern herab, einen Strohhalm herbei. Wer nicht kommen kann, sendet seinen Strohhalm durch einen Freund. Der legt dann zwei Halme vor und sagt: "Der Halm hier ist für mich und jener für den N. N., der nicht selbst kommen kann." Der Oberschmied vereinigt alle Halme zu einem Bündel; er tritt an den Hochofen. Er sagt: "Alle Menschen verdanken uns alles. Sie verdanken uns" (dann zählt er die acht oben schon erwähnten Lebenswohltaten auf und das alles spricht er in schöner Rede) . . . Er tötet sodann die sieben roten Hähne. Sie werden verspeist. Aber keiner, der nicht reinen Blutes ist, darf davon essen. Die Federn dieser Hähne werden mit Blut auf Töpfe geklebt, die mystischer Bedeutung und magischer Wirkung sind. Die Töpfe werden an langen Stangen rund um den Hochofen aufgehängt. Dann erst wird mit dem Bündel der beigebrachten Strohhalme der Ofen entzündet.

Die nun folgende Nacht vom Sonntag zum Montag (oder auch vom Donnerstag zum Freitag) heißt: numu-katenne-su oder numuluka-arajuma-su. Es ist eine schreckensreiche, von Spukgestalten belebte Nacht. "Der" Komma, an zehn oder fünfzehn Riesenmasken gehen um und halten widrige "Kräfte" fern, aber walten auch als Richter. Wenn ein König sehr schlecht war, ungerecht und willkürlich, vor allem ein Unterdrücker der unteren Kasten, zumal der Numu, so konnte er früher durch die Numu in dieser Nacht abgesetzt werden. Außerdem hatten die Numu in dieser Nacht die Macht, mit ihren magischen Fähigkeiten alle Widersacher zu töten.

Während zweier Tage brennt der Ofen. Dann muß der Eisenfluß gelungen sein. Man zerbricht ihn, um die Eisenluppen herauszuziehen. Die Schmiede haben einen Graben ausgehoben und mit Wasser gefüllt. Dahinein wird das Eisen geworfen, um es zu kühlen. Jeder Anwesende sucht ein wenig von dem aufkochenden Rest des bei der mächtigen Glut verdampfenden Wassers für sich zu retten, um sich damit zu waschen. Denn das Wasser gilt als ein starkes Zaubermittel.

Von diesem Eisen werden alsdann durch die Schmiede alle im Gebiet für die Horo notwendigen Hackenklingen geschmiedet. Und



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die Horo brauchen hierfür nichts zu bezahlen. Ist dieser Verpflichtung nachgekommen, so kann der Schmied von dem "heiligen" Eisen dieser festlich begangenen Verhüttung noch eiserne Armbänder machen, sog. sarka-nege, die als Zaubermittel oder Amulette sehr beliebt sind. Den Rest oder einen Rest dieses Gusses muß er aber auf jeden Fall bis zum nächstjährigen Festguß aufbewahren. Denn es muß stets etwas von diesen heiligen Eisen im Hause bleiben. Ist wieder eine neue Luppe gewonnen, dann erst kann der Rest des Vorjährigen zu Amulettringen verarbeitet werden.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich übrigens noch einiges über die Arbeitstechnik, Verhüttung usw. einfügen. — Wenn der Lehmofen aufgebaut war, so legte man auf den Boden ein wenig glühende Kohlen; dann mauerte man die zunächst offengelassenen Türen zu, ließ aber Raum für die Pfeifen, die für Luftzufuhr, zum Einblicken und zum Stochern mit Bambusstangen bestimmt waren. Man warf von oben - zu dem Zweck waren die gemauerten Leitern da - auf die glühende Kohle sechs große Körbe voll Holzkohle, dann sechs kleine Körbe voll roten Eisenerzes. War das etwas heruntergebrannt, so folgten von oben zwei große Körbe guter Holzkohle, zwei kleine Körbe mit Eisenerz usf. — Die Numu pflegten ihr selbst ausgehüttetes Eisen auch selbst zu verarbeiten. Die Luppen wurden sehr selten verhandelt, eher schon Axt- und Beilklingen. Die Arbeit war eine ähnliche wie ich sie später bei den Bassari und Transkarastämmen näher kennen lernte. Mit einem Timballikurru, einem schweren Eisenhammer, wurde die negekallang genannte Luppe zertrümmert. Dann wurde Lehm geballt, und zwar in Plattenform zurechtgeknetet; war eine Hacke beabsichtigt, so ward sie rund und man drückte mit Holzform einen tellerartigen Eindruck hinein; war ein Beil beabsichtigt, so ward sie lang-rechteckig gestaltet und man machte den Eindruck wie einen kleinen Federkasten hinein. Die so gebildete Ausschälung ward mit Stückchen der zerschmetterten Luppe gefüllt, und dann mußte, solange die Lehmform noch feucht war, ein Lehmdeckel darauf gesetzt werden. Der so mit Eisen gefüllte Lehmblock ward in die Sonne zum Trocknen gelegt. Vor großen Schmieden konnte man 25, ja 50 solcher Lehmplatten in der Sonne trocknen, ihren Eiseninhalt der Verarbeitung harren sehen. Wenn trocken, kam die Lehmplatte ins Feuer. Mit der Baja (Zange) nahm der Schmied, wenn der Lehm abgefallen und das Eisen verschweißt war, die rohe Form aus dem Feuer. Auf dem Tane (Amboß) verrichteten Fuluma resp. Mantargi (das sind Eisenhammer mit Holzgriff) oder Schimbondingu (Eisenhammer) das Werk. Eisengeld fehlte den nördlichen Mande.

Nun noch eine Reihe von Einzelangaben. —Über den Schmieden sah ich einen schwarzen Vogel mit brennend rotem Kopfe und



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Brust, zu mehreren Exemplaren getrocknet, aufgehängt. Das ist insofern wichtig, als bei den Bata Mawa in Nordtogo und bei Adamauaschmieden genau das gleiche beobachtet ward. Eine kleine, aber desto bedeutsamere und auffallendere Sitte, denn von Kayes bis nach Adamaua ist eine Entfernung von ca. 2500 km. — Die Vögel scheinen überhaupt eine große Rolle bei den Numu zu spielen. Oben sahen wir die Beziehung zum "weißen Huhn-Tanna". Der rote Hahn tritt oft auf. Komma, ihr wichtigster Geheimbund, bedeutet den Kronenkranich. Außerdem: Ihr wichtigster Gesang fängt an mit den Worten: "Jiran-fa-tuma; jira ist für mich unübersetzbar; fa heißt der Vater oder der Narr; tuina =die Stunde; dann fährt er fort mit dem Anruf der beiden Vögel Jambatubu (die eine kleine, grüne tututu-rufende Straßenvogelart sind) und Naganaga (der Schwalbe); beide sind den Schmieden heilig und besonders der erstere gilt als feuerschützend.

Man redet den arbeitenden Schmied mit "Ani Bara" an, was so viel zu heißen scheint als: "Ihr seid bei der Arbeit." Aber unter sich begrüßen die Schmiede sich als Numu-fing, d. h. also als schwarze Menschen. Alle anderen Leute sehen die Numu als hellfarbig an, sich selbst aber als die einzigen Dunkelhäutigen. Das ist über alle Maßen wesentlich - denn dadurch belegt die Kaste anscheinend selbst den einstigen Rassenunterschied, wenn sich das fing = schwarz nicht auf den Ruß bezieht, denn heute sind die Schmiede nicht einen Deut dunkler als andere Malinke oder gar Bammana. Im übrigen sind sich alle Numu darin einig, ihren Ursprung von "Dumfaila" abzuleiten. Das scheint keine Dialliweisheit zu sein, sondern Numuerinnerung. Ob der Name ein Land, ein Volk, einen Menschen bedeutet, das wissen die Numu nicht.

Die Numu arbeiten prinzipiell nie am Sonntage, und das hat mit etwaigen neueren Missionseinflüssen nichts zu tun.

Eine große Zeremonie ist es, wenn ein alter, ehrwürdiger Numu begraben werden soll. Man bringt die Leiche nicht vor dem dritten Tage unter die Erde und erhält sie so lange in einem leidlichen Zustande, indem man sie mit Wasser bespritzt, in dem Segi mit Kohle aufgekocht wird. Acht Tage lang aber feiert man. Alltäglich werden aus allen vier Himmelsrichtungen Blätter geholt und an zwei Stellen Westen und Osten des Gehöftes aufgeschichtet. Wenn die Leute mit den Büscheln kommen, jauchzen ihnen die Dorffrauen entgegen. Während der acht Tage geht allnächtlich der Komma um. (Der Komma wirkt also bei allen Numufesten: Beschneidung, Tod eines Numu, Hochofenfest!) Es werden Tänze aufgeführt. Eine Daba, und zwar ein großes Hackenblatt, wie die Numu es benutzen, liegt da bereit. Damit tanzen die Schmiede. Geschickte werfen sie in die Luft und wissen sie dann zwischen gespreizten Zeige- und



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Mittelfingern oder auch mit dem Nacken aufzufangen, ohne daß das Eisen sie verwundet. Es werden von den Schmiedeleuten im Wechselgesange folgende Verse gesungen:

Sege ne sirima,
Tunga in maramu,
Numu tumbere dingo,
Nabaja bambu(e) dingo.

Aber was diese Worte bedeuten, wußte man nicht zu sagen. Ein archaistisches Wort ist auch folgendermaßen angewendet. Wenn einer von der Reise nach Hause kommt, nicht weiß, was daheim sich ereignet, und nach einem inzwischen verstorbenen Numu fragt, sagt der befragte Numu als Antwort: "Lilimansa." Das soll soviel heißen wie "unter der Erde" (mansa = König). Aber niemand kann den Sinn angeben.

Im übrigen dürfen die Numu sonst nicht ohne bestimmte Genehmigung tanzen. Wie das bei den nördlicheren Stämmen ist, werden wir nachher sehen.

Beachtenswert ist, daß bei allen Stämmen Senegambiens und des Niger bei Timbuktu und bei den Mossi die Köpfe sämtlicher Schlachttiere den Numu zufallen, wie man ihnen wohl auch überall bei Gelegenheit einer Hochzeit eine Ziege schenkt.

Die Dialli = Barden. — Eine Kaste mit ganz anderen Eigentümlichkeiten stellen die "Sänger" kurzweg Dialli bei den Westsaheliern und Westsudanern dar. Während wir bei den Numu ziemlich sicher sind, daß dies eine zur Kaste gestempelte Nation war und dafür z. B. in den Angaben der Sumangurulegende auch einen festen Anhaltepunkt finden, trifft das für die "Sängerkaste" eigentlich nicht zu. Heruntergekommene Kasten und unterworfene Stämme verschiedenster Kulturzugehörigkeit haben sich unter dem Drucke der Verhältnisse dann und wann als "Sänger", als Hofbedienstete, ihren neuen Herren zur Verfügung gestellt. So gibt es denn bei verschiedenen Stämmen mehrere Sängerarten nebeneinander. Das sei hier verfolgt.

Bei den Stämmen der eigentlichen Malinke und ihren nördlichen Nachbarn, den Sarrakole (oder Soni-nke oder Marka), fällt eine wesentliche Unterschiedlichkeit auf. Marka und Angehörige haben als getrennte Kasten "Sänger" und "Garanke", das sind Lederarbeiter. Bei den Malinke von Kangaba bis zum Tukorro hinauf gibt es aber als älteste Kaste dieser Art nur die Dialli, und die sind gleichzeitig auch die Lederarbeiter. Eine Garanke-Kaste wie bei Marka, Songhai und Tuareg gibt es also bei den Malinke und ebenso bei den Bammana nicht, und die Dialhi verrichten im Süden das, was



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im Norden zwei Kasten zufällt. Dagegen finden sich in Sierra Leona wiederum Garanke. Und da die Garanke, wie ich in der Einleitung zum Dausi zeigen werde, aus den nördlichen Saharaländern stammen, so zeigt sich diese Schicht des Berbertumes bis zur Westküste vorgedrungen.

Im übrigen wirken bei den Malinke in Bambuk bis Bure und Konia noch "Fina" als Sängerkaste, diese singen zu einer Glocke, die der des Namabundes gleicht. Es sind das aber weniger Sänger als Sprecher und Ausrufer.

Außer gelegentlichen Festsingereien liegt in den Händen der eigentlichen Dialli die Erhaltung alter heiliger Gesänge, die historische und mythologische Stoffe in epenartiger Form vereinigen. Diese Sänger sind Barden. Ich habe mich bemüht, von solchen Epen zu sammeln, was erreichbar war und von dem, was mir unerreichbar blieb, wenigstens die Namen zu erfahren, um so einen Uberblick über den wesentlichen Bestand an solchen Werken zu schaffen.

Bei den Malinke ist da zunächst die haibhistorische Legende von Sunjatta oder Mare Sunjarra, von der ich wohl den größten Teil zusammengebracht habe (vgl. Bd. V). Dieses hervorragend wichtige und beliebte Epos wird von Dialli sowohl wie von Fina gesungen. Es ist eine Reihe einzelner Stücke. Es gibt wohl keinen Dialli, der alle Einzelgesänge kennt. Wir haben es hier, wie bei allen anderen Gebilden dieser Art, mit Volkssängen im Sinne homerischer Dichtungen zu tun.

Unbedingt ein Vorfahre der Sunjattalegende ist das schon mehr epische ältere Niaule, das von Dialli und zuweilen aber auch von Vornehmen gesungen wird. Ein jüngeres Niaule basiert dagegen auf der Sunjattalegende und scheint die Geschichte einiger Geschlechter bis in die Gegenwart fortzusetzen. Es ist reiner Hof- und Schmeichelgesang, der sehr viele Umdrehungen zur Glorifizierung einiger jüngerer Herrschergeschlechter enthalten soll. Ich habe wenig davon gehört, aber das, was ich vernahm, ließ mich zu der Überzeugung kommen, daß die wertvolle Zeit zur Bearbeitung anderer Stoffe besser anzuwenden sei.

Als drittes Epos erwähne ich das "Mankang", das die Geschichte "Tamba Bukaris" behandelt, der "zwischen" Sierra Leona und Dingiraij "ein Reich errichtete". Es behandelt in ausmalender und stark übertreibender Form diesen Stoff, den man mit größerer historischer Klarheit anderweitig einheimsen kann. Endlich muß ich das "Dianjung" erwähnen. Dieses dürfte hauptsächlich in Bambuk bekannt sein. Es behandelt Bambuk und die Geschichte der Sussokko, alias "Bambugu Sira Sabo". Dieses halte ich als Mittelstück zwischen der Sumanguru-Sunjatta-Legende einerseits



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und den Zuständen der gegenwärtigen Völkerlagerung andererseits für sehr wichtig, und es hat mir bitter leid getan, daß ich nicht imstande war, diese Sache zu finden. Dies Epos muß in Bambuk gesucht werden.

Die zweite wichtige Region ist das Markaland. Hier sind drei ganz verschiedene Sängerschichten, nämlich I. die Diare oder Diare, 2. die Gessere, 3. die Garanke. Die letzteren, die Lederarbeiter, gelten als die ältesten Sänger, die Diare als jüngere, aber vornehmsten und prunkhaftesten "Minnesänger", und die Gessere endlich als die jüngsten und wohl bedeutend weniger geachteten. Jedenfalls sind sie nicht, wie die Diare, selbst achtbare Helden gewesen. Wir kennen ihre historische Entstehung. Als die Djaora ihre Herrschaft und Macht im Markalande begründeten, zerfiel der damals hochgeachtete Stamm der Niagate oder Diagate gleich vielen anderen Sippen einem Parteikonflikte anheim. Ein Teil zog sich unter Beibehaltung des gleichen Namens und als Horofamilie ins Bondu-Gambiagebiet zurück. Einen zweiten treffen wir heute noch als Niare oder Niage im Bamakogebiete. Der größte aber trat als Knapp. schaft in den Dienst der Djaora. Diese Leute wurden Gessere (bei anderen Gerrese) genannt. Sie kämpften und sangen den Diaora, und in ihren Gesängen preisen sie die Geschichte dieser großen Bewegung, natürlich unter Prononcierung der entsprechenden Sippenglorifikation. Diese Gesänge haben den Namen: Djon-korre-Njame. Njame ist gleichbedeutend mit Djaora. Korre heißt Krieg. Das Djon ist mir unklar. Ich wüßte, ohne weitere Beziehung dazwischen entdecken zu können, nur das Wort djongo (Plural: djombu) Tannä als ähnlich klingend in Marka anzuführen. Es kann aber auch eine Bedeutung wie djon = Sklave bestehen. Derselbe Gesang wird auch wohl Njam-kolli, d. h. "Djaorakampf" genannt.

Es gelang, einige Gessere nach Bammako kommen zu lassen, die den größten Teil der Legende wohl ziemlich klar explizierten. — Die Gessere singen zur Kalebassengitarre. Sie werden außerdem zu Königsfesten, Begräbnissen, Kriegszügen und Krönungen herangezogen und verherrlichen diese Gelegenheiten durch stramme Lobhudelei und - auch Geschichtsverdrehung resp. Stammbaumfälschung. Die Gessere sind heute nicht übermäßig geachtet. Durchaus nicht!

Die zweite Gruppe der Sänger repräsentieren die Diare, oder Diare, die wohl die geachtetsten Spielleute im westlichen Sahel und Sudan sind. Trommelschlag gehört auch in ihre Konzerte. Aber das Große, das sie bieten, den wahrhaftigen, uralten Bardensang, benötigt keine musikalische Vorbereitung, kein anderes Begleitinstrument als eine Sudangitarre. Das berühmteste und in ganz Senegambien populärste Werk führt den Namen: Pui. Alle Stücke



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des Pui werden im gleichen Takt, mit gleicher Melodie begleitet. Die aber weicht ab von dem Takte und der Begleitungsmelodie der Sunjattalegende. Vom Ursprunge des Pui erzählen die Diare in volkstümlicher Weise: Ein Perlhuhn legte einmal Eier, große und schöne Eier. Eine Riesenschlange kam und nahm jedes Ei, das gelegt war, eines nach dem anderen, sobald das Perihuhn es hatte fallen lassen. Endlich war das Perihuhn dieser Sache überdrüssig. Es beschloß, der großen Schlange den Krieg zu erklären. Es machte sich auf den Weg. Am Wege sang es kriegsmutig alles vom Herzen. Es sang, was es vorhatte. Gassire, der alle Vogelstimmen verstand, hörte das Perlhuhn. Er horchte hin und hörte das Kriegslied. Gassire folgte dem Perlhuhn. Das Perlhuhn ging dahin, wo die große Schlange war, die seine Eier verschluckt hatte. Das Perlhuhn begann den Kampf. Das Perlhuhn überwand die Schlange. Das Perlhuhn tötete die Schlange, die große, dicke Schlange. Gassire sah es. Dann flog das Perlhuhn auf einen Baum und sang. Das, was es sang, das war die Geschichte aller alten Heldentaten, die vor der des Perlhuhns, das tapfer im Kampfe die Schlange getötet hatte, geschehen waren. Das war das Pui! Gassire merkte sich das Pui sehr wohl. Er sang es als erster selbst, und so kam es unter die Menschen. (Vgl. hierzu 5. 50 ff. über die tiefe Bedeutsamkeit des hier märchenhaft erhaltenen Motives.)

Es ist wohl gelungen, so ziemlich alle noch bekannten alten Teile dieses "Heldenbuches" zu vereinen. Ich sage: "so ziemlich", denn es scheint wirklich ein Teil verloren zu sein. Einige Stücke sollen "verklungen" sein. Möglich wohl, daß meine "Hofsänger" ihre Unwissenheit damit zu beschönigen suchten. Aber da andererseits die Namen der Heroen in rhythmischen wohlbekannten Zeilen erhalten sind, so fällt es sehr auf, daß alle zu verschiedenen Zeiten zitierten Diare die meisten Epen als bekannt, aber immer die gleichen als verloren bezeichneten. Im übrigen ist es ein "Heldenbuch". Die einzelnen Vorträge hängen untereinander nicht zusammen. Angeblich sollen alle Puihelden im Sokololande gelebt haben, aber mehrere Sänge spielen auch anderweitig. Endlich sei erwähnt, daß einige Helden gerade der schöneren Stücke im Heldenverzeichnis des Pui nicht aufgezählt sind.

Der zweite ebenso schöne Sang der Diare betrifft anscheinend noch ältere Stoffe. Es ist das Dausi, dessen Historien um das alte Reich und Land Wagadu gesponnen sind. Es ist die Rettung verschiedener sehr schöner, zumal großartiger Ausgangsstücke in sehr klarer Version gelungen, von deren Existenz schon früher Inhaltsmitteilungen in die wissenschaftliche Literatur gelangt waren. Also schöne Stücke sind gesichert. Aber ein sicher beträchtlicher Teil fehlt. Wenn die Diare behaupten, daß "nichts weiter mehr bestände",



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so ist das nicht glaubhaft. Vielmehr möchte eine Nachforschung im Gumbu-Bakunu-Gebiet und in Djerma und Agadez vielversprechend und lohnend erscheinen. — Das Dausi enthält einige der poetischsten Stücke der gesamten sahelisch-sudanischen Epenkunst.

Endlich sei des Sanges der Garanke oder Lederarbeiter gedacht. Diesen, den ältesten, fehlt das eigentliche Epos. Sie singen wohl vor dem Volke, gelten auch als älteste Kaste unter den Soninke nach den Tage, aber ihr Gesang, das Kanjo, enthält angeblich keinerlei Heldensage. Die Garanke singen, wie die stolzen Horo sagen, "nur für Weiber und Huren".

Als dritte Träger alter Epenkunst, und nicht zuletzt, müssen die Barden der Fulbe genannt werden. Die Fulbesänger Njaemjo (Plural: njaengbe) waren von dreierlei sehr verschiedener Art. Als Kaste gab es zweierlei, die vornehmen, edelgeborenen Mabo (Plural: mabobe) und die weniger geachteten, ja sogar im allgemeinen bei Malinke recht verachteten Gaulo (Plural: awilbe). Aber die Vornehmen, die Helden selbst griffen, wenn sie gegen den Feind zu Felde zogen, zur Hodu (Plural: kolli), das ist die Gitarre, und sangen dann das Beiti. Ob dies dasselbe war wie das Baudi, von dem nachher gehandelt werden soll, weiß ich nicht. Der Inhalt bestand jedenfalls darin, daß die Recken von den Heldentaten ihrer Altvorderen, ihrer Ahnen, sangen und dadurch zeigten, von welcher Art sie seien und damit endeten, daß sie jetzt auch nicht anders handeln würden. Zumal am Vorabend eines Kampfes spielte das Lied dieser Art eine Rolle, und die Gitarre soll dann von einem adligen Arm in den anderen gewandert sein.

Um die Stoffe nachher besser zusammenhalten zu können und alles, die Fulbesänger Angehende, dann erledigt zu haben, gehe ich nun vom ritterlichen zum wenigst geachteten Sänger über, zum Gaulo. Die Sängeraufgabe des Gaulo bestand nicht im epischen Fassen, Halten und Wiedergeben, sondern nur in exzitierenden Volksgesängen. Sie sangen die Gumala, das waren geistesarme Kriegsgesänge. Sie begannen mit dem islamischen Gruße und verkündeten dann: morgen sollten die Helden früh aufstehen; sie sollten sich vorbereiten, daß in einer halben Stunde sie dann der Tod erreichen könne; wer Mohammedaner sei, solle also sein Gebet verrichten, wer es nicht sei, solle sehen, was er vornehme, es sei seine Sache. Sie sollten nur früh aufstehen usw. Diesen Kriegsgesang begleiteten sie mit keinem Instrument. Sie markierten aber durch Arm- und Fingerbewegung Violinspiel. Zum Kampfe selbst schrien und hetzten sie. Sie kreischten in einem fort den Namen der Feldherrn.

Die Gaulo galten vieler Orts als Fulbe; aber man kannte ihren Ursprung



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besser. Sie stammten aus dem Mahnke-Gebiet und waren - Koita oder Keita, also königlichen Blutes. Nur im Bondu-Bundugebiete haben sie sich eine leidlich geachtete Stellung zu verschaffen gewußt, sonst galten sie überall als schlimmste Bettler. Von diesen Vagabunden, die aus dem Bondugebiet über das Land ausgeflossen sind, erzählt man allgemein häßliche Geschichten. Man sagt, daß sie durchgehend faul und durchaus arbeitsfeindlich seien. Sie bettelten und taten sonst nichts. Gibt man einem Gaulo nichts, so verunreinigt er die Küche des "hartherzigen" Mannes in der gleichen ekelhaften Weise, in der Diebe bei uns in Europa ihre Denkmale am Tatorte zu setzen pflegen. Aber beim Ahnherrn Dukure sind sie damit einmal hereingefallen, und die dieses Vorkommnis behandelnde Anekdote entbehrt nicht des Humors. Also Dukure war es ebenso gegangen. Dukure kam dazu. Er sah den Gaulo und sein Produkt. Er geriet aber nicht in Zorn. Vielmehr äußerte er sogleich große Freude. Er legte Blätter darum, schlang Stricke darum, nahm es am Strick in die Höhe und sagte zu dem verblüfften Gaulo: "Du hast mir einen großen Gefallen getan. Ich weiß schon lange, daß die Exkremente eines Gaulo für mich das wertvollste Zaubermittel sind, die ich in meinem Hause aufhängen soll. Ich gebe es nur wieder fort, wenn es mir mit Gold aufgewogen wird." Darauf befiel den Gaulo große Angst. Er ging auf den Leim. Er bezahlte das Gewicht mühsam in Gold. Seitdem wagt kein Gaulo mehr, einen Dukuresprossen anzupumpen oder gar ihm ein derartiges Küchengeschenk zu hinterlassen. Doch verlassen wir diese wenig sympathischen Leute.

Die Mabo dagegen sind hochvornehme Sänger. Sie sangen vor allen Dingen die Epen, die Baudi oder Maboide heißen und weit und breit berühmt sind. Es läßt sich bei vielen Stücken eine große Ähnlichkeit, die zwischen den Sängen des Pui und denen des Baudi besteht, nicht verkennen. Einzelne Ritter ziehen aus. Allein. Nur ein Mann begleitet sie. Das ist der Mabo, Sänger und Knappe. Die Taten sind packend geschildert. Oft geht eine Verschlafenheit, eine ritterliche Unlust und Faulheit dem plötzlichen Erwachen zur Heldenhaftigkeit voran. Oder auch ein kleiner König verläßt sein Heer, reitet dem Feinde entgegen, kämpft mit dem Herrscher der großen Macht und siegt. Der Einzelkampf ist die wahre Heldenprobe in diesen Gesängen. Oder auch ein jüngerer Sohn, dessen Ehrgeiz kein Gut aus väterlichem Erbe erwarten darf, früher wohl der Königssohn, denn der fortziehende war ein solcher, weil nach dem früher herrschenden Matriarchatsgesetze der Schwestersohn die Thronfolge antrat, zieht aus, erlegt den Drachen, erwirbt königlich Weib und königlich Reich. Gleichwie in deutschen oder französischen Sagen des Mittelalters ist das auch Minnesang: bei Fulbe



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Sahelischsudanische SaiteninstrumenteI. Erzählergitarre aus Jbi.2. Gitarre der Barden aus Segu (-Kondi). a) von oben; b/c) von der Seite und im Querschnitt; d) der Steg; e) Fingerhut zum Reißen der Saiten.3. Jägergitarre, von denen geschlagen, die in den Epen die "primitiven" Jäger sind, Gerße; b) die Befestigung der Saiten.4. Ein gleiches Instrument der Mahnke (-Dosang-gais). a) Durchschnitt; b) Steg von der Seite; c) der Steg von vorn.


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und Marka hat der Ritter seine Dame, der er Blut und Schwert leiht. Derartige Züge kann keine Sunjattalegende bergen. Die ist eben Geschichtsmalerei in den Händen von Halbnegern. Aus Pui, Dausi und Baudi aber klingt nordischer Geist und belebt so ein reiches, tiefes, mittelalterlich imposantes Epenwerk. Übrigens besitzen die Fulbe Massinas und Futa Dialons, die Toronke, das Baudi, die Torodo Futa Toros von dem Stamme der Mba aber das Ldgia, das die Taten Samba Galadjos behandelt. Das ist genau von gleicher Art.

Soweit nach Norden vorgedrungen, komme ich auf eine hochinteressante Beobachtung zu sprechen, die ich seinerzeit in Kayes machte und die gewissermaßen mein Epenstudium im Sudan einleitete. In Kayes war ein Weib von der Schmiedekaste des Maurenvolkes der Ulad Nassr; die schlug eine große Gitarre und sang ein Heldenlied; das wurde mir damals als Ardin bezeichnet. Das alte Weib soll am Senegal recht berühmt sein; es zieht zwischen Bakel, Kayes, Medina und Njoro umher. Die Frau gehörte zur Kaste der Schmiede, der Malle (Plural: malle[i]), in deren Händen hier der Epensang liegt. Also ein Nachklang aus der Zeit des alten Malireiches. Das Ardin soll aber und muß, wie man sagte und auch aus dem Vergleich einiger Notizen zu ersehen war, nichts anderes sein als das Baudi. —Es muß dabei daran erinnert werden, daß die Ulad Nassr und die Torodo sich selbst als nahe Verwandte bezeichnen. Bei diesen gleichen "Fulbe-Mauren" gibt es aber wohl noch mehr des Eigenartigen auf diesem Gebiete. So soll bei ihnen noch ein Sinjeme genannter Heldensang bekannt sein, der große Ähnlichkeit mit dem Niaule haben soll. Nur sind an Stelle (dies wird mir als Einzelheit angegeben) der im Niaule vorkommenden "leichenfressenden Geier" im Sinjeme die "leichenfressenden Hunde" der Mauren getreten.

Um das eigene Manuskriptmaterial zu skizzieren, sei erwähnt, daß ich sehr bedeutende Teile des Baudi und wohl alle wesentlichen Bestandteile der nicht sehr umfangreichen Lagia eintragen konnte.

Von anderen Epensängern Senegambiens müssen noch die als Gewel (Plural: geweljie) bezeichneten Kastensänger der Wolof genannt werden, die das Malo oder Maro singen. Von diesen weiß ich soviel wie nichts. Es soll sehr alt sein.

Bei den Bammana, sowie anscheinend auch bei den Wangara-Diulastämmen Zentralnigeriens, scheint es eine eigentliche Sängerkaste nicht zu geben. Wie überall wurde und wird auch bei diesen Völkern Sang und Weise geliebt, aber hier können wir von einer rechten Volkskunst, Hauskunst sprechen, mit der wir uns gleich des weiteren beschäftigen wollen. Hier sei aber zunächst von der Stellung der Sängerkaste im allgemeinen gesprochen.



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Aus dem Vorhergehenden ist mit aller Deutlichkeit zu erkennen, daß die Stellung der Sänger, genau wie ihre Kunstübung, eine recht verschiedenartige, nach verschiedenen Stufen hin auf und nieder gehende war. So versteht es sich denn von selbst, daß auch deren soziale Stellung sehr stark variierte. Aber auch darin dürfen wir nicht oberflächlich urteilen. Man hat früher gesagt, daß die Gewel, die Grioten der Wolof dadurch schon als eine verworfene Kaste gekennzeichnet würden, daß man ihnen ein anständiges Begräbnis versage und anstatt dessen deren Leichen in einem Stammioch des häufig hohlen Baobab verspunde. Das aber ist entschieden eine sehr falsche Auffassung, weil wir in den Gewel offenbar nicht nur eine eigene Kaste, sondern ein zur Kaste gestempeltes Volk vor uns haben. Dieses Volk hatte eben die Baumhöhlenbestattung, wie wir sie auch nördlich von Uahiguja entdeckt haben, wie sie die Diawando bei den Marka und bei vielen Mossi ohne Kastenzugehörigkeit heute noch üben. Es ist eine Bestattungsweise, die sich dem Höhlengrabwesen der Tombo und Konkondugu-Malinke, dann den Stopfgräberweisen der Nord-Togo-Bobolinie genau anschließt. Auch im südlichen Mossigebiete soll sie hier und da noch vorkommen. Also ein Stammesmerkmal, das nicht ohne weiteres als ein Zeichen der Kastenerniedrigung angesehen werden darf.

Diese warnende Einschränkung vorausgesandt, muß die niedrigere Stellung der Sängerkasten anstandslos zugegeben werden. Es war eben "fahrendes Volk", eine Vertreterschaft künstlerischer und intelligenter, aber nicht ganz standesgemäßer Berufe. Es liegt nicht allein die Tatsache vor, daß die Sängerkasten doch unterworfene Völker repräsentierten. Vielmehr wirft man ihnen mit Recht wohl einerseits leichtsinnigen Lebenswandel und andererseits sklavische Devotion vor. Wie bezeichnend ist die Ansicht der Mande, daß das Geld dessen, der ein Dialliweib heirate, auseinanderfließe. Dann ist es ein unsolider Beruf. Inspiration! Stimmung! Vorliebe für "den" Schluck! Das kann man bei den Dialli sicherlich sagen, und nie haben die vielen Dialli, mit denen ich ausgiebig Freundschaftsverhältnisse geschlossen habe, besser gesungen, ein vorzüglicheres Gedächtnis gehabt, schöner geformt, als wenn ihr Augenglanz durch ein Schnäpslein angefacht war. — Es liegt ihrem Berufe sicher ein Zug zur Unwahrheit zugrunde. Sie biegen das Stammesbäumlein gar zu gern so, daß der zuhörende Fürst damit recht zufrieden ist. Man kann, wie schon früher einmal gesagt ("Kulturtypen des Westsudan"), psychologisch systematisierend sagen, daß der Schmied der "Schuster", der Sänger der "Schneider" der Sahelen und Sudaner ist.

Bei den verschiedenen Stämmen war die Stellung der einzelnen Sängerkasten recht unterschiedlich. Bei den Fulbefürsten, die



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ritterlich einzeln zur Fehde zogen, war der Mabo Knappe, Berater, Mitkämpfer. Bei den Maliherrschern waren die Sänger geschätzt wegen ihrer Klugheit, ihrer Redegewandtheit und Diplomatie. Man sandte sie deshalb als königliche und kaiserliche Boten und Unterhändler. Jeder Vornehme hatte zu solchem Zwecke einen oder mehrere Dialli. Man wußte diese klugen Männer also sehr wohl zu schätzen, und als der Usurpator Samory seinerzeit sein Reich gründete, war seine größte Sorge, einige geschickte Dialli als "Reklamechefs" zu gewinnen. Aber die wuchtigen Stimmen im Männerrate hatten sie nur, wenn ein listiger Streich ausgeführt werden mußte. Die wichtigen ersten Berater waren vielmehr die weisen Numu, die Numu, von denen die Dialli durch traditionellen Kastenhaß scharf getrennt waren. Schmiede und Sänger heirateten nie Mädchen, höchstens einmal eine Witwe oder eine geschiedene Frau der anderen Kaste. Die Schmiede sahen die Sänger als ein lockeres, leichtlebiges Volk ohne soliden Beruf und Boden und als Speichellecker an. Um gleich noch einiges vom Hof- und Beamtenleben zu sagen, damit die Stellung der Dialli klar werde:

Ein erbliches Hofbeamtentum, wie bei den Mossi und Haussa, gab es nicht. Die nächsten den Herrscherthronen waren die eigenen Verwandten. Nach unten und im Hofstaat ordnend wirkten aber die More der Malinke, die Kobo der Bammana-Könige, d. h. Eunuchen. Die Erziehung der Söhne, die Verwaltung der Güter und Sklaven lag meist in der Hand eines alten Ulussu. Diese alten, treuen Familienhörigen waren überaus geachtet und geschätzt. Und dahinein fügten sich die Dialli in einer lockeren Weise als Dekoration, Staat, Schmuckstücke! Es darf aber eine Seite ihres Wirkens nicht vergessen werden: die Dialli waren auch gefürchtet. Ebensogut wie sie den Ruf eines Herrschers als mächtigen, gerechten und tüchtigen Mann und mit dem Ruf seinen Kredit, sein Kliententum heben konnten, ebenso gefährlich waren sie, wenn ihr böses Mundwerk Erniedrigendes, Wegwerfendes und Entehrendes verbreitete. Daß sie in dieser Hinsicht sehr gefürchtet waren, geht aus mehreren historischen Anekdoten aufs deutlichste hervor.

Nun einiges über den Hausgesang. — Sehr alt - so sagt man, und das ist wahrscheinlich - soll die Musik der Numu sein. Aber nicht alle Numu durften sich immer und zu allen Zeiten belustigen, wie sie gerade wollten. Tanzen und spielen durften die Tage, die Schmiede der Soninke und die Tege, die Schmiede der Wolof. Von dieser Art Leute gab es auch einige bei den Malinke, und die wurden Numu-folli genannt. Das waren die einzigen Schmiede, die tanzen konnten, wie und wann sie wollten. Sie bedurften keiner besonderen Erlaubnis. Dieses Numu-folli-Spiel, das auf der Trommelmusik basiert, ward aber gewünscht und beordert, wenn die Beschneidungszeit



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herannahte. Bei Bammana und Malinke leitete das Spiel der Numu die Beschneidungszeremoniale ein. Sonst spielten die Numu beim Bau der Boote und der Hochöfen die Flöte.

Bei Bammana und Malinke sangen auch die Jäger. Es ist mir nicht gelungen, in deren anscheinend sehr einfachen Liedchen einen sehr tiefen Sinn und für uns verständlichen Zusammenhang zu finden. So singen sie z. B., daß die Hundskopfaffen Schmiede, die Husarenaffen Fulbe, die Eichhörnchen Kinder, die Tauben Diattara, die Geier Könige seien, denn sie gingen wie Könige. — Die Jäger gaben ihre Sänge am Abend zum besten, wenn sie von der Jagd heimkehrten. Es gibt eine Gitarre, die bezeichnet man ausdrücklich als Jägergitarre, das ist die Schimbi. — Anscheinend pflegen übrigens nur die den Bammana des Segureiches nahestehenden vornehmen Familien die Jagd, so die Diarra, die Leute in Kaarta und Beledugu. Dort wissen auch die Jäger den Balafon zu schlagen. Dagegen spielen in Sankarang nur die Dialli und nicht die Vornehmen den Balafon, und die Marka kennen dies Kalebassenpiano überhaupt nicht. Allgemein schreibt man die Balafonkunst (Balafon, ein Kalebassenpiano entspricht dem Marimba des Zentralafrikaner) den Bammana zu, und wenn wir denken, welche eigenartige Rolle das Instrument in der Susu-Sumanguru-Legende einnimmt, so können wir uns der Hoffnung nicht entschlagen, daß die Verbreitung dieser von Vornehmen hier, von Dialli dort geschlagenen Klaviere einige wichtige Anhaltepunkte geben wird. (Vgl. die Tafel: Musikinstrumente.)

Die Bammana sind heute das einzige Volk des Mandingo-Plateaus, welches ursprünglich nicht über eine Sängerkaste verfügte. Alle Dialli der Bammana sind aus dem Malibereiche zugezogen, wie diese fahrenden Leute sich eben an jedem "Hofe" gern niederlassen, an dem Herrschermacht und finanzieller Hochstand zu finden ist, an dem ein reicher Mann lobenden Sang liebt und mit "goldenen Spangen" zu lohnen weiß. — Dagegen waren alle Bammana sangeskundig, und zwar kann man ihre Produkte wohl am ersten als "Volkslieder" bezeichnen. Das diesen dienende Instrument war die Gitarre, mit Namen djuma koni. Zumal am Freitag abend wurden Liedchen gesungen.

Dann gab es auch "Musikspiele". Das sind zunächst die "Bettelmusikanten". Zwei bis drei Burschen rüsteten sich mit ganz kleinen Gitarren aus, die mit Pferdehaaren als Saiten bespannt waren. Man zog übrigens denen der Pferde die der Giraffen vor. Der Resonanzboden war aus einer Kalebasse geschnitzt. Die Saite ward am Griffholz mit einem Spannring gehalten und geregelt und lief über einen Steg. — Mit diesem Instrument ausgerüstet zogen zwei oder drei



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Burschen von Gehöft zu Gehöft und sangen. Die Mädchen des Gehöftes traten dazu und sangen mit. Der Text soll in alter Zeit sich stets auf Tiere, und zwar immer die gleichen Tiere bezogen haben. Man sang vom

I Bassa, der Eidechse,
2. Kana, der Varanus,
3. Bama, dem Kaiman.
Zu meinem tiefen Leidwesen habe ich die Gesänge nicht auftreiben
      können. Oder aber, man sagt wohl richtiger, es hat sich
keiner gefunden, der sie mir verraten wollte. Häufig leugneten die
Leute die Existenz überhaupt, und dann konnte ich nur an bestimmten
         Merkmalen beweisen, daß sie sie geheimhielten.

Jedenfalls: Wenn die Burschen derart herumzogen und sangen, und die jungen Mädel sie bald hier bald dort akkompagnierten, so pflegten die Eltern der Mädels diesen Huhn, Ziege, Korn als Geschenke zu machen, und die Mädels bereiteten dann den Bettelstudenten gute Gerichte.

Ein weiteres musikalisches Spiel, das den Bammana bekannt war, war das bekannte "Suchen nach Musik", daß man ja auch bei uns unter Verwendung des Klaviers kennt. Einer muß einen Gegenstand suchen und einer spielt dazu. Irrt der Suchende vom Versteck zu weit ab, wird die Musik leiser, nähert er sich ihm, so wird die Musik stärker. Tout comme chez nous!



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II DAS DAUSI



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Die alten Garamanten

Das Dausi, eine Sammlung verschiedener epischer Novellen, gilt so recht als "das" Heldenbuch der Soninke oder Marka. Vielleicht ist es besser, das Dausi als das große Heldenbuch dieses Volkes zu bezeichnen, dem das kleine, das "Pui", zur Seite steht. Dausi und Pui waren dadurch unterschieden, daß das Dausi ursprünglich ein fortlaufendes Ganzes war, daß alles darin den seinem geschichtlichen Werdegang entsprechenden Platz hatte, während im Pui nur die Taten einzelner Persönlichkeiten verherrlicht wurden. Das Pui war eine Sammlung von (anscheinend stets) zwölf Stücken, das Dausi die Fortführung einer in einem urzeitlichen Punkte beginnenden organisch mit der Geschichte bis in die Neuzeit hereinwachsenden Einheit. Er konnte stets im Sinne der Verlängerung vermehrt, niemals im Innenbau verändert werden, ohne seine Existenz zu beeinträchtigen.

Die zerrüttenden Vorgänge, denen Westsahel und Westsudan einerseits durch den zersetzenden Einfluß des ganz anders dirigierenden Islam und andererseits durch die wachsend um sich greifende Macht der auflösenden Vernegerung und Verbauerung ausgesetzt waren, mußten auch die Erhaltung der Spielmannsgesänge beeinträchtigen und wirkten natürlich auf ein großes organisches Ganze stärker als auf eine Sammlung kleiner Stücke. Die kleinen Stücke blieben erhalten, jedes für sich, weil keines Dimensionen zeigte, die nicht auch einer islamischen Verniggerung noch faßbar gewesen wären. Die Innenmasse der großen Heldenbücher waren aber zu mächtig. Es wurde ebenfalls in Stücke und Stückchen aufgelöst, die dann, des inneren Zusammenhanges beraubt, ihre Lebenskraft einbüßten und der Vergessenheit anheimfielen.

So ist denn ein großer Teil des Dausi verloren. Und zwar scheinen es gerade die geschichtlich Bedeutungsvollen, die dem Volksverständnis in der Zusammenhanglosigkeit unbegreifbar und uninteressant Gewordenen zu sein, die verschwanden. Vieles mag ein kunstgerechtes Suchen noch finden; das Ganze wird kaum wieder zusammengebracht werden. Ist es doch beinahe als ein Zufall zu bezeichnen, daß der alles sagende Ausgangspunkt, das Keimstück, in dem das Ganze als "eines" vorbereitet liegt, bewahrt wurde. Denn dieses Keimstück, die Novelle von Gassires Laute, fand ich nicht im Westsudan, sondern - in Togo. Das kam so:

Von Bassari aus, wo ich im Jahre 1909 mein Hauptquartier im Sinnhof 1 aufgeschlagen hatte, sandte ich einen meiner Assistenten nach der im nördlichen Dahome gelegenen Stadt Wangara Sugu. Er hatte unter anderem die Aufgabe, eine Gruppe alter Sagenerzähler aufzubringen und mir zuzusenden. Die Leute kamen und



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unter ihnen befand sich ein "Djerma", also ein Mann jenes Stammes, der vor Jahrhunderten vom alten Reiche im Westen abgesprengt, den Niger abwärts bis an die Grenze der Schiffbarkeit nach Osten verschlagen war. Dieser Djerma konnte mir das Stück "Gassires Laute" mitteilen, von dem ich im Westen nur noch den kleinen, schon märchenhaft gewordenen Brocken gewinnen konnte, der S. 38 dieses Bandes abgedruckt ist.

Dieses Keimstück nun läßt uns die große Linienführung, die einst dem Dausi zugrunde lag, erkennen. Ein helles Licht fällt damit aber nicht nur auf das ursprüngliche Wesen dieses "großen Heldenbuches", erklärt nicht nur den Sinn des "Verlierens Wagadus", sondern gewährt auch eine tiefe Einsicht in Jahrtausende von Jahren zurückliegende Vorgänge innerafrikanischer Geschichte.

Die Barden des Westsudan erklären Wagadu heute als den Ort, der bei Gumbu im Markalande, also westlich des Nigerbogens, lag. Jetzt hören wir, daß Wagadu viermal in ganz verschiedenen Gebieten stand. Die Herren Wagadus wanderten und nahmen die "Idee" ihrer Burg mit, die viermal verkörpert war, nämlich in Dierra, Agada, Ganna und Silla. Das Stück selbst schildert die Verlegung von Dierra nach Agada, die Auswanderung des Helden aus einem weit im Norden gelegenen Lande nach dem Ort Agada. Ja, es erzählt sogar, daß die Helden in ganz früher Zeit an der Küste, also am Mittelmeergestade, gelebt und gekämpft haben.

Vergegenwärtigen wir uns alle Einzelheiten, so ist die Lösung sehr leicht. Das Volk der Helden ist das der Fasa, von denen im Sudan viel erzählt wird. Ihre Hauptstadt ist Dierra. "Fasa" im Norden und in einer gewissen Nähe der Mittelmeerküste kann lediglich Fessan sein, in dem heute noch die Ruinen "Djermas" (=Dierra) als Nachklang des alten "Garama" Herodots und der Römer (s. Plinius und Strabo über den Zug des Lucius Balbus Gaditanus anno 19 v. Chr.) in der Nähe der Stadt Mursuk liegen.*

Zog der Held Gassire mit seiner Gefolgschaft nun nach Süden fort und entstand danach Agada, so kann dies Agada kaum ein anderes sein, als das im Lande Air nördlich der Haussastaaten gelegene Agadez (das Tigidda oder Tagadda der Chroniken). Dann 

* Im Jahre 1915 erzählte mir in Nordabessinien der aus Mursuk stammende, mit den Italienern nach Eritrea gekommene "Sidi" M'hammed ben Ali ben Jussuf, den ich wegen der Ruinen von Djerma-Garama ausfragte, folgende Sage: Im Anfang bestand Djerma aus zwei Orten, in deren einem nur Frauen, in deren anderem nur Männer lebten. Erst nach langem Kampfe heirateten sie einander. Zum Beilager kamen sie jedes Jahr einmal zusammen. Dies währte, bis der große Held Rassir kam. Als dieser Rassir in das Land kam, bekämpfte und vernichtete er die kriegerischen Weiber. — Ist dieser Rassir etwa mit Gassire identisch?


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ist aber wohl auch Wagadu gleich Agadez und ist damit erwiesen, daß die Hauptstücke des Dausi in Agadez in einer vor der Gründung des Reiches (Jana gelegenen Zeit in großer Vollkommenheit ausgestaltet wurden. Damit verstehen wir denn auch viel besser die Sage von der Bidaschlange und das Motiv des Regenmangels, das in Wagadu-Gumbu unverständlich ist, aber in dem trockenen Klima von Wagadu-Agadez sehr wohl seine Erklärung findet.

Das Dausi führt also in eine für afrikanische Verhältnisse erstaunliche historische Tiefe zurück. Es bringt uns in die Lage, den alten Herodot zu interpellieren, und so finden wir ein halbes Tausend Jahre vor Christi Geburt die Schilderung der sehr sorgfältig Ackerbau treibenden, Viehzucht pflegenden und in Viergespannen zu Felde ziehenden Garamanten (Herodot IV 183). Nach Bertholon ist diese garamantische Kultur auf alte phrygischthrakische Kolonien, die an den Syrten blühten, zurückzuführen, und damit würde dann das Rätsel des innerafrikanischen Bardensanges in ungezwungener Weise seine Lösung finden. Dieses ganz besonders, da die Verbreitung derselben die gleiche ist, wie die der Bestattung in mächtigen Urnen, die am Mittelmeer bis zu einem Alter von etwa 2500-3000 Jahren vor Christi Geburt zurücksieht.

Sind wir damit der Quelle dieses eigenartigen Kulturstromes, der sich im Dausi und im ganzen Bardengesang manifestiert hat, nahe gekommen, so sollen auch noch einige Zeilen seinem weiteren Verlauf gewidmet werden. Im Fessan wurde Garama zu Djerma, in der Sahel und in der Sahara erhielt sich aber das Gara und ist heute noch in der ganzen Reihe die Bezeichnung für die Kaste der Barden und Lederarbeiter (denn mit den Garamanten trat auch eine höhere Kunst der Lederverarbeitung in den Erdteil ein) erhalten. Die Mitglieder dieser Kaste heißen bei Malinke, Soninke und Bammana gara-nke, bei den Tuareg gara-sa, bei den Kabylen a-charas, bei den Fulbe gerga-ssabe usw. — In den Sudansprachen wird das r gern eingetauscht, eine Beobachtung, die schon Passarge (Adamaua S. 416) gemacht hat. Die Malinke kennen noch die Urheimat ihres Adels als das der Tungana, die Songhai nennen dies Land Mena das der Tungara. Ein Held ist bei den Bosso ein ngara; bei den Mande wird er zum ngana.

Diese Reihen zeigen aber wie das ganze Heldentum und auch die Geschichte des großen Reiches Gana* mit dem Einfall der Garamanten zusammenhängt, deren bäuerliche Nachkommen im Volksmunde wie in den Chroniken als Wangara weiterleben.

Ob die Reihenfolge, in der hier die einzelnen Bruchstücke des 

* Nach Ibn Batuta war Gana der Titel des Herrschers des gleichnamigen Reiches.


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Dausi wiedergegeben werden, eine unbedingt richtige ist, dürfte für mehrere Stücke heute noch schwer zu entscheiden sein. Bezeichnend für den wirren Zustand der Bardenauffassung sind die ein. leitenden Worte des Barden Korongo, die ich hier wiedergebe.

"Im Lande Djarra herrschte früher Fali vom Stamme Fasa. Dieser wurde verjagt von Dama Ngile (Ngile lang. Dama ist Name), der aber meist Dama Djawarra genannt wird, weil er der Ahnherr der Familie Djawarra ist. Das Volk der Soninke, wo es auch heute sitzt, stammt von Dama Ngile ab und kommt aus Djarra. Die Soninke wurden verdrängt durch den Häuptling Mbarra, den Ahnherrn der Kuliobaili, also von dem der Massasi."

Das sind zunächst Namen und Worte; aber ein Zusammenhang, eine Beziehung fehlt. Im Gegensatz hierzu erscheint ein Keimstück wie "Gassires Laute" wie kristallkiare Schlichtheit und Tatsächlichkeit. Der Sinn des Dausi selbst, von dem hoffentlich noch manches Stück gefunden wird, muß die Beziehungen verständlich machen.



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ZUR GESCHICHTE DER GARAMANTEN -WANDERUNG


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1. Gassires Laute

Viermal stand Wagadu im Tageslichte herrlich da; viermal ging V es verloren, so daß die Menschen es nicht sahen: Einmal durch die Eitelkeit, einmal durch den Bruch der Treue, einmal durch Habgier und einmal durch den Zwiespalt. Viermal hat Wagadu den Namen geändert. Erst hieß es Dierra, dann Agada, dann Ganna, dann Silla. Viermal hat Wagadu das Gesicht gewandt. Einmal schaute es nach Norden, einmal nach Westen, einmal nach Osten, einmal nach Süden. Denn stets hat Wagadu, so oft es den Menschen sichtbar auf der Erde errichtet war, vier Toro, eins nach Norden, eins nach Westen, eins nach Osten, eins nach Süden. Das sind die Richtungen, aus denen die Kraft Wagadus kommt und in der sie fortzieht, gleichviel ob Wagadu aus Stein, Holz und Erde gebaut ist oder nur wie ein Schatten im Sinn und in der Sehnsucht seiner Kinder lebt. Denn an sich ist Wagadu nicht aus Stein, nicht aus Holz, nicht aus Erde. Wagadu ist die Stärke, die im Herzen der Menschen lebt und einmal erkennbar ist, weil die Augen sie erkennen lassen, weil die Ohren die Streiche der Schwerter und die Klänge am Schild hören, und einmal unsichtbar ist, weil sie ermüdet und bedrängt durch die Unzähmbarkeit der Menschen eingeschlafen ist. Zum Schlafen kam Wagadu aber einmal durch die Eitelkeit, zum zweiten durch den Bruch der Treue, zum dritten durch die Habgier und zum vierten durch den Zwiespalt. Wenn Wagadu aber nunmehr zum vierten Male wiedergefunden wird, dann wird es so gewaltig in dem Sinn der Menschen leben, daß es nicht wieder verloren werden kann und daß ihm Eitelkeit, Bruch der Treue, Habgier und Zwiespalt nie wieder etwas anhaben können.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

Jedesmal, wenn Wagadu unterging durch die Schuld der Menschen, gewann es eine neue Schönheit, die seine nächste Herrlichkeit noch größer machte. Die Eitelkeit brachte den Sang der Barden (Diare) mit sich, die alle Völker nachahmen und heute preisen. Der Bruch der Treue brachte den Menschen den Regen von Gold und steinernen Perlen (= lutemma?). Die Habgier brachte den Menschen die Schrift, wie sie heute noch die Burdama üben, die in Wagadu die Kunst der Frauen war. Der Zwiespalt wird aber dem fünften Wagadu die Fähigkeit geben, ebensowenig vergänglich zu sein wie die Regen des Südens und die Felsen der



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Sahara, weil jeder Mann dann Wagadu im Herzen und jede Frau ein Wagadu im Schoße bergen wird.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! Hoooh! Fasa!

Das erstemal ging Wagadu verloren durch Eitelkeit. Damals schaute Wagadu nach Norden und hieß Dierra. Sein letzter König hieß Nganamba Fasa. Die Fasa waren stark. Sie wurden alt. Täglich kämpften die Fasa gegen die Burdama und gegen die Boroma. Sie kämpften jeden Tag und jeden Monat. Nie nahm der Kampf ein Ende. Aus dem Kampfe wuchs die Stärke der Fasa. Alle Männer Nganambas waren Helden (Gana), alle Frauen waren schön und sehr stolz auf die Kraft und das Heldentum der Männer Wagadus.

Alle Fasa wurden alt, wenn sie nicht im Zweikampf mit den Burdama fielen. Nganamba war sehr alt. Nganamba hatte einen Sohn, der hieß Gassire, und der war auch schon alt genug, denn er hatte schon acht erwachsene Söhne, die wieder ihre Kinder hatten. Alle diese lebten gleichzeitig und Nganamba herrschte in seiner Familie und als erster über die Fasa und die bündischen Boroma. Nganamba wurde so alt, daß Wagadu darüber verloren ging und die Boroma wieder zu Dieben und zu Sklaven (Dion) der Burdama wurden, die das Recht des Schwertes an sich rissen. Wäre Nganamba früher gestorben, wäre dann wohl Wagadu zum ersten Male verloren gegangen?

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

Nganamba starb nicht. Im Herzen Gassires fraß ein Schakal. Gassire sprach alle Tage mit seinem Herzen: "Wann stirbt Nganamba? Wann wird Gassire König werden?" Gassire schielte alle Tage nach dem Tode des Vaters, wie ein Liebender ausschaut nach dem Aufgang des Abendsterns. Wenn Gassire tagsüber als Held gegen die Burdama kämpfte und die untreuen Boroma mit dem Sattelgurt seines Pferdes trieb, dann dachte er nur an den Kampf und an das Schwert, den Schild und das Pferd. Kam Gassire aber abends in die Stadt und saß er im Kreise der Männer und seiner Söhne, dann hörte er wohl, wie die Helden seine Taten rühmten; sein Herz war aber nicht anwesend; sein Herz lauschte nach den Atemzügen Nganambas; sein Herz war voll des Jammers und der Sehnsucht.

Gassires Herz war voll der Sehnsucht nach dem Schilde des



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Vaters, den er erst tragen durfte, wenn der Vater gestorben war, und auch nach dem Schwert, das ihn erst zieren durfte, wenn er König war. Gassires Zorn und Sehnsucht wuchsen täglich. Gassire ward vom Schlafe gemieden. Gassire lag, und der Schakal fraß an seinem Herzen. Gassire fühlte den Kummer den Hals hinaufsteigen. Gassire sprang eines Nachts auf, ging aus dem Hause und zu einem alten weisen Manne (Kiekorro), der mehr wußte als andere Leute. Er trat bei ihm ein und sagte: "Kiekorro! Wann wird Nganamba, mein Vater, sterben und mir Schwert und Schild lassen?" Der alte Mann sagte: "Ah! Gassire! Nganamba wird sterben; dir aber wird er nicht Schwert und Schild lassen! Du wirst eine Laute führen. Schild und Schwert aber werden andere erben. Über deine Laute aber wird Wagadu verlorengehen! Ah! Gassire!" Gassire sagte: "Kiekorro, du lügst. Ich sehe, du bist nicht weise! Wie soll Wagadu verloren gehen, da seine Helden täglich Siegen? Kiekorro, du bist ein Narr!" Der alte weise Mann sagte: "Ah! Gassire! Du kannst mir nicht glauben. Dein Weg wird dich aber zu den Feldhühnern führen. Du wirst ihren Schrei verstehen, und das ist dann dein Weg und der Weg Wagadus."

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

Am anderen Tag zog Gassire wieder mit den Helden in den Kampf gegen die Burdama. Gassire war zornig. Gassire rief den Helden zu: "Bleibt hier zurück. Ich will heute allein mit den Burdama kämpfen." Die Helden blieben zurück. Gassire ritt allein gegen die Burdama vor. Gassire warf seine Speere. Gassire ritt auf die Burdama ein. Gassire schwang das Schwert. Gassire traf einen Burdama zur Rechten. Gassire traf einen Burdama zur Linken. Gassires Schwert war wie das Schnittmesser im Korn. Die Burdama erschraken. Die Burdama schrien entsetzt: "Das ist kein Fasa, das ist kein Ganna, das ist ein Damo (dem Sänger selbst unbekanntes Wesen)." Die Burdama wandten die Pferde. Die Burdama warfen beide Speere fort und flohen.

Gassire rief die Ganna. Gassire sagte: "Sammelt die Speere!" Die Ganna kamen heran. Die Ganna sammelten die Speere. Die Ganna sangen: "Die Fasa sind Helden. Gassire war stets der erste Held der Fasa. Gassire hat stets Großes getan. Heute aber war Gassire größer als Gassire." Gassire ritt in die Stadt. Die Helden ritten hinter ihm her. Die Helden sangen: "So viel Speere wie heute hat Wagadu noch nie gewonnen."



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Gassire ließ sich von den Frauen baden. Die Männer kamen zusammen. Gassire setzte sich nicht zu ihnen. Gassire ging hinaus in das Feld. Gassire hörte die Feldhühner. Gassire ging dicht herzu. Ein Feldhuhn saß auf einem Busch. Die Jungen saßen im Grase. Das Feldhuhn sang: "Hört das Dausi! Hört meine Taten!" Das Feldhuhn sang von seinem Kampf mit der Schlange! Das Feldhuhn sang: "Alle Geschöpfe müssen sterben, werden begraben und vermodern! Könige und Helden sterben, werden begraben und vermodern. Auch ich werde sterben, werde begraben und werde vermodern. Aber das Dausi, das Lied meiner Kämpfe, wird nicht sterben. Es wird weitergesungen werden und länger leben als alle Könige und Helden. Hoooh, daß ich solche Taten ausführen durfte! Hoooh! Daß ich das Dausi singen darf! Wagadu wird verloren gehen. Das Dausi aber wird bestehen und leben!"

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! Hoooh! Fasa!

Gassire ging zu dem alten weisen Manne. Gassire sagte: "Kiekorro! Ich war auf dem Felde. Ich verstand die Feldhühner. Das Feldhuhn rühmte sich, daß das Lied von seinen Taten länger leben würde als Wagadu. Das Feldhuhn sang das Dausi. Sage mir, ob die Menschen auch das Dausi kennen und ob das Dausi noch das Leben und den Tod überstehen wird." Der alte weise Mann sagte: "Ah, Gassire, du treibst schnell dem Tode entgegen. Niemand kann dich aufhalten. Da du kein König werden kannst, wirst du ein Diare werden. Ah! Gassire! Als die Könige der Fasa noch am Meere wohnten, waren sie auch große Helden, und sie kämpften mit Menschen, die besaßen Lauten und sangen das Dausi. Oft erschraken die Fasa über das Dausi der Feinde. Sie selbst waren stets große Helden. Das Dausi haben sie nie selbst gesungen, weil sie selbst die ersten, weil sie Horro waren, das Dausi aber von den zweiten, den Diare gesungen wird. Jene anderen kämpften nicht mehr als Helden für den Tag, sondern als Trinker für den Ruhm des Abends. Du aber, Gassire, willst nun, da du nicht zweiter der ersten sein kannst, der erste der zweiten sein. Darüber wird Wagadu verloren gehen." Gassire sagte: "Mag Wagadu verloren gehen!"

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla!— Hoooh! Fasa!

Gassire ging zu einem Schmiede. Gassire sagte: "Stelle mir eine Laute her!" Der Schmied sagte: "Ich werde es tun. Aber die Laute wird nicht singen." Gassire sagte: "Schmied, treibe deine



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Arbeit, das andere ist meine Sache." Der Schmied stellte die Laute her. Der Schmied brachte Gassire die Laute. Gassire ergriff die Laute. Gassire schlug an die Laute. Die Laute sang nicht. Gassire sagte zum Schmiede: "Was ist das? Die Laute singt nicht!" Der Schmied sagte: "Ich sagte es vorher!" Gassire sagte: "So mache, daß die Laute singt." Der Schmied sagte: "Dafür kann ich nichts mehr tun. Das übrige ist deine Sache." Gassire sagte: "Was kann ich tun?" Der Schmied sagte: "Dies ist ein Holz. Es kann nicht singen, wenn es nicht ein Herz hat. Das Herz mußt du ihm geben. Das Holz muß auf deinem Rücken mit in den Kampf ziehen. Das Holz muß widerklingen beim Schwerthieb. Das Holz muß niedertropfendes Blut aufsaugen, Blut von deinem Blute, Atem von deinem Atem. Dein Schmerz muß werden sein Schmerz, dein Ruhm sein Ruhm. Das Holz darf nicht mehr sein wie das Holz des Baumes, aus dem es geschlagen ist, sondern muß eingehen zu deinem Diamu (Stamm, Sippe). Deshalb muß es leben nicht nur mit dir, sondern auch mit deinen Söhnen. Dann wird der Laut, der aus deinem Herzen kommt, im Ohr deines Sohnes widerhallen und in den Leuten weiterleben, und das Blut, das aus seinem Herzen quillt, wird auf deinen Leib niederrinnen und in diesem Holze weiterleben. Wagadu aber wird darüber verloren gehen." Gassire sagte: "Mag Wagadu verloren gehen!"

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

Gassire rief seine acht Söhne. Gassire sagte: "Meine Söhne, heute ziehen wir in den Kampf. Aber die Schläge unserer Schwerter sollen nicht mehr in der Sahel verklingen. Sie sollen ihren Klang für alle Zeiten behalten. Ich und ihr, meine Söhne, wir wollen vor allen Helden im Dausi weiterleben. Mein ältester Sohn, heute wollen wir beide, ich und du, im Kampfe die ersten sein!"

Gassire ritt mit seinem ältesten Sohne zusammen den Helden voran in den Kampf. Gassire hatte die Laute über den Rücken geworfen. Die Burdama kamen näher. Gassire und sein ältester Sohn ritten auf sie zu. Gassire und sein ältester Sohn kämpften als erste. Gassire und sein ältester Sohn ließen die anderen Helden weit hinter sich. Gassire kämpfte nicht wie ein Mensch; er kämpfte wie ein Damo. Sein ältester Sohn kämpfte nicht wie ein Mensch; er kämpfte wie ein Damo. Gassire kam in einen Kampf mit acht Burdama. Die acht Burdama brachten ihm schwere Not. Sein ältester Sohn



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kam hinzu. Er erschlug vier Burdama. Einer der Burdama stieß ihm den Speer in das Herz. Der älteste Sohn fiel tot vom Pferde. Gassire ward zornig. Gassire schrie auf. Die Burdama flohen. Gassire stieg vom Pferd. Er nahm die Leiche seines ältesten Sohnes auf und über den Rücken. So ritt er zu den anderen Helden zurück. Das Blut aus dem Herzen des ältesten Sohnes tropfte auf die Laute, die auf dem Rücken Gassires hing. So ritt Gassire an der Spitze der Helden in Dierra ein.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

D er älteste Sohn Gassires ward begraben. Dierra trauerte. Die Urne der Leiche war rot vom Blute. Gassire ergriff abends die Laute und schlug gegen das Holz. Die Laute sang nicht. Gassire ward zornig. Gassire rief seine Söhne. Gassire sagte zu seinen Söhnen: "Meine Söhne, morgen reiten wir gegen die Burdama."

Sieben Tage ritt Gassire mit den Helden in die Schlacht. An jedem dieser sieben Tage ritt einer seiner Söhne des Morgens mit ihm als erster in die Schlacht. An jedem dieser sieben Tage trug Gassire die Leiche eines seiner Söhne über die Schulter und über der Laute zur Stadt zurück. So tropfte an jedem Abend das Blut eines seiner Söhne auf die Laute. Nach diesen sieben Tagen des Kampfes war große Trauer in Dierra. Alle Helden und Frauen trugen weiße und rote Kleider. Überall floß das Blut der Boroma. Alle Frauen klagten. Alle Männer wurden zornig. Ehe noch der achte Tag des Kampfes herankam, versammelten sich alle Helden und Männer Dierras und sprachen zu Gassire: "Gassire, dies soll ein Ende haben. Wir sind bereit zu kämpfen, wenn es not tut. Du aber bist in deinem Zorn zum Kampf ohne Vernunft und Grenze. Ziehe fort von Dierra! Einige werden sich dir anschließen und mit dir ziehen. Nimm auch deine Boroma und dein Vieh. Wir anderen verlangen mehr nach dem Leben als nach dem Ruhm. Sicher wollen wir nicht ruhmios leben, aber wir wollen auch nicht um des Ruhmes willen sterben."

Der alte weise Mann sprach: "Ah, Gassire! So geht also Wagadu heute zum erstenmal verloren.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh Fasa!

Gassire und sein letzter, jüngster Sohn, seine Frauen, seine Freunde, seine Boroma zogen fort in die Wüste. Sie ritten durch die Sahel. Viele Helden begleiteten ihn zum Tor hinaus.



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Viele kehrten zurück. Einige begleiteten Gassire und seinen jüngsten Sohn in die Sahara.

Sie ritten weit: Tag und Nacht. Sie kamen in die Einsamkeit. Sie rasteten in der Einsamkeit. Alle Ganna und alle Frauen und alle Boroma schliefen. Gassires jüngster Sohn schlief. Gassire wachte. Gassire saß am Feuer. Gassire saß lange am Feuer. Gassire schlief ein. Gassire fuhr auf. Gassire horchte auf. Gassire hörte neben sich eine Stimme. Die klang, als käme sie aus seinem Innern. Gassire horchte. Gassire begann zu zittern. Er hörte die Laute singen. Die Laute sang das Dausi.

Als die Laute zum ersten Male das Dausi gesungen hatte, starb in der Stadt Dierra der König Nganamba; als die Laute zum ersten Male das Dausi gesungen hatte, war Gassires Zorn verronnen; Gassire weinte. Als die Laute zum ersten Male das Dausi gesungen hatte, war Wagadu zum ersten Male verschwunden.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh Fasa!

Viermal stand Wagadu im Tageslichte herrlich da; viermal ging es verloren, so daß die Menschen es nicht sahen: Einmal durch die Eitelkeit, einmal durch den Bruch der Treue, einmal durch Habgier und einmal durch den Zwiespalt. Viermal hat Wagadu den Namen geändert. Erst hieß es Dierra, dann Agada, dann Ganna, dann Silla. Viermal hat Wagadu das Gesicht gewandt. Einmal schaute es nach Norden, einmal nach Westen, einmal nach Osten, einmal nach Süden. Denn stets hatte Wagadu, so oft es den Menschen sichtbar auf der Erde errichtet war, vier Tore, eines nach Norden, eines nach Westen, eines nach Osten, eines nach Süden. Das sind die Richtungen, aus denen die Kraft Wagadus kommt und in der sie fortzieht, gleichviel ob Wagadu aus Stein, Holz und Erde gebaut ist oder nur wie ein Schatten im Sinn und in der Sehnsucht seiner Kinder lebt. Denn an sich ist Wagadu nicht aus Stein, nicht aus Holz, nicht aus Erde. Wagadu ist die Stärke, die im Herzen der Menschen lebt und einmal erkennbar ist, weil die Augen sie erkennen lassen, weil die Ohren die Streiche der Schwerter und die Klänge am Schild hören und einmal unsichtbar ist, weil sie ermüdet und bedrängt durch die Unzähmbarkeit der Menschen eingeschlafen ist. Zum Schlafen kam Wagadu aber einmal durch die Eitelkeit, zum zweiten durch den Bruch der Treue, zum dritten durch die Habgier und zum vierten durch den Zwiespalt. Wenn Wagadu aber nunmehr zum vierten Male wiedergefunden wird,



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dann wird es so gewaltig im Sinn der Menschen leben, daß es nicht wieder verloren werden kann und daß ihm Eitelkeit, Bruch der Treue, Habgier und Zwiespalt nie wieder etwas anhaben können.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!

Jedesmal wenn Wagadu unterging durch die Schuld der Menschen, gewann es eine neue Schönheit, die seine nächste Herrlichkeit noch größer machte. Die Eitelkeit brachte den Sang der Barden mit sich, die alle Völker nachahmen und heute preisen. Der Bruch der Treue brachte den Menschen den Regen von Gold und steinernen Perlen. Die Habgier brachte den Menschen die Schrift, wie sie heute noch die Burdama üben, die in Wagadu die Kunst der Frauen war. Der Zwiespalt wird aber dem fünften Wagadu die Fähigkeit geben, ebensowenig vergänglich zu sein wie die Regen des Südens und die Felsen der Sahara, weil jeder Mann dann Wagadu im Herzen und jede Frau ein Wagadu im Schoße bergen wird.

Hoooh! Dierra, Agada, Ganna, Silla! — Hoooh! Fasa!


2. Die Wiederentdeckung Wagadus

Das Land Wagadu war erst einmal für sieben Jahre verloren gegangen. Man wußte nicht mehr, wo es war. Danach fand man es wieder. Es trat dann aber nochmals ein Zeitraum von 740 Jahren ein, in dem es nicht mehr gefunden wurde, es war für diese Zeit verloren. — Es war ein alter Mann und König, der hieß: Mama Dinga. Mama Dinga sagte: "Man schlage die große Kriegspauke Tabele, dann wird man Wagadu wiederfinden." Die Tabele war aber von den Djinne, den Teufeln, gestohlen und am Himmel festgebunden worden.

Mama Dinga hatte einen alten Hörigen, mit dem war er gemeinsam erzogen worden. Mama Dinga hatte sieben Söhne. Die sechs ältesten Söhne behandelten den Hörigen schlecht, und der Vater war vor Alter blind, so daß er es nicht sah. Wenn der Älteste von dem Hörigen zum Vater zum Essen gerufen wurde, so gab er ihm beim Eintreten einen Stoß, und so machten es die nächsten fünf auch. Nur der Jüngste bot dem Alten "Guten Tag!" — Wenn sie wieder hinausgingen, hatte der Älteste den Mund voll Wasser genommen, das spie er im Vorübergehen auf den alten Hörigen. Der zweite hatte die Hände zum Waschen angefeuchtet und spritzte die Tropfen



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auf den Alten aus, und nur der Jüngste reichte ihm eine gute Handvoll Essen hin. Mama Dinga sah das nicht.

Mama Dinga war blind. Er erkannte den Ältesten nur an seinem Arme, der behaart und mit einem Ringe geschmückt war. Er strich tastend über den Arm hin und führte sein Gewand zum Prüfen an die Nase. So erkannte er den Ältesten. Als er eines Nachts zu Bett ging, fühlte er, daß er bald sterben werde. Er rief den Hörigen, seinen alten, treuen Diener herbei und sagte: "Rufe meinen ältesten Sohn; denn ich fühle, daß ich bald sterben werde, und ich will ihm alles sagen, was er wissen muß. Sage ihm, daß er nach Mitternacht komme." Der alte Hörige ging hin und suchte den Ältesten auf. Als er bei ihm eintrat, gab er ihm einen Fußtritt. So erging es ihm immer bei den ältesten sechs Söhnen. Nur der Jüngste hatte ihm stets Essen gegeben.

Darum ging der Alte darauf zu Sagarre, dem Jüngsten, und sagte: "Komm du mit mir. Dein Vater sandte mich aus, denn er fühlt, daß er bald sterben wird. Könntest du nicht das Armband und das Kleid deines ältesten Bruders erlangen?" Lagarre sagte: "O ja, das könnte ich schon erreichen." Der Alte fuhr fort: "Dein Vater ist blind. Er kann nicht mehr sehen und mit den Augen erkennen. So erkennt er deinen ältesten Bruder, indem er an seinem Kleide riecht und tastend über Arm und Armband streicht. Dein Vater will nun sterben und hat mich ausgesandt, seinen ältesten Sohn zu rufen. Deine älteren Brüder haben mich aber immer schlecht behandelt. So rufe ich dich denn zu ihm." Darauf tötete Lagarre eine Ziege und zog ihr die Haut ab und sich über den Arm, so daß sich sein Arm rauh wie der seines Bruders anfühlte. Dann ging er zum ältesten Bruder und sagte: "Leihe mir dein Kleid und deinen Armring. Ich will jemand aufsuchen, der mir etwas schuldet." Der älteste Bruder sagte: "Wenn dir dein Schuldner nicht zahlen will, ohne daß ich dir Kleid und Ring leihe, so nimm beides hin. Geh in jenes Haus zu meiner Frau und lasse dir die Sachen geben." Lagarre ging herein, ließ sich Ring und Gewand reichen und legte beides an. Als Mitternacht gekommen war, traf er mit dem Alten zusammen.

Der alte Hörige führte Lagarre zu Mama Dinga, dem Könige, und sagte: "Hier ist dein ältester Sohn." Der alte König tastete am Arm des Sohnes entlang. Er fühlte, daß der Arm rauh war; er fühlte den Ring. Er führte das Gewand an die Nase. Er roch, daß es das Kleid seines ältesten Sohnes war. Da lachte er und sagte: "Es ist wahr."



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Darauf sprach Mama Dinga: "Auf dem linken Ufer des Stromes stehen vier große Djallabäume (s. Komma und Korte, Bammana Bd. VII). Am Fuße dieser vier Bäume befinden sich neun Töpfe. Wenn du dich in diesen neun Töpfen wäschst und dich nachher im Uferschmutz wälzest, dann wirst du stets viele Anhänger haben. Wasche dich erst in den ersten acht Töpfen und später noch in dem neunten. Laß diesen zunächst. Wenn du dich in dem letzten Topfe gewaschen hast, dann verstehst du die Sprache der Djinne. Dann verstehst du die Sprache aller Tiere und auch die der Vögel, du kannst dann mit ihnen sprechen. Du kannst dann mit den Djinne sprechen und wirst sie fragen können, wo die große Tabele ist. Der älteste Djinne wird es dir sagen, und wenn du die große Tabele haben wirst, dann wirst du Wagadu wiederfinden." —Lagarre ging. Er begab sich sogleich zum Strome. Er fand die vier Djallabäume. Er fand die neun Töpfe. Er badete sogleich hintereinander weg in den neun Töpfen. Da verstand er die Sprache der Djinne, der Tiere und Vögel.

Inzwischen nahmen am Morgen die Söhne des Königs bei diesem das Essen ein. Als der Älteste kam, fragte ihn Mama Dinga: "Hast du getan, was ich dir gesagt habe?" Der älteste Sohn fragte: "Wann hast du mir etwas gesagt?" Mama Dinga sagte: "Ich habe dich gestern nacht kommen lassen und habe dir etwas gesagt." Der älteste Sohn sagte: "Ich habe in dieser Nacht nicht mit dir gesprochen." Da sagte der alte, treue Hörige zum Könige: "Du hast diese Nacht nicht mit deinem ältesten Sohne, sondern mit deinem jüngsten Sohne gesprochen. Du hast mich gesandt, deinen ältesten Sohn zu rufen, ich aber habe nicht deinen ältesten Sohn gerufen, sondern den jüngsten. Denn deine ersten sechs Söhne behandeln mich stets schlecht. Sie taugen nichts, und wenn dein Ältester Wagadu fände, würde er es bald zerbrechen. Wenn du nun jemand töten willst, so töte mich - denn ich bin schuld daran." Darauf sagte Mama Dinga (zu seinem ältesten Sohne): "Mein Ältester, du wirst nicht Hankama (= König) werden, denn soeben habe ich alles, was ich hatte, deinem jüngsten Bruder gegeben. Werde du also Djamma (Schamane) und lerne es, Gott um Regen zu bitten. Wenn du es regnen lassen kannst, werden die Leute zu dir kommen, und du wirst Einfluß haben."

Inzwischen sandten die Djinne den ältesten Djinne zu Lagarre. Der alte Djinne sagte zu Lagarre: "Im Busch ist eine Sache, die ist noch sieben Jahre älter als ich." Lagarre fragte: "Wer ist das?" Der Djinne sagte: "Das ist Kuto" (eine weiße Varanusart, die heute



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noch als besonders heilig gilt. So suchen die Marabut z. B. in der Ramadanzeit dieses Tier zu erreichen, um aus seinem Fleische Zaubermittel herzustellen). Lagarre fragte: "In welchem Walde ist Kuto ?" Der alte Djinne zeigte ihm den Wald.

Lagarre ging zu dem Walde. Er traf Kuto. Er konnte jetzt mit Kuto sprechen, denn er verstand jetzt die Sprachen aller Tiere und auch die der Vögel. Er sagte zu Kuto: "Zeige mir die Tabele meines Vaters." Kuto fragte: "Von welchem Stamme bist du?" Lagarre sagte: "Ich bin der Sohn Dingas." Kuto fragte: "Wie heißt der Vater deines Vaters?" Lagarre sagte: "Ich weiß es nicht." Kuto sagte: "Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga - ich kenne nicht Dinga, ich kenne aber Kiridjo, den Vater Dingas. Es gibt jedoch etwas, was noch siebzehn Jahre älter ist als ich." Lagarre fragte: "Was ist das?" Kuto sagte: "Das ist Turume, der Schakal, der so alt ist, daß er keine Zähne mehr hat." Lagarre fragte: "Wo ist er?" Kuto zeigte ihm den Wald.

Lagarre ging mit seinen Soldaten zu dem Walde. Er traf Turume. Turume fragte ihn: "Wer bist du?" Lagarre sagte: "Ich bin der Sohn Dingas." Turume fragte: "Wie heißt der Vater deines Vaters ?" Lagarre sagte: "Ich weiß es nicht." Turume sagte: "Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga. Ich kenne nicht Kiridjo, aber ich kenne Kiridjotamani, den Vater Kiridjos. Ich bin sehr alt, aber es gibt etwas, das ist noch siebenundzwanzig Jahre älter als ich es bin." Lagarre fragte: "Was ist das?" Turume sagte: "Das ist Koliko, ein Honge (Geier)." Lagarre fragte: "Wo wohnt Koliko?" Turume zeigte es ihm.

Lagarre machte sich mit seinen Leuten zu Koliko auf. Er fragte: "Zeige mir die Tabele meines Vaters." Koliko fragte: "Wer bist du?" Lagarre sagte: "Ich bin der Sohn Dingas." Koliko sagte: "Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga, ich kenne nicht Dinga, aber ich kenne Kiridjo. Ich kenne nicht Kiridjo, aber ich kenne Kiridjotamani. Ich weiß, wo die Tabele ist, aber ich bin zu schwach und zu alt, um sie zu zeigen oder zu holen. Sieh, vor Alter sind mir die Federn ausgefallen, und ich kann nicht einmal mehr von meinem Aste fliegen." Lagarre fragte: "Wie ist das zu machen?" Koliko sagte: "Du mußt sorgen, daß ich wieder Kraft erhalte. Du mußt mir viel bringen. Bleibe sieben Tage bei mir. Lasse alle Morgen je ein junges Pferd und je einen jungen Esel schlachten und mir von beiden Herz und Leber reichen. Morgens und abends mußt du mich nähren. Wenn du diese Bedingung sieben Tage lang erfüllst, dann



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werde ich wieder Kräfte und Federn haben und ich werde dir die Tabele deines Großvaters bringen können." Lagarre blieb sieben Tage dort. Jeden Morgen ließ er ein junges Pferd und einen jungen Esel schlachten und Koliko Herz und Leber reichen. Er nährte ihn morgens und abends. Da wuchsen dem Honge Kräfte und Federn. Er konnte wieder fliegen. Er flog dahin, wo die Djinne die Tabele am Himmel angebunden hatten. Er hatte aber nicht Kraft genug, die Schnur zu zerreißen, an der sie festgebunden war. Er kehrte zurück und sagte zu Lagarre: "Du mußt mir noch während dreier Tage je ein Pferd und einen Esel schlachten und mir Leber und Herz geben. Noch reichen meine Kräfte nicht, die Schnur zu zerreißen, an der die Tabele hängt, aber dann werde ich stark genug sein,, sie loszumachen." Da schlachtete Lagarre noch drei Tage lang je ein junges Pferd und einen jungen Esel. So war Koliko am dritten Tage stark genug. Er flog gen Himmel und löste die Tabele los. Er brachte sie zu Lagarre.

Koliko sagte zu Lagarre: "Gehe zurück. Zwei Tage lang darfst du die Tabele nicht rühren, am dritten schlage sie aber. Dann wirst du Wagadu finden." Lagarre machte sich auf. Zwei Tage ging er zurück. Dann schlug er die Tabele und sah vor seinen Augen Wagadu. Die Djinne hatten es so lange versteckt gehalten.


3. Der Kampf mit dem Bida-Drachen

Koliko hatte noch zu Lagarre gesagt: "Wenn du nach Wagadu kommst, wirst du da die große Schlange Bida sehen. Bida erhielt von deinem Großvater jedes Jahr zehn junge Mädchen. Dafür ließ es die Schlange jedes Jahr dreimal regnen. Es regnete Gold." Lagarre fragte: "Muß ich das auch geben?" Koliko sagte: "Bida wird mit dir rechten. Sie wird von dir zehn junge Mädchen verlangen. Schlage ihr das ab. Sage ihr, du wollest ihr ein Mädchen geben und gib es ihr dann auch."

Lagarre kam nach Wagadu. Vor dem Tore der Stadt lag Bida in sieben großen Windungen. Lagarre fragte: "Wohin gehst du?" Bida sagte: "Wer ist dein Vater?" Lagarre sagte: "Mein Vater ist Dinga." Bida fragte: "Wer ist der Vater deines Vaters?" Lagarre sagte: "Ich kenne ihn nicht." Bida sagte: "Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga. Ich kenne Dinga nicht, aber ich kenne Kiridjo. Ich kenne Kiridjo nicht, aber ich kenne Kiridjotamani. Ich kenne Kiridjotamani nicht, aber ich kenne Wagana Sako. Dein



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Großvater gab mir jedes Jahr zehn Mädchen. Ich gab dafür drei Goldregen. Willst du das auch tun?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir neun Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir acht Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir sieben Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir sechs Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir fünf Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir vier Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir drei Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir zwei Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Nein." Bida fragte: "Willst du mir ein Mädchen jedes Jahr geben?" Lagarre sagte: "Ja, ich will dir jedes Jahr ein Mädchen geben, wenn du über Wagadu dreimal das Gold regnen lassen willst."

Bida sagte: "Dann bin ich auch damit zufrieden und werde dreimal im Jahre Gold über Wagadu regnen lassen.

Es waren in Wagadu (nun) vier angesehene Männer. Wagana Sako, Dajabe Sise, Damangile (der Ahnherr der Djaorafamilie, aus der die Familie der Vornehmen der Soninke stammt) und Mamadi Sefe Dekote (Sefe Dekote heißt "er spricht selten").

Wagana Sako war ein Mann, der außerordentlich eifersüchtig war. Deshalb hatte er eine mächtige Mauer um sein Gehöft gebaut, in der keine einzige Tür angebracht war. Man konnte nur auf eine Weise in das Gehöft gelangen, nämlich indem man mit dem Pferde Samba Ngarranja über die Mauer setzte. Samba Ngarranja war das einzige Pferd, mit dem man über die Mauer diesen Sprung ausführen konnte, und Wagana Sako bewachte dieses Pferd ebenso eifersüchtig wie seine Frau. Er erlaubte nicht, daß der Hengst jemals eine Stute decke; denn er fürchtete, daß dann ein Fohlen geboren werden könnte, das Samba Ngarranja an Sprungkraft gleichkomme und etwa über die türlose Mauer setzen würde.

Mamadj Sefe Dekote kaufte sich eine Stute. Die verschloß er sorgfältig in seinem Hause vor den Augen Wagana Sakos. Mamadi Sefe Dekote, der der Onkel Wagana Sakos war, stahl diesem eines Tages den Hengst Samba Ngarranja und ließ die neugekaufte Stute decken. Dann brachte er ebenso heimlich Samba Ngarranja zurück.



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Seine Stute brachte nun ein ebenso gutes Pferd hervor, wie Samba Ngarranja, und mit diesem konnte er unbedingt den Sprung über die Mauer wagen. Es wurde drei Jahre alt, da war es stark und kräftig genug zu dem Satze.

Danach zogen die Wagadu-Leute in den Krieg. In der Nacht kehrte Mamadi Sefe Dekote heimlich mit seinem dreijährigen Hengst nach Wagadu zurück. Er sprang in mächtigem Satze über die Mauer und band sein Pferd an. Dann ging er zur Frau Wagana Sakos hinein. Er sprach mit ihr, er legte sich neben sie und sein Haupt in ihren Schoß. Wagana Sako kehrte aber nach einiger Zeit auch aus dem Heereslager zurück, um in der gleichen Nacht seine Frau zu besuchen. Er setzte mit Samba Ngarranja über die Mauer. Wie war er aber erstaunt, daß schon ein anderes Pferd im Hofe angebunden war. Er brachte das eigene an eine andere Stelle und betrachtete dann das fremde Pferd. Dann hörte er im Hause seiner Frau sprechen. Er stellte also seine Waffen an dem Hause nieder und lauschte. Drin sprachen Mamadi Sefe Dekote und die Frau Wagana Sakos wenig. Oben lief aber eine Maus im Dachwerk umher. Unten war eine Katze. Die Maus sah die Katze und fiel vor Schreck herab. Die Katze sprang auf sie. Mamadi Sefe Dekote faßte die Frau Wagana Sakos am Arme und sagte: "Sieh da gut hin! Sieh scharf hin!" Die Frau sagte: "Ja, ich sehe es." Mamadi Sefe Dekote sagte: "Sieh das an! Wie die Maus vor dieser Katze, so haben wir Furcht vor deinem Manne -" Wagana Sako hörte das draußen. Als er es hörte, mußte er gehen, denn jener unbekannte Mann hatte gesagt: daß er Furcht vor Wagana Sako habe. (Danach, wie es mir die umsitzenden Soninke erklären, scheint es damals als nicht ritterlich gegolten zu haben, mit jemand Händel auszufechten, der sagt, er habe Furcht vor ihm.) So nahm denn Wagana Sako seine Waffen, bestieg sein Pferd und setzte über die Mauer. Dann kehrte er in das Heereslager zurück. Später verließ auch Mamadi Sefe Dekote das Gehöft und traf im Morgengrauen bei den anderen ein.

Am anderen Tage wußte Wagana Sako nicht, wer nachts bei seiner Frau gewesen war. Mamadi Sefe Dekote ahnte aber nicht, daß Wagana Sako vor der Türe des Hauses seiner Frau gehockt und den heimlichen Besuch sowie das Zwiegespräch belauscht hatte. So konnten denn die beiden kein schlechtes Wort wechseln, und der Tag verlief ohne jeden Streit. Am Abend aber ergriff ein Epen-Sänger (Djarre der Soninke, entspricht dem Dialli der Bammana)



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seine Niame und sang. (Niame ist die Gitarre.) Nachher schnipste Wagana Sako an der Saite des Niame und sagte: "Vorige Nacht habe ich ein Wort gehört (es ist das Wort von der "Furcht" gemeint), hätte ich das nicht vernommen, so wäre Wagadu zerstört worden." Mamadi Sefe Dekote schnellte auch an einer Saite der Niame und sagte: "Wenn jemand gehört hätte, was gestern nacht gesprochen wurde, so würde Wagadu zerbrochen werden. Es hat aber niemand gehört."

Da sagten die Wagaduleute: "Wir wollen nach Wagadu zurückkehren. Denn, wenn sich im Anfang eines Krieges zwei Leute streiten, so nimmt es kein gutes Ende." So kehrten denn alle nach Wagadu zurück.

Die Leute von Wagadu sagten: "Die erste Tochter, die wieder in Wagadu geboren wird, soll Bida gegeben werden." Das erste Mädchen war Sia Jatta Bari. (Jatta Bari ist der Familienname.) Sia Jatta Bari war wunderschön. Sie war das schönste Mädchen im Soninkelande. Sie war so schön, daß die Soninke und andere Völker heute noch von einem sehr schönen Mädchen als höchsten Lobspruch zu sagen pflegen: "Sie ist so schön wie Sia Jatta Bari." Sia Jatta Bari war für Bida bestimmt.

Sia hatte aber schon einen Liebhaber, das war Mamadi Sefe Dekote. Alle Leute in Wagadu sagten: "Wir wissen nicht, ob wir je wieder in Wagadu ein so schönes Mädchen haben werden." Deshalb war Mamadi Sefe Dekote sehr stolz auf seine Geliebte. Eines Nachts suchte Sia Jatta Bari nach dem Tamtam ihren Geliebten auf um bei ihm zu schlafen (ohne sich von ihm beschlafen zu lassen!). Sia Jatta Bari sagte: "Jede Freundschaft muß auf dieser Erde einmal ein Ende nehmen." Mamadi Sefe Dekote sagte: "Warum sagst du das?" Sia Jatta Bari sagte: "Es gibt keine Freundschaft, die für immer währen kann, und ich bin daran, der Schlange Bida überliefert zu werden." Mamadi Sefe Dekote sagte: "Wenn das geschehen sollte, würde Wagadu zerbrochen werden, denn ich würde es nicht dulden." Sia Jatta Bari sagte: "Mach' keine Sache, es ist so bestimmt und es ist alte Sitte, in die sich jeder fügen muß. Ich werde die Frau der Sa (Schlange) Bida werden müssen, daran ist nichts zu ändern."

Am anderen Morgen schärfte Mamadi Sefe Dekote sein Kitelalabong (Schwert) so scharf wie möglich. Er legte ein Hirsekorn auf die Erde und spaltete es mit einem Streiche um zu sehen, ob



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das Schwert scharf genug sei. Darauf steckte er es wieder in die Scheide. Die Leute kleideten Sia Jatta Bari festlich zum Hochzeitstage, legten ihr Schmuck und schöne Kleider an und bildeten einen langen Zug, um sie zu der Schlange Bida zu begleiten. Bida wohnte in einem großen und tiefen Kede (Brunnen) zur Seite des Dorfes. Dorthin wendete sich der festliche Zug. Mamadi Sefe Dekote hatte sein Schwert umgeschnallt, sich auf sein schönes Pferd geschwungen und ritt im Geleite mit.

Bida pflegte, wenn sie ihr Opfer in Empfang nahm, immer dreimal den Kopf aus der Brunnengrube emporzurecken und dann erst ihr Opfer zu greifen. Als der Zug neben dem Brunnen Platz nahm, hockte Mamadi ganz dicht am Rande nieder. Darauf streckte Bida ihren Kopf zum ersten Male zum Brunnen heraus. Die Leute von Wagadu sagten zu Sia und Mamadi: "Es ist Zeit, Abschied zu nehmen. Nimm Abschied." Bida steckte den Kopf zum zweiten Male aus dem Brunnen empor, und die Leute von Wagadu riefen: "Nehmt schnell Abschied voneinander, tut es aber schnell!" Bida reckte zum dritten Male das Haupt aus dem Brunnen. Da zog Mamadi Sefe Dekote das Schwert und trennte mit einem Schlage das Haupt der Schlange vom Körper. Das Haupt flog weit in die Luft empor. Ehe es wieder zur Erde kam, sprach es: "Sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage mag Wagadu ohne Goldregen bleiben." Das Haupt fiel dann weit im Süden zu Boden, und aus ihm stammt das Gold, das man dort findet.

Die Leute von Wagadu hörten den Fluch der Schlange. Sie schrien wild auf Mamadi ein. Mamadi aber nahm Sia hinter sich auf sein Pferd und sprengte von dannen, in der Richtung auf Sama-Markala, einer Stadt nördlich von Segu am Niger, in der seine Mutter lebte. Mamadi Sefe Dekote hatte ein gutes Pferd - es stammte von Samba Ngarranja ab. Nur ein Pferd in Wagadu konnte es einholen, das war Samba Ngarranja selbst. Die Wagaduleute forderten also Wagana Sako auf, hinter Mamadi Sefe Dekote herzusetzen und ihn, wenn irgend möglich, einzuholen und totzustechen. Wagana Sako sprang auf sein Pferd und setzte hinter Mamadi, seinem Onkel, her.

Wagana Sako holte seinen Oheim, dessen Pferd zwei Menschen trug, bald ein. Er ergriff seine Gawale (Lanze) und rannte sie fest in die Erde. Dann sagte er zu Mamadi: "Flieh so schnell du kannst, mein Oheim, denn wenn die Wagaduleute dich einholen, so werden sie dich sicher töten. Ich will dich nicht töten, weil ich dein Neffe



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bin. Flieh schnell nach Sama zu deiner Mutter." Da sprang alsbald Wagana vom Pferde und zog an seiner Lanze. Nach einiger Zeit kamen die anderen Leute von Wagadu an. Er sagte zu ihnen: "Helft mir den Speer aus der Erde zu ziehen. Ich habe ihn nach Mamadi Sefe Dekote geworfen, ihn aber gefehlt, und dabei ist der Speer so tief in die Erde gefahren, daß ich ihn nur schwer wieder herauszuziehen vermag." Die Leute halfen ihm, den Speer wieder herauszuziehen und dann sandten sie ihn wieder hinter Mamadi Sefe Dekote her. Wagana war bald wieder nahe bei Mamadi angelangt und stieß abermals seinen Speer in die Erde, indem er wieder rief: "Fliehe schnell zu deiner Mutter nach Sama." Abermals wartete er die Leute von Wagadu ab, um mit ihrer Hilfe den Speer aus der Erde zu ziehen und wiederholte dasselbe Spiel noch ein drittes Mal. Dann war Mamadi in Sama angekommen.

Die Mutter Mamadis kam aus der Stadt den heranströmenden Reitern entgegen. Sie rief Wagana Sako zu: "Kehre um und laß meinen Sohn in Ruhe zu mir kommen." Wagana sagte: "Frage deinen Sohn, ob ich ihn nicht gerettet habe, so daß er zu dir kommen kann und ob er es mir nicht verdankt, wenn er noch am Leben ist." Mamadi Sefe Dekote sagte: "Ich habe die Bida getötet, um dieses Mädchen, das ich heiraten will, zu retten. Ich schlug der Schlange den Kopf ab. Ehe der zur Erde fiel, sagte Bida: Sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage mag Wagadu ohne Goldregen bleiben. — Darauf waren die Leute von Wagadu zornig und sandten Wagana Sako auf Samba Ngarranja hinter mir her - um mich töten zu lassen. Er aber hat mich geschont. Nun bin ich mit Sia hier angekommen."

In Wagadu hatte Mamadi Sefe Dekote jeden Morgen, wenn sie ihn verließ, der Sia Mutukalle Tamu an Gold (zirka 1000 Frank) gegeben. Drei Monate lang hatte sie das jeden Tag erhalten. Trotzdem hatte sich Sia Mamadi nicht hingegeben. Hier in Sama nun, wo es keine Goldschlange gab, die den Reichtum über das Land brachte, hörten diese Gaben auf. Sia war Mamadis überdrüssig. Sie suchte sich seiner zu entledigen. Sie sagte deshalb eines Morgens: "Ich habe Kopfschmerzen. Gegen diese Kopfschmerzen kann nur eines helfen: schneide dir einen kleinen Zeh von einem deiner Füße ab, ich will mir mit dem Blute die Stirn waschen." Mamadi liebte Sia außerordentlich. Er schnitt sich den kleinen Zeh ab. Sie sagte nach einiger Zeit: "Das hat noch nicht geholfen. Der Kopfschmerz will nicht aufhören. Schneide dir noch den kleinen Finger



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ab. Wenn ich mir mit dem Blute die Stirn einreibe, so wird das nützen." Mamadi war sehr verliebt in Sia. Er tat es also. Dann aber sandte Sia an ihren Liebhaber eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Ich liebe nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen. Ich liebe nicht Menschen mit neun Fingern und neun Zehen." Diese Botschaft empfing Mamadi.

Als Mamadi diese Nachricht empfing, ward er sehr zornig, er ward vor Zorn krank und zwar so krank, daß er fast starb. Er ließ eine alte Frau kommen: Die alte Frau kam und fragte: "Was hast du, mein Mamadi Sefe Dekote ?" Mamadi sagte: "Ich bin vor Wut erkrankt, weil mich Sia Jatta Bari so schlecht behandelt hat. Für Sia habe ich die Schlange Bida getötet. Für Sia habe ich den Fluch auf Wagadu geladen. Für Sia bin ich aus Wagadu geflohen. Für Sia habe ich jeden Morgen viel Gold gegeben. Für Sia habe ich meine Zehe abgeschnitten. Für Sia habe ich meinen kleinen Finger abgetrennt. Jetzt läßt mir Sia sagen: ,Ich liebe nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen. Ich liebe nicht Menschen mit neun Fingern und neun Zehen.' Darüber bin ich erkrankt vor Zorn." Die alte Frau sagte: "Das ist nicht schwer. Gib mir deine Schnupftabaksdose." Mamadi dachte, die Alte wolle nach Art der alten Leute schnupfen. Er reichte ihr die Dose. Sie nahm sie in die Hand und sagte: "Damit du siehst, daß das nicht schwierig ist, blick in die Dose. Eben war noch Tabak darin, jetzt, wo ich es in die Hand nahm, ist es Gold. Das deine ist nicht einmal so schwierig. Es ist leichter Sia mit Liebe, als die Dose mit Gold zu füllen. — Sage: wenn ich dir einen Kart& (das ist Butter vom Butterbaum) Kuchen gebe, könntest du es einrichten, daß Sia die Butter auf den Kopf erhält?" Mamadi sagte: "Ja, das kann ich." Darauf bereitete die Alte einen Kartdkuchen mit Born (Zaubermittel; "Baschi" bei Bammana) und übergab die Zaubermaterie Mamadi.

In Sama war eine Frau, die verstand es ausgezeichnet, die Haare zu ordnen. Diese Frau hieß: Kumbadamba. Mamadi ließ die Frau zu sich kommen und fragte sie: "Ich bin bereit, dir Mutukalle Tamu an Gold zu geben, wenn du Sia diese Karte beim Haarordnen in die Haare bringst. Willst du das übernehmen?" Kumbadamba sagte: "Das ist nicht schwierig. Das will ich übernehmen." Mamadi übergab ihr die Zauberkarte und überließ ihr das weitere.

Eines Tages ließ Sia Kumbadamba zu sich kommen und sagte ihr: "Ordne mir das Haar!" Sie sagte zu ihrem kleinen Sklaven: "Bring Karté aus dem Hause!" (Zum Haarordnen gehört diese



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Baumbutter.) Kumbadamba sagte: "Das ist nicht nötig, ich habe gerade viel Karte bei mir." Darauf begann sie die Arbeit. Als sie die eine Seite geordnet und eingerieben hatte, sprang Sia auf und sagte: "Mamadi ruft mich." Sie lief zu ihm hin und sagte: "Hast du mich gerufen, mein großer Bruder?" (Ausdruck höchster Zärtlichkeit.) Mamadi hatte nicht gerufen; das Born (Zaubermittel) wirkte schon. Mamadi sagte: "Nein, ich habe dich nicht gerufen, denn ich habe nur neun Finger und neun Zehen und ich weiß, daß du nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen liebst." Darauf kehrte Sia zurück und ließ sich von Kumbadamba weiter die Haare ordnen. Als die die zweite Seite geordnet und eingerieben hatte, sprang Sia abermals hastig auf und sagte: "Laß mich! Mamadi ruft mich!" Sie lief schnell zu Mamadi Sefe Dekote hin und sagte: "Hast du mich gerufen, mein großer Bruder?" Mamadi hatte nicht gerufen, das Born wirkte auf der zweiten Seite. Mamadi sagte: "Nein, ich habe dich nicht gerufen, denn ich habe nur neun Finger und neun Zehen, und ich weiß, du liebst nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen." Darauf kehrte Sia zurück und hieß Kumbadamba die Hand an die Beendigung der Arbeit legen. Sie glättete alles und verwandte genugsam von der Borrikarte, so daß Sia endlich ungeduldig aufsprang und rief: "Nun laß mich endlich, Mamadi ruft mich." Eilig rannte sie zu Mamadi Sefe Dekote hin und fragte: "Hast du mich gerufen, mein großer Bruder?" Mamadi sagte: "Ja, ich habe dich gerufen. Ich wollte dir sagen: Komme diese Nacht in mein Haus." Sie sagte: "Ich werde diese Nacht zur Hochzeit kommen." Bis dahin hatte es Mamadi Sefe Dekote nicht erreicht, daß sich Sia ihm hingab.

Mamadi ließ in seinem Hofe Bett und Haus ordnen. Er hatte Blau, einen jungen Sklaven, dem er alles anvertrauen konnte und dem er die Sorge für sein gutes Pferd übergeben hatte. Er rief Blau und sagte: "Gib mir dein altes Kleid, ich will es anziehen. Reinige und wasche es also ordentlich. Darauf wasche dich selbst und lege dich heute Nacht in meiner Hütte auf mein Bett. Um Mitternacht wird eine Frau, Sia, zu dir kommen. Sprich mit ihr aber kein Wort. Sia soll denken, ich sei an ihrer Seite und sie ist gewohnt, daß ich nicht spreche. Daher habe ich meinen Namen Sefe Dekote. Sprich also nicht mit ihr, beschlafe sie aber. Du mußt sie beschlafen. Hast du es bis zum Morgen nicht getan, so laß ich dich einfach totschlagen. Du hast mich verstanden?" Blau sagte: "Ich werde es tun"



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In der Nacht kam Sia. Mamadi hatte seine Schuhe vor dem Bette stehen lassen, damit Sia sicher sei, daß er da sei und sie ihn gleich daran erkenne. Sie kam, erkannte die Schuhe und legte sich zu dem Pferdeknecht. Sie sagte: "Kassunka" (Gut Nacht). Blau schnalzte zur Antwort nur mit dem Gaumen, um sich nicht zu verraten. Sie sagte: "Mein großer Bruder, ich weiß, daß du nie viel sprichst, heute aber sprich mit mir. Ich bitte dich, mir heute zu antworten." Blau beschlief darauf Sia. —Am anderen Morgen trat Mamadi Sefe Dekote in den Kleidern Blalis in die Hüttentür und rief: "Blau!" Blau antwortete: "Nam!" (Herr) Mamadi sagte: "Weshalb hast du heute Morgen nicht mein Pferd besorgt und statt dessen bei dem Frauenzimmer Sia geschlafen?" Blau sagte: "Wenn ich heute Morgen meine Arbeit nicht verrichtete, so willst du das damit entschuldigen, Herr, daß ich eine Frau beschlafen konnte, von der ganz Wagadu sagte, sie sei die Schönste im Lande. Ist das nicht verzeihlich?" Sia hörte das und begann auf dem Bette am ganzen Leibe zu zittern. Zitternd sprach sie: "Mein großer Bruder, du zahlst gut!" Sia blieb vor Scham den ganzen Tag über im Hause. Sie wagte sich nicht heraus. In der Nacht aber schlich sie hinüber in ihr eigenes Haus und starb daselbst vor Scham. — Das war das Gericht Mamadi Sefe Dekotes über Sia Jatta Bari.


4. Samba Gana

Annallja Tu-Bari war die Tochter eines Fürsten bei Wagana. Sie galt als überaus klug und schön. Viele Horro kamen in ihre Stadt und warben um sie. Aber Annallja forderte von jedem eine Leistung, die keiner zu beginnen wagte. Annalijas Vater hatte nur diese eine Stadt gehabt, aber viele Farmorte. Eines Tages war er mit dem Fürsten (der Erzähler verwendet hier das interessante Wort Amil) einer Nachbarstadt um den Besitz eines Farmdorfes in Streit geraten. Annalijas Vater war im Kampf unterlegen, er hatte den Ort eingebüßt; das ertrug sein Stolz nicht; er starb darüber. Annallja erbte die Stadt und das Land; sie forderte aber nun von jedem Horro, der ihre Hand begehrte, daß er nicht nur das verlorene Farmdorf zurückerobere, sondern dazu noch achtzig Städte und Orte rund um ihr Gebiet. Jahre vergingen. Niemand wagte den Beginn so umfangreicher kriegerischer Unternehmung. Jahre vergingen. Annallja blieb unverheiratet, wurde aber von Jahr zu Jahr schöner. Sie verlor jedoch allen Frohsinn. Sie wurde ständig schöner und



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trauriger. Und nach dem Beispiel der Fürstin verloren alle Horro (Ritter), Djalli (Barden), Numu (Schmiede) und Ulussu (Hörige) in Annalijas Land das Lachen.

In Faraka wohnte ein Fürst Gana, der hatte einen Sohn namens Samba Gana. Als der herangewachsen war,. verließ er nach Sitte des Landes mit zwei Djalli und zwei Supha (dienender Knappe) die Stadt des Vaters, um sich ein eigenes Land zu erkämpfen. Samba Gana war jung. Sein Lehrer war der Djalli Tararafe, der ihn begleitete. Samba Gana war fröhlich. Samba Gana zog lachend von dannen. Samba Gana erklärte dem Fürsten einer Stadt den Krieg. (Forderte ihn zum Zweikampf heraus.) Sie fochten. Alle Leute der Stadt sahen zu. Samba Gana siegte. Der unterlegene Fürst bat um sein Leben und bot ihm seine Stadt an. Samba Gana lachte und sagte: "Behalte deine Stadt. Deine Stadt ist mir nichts." Samba Gana zog weiter. Er bekämpfte einen Fürsten nach dem andern. Er gab stets alles Gewonnene zurück. Er sagte stets: "Behalte deine Stadt. Deine Stadt ist mir nichts." Zuletzt hatte Samba Gana alle Fürsten in Faraka überwunden und besaß doch selbst keine Stadt und kein Land, da er immer alles zurückgab und stets lachend weiterzog.

Eines Tages lag er mit seinem Djalli am Niger. Der Djalli Tararafe sang von Annallja Tu-Bari; er sang von Annallja Tu-Baris Schönheit und Schwermut und Einsamkeit. Tararafe sang: "Nur der wird Annallja gewinnen und sie lachen machen, der achtzig Städte erobern wird." Samba Gana hörte alles. Samba Gana sprang auf und rief: "Auf, ihr Supha! Sattelt die Pferde! Wir reiten in Annallja Tu-Baris Land!" Samba Gana brach mit seinen Djalli und Supha auf. Sie ritten Tag und Nacht. Sie ritten einen Tag nach dem andern. Sie kamen in Annallja Tu-Baris Stadt. Samba Gana sah Annallja Tu-Bari. Er sah, daß sie schön war und nicht lachte. Samba Gana sagte: "Annallja Tu-Bari, zeige mir die achtzig Städte." Samba Gana brach auf. Er sagte zu Tararafe: "Bleibe du bei Annallja Tu-Bari, singe ihr, vertreibe ihr die Zeit, mache sie lachen!" Tararafe blieb in Annallja Tu-Baris Stadt. Er sang jeden Tag von den Helden Farakas, von den Städten Farakas, von der Schlange des Issa Beer, die eigenmächtig die Flut steigen läßt, so daß die Leute in einem Jahr Überfluß an Reis haben, in anderen Jahren aber hungern. Annallja Tu-Bari hörte alles. Samba zog in der Runde umher. Er kämpfte mit einem Fürsten nach dem andern. Er unterwarf alle achtzig Fürsten. Er sagte zu jedem besiegten Fürsten:



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"Gehe zu Annallja Tu-Bari und sage ihr, daß deine Stadt ihr gehört." Alle achtzig Fürsten und viele Horro kamen zu Annallja Tu-Bari und blieben in ihrer Stadt. Annallja Tu-Baris Stadt wuchs und wuchs. Annallja Tu-Bari beherrschte alle Fürsten und Horro des weiten Landes um ihre Stadt.

Samba Gana kehrte zu Annallja Tu-Bari zurück. Er sagte: "Annallja Tu-Bari, nun ist alles, was du besitzen wolltest, dein!" Annallja Tu-Bari sagte: "Du hast die Arbeit verrichtet. Nun nimm mich." Samba Gana sagte: "Weshalb lachst du nicht? Ich heirate dich erst, wenn du wieder lachst." Annallja Tu-Bari sagte: "Früher konnte ich vor Schmerz über die Schande meines Vaters nicht lachen. Jetzt kann ich nicht lachen, weil ich hungrig bin." Samba Gana sagte: "Wie kann ich deinen Hunger stillen?" Annallja Tu-Bari sagte: "Bezwinge die Schlange des Issa Beer, die in einem Jahre Überfluß, im andern Not beschert." Samba Gana sagte: "Solches hat noch kein Mensch vermocht. Ich werde das Unternehmen beenden." Samba Gana zog fort.

Samba Gana zog nach Faraka und suchte die Schlange des Issa Beer. Er zog weiter und suchte. Er zog nach Koriume, fand sie nicht und zog stromauf weiter. Er kam nach Bamba, fand sie nicht und zog stromauf weiter. Dann traf Samba Gana die Schlange. Er kämpfte mit ihr. Bald siegte die Schlange, bald siegte Samba Gana. Der Djolliba (Nigerstrom) lief bald diesen, bald jenen Weg. Die Berge stürzten ein und die Erde öffnete sich in Spalten. Acht Jahre lang kämpfte Samba Gana mit der Schlange. Nach acht Jahren hatte er sie überwunden. Samba Gana hatte in dieser Zeit achthundert Lanzen zersplittert und achtzig Schwerter zerbrochen. Er hatte nur noch ein blutiges Schwert und eine blutige Lanze. Die blutige Lanze gab er Tararafe und sagte: "Gehe zu Annallja Tu-Bari, gib ihr die Lanze, sage ihr, daß die Schlange überwunden ist und sieh, ob Annallja Tu-Bari nun lacht."

Tararafe kam zu Annallja Tu-Bari. Er sagte, was ihm aufgegeben war. Annallja Tu-Bari sagte: "Kehre zu Samba Gana zurück und sage ihm, er solle die überwundene Schlange hierher bringen, damit sie als mein Sklave den Strom in mein Land leite. Wenn Annallja Tu-Bari Samba Gana mit der Schlange sehen wird, wird Annallja Tu-Bari lachen."

Tararafe kehrte mit der Botschaft nach Faraka zurück. Er richtete die Botschaft an Samba Gana aus. Samba Gana hörte die Worte Annallja Tu-Baris. Samba Gana sagte: "Es war zuviel." Samba



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Gana nahm das blutige Schwert, stieß es sich in die Brust, lachte noch einmal und starb. Tararafe nahm das blutige Schwert, bestieg sein Pferd und ritt in die Stadt Annallja Tu-Baris. Er sagte zu Annallja Tu-Bari: "Hier ist das Schwert Samba Ganas; an ihm ist das Blut der Djollibaschlange und das Samba Ganas. Samba Gana hat zum letztenmal gelacht.

Annallja Tu-Bari rief alle Fürsten und Horro, die in ihrer Stadt versammelt waren, zusammen. Sie bestieg ihr Pferd; alle Leute bestiegen Pferde. Annallja Tu-Bari ritt mit allen ihren Leuten ostwärts. Sie ritten, bis sie nach Faraka kamen. Annallja Tu-Bari kam zur Leiche Samba Ganas. Annallja Tu-Bari sagte: "Dieser Held war größer als alle vor ihm. Baut ihm ein Grabmal, das das aller Könige und Helden überragt." Die Arbeit begann. Achtmalachthundert Menschen gruben die Schachte. Achtmal achthundert Menschen bauten das Haus (die unterirdische Leichenkammer). Achtmal achthundert Menschen bauten die Halle (der oberirdische Opferraum). Achtmal achthundert Menschen trugen Erde herbei und häuften sie über die Halle, schlugen und brannten sie. Der Berg (die tumulusartige Pyramide) stieg höher und höher.

Jeden Abend stieg Annallja Tu-Bari mit ihren Fürsten, Horro und Djalli auf die Spitze des Berges. Jeden Abend sangen die Djalli die Lieder von dem Helden. Jeden Abend sang Tararafe das Lied von Samba Gana. Jeden Morgen erhob sich Annallja Tu-Bari und sagte: "Der Berg ist nicht hoch genug. Baut ihn bis ich Wagana sehen kann." Achtmal achthundert Menschen trugen Erde herbei und häuften sie über den Berg, schlugen sie und brannten sie. Acht Jahre lang stieg der Berg höher und höher. Am Ende des achten Jahres ging die Sonne auf, Tararafe sah umher und rief: "Annallja Tu-Bari, heute kann ich Wagana sehen." Annallja Tu-Bari sah nach Westen. Annallja Tu-Bari sagte: "Ich sehe Wagana! Samba Ganas Grab ist so groß, wie es sein Name verdient."

Annallja Tu-Bari lachte.

Annallja Tu-Bari lachte und sagte: "Nun geht ihr alle, ihr Ritter und Fürsten auseinander, verbreitet euch über die ganze Erde und werdet zu Helden gleich Samba Gana." Annallja Tu-Bari lachte noch einmal und starb. Sie ward neben Samba Gana in der Leichenkammer des Grabberges bestattet.

Die achtmal achthundert Fürsten und Horro zogen aber von dannen, jeder in einer Richtung, kämpften und wurden große Helden.



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5. Dama Ngiles Schwert

Dama Ngile war der Sohn Daibus. Als die Frau Daibus mit dem Kinde schwanger ging, sagte Gott eines Nachts zu Daibu: "Nenne den Sohn, den deine Frau zur Welt bringen wird, ,Dama Ngile'." Dama bedeutet eine große Art von Rindern, die in Wagadu heimisch ist und Ngile bedeutet: groß. Als Daibu das von Gott hörte, wußte er Bescheid; denn dieser Name stand eingeschrieben in die Klinge eines alten verheißenden Schwertes, zu der eine goldene Scheide gehörte. Als Daibu das hörte, wußte er, daß aus seinem Geschlechte der zukünftige König Wagadus hervorgehen würde.

Dama Ngile war fürs erste Jäger und war oft mit vielen Hunden auf der Jagd. Er wußte aber von dem Vorhandensein des Schwertes, und im Traume hatte er gehört, daß dies Schwert in die Hände Sunjattas gefallen sei, der damals Mande beherrschte. Somit machte sich Dama Ngile eines Tages auf und wanderte nach Mande. In der Stadt Sunjattas ward er zunächst bei einem Garanke aufgenommen und untergebracht. Bei diesem verbrachte er drei Monate. Dann begab er sich aber eines Tages zu Sunjatta und sagte: "Gib mir ein Messer, denn ich bin ein Jäger und ich werde so besser das Wild abhäuten und zerlegen können." Sunjatta hatte ein ganzes Magazin voller Messer. Darüber hatte er einen Aufseher gesetzt, der war, wie alle Leute des Landes, ein Malinke. Sunjatta sagte nun zu diesem Manne, er solle alle Messer durcheinander und das Messer mit Dama Ngiles Namen zu unterst werfen. Der Aufseher tat es.

Sunjatta gab Dama Ngile die Erlaubnis, sich ein Messer aus dem großen Haufen herauszugreifen. Dama Ngile griff zu. Sogleich hatte er das rechte Messer, wenn es auch unter den anderen nicht zu sehen war. Man mischte die Messer nochmals, und nochmals griff Dama Ngile sogleich das rechte Messer heraus. Man mischte zum dritten Male, aber wiederum erhaschte Dama Ngile die rechte Waffe und darauf sagte Sunjatta: "Gut, so mag er das Messer nehmen, denn Dama Ngile ist die Liebe dieses Schwertes."

Vor seiner Abreise nach Mande besaß Dama Ngile schon eine Frau, die hieß Djuma Turre und deren Vater war Dindingalhi Turre. Sonst hatte er nur noch einen Hund und einen Sklaven. Als er nun zurückkehrte, beschloß er, in Banebagade bei Kinki im Wagadulande zu jagen. Aus der Gegend von Kumiakase, wo die Diarra herrschten, konnte man seinen Kopf und seine Schultern emporragen sehen, so mächtig war Dama Ngile gebaut. Es wurde dem



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Jäger ein Sohn geboren, der hieß: Sira Maga. Dama Ngile nannte ihn Tare (= König) Sira Maga und sagte: "Mein Sohn Sira Maga wird König werden."

Im Diarragebiete herrschten damals Fatame Niarrate und Mana Maga Niarrate, zwei Brüder, Kinder der gleichen Eltern. Die beiden konnten oft die ungewöhnliche Größe Dama Ngiles sehen. Fatame Niarrate hatte einen Sohn, der hieß Bemba Niarrate. Das war ein roher und gewalttätiger Bursche. Zuweilen ließ er schwangere Frauen töten und untersuchte die Lage des Embryo. Einmal wollte er sehen, wie die Kinder im Mutterleibe ernährt werden. Er gab einer schwangeren Frau ein Stück Leber zu essen. Die Frau schluckte das Stück herunter. Als es in ihrer Speiseröhre war, ließ er schnell die Frau totschlagen und aufschneiden und als er sah, daß ein Stück Leber in der Speiseröhre der Mutter und ein kleines in der des ungeborenen Kindes war, sagte er: "Nun weiß ich es." — Wenn große Tanzfeste waren, dann schoß er auch rechts und links unter die Leute und schoß auf jeder Seite wohl sechzig Menschen tot. Die anderen durften sich im Tanze nicht stören lassen. Wenn die Leute zu Fatame Niarrate kamen, um sich zu beschweren, so sagte der Vater des ungeratenen Burschen: "Ach, laßt doch nur. Er ist ja noch ein Kind. Wenn Bemba erst erwachsen sein wird, dann macht er auch nicht mehr solche Torheiten."

Eines Tages war ein Mohammedaner namens Fassa auf dem Wege von Diaffumu zu dem Platz Dama Ngiles. Er blieb unterwegs in der Stadt Diarra, in der Bemba wohnte, über Nacht liegen. Es war gerade Dimmu (Tanzfest) und Bemba schoß seine Bune (Pfeile, Bogen = bundange, hat die gleiche Form wie die Kayes-Bogen). Bemba schoß auch einen Pfeil auf Fassa. Der Pfeil, der Fassa traf, war vergiftet, und dieses Gift hatte es zur Folge, daß er nicht mehr schlafen konnte. Er war so müde und schwach, daß er, nachdem er zwölf Monate lang nicht mehr geschlafen hatte, zu sterben beschloß. Fassa ging also in den Busch um zu sterben.

Als er in dem Busch war, traf er da eine Frau, die sammelte Holz. Er fragte: "Wer bist du?" Die Frau entgegnete: "Ich bin die Djuma Turre, die Frau eines armen Jägers und sammle hier Holz. Was machst du hier?" Fassa sagte: "Ich bin von einem Pfeil verwundet und kann infolgedessen nun schon seit zwölf Monaten nicht mehr schlafen. Jetzt will ich im Walde sterben." Djuma Turre sagte: "So will ich dich bitten, doch lieber mit in unser Dorf zu kommen. Es ist ein einfaches, armes Jägerdorf, aber es ist besser als im Walde.



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Wir sind arme Leute, aber wir werden dir geben, was wir haben." Fassa sagte: "Du bist freundlich. Ich will mit dir kommen." Und Fassa ging mit in das Lager Dama Ngiles.

Dama Ngile hatte jüngst einen Kanjam-barre (ein großer Vogel mit mächtigem Schnabel) getötet. Es war noch etwas vorhanden. Als Djuma für Fassa Speise, eine Schüssel mit Reis, bereitete, legte sie von dem kalten Vogel auf die Schüssel. Sie wußte aber nicht, daß gerade das Fleisch dieses Vogels ein ausgezeichnetes Mittel gegen solches Pfeilgift ist. Als Fassa nun gegessen hatte, legte er sich hin und entschlief sogleich. Er schlief lange und sehr fest. Er wachte erst am anderen Tage auf. Inzwischen kam Dama Ngile heim. Seine Frau erzählte ihm alles. Als nachher Fassa erwachte, fragte Dama Ngile ihn: "Wie befindest du dich?" Fassa sagte: "Ich befinde mich wieder recht gut." Daraufhin gab ihm Dama Ngile von dem frischen Fleische eines soeben getöteten Kanjambarre.

Als Fassa das gegessen hatte, ward er gesund und so kräftig, als wenn nichts vorgefallen wäre. Er sagte zu Dama Ngile: "Ich will Gott bitten, daß er dich zum Könige von Diarra mache." Dama Ngile sagte: "Ach, ich bin arm. Ich habe nur Weib, Kind, Sklave und Hund. Ich bin ein einfacher Jäger und sonst nichts." Fassa aber sagte: "Das macht gar nichts." Fassa machte neun Safaje (Amulette aus Schriftstreifen mit Koranversen). Mit den neun Safaje ging er in die Diarraortschaft und grub heimlich einen an jedem Hauspfosten und einen unter dem Sitz ein. Das hatte zur Folge, daß unter den Söhnen Mana Maga Niarrates, der der ältere der beiden Brüder war, und denen Fatame Niarrates Streit ausbrach.

Im Diarragebiet entstand Krieg. Bemba kam um das Leben. Sagna Niarrate wanderte nach Netubullu am Senegal, das in der Richtung auf Bondu zu liegt. Ein Bruder dieses kam mit seinem Volke in das Bamakogebiet. In kurzer Zeit war die Kraft des Diarragebietes so geschwächt, daß die Alten sich nicht mehr zu helfen wußten. Darauf zog Dama Ngile nach der Königstadt und fragte: "Wie ist der Brauch dieses Landes?" Mana Maga Niarrate sagte: "Der eine bringt mir von Jagdbeute und Schlachtvieh die Brust, der andere dagegen die Seitenstücke (Koteletten)." Dama Ngile sagte: "Das werde ich in Zukunft auch tun." Darauf sagte Mana Maga Niarrate: "Wenn du das tun willst, so sollst du in Zukunft hier Herr sein, und ich will dein Diare (Spielmann - gleich den Dialli der zentralen Mande) werden."



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So baute sich Dama Ngile in Diarra an. Er sagte aber zu seinem Sohne Sira Maga: "Wenn ich sterbe, so laß mich in mein Land Bamba Gade zurückbringen und in jenem Lande bestatten." Sira Maga versprach es und führte es auch aus. Aber er wurde nicht allein bestattet. —Neben ihm ruhte Djon Fisko, sein erster Höriger, mit dem er schon in Mande war. Das Grab liegt zwischen Njoro und Gumba und zwar (genauer) zwischen Njerere und Turrungume. Es ist sechzig Fuß lang.


6. Die kluge Hatumata Djaora

Nach der Zeit gab es in Wagadu eine Frau, die war wunderbar schön. Sie war noch schöner als Sia Jatta Bari (s. S. 67 ff.) und hieß: Hatumata Djaora, denn sie war aus der Familie der Djaora. Sie war die Schönste im ganzen Lande und ihr Vater sagte: "Ich will nicht, daß du je einen Mann heiratest, den du nicht selbst erwählt hast. Ich werde dir keinen Mann aufdrängen. Dein Wille ist frei!" Hatumata sagte: "Wenn ein Mann reich ist, wenn er viele Pferde und Herden hat, so werde ich ihn deswegen nicht heiraten, denn ich liebe nicht die reichen, ich liebe nur die klugen Männer." Der Vater richtete für Hatumata ein großes Gehöft ein, darin lebte sie mit ihrer Mutter. Das Gehöft hatte drei Torhäuser. In jedem Torhause waren einige Gefangene und ein Hund als Wächter.

Es kamen nun viele Leute, die um Hatumata warben, da sie so schön war. Wer einen Ochsen hatte, der bot einen Ochsen, wer zwei Ochsen hatte, der bot zwei Ochsen, wer zehn Ochsen hatte, der bot zehn Ochsen, wer zwanzig Ochsen hatte, der bot zwanzig Ochsen. Hatumata antwortete aber: "Ich heirate nicht nach Ochsen, sondern ich heirate nach dem Kopfe, nach der Klugheit eines Mannes." Der Vater hatte einen alten Hörigen, der hieß Alanj. Bei dem mußten alle Leute absteigen, die sich um Hatumata bewarben. Es kamen viele Leute. Es kamen auch einmal Leute aus Segu. Der Vater Hatumatas sagte: "Wohnt bei Alanj, meine Tochter wird euch Essen senden." Hatumata sandte mit dem Essen einen kleinen Hörigen. Sie sagte zu dem Hörigen: "Achte genau darauf, wie die Leute das essen, was ich ihnen sende. Achte darauf, was sie sprechen. Nachher trage die leeren Kalebassen fort und bringe sie mir." Hatumata sandte als Essen eine Schüssel mit Brei und legte darauf ein Stück Kuchen mit wenig Fleisch und vier



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rote Kolanüsse (ngoro dumbe). Der kleine Hörige ging hinüber und brachte das Essen hin. Er setzte sich zur Seite nieder. Die Fremden griffen, ohne etwas zu sagen, in die Schüssel und aßen alles auf. Der kleine Hörige kam dann herbei, ergriff die leeren Kalebassen und brachte sie seiner Herrin. Hatumata fragte: "Wie ist es verlaufen?" Der kleine Hörige sagte: "Sie haben ohne ein Wort zu sagen, alles aufgegessen." Hatumata sagte: "Bestelle den Leuten, sie sollten sogleich wieder abreisen. Mit solchen Leuten habe ich gar nichts zu tun." Der Knabe bestellte es. Die Leute gingen von dannen. So verlief es mit sehr vielen Leuten. Hatumata antwortete jedesmal: "Solche Leute heirate ich nicht."

Im Lande Wagadu war ein Mann, der hieß Kide Djaora, stammte also aus der gleichen Sippe wie Hatumata. Kide sagte: "Wenn Hatumata sagt, sie heirate nicht nach Ochsen, sondern nach dem Kopfe und der Klugheit, dann will ich einmal versuchen, ob es mir gelingt, sie zum Weibe zu erhalten, dann wird das wohl kaum einem anderen besser gelingen, als mir." Er machte sich mit einem alten und einem jungen Begleiter auf den Weg und langte in der Hauptstadt an. Er kam zu dem Vater Hatumatas. Er sagte: "Ich möchte deine Tochter heiraten." Der Vater sagte: "Geh und schlafe bei meinem alten Hörigen Alanj. Meine Tochter wird dir das Essen senden." Die drei Leute stiegen also ebenfalls bei Alanj ab.

Hatumata stellte inzwischen den Brei her, legte vier rote Kolanüsse und einen Knochen mit wenig Fleisch darauf und sagte zu dem kleinen Hörigen: "Bringe das zu Kide und seinen Begleitern. Merke sehr wohl auf, wie sie das essen und berichte mir, wenn du die Kalebassen zurückbringst, ganz genau." Der kleine Hörige brachte das Essen in das Haus Alanjs zu den drei Gästen und merkte genau auf, was sich ereignen würde. Kide sah auf die Schüssel. Er nahm den Knochen mit dem wenigen Fleisch, legte ihn beiseite und sagte: "Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, jemand, der danach Hunger hat." Dann nahm er die vier roten Kolanüsse beiseite und begann den Brei (bei Soninke =kininkute) mit den Kameraden zu essen. Endlich legte er die roten Kolanüsse wieder in die leere Kalebasse und ließ sie durch den kleinen Sklaven zu Hatumata zurücktragen. Hatumata nahm die Kalebasse mit den vier roten Kolanüssen und fragte: "Wie ist es gegangen?" Der Hörige sagte: "Kide hat den Knochen mit dem wenigen Fleisch zur Seite gelegt und gesagt: ,Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, jemand, der danach Hunger



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hat.' Dann legte er die Kola beiseite, aß mit den Kameraden den Brei und legte die roten Kolanüsse wieder in die Kalebasse." Hatumata sagte: "Kide kann bis morgen bleiben. Das sind andere Leute." Der kleine Sklave ging zu den drei Männern hin und sagte: "Ihr könnt bis morgen bleiben."

Am anderen Tage sandte Hatumata eine Schüssel mit Brei, auf dem zwei rote Kolanüsse, zwei weiße Kolanüsse (ngorro kulle oder kolle) und ein Knochen mit wenig Fleisch lagen. Kide betrachtete das Gericht. Er legte den Knochen mit dem Fleisch beiseite und sagte: "Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, noch jemand, der danach Hunger hat." Alsdann legte er auch die roten Kolanüsse beiseite und aß den Rest der Schüssel mit den beiden weißen Kolanüssen auf. Zuletzt legte er die roten Kolanüsse wieder in die Kalebassen und sandte die leeren Schüsseln an Hatumata zurück. Hatumata nahm die Kalebassen mit den zwei roten Kolanüssen und fragte: "Wie ist es gegangen?" Der Hörige sagte: "Kide hat den Knochen mit dem Fleisch beiseite gelegt und gesagt: ,Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen hingehen, noch jemand, der danach Hunger hat.' Alsdann legte er die roten Kolanüsse beiseite, aß mit den Kameraden die weißen und den Brei auf und schickte die leeren Kalebassen mit den roten Kolanüssen wieder zurück." Hatumata sagte: "Kide kann bis morgen bleiben. Das ist ein anderer Mann."

Am dritten Tage sandte Hatumata ein Gericht von Brei, darauf hatte sie gelegt: vier weiße Kolanüsse, einen Knochen mit wenig Fleisch daran, einen Strohhalm, einen Baumwollsamen, einen Tommonokern. Außerdem war der Korbdeckel so darauf gelegt, daß nur die Hälfte des Inhaltes bedeckt war. Als Hatumata die Speise fortgesandt hatte, sagte sie zu ihren Leuten: "Macht mein Zimmer und mein Bett recht in Ordnung, denn heute kann sich vielleicht etwas ereignen." Inzwischen kamen die Schüsseln mit den Speisen zu Kide. Kide nahm den Knochen herunter, legte ihn beiseite und sagte: "Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, noch jemand, der danach Hunger hat." Dann nahm er Strohhalm, Baumwollsamen (=korni) und Tommonokern weg, steckte sie in die Tasche und sagte: "Heute wollen wir alle (vier weißen) Kolanüsse und den Brei essen." Er aß alles auf und gab die gänzlich leeren Kalebassen dem Knaben zurück. Der kleine Hörige brachte sie zu Hatumata. Hatumata fragte: "Wie ist es abgelaufen?" Der kleine Hörige sagte: "Kide hat den Knochen genommen und beiseite gelegt.



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Dazu sagte er: ,Vielleicht gibt es da, wo die Kalebassen wieder hingehen, noch jemand, der danach Hunger hat.' — Dann hat er Strohhalm, Baumwollsamen und Tommonokern in die Tasche gesteckt und gesagt: ,Heute wollen wir alles aufessen, den Brei und die Kolanüsse.' — Sie haben alles gegessen und mir die leeren Schüsseln wiedergegeben." Hatumata sagte: "Das ist der rechte Mann, richtet mein Schlafzimmer und mein Bett gut her." Alsdann ging Hatumata zu den Sklaven, die an den Toren Wache hielten, gab ihnen einen Hammel und sagte: "Diese Nacht braucht ihr nicht zu wachen. Nehmt diesen Hammel, eßt ihn und macht euch irgendwo anders eine vergnügte Nacht." Dann sagte sie zu ihrem Sklaven: "Bringe mir einen weißen großen Baumwollsamen!" Der Knabe brachte ihn. Als es Abend war, legten sie den Baumwollsamen vor die Türe und legten statt der Holztür eine Strohmatte vor die Türöffnung, die aber den Eingang nur zur Hälfte schloß.

Gegen Mitternacht erhob sich Kide im Hause Alanjs, weckte seine beiden Kameraden und sagte: "Wacht auf!" Die beiden Kameraden erhoben sich. Der Alte sagte: "Was gibt es?" Kide sagte: "Heute nacht noch will ich hingehen und mich verheiraten." Der Alte fragte: "Welche Frau willst du heiraten?" Kide sagte: "Ich will Hatumata heiraten." Der Alte sagte: "Was sind das alles für Sachen. Alle anderen Leute dürfen nur einen Tag hierbleiben. Du aber bist schon drei Tage hier. Nun sagst du auch noch, daß du Hatumata in dieser Nacht heiraten willst." Kide sagte: "Hatumata gefällt mir eben." Der Alte fragte: "Sollen wir anderen wachen?" Kide sagte: "Nein, das braucht ihr nicht." Der Alte sagte: "Dann will ich mir einen anderen Platz suchen. Die Sache scheint mir doch recht gewagt zu sein." Der Alte verließ darauf das Haus Alanjs, ging zu einem anderen Bekannten und sagte: "Kide will heute Hatumata beschlafen. Ich komme zu dir, damit du mir nachher bestätigen kannst, daß ich nichts mit diesen Sachen zu tun hatte, wenn ich auch mit Kide gekommen bin." Der Alte blieb da.

Kide machte sich auf den Weg. Im ersten Torhause waren keine Wächter, aber ein Hund. Der Hund wollte ihn anfallen, da warf er einen der drei Knochen hin. Der Hund war zufrieden. Im zweiten Torwege waren wieder keine Wächter, aber ein Hund. Der Hund wollte ihn anfallen, da warf er einen Knochen hin. Der Hund war zufrieden. Im dritten Torhause waren abermals keine Wächter, aber ein Hund. Der Hund wollte ihn anfallen. Er warf ihm den dritten Knochen hin. Hinter dem Torwege teilte sich der Weg, der



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eine führte nach rechts, der andere nach links. Kide sah scharf hin. Auf dem linken Wege lagen Tommonokerne. Er zog den Kern, den er von der dritten Schüssel genommen hatte, aus der Tasche, legte ihn vergleichend neben den Haufen von Tommonokernen und wählte diesen linken Weg. Danach betrat er einen Platz, an dem lagen vier Häuser mit vier Türen in einer Linie. Er bemerkte, daß drei der Häuser mit Holztüren, das vierte aber mit einer Rohrplatte halb geschlossen war. Vor der Strohtür lag ein weiß leuchtender Baumwollsamen. Kide nahm den Baumwollsamen und das Strohstückchen, welche beiden Sachen er von der Speise Hatumatas genommen hatte, aus der Tasche, legte den Baumwollsamen vergleichend neben den weißen Flocken am Boden, das Strohstück neben die Tür.

Danach trat er in die halb geöffnete Tür. In diesem Augenblick streckte sich Hatumata derart, daß der vorgehängte Stoff in den Schnüren riß und herunterfiel. Kide trat zu ihr. Hatumata sagte: "Was willst du hier?" Kide sagte: "Du gefällst mir." Hatumata fragte: "Wie kommst du her?" Kide sagte:

"Du sandtest mir am ersten Tage ein Gericht mit vier roten Kolanüssen. Man fügt sonst nicht zum Brei Kolanüsse. Es mußte mir dies um so mehr auffallen, als alle vier rot waren und daß daneben ein Knochen mit allzu wenig Fleisch für einen Menschen lag. Ich schloß daraus, daß ich nicht zu dir kommen dürfe, weil du die Regel hast (Menstruation = iramburre), denn alle vier Kola waren von der roten Art. Der Knochen mußte aber bestimmt sein für den Hund, der in deinem Torwege lag. Am zweiten Tage sandtest du mir zwei rote, zwei weiße Kolanüsse - also war deine Regel schon nahe dem Ende. Dann war da ein zweiter Knochen, der mir anzeigte, daß im zweiten Torhofe ein zweiter Hund zu überwinden war. Am dritten Tage erhielt ich vier weiße Kolanüsse, und wußte, daß deine Krankheit beendet war. Ich fand außerdem den Deckel über der Speise nur halb geschlossen und mußte annehmen, daß du deine Tür nur halb geschlossen hättest und mich in der Nacht erwartetest. Aus dem Knochen schloß ich, daß ich noch einen Torweg durchschreiten müßte, in dem abermals ein Hund liege. Der Strohhalm, Tommonokern und Baumwollsamen mußten mir irgendwelche Angaben über den Weg zu bieten haben, und somit steckte ich sie in die Tasche. Nachts machte ich mich auf den Weg. Wie ich angenommen hatte, lagen drei Torweghäuser hintereinander, in deren jedem ein Hund zu beruhigen war. Ich gab die



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drei Knochen und war nicht in Versuchung, den richtigen Weg nach rechts und links zu verlassen. Nach den drei Torhäusern teilte sich der Weg. Ich fand aber sogleich die rechte Straße, denn links lagen Tommonokerne. Weiterhin kam ich an einen Platz, an dem vier Häuser mit vier Türen waren. Ich konnte nicht fehlgehen, denn drei Häuser waren mit Holztüren geschlossen, nur eine mit einer Strohplatte. Hier mußtest du wohnen und auf mich warten, denn einmal hattest du mir einen Strohhalm gesandt, zum zweiten einen Baumwoliflocken, wie auch ein solcher durch die Nacht vor deiner Tür leuchtete und endlich war die Strohtür nur halb geschlossen, gleichwie die Speise heute nur zur Hälfte bedeckt war. Also sagte ich mir, daß ich eintreten dürfte. Daß ich alles recht verstanden habe, erkannte ich daran, daß, als ich eintrat, du dich so lang strecktest, daß die Schnüre deines Vorhanges rissen und er herabfiel, so daß du jetzt in deiner Schönheit mich begrüßt."

Da sagte Hatumata Djaora: "Komm!"

In dieser Nacht beschlief Kide Hatumata. Am anderen Morgen brach er auf und sagte zu seinem Weibe: "Ich will in mein Dorf gehen und meinem Vater erzählen, daß ich geheiratet habe. Dann komme ich, wenn sonst nichts geschieht, wieder." Er nahm Abschied und machte sich auf den Weg. — Die wohlhabenden Leute von Wagadu waren darüber wütend, daß Kide, der nicht einmal aus der Hauptstadt war, Hatumata Djaora erlangt hatte und beschlossen, sich hierfür zu rächen. Sie hörten, daß sich Kide aufmachte, um heimzukehren und seinem Vater die Nachricht von seiner Heirat zu bringen. So machten sich denn sieben bewaffnete Leute auf den Weg, um ihn irgendwo abzufangen und zu töten. Sie versteckten sich im Busch.

Nach einiger Zeit kam Kide. Die sieben Mörder umringten ihn und sagten: "Wir wollen dich töten. Wie kannst du es wagen, die Frau zu nehmen, die wir alle nicht zu erreichen vermochten; wir werden dich töten!" Kide sah wohl, daß er sterben müsse; er sagte jedoch: "Ich will euch sagen, wie ihr das Gold erhalten könnt, das ich bei Hatumata zurückließ."

Die Mörder sagten: "Rede!" Kide sagte: "Sagt zu meinem Weibe Hatumata, ich hätte euch gesandt, damit ihr euch von ihr das Geld geben laßt, das unter ihrem Bette liegt und von meinem Kopfe bis zu meinen Füßen reichte. Wenn sie euch dann nicht glauben sollte und euch um weitere Erkennungszeichen angeht,



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so sagt: ,Vom Morgen bis zum Abend sei der Kamerad mit den langen Hosen bei mir, vom Abend bis zum Morgen sei der alte Kamerad mit dem vorgestreckten Kopfe bei mir und ich erwarte den Kamerad ohne Füße und Hände.' Wenn ihr das Hatumata sagt, so wird sie meine Absicht genau erkennen und wird dafür sorgen, daß ihr das Geld erhaltet, das ich euch schulde." Die Mörder sagten: "Wir wissen nun, wie wir dein Geld erhalten werden. Du aber mußt nun doch sterben!" Darauf töteten ihn die sieben Mörder.

Alsbald kehrten die sieben Mörder in die Stadt zurück und gingen zu Hatumata. Sie kamen an das Gehöft Hatumatas und sagten: "Wir haben eine Nachricht Kide Djaoras an Hatumata Djaora zu bestellen." Der Bote ging hinein und rief sie dann in den Hof. Hatumata erwartete sie und fragte: "Was läßt mir mein Mann sagen?" Die sieben Mörder antworteten: "Dein Mann läßt dir sagen, du sollest uns sein Gold geben, das er unter deinem Bette gelassen habe und das von seinem Kopfe bis zu seinen Füßen reiche." Hatumata sagte: "Wartet, ich will meinen Vater rufen, damit er Zeuge dafür sei, daß ich nichts Unrechtes tue, indem ich die Botschaft ausführe." Die sieben Mörder warteten. Der Vater Hatumatas ward gerufen. Er kam mit seinen Sklaven in den Hof.

Hatumata sagte: "Nun wiederholt die ganze Botschaft, die mein Mann euch aufgetragen hat." Die sieben Mörder wiederholten Kides Rede und sagten: "Dein Mann hat uns gesagt: »sagt zu meinem Weibe Hatumata, ich hätte euch gesandt, damit sie euch das Gold gebe, das unter ihrem Bette liegt und von meinem Kopfe bis zu meinen Füßen reiche. Wenn sie euch nicht glauben sollte und euch um weitere Erkennungszeichen angeht, so sagt: vom Morgen bis zum Abend sei der Kamerad mit den langen Hosen bei mir, vom Abend bis zum Morgen sei der alte Kamerad mit dem vorgestreckten Kopfe bei mir und ich erwartete den Kameraden ohne Füße und Hände. Wenn ihr das Hatumata sagt, so wird sie meine Absicht genau erkennen und wird dafür sorgen, daß ihr das Gold erhaltet, das ich euch schulde». Das hat dein Mann uns gesagt. Nun gib uns das Gold."

Hatumata sagte: "Mein Vater, du hast alles gehört. Du kennst diese Männer. Es sind Leute, die sich um meinen Besitz beworben haben, aber abgewiesen wurden. Sie konnten also mit Kide, den sie beneiden mußten, nichts Gutes vorhaben und können ihm auch schwerlich einen Dienst erwiesen haben, den er mit vielem Gold



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lohnen müßte. Kide hat kein Gold zurückgelassen. Die Bestellung, die er mir aus dem Busch durch diese Leute hat zukommen lassen, hat einen anderen Sinn. Das Gold, das von seinem Kopfe bis zu seinen Füßen reichte, ist das Blut, das dem Überfallenen vom Kopfe bis zu den Füßen überströmte. Der Kamerad, der vom Morgen bis zum Abend bei ihm ist, der Kamerad mit den langen Hosen, ist der Geier, dessen Federn bis auf die Klauen herabreichen. Er hackt an seinem Leibe tagsüber. Der Kamerad, der vom Abend bis zum Morgen bei ihm weilt, der alte Kamerad mit dem vorgestreckten Kopfe, das ist der Schakal, der nachts über an ihm zerrt. Der Kamerad, den er erwartet, der Kamerad ohne Füße und Hände, das sind die Würmer, die den Leichnam aufsuchen werden um ihn zu vernichten. Die Absicht Kides ist vollkommen klar, wenn er sagt, daß diese sieben Mörder das Gold erhalten sollen, das Kide ihnen schulde, so heißt das, daß ich ihr Blut ebenso vergieße, wie sie das Kides vergossen haben. Das ist das Gold, das ich ihnen geben werde. Vorher aber wollen wir auf dem Wege nach dem Dorfe von Kides Vater die Tat feststellen, Kides Leichnam suchen und ihn bestatten. Denn er war ein kluger Mann, der eine ehrliche Bestattung erfahren muß."

Die Hörigen des Vaters Hatumatas fesselten die sieben Mörder. Man suchte und fand den Leichnam Kides. Man bestattete Kide und ließ über seinem Grabhügel das Blut der sieben Mörder fließen.

Seitdem das geschehen ist, sollte niemand danach trachten, eine reiche Heirat zu machen, sondern jeder sollte danach sehen, eine kluge Frau oder einen klugen Mann zu ehelichen.


7. Der Streit der Dabora und Sagone


(Ausklang der epischen Wagadudichtung in der Verzerrung geschichtlicher Ereignisse)

Sira Maka wurde König in diesem Lande und als solcher wurde er genannt Fan (= König) Sira Maka. Er hatte dreiunddreißig Söhne, die zum Teil, ohne jede Bedeutung gewonnen zu haben, starben. Sieben aber unter ihnen wurden Könige. Unter einigen brachen schwere Streitigkeiten aus. Aber die Kriege nahmen doch später ein Ende. Die sieben Söhne, welche Könige wurden, hießen:

I Dabo Mabu oder Dabo Mamuru. Er selbst ward Mabu oder Mamuru genannt, seine Mutter aber hieß Dabo.



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2. Dama Mbana, der den Namen Dama nach seiner Mutter (?) erhielt.

3. Bagala Wali Sagaetigi Mannia, dessen persönlicher Name Wali war. Seine Mutter hieß Bagala, und Sagaetigi Mannia soll bedeuten, daß seine Mutter viele Verwandte hatte. War ein guter Freund der Mauren.

4. Bäi Tergissi. Man nennt im allgemeinen den Namen seiner Mutter nicht. Es war dies Sago, und somit ist Bäi Tergissi der Stammvater der Sagone.

5. Mamudu Köita, der Stammvater der Familie, die bei den Fulbe Bari und Marka Köita, bei den Malinke aber den Namen Makalo führt.

6. Djambere, dessen Mutter Fatuma Assa hieß.

7. Baba Saba, dessen Mutter Linge Dukure war.

Von allen dreiunddreißig Söhnen Fan Makas blieb Dabo Mamuru vereinsamt, während seine zweiunddreißig jüngeren Geschwister sich gegen ihn zusammentaten. Der erste Sohn Dabo Mamurus hieß Djugutu. Der schwerste Krieg brach zwischen den Nachkommen der Dabo mit Namen Sila Mabu und den Nachkommen des Sago, dessen Sohn Bäi Tergissi war, aus. Und das kam so:

Bäi Tergissi war sehr häßlich, aber ebenso tapfer. Dagegen war Sila Mabu aus Dabos Geschlecht ein ungewöhnlich schöner Mann. Bäi Tergissi und Sila Mabu hatten mancherlei Liebesabenteuer miteinander. Eines Tages war Sila Mabu verliebt in ein Mädchen, mit dem Bäi Tergissi nachts zusammenkam. Bäi Tergissi vermied es ängstlich, tagsüber mit seiner Geliebten zusammenzukommen, damit diese nicht die Häßlichkeit seines Gesichts erkenne. Sila Mabu nun sagte eines Tages, von Eifersucht getrieben, zu dem Mädchen: "Dein Geliebter ist so häßlich und entstellt, daß er es nicht wagt, sich dir tagsüber zu zeigen. Wenn du mir nicht glaubst, daß dies wahr ist, und wenn du sehen willst, wie häßlich dein Geliebter ist, so lege, ehe er kommt, einen deiner Ringe unter das Bett. Wenn ihr nun scherzet, sage: ,Mein Ring fiel mir herunter, mach' Feuer!' — Bestehe dann darauf, daß Licht gemacht wird und sieh dir alsdann deinen schönen Geliebten an." Das Mädchen wollte dem Rate nicht folgen.

Aber das Mädchen war neugierig. Sie folgte dem Rate des schönen Sila Mabo. Das Licht ward entzündet. Die Schmach für Bäi Tergissi war groß. Er wußte sogleich, daß Sila Mabu diesen Rat gegeben haben mußte.



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Am anderen Tage begab er sich zu einer Frau mit Namen Sira Nomogo, die wohnte in Djofoga. Sie war alt und wohlbekannt dafür, daß sie allerhand Zaubermittel zur Hand hatte, die nur wenige kannten. Er ging zu ihr hinein und sagte ihr: "Gestern habe ich meine Familie sich über mich lustig machen hören. Nun will ich den Krieg beginnen. Sorge, daß mir nichts widerfahre, ehe ich nicht die Schmach vergolten habe." Sira Nomogo sagte: "Ich will dich gern fest gegen alle Waffen machen, nur benötige ich dazu das Auge eines Burschen, der der einzige Sohn seiner Eltern ist."

Bäi Tergissi hatte einen Kameraden, der war ihm immer sehr treu gewesen und er war außerdem das einzige Kind seiner Eltern. Er hieß Siatigi Sila Nkamba. Dem erzählte er, was ihm begegnet war und was die alte Sira Nomogo zu ihm gesagt hatte. Da sagte der Bursche: "So nimm doch mein Auge." Bäi Tergissi nahm das Angebot an. Die Alte bereitete mit dem Auge ein Medikament. Sie gab es Bäi Tergissi und sagte: "Erst wasche dich hier im Dorfe einmal mit dem Mittel. Dann gehe an den Fluß. Schwimme über den Fluß. Auf der anderen Seite steht ein Palmbaum, den mußt du besteigen, und da oben mußt du dich mit diesem Mittel noch einmal waschen. Während der ganzen Unternehmung darfst du keine Furcht verspüren, was auch unterwegs geschehe. Du darfst kein Furchtgefühl aufkommen lassen, bis du wieder ins Dorf zurückgekehrt sein wirst." —Bäi Tergissi nahm das Medikament und sagte: "Es ist gut."

Bäi Tergissi wusch sich erst im Dorfe, dann ging er in den Fluß und schwamm hinüber. Er kletterte auf den Palmbaum. Auf dem Palmbaume war die Schlange Bida. Als er sich wusch, streckte sie den Kopf empor. Sie ragte in Windungen weit empor. Er aber erschrak nicht, sondern wusch sich. Er stieg herab, um über den Fluß heimzukehren. Aus dem Flusse streckten die *ilden Tiere ihre häßlichen Gesichter empor. Er, Bäi Tergissi, aber ging unerschüttert über dem Wasser des großen Flusses und zwischen den Tieren hin nach dem Dorfe zurück. Er empfand keine Furcht.

Im Dorfe ließ er siebzehn Hörige zusammenbinden. Die brachte er der Alten als Gabe für das Medikament. Eines Tages war er bei der Alten und plauderte mit ihr. Die Alte sagte zu ihm: "Sieh dort hin." Am Rande eines großen Wassertopfes saß eine dicke Kröte. Die Kröte machte einen Sprung und versuchte in den Wassertopf zu kommen. Der Sprung mißlang. Die Kröte machte noch einen Sprung und versuchte nochmals, in den Wassertopf zu gelangen.



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Auch der zweite Sprung mißlang. Die Kröte machte noch einen dritten Sprung und versuchte in den Wassertopf zu kommen. Diesmal gelang der Sprung. Die Kröte saß im Wassertopf. Die alte Sira Nomogo sagte: "So wird es dir auch ergehen. Zweimal wirst du vergebens zum Sprunge ansetzen und nicht gewinnen. Das dritte Mal wirst du Glück haben und deine Familie überwinden."

Der Krieg begann. Bäi Tergissi und Sila Mabo, die Sagone und Dabora schlugen sich zweimal, ohne daß einer den Sieg über den anderen davontrug. Das dritte Mal kam es zwischen Njoro und Kayes bei Gidime zum Gefecht. Ein Hirt Bäi Tergissis mit Namen Kembu Gollofa warf eine Lanze in den Rücken des auf dem Rückwege begriffenen Königs Sila Mabo. Der Hirt sagte: "Du bist von mir mit meinen Lanzen verwundet worden. Ich bin Kembu Gollofa. Sage das aber nicht in deinem Dorfe, denn sowie du es aussprichst, wirst du sterben. Das Gift an meiner Lanze ist von ganz besonderer Sorte. Es ist gewonnen von einem ersten Kalbe (?oder der ersten Milch) einer Kuh, aus der ich Butter bereitete. Sprich also nicht in deinem Dorfe davon. Sonst stirbst du." Sila Mabo floh eilig von dannen.

Eines Tages war im Dorfe Sila Mabos ein großes Tamtam. Jeder Krieger holte sein Gewehr und jeder erzählte (renommierte): "Ich habe das getan, ich habe das getan." Jeder erzählte von seinen Kriegstaten und Kriegserlebnissen. Sila Mabo zwang es (?). Er trat auf. Er sagte: "Ich habe großen Zorn im Herzen. Es war ein Hund, der hatte keine Farbe; nicht ein König hat mich verwundet, sondern ein Hirt. Ach, wie wenig schmerzt die Wunde, aber wie schmerzlich ist der Grimm in meinem Herzen. Ich bin verwünscht und es ist eine Schande. Die Worte, die mir zugefügt sind, schmerzen mehr als die Wunde." Bei dem Tanze war auch die Schwester des Hirten Kembu Gollofa. Sie sang: "Mein Bruder ist Hirt, aber er tat niemals jemandem, auch nicht einmal einem Ochsen, ein Leid an." Darauf entbrannte der Zorn des Königs und er rief: "Kembu Gollofa hat mich verwundet." Er ging in seine Hütte und starb.


8. Das Messer Dama Nglles

Als der Krieg zwischen Bäi Tergissi und Sila Mabo beendet war, und nachdem beide gestorben waren, regierte der König Madambu Diaora und führte einen fünfjährigen Krieg gegen die Massassi, die unter dem Könige Mamadi Kanian fochten. Mamadi



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Kanian siegte über Madambu Diaora und nahm das gesamte Marka.. gebiet ein. Einige Diaora flohen nach der Stadt Dialla bei Badimbe, in der Kakorro und Diarra untereinander leben. In diesem Kriege ging das Messer Dama Ngiles verloren. Einige sagten, es sei in die Hände der Massassi gefallen, andere sagten, es sei im Busch verloren gegangen.

Eines Tages war ein Sklave, und zwar ein Diawando (die Diawando sind mißachtete Spielleute der Fulbe), der Sklave des Hirten Maliki Diawando, im Busche um Holz zu sammeln. Es war Abend geworden und dunkel. Der Sklave konnte kaum den Weg abtasten. Da sah er mit einem Male das Messer Dama Ngiles hell aufstrahlen wie eine Lampe. Er ging ganz nahe hin. Erst verbreitete es ein herrliches Licht, als er aber nahe daran war, verschwand es plötzlich. Er ging zurück, blickte rückwärts; wieder erstrahlte das Messer. Aber als er nochmals umkehrte und suchte, wiederholte sich das alte Spiel. Endlich das dritte Mal kam er so nahe, daß er es vor sich liegen sah und aufheben konnte. Er steckte es schnell unter den Rock.

Das Messer war sehr wertvoll. Es hatte zwei goldene Schneidenfortsätze wie ein Pfeil. Man hatte schon zehn Sklaven dem geboten, der das Messer wiederfinden würde. Der Sklave brachte das Messer seinem Herrn, Maliki Diawando, und der sandte es dem regierenden Könige der Diaora, der hieß Biranze Karunga. Dann fiel Hadj ins Land und eignete sich das Messer an. Er übergab es seinem Sohne Amadu, der hatte es in Nioro, als die Franzosen einfielen. Uolibo Baba (1908 — in Nioro) war damals der Wächter. Als die französischen Truppen (zirka 1891) kamen, spielte Uolibo Baba diesen das heilige, alte Messer Dama Ngiles in die Hand, und damit war die Hoffnung Wagadus, jemals wieder aufblühen zu können, zerstört.



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III DAS PUI



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Die edlen Soninke

Dem großen Heldenbuch gegenüber steht das kleine, das Pui. Das Dausi war eine Einheit, das Pui stets eine Sammlung. Im Pui wurden die Taten von zwölf Helden besungen, deren Namen noch bekannt sind. Sie heißen:

Buge Korroba, Sirani Korro Samba,
Buguni Djenni, Samba Ta Samba,
Mbara Mpiöna Mansa Ma, Kumba Sira,
Tomma Korro Suke, Korrondo Sassi,
Dongimba Samba, Alli Dorre,
Bassala-n'Sa, Gana Singo.

Diesen Namen entsprechend bestand das Pui also aus zwölf Stücken, die einzeln und nicht geschlossen vorgetragen wurden. Die Stücke des Pui waren stets beliebt und sind es zum Teil noch heute, so daß ein jeder Dialli das eine oder andere kennt. Wenn es trotzdem nicht gelang, alle zwölf Stücke zu erhalten, so liegt dies nicht nur daran, daß es stets eine Glückssache ist, bei solcher Zersplitterung bei dem ersten Suchen sogleich annähernde Vollständigkeit zu gewinnen, sondern es liegt auch in einer sehr wichtigen Erscheinung begründet, die sogleich zutage tritt, wenn diese eben gegebene Liste mit den Überschriften der von mir aufgefundenen Stücke verglichen wird. Es ergibt sich, daß nur ein Teil der Heldennamen sich in beiden Reihen deckt, und den mehreren Namen, die aus vorliegender Liste fehlen, entsprechen eine allerdings kürzere Reihe solcher, die in den Stücken vorhanden ist und in der Liste fehlt. So ist z. B. von Samba Kullung, von Gossi, von Sira Maga Njoro in der Pui-Liste nichts gesagt, und dennoch gehören sie allgemein und häufig an verschiedensten Orten abgegebenen Erklärungen zufolge in das Pui. Dies fordert eine Erklärung, die sich auch ohne Schwierigkeit einstellt, sobald die geographischen und historischen Tatsachen ins Auge gefaßt werden.

Die zwölf Helden heißen "die Helden von Kala", einem Gebiet, in dessen Mitte heute noch Sokolo liegt, d. h. das sich westlich von Faraka in die Sahel hinauszog. Die Bewohner von Kala, das einst sehr mächtig war, sind auch heute zum Teil noch die Soninke oder Marka oder Sarakolle oder Assuanik, welche Namen von verschiedenen Nachbarn verwendet, doch immer das gleiche Volk, die gleiche Volksart bezeichnen.

Die Soninke im Sokologebiet geben selbst an, daß ihre Helden, ehe sie Wagadu gründeten, weit aus dem Osten, aus Uagada gekommen seien, und zwar unter Fassa Sisse, d. h. wir haben hier wieder die über Agadez gekommenen Fessaner vor uns (vgl. S. 50 ff.), die hier als Sisse, d. h. als Songhai, spezialisiert werden. Also sind es Fessaner, die eine Zeitlang im Nigertale über die Songhai herrschten,



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sich mit dieser Art mischten und dann bei der Ausdehnung des Songhaireiches (wohl zur Zeit Sonni Aus, der 1464/65 diese Länder eroberte) die Provinz Kala gewannen und zu hoher Blüte brachten.

Die Helden wirkten aber nicht nur in ihrem eigenen Lande. Sie zogen gern in das reiche Faraka, in die Gebiete, in dem heute Segu und östlich Massina liegen, hinein, eroberten dort aus den südlichen Negerländern stammende Goldschätze und von den Fulbe ebenda in großen Herden gezüchtetes Vieh. Sie waren auch voller Verständnis für die schönen Frauen der Fulbe, die allerdings jedes Mannes Auge erfreuen müssen, und dieses Wohlgefallen - so sagen die Barden der Soninke selbst -wurde ihnen oft und vielfach zum Unglück. Denn nie wäre der Sohn eines Soninke und einer Fulbefrau ein Soninke geworden; er wurde stets ein Fulbe. Das Bewußtsein, ein Fulbe zu sein, wirkte so stark, daß alle so heranwachsenden Söhne sich stolz als Fulbe erklärten und mit dem Bewußtsein, Kinder des ersten Volkes der Welt zu sein, prahlten.

Das Fulbeelement schwoll. Die Fulbe vollzogen dann aber eine Maßnahme, die stets alle Völker der hamitischen Welt, die niemals Werte schuf, sondern nur umwertete, befolgt haben: sie eigneten sich den Ruhm der Vorzeit an. Ein kleines Beispiel zeigt dies. In der Liste finden wir als letzten Helden noch Gana Singo. Gana ist noch der Ausdruck für Held bei den Soninke. Der Sang selbst aber spricht von Sagate Singo. Sagate heißt im Fulfulde "Held", und in der Tat spricht der Sang heute von dem Fulbe Singo und nur wenige Barden wissen noch, daß Singo früher ein Soninke war.

Noch deutlicher tritt dieser Entwicklungsgang hervor, wenn der Bardensang von Sira Maga Njoro mit dem vergleichbar wird, was das Volk sich von diesem erzählt. Die Überlieferung weiß, daß Sira Maga Njoro, ein heidnischer Soninkefürst, gegen die fulbische fanatische Islamisierung kämpfte und in diesem Kampfe den Heldentod fand.

So mag denn die alte Soninkeliste den richtigen Namen manches Helden bergen, der bei der Inanspruchnahme durch die Fulbe zum Besten eines neuen Namens ausgemerzt wurde, und so mag sich manches der nachfolgenden Stücke mit der Liste decken, ohne daß es wie bei Sagate Singo ohne weiteres nachgewiesen werden kann.

Die Soninke selbst wissen von alledem nur wenig. Im Kampfe gegen den Islam wurden sie in der Sahel stark bedrängt; große Massen zogen der Westküste zu, wo ihr Name nur noch als der für Räuber und Säufer geeignete angewendet wird. In beiden Namen lebt aber noch die Erinnerung einstiger historisch-kulturgeschichtlicher Bedeutung. Zum Räuber wird im bäuerlichen Sudan der Held der Sahel, zum Säufer wird in diesen korn- und somit bierreichen Ländern jeder gestempelt, der dem alkoholischen Enthaltungsgebot des Islam nicht folgt.



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1. Samba Kullung, der Narr

Samba Kullung heißt soviel wie Samba, der nichts tut, Samba der Feigling. Wenn man neben dem Kinde Samba die Hand schnell aufhob, so schrak es zusammen. Wenn einer aufschrie, so rannte das Kind Hals über Kopf von dannen. So war Samba Kullung als Kind; so wuchs Samba Kullung heran. Sein Vater gab ihm ein Pferd, einen Dialli, einen Sufa (Pferdeburschen) namens Munjo Kadi (Munjo = der nie in Zorn gerät). Sein Dialli war Sirima. So war Kullung denn erwachsen.

Samba war aber immer noch Samba Kullung, Samba der Feige. Er war groß und stark und sehr schön, aber alle Welt verlachte ihn wegen seiner Feigheit. Die Mutter Sambas sagte zum Dialli Sirima: "Alle Welt sagt Schlechtes von meinem Sohne. Kann man denn gar nichts tun?" Dialli Sirima sagte: "Man kann nichts, man kann gar nichts tun. Ich reize ihn jeden Tag. Ich erzähle ihm allerhand, um ihn begierig zu machen auch Abenteuer zu bestehen; aber es nützt nichts. Er ist schon als Kind von diesem Charakter gewesen und wird als Erwachsener kaum anders werden." Die Mutter sagte: "Ach, diese Schande in meiner Familie. Ich werde es nicht überleben. Oh, diese Schande! Aber höre, Dialli Sirima; könnte man nicht eine Freundin für ihn gewinnen? Jedes Frauenzimmer regt und reizt den Mann zu Kriegsabenteuern an. Könnte man ihm nicht eine Freundin gewinnen?" Dialli Sirima sagte: "Nichts ist einfacher als das; denn Samba Kullung ist der schönste Mann in Kala."

Am anderen Tage kam Dialli Sirima mit einem schönen Mädchen namens Kumba zu Samba Kullung. Samba Kullung saß auf der Ecke seines Bettes. Der Dialli setzte sich mit dem schönen Mädchen auch auf das Bett. Kumba saß in der Mitte. Nach einiger Zeit stand Dialli Sirima auf, ging hinaus und ließ die beiden allein. Einen ganzen Tag lang, bis zum anderen Morgen, blieb Samba Kullung mit dem schönen Mädchen allein. Dann kam er heraus. Dialli Sirima fragte: "Nun, was war denn?" Samba Kullung sagte: "Was soll gewesen sein? Wir haben nebeneinander auf dem Bett gesessen. Sie hat nichts gesagt, da habe ich auch nichts gesagt. Sie hat sich nicht bewegt, da habe ich mich auch nicht bewegt." Dialli Sirima sagte: "Du hast es nicht recht gemacht. Wenn man neben einem schönen Mädchen sitzt, so muß man sie am Arm anfassen. Versuche das einmal!"



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Dialli Sirima ging mit Samba Kullung in das Haus. Er setzte sich mit zu Kumba und Samba Kullung. Dann ging er hinaus. Samba Kullung faßte nun Kumba leicht am Arme. Kumba aber, wie das so die Art der Frauen ist (wörtlich!), stieß ihn beiseite und sagte: "Ach, geh doch!" Samba Kullung stand auf und ging. Er traf draußen den Dialli Sirima. Der fragte: "Nun?" Samba Kullung sagte: "Ich habe Kumba angefaßt, da hat sie mich fortgestoßen und gesagt: ,Ach, geh doch!' Darauf bin ich natürlich gegangen." Dialli Sirima sagte: "So, so. — Da kennst du die Art der Frauen noch recht wenig! So machen sie es alle. Versuche es noch einmal, und wenn sie dich wieder wegstößt, so klopfe ihr ein wenig auf den Hintern. So und nicht anders mögen es die Frauen."

Samba Kullung ging sogleich wieder in das Haus. Nun kam er aber sobald nicht wieder heraus. Sie blieben einen Tag darin. Als Dialli Sirima ihn am nächsten Tage fragte, wie es gewesen sei, sagte Samba Kullung: "Höre, mein Dialli Sirima, es war sehr unrecht von dir, daß du mir nicht schon lange gesagt hast, daß es etwas so Schönes auf der Erde gibt. Als sie mich wieder wegstieß, klopfte ich ihr auf den Hintern und dabei wurde mir so wohl, daß ich Achtung gab, was weiter geschehen könne, und darauf habe ich dann Kumba beschlafen. Ach, Dialli Sirima, warum hast du mir nicht früher gesagt, daß es so etwas auf Erden gibt!"

Am nächsten Tage kam die Mutter des Burschen zum Dialli Sirima und fragte: "Nun? Hat es etwas genützt?" Dialli Sirima sagte: "Der Rat war gut. Etwas hat er sich schon gebessert."

Einige Tage nachher wurde die Tabele (Kriegspauke) geschlagen, weil in der Nachbarschaft ein Gefecht war. Dialli Sirima ging zu Samba Kullung, setzte sich neben ihn und sagte: "Die Tabele wird geschlagen!" Samba Kullung sagte nichts. Dialli Sirima sagte nach einer Weile: "Die Tabele wird geschlagen. Wollen wir nicht mit in den Krieg ziehen?" Samba Kullung sagte: "Ach, denkst du vielleicht, weil ihr mir die Kumba gegeben habt, müßte ich auch etwas tun und in den Krieg ziehen? Das fällt mir nicht ein. Ich bleibe zu Haus." Der Vater Samba Kullungs fragte Samba Ku!lung: "Nun, mein Sohn, du bist nicht mit in den Krieg gezogen?" Der Bursche sagte: "Nein, ich mag nicht in den Krieg, ich will zu Hause bleiben." Der Vater sagte: "Ich schäme mich deiner. Mach', daß du mir aus den Augen kommst. Geh weg!" Die Mutter Samba



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Kullungs sagte zu ihrem Sohne: "Wenn ich dich sehe, muß ich mich schämen. Geh mir aus den Augen." Samba Kullung ging.

Samba Kullung rief Munjo Kadi, seinen Sufa, und sagte: "Meine Eltern wollen nichts mehr von mir wissen, weil ich nicht in den Krieg ziehen will. Sattle also mein Pferd, ich will in die Ferne ziehen, wo es keinen Krieg und Streit gibt." Munjo Kadi sattelte das Pferd. Dialli Sirima kam zu ihm und sagte: "Ich will bei dir bleiben, ich will mit dir in die Fremde ziehen." Die drei machten sich auf, verließen die Stadt und zogen in die Wildnis. Ein und einen halben Monat irrten sie in der Wildnis umher. Dann kamen sie in die Nähe eines großen Dorfes.

Dem Dorfe stand ein großer Häuptling vor, der hatte eine sehr schöne, ledige Tochter. Die Sklavin des Mädchens war eines Tages am Buschrande, hatte Holz gesammelt, es auf den Kopf gehoben und wollte es nun nach Hause tragen. Sie sah die drei Wanderer, und als ihr Blick auf Samba Kullung fiel, da ward sie so befangen von der Schönheit des jungen Reiters, daß sie ihr Holz hinwarf und so schnell sie konnte nach Hause rannte. Daheim sagte sie zu ihrer Herrin: "Es kommt ein schöner, schöner Reiter mit seinem Dialli und einem Sufa. Sorge, daß dein Vater ihn würdig empfängt und ihm ein gutes Gehöft anweist." Die Tochter des Oberhauptes ging hin und sagte das ihrem Vater.

Samba Kullung kam mit seinem Dialli und seinem Sufa in dem großen Orte an. Der Dugutigi empfing ihn freundlich. Er führte ihn in ein schönes, weites Gehöft und tötete einen Hammel, um ihn zu ehren. Alle Leute sagten: "Was ist dieser Mann schön!" Samba Kullung machte es sich bequem und wohnte zwei Tage daselbst. Während zwei Nächten beschlief er die Tochter des Dugutigi.

Am dritten Tage ward die Tabele geschlagen. Samba Kullung saß in seinem Hause. Er achtete nicht auf den Kriegslärm. Die Tochter des Bürgermeisters aber kam, ließ sich, um ihn zu ehren, vor der Türe auf die Knie nieder (heißt: niungirri) und sagte: "Samba, höre die Tabele! Samba, willst du nicht in den Krieg ziehen?" Samba sprang auf und sagte: "Ach, du denkst, weil dein Vater mir einen Hammel geschlachtet hat, soll ich nun in den Krieg ziehen? Nein, das tue ich nicht. Ich mag den Krieg nicht! Ich bin Samba Kullung. Vater und Mutter haben mich schon aus dem Hause gejagt, weil ich Samba Kullung bin und nicht in den Krieg ziehen will. Du denkst nun, daß ich für den Hammel deines Vaters



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zum Kriege ausziehen würde! ?" Das Mädchen sprang auf und sagte: "Ach, so einer bist du? Du bist Samba Kullung? Nein, dann will ich nichts mehr von dir wissen. Zieh deiner Wege, mich kümmerst du nicht mehr."

Samba Kullung rief seinen Sufa. Er sagte zu ihm: "Munjo Kadi, sattle mein Pferd, wir wollen diesen Platz verlassen." Munjo Kadi sagte: "Es ist gut." Er tat so. Samba Kullung bestieg sein Pferd. Dialli Sirima aber sagte: "Ich werde heimkehren und werde nicht länger bei dir bleiben. Denn du wirst nicht anders, und nur Schmach und Schande habe ich als deinen Lohn zu erwarten." Dialli Sirima ging heim. Samba Kullung aber zog mit seinem Sufa allein weiter.

In einer großen Stadt herrschte ein großer König. Der war reich, hatte viel Land und Leute und eine sehr schöne und kluge Tochter, die noch keinem Manne in die Ehe gefolgt war. Die Sklavin dieser Prinzessin wusch vor den Toren der Stadt die Kleider ihrer Herrin an einem Teichrande. Sie sah von der Arbeit auf, und ihr Blick fiel auf Samba Kullung, der mit seinem Munjo Kadi angeritten kam. Allsogleich war das Mädchen von der Schönheit dieses Reiters so befangen, daß es seine Wäsche vergaß, aufsprang und zu seiner Herrin in die Stadt lief. Das Mädchen kam in deren Haus und sagte: "Fatumata, ich sah soeben einen schönen, sehr schönen Reiter kommen, der in unserer Stadt einzieht. Bitte nur sogleich deinen Vater, den König, daß er den Fremden würdig empfange, denn nie sahen meine Augen einen so schönen Mann wie diesen Reiter." Fatumata ging zu ihrem Vater und sagte: "Mein Vater, ich höre, es soll ein sehr stattlicher und schöner Reiter in deine Stadt einziehen. Ich bitte dich, ihn würdig zu empfangen und ihm deine Freundschaft zu gewähren." Darauf ließ der Fama ein großes Gehöft herrichten, und als nun Samba kam, empfing er ihn und ließ einen Ochsen schlachten und Fatumata sagte zu ihrer Sklavin: "Du hast recht gehabt, das ist der schönste Mann, den ich je gesehen habe." Dazu schenkte Fatumata ihrer Sklavin einen hübschen Lendenschurz.

Samba Kullung machte es sich in seiner schönen Wohnung sehr bequem, und es erschien ihm das alles außerordentlich angenehm. Während fünf Tagen ging es ihm ganz vorzüglich. Alle Tage ward ihm mehrmals ausgezeichnetes Essen gebracht, zudem schlief er nachts bei der schönen Fatumata und der König erwies ihm große Ehre. Am sechsten Tage aber ward die Tabele gegen Abend geschlagen



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und es hieß überall: "Die Feinde kommen, die Feinde kommen, man muß ihnen entgegenreiten." Samba Kullung tat so, als ob er von alledem nichts bemerke.

Eine Zeitlang beobachtete Fatumata von ihrem Hause aus, was Samba nun tun würde. Als sie sah, daß in dessen Gehöft gar nichts geschah, ging sie hin und warf sich vor ihm auf die Knie. Sie sagte: "Samba, die Tabele ist geschlagen. Laß dein Pferd rüsten, zieh auch mit den Königsleuten gegen den Feind!" Samba sagte: "Ich werde nicht gehen! Weil ich den Krieg nicht leiden mag, haben mich Vater und Mutter aus dem Hause gewiesen. Weil ich den Krieg nicht leiden mag, nennen sie mich Samba Kullung. Weil ich Samba Kullung bin, hat mich ein anderes schönes Mädchen von sich gestoßen. Und wenn dein Vater mir auch Ochsen schlachtet, so werde ich den Krieg doch nicht beginnen. Wenn du mich nicht so magst, wie ich bin, werde ich gehen."

Fatumata war schön und stolz und sehr klug. Sie hatte in diesen Tagen schon vieles mit Samba gesprochen. Sie hatte seinen Charakter gesehen, und da Samba sehr schön war, hatte sie ihn sehr lieb. Sie sagte zu Samba: "Wenn du auch Samba Kullung bist, werde ich doch nicht von dir lassen. Aber ich will deine Kleider anziehen und dein Pferd besteigen und mit gegen den Feind ziehen. Es ist so dunkel, daß niemand das Gesicht und jeder nur das Kleid erkennen kann." Es waren ein paar Sklaven dabei, die hörten und sahen alles. Fatumata zog die Beinkleider und den Mantel Samba Ku!lungs an und sagte zu den Sklaven: "Wenn heute oder später je einer das sagt, was hier geschieht, so lasse ich euch töten." Fatumata stieg auf Samba Kullungs Pferd und ritt von dannen in die Nacht hinaus. Samba Kullung sah ihr heimlich und lange nach.

Die Tabele war umsonst geschlagen, es war blinder Lärm. Es kam kein Feind, sondern nur eine falsche Nachricht. Alle kehrten noch in gleicher Nacht um und Fatumata wechselte wieder die Kleider. Samba Kullung betrachtete lange sein Kleid, das Fatumata getragen hatte. Am anderen Tage ging Samba über den großen Platz an der Stadt. Da saß ein Dialli, der sang: "In dieser Nacht habe ich einen herrlichen Reiter gesehen, der war kein Mann unserer Stadt, aber er wollte gegen den Feind zu Felde ziehen. Wenn es zum Kampfe gekommen wäre, dann hätte er sicherlich manchen fremden Räuber niedergeschossen. Sicher hätte er Großes geleistet." Samba Kullung blieb an der Ecke stehen und hörte dem Dialli lange Zeit zu. Dann ging er nach Hause.



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***
Fatumata war sehr traurig, daß der schöne Samba so gar nicht für den Krieg gesonnen sei. Sie überlegte lange; sie betrachtete den Charakter Samba Kullungs und fand, daß er sehr jung war.

Eines Tages sagte Fatumatas Vater zu seiner Tochter: "Wenn ich nicht sehr irre, wird es heute abend noch zu einem Gefechte mit den Nachbarn kommen. Sage das Samba, aber sorge, daß die Stadtleute nichts vorzeitig erfahren." Fatumata überlegte. Sie sagte Samba Kullung und niemand anderem etwas, wohl aber kaufte sie auf dem Markte eine große Kalebasse voll Honigbier. Als es Abend war, ging sie zu Samba hinüber und ließ das Honigbier auch dorthin tragen. Samba Kullung fragte: "Was ist das?" Samba Kullung war noch so unerfahren, daß er nicht wußte, was ein berauschendes Getränk war. Fatumata sagte: "Ach, das hier ist nichts anderes als ein guter Magenelixir. Versuche es nur!" Samba Kullung trank.

Samba Kullung trank. Er sagte: "Weshalb hat mir niemand früher gesagt, was es für herrliche Sachen gibt?!" Samba Kullung trank und ward betrunken. Er nahm Fatumata auf die Knie. Fatumata sagte: "Alle Leute der Stadt halten dafür, daß, wenn du nur willst, du allein eine ganze Räuberbande überwinden kannst." Samba Kullung lachte. Samba Kullung trank.

Samba Kullung trank. Draußen auf dem großen Platze ward die Tabele geschlagen. Fatumata hörte es. Fatumata stand auf. Samba Kullung hörte es. Er sagte zu Fatumata: "Ach, du denkst wohl, du könntest jedesmal so für mich in den Krieg ziehen? Nein, Fatumata, du sollst die Dialli einmal von mir singen hören! Morgen werden sie das Pui singen. Heute ist die Tabele nur für mich geschlagen, —denn alle Leute der Stadt sagen: ,Wenn Samba Kullung will, kann er eine ganze Räuberbande allein überwinden.' Hörst du, wie sie die Tabele für mich schlagen?" Samba Kullung rief Munjo Kadi. Er sagte zu seinem Sufa: "Rüste mein Pferd, ich will wieder einmal (wörtlich!) in den Krieg reiten."

Munjo Kadi sattelte das Pferd; Samba Kullung ritt von dannen. Er ritt mit den anderen. Er tötete einen Feind. Er kam zu Fatumata zurück und sagte: "Heute hatte ich kein Glück; denn ich habe nur einen Feind töten können." Dann schlief er ein.




***
In der Nähe der Stadt, in der der Vater Fatumatas König war, 1 lebte ein Jäger mit Namen Gomble. Das war ein großartiger Mann, begütert und über alle Maßen gewalttätig und jähzornig.


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Er hatte große Ländereien und viele Sklaven, die seine Äcker bestellten. Er konnte es aber nicht mit ansehen, daß ein Pferdehuf seinen Acker betrat. Gar viele Leute, die mit oder ohne Willen über seinen Acker geritten waren, hatte er angegriffen, und da er sehr stark war, hatte er sie alle getötet. Nachgehend hatte er ihnen dann die Köpfe abgeschlagen und die Köpfe in die großen Bäume gehängt, die seine Äcker umgaben. Alle Welt hatte vor Gomble solche Furcht, daß niemand wagte, auf dem Kriegszuge seinen Namen auszusprechen. Auch traute sich kein Mensch den Weg einzuschlagen, der nach seinen Besitzungen führte.

Als Fatumata sah, welche Wirkung das Bier auf ihren Samba Kullung ausgeübt hatte und nun hörte, daß die Dialli von seiner Schönheit und seiner Tapferkeit sangen, kaufte sie viel Durra und machte selbst daheim das beste Dolo. Das Dolo setzte sie Samba Kullung eines Morgens vor, und er begann zu trinken. Er nahm Fatumata auf die Knie. Als Samba Kullung genug getrunken hatte, sagte Fatumata: "Alle Leute loben dich wegen deiner Tapferkeit." Samba Kullung sagte: "Ach, ich habe noch nichts getan. Aber ich habe gehört, daß es einen Jäger namens Gomble gibt." Fatumata sagte: "Ach, schweig von dem! Kein Mensch wagt es, seinen Namen auszusprechen. Noch viel weniger wird ein Mensch wagen, ihn anzugreifen."

Samba Kullung ergriff den Dolotopf. Er trank. Er setzte Fatumata auf die Erde und sagte: "Geh zu deinem Vater und sage ihm, er möchte für mich die Tabele schlagen lassen, dann möchte er mir Leute mitgeben, die mir den Weg zu Gomble zeigen." Fatumata ging sogleich zu ihrem Vater und sagte: "Laß für Samba die Tabele schlagen. Er will mit Gomble kämpfen und bittet dich, ihm Leute mitzugeben, die ihm den Weg zeigen." Der Fama sagte: "Das ist eine gute Botschaft." Er ließ die Tabele schlagen.

Samba Kullung bestieg sein Pferd, er nahm seine Büchse. Es folgten ihm 100 Freie, 100 Dialli, 100 Numu und 100 Sklaven, alle zu Pferde. Als sie ein Stück weit geritten waren, teilte sich der Weg. Rechts ging eine breite Straße ab, die gingen viele Leute. Links führte ein schmaler Pfad zum Lande Gombles. Die Leute sagten: "Wir müssen nach links. Das ist der Weg zu Gomble." Als das die vielen, vielen Gaffer, die aus der Stadt mitgekommen waren, hörten, blieben sie stehen und sahen Samba Kullung nach, der nach links von dannen ritt. Nach einer Weile sagten die ioo Sklaven: "Das wird eine schlimme Sache. Wir lassen wohl lieber davon ab."



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Und die ioo Sklaven blieben fort. Nach einer Weile sagten die Dialli und die Numu: "Ich denke, das wird genügen, wenn wir bis hierher gefolgt sind, denn dort vor uns hinter dem Hügel liegen schon die Äcker Gombles." Die Numu und Dialli blieben dort. Die ioo Freien aber stiegen von den Pferden ab und begleiteten Samba Kullung noch eine Weile zu Fuß. Dann lagerten auch sie zur Seite.

Samba Kullung ritt nun allein und sah auch bald die Felder Gombles vor sich. Siebenhundert Söhne und Sklaven arbeiteten auf den Feldern Gombles. Gomble selbst aber saß am Rande der Felder unter einem Butterbaume und trank aus einer Kalebasse sein Bier. Samba Kullung tat so, als sähe er Gomble nicht und ritt auf den Acker des Jägers zu und ein Stück auf ihm hin. Gomble sah dem kühnen Unternehmen eine Weile erstaunt zu, dann rief er: "He, du schöner Mann, bist du ein Fremder, oder bist du aus diesem Lande?" Samba Kullung erwiderte: "Ich bin ein Fremder in diesem Lande."

Gomble sagte: "Wie, kein Alter, kein freundlicher Ratgeber fand sich in der Gegend, aus der du kommst, in jener Stadt, die du gekreuzt haben mußt, der dir gesagt hätte, was es um mich und meine Äcker für eine Bewandtnis hat? So wisse denn, ich bin Gomble, ein Jäger und übelgesinnter Mann, und zumal alle, deren Pferde meinen Ackerboden berührten, haben bis heute ein hartes Schicksal erfahren. Ich habe sie eingefangen, getötet und ihre Köpfe in jene Bäume gehängt. Nun weißt du, wo du bist!" Samba Kullung sagte: "Ei, so bin ich ja just vor dem rechten Stadttore angekommen. Mit dem Gomble wollte ich ein Wort reden."

Gomble sagte: "Es ist recht, ich will mit dir sprechen, denn du bist ein schöner Bursch und ich mache deshalb gern mit dir Kameradschaft. Steige aber sogleich von deinem Pferde und führe es an den Grenzrain dort. Dann fülle die Erde, die von den Hufen deines Pferdes berührt ist, in deine Mütze und trage sie beiseite. Das beanspruche ich. Nachher können wir gut Freund sein." Samba Kullung sagte: "Ah, so hast du mich falsch verstanden! Nicht so will ich. Ich will dich packen." Gomble sagte: "Treibe nicht solche Scherze mit mir. Wenn du nicht so ein schöner Jüngling wärst, dessen Anblick mir angenehm ist, würde ich dich schon lange an einem jener Bäume aufgehängt haben. So aber will ich dir etwas sagen. Vielleicht bist du ein junger Hungerleider, der das Glück für den Lebensunterhalt einsetzt. Brauchst du etwas, So



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nimm dir die zwei Sklaven dort - ich will sie dir schenken, weil du hübsch bist."

Samba Kullung sagte: "Ach, du hast mich doch falsch verstanden. Nur dich, niemand anderes will ich packen." Gomble sagte: "Reize mich nicht allzusehr, denn schon länger als mit anderen hielt sich meine Geduld mit dir auf. Nimm deine Sklaven dort meinetwegen und trolle dich von dannen."

Samba Kullung sagte: "Ach, noch immer hast du mich nicht verstanden. Nur dich, dich allein, will ich jetzt packen. Eile dich!" Gomble sagte: "Wie du willst!" Gomble packte sein Gewehr. Er stieß nach Jägerart (beim Tanz der Jäger wird diese Bewegung nie fortgelassen) mit dem Kolben auf Samba Kullung zu, mit dem Kolben in die Luft, dann drehte er es um, um auf Samba zu schießen. Gomble drückte ab, aber sein Gewehr versagte. Da packte ihn Samba an der Brust und schwenkte ihn hoch in die Luft. Gomble aber rief den Söhnen und Ackerknechten zu: "Laßt euch durch dieses kleine Ungemach nicht in eurer Arbeit stören!"

Gomble sagte dann zu Samba: "Samba, du raubst (soll heißen: du nutzest das Unglück, das ich mit der Flinte hatte, ungebührlich aus) !" Samba Kullung sagte: "Niemand soll behaupten, daß ich geraubt habe. Geh, gib die beiden Kolanüsse deinen Baschi zu essen, daß sie dich besser schützen." Er ließ Gomble auf die Erde gleiten und warf zwei Kolanüsse hin. Gomble ging zur Seite.

Nach einiger Zeit fragte Samba Kullung: "Gomble, bist du fertig?" Gomble sagte: "Ich bin fertig. Du kannst kommen." Gomble nahm die Büchse und schoß. Er traf die Mütze Samba Kullungs, der sich gebückt hatte. Die Kugel riß sie ihm, ohne ihn selbst zu streifen, vom Kopfe. Samba Kullung aber stürmte auf Gomble los, packte ihn zum zweiten Male und schwenkte ihn hoch in der Luft. Samba Kullung sagte: "Gomble, wenn ich dich dreimal so packe und schwenke, willst du mir dann als Sufa folgen? Willst du dann mein Sklave sein?" Gomble sagte: "Das kann nicht dreimal geschehen!" Samba sagte: "Wir werden es sehen!" Samba ließ Gomble auf die Erde gleiten. Gomble aber rief seinen Söhnen und Hörigen zu: "Was hier vor sich geht, darf eure Arbeit nicht stören."

Gomble ging zur Seite. Samba Kullung fragte Gomble: "Bist du fertig?" Gomble sagte: "Ja, du kannst kommen." Er wollte dann sein Gewehr abdrücken, aber Samba Kullung stürmte so schnell und gewaltig heran, daß er das Gewehr Gombles zur Seite schlagen



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konnte, ehe es noch abgeschossen war. Jetzt packte er Gomble zum dritten Male und schwenkte ihn hoch in der Luft. Dann sagte er: "Nun, Gomble, das wäre ja wohl das dritte Mal!" Die 700 Söhne und Arbeiter Gombles wollten sich auf den schönen Jüngling stürzen, aber Gomble rief: "Was geht euch diese Sache an? Wollt ihr machen, daß ihr zu euerer Arbeit kommt?" Die 700 Söhne und Arbeiter gingen wieder fort. Gomble sagte aber zu Samba Kullung: "Samba, du hast mich dreimal überwunden. Ich will dir hinfort als Höriger folgen, wohin du mich auch führst."

Da machte sich Samba Kullung auf den Heimweg. Gomble folgte ihm. Sie kamen zu den 100 Freien, zu den 100 Numu, zu den 100 Dialli, zu den 100 Sklaven. Alle Leute jubelten: "Samba hat den Gomble überwunden. Gomble ist ganz allein der Hörige Sambas geworden. Seht, er geht hinter Samba. Samba ist der Tapferste. Seht Samba!" Gomble sagte aber zu den Leuten: "Laßt es euch nicht einfallen, meiner zu spotten; denn das würde für euch schlimm ausfallen. Wohl bin ich Sambas Höriger, aber nicht der euere. Ihr habt mich nicht überwunden." Samba sagte: "Gomble hat recht. Ihr dürft ihn nicht verspotten." Gomble sagte: "Ihr sollt aber meinen Herrn preisen, denn Samba ist stark und tapfer und schön." Da riefen die Leute: "Samba ist der tapferste aller Männer!"

So kamen sie bis zur Wohnung Fatumatas, und Gomble ging hinter Samba Kullung her als dessen Sklave. — Darauf ernannte der Fama Samba Kullung zum Kelle-tigi, der in Zukunft alle Kriege und Fehde der Städter leiten sollte. — Nie war aber in dieser Stadt ein Krieger, der so herrlich und gewaltig war wie Samba Kullung.

Eines Tages hatte Fatumata ausgezeichnetes Dolo bereitet. Da machte sich Samba Kullung auf und zog gegen den Feind, ganz allein, und er brachte alle ihre Ochsen und Kühe heim -eine große Herde. Ein anderes Mal machte sich Samba Kullung wieder auf, als Fatumata herrliches Dolo bereitet hatte. Er brachte eine Herde von Kühen und Ochsen heim, die war noch viel, viel größer. Ein drittes Mal bereitete Fatumata vorzügliches Dolo. Abermals zog Samba Kullung aus und gegen die Feinde, und er gewann eine Herde, die war über alle Maßen stolz, und nun war er der reichste Mann der Stadt und des Landes.

Alle Leute sagten, daß er an Heldentat und Macht allem weit voranstehe, was bis dahin im Lande bekannt war.



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Samba Kullung trieb alle seine Herden zusadimen und übergab sie Fatumata. Er sagte zu Fatumata: "Nimm alles, was ich erworben habe. Ich selbst werde zu meinen Eltern nach Kalla fahren. Sie haben mich hinausgewiesen, weil ich nie einen Kampf beginnen mochte. Nun will ich ihnen zeigen, was in Wahrheit an mir ist. Ich werde wohl wiederkommen. Leb wohl und hüte das, was ich dir erwarb."

Samba Kullung machte sich auf den Weg nach Kalla. Er kam heim. Er sah seine Eltern wieder und blieb längere Zeit bei ihnen.




***
Als aber Samba Kullung von dannen geritten war, erhoben sich alle, die der Kelle-tigi unterworfen hatte, und an ihrer Spitze war Gomble. Gomble sagte: "Die beste Kraft ist von der Stadt gewichen; nun wollen wir die Stadt angreifen." Alle Gegner kamen und sammelten sich um die Stadt. Die Stadt war umringt von Feinden. Es war eine große Gefahr.

Samba Kullung war auf dem Heimwege. Da kam ihm ein Marabut entgegen. Das war aber kein ehrlicher Mann, sondern er war gemietet und bezahlt von Gomble und seinen Leuten. Der Marabut sagte zu Samba Kullung: "Die Stadt Fatumatas und ihres Vaters ist belagert, und Gomble ist an der Spitze der Feindlichen. Wenn du nun heimkehrst, und wenn es dir gelingt, sieben von den Belagerern gefangen zu nehmen, so ist die Stadt von allem Unheil befreit." Es war das aber keine rechte Sache, sondern nur eine falsche Prophezeiung, die es darauf absah, Samba Kullung in einen Hinterhalt zu locken.

Samba Kullung kam vor der Stadt an. Er stürzte sich auf zwei Mann der Belagerer - er nahm sie gefangen. Er stürzte sich auf noch zwei der Belagerer und nahm sie gefangen. Er stürzte sich auf noch drei der Belagerer; er nahm sie gefangen. Dann aber kamen die Leute Gombles, und nun wurde er selbst festgenommen.

Zwei Leute Gombles führten Samba Kullung zu ihrem Herrn auf dessen Besitzungen. Samba Kullung sagte zum einen: "Gib mir etwas Wasser; ich habe Durst." Der Mann sagte: "Ach was, du hast im vorigen Jahre (?) meinen Vater totgeschlagen. Ich tue es nicht." Samba Kullung wandte sich an den zweiten Mann und sagte: "Gib mir etwas Wasser; ich habe Durst." Der Mann sagte: "Ach was, du hast im vorigen Jahre (?) meinen Vater totgeschlagen.



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Von mir erhältst du nichts." Als die beiden Sklaven dann sahen, daß Samba Kullung, der weit gereist war und hart gestritten hatte, matt wurde, schlugen sie ihn tot.

Die beiden Leute kamen zu Gomble und sagten: "Dein Feind Samba Kullung ist gestorben." Da wurde Gomble traurig und sagte: "Wie ist er ums Leben gekommen?" Die beiden Leute sagten: "Samba Kullung hatte Durst. Wir gaben ihm nichts zu trinken, denn er hat unsere Väter erschlagen. Als er dann matt wurde, schlugen wir ihn tot." Da wurde Gomble traurig und sagte: "Ihr habt sehr schlecht gehandelt, denn einen Mann, der so tapfer ist und der so Großes zu tun imstande ist, den soll man suchen zum Freunde zu gewinnen. Ihr aber seid elende Räuber."


2. Sirrani Korro Samba und Samba ta Samba


Dame und Barde

Sirrani Korro Samba heiratete eine Frau aus Tomma Korro. Eines Tages reiste er mit seiner Frau nach Tomma Korro, um seine Schwiegereltern zu besuchen. Seine Frau ritt auf einem Packochsen. Er ritt auf seinem Pferde. Er hatte seiner Frau einen Sklaven beigegeben, der deren Sachen trug. Sie kamen nach Tomma Korro! Drei Tage blieben sie in Tomma Korro. Es war viel Honigbier hergestellt worden. Sie aßen, und jeden Tag betrank sich Sirrani Korro Samba.

Am vierten Tage morgens sagte Sirrani Korro Samba: "Heute wollen wir zurückkehren. Du (meine Frau), reite mit dem Sklaven auf dem Packochsen voran. Ich will noch einige Stunden hier bleiben, denn ich will das gute Honigbier austrinken, das noch übriggeblieben ist. Ich komme dann um die Mittagszeit nach. Steig auf deinen Packochsen und reite mit dem Sklaven voran." Die Frau machte sich mit dem Sklaven auf den Weg.

Es waren damals 6o Helden von Segu auf dem Wege. Die hatten eine Unternehmung vor, hatten aber kein Glück gehabt, so daß sie jetzt ohne Beute mißmutig udiherritten. Unter den 6o waren mit die berühmtesten Helden der Vergangenheit. Da war z. B. der Massassi Diadierri, der Fulbe Malia, der Djaora Gundaunda, dann Sira Obassi, der Bosso Mamadu Amadu und vor allem der Spielmann (Dialli) Signana Samba. (Der soll seinen Namen daher erhalten haben, daß, wenn er nach Art der Dialli um eine Gabe bat und man etwas für den anderen Morgen versprach, daß er dann



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an der Tür niederhockte und wartete, bis er die Gabe erhalten hatte. Er hatte große Beharrlichkeit und Geduld.)

Diese 6o Helden aus Segu also kamen beutegierig des Weges und waren darauf erpicht, noch irgend etwas aufzufangen, um nicht gezwungen zu sein, mit leeren Händen nach Segu zurückzukehren. Einer der Männer sah in die Ferne und sagte: "Hoo! Kommt da nicht ein Mann mit bepacktem Reittier an?" Die anderen sahen auch hin und sagten: "Nein, ein Mann mit einem Reittiere ist es nicht. Wohl aber ist es eine Frau, die sicher schön und wohlhabend ist; denn neben ihr geht ein Sklave." Andere meinten: "So wollen wir der Frau den Weg nach Segu zeigen. Auf solche Weise lernt sie dann etwas von der Welt kennen." Andere meinten: "So hätten wir also doch noch einen leidlichen Abschluß für unser verunglücktes Unternehmen zu verzeichnen."

Die 6o Reiter sprengten auf die Frau Sirrani Korro Sambas zu und hielten im Kreise um sie. Die Frau fragte: "Nun, was seid ihr für Räuber und Buschreiter, daß ihr nicht einmal einer anständigen Frau aus den Augen geht? Schämt ihr euch nicht, so in der Sonne mit euren diebischen Gedanken herumzustehen, so daß ich jeden einzelnen sehe?!" Einer der 6o Helden sagte erstaunt: "Frau, was gibt dir den Mut, in dieser Weise zu den sechzig vornehmsten Helden von Segu zu sprechen?" Die Frau Sirrani Korro Sambas sagte: "Oh, was seid ihr doch für großartige Helden, daß ihr so kühn mit einer Frau zu reden wagt; — wartet aber ein wenig, bis mein Mann kommt, der wird euch schon lehren, vor Angst zu furzen. Dann wird es sehr schnell mit dem stattlichen Mute vor der Frau zu Ende sein." Signana Samba, der Spielmann, schlug an seine Gitarre und sagte: "Wenn der Mut des Mannes dieser Frau nicht ins Pui gehört, so sollte man wenigstens die Zungenfertigkeit dieser Frau besingen. Frau, wer ist dein Mann?"

Die Frau Sirrani Korro Sambas antwortete: "Wer mein Mann ist, fragt ihr? Wollt ihr ihn wirklich erst kennen lernen? Dann sucht euch schnell die Mauselöcher im Acker und die Vogelnester in den Bäumen aus und bleibt vorsichtig mit euren Pferdchen darin sitzen. Von dort aus könnt ihr am besten die Bekanntschaft meines Mannes machen und habt so Aussicht, nicht unter die Fußtritte seines Pferdes zu kommen." Massassi Diadierri sagte: "Frau, du mußt uns unbedingt nach Segu begleiten, damit der König einmal eine ungewöhnliche Sache kennen lernt. Hat je einer solchen Vogel singen hören? — Vorwärts nach Segu."



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Die Frau sagte: "Macht schnell, daß ihr eures Weges kommt; denn da hinten kommt mein Mann. Ich sehe, daß er arg betrunken ist, und dann ist das Spielen gefährlich. Macht, daß ihr beiseite kommt, denn es wäre ein Jammer, wenn sechzig so tapfere Helden, die es wagen, bei hellem Tage eine einsame Frau zu belästigen, irgendwie Schaden nähmen. Geht nur, ich sehe jetzt, daß mein Mann ganz außerordentlich betrunken ist." Einer der Seguleute sagte: "Das muß eine sonderbare Art von Held sein; berichte uns doch, ob es ein Gott ist oder eine Hyäne?" Alle Helden von Segu spotteten: "Es muß ein Gott oder eine Hyäne sein!" Die Frau sagte: "Wenn ihr in ein Mauseloch kriecht, wird er euch vorkommen wie ein Gott; wenn ihr in ein Vogelnest schlüpft, könnt ihr denken, er sei eine Hyäne, und das sähe eurem Verstande ähnlich."

Sirrani Korro Samba kam langsam angetrottet. Er hörte den Wortstreit und sah auf. Die 6o Helden aus Segu zogen sich zurück und betrachteten den Mann aus der Ferne. Sirrani Korro Samba richtete sich mühsam in seinem Sattel auf. Er war nämlich sehr betrunken. Dann nahm er seine Flinte, schoß sie nach links in die Luft ab, schoß sie nach rechts in die Luft ab, schoß sie nach vorne in die Luft ab. Sirrani Korro Samba zog dann seine Tabakspfeife heraus, begann vor sich hinzuqualmen und rief den Männern aus Segu zu: "Hoooo! Seid ihr langweilig! Hooo! Seid ihr langweilig!"

Einer der Helden von Segu kam angesprengt. Er schoß auf Sirrani Korro Samba. Aber er traf ihn nicht. Sirrani Korro Samba schoß gleichmütig seine Flinte in die Luft ab. Der andere schoß und fehlte wieder und dann noch ein drittes Mal. Da legte Sirrani Korro Samba sein Gewehr an. Er schoß den anderen von seinem Pferde herab. Er lud, legte nochmals an und schoß den zweiten herab. Er lud, legte nochmals an und schoß einen dritten und vierten herunter. Die Seguleute begannen nun zu fliehen. Darauf setzte Sirrani Korro Samba sein Pferd in Bewegung, jagte ihnen nach und nahm drei von ihnen gefangen.

So tummelten viele Leute auf dem großen Platze herum. Viele schossen. Signana Samba, der Dialli von Segu, schlug die Gitarre und sang: "Ihr Helden von Segu! So vergeßt doch nicht eueren würdigen Namen. Ihr Helden von Segu, bedenket, daß ihr sechzig Männer seid, die von einem Frauenmund vergiftet sind und als Kranke nun hingeschlachtet werden sollen. Denkt doch, daß ihr



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Helden seid, ihr sechzig Männer aus Segu." Der Held aus Kalla jagte in der Ferne hinter den Fliehenden her. Da ritt der Dialli zu der Frau heran und sagte: "Wenn diese Sache je im Pui besungen werden soll, wie sie es verdient, muß ein Spielmann dafür gewonnen werden, denn jene fliehenden Männer werden sicher nichts davon erzählen. Wenn der Spielmann diese Sache berichtet im Pui, dann wird er von der tapferen Frau, die er kennen lernte, und von der er singen will, allzuweit entfernt sein als daß sie ihm ein Geschenk machen könnte!" Da nahm die Frau Sirrani Korro Sambas einen ihrer schweren goldenen Ohrringe ab und gab ihn dem Dialli.

Sirrani Korro Samba kam mit seinen drei Gefangenen zurück und übergab sie seiner Frau. Er sagte zu den Männern: "Paßt auf, daß meine Frau nicht aus Angst von ihrem Packochsen fällt, wenn sie euere tapferen Gestalten neben sich sieht."

Dann setzten sie sich wieder in Bewegung um heimzukehren.



***
Signana Samba hatte die fliehenden Genossen eingeholt, als sie sich unter einem Baume versammelt hatten. Er setzte sich zu ihnen, schnippste gegen seine Gitarre und sagte: "Einer -sechzig!" Die Helden sahen ihn an und einer sagte: "Du wirst doch dem König nichts davon sagen?" Signana Samba zog den Goldring heraus, den er von der Frau Sirrani Korro Sambas erhalten hatte, steckte ihn an den Kopf der Gitarre und sagte, das Instrument schlagend: "Einer -sechzig!"

Die Helden gingen hinter den Baum. Massassi Diadierri sagte: "Er meint, jener Kallamann wäre ein einziger gewesen und wir seien sechzig. Er wird das sicher dem Könige und aller Welt berichten." Der Fulbe Malia sagte aber: "Er meint, von der Frau des Kallahelden hätte er einen Goldring erhalten, damit er im Pui von ihr singe. Wir aber seien sechzig, und er würde die Sache nicht vorbringen, wenn wir ihm sechzig Goldringe schenkten." Darauf verabredeten sie sich und gingen zurück. Massassi Diadierri sagte zu Signana Samba: "Jeder von uns wird dir in Segu einen Goldring geben, wenn du von alledem dem Könige und den anderen in Segu nichts berichtest." Signana Samba sagte: "Ihr wollt das gleich tun, wenn wir zurückgekehrt sind?" Die anderen sagten: "Ja!"

Sie kamen zurück nach Segu. Der König sagte: "Ihr bringt mir keine gute Nachricht?" Der Dialli sagte: "Ja, wir haben das Haus gereinigt und ein guter Strohwisch hat alle die weggefegt, die nicht hineingehörten." Der König sagte: "Das verstehe ich nicht." Der



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Spielmann fragte: "Kennst du den Puigesang: Einer -sechzig?" Der König sagte: "Nein, den kenne ich nicht." Der Dialli sagte: ,.Gerade der Gesang wird von deinen Helden vorbereitet."

Einige der Helden gaben dem Dialli sogleich das Gold. Andere taten es nicht. Traf Signana Samba einen der Säumigen, so schlug er gegen seine Gitarre und sang: "Einer - sechzig!" Und wenn der andere dann so tat, als wenn er es nicht verstehe, dann fragte er ihn: "Kennst du die Frau, die so sonderbar singt? Kennst duden, vor dem die einen in die Mauerlöcher, die anderen in die Vogelnester kriechen? Kennst du den, der für den einen ein Gott, für den anderen eine Hyäne ist?" Einer der Männer nach dem anderen zahlte und einige zahlten noch für die, die gefallen und gefangen waren. Der Spielmann Signana Samba hatte also nach einiger Zeit 6o Goldringe von diesen erhalten.

Der Fama hörte dann und wann das eine oder andere Wort. Er sagte zum Dialli Signana Samba: "Nun berichte mir endlich." Der Spielmann sagte: "Erst muß ich mit den anderen sprechen. Es müssen alle dabei sein." Am Abend kamen alle zusammen. Der Dialli hatte an seiner Gitarre die 6i Goldringe angebracht. Der König fragte: "Was gibt es im Pui ?" Signana Samba sagte: "Einer sechzig!" Alle sahen ihn an. Der Dialli fragte Massassi Diadierri: "Wie hält man sein Wort - halb oder ganz?" Massassi Diadierri sagte: "Man hält sein Wort ganz!" Der Dialli sagte: "Einer -sechzig!" Hat man nicht versprochen, diese sechzig Goldringe sogleich zu geben? Hat man nicht gezögert und es mir sehr schwer gemacht? Hat man nicht unter einem Baume beraten? —" Der Dialli Signana Samba schlug gegen die Gitarre und hub an: "Ich singe vor einem großen Könige. Weiß der große König sechzig Goldringe dem armen Dialli zu geben?"

Darauf ließ der König 6o Goldringe holen und gab sie dem Spielmanne - der gewann so 121 Goldringe und sang die Geschichte von Sirrani Korro Samba und den 6o Helden von Segu im Pui.




***
Nachher sang man auch von Samba Ta Samba. Und das kam so: Sirrani Korro Samba war mit seinem jüngeren Bruder Samba Ta Samba einst im Gefechte. Die Räuber schossen sein Pferd tot, und er lag am Boden. Samba Ta Samba sagte: "Komm schnell auf mein Pferd, sitz hinten auf." Sirrani Korro Samba sagte: "Nein, lieber sterbe ich, als wie eine Frau mit aufzusitzen." Dreimal bat Samba Ta Samba seinen Bruder doch aufzusitzen.


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Dreimal schlug er ab. Alsdann waren die Feinde ganz nahe, und so nahm er das Angebot an, sprang hinter Samba Ta Samba auf und ward gerettet.

So kam auch Samba Ta Samba in das Pui.


3. Buge Korroba

Buge Korroba hatte vier Frauen. Unter denen war eine, die hieß Njelle, das war sein Lieblingsweib. Dieser Njelle wegen hörte er nie die Tabele, die Kriegspauke; er verließ dies Weib nie, denn er liebte es über alle Maßen. Außerdem hatte er alles, was er brauchte, Sklaven, Pferde, Vieh usw. Die anderen drei Frauen waren eifersüchtig und sagten deshalb zu den Frauen der Stadt: "Dieser Frau Njelle wegen geht Buge Korroba nicht in den Krieg. Es ist ein Jammer für den Ort." Die Frauen der Stadt sagten: "So werden wir diese Njelle, wenn sie einmal zum Brunnen kommt, ordentlich schlagen, damit sie ihren Mann in den Krieg schickt."

Die Frauen der Stadt paßten eines Tages Njelle auf, und eines Tages kam Njelle zum Brunnen. Einige Frauen sagten zu ihr: "Warte ein wenig!" Njelle sagte: "Was wollt ihr von mir? Ich habe euch nichts getan." Die Frauen sagten: "Sieh, deinetwegen sitzt Buge Korroba ständig daheim und zieht nicht mit in den Krieg, und das ist schlimm für den Ort." Sie schlugen Njelle. Sie nahmen ihre Armringe und schlugen auf Njelle, und Njelle erhielt auf der Stirn drei Wunden nebeneinander. Die Frauen sagten: "Weißt du nun, Njelle, weshalb wir dich geschlagen haben?" Njelle sagte: "Ihr habt recht, wenn ihr mich schlagt."

Buge Korroba hatte zwei Dialli. Von denen ließ er sich alle Tage auf der Gitarre vorspielen. Sie mußten das Pui singen. Wenn sie das anfingen, schnippste er mit dem Finger gegen die Gitarre. Die Dialli fragten: "Weshalb tust du das?" Buge Korroba sagte: "Ihr werdet auch noch von mir singen!" Die Dialli sagten: "Du ziehst ja aber nie in den Krieg!" Buge Korroba sagte: "Ich liebe schöne Frauen und den Rücken der Pferde."

Njelle kam blutig und beschmutzt nach Hause. Buge Korroba sagte: "Was hat es mit dir gegeben?" Njelle sagte: "Die Frauen aus Kalla haben mich geschlagen, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen." Buge Korroba sagte: "Eines Tages werden die Leute von Kalla etwas erleben! Es ist nicht aus Furcht, daß ich nicht in den Krieg



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ziehe! Die Leute in Kalla werden noch etwas Schlimmes erleben wegen dieser Sache."

Drei Tage später kamen Räuber aus Massina und führten alle Kühe und Rinder der Kallaleute von dannen. Nur das Rindvieh Buge Korrobas ließen sie unberührt. Er war auf einer Bung (Insel in Bammana; Malinke sagen: gungu) untergebracht. Als Buge Korroba das hörte, bestieg er sein Pferd. Er nahm zwei Kossongalla (Decken aus Segu) mit, nämlich die Njelles und die seine. Er ritt aus dem Dorfe. Als die Kallaleute ihn reiten sahen, spotteten sie und sagten: "Was, du willst in den Krieg? Ach, du wirst etwas Rechtes im Kriege anfangen!" Buge Korroba sagte: "Was ihr denkt! Ich will gar nicht in den Krieg; ich will nur meine Herde auf der Bung ansehen. Denn euere Herden haben die Räuber genommen, die meinen haben sie aber gelassen."

Buge Korroba ritt von dannen. Erst suchte er seine Herde auf und besichtigte sie, dann setzte er hinter den Räubern her, und zwar schnitt er einen Bogenmarsch, den sie vor sich hatten, derart ab, daß er sie weit überholte. Hierauf stieg er vom Pferde. Eine der Kossongalla legte er als Decke auf die Erde und setzte sich darauf, den Zaumriemen des Pferdes wickelte er um den Fuß. Dann deckte er die andere Kossongalla so über sich, daß man sein Gesicht nicht zu sehen vermochte. In dieser Stellung wartete er. Nach einiger Zeit kam ein Dialli der Räubergesellschaft an. Der sah den Mann am Wege, kehrte zurück und meldete dem Führer der Räuber: "Einer deiner Leute sitzt am Wege und erwartet dich." Die Leute des Räuberhäuptlings überlegten: "Wer mag es wohl sein?" Der eine riet auf den, der andere auf den. Sie dachten nicht daran, daß es ein Mann aus Kalla sein könne.

Die Räubergesellschaft rückte mit der Kuhherde näher. Bald hatten sie den mit einer Decke eingehüllten, anscheinend Schlafenden, erreicht, bildeten alle einen Kreis um ihn und erwogen, wer wohl der Mann sei. Nach einiger Zeit sagte aber Buge Korraba: "Wer ist euer Anführer?" Einer der Räuber sagte: "Träumst du oder redest du irre, daß du deinen Häuptling nicht kennst?" Der am Boden Hockende sagte aber: "Ich bin es nicht, der irrt, sondern ihr irrt euch. Ich will keinen Kampf, keinen Streit, keinen Wortwechsel von euch, denn mir, Buge Korroba, habt ihr nichts genommen. Ich möchte aber den Leuten von Kalla ihre Kühe zurückführen. Meine Landsleute sind es nicht gewöhnt, an Stelle der Milch den Fruchtsaft des Affenbrotbaumes zu genießen. Also laßt den



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Streit und gebt mir die Kühe der Kallaleute." Die Räuber sagten: "Nein!" Buge Korroba sagte: "Achtet, daß ihr gerecht seid!"

Unter den Räubern war einer, der hieß Samba. Der war unter allen bekannt als ein Mann, der nie log und der vor König und Sklave gerecht urteilte. Der Räuberhäuptling sagte zu Samba: "Samba, sieh, ob etwas Gerechtes an der Sache dieses Mannes ist."

Als Buge Korroba das hörte, nahm er seine Decken, stand auf, legte seine Decken zusammen und auf das Pferd. Dann schwang er sich selbst hinauf. Samba (oder Schamba) sagte: "Das Urteilen ist hier leicht, aber das Hinnehmen sehr schwer." Der Räuberhäuptling sah wie es ging und sagte: "Ja." Einer der Räuber aber rief: "Ich meine, man sollte Buge Korroba totschlagen und darauf verzichten wegen des Gerechten zu hadern."

Der Suboli (Räuberhauptmann, eigentlich Räuber, oder Krieger zu Pferde; auch Kelietigi genannt) sah, wie Samba urteilen würde und, um dem zuvorzukommen, sagte er zu Buge Korroba: "Höre, Buge Korroba, wir wollen teilen. Nimm du eine Hälfte mit zurück nach Kalla, und die andere Hälfte will ich mit nach Massina nehmen." Buge Korroba sagte: "Ich danke euch sehr, aber ich will nicht die Hälfte. Entweder ihr schickt durch mich alle Kühe nach Kalla zurück, damit meine Leute ihre Milch morgen früh haben, oder aber ich nehme außer den Kühen noch eure Pferde mit." Der Räuberhäuptling rief erzürnt: "Buge Korroba, erst habe ich dir die Hälfte geboten. Jetzt wirst du nichts bekommen."

Buge Korroba nahm sein Gewehr und schoß den Suboli tot. Er nahm sein Gewehr wieder und schoß den Kuntigi (Zugführer) tot. Er schoß. Die Räuber sahen es. Sie wurden von Angst befallen und jagten entsetzt von dannen. Buge Korroba aber nahm alles Rindvieh und die vier Pferde und trieb alles auf seine Bung. Dann sprengte er nach Kalla zurück.

Vor seinem Gehöft riß er sein Pferd zurück und rief: "Njelle!" Njelle kam heraus. Buge Korroba fragte Njelle: "Weshalb haben dich die anderen Frauen geschlagen?" Njelle sagte: "Die Frauen von Kalla haben mich geschlagen, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen." Buge Korroba sagte: "Heute abend sollen alle Männer und Frauen, die, denen die Kühe gestohlen sind, und die, die dich geschlagen haben, kommen. Ich habe alle Kühe zurückgebracht. Wenn die Leute von Kalla nun morgen ihre Milch haben wollen, dann sollen sie heute abend mit mir über alle diese Sachen reden."



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Abends kamen alle Männer und Frauen zusammen. Alle sagten: "Buge Korroba ist der Tapferste von allen, denn er hat alle Kühe und noch Pferde der Räuber zurückgebracht. Das hat er ganz allein fertiggebracht." Die Dialli kamen und sagten: "Buge Korroba ist nun im Pui." Buge Korroba kam mit Njelle. Er fragte seine Frau vor den Leuten: "Njelle! Weshalb haben dich die Frauen Kallas geschlagen?" Njelle sagte: "Die Frauen von Kalla haben mich geschlagen, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen!" Buge Korroba sagte: "Ihr hört, was es gegeben hat. Ich habe euere Kühe. Wenn ihr euere Kühe wiederhaben und morgen euere Milch trinken wollt, dann laßt euere Frauen den Sklaventanz (Geschlechtstanz) hier aufführen."

Die Männer sagten: "Du hast recht zur Klage. Unsere Frauen haben der deinen übel mitgespielt. Deine Frau ward von den unseren geschlagen. Wir wollen nun unsere Frauen auch schlagen.' Buge Korroba sagte: "Tut, wie ihr denkt." Darauf verabfolgten die Männer von Kalla ein jeder seinem Weibe 50 Hiebe mit der Schnur. Dann sagten sie zu Buge Korroba: "Nun haben wir gerecht gestraft. Gib uns die Kühe." Buge Korroba fragte sein Weib: "Njelle, weshalb haben dich die Frauen Kallas blutig geschlagen und dir drei Narben an der Stirn versetzt?" Njelle sagte: "Die Frauen von Kalla haben mich verletzt, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen." Buge Korroba sagte: "Ihr hört, was es gegeben hat. Ich habe euere Kühe. Wenn ihr euere Kühe wiederhaben und morgen euere Milch trinken wollt, dann laßt euere Frauen den Sklaventanz hier aufführen."

Die Männer sagten: "Das kannst du nicht verlangen. Unsere Frauen haben die deine geschlagen. Sie sind wiedergeschlagen worden. Deine Frau hat von den unseren drei Narben erhalten. Gut, auch das soll beglichen werden." Buge Korroba sagte: "Tut, wie ihr denkt." Die Männer ließen darauf ihren Frauen drei Längsschnitte zwischen den Augen in die Stirne schlagen; denn so waren auch die Narben Njelles beschaffen. Dann sagten sie zu Buge Korroba: "Nun haben wir gerecht gestraft; nun gib uns unsere Kühe." Buge Korroba sagte zu seinem Weibe: "Weshalb haben dich die Frauen Kallas erniedrigt?" Njelle sagte: "Die Frauen Kallas haben mich erniedrigt, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen." Buge



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Korroba sagte: "Ihr hört, was es gegeben hat. Ich habe euere Kühe. Wenn ihr euere Kühe wieder haben und morgen Milch trinken wollt, so laßt euere Frauen den Sklaventanz hier aufführen."

Die Frauen saßen auf ihren Schemeln. Als sie das wieder hörten, streckten sie abweisend und voll Abscheu die rechte Hand hoch, und die linke in die Seite stemmend schrien sie: "Nie!" Nun ist das aber die erste Stellung des Geschlechtstanzes. (Die Linke in die Seite, die Rechte hochgehoben!) Buge Korroba lachte und rief: "Ihr sagt: ,Nie!' Dabei habt ihr eben schon die erste Stellung eingenommen!" Da mußten alle Leute lachen.

4. Der Held Gossi*

Gossi gilt als der tapferste aller Fulbe, die je gelebt haben. Er ertrug jeden Schmerz. Wenn er sich einen Dorn in den Fuß trat, so schmerzte ihn das nicht. Wurde er angerufen, so hörte er das erstemal nie darauf; denn gleich sich umzuwenden ist das Zeichen wenn auch leichten Erschreckens. Auf alles, was hinter ihm vorging, achtete er nicht, und man mußte, wenn man seine Aufmerksamkeit erwecken wollte, an ihm vorübergehen und ihn von vorn anrufen.

Gossi erschrak, seitdem er erwachsen war, nur dreimal. Aber niemand als Gott und er haben wahrgenommen, daß er erschrak.

Eines Tages nach 6 Uhr nachmittags, als es schon dunkel war, riß draußen am Brunnen vor der Stadt die Leine, an der die Kalebasse zum Schöpfen angebunden war, und nun wußten sie nicht, wie sie für den Abend Wasser bekommen sollten. Niemand getraute sich in der Dunkelheit in den Brunnen zu steigen, denn alle Welt wußte, daß da unten im Brunnen eine gefährliche Korongo (eine Schlangenart) hauste. Alle Leute standen um den Brunnen. Es wußte niemand, was zu tun sei.

Gossi kam des Weges. Er sagte: "Was gibt es?" Die Leute sagten: "Wir haben kein Wasser im Dorfe, die Leine ist gerissen, die Schöpfkalebasse heruntergefallen; — man wird warten müssen, bis es Morgen und hell ist, denn jetzt ist es schwarze Nacht, und außerdem ist die Korongo da unten." Gossi sagte: "Ach was, bindet mir die Leine um den Leib und laßt mich herab. Ich will die Kalebasse 

*NB. Gesang der Fulbe in Bakunu. Der Held ist auch bekannt unter dem Namen: Bala Uole Hamadi.


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heraufholen." Einige sagten: "Aber es ist ja dunkle Nacht!" Andere sagten: "Und da unten ist die Korongo!" Gossi sagte: "Ach was! Laßt mich jetzt hinunter." So ließen sie denn Gossi herunter in das tiefe Brunnenloch.

Unten hatte die Korongo sich schon behaglich in der Kalebasse eingelagert. Gossi ergriff das Schnurende, zog und suchte sie herauszuschleudern. Es gelang aber nicht. Dreimal versuchte es Gossi und es gelang nicht. Inzwischen war aber das durstige Vieh zum Brunnen gedrängt und wartete auf den Trank. Im tierischen Spiele suchte ein Bulle auf eine Kuh zu springen. In der Dunkelheit nahmen sie das Brunnenloch nicht wahr und so stürzten beide hinein. Sie zwängten sich oben nahe dem Eingange fest und verstopften das Loch vollkommen. Nunmehr saß Gossi ganz fest. An der Schnur war nicht zu ziehen, über sich hatte er den Bullen und die Kuh, unter sich das Wasser und die Schlange, und ringsum war es stockdunkle Nacht. Entsetzt schrien die Leute auf.

Die Leute sagten: "Wir müssen von der Seite her schräg nach unten ein Loch machen und Gossi so das Herauskommen ermöglichen." Gossi hörte das und rief: "Macht euch nicht diese unnötige Arbeit; denn ich würde nicht herauskommen. Laßt mich nur bis morgen früh hier unten. Dann bei Tageslicht könnt ihr Kuh und Bullen wegziehen und dann ist der gegebene Augenblick. Jetzt gehe ich nicht heraus." Die Leute sagten: "Wenn Gossi es nicht anders will, können wir nichts tun."

Am anderen Morgen kamen sie wieder und zogen erst den Ochsen und die Kuh heraus und riefen dann: "Gossi." Aber Gossi hörte nie darauf, wenn er das erstemal angerufen wurde. Man rief nochmals: "Gossi, lebst du?" Gossi rief: "Ja, ich lebe. Die Schnur ist diese Nacht noch einmal gerissen, und ich bin in das Wasser gefallen." Die Leute banden ein starkes Ende daran, ließen es herunter und riefen: "Schlinge die Schnur jetzt um den Leib und laß dich heraufziehen!" Gossi antwortete: "Nein, ich lasse mich nicht herausziehen - ich will hier unten sterben. Denn ich bin in das Wasser gefallen und habe es damit für die Fulbe beschmutzt. Ich habe mich vor den Fulbefrauen lächerlich gemacht."

Da kamen alle Frauen zusammen und zum Brunnen, und sie sagten zu Gossi: "Gossi, komm doch heraus. Sieh, das Dorf hat nur einen Brunnen. Wenn du unten stirbst, können wir hier kein Wasser mehr schöpfen. Dann werden alle Leute und alles Vieh vor Durst sterben. Du aber bist der Tapferste von allen. Denn du warst



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der einzige, der es wagte, da hinabzusteigen und bist die ganze Nacht da unten bei der schrecklichen Schlange geblieben." Darauf ließ Gossi sich herausziehen und sagte: "Meinetwegen sollen die Fulbe nicht vor Durst sterben!" Als er an die Oberfläche kam, warf er die Leiche der zwischen den Fingern totgedrückten Schlange über den Brunnenrand auf die Erde.

Als die Kuh und der Bulle hinabstürzten, da war Gossi das erstemal erschrocken. Aber außer ihm und Allah hatte es niemand gemerkt.



***
Es gab in der Gegend noch einen zweiten Gossi, der war mit dem großen Helden Gossi verwandt. Dieser zweite Gossi war außerordentlich eifersüchtig auf seine Frau und hatte sich deshalb vor den Toren der Stadt für sich und seine Frau einen Hof angelegt. Denn er wollte nicht, daß eine Fliege, die schon auf der Haut eines anderen Mannes gesessen hatte, sich auf der Hand seiner Frau niederlasse. — Dieser Gossi ritt viel zur Jagd und zwar des Nachts. Wenn er wegritt oder kam, konnte man ein Glöcklein vernehmen, das hatte er um den Hals seines Pferdes gebunden.

Die Leute scherzten mit dem großen Helden Gossi und sagten: "Du bist zwar ein sehr großer Held, du wagst es aber doch wohl nicht, in die Niederlassung deines eifersüchtigen Vetters zu gehen und dessen Frau aufzusuchen, wenn ihr Mann nicht daheim ist." Gossi sagte: "So? Meint ihr das?" Eines Tages nahm er sein zweiläufiges Gewehr, bestieg sein Pferd und ritt in die Niederlassung des eifersüchtigen Vetters. Der andere war nicht daheim. Da band er sein Pferd draußen an, zog alle Kleider aus und hing sie rund herum auf, so daß jeder sie sehen mußte. Dann ging er hinein zu der Frau.

Er blieb bei der Frau. Er legte seinen Kopf auf ihr Knie und schlief ein. Nach einiger Zeit hörte die Frau die Glocke am Halse des Pferdes ihres Gatten.

Die Frau stieß Gossi an und sagte: "Hör' doch!" Gossi wachte auf und fragte: "Was gibt es denn?" Sie sagte: "Höre die Glocke; sie ist am Pferde meines Mannes. Er kommt. Wenn er dich hier trifft, wird er dich töten." Gossi sagte: "Was, einer solchen Kleinigkeit wegen weckst du mich? Er drehte sich um und schlief wieder ein.

Gossi, der andere, kam inzwischen auf den Hof geritten. Er band sein Pferd an. Er gewahrte, daß noch ein anderes Pferd da war. Er ging auf das Haus seiner Frau zu. Da hingen alle Kleider seines



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Vetters. Darauf geriet er in große Wut und lud sein zweiläufiges Gewehr. Er ging in das Haus. Er legte auf Gossi, den Helden, an und schoß. Er hatte aber in der Wut zuviel Pulver hineingeladen, so daß der erste Lauf beim Abschießen platzte. Darauf legte er das Gewehr nochmals an und schoß. Es platzte aber auch der andere Lauf beim Abschießen, denn in der Wut hatte er wieder zuviel Pulver in den Lauf gestopft. Gossi, der Held, sagte: "Dein Gewehr ist schlecht, wie das aller Jäger, denn die Jäger lassen ihre Gewehre zu oft im Wasser und Regen naß werden. Nimm mein Gewehr, es ist gut und außerdem scharf geladen. Es steht dort hinter dem Lager."

Gossi, der andere, ergriff das Gewehr, aber er zitterte vor Wut und Aufregung derart, daß er nicht abzudrücken vermochte. Nach einigen Stunden sagte Gossi, der Held: "Höre, wenn du nicht schießest, hat es auch keinen Zweck, daß ich hier bleibe." Er nahm Abschied von der Frau des anderen Gossi und ging hinaus, zog sich an und ritt von dannen. Gossi, der andere, sagte: "Dein unerschrockenes Herz und Gott haben dich gerettet. Es ist wahr, du erschrickst nicht."

Als der Held nach Hause kam, nahm er wahr, daß er eine Schnur mit einem Schnuramulett am Hauseingang des anderen Gossi hatte liegen lassen. Er sagte: "Sende ich einen anderen, es zu holen, so wird man sagen, ich hätte Furcht. Laß ich es liegen, so wird man sagen, ich hätte Furcht, — reite ich schnell vorbei und nehme es im Vorüberreiten mit mir, so wird man sagen, ich habe Furcht." Er sattelte sein Pferd, ritt langsam zurück, stieg am Hause des anderen Gossi ab, unterhielt sich mit diesem eine Weile und sagte dann: "Ich ließ heute morgen eine Sache hier liegen." Er ging zu der Stelle, nahm das Schmuckstück, hängte es um, sah, ob es gut hing, nahm von seinem Vetter Abschied und ritt langsam nach Hause.

Dies war das zweitemal, daß Gossi erschrak. Aber außer Allah und ihm hat es niemand gemerkt.




***
Bakari, ein Fulbe, hörte von den Heldentaten Gossis. Er kam aus großer Ferne herbei und sagte zu Gossi: "Ich habe gehört, du sollst ein ganz außerordentlicher Held sein und große Unerschrockenheit besitzen. Würdest du mich wohl einmal auf deinem Zuge mitnehmen, so daß ich mit dir etwas Außerordentliches erleben und deine Taten selbst mitansehen kann?" Gossi sagte:


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"Komm, wir können uns sogleich nach irgendeiner Richtung auf den Weg machen." Sie bestiegen die Pferde und ritten von dannen.

Nach einer Weile kamen sie an einen Busch, in dem gingen sieben Jäger ihres Weges. Bakari sagte: "Wollen wir diese nicht angreifen?" Gossi sagte: "Diese Leute sind zu gefährlich. Ich fürchte mich vor solchen Leuten." Nach einer Weile kamen sie zu Ackerbauern, die bestellten einen Acker. Bakari sagte: "Wollen wir diese nicht angreifen?" Gossi sagte: "Ich fürchte mich. Diese Leute sind so sehr gefährlich. Und außerdem, wenn wir hier den Kampf beginnen, haben wir vor uns die Ackersleute und im Rücken die Jäger." Darauf sagte Bakari: "Ich sehe, daß du gar nicht ein tapferer Held bist, du fürchtest dich vor allem. Du bezahlst wohl sehr reichlich den Spielleuten, daß sie dir so gewogen sind und so große Sachen von dir singen?" Gossi sagte: "Siehst du, so und nicht anders ist es." — Nach einiger Zeit kamen sie an eine Stadt; vor den Toren gingen einige Leute hin, dem Busch zu, um sich zu entleeren. Bakari sagte (spöttisch): "Wollen wir nicht vielleicht diese Leute angreifen ?"

Darauf fuhr Gossi empor und sagte zu Bakari: "Du bist ein solcher Feigling, daß ich mich fast schäme, mit dir ausgeritten zu sein. Hast du keine Scham und nicht Angst, daß die Fulbefrauen dich auslachen werden, wenn wir harmlose Jäger und Ackersleute überfallen? Pfui, —ich schäme mich deiner!" Bakari sagte: "Was hast du denn eigentlich vor?"

Gossi sagte: "Vor uns liegt die Stadt eines Königs. Der hat da drinnen zwei wertvolle Pferde. Nimm du eines, wie ich eines nehmen werde. Damit reiten wir nach Hause zurück. Das ist eine würdige Sache, denn jedes der beiden Pferde ist von zwölf wohlbewaffneten Sofa bewacht." Bakari sagte: "Du willst das am lichten Tage ausführen? Da mache ich nicht mit!" Gossi sagte: Dann laß es sein! Dann will ich allein hineinreiten und die Pferde herausholen." Bakari sagte: "Nein, warte bis zur Nacht, dann machen wir es gemeinsam." Gossi sagte: "Gut, wenn du es durchaus nicht anders willst."

Also ritten sie am Abend in die Stadt hinein. Sie kamen unbehelligt an den Sofa vorüber; denn die Sofa hielten sie für ganz harmlose Reisende. Sie kamen an die Stelle, wo die beiden Pferde angebunden waren. Es war Mondschein. Im Mondschein gingen sie zu der Stelle hin und banden die Pferde los. Die Sofa hörten die



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Pferdetritte und schrien: "Die Pferde haben sich losgerissen, haltet sie! Die Pferde haben sich losgerissen!" Andere riefen: "Haltet die Pferde! Fangt die Pferde!" Gossi rief: "Der Pferde wegen braucht ihr nicht solche Sorge zu haben; die sind nicht allein, sondern ich, der ich sie losgebunden habe, bin dabei!" Als die Sofa das hörten, liefen sie schnell hin und schlossen alle Tore, fingen Gossi und Bakari ein und übergaben sie dem Aufseher der Gefangenen. Die Leute sagten: "Morgen früh können wir diese beiden Menschen über dem Baschi (Heiligtume) des Königs töten." Gossi und Bakari wurden in Eisen gelegt. Gossi sagte zu den Leuten: "Geht zum Könige und sagt ihm, daß ich gewohnt bin, abends meine Milch zu trinken." Die Leute sagten: "Milch gibt es nicht für Pferderäuber." Sie sagten es aber dem Könige. Der König sagte: "Es ist ein Fulbe, gebt ihm die Milch." Man brachte Gossi die Milch. Er trank die Hälfte und reichte die andere Bakari. Bakari sagte: "Ich mag nicht. Milch kann ich jetzt gar nicht trinken." Dann nahm der Sklavenaufseher die beiden in seine Obhut. Beide wurden in ein Eisen geschmiedet.

Als es Nacht war, rief Bakari: "Gossi !" Gossi antwortete aber niemals auf den ersten Anruf. Bakari rief nochmals: "Gossi!" Gossi sagte: "Weshalb störst du mich im Schlafe?" Bakari sagte: "Was, in der Nacht vor deinem Tode kannst du schlafen?" Gossi sagte: "Gewiß. Wie soll ich morgen etwas bestehen können, wenn ich heute nicht schlafe?" Bakari sagte: "Wenn es dir paßt, wollen wir doch jetzt entfliehen. Ich wiederhole: wenn es dir paßt, denn ich habe schon sehr wohl gesehen, daß du deinen Kopf für dich hast." Gossi sagte: "Ärgere mich nicht! Wie sollen wir wohl fort, da wir doch angeschmiedet sind. Wenn du solchen Unsinn noch einmal sagst, rufe ich den Gefangenenaufseher." Bakari sagte: "Nun, sei doch nur gut, — ich meine, wir könnten doch nur. . ." Gossi wollte rufen, aber Bakari hielt ihm den Mund zu.

Es begann ein heftiges Gewitter. Der Sturm jagte starke Staubwolken über die Stadt hin. Bakari sagte nach einer Weile zu Gossi: "Höre, Gossi, wir können so einfach fortkommen. Wir sind ja beide zusammengeschmiedet, aber wir können doch zusammen gehen, wenn wir die Füße vorsichtig setzen. Wir können hier hinüber und können dann über die Mauer. Willst du mich begleiten, daß wir es ansehen?" Gossi sagte: "Es ist gut. Wir wollen gehen." Beide gingen dahin, wo die Mauer war. Es war ganz dunkel. Aber im Gewittersturm kamen häufig Blitze nieder, die beleuchteten den



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Weg. Gossi und Bakari gingen Schritt für Schritt langsam zur Mauer.

Sie kamen an die Mauer. Bakari sagte: "Da brauchen wir nur hinunterzuspringen. Dann sind wir draußen." Gossi sagte: "Nein, das mache ich nicht. Das Fußeisen können wir nicht zerbrechen. Wenn wir aber herunterspringen, werden wir die Füße brechen und ewig wird man dann an meinem Fuße die Narbe, die vom Fußeisen kommt, wahrnehmen. Dann werden sich die Fulbefrauen über uns lustig machen. Nein, das will ich nicht. Eher sterbe ich morgen über dem Baschi des Königs." Das Gewitter brauste über die Mauer hin. Der Donner rollte. Der Regen prasselte zur Erde. Blitze zuckten herunter. Da gab Bakari Gossi einen Stoß. Beide stürzten von der Mauer herab.

Unten war eine Löwin, die hatte lange Zeit nichts zum Fressen gehabt, so daß ihre Brust leer war. Sie stand unten mit ihren Jungen. Als Bakari und Gossi die Mauer herunterstürzten, fielen sie auf die Jungen und unter dem Aufschlagen der Fußeisen wurden die beiden Jungen getötet. — Die Löwin aber stürzte sich auf Bakari und biß ihm die Kehle durch.

Die Blitze zuckten vom Himmel herab. Die Löwin hatte sich auf Bakari gestürzt und begann ihn zu fressen. Wenn die Blitze aufleuchteten, wandte sie sich gegen Gossi, der an Bakari angeschmiedet war und zeigte ihm die blutigen Zähne. Gossi schlug ihr alsdann ins Gesicht, so daß sie wieder und immer wieder ihre Zähne in den Leib Bakaris bohrte und ihn zermalmte. Die Blitze zuckten nieder. Gossi schlug die Löwin. Die Löwin fraß Bakari. Gossi lag daneben. Endlich hatte die Löwin die Füße Bakaris durchgebissen. Gossi konnte mit dem Fußeisen aufstehen und gehen. Er gab der Löwin noch einen Schlag, dann machte er sich auf den Heimweg. Er konnte nicht schnell gehen, aber er konnte vorwärtskommen. So kam Gossi heim.

Das war das dritte Mal, daß Gossi erschrak. Aber außer Allah, der Löwin und ihm selber hatte es niemand gemerkt. Nachher erschrak Gossi nie wieder.




***
Gossi lebte im Lande Bakunu. Zu Gossis Zeit war Hamadi König der Fulbe von Bakunu. Hamadi hielt in zwei Punkten auf strenge Innehaltung der alten Gebräuche des Landes. Die eine Fürsorge galt einem heiligen Stier. (Die Fulbe nennen solchen heiligen Stier Ngare togo scholi. Es ist ein junger Stier, der aber


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nie eine Kuh besteigen darf. Er wird als eine Art Schutzgeist angesehen. Wird er zu alt, so wird ein junger Stier, ein ganz junges Wesen, als Ersatz ausgewählt. Der neue "Heilige" wird mit dem Kopf gegen den zu alt werdenden gestoßen. Von nun an kann der alte Ngare togo scholi zur Viehzucht verwendet werden, und alle Fürsorge wird von nun an dem neuen Ngare togo scholi zuteil.) Diesen Stier durfte niemand schlagen oder stoßen, und es stand auf Zuwiderhandlung einfach Todesstrafe. Zum zweiten aber war der König strengstens auf die Respektierung der Frauen seines Hofes und Hauses bedacht. Nicht weniger als siebenhundert Soldaten bewachten ständig die Tore, die zu seinem Häuserviertel führten.

Zweimal in der Woche, am Montag und am Freitag, wurden die Frauen von den gesamten Soldaten zum Flusse hinabbegleitet. Wenn der Zug kam, mußte jedermann schnell beiseite laufen, und wer es dennoch wagte hinzuschauen oder stehenzubleiben, der war auch der Todesstrafe verfallen. Wer zufällig auf dem Hofe des Königs oder sonst wo eine Frau seines Haushaltes sah, der mußte sich abwenden und das Gesicht mit den Händen oder mit dem Mantel bedecken. —Zumal eine seiner Frauen liebte der Herrscher über alle Maßen. Das war Njelle. Der konnte er die Erfüllung keines Wunsches versagen, und sie war Hüterin aller seiner wichtigsten Schätze.

Es war ein Fulbe, der hieß Bulloballi. Der hatte von Gossis Taten gehört und er machte sich auf den Weg, um den Helden persönlich kennen zu lernen. Er legte den weiten Weg zurück, kam an, trat zu Gossi und sagte: "Ich suche das Schreckliche und Unerhörte." Gossi sagte: "Da kann dir ja leicht geholfen werden. Warte nur einige Tage, dann will ich dir das Unerhörte so zeigen, daß du genug davon haben sollst." Bulloballi sagte: "Ich werde warten."

An einem Montage (oder Freitag; der Berichterstatter, ein Bammana, weiß es nicht genau) saßen alle gemeinsam auf dem Marktplatze. Einige Dialli spielten Gitarre und sangen das Baudi (Heidenlied). Gossi schnippste gegen die Gitarre und sagte: "Komme, Bulloballi, heute wollen wir auf den Sandbänken des Flusses das Paddi (ein Würfelspiel) spielen." Gossi und Bulloballi gingen zum Flusse hinab und begannen zu spielen. Nach einiger Zeit sah Gossi, daß der Zug der königlichen Frauen, geführt und beschützt von den siebenhundert Soldaten, daherkam. Er ließ sich nicht stören. Bulloballi wandte sich um. Er sah auch den Frauenzug. Da schlüpfte er alsogleich in großer Furcht in eine Höhle, die im Ufersande war.



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Gossi stand auf. Er erwies den königlichen Frauen die Ehre und warf sich auf die Knie, das Antlitz gegen den Boden gewendet. Als der Zug aber just neben ihm war, richtete er sich unerschrocken auf, blickte mitten in den Zug und rief: "Njelle." Njelle antwortete sogleich: "Hier bin ich!" Gossi sagte: "Njelle, ich habe Durst, bringe mir doch eine kleine Schale mit Wasser." Njelle ging an den Fluß, sie ging bis an die Knie in das Wasser und schöpfte für Gossi Wasser. Sie kam mit der Schale zurück. Sie kniete vor Gossi nieder und reichte dem Helden den Trank. Gossi trank.

Man hatte vordem schon für die Frauen Decken am Boden ausgebreitet. Gossi strich jetzt mit der flachen Hand von einer der Decken den daraufgewehten Sand fort und sagte: "Setze dich zu mir nieder, Njelle!" Alle siebenhundert Soldaten und Wächter, alle Frauen sahen starr und entsetzt auf dieses Unerhörte. Niemand wagte sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Njelle aber ließ sich neben Gossi nieder, und so plauderten sie miteinander. Njelle sagte dann zu Gossi: "Es gibt keine rechten Männer mehr unter den Fulbe in Bakunu." Gossi sagte: "Ei, es gibt schon noch echte Männer in Bakunu. Du kennst sie nur nicht. Wenn du einen echten Fulbehelden kennen lernen willst, so erwarte mich heute abend in deinem Hause; denn dann will ich trotz der siebenhundert Wachen und des heiligen Stieres bei dir schlafen." Njelle sagte: "Ach, ich kann es gar nicht erwarten, daß es Abend wird. Ich möchte, es wäre erst Nacht!"

Dann nahmen Njelle und Gossi voneinander Abschied, und die Frauen kehrten mit ihren Wächtern zur Stadt in die Gehöfte des Königs zurück. Bulloballi kam auch aus seinem Versteck hervor. Er sagte: "Komm schnell heim. Ich habe genug des Unerhörten erlebt." Gossi sagte: "Nein, wir gehen nicht, wir wollen erst noch spielen." Bulloballi sagte: "Wir wollen gehen!" Gossi sagte: "Dann geh allein." Bulloballi blieb. Sie spielten Paddi.

Gossi sagte (spielgemäß): "Eine Frau hat gesagt, es gibt keine echten Männer mehr unter den Fulbe von Bakunu. — Das gibt eine neue Sache. Wir wollen es zeigen." Im Hintergrunde kam eine Löwin herbei. Gossi sah nie hinter sich. Er hörte nun wohl die Schritte und das Knurren des Tieres; aber da es hinter ihm herankam, achtete er nicht darauf. Bulloballi sagte erschreckt: "Eine Löwin!" Gossi sagte: "Da, spiele!" Bulloballi sprang auf und schlüpfte wieder in seine Höhle. Gossi blieb, wie und wo er war.

Dann kamen zwei Jäger des Weges, und hierdurch ward die Löwin



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vergrämt und sprang schnell in den Busch. Buliobaili sagte: "Ich gehe nach Hause!" Er kroch aus seiner Höhle. Als er an Gossj vorbeikam, sagte er: "Ich habe heute genug Unerhörtes gesehen." Er lief fort.

Gossi sagte: "Es gibt wirklich wenig wahre Männer unter den Fulbe. Ich werde es aber zeigen, daß es doch etliche gibt." Er stand auf und ging auch in die Stadt.




***
Als es Abend war, nahm Gossi zwei Lanzen und ging damit nach dem Königsviertel. An dem einen Tor war Ngare togo scholi angebunden, der heilige Stier, den niemand bei Todesstrafe schlagen oder stoßen durfte. Er nahm die erste Lanze und stieß sie dem Stier in die Seite. Er nahm die zweite Lanze und stieß sie dem Stier in die Seite. Der heilige Stier brach tot zusammen. Dann ging Gossi durch das Torhaus und in das Königsviertel. Er fragte eine Frau nach der Wohnung Njelles. Die Frau zeigte ihm die Richtung. Er fragte nochmals eine Frau nach dem Hause Njelles. Sie zeigte Gossi das Haus Njelles. Gossi ging hinein und schlief bei Njelle.

Drei Tage war Gossi im Hause Njelles und schlief bei ihr. Alle Frauen und Männer wußten es. Keiner aber wagte es, dem Könige diese Nachricht zu hinterbringen, denn alle Leute fürchteten seinen Zorn. Am dritten Tage faßte sich die erste Frau Hamadis ein Herz, ging zum Könige und sagte: "Seit drei Tagen ist der Held Gossi im Königsviertel und im Hause deiner Frau Njelle und schläft bei ihr." Als der König das hörte, rief er alle seine Vornehmen und Weisen zusammen zu einer Beratung auf dem großen Platze.

Der König sagte: "Ich habe das Gesetz erlassen, daß jeder, der den Ngare togo scholi schlägt oder stößt, getötet werden soll. Ich habe das Gesetz erlassen, daß jeder, der auf meine Frauen sieht und sich nicht umwendet, wenn sie irgendwo daherkommen, getötet werden soll. Nun aber ist dieser Gossi gekommen und hat den Ngare togo scholi nicht geschlagen, nein, er hat ihn getötet. Er hat meine Frauen nicht nur angesehen, sondern er hat die liebste meiner Frauen beschlafen. Er ist drei Tage bei Njelle und kümmert sich nicht um meinen Zorn. Wenn man schon wegen Schlagen und Hinschauen tötet, was soll man dann beim Töten und Beschlafen tun? Wer kann mir da einen Rat geben?"

Einige Leute sagten: "Man kann ihn eben nur töten." Andere sagten: "Man kann ihn in einem großen Topfe kochen." Es wurde vieles von der Art gesprochen. Es war auch ein Bruder Gossis da,



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der war älter als Gossi und sagte: "Tötet Gossi nicht, sondern weist ihn aus dem Lande." Gossi hörte in dem Hause Njelles alles, was draußen auf dem Platze gesprochen wurde.

Als der ältere Bruder Gossis gesagt hatte: "Tötet Gossi nicht, sondern weist ihn aus dem Lande!" sagte Gossi zu Njelle: "Höre, es wird mir etwas eng und warm im Hause, ich will ein wenig auf den großen Platz gehen." Njelle sagte: "Ich komme mit dir." Darauf traten Gossi und Njelle Hand in Hand aus dem Hause auf den großen Platz, auf dem die Versammlung abgehalten wurde, die wegen Gossis Strafe beratschlagte. Gossi sagte zu Njelle: "Nun kehre zurück."Njelle sagte: "Nein, ich begleite dich noch ein wenig, denn du bist ein wahrer Mann und der tapferste unter den Fulbe." Sie gingen also Hand in Hand noch weiter auf die Versammlung und den König zu und dann sagte Gossi: "Guten Weg, Njelle!" Njelle sagte: "Guten Weg, Gossi." Njelle kehrte in ihr Haus zurück.

Als die versammelten Männer Gossi mit Njelle Hand in Hand aus dem Hause und über den Platz kommen sahen, wandten die einen den Kopf weg, die anderen bedeckten die Augen mit den Händen, die dritten verhüllten das Antlitz, um so den Geboten des Königs zu gehorchen, welche verlangen, daß jeder fortsieht, wenn ein königliches Weib auftritt. So kam es, daß Gossi ganz ungehindert über den Platz auf den König zugehen und neben ihm Platz nehmen konnte. Den König packte aber angesichts solcher Unerschrockenheit große Angst und er rückte furchtsam ein wenig zur Seite.

Gossi setzte sich neben den König und sagte: "Mein älterer Bruder hat hier soeben gesagt: ,tötet Gossi nicht, sondern weist ihn aus dem Lande!' Wenn es nicht mein Bruder gewesen wäre, der diese schmähenden Worte gesagt hat, mein Bruder, der gleichen Vater und Mutter mit mir hat, so würde ich ihn auf der Stelle töten. Straft mich, wie ihr wollt. Ihr könnt mich töten. Aber aus der Volksgemeinschaft der Fulbe werdet ihr mich niemals ausweisen!" Gossi sagte das, stand auf und ging zurück in das Haus Njelles. —Solange Gossi neben ihm gesessen hatte, war dem Könige angst und bange gewesen - als er aber nun von seiner Seite gegangen war, ward ihm leicht und angenehm zumute.

Als Gossi den Platz verlassen hatte und wieder in Njelles Haus zurückgekehrt war, kam ein eiliger Bote in die Versammlung gestürzt und teilte mit, daß ein starker Kriegshaufe in der Nachbar-



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schaft der Hauptstadt aufgetaucht sei und da großen Schaden anrichte. Da sagte König Hamadi: "So wollen wir die Sache mit diesem Gossi zunächst sich selbst überlassen und zunächst einmal den Feinden entgegenziehen." Einer aus der Umgebung sagte: "Wenn wir aber hier weggehen, so wird dieser Gossi sehr bald entfliehen und sich so seiner Strafe entziehen." Ein Einheimischer aber sagte: "Man sieht, daß du nicht aus dieser Stadt bist, sonst würdest du wissen, daß dieser hier ein Held ist, der niemals entfliehen wird." — Somit brach dann das Heer auf und zog unter der Führung des Königs Hamadi gegen den Feind.

Gossi hörte alles das mit an. Als die anderen abgezogen waren, sagte er zu Njelle: "O Njelle! Ich höre, daß draußen Krieg ist und nun sitze ich hier tatenlos bei einer Frau! Ach Njelle, wenn ich doch nur ein Pferd hätte!" Njelle sagte: "Höre, es sind hier im Königshofe zwei herrliche Pferde, eines hat sieben, das andere hat zehn Sklaven gekostet. Geh hin und wähle eines aus." Gossi ging hin und wählte ein Pferd aus. Er kam zurück und sagte: "Ach, Njelle, wenn ich nun noch ein gutes Gewehr hätte!" Njelle hatte alle Schlüssel über alle Vorratshäuser. Sie zeigte ihm, wo der Speicher mit den Gewehren sei. Er ging hin und nahm aus dem Haufen von fünfzig eine Doppelbüchse heraus. Njelle zeigte ihm, wo der Speicher mit dem Pulver und den Kugeln sei. Sie sagte zu Gossi: "Nimm dir nur viel Pulver und Kugeln mit!" Gossi sagte: "Ich brauche nur für zwei Schüsse, um uns hier zu befreien." Er lud und sagte: "Guten Weg, Njelle." Njelle sagte: "Guten Weg, Gossi!"

Inzwischen war es dem Heerhaufen des Königs Hamadi sehr schlecht ergangen. Die Feinde waren mit großer Macht herangekommen und hatten die Fulbe so gut wie zurückgedrängt. Nun waren zwei kühne Helden unter den Truppen des Feindes, die hatten es darauf abgesehen, den König Hamadi zu töten oder gefangen zu nehmen. Der eine hatte gerade die Büchse angelegt, um König Hamadi aus nächster Nähe totzuschießen, der andere hatte schon die Hand ausgestreckt, um den König Hamadi an der Brust zu packen. In diesem Augenblick kam Gossi angejagt. Er erschoß erst den, der sein Gewehr gegen König Hamadi gerichtet hatte, dann tötete er den anderen, der seine Hand nach dem Könige ausgestreckt hatte. Beide sanken tot zu Boden. Gossi packte die beiden Pferde an den Zügeln, reichte dem König die Zügel und sagte: "Bewahre mir diese beiden Pferde gut." Der König band die Riemen



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der Pferde zusammen und hielt sie, und so ward der König Hamadi der Sofa des Helden Gossi. —Gossi aber stürzte sich in das Schlachtgewimmel, sprengte überailhin, wo der Feind die Oberhand gewinnen wollte und das hatte zur Folge, daß das Heer König Hamadis zuletzt doch noch den Feind zurückschlug.

Als das Heer Hamadis sich versammelte, sprengte Gossi so schnell wie möglich zur Stadt zurück, band sein Pferd am Hause Njelles an und ging hinein. Gossi sagte: "So, Njelle, nun mache mir warmes Wasser, damit ich mich baden kann, denn ich habe schwere Arbeit hinter mir." Darauf lachte Njelle vor Freude und bereitete alles. Der Held wusch sich.

Das Heer Hamadis versammelte sich auf dem Schlachtfelde und kehrte in die Stadt zurück. Die Versammlung trat wieder auf dem großen Platze zusammen. Als alle anwesend waren, sagte der König: "Wir müssen jene Sache des Helden Gossi, die noch nicht erledigt ist, abschließen. Gossi hatte den Ngare togo scholi getötet und ist in das Haus meines Lieblingsweibes gegangen, um bei ihr drei Tage zu schlafen. Wir haben keine Strafe ersinnen können, die schwer genug gewesen wäre, die genügt hätte, diese Verbrechen zu sühnen. Inzwischen ist aber eine große Änderung eingetreten. Gossi hat mir auf dem Schlachtfelde nicht nur das Leben gerettet, sondern wir haben es ihm auch zu verdanken, wenn wir den Sieg nicht verloren haben. Darum will ich diesem Helden Gossi, anstatt ihn zu strafen, die Frau Njelle schenken." Der ältere Bruder Gossis ging hin, um den Helden zu rufen und ihm zu sagen, was der König beschlossen habe.

Gossi kam. Er trat in die Versammlung. Er nahm kühn und unverzagt neben dem Könige Platz. Er sagte: "König Hamadi! Ihr anderen! Ihr glaubt, daß ich diese Sache um der Frau Njelle wegen getan habe. Das würde ich nicht tun, denn Njelle ist die Frau des Königs. Aber eine Fulbefrau hat mir gesagt, ,es gibt keine ordentlichen Männer mehr!' Es ist eine Schande, wenn die Fulbefrauen so sprechen können. Ich habe mit alledem nur zeigen wollen, daß es eben noch echte Männer unter den Fulbe gibt. Deine Frau will ich dir nicht nehmen. Behalte sie, König Hamadi."

Damit stand Held Gossi auf und verließ das Viertel des Königs.




***
Später sagte der Held Gossi: "Ich bin doch der tapferste aller Fulbe. Nur drei Männer werden mich darin zu übertreffen wissen: Erstens, der sich in warmem Wasser wäscht und Geduld


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genug besitzt, dem Juckreiz zu widerstehen und sich nicht zu kratzen. Zweitens, der einen Niednagel am Finger hat und den Mut besitzt, ihn nach der Handfläche zu fingerauf wegzuziehen, statt ihn abzubeißen oder abzuschneiden. Drittens, wer nachts Wasser schöpft um zu trinken und dann trinkt ohne das anzusehen, was er schlürft."
5. Kumba Sira Maga*

Kumba Sira Maga (oder Maka) war in Muria (oder Murdia) im Lande Wagadu zu Hause. Er wollte ein kleines Mädchen heiraten, die hieß Njelle. Damals war in Segu Monsong König. König Monsong war mächtig. Seitdem Njelle klein war, hatte Kumba Sira Maga ihr Geschenke gemacht. Sie wohnte auf dem Lande nahe bei Murdia. Eines Tages aber kam König Monsong mit großer Kriegsgewalt in das Land. Und just einen Tag, nachdem Kumba Sira Maga dem schönen Mädchen einen Ring geschenkt hatte, fiel König Monsong über dies Land her und nahm außer anderer Beute auch die schöne Njelle mit sich fort. Kumba Sira Maga hörte es alsbald, daß König Monsong das Mädchen, das seine Frau werden sollte, geraubt habe.

Kumba Sira Maga wohnte bei dem Bruder seines Vaters, der Fasa hieß. Er sagte zu seinem Onkel Fasa, daß er nach Segu gehen wollte, seine Njelle wiederzuholen. Dreimal verbot ihm Fasa, solche Sachen zu sagen. Dann aber reiste Fasa eines Tages selbst in eigener Angelegenheit nach Segu und sagte nochmals zu Kumba Sira Maga: "Leb wohl und laß den Gedanken an Njelle fallen." Er reiste fort. In einiger Entfernung folgte ihm aber heimlich Kuinba Sira Maga. Als Fasa in der Nähe Segus war, zeigte sich Kumba Sira Maga. Fasa sagte entsetzt: "Ich fürchte, du wirst Unruhe erregen und Streit anfangen." Der Bursche aber sagte: "Fürchte dich nicht, mein älterer Bruder meines Vaters. Ich werde dir keine Schande bereiten."

Als sie in Segu angekommen waren und die Mittagszeit verstrichen war, sagte Kumba Sira Maga zu seinem Onkel: "Ich werde jetzt ein wenig promenieren, die Stadt verlassen und mir die Umgebung ansehen." Kumba Sira Maga ging von dannen und versteckte sich da, wo die Kühe grasten. Als es Abend war, kamen die einzelnen Sklavinnen, um die Kühe ihrer Herrschaft zu melken. Er trat an jede einzelne Sklavin heran und fragte sie: "Wem gehörst 

* Man sagt, daß dieser Sang am Anfang Pui gesungen wurde.


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du? Wem bringst du die Milch?" Jede einzelne sagte es. Er aber kümmerte sich um keine einzige mehr. Endlich kam ein kleines Mädchen, die fragte er wieder und die antwortete: "Ich bin die Gada (d. i. ein kleines Sklavenmädchen) der Njelle." Darauf gab Kumba Sira Maga dem kleinen Mädchen hundert weiße Kolanüsse und sagte: "Sage deiner Herrin Njelle, daß Kumba Sira Maga, von dem sie bei Murdia den Goldring erhielt, hier ist und sie grüßen läßt." Die Gada lief so schnell sie konnte zurück und wiederholte alles ihrer Herrin. Njelle sagte: "Das ist mein Kumba Sira Maga. Geh noch einmal zu ihm zurück und sage ihm, daß ich von hier nicht fort kann, weil ich von Mauern eingeschlossen bin, daß ich ihn aber sehr schön grüßen lasse." Die Gada sprang zurück und sagte alles dem Helden, der noch vor den Toren der Stadt war. Kumba Sira Maga sagte: "Es ist gut. Sage Njelle, sie solle heute abend an dem Niege-ngu (Wasserausfuhrloch am Mauerfuße) wohl achtgeben." Die Gada lief wieder zurück und sagte alles Njelle wieder. Njelle aber brachte ihr Zimmer in Ordnung und sorgte auch, daß das Bett richtig hergerichtet sei.

Als es Abend war, mußte die Gada am Niege-ngu aufpassen. Kumba Sira Maga kam. Er schlüpfte durch das Wasserablaufloch. Die Gada sagte: "Bist du es, Kumba Sira Maga?" Der Held sagte: "Ja, ich bin es." Die Gada sagte: "Meine Herrin Njelle hat mir einen Schal gegeben, den sollst du um das Gesicht schlagen, damit du nicht zu fürchten brauchst, erkannt zu werden." Kumba Sira Maga sagte: "Nein, so etwas mag ein feiger Sklave tun, aber ich tue es nicht. Zeige mir, wo hier im Königshofe das Haus Njelles, deiner Herrin, ist." Die Gada führte Kumba Sira Maga dahin. Der Held blieb drei Tage im Hause Njelles.

Im Hofe waren ein Gakobo oder Tegeng (Eunuch) und eine Frau mit der Aufsicht über die Frauen und Mädchen des Königs betraut. Die mußten von Zeit zu Zeit das Kiläischeng nehmen, das heißt gebrannte Kolanüsse essen und schwören: "Wenn ich dir nicht alles sage, was hier passiert, so sollen mich die Kolanüsse verbrennen." Zwei Tage lang sagten die beiden Aufseher dem Könige nichts. Sie wußten aber, daß jemand im Hause Njelles war, denn sie hatten Kumba Sira Maga sprechen hören. Sie besprachen miteinander diese Sache und erwogen, wie der Mann wohl in den Hof und in Njelles Haus hineingekommen war. Denn alle sieben Torhäuser, die den Zutritt bildeten, waren mit wachthabenden Soldaten besetzt. Am dritten Tage sollten die beiden wieder das Kiläischeng nehmen. Da



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nahmen sie sich ein Herz, besprachen die Sache noch einmal miteinander, gingen zum Könige und sagten: "Es ist ein Mann aus Murdia gekommen, der heißt Kumba Sira Maga. Wir wissen nicht und haben es nicht in Erfahrung bringen können, wie es geschah; aber dieser Mann ist in den Königshof eingedrungen und schläft seit zwei Tagen bei Njelle, die der König Monsong aus dem Lande bei Murdia mitgebracht hat." Der König Monsong fragte: "Ist dieser Kumba Sira Maga noch da oder ist er inzwischen fortgegangen ?" Die Aufseher sagten: "Der Mann ist noch immer im Hause Njelles."

Darauf rief König Monsong alle seine Soldaten und Soldatenführer zusammen und sagte: "Es ist etwas Unerhörtes geschehen. Ein fremder Mann namens Kumba Sira Maga ist aus Murdia gekommen, ist auf unerklärliche Weise in den Hof gekommen und schläft seit zwei Tagen im Hause der Njelle, die ich aus dem Lande bei Murdia mitgebracht habe. Nun sage einer, was man mit ihm anfangen soll? Soll man ihn rösten, soll man ihm die Hände abschlagen und ihn köpfen, soll man ihn kochen, oder was soll mit ihm geschehen?" Der eine sagte: "Man soll ihn köpfen." Der andere sagte: "Man soll ihn rösten." Der dritte sagte: "Und dann soll man nach Murdia ziehen und das ganze Land verwüsten, damit sein Stamm und seine Familie bestraft werden." Es war da aber ein alter Schmied mit Namen Numu Tji oder Tschi. Das war der klügste Ratgeber des Königs Monsong. Der ward auch zur Beratung herangezogen und sagte: "Es gibt jeder seinen Rat." König Monsong sagte: "Der deine ist mir besonders wertvoll. Sprich also."

Numu Tschi sagte: "Da ist das Dorf Djonkollonia. Das ist noch nicht unterworfen vom Könige von Segu. Wir wissen aber, daß von dort jeden Tag ein neuer Herrscher über Segu kommen kann. Denn es sind in Djonkollonia neun Ngana (Helden), von denen jeder die Kraft und Fähigkeit besitzt, sich zum Herrscher aufzuschwingen. Seit drei Jahren führen wir mit jenen Leuten Krieg, und ein Weiser hat uns gesagt, daß es einem der Unseren entweder gelingt, den Kopf einer schwarzen Katze, gehüllt in roten Stoff, in den Brunnen mitten im Dorfe zu werfen, oder daß die Ngana von Djonkollonia uns besiegen werden. Sendet doch nun diesen Kumba Sira Maga, der ein Held zu sein scheint, in die Stadt Djonkollonia. Gelingt es ihm, diese Sache auszuführen, so sind wir von dieser Sorge und Gefahr befreit. Er hat dann seine Schuld gutgemacht. Gelingt es ihm nicht, so



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kommt er eben dabei ums Leben." Darauf sagten der König und alle Leute, daß dieser Rat der beste sei.

Kumba Sira Maga ward gerufen. Er kam sogleich. König Monsong sagte: "Du hast dich schwer gegen die Rechte und Gesetze meines Hofes vergangen. Wenn du nun bereit bis, den schwarzen Katzenkopf in rotem Stoffe in den Brunnen, der inmitten der Stadt Djonkollonia liegt, zu werfen, soll dir die Schuld vergeben werden." Der Held sagte: "Gebt mir nur den Katzenkopf her. Sorgt aber, daß einige Reiter mir nachfolgen, die alles, wie es sich abspielen wird, mit ansehen." Der König sagte: "Das soll geschehen." Kumba Sira Maga stieg zu Pferde. Er nahm seine Waffen. Er ritt von dannen. Es folgten ihm hundert freie Reiter, hundert Diallireiter, hundert hörige Reiter. Als der Zug eine Strecke weit gekommen war, befiel die Sklaven Angst. Sie blieben zurück. Wieder ein Stück weiter hielten auch die Freien an. Als aber Djonkollonia in Sicht kam, hielten auch die Dialli an, stiegen ab und sahen zu, wie Kumba Sira Maga in die Stadt hineinritt.

Der Held kam durch das Stadttor. Er kam unbehelligt durch das Lager der Krieger, und niemand hielt ihn an, weil jeder ihn für einen Boten hielt. Er kam bis an den Brunnen. Er zog den Katzenkopf heraus und schrie: "Hallo, ihr Leute von Djonkollonia, König Monsong von Segu sendet mich. Hier halte ich das in der Hand, was eine Stadt zerstört. Seht. Seht." Damit warf er den in roten Stoff gehüllten schwarzen Katzenkopf in den Brunnen hinab. Sogleich begannen alle Weiber und Kinder zu schreien. Die Weiber schrien: "Das Unglück über die Stadt bricht herein. Ist kein Mann in Djonkollonia, der den Mann packen und töten kann ?" — Kumba Sira Maga verließ gelassen den Platz, passierte das Tor und machte vor der Stadt unter einem mächtigen Merebaume halt, um abzuwarten, was sich nun weiter ereignen würde."

In der Stadt rüsteten sich alsogleich die neun Ngana, und einer der Helden nach dem anderen kam herausgeritten, um mit dem Helden Kumba Sira Maga zu kämpfen. Da kam zuerst der Anführer Killindi-Kallondo. Der sah immer nur, wenn er mit einem um den Kopf geschlungenen Tuche die allzutief herabhängenden Augenbrauen hochzog. Kumba Sira Maga schoß ihn, als er heransprengte, ins Herz und schnitt ihm dann mit einem Schwerthiebe das Haupt ab. Sein Pferd band er an den Baum. — Als zweiter kam Turani-Kabato, der hatte ein so langes Glied, daß er es immer hochbinden mußte, wenn er in den Krieg zog. Mit dem ging es



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ebenso wie mit Killindi-Kallondo. Dann sprengte Niamaku heran (der anscheinend ein Sako war), dann Niamaku Njelle (denn seine Mutter hieß Njelle), dann Siga di Baba (Baba, der Sohn -di, der Siga), dann Ngolo Korroba, dann Ngoloni Djenni, dann Monson Dierra, dann Keffa Sulle (der Mannstöter), und einem erging es wie dem anderen. Kumba Sira Maga schlug jedem einzelnen den Kopf ab und band sein Pferd an den Baum. Als das ganze Werk vollendet war, band er alle neun Häupter zusammen und nahm sie zu sich auf sein Pferd. Er nahm die anderen neun Rosse an die Leine und kehrte nach Segu zurück.

Als das Gefecht vor den Toren von Djonkollonia begonnen hatte, waren zuerst die 100 Dialli zurückgekehrt und hatten im Vorbeireiten die ioo Freien und die 100 Hörigen mitgenommen, so daß Kumba Sira Maga den Weg ganz menschenleer und verlassen fand. In der Stadt Segu hatten die 300 verkündet, daß Kumba Sira Maga in Djonkollonia zerschossen, zerhackt und zerstückt sei. Der siegreiche Held kam nun an, aber er ritt nicht zum Könige Monsong, sondern zu dem Numu Tschi, der den Rat gegeben hatte, Kumba Sira Maga gegen die Stadt mit den neun Helden auszusenden.

Numu Tschi führte Kumba Sira Maga und die Häupter der neun Helden zu König Monsong und sagte: "Nun sieh, ob mein Rat nicht gut gewesen ist. Du wolltest eines Weibes wegen diesen Mann töten und eine Provinz wie Murdia zerstören. Nun hat der eine Mann dir aber neun Häupter und neun Provinzen erobert."

Der König sagte: "Du hast recht gehabt und dein Rat war wertvoll. Ruft die Frau Njelle." Njelle ward herbeigebracht. Der König stattete sie reich mit Kauri aus und gab sie dann dem Helden (= ngana) Kumba Sira Maga. Er sagte: "Hier hast du einiges davon, was du als tapferer Mann verdient hast. Im Vergleich mit dir muß ich sogar wie ein Weib erscheinen."

6. Hamadi Fing und Bassala-n' Sa

Eines Tages spielten Buge Korroba, Buge Ntienni und Sagate Sungallu (oder Singo) auf dem Marktplatze von Kalla "Paddi". (Löcher sind im Boden gemacht. Jeder wirft hinein und erzählt etwas von seinen Taten zum Spiele. Sonst ist es dem bekannten Brett-Mangalla-Spiele ähnlich.) Buge Korroba sagte, was er da und da getan habe. Buge Ntienni sagte, was er da und da getan habe. Sagate Sungallu sagte, was er da und da getan habe. Es war aber in



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Kalla ein Mann namens Hamadi Fing, der war von Kind auf feige gewesen und hatte nie etwas Kriegerisches mit den anderen unternommen.

Hamadi Fing lehnte an einem Pfeiler der Galla (Plattform auf Holzsäulen, die auf dem Marktplatz oder vor den Toren bei Tänzen und Spielen die Bühne der Zuschauer bildet), unter der die Recken Paddi spielten. Er sah ihnen zu. Buge Korroba, Buge Ntienni (Buge der Kleine) und Sagate Sungallu sahen auf, gewahrten alle drei Hamadi Fing und alle drei schrien ihn an: "Was hast du je getan? Wann bist du je im Kriege gewesen? Nie werden wir von dir und deinen Sprossen im Pui hören. Also mach, daß du aus unseren Mauern kommst. Du kümmerst uns nicht mehr. Du bist nur eine Schande für Kalla. Zieh von dannen!" Hamadi Fing sagte: "Was wollt ihr? Ich bin ein redlicher Mann, ich habe nicht gestohlen, ich habe euren Frauen nichts Schlechtes getan, bin euren Weibern nicht nachgelaufen und habe euer Besitztum nicht angesehen!" Die drei Helden aber sagten: "Du bist eine Schande, mach, daß du von dannen kommst. Du bist für Kalla eine Schande. Flieh aus unserem Kreise!" Hamadi Fing sagte: "So erlaubt mir, daß ich meine Frau Essen bereiten lasse, was vierzehn Tage in Anspruch nehmen wird." Die Helden sagten: "Wegen der vierzehn Tage ist es uns gleichgültig; aber wir wollen dann auf alle Zeit von der Schande befreit sein, mit Gesindel deiner Art zusammen leben zu müssen."

Nach 14 Tagen hatte Hamadi Fing alles zum Aufbruch bereitet. Er nahm sein Roß und bestieg es. Sein Weib saß auf einem Packochsen. So zog er von dannen. Er kam am Platze vorbei, auf dem die Helden Paddi spielten. Er rief ihnen zu: "Ich gehe. Auf euch aber fällt diese Angelegenheit." Die Helden spotteten: "Was da fällt, wird für unsere Schultern nicht zu schwer werden, denn aus deinem Stamme kann nur Leichtes kommen." Hamadi Fing zog mit den Seinen von dannen.

Hamadi Fing zog mit seiner Frau bis nach Beledugu. Er kam nach dem Orte Bassala. Den beherrschte ein Dugutigi mit Namen Sa. Der Ort Bassala gefiel Hamadi Fing. Er kam zu Sa und sagte: "Gib mir einen Platz, damit ich mir für mich und die Meinen ein Haus baue." Sa sagte: "Von wo kommst du?" "Hamadi Fing sagte: "Ich komme aus Kalla. Aber die Leute aus Kalla haben mich verjagt." Sa sagte: "Wenn du aus Kalla kommst, ist das schon schlimm; aber wenn sogar die Kallaleute dich verjagt haben, dann mußt du ein ganz gefährlicher Räuber sein." Hamadi Fing



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sagte: "Ich bin ein anständiger Mann, der niemand etwas Schlimmes tut. Die Leute von Kalla haben mich verjagt, weil ich eben niemals in den Krieg gehe und ein Feigling bin." Da sagte der Dugutigi Sa: "Wenn es so steht, so magst du bleiben. Wir sind einfache Ackerbauern und verlangen von niemand einen kriegerischen Sinn. Lasse dich hier ruhig nieder, baue ein Haus, bestelle deinen Acker."

Hamadi Fing baute sein Haus, zuerst aus Strohplatten (Secko), dann mauerte er es aus Lehm. Ein Jahr später zog er um sein Gemeinwesen eine umfangreiche Lehmmauer. Dann kam Hamadi Fings Frau mit einem Knaben nieder. Hamadi Fing aber lud den Dugutigi zur Taufe, und der Knabe erhielt den Namen des Oberhauptes: Bassala-n' Sa.

Hamadi Fing sorgte, daß dem Knaben alles zuteil würde, was ihm etwa im Leben von Nutzen sein konnte. Er ließ aus sieben Städten sieben Marabut kommen, ließ jeden an einem besonderen Platz schlafen, so daß keiner von der Anwesenheit des anderen wußte. Jeder mußte dem Knaben besondere Weihe angedeihen lassen. Dann ließ er sieben Bammana kommen, die mit heidnischem Zauber wohl Bescheid wußten. Sie kochten jeder ein wirksames Baschi, das gegen Kugeln und jede Wunde wohl und sicher schütze. So ward dem Knaben Bassala-n' Sa alles, was nach Menschenkräften getan werden konnte.

Ferner ließ er zwei Dialli kommen, die wurden dem Knaben im Hofe als Lehrer beigegeben. Sie mußten ihm das Pui vorsingen. Der Knabe durfte den Hof zwar nicht verlassen, aber es wurde ihm ein Pferd gegeben, auf dem konnte er sich fröhlich umhertummeln. So verbrachte das Kind im Mauerkreise eine von bester Erziehung gesegnete Jugendzeit, und das währte, bis er bald erwachsen war. Aber er war noch nicht Jüngling, sondern nur ein großer Knabe.

Bassala-n' Sa war ein großer Knabe. Da fragte er eines Tages die beiden Dialli: "Wie kommt man in das Pui?" Die Diallj sagten: "Man kommt in das Pui, indem man große Taten vollführt, und zwar im Kriege; Taten, die man ganz allein ausführt, die niemand anders tut und bei denen niemand hilft. In das Pui kommen die ganz Tapferen." Bassala-n' Sa fragte: "Wo verrichtet man solche Taten?" Die Dialli sagten: "Solche Taten verrichtet man in dem Lande Kalla." Der Knabe sagte: "Ich werde mir das Land Kalla einmal ansehen. Weshalb bin ich immer in dieser Mauer? Weshalb gibt mir mein Vater Pferd und Gewehr? Weshalb läßt er



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mir durch zwei Dialli vom Pui wieder und immer wieder vorsingen? Nein, ich will nicht mehr hierbleiben. Ich will in die Welt hinausreiten und im Lande Kalla vom Pui etwas erleben! Mein Sufa soll mein Pferd satteln."

Die Dialli sagten: "Dein Vater wird nicht einverstanden sein. Dein Vater wird sehr böse werden." Der Knabe sagte: "Ich will nicht mehr in dieser Mauer leben. Ich will in das Land Kalla reisen." Die Dialli sagten: "Reize deinen Vater nicht." Bassala-n' Sa sagte: "Es ist genug! Sufa, rüste mein Pferd." Der Sufa rüstete das Pferd. Bassala-n' Sa schwang sich hinauf und nahm sein Gewehr. Er ritt aus dem Tore. Der Sufa folgte ihm. Er sprengte auf den Marktplatz von Bassala. Da saß Hamadi Fing mit den Alten des Dorfes. Er ließ vor dem Vater das Pferd hoch aufsteigen. Der Vater sah erstaunt auf. Der Knabe sagte: "Ich will nach Kalla reisen."

Hamadi Fing sagte: "Was willst du?" Der Knabe sagte: "Ich möchte nach Kalla reisen." Hamadi Fing sagte: "Was willst du in Kalla? Was treibt dich nach Kalla?" Der Knabe sagte: "Mein Vater, die Dialli haben mir alle Tage vom Pui vorgesungen. Alle Tage habe ich vom Pui gehört. Ich möchte es sehen, wie man in das Pui kommt." Hamadi Fing sagte: "Wenn du nach Kalla zurückkehrst, wirst du von mir kein Geld, keine Sklaven, nichts erhalten. Denn ich stamme aus Kalla und mich haben die Helden von Kalla, die Helden des Pui, Buge Korroba, Buge Ntienni, Sagate Sungallu, verjagt, weil ich nichts tat, um in das Pui zu kommen. Was willst du nun dort? Sie werden dich verspotten. Sie werden dich töten. Sie haben gesagt, sie wollten nichts mehr mit mir und den meinen zu tun haben. Und nun willst du zum Lande Kalla reiten, um in das Pui zu kommen?"

Bassala-n' Sa sagte: "Vater, ich will nichts von deinem Besitztum und von deinen Sklaven. Ich verlange nichts anderes als die Erfüllung einer Bitte: Gib mir meinen kleinen Sufa als Pferdejungen mit. Mehr brauche ich nicht. Mehr will ich nicht. Ich muß aber nun gerade nach Kalla, um den Helden Buge Korroba, Buge Ntienni und Sagate Sungallu guten Tag zu sagen. Laß mich reiten, mein Vater."

Hamadi Fing sagte: "Bassala-n' Sa, du bist ein törichter Knabe, aber ich will und kann dich nicht vor deinem Schicksal bewahren. Nimm deinen Sufa mit. Außerdem will ich dir hundert weiße Kola und Getreidemehl als Wegzehrung mitgeben." Hamadi Fing ließ die Nahrung bereitstellen. Er ließ alles bereiten. Hamadi Fing



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sagte nochmals: "Bassala-n' Sa, die Leute von Kalla wollen uns nicht wohl, sie werden dich töten." Bassala-n' Sa ließ sein Pferd aufbäumen. Er ritt zum Orte hinaus und nach der Richtung von Kalla von dannen.

Hamadi Fing lachte hinter ihm her.



***
Unter der Galla in Kalla saßen die drei Helden Buge Korroba, Buge Ntienni und Sagate Sungallu. Sie spielten Paddi. Buge Korroba sagte, was er da und da getan habe; Buge Ntienni sagte, was er da und da getan habe; Sagate Sungallu sagte, was er da und da getan habe. Bassala-n' Sa kam an die Galla, — er hielt vor der Galla und rief: "Buge Korroba, gib mir Wohnung bei dir. Buge Ntienni, gib mir Wohnung bei dir. Sagate Sungallu, gib mir Wohnung bei dir." Buge Korroba sah auf und sagte spöttisch: "Sonst sucht man immer nur bei einem Wohnung. Hier scheint aber einer zu sein, der keine Bescheidenheit und kein Schamgefühl hat." Der Sufa des Bassala-n' Sa sagte: "Das Schamgefühl wird wohl eher euch fehlen, sonst würdet Ihr erst genau nachsuchen, ob jemand nicht Veranlassung zu ungewöhnlichem Wunsche hat." Ein Alter aus Kalla war da, der sagte: "Ihr Männer, streitet nicht. Ihr wißt nicht, was der junge Mann ist, und er hat uns seinen Charakter noch nicht erschlossen. Es scheint mir eine besondere Bewandtnis mit ihm zu haben. Darum sage ich: streitet nicht!"

Darauf sagte Buge Korroba: "Du sollst bei mir wohnen." Es sagte Buge Ntienni: "Du sollst bei mir wohnen." Es sagte Sagate Sungallu: "Du sollst bei mir wohnen." So ward Bassala-n' Sa gut empfangen. Die Leute schlachteten einen Ochsen und bewirteten ihn gut. Niemand aber wußte, daß Bassala-n' Sa ein Sohn Hamadi Fings war.

Eines Tages spielte ein Dialli und sang vom Pui. Die Helden und Bassala-n' Sa waren dabei. Einer der Helden spottete über den großen Knaben und sagte: "Ein junger Affe (das soll heißen, ein junger Ankömmling) soll hier kein Mehl erhalten (soll nicht zuhören)." Bassala-n' Sa entgegnete: "Ich kann mir das denken. Wie aber, wenn der junge Affe größer ist als ein Elefant? Dann kann er doch wohl nehmen?" Buge Korroba sagte: "Wenn es draußen so große Affen gibt, so werden sie um so größere Ziele abgeben für die guten Jäger und Schützen, deren es in Kalla genug gibt." Ein Dialli unterbrach die Streitenden und sagte: "Laßt den Streit, singt lieber ein jeder von den Taten, die er begangen hat!"



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***
Es war ein Berze (ein Dialli aus Kaarta) im Kreise, der hieß Muke. Dieser Muke schnippste mit dem Finger an der Gitarre und sagte: "Pui! Ich singe aus dem Pui vom Morgen bis zum Abend. Ich selbst bin im Pui !" Darauf erzählte Muke:

"Ich reiste von Kaarta ab, denn mich gelüstete, die Taten der Männer von Kalla zu sehen und vom Pui zu erleben! Zwei Sklaven nahm ich mit mir. Zunächst reiste ich nach Segu und kaufte für den einen Sklaven so viele Kolanüsse ein, als der andere zu tragen vermochte. Mit dem Sklaven, der die Kolanüsse trug, kam ich hier an.

Zuerst dachten die Leute, ich sei nur als Diulla, als reisender Kaufmann, nach Kalla gekommen, und doch war ich gekommen, um den Charakter der Kallaleute zu erforschen und das Pui kennen zu lernen. Ich verkaufte meine Kolanüsse nicht. Eines Tages sagten aber die Kallaleute: ,Es gibt einen gar gefährlichen Jäger, den Fa-Mussa im Busche, den hat noch niemand überwunden. Wir wollen ausziehen, den Fa-Mussa zu überwinden. Das wird uns Ehre einbringen.' Ich sagte zu den Kallaleuten: ,Das ist recht, laßt mich mitreiten; denn ich will auch etwas Tüchtiges miterleben.' Die Kallaleute sagten: ,Ach du, du bist nur ein Diulla, was willst du dabei?' Ich aber entgegnete: ,Ich bin nur gekommen, mit euch etwas zu erleben, ich will euch von meinen Kolanüssen als Wegzehrung mitgeben, soviel ihr wollt, aber laßt mich mit euch ziehen.' Da sagten sie mir: ,So komm denn in Allahs Namen mit uns!' Ich ritt mit ihnen.

Fa-Mussa war ein großer, ganz gewaltiger Jäger und schoß mit Bogen, Pfeil und Gewehr. Im Norden bei den Mauren hatte er einen Strauß getötet und aus den schönen Straußenfedern hatte er sich einen Kopfputz gemacht. Daran erkannte ihn jeder Mann, und dieser Straußenfederkopfputz war im ganzen Lande berühmt. Fa-Mussa hatte zwei Söhne. Die waren schon tüchtig im Gebrauche von Bogen und Gewehr, wenn sie auch noch sehr junge Burschen waren. Fa-Mussa und seine Leute waren lange von aller Welt gefürchtet und kein Mensch wagte bis dahin, mit ihnen Streit anzufangen.

Eine Reihe tapferer Kallaleute brach auf, gegen diesen Unhold zu Felde zu ziehen, und ich durfte mich ihnen anschließen. Die Kallaleute sagten mir: ,Gib du uns deine Kolanüsse, wir werden dir einen der Söhne Fa-Mussas dafür als Sklaven geben.' Damit war ich einverstanden. Aber ich wußte sehr wohl von den Kallaleuten, daß, wenn andere ioo Männer gekommen wären, Fa-Mussa sie



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doch überwunden hätte. So war ich sehr begierig darauf, das Werk meiner Führer selbst sehen zu dürfen.

Wir ritten so lange, bis wir den Federschmuck Fa-Mussas durch die Bäume leuchten sahen. Meine Begleiter ritten mutig einige Schritte auf ihn zu, dann aber kehrten sie um. Die Kallaleute sagten: ,Er steht da in voller Bewaffnung, wir wollen lieber nach Kalla zurückkehren.' Darauf sagte ich ihnen: ,Ihr Männer von Kalla, wo soll der Glanz eures Namens bleiben, wenn ihr so, ohne einen Kampf aufgenommen zu haben, nach Hause zurückkehren wollt? Wegen eines Mannes und zweier unreifer Burschen dürfen Kallaleute nicht umkehren. Tut, wie ihr mir versprachet, tötet den Jäger und gebt mir einen der Knaben für meine Kolanüsse.' So sagte ich.

Darauf ritt einer der Kühnsten voran und sprengte auf den Jäger zu. Aber einer der beiden Knaben, die dahinter im Busche lagen, schoß einen Pfeil, und unser Mann brach auf seinem Pferde zusammen. Er war tot. Der Jäger aber nahm seinen Bogen, schlug mit ihm auf den Knaben, der geschossen hatte, und sagte: ,Du voreiliger Bursch! Willst du mir wohl meine Arbeit lassen?! Wie kannst du schon schießen, wenn es noch gar nicht der Sache wert ist?!' Als die Kallaleute diese Sache hörten und sahen, befiel sie noch viel mehr Angst. Ich habe ihnen aber gesagt: ,So ist es im Kriege, bald fällt auf der einen Seite einer, bald auf der anderen. Versucht es noch einmal.' So munterte ich sie nach meiner Art auf, — denn ich bin kein Diulla (Wanderkaufmann), sondern ein Spielmann (Dialli) aus Kaarta.

Noch einmal wagte es einer der Kallaleute vorzusprengen. Diesmal schoß der andere Knabe des Jägers. Der Getroffene brach auf seinem Pferde tot zusammen. Es nützte ihm nichts (wörtlich), daß der Jäger seinen Bogen nahm und auf den Burschen schlug. Der Jäger sagte: ,Höre, du vorwitziger Bursche, du bist nicht ein wenig besser als dein Bruder. Kinder, wenn ihr mir doch meine Sache überlassen wolltet.' Wiederum entstand unter den Kallaleuten große Furcht. Sie wollten heimkehren. Ich sagte ihnen aber: ,Ihr Männer aus Kalla, so dürft ihr nicht heimkehren. So greift doch die Jäger und seine Burschen alle miteinander an.' So sagte ich.

Nun machten sich alle Kallaleute auf und ritten vor. Als der Jäger das sah, sagte er zu seinen Jungen: ,So, meine Burschen, nun geht einmal beiseite, nun fängt meine Arbeit an!' Die Jungen des Jägers gingen fort. Der Jäger nahm zwei Pfeile auf einmal an die



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Sehne, und das Gewehr faßte er mit den Zehen. So stand er da. Als die Reiter aus Kalla herankamen, flogen die beiden Pfeile von der Sehne. — Der eine tötete den ersten Reiter, der zweite dessen Roß. Der Jäger hatte es nicht nötig, noch sein Gewehr abzuschießen. Alle Kallaleute flohen so schnell als möglich zu mir zurück. Sie hatten allen Mut verloren.

Ich sah es den Kallaleuten wohl an, — sie waren zornig darüber, daß ich ihre Schande mitangesehen hatte, weil ich ein Dialli bin. Ich sah es ihnen an, daß sie überlegten, ob sie mich nicht beiseite bringen könnten. Deshalb sagte ich zu den Leuten: ,Hört, ihr tapferen Männer von Kalla, zuweilen gelingt einem Schwachen das, was vielen Starken nicht möglich ist. Wollt ihr mir erlauben, gegen den Fa-Mussa vorzurücken?' Natürlich erlaubten sie es mir, denn so glaubten sie mich am sichersten loszuwerden. Sie sagten auch: ,Muke, so ist es recht, hole dir den Sklaven für deine Kolanüsse selbst.' Ich sagte ihnen: ,Gut, wir sind dann in der Ordnung. Nur müßt ihr mir auf jeden Fall einen Gefallen tun. Ihr müßt nämlich in die Hände vorher den Takt klatschen, damit ich vor Beginn des Werkes tanze.' Das taten sie. Ich tanzte. Ich tanzte lange Zeit.

Dann ging ich auf Fa-Mussa zu. Fa-Mussa zielte mit dem Pfeile. Da brach die Sehne des Bogens. Er ergriff das Gewehr und legte auf mich an, aber das Gewehr versagte. Ich aber sprang schnell herzu, packte ihn vorne an der Brust und schüttelte ihn gewaltig. Der Jäger sagte: ,Du raubst mich, denn ich bin nicht vorbereitet.' Ich antwortete: ,Nichts Schlechtes soll man von mir sagen. Geh zur Seite und bereite dich vor!' Der Jäger nahm das Gewehr eines seiner Knaben. Ich fragte ihn: ,Bist du bereit?' Darauf rief er: ,Ja!' Er wollte wieder schießen, und zum zweiten Male warf ich ihn hoch in die Luft. Dabei sagte ich ihm: "Wenn ich dich das drittemal überwinde, willst du mir dann geben, was ich will?' Fa-Mussa sagte: ,Das wird nicht geschehen; denn man kann mich unmöglich dreimal überwinden.' Er ging zur Seite. Ich fragte ihn: ,Bist du gerüstet?' Er sagte: ,Ja, ich bin gerüstet.' Dann wollte er mit dem Gewehr des anderen Knaben schießen, es versagte aber auch. Als ich ihn nun zum dritten Male hoch in der Luft hatte und ihn fragte: ,So, wie ist es denn mit dem dritten Male?' Da sagte er: ,Verlange alles von mir, verlange nur nicht, daß ich als Sklave den Kallaleuten folge.' Ich sagte: ,Nein, gib mir nur als Zeichen, daß ich dich überwunden habe, deinen Federkopfschmuck! Dich können dann die Kallaleute selber suchen.' Er gab mir den Kopfschmuck.



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Ich kam zurück, zeigte den Federschmuck hoch in der Luft und rief den Kallaleuten zu: ,Den Jäger hätten wir glücklich überwunden. Aber abholen müßt ihr ihn selbst - läßt er euch sagen.' Da jagten die Kallaleute nach Kalla zurück.

Ich aber kam so in das Pui."




***
Muke berichtete das unter der Galla von Kalla aus dem Pui. Als der Spielmann (Dialli) gesungen hatte, sagten Buge Korroba, Buge Ntienni und Sagate Sungallu: "Wir wollen diesem Dialli zeigen, daß es noch andere Recken gibt außer ihm. Auf! Wir wollen alle drei die Pferde rüsten und gegen die Jäger zu Felde ziehen!" Bassala-n' Sa sagte: "So erlaubt mir, daß ich euch begleite." Die drei Helden sagten: "Du bist noch zu unerfahren." Bassala-n' Sa sagte: "Muß nicht ein jeder damit anfangen, seine Erfahrungen zu sammeln?" Die Dialli sagten: "Das ist richtig!" Ein Alter sagte: "So könnt ihr bei der Gelegenheit seine Art, seinen Charakter und das sehen, was er uns bisher nicht gesagt hat." Die Helden meinten: "So mag er uns folgen."

Buge Korroba, Buge Ntienni, Sagate Sungallu, Bassala-n' Sa und einige Spielleute bestiegen ihre Pferde, nahmen ihre Waffen, beorderten ihre Knappen hinter sich und rückten dann gegen den Wald vor, in dem gefährliche Jäger heimisch waren. Während des Weges nun fragte Bassala-n' Sa einen Dialli: "Wie muß ich es nun anfangen, daß ich in das Pui komme ?" Der Spielmann antwortete: "Warte nur, bis wir dort angekommen sind, so wirst du schon sehen, was diese herrlichen Recken machen und wie sie in das Pui gekommen sind. Ahme ihnen dann nur nach, und du wirst alle Erfahrung machen können, die du von nöten hast."

Sie kamen an. Am Buschrande lagen vier Jäger. Jeder hatte sich hinter einem Baume versteckt und wartete mit gesenkter Waffe. Es waren vier sehr gefürchtete Jäger. Buge Korroba sprengte zuerst vor. Er galoppierte bis zur Hälfte des Raumes, der die Helden von den wilden Männern trennte, zielte dort mit dem Gewehr nach einem Jäger und kehrte zurück. Die Jäger aber rührten sich nicht. Der Dialli sagte zu Bassala-n' Sa: "Siehst du, so mußt du es nachher auch machen." Darauf rückte Buge Ntienni vor und machte es ganz ebenso. Dann sprengte Sagate Sungallu vor und kam zurück. Die Jäger hatten sich aber hinter ihren Bäumen nicht gerührt.

Nunmehr bestieg Bassala-n' Sa sein Roß. Er sprengte vor bis zu



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dem Punkte, wo die anderen umgekehrt waren. Er ritt noch weiter und kam so ganz nahe zu den Jägern. Er machte aber nicht kehrt. Er stieg vielmehr ab, ließ sein schnaufendes Pferd verpusten und untersuchte den Sattelgurt. Dann stieg er ganz gemächlich wieder auf. Zwei Jägerburschen schossen auf ihn. Sie trafen ihn nicht. Er ritt langsam einmal im Kreise herum und ritt dann gegen die Bäume vor.

Zweimal schoß Bassala-n' Sa auf die Jäger während des Anreitens. Zwei Jäger fielen. Die anderen beiden flohen. Er aber jagte hinter ihnen beiden her und packte im Laufe erst den einen, dann den anderen. Er band sie beide an und kam zu den Helden zurück. Bassala-n' Sa kam zu den Seinen zurück. Es waren die Dialli da, — sie hatten neben den anderen Helden gestanden. Die Helden und die Dialli hatten bis dahin nur gesehen, und keiner hatte ein Wort gesagt.

Als der Jüngling zurückritt, begannen die Dialli zu singen. Sie sangen nur: "Bassala-n' Sa! Bassala-n' Sa! Bassala-n' Sa!" Der Bursch kam zurück. Er fragte: "Ist das denn nun die Art, wie man in das ,Pui' kommt?" Die Dialli lachten, — die Dialli sagten: "Ja, so kommt man in das Pui!" Alle machten sich auf den Heimweg. Hinter Bassala-n' Sa ritten die Dialli. Die Dialli sangen: "Heute war kein Mann aus Kalla der Vorderste. Heute war Bassala-n' Sa der erste! Heute war kein Mann aus Kalla der vorderste, heute war Bassala-n' Sa der erste."

Sie kamen in Kalla an. Alle Leute von Kalla wußten schon, was es gegeben hatte; alle wußten, daß Bassala-n' Sa heute mehr geleistet hatte, als die anderen. Die Helden zogen in Kalla ein. Die Frauen von Buge Korroba kamen und brachten niederkniend Bassala-n' Sa das Wasser dar. Die Frauen von Buge Ntienni kamen und brachten niederkniend Bassala-n' Sa das Wasser dar. Die Frauen von Sagate Sungallu kamen und brachten niederkniend Bassala-n' Sa das Wasser dar. (Die Frauen bringen dem, den sie ehren wollen, das Wasser entgegen. Das ist allgemeine Sitte.) Die anderen Helden standen daneben, aber sie hatten kein Wasser. Bassala-n' Sa nahm von dem Wasser und trank. Bassala-n' Sa gab von dem Wasser seinem Pferde, daß es trinke. Bassala-n' Sa badete und wusch sein Pferd. Die anderen Helden standen daneben und sahen es und keiner sagte etwas. Die Spielleute aber schlugen die Saiten und sagten: "Bassala-n' Sa, Bassala-n' Sa, Bassala-n' Sa ist heute der erste. Bassala-n' Sa ist der Tapferste in Kalla. Bassala-n' Sa ist im Pui!"



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Einige Tage nachher spielten Buge Korroba, Buge Ntienni und Sagate Sungallu wieder unter der Galla Paddi. Jeder von ihnen sagte: "Ich habe das und das getan." Einer rühmte nach dem anderen, was er alles getan habe. Sie rühmten sich und sagten: "Unsere Taten sind die ersten. Was nicht aus Kalla kommt, gleicht nicht uns und kann uns nie gleich werden." Bassala-n' Sa ging nach Hause und sattelte sein Pferd. Er ritt mit seinem Sufa über den Marktplatz. Unter der Galla saßen Buge Korroba, Buge Ntiennj und Sagate Sungallu. Die Helden spielten (noch immer) Paddi und jeder sagte: "Ich habe das und das getan." Sie sagten: "Unsere Taten sind die ersten; was nicht aus Kalla kommt, gleicht nicht uns und kann uns nie gleich werden."

Bassala-n' Sa kam vorbei. Bassala-n' Sa sagte zu den drei Helden: "Wißt ihr denn, woher ich kam? Wißt ihr, wessen Sohn ich bin? Wißt ihr noch den Tag, da ich ankam und Gastrecht verlangte und als ihr mich verspottetet? Wißt ihr das alles? —Nun, dann will ich es euch sagen: Mein Vater ist Hamadi Fing, den ihr vertrieben habt. Meine Heimat ist Bassala im Lande Beledugu. Was ich tat, tat ich, um euch zu verspotten, weil ihr allzu spottsüchtig seid. Ihr sähet wohl gerne, daß ich jetzt bliebe, da ich im Pui bin. Ich kehre aber nach Hause zurück, — ich reite nach Bassala. Ich habe euch verspottet und verspotte euch nochmals. Wenn ihr glaubt, mit mir etwas zu erledigen zu haben, so kommt dahin, wohin ich jetzt gehe, nach meiner Heimat Bassala. Den Weg wird euch jeder zeigen, und im Hofe meines Vaters können wir dann etwas anderes spielen als Paddi."

Bassala-n' Sa ritt langsam von dannen und kam zu seinem Vater. Er lebte in Bassala.


7. Sagate Singo


(früher Sana Singo)

Dio Dama war ein raublustiger Recke. Er stammte aus Massina, ward jedoch in Kalla erzogen und lernte dieses Land daher sehr genau kennen. Als er erwachsen war, kehrte er nach Massina zurück, warb einige Spießgesellen an und unternahm Raubzüge nach Kalla.

Eines Tages kam er auch auf solche Weise nach Kalla, um in einem Dorfe alle Schafe zu rauben und heimzutreiben nach Massina. 

* Sagate heißt Held in Fulfulde.


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Mit einigen Gehilfen gelang es, Schafe zusammenzutreiben. Die Leute sagten: "So ist es gut! Nun wollen wir heimkehren." Dio Dama aber sagte: "Hier, gleich neben dem Orte ist ein angenehmer Platz an einem Gewässer. Da wollen wir uns lagern. Ich verlasse die Gegend nicht, ehe ich nicht einige Kugeln gefrühstückt habe." (Der Dialli erklärt ergänzend, das hieße so viel, als er wolle nicht ohne einen Kampf heimkehren.) Also lagerte Dio Dama mit den Spießgenossen und mit den Hammeln an dem Wasser.

Bis gegen Mitternacht wälzte sich die Frau Sagate Singos auf ihrem Lager hin und her. Um Mitternacht fragte Sagate Singo: "Was hast du eigentlich? Du wirfst dich immer hin und her ?" Die Frau antwortete: "Ich höre, daß mein kleiner Hammel unten am Wasser schreit. Oh, ich habe keinen tapferen Mann, der mir den Hammel zurücktreibt." Sagate Singo sagte: "Ach, wenn es weiter nichts ist. Schlaf nur. Morgen früh werde ich ihn hertreiben. Ich höre, er ist nicht allein, die anderen Hammel des Dorfes sind auch dabei. Es werden sich wohl einige fremde Hirten ihrer angenommen haben, die bis morgen früh auf die Belohnung für den unerbetenen Hirtendienst warten." Sagate Singo drehte sich um und schlief weiter. Nach einiger Zeit wachte er wieder auf, denn seine Frau weinte neben ihm gar bitterlich und schluchzte: "Ach, ich bin eine arme Frau, die keinen tapferen Mann hat, der ihr ihren kleinen Hammel zurücktreiben kann. Ich habe keinen tapferen Mann."

Da stand Sagate Singo von seinem Lager auf und sagte: "So will ich denn einen ,Arbeiter' mitnehmen, der mit mir den Hammel heimtreibt." Er nahm sein Gewehr (der Dialli erklärt, das sei sein "Arbeiter"), einige Kugeln und das Pulverhorn. — Es war in der Nacht sehr kalt und deshalb hatten sich die Räuber am Wasser ein Feuer angezündet, über dem sie die Hände wärmten. Sagate Singo sah einen Mann, der die Hände über das Feuer hielt. Er schoß. Der Mann fiel tot um. Ein anderer sagte: "Diesem Genossen war kalt; nun wird er aber noch kälter werden. Es muß hier viel Wild und gute Jäger geben." Als er das gesagt hatte, pfiff die zweite Kugel Sagate Singos in seinen Kopf. Dio Dama erhob sich und sah um sich. Er fiel auch todwund hin.

Sagate Singo trieb die Hammel zurück. Seitdem nannte man ihn Sagate Sungalu, und daraus entstand sein Name Sagate Singo. (Wie er vordem hieß, weiß man nicht.)

Alle Leute sagten: "Sagate Singo, Sagate Singo - ach, das ist der Tapferste von allen." Alle Leute sagten so. Nur Sagate Singos



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Frau meinte: "Was wollt ihr? Mein Mann soll tapferer sein als andere? Ich habe das nicht gesehen. Ich glaube es nicht. Mein Mann hat nichts Sonderliches vor meinen Augen getan." Die Frau sagte das, wenn Sagate Singo daneben stand. (Der Dialli erklärt dazu: "Die Frau sagte das so wie alle Frauen, die ihren Mann anspornen wollen, noch mehr von der Art zu tun!") Sagate Singo sagte: "Entweder du wirst es selbst sagen, daß ich der Tapferste von allen bin, oder es nimmt noch ein schlimmes Ende mit mir vor deinen Augen. Ich werde dir zeigen, was ich kann, und du wirst mir zugeben, daß ich der Tapferste bin."



***
Eines Tages sagte die Frau: "Ich will heute nach Sansanding zum Markte gehen." Sagate Singo fragte: "Was willst du denn dort?" Die Frau sagte: "Ich will auf dem Markte ein Fenkalang (einen Lendenschurz aus gestreiftem Baumwollstoff) kaufen." Sagate Singo sagte: "Gut, das sollst du haben." Sagate Singo ging und kaufte mehrere Fenkalang. Er brachte sie seiner Frau und sagte: "Hier hast du sie." Die Frau sagte: "Ach, die du da gekauft hast, will ich nicht. Ich will die Reise nach Sansanding machen und einen Fenkalang kaufen - das ist es." Sagate Singo sagte: "Es ist gut."

Sagate Singo zog einen Tragochsen heran und setzte seine Frau darauf. Er übergab das Reisegerät seiner Frau einem Sklaven, daß er es vor ihr hertrage. Er nahm sein Gewehr, stieg auf sein Pferd und sagte: "Nun können wir reisen." Er ritt hinter seiner Frau her, um sie zu schützen. —Sie kamen nach Sansanding. Die Frau kaufte ihren Fenkalang. Sagate Singo kaufte sich eine Kalebasse mit Honigbier. Sie begaben sich auf den Rückweg. Voran ging der Sklave, hinter ihm ritt die Frau auf dem Tragochsen, zuletzt folgte Sagate Singo auf dem Pferde.

Nach einiger Zeit kamen sie an eine Wegkreuzung. Von hier aus führte ein weiterer Weg nach Hause, der war viel begangen und deshalb sicher. Es zweigte aber ein weit näherer Weg ab, doch den wagte fast niemand zu bereisen; denn alle Welt wußte, daß hier oft Räuber am Wege lagen. Als sie nun an diese Wegkreuzung kamen, sagte die Frau: "Ja, wenn ich einen tapferen Mann hätte, dann würde ich den kürzeren Weg vorziehen. Mein Mann ist aber kein Tapferer." Sagate Singo sagte: "Warte!" Darauf nahm er seine Kalebasse mit Honigbier und trank sie aus. Als er das getan hatte, sagte er: "Voran! Wir nehmen den kürzeren Weg!" Der



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Sklave ging voran, die Frau auf dem Tragochsen folgte, langsam reitend kam dann zuletzt Sagate Singo.

Nach einiger Zeit schlug sich der Sklave auf die Seite und rief: "Vor uns sind Reiter auf Pferden!" Die Frau antwortete: "Was findest du daran neu? Hast du noch nie Pferde gesehen? Reitet mein Mann hinter mir vielleicht auf einem Schaf? Geh voran und sieh zu, daß du meine Sachen gut trägst, damit sie nicht herunterfallen! Vorwärts!" Am Wege hielt ein Räuber zu Pferde, der sagte: "Ihr zwei seid Gefangene!" Die Frau antwortete: "Sei ein wenig vorsichtig mit dem, was du redest. Denn hinter mir kommt mein Mann!" Der Räuber fragte: "Wer kommt da hinten?" Die Frau sagte: "Das ist Sagate Singo, mein Mann!"

Sagate Singo war von dem Honigbier träge und schläfrig geworden. Er war nach vorn zusammengesunken und kam vornübergebeugt auf dem Pferde hängend und schlafend angezottelt. Als er den Wortstreit seiner Frau hörte, wachte er auf, ergriff das Gewehr und schoß den Räuber am Wege nieder. Die Frau sagte: "Du bist doch ein Tapferer!" Nach einiger Zeit kamen sie an eine Stelle, da hielt Dio Dama auf einem Pferde am Wege. Dio Dama sagte: "Ich bin Dio Dama, wer bist du?" Sagate Singo sagte: "Ich bin Sagate Singo, ein Freier. Du aber bist ein Räuber, und deine Gesellen liegen im Grase versteckt." Dio Dama sagte: "Nein, ich bin auch ein Freier und ich habe keine Spießgesellen im Grase. Ich bin auch ein Freier." Sagate Singo sagte: "Wenn du auch ein Freier bist, so will ich dir zum Tanze in die Hände klatschen." Er nahm sein Gewehr und schoß in das hohe Gras; da fiel ein Räuber tot zu Boden. Er nahm sein Gewehr und schoß wieder, und wieder fiel ein Räuber. Er nahm sein Gewehr und schoß in das Gras, und wieder fiel ein Räuber. Die anderen rannten von dannen. Sagate Singo sagte: "Wenn ein freier Mann zum Tanze aufspielt, macht er das so. Weiber und Sklaven klatschen mit den Händen."


8. Sira Maßa Njoro *

Sira Maga (oder Maka) Njoro wurde einer der größten Helden Massinas. Er wurde seinerzeit im Dorfe Keke geboren, und zwar als der Sohn des Königs von Massina. Sein Vater war Ardo, 

*In Massina von einem Mali-Dialli diktiert; daher alle Ausdrücke in Bammana-statt in Fulbesprache.


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und Massina war damals dem Segureiche des Königs Daga tributpflichtig.

An dem Tage, an dem Sira Maga Njoro geboren wurde, ließ König Ardo erforschen, wo überall in seinem Lande am gleichen Tage Knaben geboren seien. Es stellte sich heraus, daß es hundert Knaben waren. Ardo ließ darauf der Mutter jedes der hundert Knaben Batang (d. h. 10000 Kaurimuscheln) als Geschenk überweisen und jeder einzelnen sagen: "Sobald Dein Sohn nicht mehr die mütterliche Brust nimmt, sende ihn an meinen Platz. Ich will alle hundert Knaben, die am gleichen Tage mit Sira Maga Njoro geboren wurden, gemeinsam mit meinem Sohne erziehen und dafür Sorge tragen, daß es ihnen niemals an etwas fehlen soll. Diese hundert jungen Leute sollen zusammenleben solange ihr Herr Sira Maga Njoro lebt."

Inzwischen ließ der König Ardo einen großen stattlichen Hof mit zehn schönen Gebäuden darinnen herrichten. In jedem der zehn Häuser sollten je zehn der hundert Knaben wohnen. Die hundert Knaben wurden nun von den Müttern nach und nach herbeigebracht und zogen in den Hof ein. Von da an führten sie alle mit Sira Maga Njoro das gleiche Leben. Sie aßen alle gemeinsam die gleichen Speisen. Sie trugen alle gemeinsam die gleiche Kleidung. Als sie genügend herangewachsen waren, wurden alle gemeinsam beschnitten. Dann aber erhielten sie auch zu gleicher Zeit Pferde zum Reiten und Waffen zu Jagd und Kampf, und es wurden gewandte Männer ausgewählt, die sie Kunstfertigkeiten lehrten, Spielmänner, die ihnen von den großen Taten der Vergangenheit vorsangen. Sie standen morgens gleichzeitig auf, verbrachten den Tag gemeinsam und suchten auch gleichzeitig das Lager auf, bis die Burschen erwachsen waren.

Damals, als die Burschen noch jung waren, war Massina nicht unabhängig, sondern König Ardo zahlte jährlich Ussuru (Tribut) an den Herrscher von Segu. Jedes Jahr kamen einmal von dort Boten, den Ussuru abzuholen; dann sandte Ardo Botschaft im Lande umher und ließ Hammel zusammenbringen, die der Bote von Segu mit sich nahm. Als die hundert Burschen noch sämtlich halbreife Jünglinge waren, kam eines Tages der Bote aus Segu. Er saß in der Halle des Königs. Neben dem Könige saß ein strammer junger Mann. Auf den mußte der Bote aus Segu immer von Zeit zu Zeit hinschielen denn auf der Stirne des Burschen saß eine große Fliege und die sog sein Blut aus. Die Fliege sog sich



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immer voller und voller. Der Bursche aber achtete nicht darauf. Sie fiel endlich übersättigt und mit Blut gefüllt tot herab auf das Knie des Jünglings. Dessen Blick fiel zufällig darauf; da schnippste er sie mit dem Finger fort gegen die Wand. An der Wand gab es einen Blutfleck.

Der Bote sah dem unwesentlichen Vorgange seitwärts schielend mit Interesse zu und ging dann fort. Draußen fragte er einen Mann: "Wer ist der Bursche, der da neben dem Könige Ardo saß." Der Mann sagte: "Das ist König Ardos erster Sohn, mit Namen Sira Maga Njoro." — Der Bote kam nach Segu, lieferte die Hammel ab und sprach: "Der König Ardo von Massina hat einen Sohn, namens Sira Maga Njoro. Wenn der erwachsen sein wird, wird es nicht so leicht sein, den Ussuru von Massina heimzubringen. Der Bursche hatte eine Blutfliege auf dem Kopfe, die sog sich voll bis sie herabfiel. Er bemerkte es gar nicht und faßte sich nicht einmal an die Stirn."

Im anderen Jahre kamen die Boten aus Segu wieder, um den Ussuru einzutreiben. Sie begrüßten Ardo. Einer von ihnen trieb einige Tiere gerade an der Wiese vorbei, auf der Sira Maga Njoro mit seinen Genossen spielte. Der Königssohn sah den Hammeltreiber und rief: "Hallo! Bursch, woher, wohin mit den Hammeln? Wem gehören die Hammel?" Der Mann aus Segu sagte: "Das sind einige von den Hammeln, die der König von Massina an den König von Segu als Ussuru sendet." Da rief Sira Maga Njoro: "Das ist ein Wort, das ich noch nicht gehört habe! Was ist das, Ussuru ?" Der Bote sagte: "Das heißt, daß Massina schwächer als Segu ist, und daß dein Vater deswegen an den König von Segu eine Abgabe zahlt, damit der mit ihm in Freundschaft lebe!" Sira Maga Njoro sagte: "Das ist ja eine schöne Sache! Wozu ist denn Sira Maga Njoro jetzt ein erwachsener Bursch in Massina?! Nein, solange ich lebe, wollen wir den Ussuru abschaffen. Gibt es vielleicht noch mehr Hammeltreiber dieser Art?" Die Leute sagten: "Es sind sieben Männer, die den Ussuru nach Segu treiben."

Sira Maga Njoro sagte: "So treibt mir die sieben tapferen Männer hierher!" Man brachte alle sieben Leute aus Segu herbei. Als er sah, daß sie alle beieinander waren, gab Sira Maga Njoro den Auftrag, ihnen den Kopf abzuschlagen. Man tat es. Damals war Sira Maga Njoro noch nicht erwachsen, aber sein Einfluß war doch so bedeutend, daß man seinen Befehlen nachkam.



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Als König Ardo das hörte, war er gar bestürzt und sandte sogleich einen Boten an Sira Maga Njoro, der ihm wichtige Worte sagen sollte. Ardo sandte einen alten Dialli. Der alte Dialli kam zu Sira Maga Njoro und sagte zu ihm: "Mich sendet dein Vater, daß ich dir zeige, wie die Verhältnisse liegen und wie wenig klug du gehandelt hast. Segu ist heutzutage stark, sehr stark; Massina aber ist schwach, sehr schwach. Segu wird uns alles nehmen können, wenn es will. Wir werden uns nicht wehren können." Sira Maga Njoro hatte drei Wurflanzen in der Hand. Er packte die erste Lanze und schleuderte sie in großem Bogen fort in den Fluß. Er packte die zweite Lanze und schleuderte sie in großem Bogen fort in den Fluß. Er packte die dritte Lanze und schleuderte sie in großem Bogen fort in den Fluß. Darauf sagte er: "Sage meinem Vater, wenn Segu da heranflösse, würde es an meinen Harpunen hängenbleiben. So wird es sein, solange ich lebe." Der Dialli ging hin und berichtete das dem Könige Ardo. König Ardo sagte: "Gut, wir werden es ja sehen."

Eines Tages berichteten die Leute Sira Maga Njoro: "Der Bruder deines Vaters will heiraten." Sira Maga Njoro sagte zu seinen Leuten: "Seht zu, ob das Mädchen jung oder alt ist. Der Bruder meines Vaters ist alt. Ihm ziemt kein junges Mädchen. Wenn es jung ist, will ich es ihm fortnehmen." Die Leute gingen hin. Sie sahen das Mädchen an. Dann, kamen sie zurück und sagten: "Das Mädchen, das dein Onkel heiraten will, ist jung." Sira Maga Njoro sagte: "So kommt mit mir." Er machte sich mit seinen Reitern auf und ritt in das Dorf, in dem das Mädchen wohnte. Er nahm es aus dem Dorfe und heiratete es selber.

Als der Bruder König Ardos hörte, was ihm Sira Maga Njoro für einen Streich gespielt hatte, machte er sich sogleich auf den Weg. Er war über alle Maßen zornig und beschloß sogleich, gegen Sira Maga Njoro die höchste Gewalt zu gebrauchen. Er reiste nach Segu zum Oberherrn von Massina und sagte zu König Daga: "Der Sohn meines Bruders, Sira Maga Njoro, hat mir große Schmach angetan und das Mädchen geraubt, das ich heiraten wollte. Nun leihe du mir deine Truppen, damit ich mit denen und meinen Leuten gegen ihn zu Felde ziehen und ihn töten kann." Der König Daga von Segu sagte: "Du hast wohl Grund zur Beschwerde. Aber mir ist es noch viel schlimmer ergangen. Denn dieser Sira Maga Njoro hat die sieben Leute, die ich nach Massina sandte, um den Tribut einzutreiben, einfach totgeschlagen und mir den Tribut Massinas nicht



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zukommen lassen. Warte nun mit mir bis zum nächsten Jahre, dann wollen wir gemeinsam den Krieg gegen Massina und Sira Maga Njoro beginnen."



***
Eines Tages saß Sira Maga Njoro mit seinen Dialli und seinen hundert Helden in einem Hause zusammen. Sira Maga Njoro sagte: "In drei Dingen bin ich allen Männern über: Zum ersten bin ich der schönste Mann in Njoro. Zum zweiten bringe ich mein Geld am freigebigsten unter die Leute. Zum dritten bin ich der Unerschrockenste von allen."

Der Bruder König Ardos ging draußen vorüber; der hörte die ersten Worte der Unterhaltung und sagte zu seinen Begleitern: "Wartet einen Augenblick. Der Sohn meines Bruders redet da drinnen große Worte. Die wollen wir mit anhören." Sie blieben stehen. Sira Maga Njoro sagte: "Zum ersten bin ich der schönste Mann in Njoro." Der (lauschende) Onkel nickte und sagte: "Das ist wahr!" Sira Maga Njoro sagte: "Zum zweiten bringe ich mein Geld am freigebigsten unter die Leute." Der (lauschende) Onkel nickte und sagte: "Das ist auch wahr." Sira Maga Njoro sagte: "Zum dritten bin ich der Unerschrockenste von allen." Darauf schüttelte der (lauschende) Onkel den Kopf und sagte: "Nein, das letztere war nicht wahr. Er übertreibt. Ich bin zum Beispiel tapferer als dieser unerfahrene Knabe. Kommt!" Er ritt von dannen. —Im Hintergrunde hatte der alte Hörige Sira Maga Njoros, Njidi mit Namen, dieses Gespräch des Onkels mitangehört. Er sagte aber seiner Gewohnheit nach kein Wort.

Am anderen Tage gingen die Sklaven mit Njidi an der Spitze in den Busch, um Holz zu schlagen. Njidi führte sie sehr weit, so daß sie sich nicht mehr zurecht fanden. Njidi sagte: "Wartet hier im Walde, ich will den Weg suchen." Die Sklaven blieben zurück. Njidi ging aus dem Busch und auf Keke zu. Es war schon dunkel; der Mond schien nicht. Dazu regnete es. Njidi stieg nahe dem Dorfe auf einen hohen Baum und schrie.

In dem Orte fuhren die Leute auf: "Was hat da geschrien?" Andere sagten: "Wo war das?" Andere sagten: "Es muß ein Kriegszug sein, der gegen die Stadt heranzieht." Andere sagten: "Und die Sklaven sind noch nicht zurückgekommen." Andere sagten: "Das wird der Heereshaufe von Segu sein, der über uns herfallen will. Unterwegs hat er unsere Sklaven angetroffen und sie gefangengenommen." Alle Männer holten Waffen und Pferde hervor und



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ritten mit Sira Maga Njoro und dem Bruder König Ardos an der Spitze zum Stadttor hinaus.

Die Helden ritten dem Schrei nach und kamen unter den großen Baum, auf dem Njidi saß. Sira Maga Njoro hielt auf der einen Seite, der Bruder König Ardos auf der anderen. Njidi schrie wieder über ihnen auf. Da packte den Onkel Sira Maga Njoros große Angst, und er jagte Hals über Kopf nach Keke zurück. Seine Leute folgten ihm. Inzwischen war Sira Maga Njoro ruhig an seinem Platze geblieben. Er rief nach dem Baume hinauf: "Wer ist denn da oben?" Njidi aber schrie noch einmal. Sira Maga Njoro fragte nochmals: "Wer ist denn da oben?" Darauf antwortete Njidi: "Ich bin es, der Sklave Sira Maga Njoros, die anderen Sklaven und ich haben den Weg verloren." Sira Maga Njoro sagte: "So komme herab und steige hinten auf meinem Pferde auf. Wir wollen zurückreiten."

Als der Onkel am Stadttore von Keke endlich anhielt, fragte er: "Wo ist Sira Maga Njoro ?" Seine Leute sagten: "Sira Maga Njoro ist unter dem Baume geblieben. Er hat sich nicht von der Stelle bewegt." Darauf schämte sich der Onkel und ritt zurück. Als er zu dem jungen Helden kam, sagte er: "Mein Pferd ist durchgegangen, ich verlor die Macht über das Tier, und es jagte mit mir bis nach Keke zurück. Da erst bekam ich es wieder in meine Gewalt." Hierauf sagte niemand etwas, aber alle machten sich auf den Rückweg durch die dunkle Steppe.

Als sie so durch die Steppe ritten, brüllte es in der Nähe. Darauf schreckte das Pferd Sira Maga Njoros und stieg. Aber Sira Maga Njoro packte fest in die Zügel und zwang es herab. Nach einiger Zeit brüllten ganz nahe zwei Löwen auf. Darauf stieg das Pferd Sira Maga Njoros hoch auf und machte einige Sätze nach vorn. Dann zwang der junge Held es zurück. Als der Onkel das Durchgehen des Pferdes sah, sagte er: "Siehst du, ebenso ging vordem mein Pferd durch." Sira Maga Njoro aber sagte: "Aber es kommt nicht gleich bis an die Stadtmauer von Keke."

Der alte Sklave Njidi öffnete aber gegen seine Gewohnheit den Mund und sagte: "Gestern abend hörte ich von dort aus, wo ich das Essen für meinen Herrn bereitete, drei Worte meines Herrn Sira Maga Njoro und drei Worte eines anderen, der vorüberging. Das Wort des anderen ging durch ohne den Kopf seines Herrn, wie das Pferd des Bruders König Ardos. Das Wort meines Herrn war stark und stolz wie die Hand, die eben das Pferd Sira Maga Njoros bändigte."

Da schämte sich der Onkel.



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Sira Maga Njoro sagte: "Wer weiß, ob ich noch länger als ein Jahr leben werde - denn ich habe schon zwei Sachen gemacht, die man mich entgelten lassen wird - ich habe die Boten des Herrschers von Segu töten lassen und ich habe meinem Onkel eine Frau weggenommen. Vergnügen wir uns also. Spielen wir das Paddi!" Sira Maga Njoro spielte das Paddi nicht wie andere mit Steinchen oder Holzstückchen, sondern mit Gold- und Silberwürfeln. Sie begannen das Spiel. Er ergriff die Silberstücke. Die anderen sagten: "Weshalb nimmst du als Königssohn nicht das bessere, die Goldstücke?" Sira Maga Njoro sagte: "Das Weiße ist rein, das Gelbe schmutzig. Ich will nur Reines haben. Mögt ihr das Schmutzige bevorzugen!"

Sie begannen dann das Spiel. Sira Maga Njoro sagte (spielgemäß): "Ich trete ein (in das Spiel). Alles, was ich bereiten lasse, könnt ihr ohne Abscheu und Schlechtes zu bemerken essen." Polor, ein älterer Haushöriger, der in hohem Ansehen stand, spielte mit. Er wurde als ein ganz besonderer Mann und Held angesehen, und die Sage erzählt, daß, wenn im Kampfe Sira Maga Njoro auf der einen Seite einen Mann erschlug, Polor auf der anderen einen Feind zu Boden warf. Dieser Polor spielte nach Sira Maga Njoro und sagte: "Ich denke, wir können alles essen, was uns der Sohn des Königs vorsetzt, außer Kuhmist. Den werden wir herausschmecken."

Am anderen Morgen rief Sira Maga Njoro seinen Koch Njidi und sagte: "Nimm eine Schüssel mit Reis, eine Schüssel mit Kuhmist, einen Hammel. Daraus mache mir eine ausgezeichnete Mahlzeit für meine Helden." Njidi tat, wie ihm befohlen. Er bereitete ein wohiduftendes Gericht. Als dann die anderen zum Essen zusammenkamen, sagte er: "Ihr müßt heute ohne mich essen - denn ich fühle mich heute nicht wohl. Ich habe Magenschmerzen." Darauf aßen die anderen das Gericht, das Njidi ihnen bereitet hatte und das ihnen ausgezeichnet mundete. Sie aßen die Kalebassen ganz leer.

Nachher begannen sie wieder das Paddi. Sira Maga Njoro begann wieder: "Ich trete ein! Alles, was ich bereiten lasse, könnt ihr ohne Abscheu und Schlechtes zu merken essen." Polor sagte: "Ich denke, wir können alles essen, was uns der Sohn des Königs vorsetzt, außer Kuhmist; den werden wir herausschmecken." Sira Maga Njoro sagte: "Ihr habt eben erst Kuhmist gegessen und habt nichts gemerkt. Was nützt da der Spruch!" Die anderen lachten und sagten: "Du hast uns angeführt. Du bist auch im Spiel König." Sira



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Maga Njoro sagte: "Ihr seht aber, daß ich mit Recht die silbernen Würfel nehme, die immer rein sind und euch die goldenen überlasse."

Eines Tages sagte Sira Maga Njoro zu seinem Kameraden (er war mit dem Sklaven so befreundet, daß er ihn so nannte): "Mein Polor, rüste mein Pferd Sopre Kange!" Polor fragte: "Wo willst du hin?" Sira Maga Njoro sagte: "Wer weiß, ob ich noch länger als ein Jahr lebe. Da will ich doch wenigstens heiraten. Ich will in das Land Konare (liegt in Massina, nördlich von Mopti, soll früher dreihundertdreiunddreißig Dörfer umfaßt haben), da will ich mir die Tochter des Landesherrn (von Konare) Galadio holen." Galadio wohnte im Dorfe Gundaka. Um Gundaka war ein breiter Buschgürtel des stehenden, stachligen Tomonongbaumes angelegt, und nur ein einziger Weg führte durch diese sichere Verteidigungswand nach Gundaka hinein.

Sira Maga Njoro, Polor und die hundert Helden machten sich auf den Weg und ritten in das Land Konare. Vor der Tomonongbuschwehr schlugen sie ihr Nachtquartier am Boden auf. Sira Maga Njoro legte zwölf Nierge-de (leichte Wurflanzen) auf die Erde und eine Decke darüber. Das war sein Bett. An das Kopfende steckte er eine Gawele (oder Gauele, d. h. eine schwere Lanze). Zwei Dialli nahmen neben ihm am Boden Platz und spielten das Baudi. Er schnippste mit dem Finger gegen die Gitarre und sagte: "Geht gleich zu Galadio hinein in die Stadt und sagt ihm einfach: Sira Maga Njoro ist gekommen. Er will deine Tochter heiraten und sie mit nach Keke nehmen. Sagt Galadio ferner: Deine Tochter Fatumata ist das erste Mädchen Massinas. Sira Maga Njoro ist der erste Bursche in Massina. Da gehören sie zusammen, damit Massina stark wird." Die Begleiter Sira Maga Njoros sagten: "Sende nicht solche Botschaft, denn sie ist gegen allen Brauch. Du wirst den Herrn von Konare beleidigen, und er wird seine zwölf Kambodj (Ritter, die stark im Einzelgefechte sind) gegen dich aussenden." Sira Maga Njoro sagte: "Wenn es kommt, kommt es so -ich will, daß meine Botschaft so ausgerichtet wird."

Die beiden Dialli machten sich auf den Weg. Sie ritten den Pfad zwischen den Dornen hin und auf den Marktplatz. Da saß Galadio, umgeben von seinen Leuten, alle in schöne, weiße Gewänder gehüllt, und zwölf Dialli spielten das Baudi. Es war eine stattliche Versammlung. Die beiden Spielleute aus Keke sagten ihren Gruß



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und fuhren fort: "Wir sind für wichtige Nachrichten an dich gesendet." Der König sagte: "Wenn ihr etwas Gutes sagen könnt, so freue ich mich und will euch dann meine Freude erkenntlich machen. Wenn es sich aber um eine schlechte Sache handelt, so werdet ihr in den Tomonongbäumen draußen die Hälfte euerer Hosen verlieren." Da bekamen die Dialli Angst. Sie sagten: "Dann wollen wir lieber gehen, wenn unser Herr auch ein tapferer Mann ist." Der Galadio sagte: "Tut, was ihr für gut haltet." Darauf kehrten die beiden Dialli um.

Die beiden Dialli kamen zu Sira Maga Njoro zurück. Als sie in der Ferne sichtbar wurden, sagte ein Begleiter des Königssohnes: "Siehe, da kommen ja deine beiden Dialli wieder an!" Sira Maga Njoro sagte: "Weshalb kommt ihr ohne Fatumata?" Die Dialli sagten: "Wenn du sowohl von deinem Vater als von deiner Mutter ein wenig Bart ererbst, dann hast du schon einen schönen Bart. (Dies ist offenbar eine mißverstandene Redensart des alten Sanges.) Galadio hat uns so schlechte Sachen gesagt, daß wir gleich wieder gingen."

Sira Maga Njoro lachte und sagte: "Polor (auch Podor ausgesprochen), rüste meinen Sopre Kange. Heute will ich noch alles Vieh Konares nehmen und morgen wird mir Fatumata zur Frau gegeben werden. Wenn mir das nicht gelingt, dürft ihr mich nachher, wenn ihr mich seht, beschimpfen und sagen: ,Da läuft der Hund fort." Darauf machte er sich mit seinen Reitern auf und trieb alsbald alles Vieh Konares zusammen.

Als Galadio das hörte, ließ er die Tabele schlagen. Das vernahm Sira Maga Njoro und er sagte zu Polor: "Treibe du nur ganz behaglich das Vieh heim. Die hundert Helden werden dir helfen. Ich will hier warten, denn ich höre, daß man eine Tabele rührt. Du brauchst dich nicht so sehr zu eilen, und wenn das Vieh unterwegs etwas grasen will, so laß ihm seinen Willen. Ich werde dafür Sorge tragen, daß, solange ich am Leben bin, zwischen diesen Tomonong kein Reiter an mir vorüberkommt, um euch anzugreifen. Also macht die Sache behaglich." Polor trieb mit den hundert Helden das Vieh von dannen.

Sira Maga Njoro setzte sich zwischen den Dornenhecken auf den Boden, band die Zügel des Pferdes an seinen Fuß, hüllte sich in seine Decke, hielt die dreizehn Lanzen bereit und wartete ab, was nun weiter geschehen würde.

Als die Tabele geschlagen war, kamen auch die zwölf Kambodj



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zum Könige Galadio und fragten ihn: "Was gibt es? Weshalb schlägst du die Tabele ?" Galadio sagte: "Sira Maga Njoro ist in das Land gekommen und hat alles Vieh geraubt. Er treibt es von dannen." Die Kambodj sagten: "Das lohnt doch aber nicht. Weshalb läßt du denn da gleich die Tabele schlagen und uns alle zusammenkommen, wenn ein einfacher Viehräuber im Busch ist?!" Galadio sagte: "Ihr irrt, wenn ihr Sira Maga Njoro als einen gewöhnlichen Viehräuber erachtet. Er hat seine hundert Helden bei sich." Die Kambodj sagten: "Du kennst uns doch aber und mußt wissen, daß einer von uns hundert Mann auf sich nehmen kann. Also wähle einen von uns zwölf aus und sende ihn hinter diesem Sira Maga Njoro her." Galadio sagte: "Ihr scheint von diesem Sira Maga Njoro nichts zu wissen. Er ist der tapferste und unerschrockenste Held Massinas." Die Kambodj sagten: "Gut denn also; so werden wir nach deinem Wunsche alle zwölf gegen ihn ausziehen." Galadio sagte: "Auch das genügt mir nicht. Ich werde euch auch mit meinen anderen Reitern begleiten." Darauf setzte sich der ganze Zug in Bewegung und kam alsbald an das Tor der Stadt.

Am Stadttore saß ein alter Dialli. Als Galadio vorbeiritt, rief er: "Galadio! Galadio! Galadio!" Er mußte dreimal rufen, ehe der König hörte. Galadio sagte: "Was gibt es?" Der Alte sagte: "Ich muß dir etwas sagen, was dich erzürnen kann. Aber es ist gut für dich! Du könntest aber so zornig werden, daß du mich tötest." Galadio sagte: "Ich töte dich nicht." Der Alte sagte: "Ich bin nicht sicher!" Galadio sagte: "Ich töte dich nicht." Der Alte sagte: "Du könntest nachher doch zornig werden, schwöre!" Galadio sagte: "Ich schwöre dir bei meinem Namen, daß ich dir nichts tun werde."

Darauf sagte der alte Dialli: "Wenn jemand wie dieser Sira Maga Njoro mit seinen hundert Reitern gegen deine dreihundertdreiunddreißig Dörfer auszieht, so ist das ein Tapferer, ein Held! Und Sira Maga Njoro ist ein Held! Laß also den Krieg. Denn er würde dich zu viele tapfere Krieger kosten, wenn du diesen einen Mann würdest töten wollen. Darum rate ich dir: reite ihm entgegen und besprich mit ihm diese Sache in Frieden. Entbiete ihm den Gruß eurer gemeinsamen Familie. Rufe ihm Diko entgegen!" (S. M. Njoro und Galadio waren demnach aus dem Adelsgeschlecht der Diko, waren also Dimo, s. S. 15.) Galadio zog weiter und bedachte diese Sache.

Sira Maga Njoro saß an der gleichen Stelle am Boden und sang das Baudi vor sich hin. Dazu schlug er die Gitarre, die einer seiner



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Dialli zurückgelassen hatte. Als der König kam, sprang Sira Maga Njoro auf. Da bekam Galadio einen Schreck. Er gedachte des Wortes des alten Dialli und rief: "Diko!" Das hatte Sira Maga Njoro nicht erwartet. Er hatte sich auf den Kampf gefreut. Als der König ihn so begrüßte, biß er sich auf die Lippen, daß das Blut herausspritzte; erst dann konnte er antworten. Galadio sagte darauf: "Höre, Sira Maga Njoro: Wir sind gleicher Familie und sind beide Königskinder. Weshalb wollen wir uns im Kriege schwächen? Wir wollen die Familien der Fulbe lieber stark machen, als uns und unsere Leute hinzumorden. Wenn etwas Gutes oder Böses in unseren Familien ist, so wollen wir lieber beides teilen. Wenn du eine Tochter hättest, würde ich dich bitten, sie mir zur Frau zu geben. Wenn du meine Fatumata heiraten willst, so gebe ich sie dir gern, denn du bist von meiner Familie und ein Held. So wollen wir handeln, aber wir wollen nicht einander bekriegen und uns berauben." Sira Maga Njoro sagte: "Du hast recht, wir wollen diese Art nicht fortsetzen. Ich werde dir dein Vieh wiedergeben und deine Tochter zur Frau nehmen. Das war das Ganze. Du wirst ebenso Wort halten, wie ich es gewohnt bin."

Der König sagte: "Ich will nachsenden und das Vieh holen lassen. Bleib solange hier." Sira Maga Njoro sagte: "Es ist besser, ich rufe meine Leute selbst." Der König Galadio sagte: "Nein, es wird besser so sein!" Sira Maga Njoro sagte: "Es ist deine Sache. Ich fühle mich recht wohl so." Galadio sandte die zwölf Kambodj und dreihundert Krieger aus, die sollten Polor sagen, daß er das Vieh zurücksende. Galadio nahm die Kambodj beiseite und sagte: "Wenn Polor sich weigert, so tötet ihn und die anderen hundert, aber das Vieh bringt mir jedenfalls zurück." Die Kambodj und die dreihundert Krieger ritten ab. Die anderen nahmen bei Sira Maga Njoro Platz. Die Dialli spielten das Baudi.

Polor hatte nach einer Weile gesagt: "Ihr hundert Helden, treibt ihr das Vieh nur langsam weiter. Ich werde euch den Rücken decken und werde sehen, daß kein Reiter Galadios an mir vorüberkommt." Kurz nachdem sie den König verlassen hatten, sprengten die Kambodj voraus und ließen die dreihundert Reiter weit hinter sich zurück. Als Polor sich umsah, erkannte er zwölf fremde Reiter am Horizonte und sprengte sogleich vorwärts zu den hundert Helden und sagte: "Unser Held Sira Maga Njoro muß gefallen sein, denn ich sehe feindliche Krieger nahen. Treibt das Vieh ruhig weiter. Ich werde sie nicht an mir vorüberlassen." Dann blieb er



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wieder zurück. Er sah nun weit hinter den zwölf Kambodj die dreihundert Reiter herannahen. Er stürmte darauf nochmals vor und sagte den hundert Helden: "Treibt euer Vieh nur langsam vorwärts; denn ich habe hinter mir viel Arbeit. Es kommen mehrere Reiter. Laßt das Vieh am nahen Gewässer grasen und wartet mich ruhig ab. Sobald ich meine Sache erledigt habe, kömme ich."

Darauf sprengte Polor zurück und sagte vor sich hin: "Sira Maga Njoro hat noch nie gelogen. Heute hat er gesagt: solange ich lebe, kommt kein Reiter an mir vorüber. Also muß er getötet sein. Das sollen mir diese Leute entgelten." Polor stürmte vorwärts. Er sah, daß einer der zwölf Reiter die Hand hochhielt. Aber er gellte seinen Schrei so laut heraus, daß er den Anruf des anderen: "Halt! Polor, eine Botschaft!" nicht hörte. Er legte seine Waffe an und schoß den anderen, den ersten Kambodj, vom Pferde herab. Erhob seine Flinte wieder auf und schoß den zweiten Kambodj herunter. Darauf machten die anderen zehn Kambodj kehrt und flohen.

Das aber sahen die dreihundert Reiter, und sie hatten nichts Eiligeres zu tun, als ihre Pferde herumzuwerfen und rückwärts zu eilen. Sie waren voran. Ihnen folgten die zehn Kambodj, und das Ganze hetzte Polor vor sich her. Er schoß noch einmal. Abermals fiel ein Kambodj. Es blieben nur noch neun übrig. Und so schoß er von Zeit zu Zeit auf die Kambodj. Er fehlte nie. — Elf Kambodj fielen. Dann waren sie aber bis an jene Stelle gekommen, an der Sira Maga Njoro mit Galadio hielt.

Sira Maga Njoro rief: "Halt, Polor!" Da setzte er das Gewehr ab, und somit rettete dieser Ruf dem letzten Kambodj das Leben. Polor rief: "Oh, Sira Maga Njoro, nie hast du vordem gelogen. Heute aber hast du die Unwahrheit gesagt. Denn vordem sagtest du mir: ,ich werde dafür Sorge tragen, daß, solange ich am Leben bin, kein Reitersmann zwischen diesen Tomonong an mir vorüberkommt.' — Und nun bist du doch am Leben." Sira Maga Njoro sagte: "Du hast vergessen, daß ich hinzusetzte: Um euch anzugreifen! — Diese Leute kamen aber nicht, um euch anzugreifen, sondern um euch eine Nachricht zu bringen." Galadio sagte: "Jetzt sind meine elf Kambodj getötet und nur einer ist noch am Leben." Sira Maga Njoro sagte: "Habe ich dir nicht gesagt: Es ist besser, ich rufe meine Leute selbst?"

Nachher sandte Sira Maga Njoro die Kühe aus Konare an Galadio zurück, und wenig später heiratete Sira Maga Njoro Fatumata, die Tochter des Königs Galadio von Konare.



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Inzwischen drängte der durch Sira Maga Njoro eines Weibes beraubte Bruder König Ardos den König Daga von Segu, daß er den Krieg gegen Massina beginne. König Daga sagte ihm: "Ich werde dir zehn Heerhaufen geben. Die kannst du mit deinen Leuten zusammen gegen Sira Maga Njoro führen." Der Bruder Ardos sagte: "Das genügt nicht! Du kennst nicht diesen Sira Maga Njoro. Das ist ein Held, wie noch keiner in Massina von einer Fulbefrau vordem geboren war." König Daga sagte: "So nimm denn mein ganzes Heer und führe es gegen Sira Maga Njoro nach Massina." Der Bruder Ardos sagte: "Das genügt nicht. Wenn du nicht dein Heer begleitest, wird nicht genug Glück und Kraft unsere Kriege leiten." So sagte denn endlich Ardos Bruder alles zu und sprach: "Also werde ich mit dir ziehen und mit meinem Heere deine Leute begleiten. Wenn wir dann nicht obsiegen, muß unsere Sache in den Augen Gottes eine ungerechte sein." Sie rüsteten und brachen auf.

Das Gerücht, daß eine gewaltige Kriegsmacht sich auf den Weg gemacht habe und daß König Daga selbst seine Mannschaften führe, drang auch nach Keke. Sira Maga Njoro rief seinen jüngeren Bruder, Mussa Ardo, und sagte: "Höre, mein Bruder, es gibt hier eine ernste Sache. Reite dem Gerücht entgegen und sieh zu, ob es wahr ist, daß König Daga selbst an der Spitze seines ganzen Heeres gegen mich zu Felde zieht. Sieh zu, daß deine Nachricht eine genaue und vollständige sei." Mussa Ardo nahm einen Sofa als Pferdeburschen mit sich und ritt dem Heere Dagas entgegen, so schnell die Pferde sie trugen.

Als sie sechs Tage lang gereist waren, kamen sie an den Busch, in dem die Leute des feindlichen Heeres Holz schlugen zum Lagerbau und an dessen Grenze sie Gras schnitten zur Pferdefütterung. Der Sofa Mussa Ardos hörte kaum das Holzschlagen, als er eilig zu seinem Herrn sagte: "Schnell, kehren wir zurück, denn da sind die Lager. Wir können sagen, daß wir im feindlichen Lager waren." Mussa Ardo sagte: "Ich habe meinem Bruder genauen und vollständigen Bericht versprochen und den kann ich erst geben, wenn ich die Heerhaufen selbst gesehen habe." — Sie ritten weiter. Sie kamen an das feindliche Lager. Der Sofa sagte: "So, nun haben wir die feindlichen Truppen gesehen. Das genügt. Komm schnell zurück. Denn was hat dein Bruder davon, wenn wir getötet werden. Dann hört er gar nichts." Mussa Ardo sagte: "Ich habe meinem Bruder versprochen, mich zu überzeugen, ob Daga selbst das Seguheer führt. Komm also mit mir!"



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Mussa Ardo ritt in das feindliche Lager und in dessen Mitte, dahin wo man die Wohnung des Königs aufgeschlagen hatte. Daga stand selbst da. Mussa Ardo stieg von seinem Pferde, ging auf den König zu und sagte den Gruß. Der König antwortete: "Glücklicher Weg! Ich bin König Daga von Segu, der mit seinem Heere auf dem Wege ist, dem Helden Sira Maga Njoro von Massina den Krieg ins Land zu tragen. Wer bist aber du?" Der andere antwortete: "Ich bin Mussa Ardo, der Bruder des Helden Sira Maga Njoro. Ich bin von meinem älteren Bruder ausgesandt, mich zu überzeugen, ob das Heer von Segu nach Massina unterwegs sei und ob König Daga selbst an dessen Spitze einherziehe." Daga sagte: "So kannst du deinem Bruder berichten, daß ich unterwegs sei und daß er sich rüsten möge." Mussa Ardo sagte: "Das werde ich ausrichten."

König Daga sagte: "Du mußt ermüdet sein; denn du hast einen weiten Weg zurückgelegt." Mussa Ardo sagte: "Wahrhaftig, müde bin ich!" König Daga sagte: "So schlafe dich heute in meinem Lager aus. Ich werde dir eine gute Schlafstatt anweisen." Mussa Ardo sagte: "Das nehme ich an." Kurze Zeit nachher sandte König Daga dem Helden hundert rote Kolanüsse als Erfrischung. Mussa Ardo nahm sie mit Dank an. Der Sofa des Helden sagte aber: "Iß sie ja nicht. Sie sind sicher vergiftet und man kann das nicht herausschmecken." Mussa Ardo zuckte die Achseln und steckte sogleich einige in den Mund. Nach einer Weile sandte König Daga Speise und einen schwarzen Ochsen als Lager- und Wegzehrung. Mussa Ardo nahm ihn mit Dank an. Der Sofa sagte: "Iß um Allahs willen nicht von diesem Stier. Die schwarze Farbe sagt doch alles." Mussa Ardo schnitt dem Stier die Kehle durch, ließ ein tüchtiges Mahl bereiten, aß, legte sich auf die angewiesene Lagerstatt und schlief ausgezeichnet bis zum anderen Morgen.

Am anderen Morgen ließ König Daga den Helden Mussa Ardo rufen und sagte zu ihm: "Mussa Ardo, sage deinem Bruder, daß ich mich über dein Kommen gefreut habe. Eigentlich war es meine Absicht, heute hier ab und schnell nach Keke zu rücken. Nachdem ich dich aber hier gesehen habe, will ich meinen Marsch nach Keke noch um acht Tage verschieben, und ich lasse durch dich Sira Maga Njoro sagen, er möge, wenn seine Lanzen noch nicht gerichtet, sie zusammenschmieden, wenn einige Gewehre noch zerbrochen, sie wiederherstellen, wenn das Mauerwerk der Stadt noch schad



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haft, es ausfüllen lassen." Mussa Ardo sagte: "Ich werde das meinem Bruder ausrichten."

Der Held wandte sein Pferd und wollte von dannen reiten. Da fiel sein Blick auf Kaba Mbadji. Das war ein Häuptling aus der Gegend von Segu, ein Führer der Heereshaufen des Königs, ein sehr schöner, starker und stattlicher Mann. Mussa Ardo sagte: "Wer ist das, ein Freier oder ein Unfreier?" Mussa sagte: "Es ist ein Freier und ein Held." Mussa Ardo sagte: "Gut; Kaba Mbadji, wir werden uns vor Keke wiedersehen. Wir beide werden miteinander kämpfen und du wirst der erste sein, der durch mich in diesem Kriege getötet wird."

Dann ritt Mussa Ardo heim, suchte seinen Bruder Sira Maga Njoro auf und sagte: "Das ganze Heer des Königs von Segu mit Daga an der Spitze ist auf dem Wege hierher. Ich bin in das Lager geritten, habe mit dem König gesprochen, er hat mich für eine Nacht beherbergt, hat mir Gastgeschenke gemacht und läßt dir sagen, er werde an jener Stelle noch acht Tage liegen bleiben. Du sollest nur alles gut für den Krieg rüsten."




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Dagas Kriegshaufen rückten durch das Land hin. Es waren so viele Mannschaften, daß sie wie ein Tornado den Staub aufscheuchten und vor sich her trieben und daß die Antilopen in der Stadt Keke Schutz suchten. Das Heer von Segu rückte vor und lagerte sich dann dicht vor den Mauern Kekes. Der König nebst dem Bruder König Ardos lagerten unter einem Tommibaume, der erhaben stand und von wo aus man über das Heer hinsehen konnte. Allerdings hatte der Bruder Ardos König Daga gewarnt und gesagt: "Ein so ausgesetzter Punkt ist nicht gut für dich und mich, denn wenn Sira Maga Njoro zu den Waffen greift, dann wird er alle diese Heerhaufen da unten durchbrechen und sich bis zu diesem weithin kenntlich gemachten Punkte durchschlagen.

Einige Tage lang zog sich der Kampf in ständigen Plänkeleien hin. Die Leute aus Keke machten hier und da Ausfälle und fielen über die Scharen Segus her. Da konnte man schon manche ausgezeichnete Tat sehen, denn jeder Mann aus Keke rechnete sich zu den Helden des tapfersten Mannes im Lande. Wenn dann irgendeine besonders tüchtige Hand aus Kekes Toren heraus unter die Volksmenge Dagas fuhr, so fragte der König stets: "Ist das vielleicht Sira Maga Njoro ?" Der Bruder König Ardos aber lachte und sagte: "Wie ganz anders ist es, wenn der Sohn meines Bruders zu



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den Waffen greift! Du wirst dann nicht erst fragen, sondern du wirst einfach sagen: Das und kein anderer muß Sira Maga Njoro sein!" — So ging es während zwei Tagen.

Am dritten Tage sagte Sira Maga Njoro: "Heute will ich gegen den Feind reiten!" Er kleidete sich in rote Hosen, roten Mantel, setzte eine rote Mütze auf. Er bestieg Sopre Kange. Er sprengte vor das Tor. Er sprengte hinaus. Alle Welt schrie: "Das ist Sira Maga Njoro! Das ist Sira Maga Njoro!" Der Held schleuderte die Feinde zur Rechten und zur Linken zurück. Er sprengte in die dicksten Haufen, und wo er auftauchte, stob alles auseinander und schrie: "Das ist Sira Maga Njoro! Das ist Sira Maga Njoro!"

König Daga sah es vom Platze unter dem Tommibaume aus. König Daga sagte: "Ja, das ist Sira Maga Njoro." Der Held drang weiter und weiter vor. Er kam bis an den Tamarindenbaum. König Daga und der Bruder des Königs Ardo flüchteten angsterfüllt von dannen. Sira Maga Njoro aber kam bis unter den Tamarindenbaum. Er pflückte einen Zweig ab und sprengte damit wohlbehalten zurück in die Stadt.

Am anderen Tage legte er wieder seine rote Gewandung an und ritt aus dem Stadttor. Er warf wieder die Krieger zur Rechten und zur Linken auseinander und sprengte die stärksten Heerhaufen. Überall, wo er hinkam, entstand Angst und Schrecken, und als er zu dem Tommibaume kam, flüchteten König Daga und der Bruder König Ardos. Sira Maga Njoro pflückte aber einen Zweig von dem Tamarindenbaum und kehrte in die Stadt zurück.

König Daga ward nachdenklich. Er sagte zu seinen Leuten: "Wir verlieren auf diese Weise Ruhm, Ansehen und Macht. Was kann man gegen die Gewalt dieses Helden tun?" Die Leute sagten: "Wir wollen einen weisen Marabut fragen." Man rief einen alten Marabut herbei und fragte ihn: "Kannst du uns sagen, wie König Daga dieses Helden Herr werden kann?" Der Marabut dachte lange nach.

Nach einiger Zeit sagte der alte Marabut: "Morgen wird Held Sira Maga Njoro noch einmal vor die Tore der Stadt Keke reiten und mit den Kriegern des Königs kämpfen. Man soll in der Nacht einen Pfeil aus Kupfer schmieden. Man soll einem Jepege (gleich Albino in Bammana, Malinke sagen: Fune) einen Bogen und den Kupferpfeil geben und soll ihn noch in dieser Nacht auf dem Tamarindenbaume verstecken. Wenn dann Sira Maga Njoro morgen wieder aufbricht und gegen den König reitet, dann soll der Jepege



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den Pfeil von oben her auf ihn herabschießen. Trifft er, so wird Sira Maga Njoro sterben, trifft er nicht, stirbt Sira Maga Njoro nicht auf diese Weise, dann ist nichts zu machen." König Daga sagte: "So soll es geschehen."

Sogleich schmiedeten sie den kupfernen Pfeil. Sie gaben einem Jepege Bogen und Kupferpfeil und setzten ihn noch in der Nacht auf den Tamarindenbaum.

Am anderen Tage kleidete sich Sira Maga Njoro wieder in sein rotes Gewand. Er ließ das Tor öffnen und ritt auf den Feind zu. Rechts und links fielen die getroffenen Feinde tot oder zu Tode verwundet zu Boden. Die tüchtigsten Scharenführer sanken, die mächtigsten Haufen zerstoben unter der Wucht seines Ansturmes. Er kam bis an den Tommibaum. Der König Daga und König Ardos Bruder waren geflohen. Sira Maga Njoro griff nach einem Zweige des Tamarindenbaumes. Der Jepege schoß, er traf. Der Held fühlte den Tod. Er riß den Zweig ab und sprengte zurück nach Keke. Man schloß hinter ihm das Tor. — Dann sank er tot zu Boden.

Sira Maga Njoro war gestorben. Seine Leute rissen die Stadt an allen Orten auf, um Hügel, wie frische Gräber, zu bilden. An einem geheimen Orte bestatteten sie aber Sira Maga Njoro - ganz im geheimen, damit nie jemand merke, wo, wie und ob Sira Maga Njoro gestorben sei. Denn man wußte, daß König Daga die Gräber öffnen lassen würde, um Sira Maga Njoro zu finden. Drei Tage lang blieben die Leute in Keke untätig. Dann sagte Mussa Ardo: "Ich will für meinen Bruder zurückkehren, gebt mir seine roten Kleider!"

Als Sira Maga Njoro in die Stadt Keke zurückgejagt war, fragte alle Welt den Jepege: "Hat dein Pfeil getroffen oder hat er nicht getroffen?" Jepege sagte mit aller Bestimmtheit: "Ich habe es gesehen, er hat getroffen." König Daga schüttelte den Kopf und sagte: "Sira Maga Njoro hat den Zweig vom Tamarindenbaum abgebrochen und ist wohlgemut in die Stadt zurückgeritten." Der Jepege sagte: "Wir werden es ja sehen, ob der Held aus der Stadt kommt oder nicht!" Als er am anderen Tage nicht auf dem Kampfplatze erschien, sagten die Leute: "Er ist doch wohl gestorben." Als er am zweiten Tage nicht auf dem Kampfplatze erschien, sagten sie alle: "Also ist es sicher, daß er gestorben ist." Als er am dritten Tage nicht kam, riefen alle: "Sira Maga Njoro ist gestorben! Sira Maga Njoro ist gestorben!"



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Am vierten Tage wurden die Tore der Stadt geöffnet. Ein Reiter im roten Gewande kam herausgeritten, der sprengte auf einen Heerhaufen zu, tötete Leute zur Rechten und zur Linken, warf andere tapfere Helden von den Pferden, sprengte zum Tommibaum, so daß König Daga und der Bruder König Ardos flohen und brach einen Zweig der Tamarinde ab. Darauf riefen alle feindlichen Haufen: "Sira Maga Njoro ist nicht gestorben. Sira Maga Njoro lebt noch! Sira Maga Njoro ist nicht gestorben!" Der Held im roten Gewande ritt gelassen in die Stadt zurück. Keiner unter den feindlichen Mannen wußte, daß das nicht Sira Maga Njoro, sondern dessen Bruder Mussa Ardo gewesen war.

Dasselbe wiederholte Mussa Ardo am anderen und an einem dritten Tage. Dann hatte sich des Heeres von Segu große Furcht bemächtigt. Mussa Ardo sammelte aber nachts alle seine Leute und verließ mit ihnen Keke. Er ging über den Strom und ritt von dannen.

Als König Daga und der Bruder König Ardos merkten, daß die Stadt verlassen war, brachen sie das Tor auf und rückten in die Stadt hinein. Im Innern fanden sie viele aufgeworfene Grabhügel; die öffneten sie, um zu sehen, ob Sira Maga Njoro darin bestattet sei oder nicht. Sie fanden aber Sira Maga Njoros Leiche nicht; denn sie war allzu gut verborgen. Somit erfuhr der König nicht, ob der Held sein Ende genommen habe oder nicht.




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Während des Krieges mit König Daga von Segu und dem Bruder des König Ardo war Polor nicht in Keke gewesen, sondern er war mit fünfunddreißig Reitern in ein anderes Land gefahren. Als er nun nach Keke zurückkam, vernahm er alles, was sich ereignet hatte und daß Sira Maga Njoro gestorben sei. Da bedeckte er das Gesicht mit den Händen und weinte, weinte vor sich hin, einen Tag lang, bis er in derselben Stellung einschlief. Als er erwachte, bestieg er mit seinen fünfunddreißig Helden die Pferde und ritt von dannen. Kein Mensch hat je erfahren, wo er hingeritten ist. Wenn es donnert, sagt aber das Volk: "Hört ihr, das ist Polor, der im Busche Krieg führt."


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IV DAS BAUDI



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Die nationalistischen Fulbe

Schon die kurze Betrachtung der Soninke gab (S. 93ff.) Veranlassung, von den Fulbe, dem "rätselhaften Volke", das heute im westlichen und zentralen Sudan eine so große Rolle spielt, zu sprechen. Unter den dunkleren Völkern das feinrassige Element, geistig das einzige zu Fanatismus neigende, seiner ganzen Veranlagung nach in starken Kurven zwischen primitivem Nomadismus und prunkvollem Königtum schwankend, nie wie andere Sudanvölker dem Prozeß der Auflösung unter den Bauernelementen verfallend - rassenbewußt und rassenstark, seelisch blutmäßig bei der Mischung durchschlagend: das sind die Fulbe.

Viel ist über die "Urheimat" der Fulbe gesprochen. Schon Barth identifizierte sie mit den Leucaethiopen und Boilat teilte als erster Legenden vom Ursprunge aus Fassa, jenseits der Sahara, das ist Fessan, mit. Diese Vermutungen über die jüngere Herkunft (die uns hier allein interessiert; in noch weiter zurückliegenden Zeiten waren sie sicher in Ostafrika ansässig) werden durch eine große Menge von Überlieferungen bestätigt. Silimi-Fulbe im Mossigebiet gaben an, daß sie in der Vorzeit unter der "harten Herrschaft des Königs Fassa aus dem Norden" kamen. Bororo-Fulbe in Adamaua sprachen von dem "Gara-Fasa" im Norden, der sie einst in schwerer Knechtschaft hielt und dem sie nach Süden entwichen. Der Gara wäre ihnen dann aber gefolgt und als König in Adamaua, Muri, sowie im Tsadsee geblieben. In der Tat finden sich heute noch Reste von Garadynastien in Adamaua.

Die Gesänge und Volkstraditionen geben aber auch noch mancherlei Bestätigung. Wenn die Gassire-Legende von "den bündischen Boro-ma" spricht (S. 54), wenn die Bardenüberlieferung "von den Borojogo" (5. 6) berichtet, wenn Leute am Nordrande der Sahara von den "Kel-Boro" zu erzählen wußten, deren Rinder früher statt der Kamele die Lasttiere waren, dann ist das alles nur ein Hinweis auf die Bezeichnung Bororo, die die heidnischen Fulbehirten im zentralen Sudan noch heute führen.

Also treten die Fulbe-Leucaethiopen als ein primitives, von den stolzen Garamantenrittern verachtetes Hirtenvolk in die Geschichte des klassischen Altertums ein, ein Volk, das bedrückt wurde. Von den Burdama-Berbern spricht der alte Sang achtungsvoll, die Fulbe nennt er "hündisch" und jeden, der das kriechende, unterwürfige Gebaren erlebt hat, das dieses Volk auszeichnet, solange es machtlos und arm ist, versteht den Ausdruck "hündisch" ausgezeichnet. Wer aber dann auch Vertreter der gleichen Rasse als Fürsten, als Gewaltherren, als Machthaber gesehen hat, wer selbst beobachtet hat, mit welcher zwischen Hochstapelei und Taschenspielerkunst



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schwankende Geschicklichkeit diese Leute sich alles wie selbstverständlich anzueignen verstehen, der findet es ganz natürlich, daß diese Art sich in einer Zone des eingebürgerten Bardensanges und beliebten Vorfahrenrühmung auch ein Heldenbuch anlegen mußte und daß sie dies auf dem ihnen üblichen Wege des Räubers, d. h. der unrechtmäßigen Aneignung, erreichten.

Oben (S. 94) schilderte ich das Verfahren schon gelegentlich der Erörterung des Pui, des kleinen Heldenbuches der Soninke. Eine Durchsicht des eigentlich fulbischen Heldenbuches, des Baudi, zeigt das noch deutlicher. Es beginnt mit dem verschlechterten Sang von Sira Maga, der hier seines sicher ursprünglichen Beinamens Njoro beraubt ist. Dann wird eine in Nordafrika (z. B. bei den Kabylen) und im östlichen Sudan sicher uralte Mythe zum Sang von Goroba Dike. Die alte Drachenmythe der Garamanten muß herhalten. Vielfach werden Namen geändert, aber man scheut sich auch nicht (wie z. B. im Sang von Sira Sanke) den alten Namen und die alte Heidenart beizubehalten. Oder aber alte Märchen, wie die Stücke 16 und 17, oder Ursprungsmythen, wie 18, dann aber auch Gesänge der Kasten, wie 13-15 — alles ist gut genug, um den leeren Einband eines "nationalen" Heldenbuches zu füllen.

Von diesem Standpunkte aus betrachtet ist das Baudi der typische Ausdruck unverschämter Aneignungskunst. Doch spricht aus ihm noch mehr. Besonders auffallend ist das Motiv des Kampfes unter dem Zeichen des Islam gegen das Heidentum. Die Stücke 5-12 zeigen dies. Hier tritt der Fanatismus hervor, der sonst den Innerafrikanern fehlt.

Dann bemerke man aber auch den wundervollen Rassenstolz, der einer weitverbreiteten Mythe in dem Prachtstück Goroba-Dike einen ganz besonderen Charm gibt, wie er dieser alten Fabel sonst nicht eigen ist. Damit wären wir aber bei der Frage der Veranlagung der Fulbe zum Spielmannssang angelangt.

Daß der Spielmann und sein Epos vom Mittelländischen Meer her durch das Volk der Garamanten nach der Sahel und in den Sudan getragen wurde, erweisen der Inhalt und die Geschichte des Dausi. Also als Schöpfer des Bardentums kommen die Fulbe nicht in Betracht. Aber auch mit den Barden der Fulbe, mit den Mabo ist es eine eigene Sache, wie überhaupt mit dem ganzen Kastenwesen bei diesem aneignungs- und anpassungsfähigen Volke. Bei den Mande werden die Kasten durch Sippen gebildet, die in ihrer Kastenzugehörigkeit schwanken. Bei den Fulbe werden die Kasten durch bestimmte Völker gebildet, und nie kann hier ein kriegerisches Schicksal die Kastenzugehörigkeit ändern - es sei denn, daß die Fulbe das Verbreitungsgebiet des Kastengebietes verlassen



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und dann - stirbt das Kastenwesen, gleichzeitig aber auch der Bardengesang sogleich aus. Nur wo die Mande Spielmannslieder pflegen, sind sie auch bei Fulbe heimisch und werden auch da nur von den Mabo gesungen, die aber sicher keine ursprünglichen Fulbe sind.

So also ist die dichterische Fähigkeit dieses alten Hirtenvolkes zu beurteilen.



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1. Sira Maga

Sira Maga war ein Diko. Er war mit allen seinen Leuten heidnisch gesonnen, trank und wollte von den Lehren Mohammeds nichts wissen. Seine Nachkommen sind bis heute Heiden geblieben. Es sind die heidnischen Fulbe in Massina. Sira Maga war König von Massina. Aber die Bammana von Segu waren viel mächtiger und zogen bei ihm alljährlich eine Abgabe ein.

Eines Tages kam auch ein Königssohn von Segu, um die Abgaben einzutreiben. Der sah Sira Maga auf seinem Pferde. Es war ein sehr schönes Pferd. Als der Steuereintreiber das Pferd sah, war er auch vernarrt in das Pferd und wollte nun gar keine Abgabe, nichts, gar nichts als das Pferd. Sira Maga sagte: "Das Pferd gebe ich nicht." Der Prinz von Segu sagte: "Dann wird Segu Massina mit Krieg überziehen." Sira Maga sagte: "Ich bin einverstanden. Mag denn Segu Massina mit Krieg überziehen!"

Der Bote ging. Er erzählte dem Könige Monso (oder Monsong) von Segu von dem schönen Pferde. Der König von Segu sandte einen anderen Boten an Sira Maga. Sira Maga hatte inzwischen viel Honigbier machen lassen, sechzig große Krüge voll und hatte im Lande verkünden lassen: "Wer Honigbier trinken will, der komme und trinke." Von allen Seiten kamen die Leute von Segu und tranken. Als sie im besten Zuge waren, kam der Bote von Segu und sagte: "Der König Monsong von Segu fordert sogleich das Pferd Sira Magas." Sira Maga nahm seine Lanze und warf sie auf den Boten. Er war sogleich tot. Sira Maga sagte vor allen Fulbe: "Von heute ab zahlen wir keine Abgabe mehr an den König von Segu." Er sandte eine Nachricht an den König von Segu und ließ ihm das sagen. Der König sandte als Antwort die Botschaft: "Rüste dich. Wenn die Wasser gefallen sind, dann halte eiserne Schuhe bereit, auf denen du schnell fliehen kannst. Denn dann werden meine Leute kommen und du wirst kaum schnell genug fliehen können." Sira Maga sagte zu seinen Leuten: "Bereitet die Speere."

Als die Wasser gefallen waren, sandte der König von Segu eine Truppenmacht. Es waren tausend Reiter und viertausend Fußsoldaten. Die Truppen marschierten nach Diafarrabe. Dann marschierten die Truppen bis Maitaki. In Massina gab es damals nur hundertzwanzig Pferde und tausend Haushörige. Sira Maga rüstete diese Macht. Er rückte bis nach Pequi. Zwischen beiden Heeren



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war der Fluß. Die Heere lagerten so einander gegenüber. In jedem Lager war die Fahne des Volkes und Heerführers aufgezogen.

Sie lagen einige Tage einander gegenüber. Die Leute von Segu überschritten den Fluß nicht um Sira Maga anzugreifen. Sira Maga sagte eines Tages: "Das ist langweilig. Wenn die Leute von Segu den Fluß nicht zu überschreiten wagen, werde ich sie angreifen. Wir wollen hinüberreiten. Sira Maga rüstete sich mit den Seinen. Er ritt das Pferd Sobre Kanje. Er hatte zwei Freunde, der eine war Polori, ein Haushöriger und über alle Maßen starker und tapferer Mann. Polori hatte nie Vater und Mutter gehabt. Der andere war Diambe, das war ein Mann aus zugezogenem Stamme. Sira Maga teilte das Heer. Er selbst führte die Mitte. Den linken Flügel nahm Polori, den rechten Diambe. Das Heer von Massina ging über den Fluß und griff das Heer von Segu an. Sira Maga und die Seinen töteten viele von den Feinden. Sie schlugen die Feinde in die Flucht. Die Leute von Segu flohen über die Segugrenze hinweg bis nach Saro; das liegt auf der Höhe von Konkonkurru. — Als das geschlagene Heer wieder in Segu ankam, ließ König Monso dem Führer, dem er die Kriegsmacht anvertraut hatte, den Kopf abschlagen.

König Monso ließ Sira Maga sagen: "Wenn die Wasser wieder gefallen sind, werde ich ein neues Heer senden." Sira Maga ließ antworten: "Ich bin damit einverstanden." Als die Wasser gefallen waren, kam auch wieder ein Heer aus Segu. Aber es ging ihm nicht besser wie im Jahre vorher. Er ward geschlagen. Als die Truppen fliehend zurückkehrten, ließ König Monso dem Heerführer wieder den Kopf abschlagen. Sieben Jahre lang kamen alljährlich die Heere aus Segu - wurden von Sira Maga und den Seinen geschlagen und büßte der Seguführer seinen Kopf ein.

Als sich das siebenmal ereignet hatte, ließ König Monso einen Dialli kommen und fragte ihn: "Wie kommt es, daß meine Truppen die kleine Macht von Massina nicht besiegen können?" Der Dialli sagte: "Das kommt, weil diese Fulbe nicht Menschen, sondern starke Geister (Djinne) sind." Monso hatte ein starkes Zaubermittel, das hieß: Kongoba. König Monso brachte Kongoba reiche Opfer dar. Dann sandte er an Sira Maga eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Bis jetzt kommen nur kleine Truppenteile aus Segu zu dir. Nun aber werde ich mich selbst auf den Weg machen. Ich will dich mit meiner ganzen Macht angreifen - ich will dich fangen und will



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dich über Kongoba töten." Sira Maga ließ antworten: "Es ist gut so."

Monso sammelte nun alle Leute seines Reiches. Es waren über hunderttausend Krieger. Er zog gegen Massina. Von Saro aus sandte er die Nachricht: "Rüste dich!" Sira Maga ließ antworten: "Ich bin bereit." Als die Nachricht Sira Maga vorgetragen wurde, war da ein Mabo. Der sagte: "Sira Maga, du bist sehr tapfer. Aber die Kriegsmacht, die nun herankommt, ist zu gewaltig. Du wirst ihr verfallen. Darum rate ich dir: Komm und reite mit zu Hambu-Deju, dem Fulbekönig (vom Sidibestamm) in Konare." Sira Maga sagte: "Ich werde nie fliehen. Soll ich fallen, so werde ich eben sterben. Aber über deinem Kongoba wird mich Monso nicht opfern." Das Heer von Segu kam heran. Sieben Tage lang kämpfte Sira Maga mit den Seinen gegen die Kriegsmacht aus Segu. Sieben Tage lang gewann er tagtäglich das Treffen.

Am siebenten Tage abends kehrte Sira Maga heim. Als er heim. ritt, sagte er (bei sich): "Morgen werden wir wieder kämpfen. Morgen werde ich sterben." Er kam heim und sagte zu Polori: "Polori, ich will dich sogleich fortsenden." Polori sagte: "Du willst mich fortsenden? Es gibt keinen wichtigen Grund dafür. Hier ist Krieg. Hier bin ich nötig. Du denkst Schlimmes. Aber ich muß gehorchen." Polori ging von dannen. An diesem Abend rief der Bammanakönig Monso von Segu seine Dialli und sagte zu ihnen: "Wie kann ich diesen Sira Maga töten?" Die Dialli berieten lange Zeit und sagten dann: "Wenn du ein Diaule (Perlhuhn) opferst, kannst du Sira Maga töten." König Monso opferte ein Perlhuhn.

Am anderen Tage griff Sira Maga abermals das Heer König Monsos an. Er wurde im Kampfe tödlich verwundet. Aber er fiel nicht. Er kehrte noch lebend in sein Lager zurück. Im Lager starb er. Die Fulbe brachten die Leiche heimlich beiseite. Die Truppen König Monsos drangen siegreich vor. Polori kam zurück. Er ging zur Mutter Sira Magas und fragte sie: "Wo ist Sira Maga?" Die Mutter sagte: "Sira Maga schläft." Polori sagte: "Du lügst. Denn wenn Sira Maga lebte und wenn er auch schliefe, könnte das Heer aus Segu nicht vordringen. Das Bammanaheer aber kommt siegreich heran."

Polori schwang sich auf sein Pferd. Er zog gegen das Bammanaheer des Königs Monso aus Segu. Er vernichtete die Hälfte des Bammanaheeres. Dann verschwand Polori. Man weiß nicht, WO er geblieben ist. Sira Maga ist in Sende Koniangu begraben. Wenn



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es donnert, glauben die Bammana, Polori komme und die Fulbefrauen sagen auch, wenn es donnert: "Das ist Polori, der zieht gegen die Bammana zu Felde."

2. Goroba-Dike

Aus der Familie des Königs Ardo, welche fünfhundert Jahre über Massina herrschte, ging auch Goroba-Dike hervor. Er war aber ein jüngerer Bruder, somit fiel für ihn keine Herrschaft ab und er irrte unzufrieden und schlechter Laune im Lande der Bammana umher und ließ diese seine schlechten Schicksale und Bitternis gründlich fühlen. Goroba-Dike wurde zu einem rohen, grausamen, gewalttätigen Manne. Wenn er abends in einem Bammanadorfe abstieg, ließ er ein kleines Kind schlachten und stampfen, im Mörser Wasser darauf gießen und das seinem Pferde als Futter vorsetzen. Wenn er vor eine Schmiede kam, so mußte der Schmied ihm Messer und Lanzen schmieden, ohne dabei aber Feuer und Blasebalg anzurühren. Traf er auf einen Sake (Lederarbeiter), so verlangte er von ihm, daß er den Schädel eines Nilpferdes mit Leder benähe und solche Sachen mehr, so daß die Bammanastämme vor seiner Wildheit große Furcht hatten.

In ihrer Not wandten sich die Bammana einmal an den Mabo Alal. Das war der kluge Spielmann Goroba-Dikes. Sie brachten ihm eine große Mulle mit Gold zum Geschenk und sagten zu ihm: "Du bist der einzige, der auf den Willen Goroba-Dikes Einfluß hat. Wir bringen dir dies Geschenk, damit du ihm sagst, daß er auf diese Art das Land nur zerstört, daß er oder wir aber damit gar nichts gewinnen können. Suche doch seinen Sinn zu ändern!" Der Mabo Alal sagte: "Es ist gut, ich werde sehen, was ich in der Sache tun kann." Er nahm die Mulle mit Gold an, und er war wirklich der einzige, von dem Goroba-Dike sich etwas sagen ließ. Nach einigen Tagen sagte er zu Goroba-Dike: "Höre, diese Bammana haben dir eigentlich nichts Übles getan. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich einmal etwas gegen meine Landsleute, die Pulo, wenden, die dir ein Königreich schuldig sind."

Goroba-Dike sagte: "Du hast recht. Welche Stadt soll ich denn einmal aufsuchen?" Der Mabo Alal sagte: "Wie wäre es, wenn du einmal nach Sariam reistest, in welchem Orte Hamadi Ardo König ist?" Goroba-Dike sagte: "Gut, das können wir machen. Reiten wir dahin."



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Die beiden kamen in die Nähe Sariams. In einem Landgehöft der Umgebung machten sie bei einem Dimadio Halt und stiegen ab. Goroba-Dike sagte zu seinem Mabo: "Bleibe du zunächst hier. Ich will mir die Stadt einmal allein ansehen." Dabei legte er seine guten Kleider ab, ließ sich von dem Dimadio das älteste und schlechteste Zeug eines Arbeiters geben, legte es an und wanderte in einem gar schäbigen Zustande in die Ortschaft. Bei einem Schmiede sprach er zunächst vor und sagte: "Ich bin ein Pulo, dem es augenblicklich sehr schlecht geht. Wenn du mir ein wenig zu essen geben willst, bin ich bereit, dir tüchtig bei der Arbeit zu helfen." Der Schmied sagte: "Das einzige, wozu ich dich eigentlich recht gebrauchen könnte, wäre, daß du mir den Blasebalg stößt." Goroba-Dike sagte: "Das will ich gerne tun." Er stellte sich an. Er arbeitete ordentlich.

Während der Arbeit fragte er den Schmied: "Wem gehört denn diese Stadt eigentlich?" Der Schmied sagte: "Die Stadt gehört dem Hamadi, der ein Ardosproß ist." Goroba-Dike fragte: "Also dem Hamadi Ardo! Hat er denn ein paar Pferde?" Der Schmied sagte: "Ach, der hat eine Unzahl Pferde, überhaupt reich ist der! Die Stadt und er sind reich, sehr reich. Er hat alles, was er braucht. Er hat auch drei Töchter, und zwei von den Töchtern haben ordentliche, tapfere Fulbe zu Männern." Goroba-Dike sagte: "Und die dritte Tochter ist wohl noch ein Kind?" Der Schmied sagte: "Nein, ein Kind ist sie nicht, eher könnte sie schon mehrere Kinder haben. Aber die Kode Ardo ist das stolzeste Fulbemädchen Massinas. Sie trägt einen silbernen Ring auf dem kleinen Finger und will nur den heiraten, auf dessen kleinen Finger dieser Ring auch paßt. Denn sie sagt, ein echter Fulbe muß ganz feine Glieder und zarte Finger haben. Sonst ist es kein echter Fulbe." (In der Tat sind die echten Fulbe die zerbrechlichsten und feinsten Gestalten von geradezu abnorm erscheinender Feinheit der Glieder.)

Am anderen Morgen versammelten sich wie an jedem Tage alle vornehmen jungen Fulbe vor dem Hause Hamadi Ardos, lagen und standen plaudernd umher. Dann kam die stolze, kleine Tochter des Königs, Kode Ardo, aus ihrem Hause, zog den Silberring von ihrem Finger und suchte unter den Anwesenden einen Mann, der ihn auch über den kleinen Finger streifen könne. Der eine konnte ihn nicht einmal auf die Spitze setzen. Der zweite schob ihn mit knapper Not bis an das erste Gelenk. Einige wenige brachten ihn bis gegen das zweite Gelenk hin, aber darüber hinaus war er nicht mehr zu



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verschieben - auch nicht von einem einzigen mit der unglaublichsten Anstrengung. Denn von allen diesen hätte jeder herzlich gerne Kode Ardo zur Frau gehabt. Sie zu besitzen galt als Beweis der Rassenreinheit. Sie war die Tochter des Königs. Sie brachte ihren Mann in ein wohlhabendes Anwesen.

Am darauffolgenden Morgen spielte sich die gleiche Sache ab. Wieder fand sich unter all den Fulbe, die von nah und fern herbeigekommen waren, nicht einer, der den Ring aufzusetzen imstande gewesen wäre. An diesem Tage war aber die Geduld des Hamadi Ardo bis aufs äußerste erschöpft. Er sagte zu seiner Tochter: "Du wirst nunmehr den ersten besten heiraten." Der Schmied, bei dem Goroba-Dike in Arbeit stand, war unter denen, die das hörten. Er sagte: "Ach, in meinem Hause arbeitet jetzt ein Mann. Der ist nicht sauber gekleidet. Er kommt aus dem Lande. Er sagt er sei ein Pulo und man sieht es ihm auch an, daß er ein Fulbe ist." Hamadi Ardo sagte: "Bringt mir diesen Mann herbei. Er soll auch versuchen, den Ring meiner Tochter überzuziehen." Der Schmied und einige Leute gingen zu Goroba-Dike und sagten zu ihm: "Komm schnell, der König will dich sprechen." Goroba-Dike sagte: "Was? Mich will der König sprechen? Ich kann da nicht hingehen, ich habe ja ganz schmutzige und zerrissene Kleider an." Der Schmied sagte: "Komm nur, der König will es so."

Goroba-Dike ging mit dem Schmied auf den großen Platz, wo der König Hamadi, Kode Ardo und alle Vornehmen standen. Er ging in zerlumpten Kleidern. Der Schmied sagte: "Hier ist er." Hamadi Ardo fragte ihn: "Du bist ein Fulbe ?" Goroba-Dike sagte: "Ja, ich bin ein reiner Fulbe." Hamadi Ardo sagte: "Wie heißest du?" Goroba-Dike sagte: "Das werde ich nicht sagen." Hamadi Ardo nahm den Ring seiner Tochter und sagte: "Versuche diesen Ring über den kleinen Finger deiner Hand zu schieben." Goroba-Dike nahm den Ring und schob ihn über den Finger. Der Ring paßte. König Hamadi Ardo sagte: "Du wirst meine Tochter heiraten."

Da fing Kode Ardo an zu weinen und sagte: "Nein, diesen Mann von dem Lande, diesen häßlichen, schmutzigen Menschen will ich nicht heiraten." Der König aber sagte: "Es war dein eigener Wille. Nun wirst du den Mann heiraten." Kode Ardo weinte den ganzen Tag, aber sie mußte den schmutzigen Goroba-Dike heiraten. Man feierte am gleichen Tage die Hochzeit. In dieser Nacht schon schlief



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Goroba-Dike bei seiner Frau. Am anderen Tage weinte Kode Ardo. Sie weinte den ganzen Tag und sagte: "Oh, an welchen schmutzigen Menschen hat mich doch mein Vater verheiratet!"



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Eines Morgens kamen die Burdam ins Land und raubten das gesamte Rindvieh König Hamadi Ardos und der Stadt Sariam. Es kamen die Hirten angelaufen und meldeten: "Die Burdam haben alles Rindvieh geraubt. Ihr müßt sie sogleich verfolgen." Alle Leute der Stadt rüsteten sich. Goroba-Dike lag müßig in einer Ecke. König Hamadi Ardo trat zu ihm und fragte ihn: "Willst du nicht ein Pferd besteigen und auch mit in den Krieg ziehen?" Goroba-Dike sagte: "Auf ein Pferd steigen? Ich habe noch nie ein Pferd bestiegen. Ich bin das Kind armer Leute. Gebt mir einen Esel. Auf einem Eesl kann ich mich halten." Kode Ardo weinte. Goroba-Dike bestieg seinen Esel, hieb auf ihn drauf und ritt nach einer anderen Richtung fort als die Kriegsschar. Kode Ardo weinte und weinte. Sie sagte: "Vater, Vater, welches Elend hast du mir aufgeladen."

Goroba-Dike ritt zu dem Dimadioweiler, wo er sein Pferd, seine Waffen und seinen Mabo zurückgelassen hatte. Er sprang vom Esel und sagte: "Alal, ich habe geheiratet!" Der Mabo sagte: "Was, du hast geheiratet? Wen hast du geheiratet?" Goroba-Dike sagte: "Ich habe das stolzeste Mädchen der Stadt geheiratet, Kode Ardo, die Tochter des Königs Hamadi Ardo." Der Mabo sagte: "Was, solch ein Glück hattest du ?" Goroba-Dike sagte: "Ja, heute gibt's aber noch etwas anderes. Die Burdam haben das Rindvieh meines Schwiegervaters gestohlen. Nun gib mir schnell die Kleider und Waffen, rüste mein Pferd, ich will den andern den Weg abschneiden." Der Mabo rüstete alles, reichte ihm alles und fragte: "Darf ich dich begleiten?" Goroba-Dike sagte: "Nein, heute nicht." Damit ritt er so schnell er nur konnte von dannen.

Er hatte die anderen bald eingeholt, und nun ritt er in einiger Entfernung immer neben ihnen her. Die beiden Schwiegersöhne König Hamadi Ardos und die anderen Fulbe, sahen ihn von der Seite herkommen und sagten untereinander: "Das muß Djinar (der Teufel) sein. Den sollten wir für uns gewinnen, dann wäre der Sieg und die Rückkehr der Herden sicher." Einer sagte: "Man sollte mit ihm sprechen." Es ritten einige hin und fragten Goroba-Dike: "Wo reitest du denn hin? Was hast du vor?" Goroba-Dike sagte: "Ich reite dahin, wo es Kämpfe gibt und helfe dem, dem mir zu helfen paßt." Die Leute sagten: "So bist du also Djinar?" Goroba



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Dike sagte: "Gewiß bin ich Djinar." Die Leute fragten: "Willst du uns helfen?" Goroba-Dike fragte: "Warum soll ich euch nicht helfen? Wieviel Schwiegersöhne König Hamadi Ardos sind bei euch?" Die Leute sagten: "Es sind zwei bei uns." Goroba-Dike sagte: "Wenn mir jeder von beiden als Lohn eines seiner Ohren gibt, werde ich helfen." Die Leute sagten: "Das geht nicht. Was würde man in der Stadt sagen!" Goroba-Dike sagte: "Das ist sehr einfach. Die zwei Schwiegersöhne sagen: ,Im Gefecht ist mir das Ohr abgeschlagen worden. Ich hielt den Kopf so, da glitt der Schlag ab.' — Das gilt dann noch als sehr ehrenvoll." Die Leute ritten zurück und berichteten den beiden Schwiegersöhnen des Königs. Erst waren sie nicht einverstanden, dann ließen sie sich jeder ein Ohr abschlagen und sandten es Goroba-Dike. Der steckte die Ohren in die Tasche. Nun kam Goroba-Dike und setzte sich an die Spitze des Zuges. Er sagte zu den Fulbe: "Ihr dürft aber nicht sagen, daß euch Djinar half." Die Fulbe sagten: "Nein, nein, wir werden es gewiß nicht sagen."

Sie trafen auf die Burdam. Sie fochten mit den Burdam. Goroba-Dike tötete mehrere und gewann die Pferde. Er gab sie den Schwiegersöhnen. Die Fulbe gewannen das Gefecht. Darauf trieben die Fulbe die Herden wieder zurück. Goroba-Dike aber zweigte seitwärts ab und ritt zu dem Dimadiogehöft, in dem sein Mabo auf ihn wartete. Hier stieg er von seinem Pferde, legte Waffen und Kleidung ab, zog die Lumpen an, schwang sich auf den Esel und ritt wieder in die Stadt hinein. Als er durch Sariam ritt, sah ihn der Schmied, der ihn die ersten Tage beherbergt hatte. Der rief: "Bleib mir von meiner Schwelle. Du bist kein Fulbe, du bist ein ganz gemeiner Bastard oder ein Sklave; aber ein Kriegsmann oder ein Fulbe bist du nicht." Die Frau des Schmiedes hörte das. Sie sagte zu ihrem Manne: "Laß solches Gerede, ein Fulbe ist ein Fulbe, und du bist auch nicht so klug, daß du wissen könntest, was dahinter steckt."

Inzwischen waren die siegreichen Fulbe mit den wiedergewonnenen Herden glücklich daheim angekommen. Alles begrüßte sie mit Jubel. Hamadi Ardo, der König, kam ihnen selbst entgegen und sagte: "Das ist doch noch echte Kriegsart. Ihr seid doch noch Fulbe. Ihr habt ja wohl auch Wunden." Der eine Schwiegersohn sagte: "Wie ich so auf der einen Seite angriff, schlug mir ein langer Burdam mit seinem Säbel so über den Kopf. Ich bog den Kopf, da schnitt das Schwert mir ein Ohr ab und ich war gerettet." Der



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andere Schwiegersohn sagte: "Wie ich so auf der anderen Seite angriff, schlug mir ein kleiner Burdam mit seinem langen Schwert von unten her gegen den Hals. Um ein Haar hätte ich den Kopf eingebüßt. Ich drehte mich aber so, und da flog nur das Ohr weg. Der Kopf war aber gerettet." König Hamadi Ardo sagte: "So etwas zu hören, macht Freude. Ihr seid Helden. Aber sagt, hat denn keiner meinen dritten Schwiegersohn gesehen?" Alle lachten und sagten: "Ach der! Er ritt ja schon von Anfang an nach einer falschen Richtung! Nein, wir haben ihn nicht gesehen."

Von der anderen Seite kam Goroba-Dike auf seinem Esel angeritten. Als er näher heran war, hieb er auf das Tier, daß es in Galoppsprüngen dahersetzte. Als Kode Ardo ihn so ankommen sah, begann sie bitterlich zu weinen und sagte: "Vater, Vater, welches Unglück hast du mir aufgeladen!" —Abends lagen die vornehmen Fulbe in einem Kreise umher und erzählten von dem, was sie heute getan hatten. Goroba-Dike lag in seinen Lumpen in einer Ecke und hörte alles mit an. Der Eine sagte: "Wie ich so als erster in die Menge der Feinde hineinsprengte -," der Zweite sagte: "Als ich die Pferde erbeutet hatte -," der Dritte sagte: "Ja, ihr seid nicht wie der Mann der Kode Ardo. Ihr seid noch wahre Helden!" Die beiden anderen Schwiegersöhne mußten wieder erzählen, wie sie im harten Kampfe ihre Ohren verloren hatten. Goroba-Dike saß aber daneben und hörte alles, und in der Tasche hatte er die beiden Ohren und ließ sie sich immer durch die Finger gleiten. Als es Nacht war, ging er in sein Haus. Kode Ardo sagte zu ihm: "Du schläfst nicht mehr neben mir. Du kannst auf der anderen Seite schlafen."

Am anderen Tage griffen die Burdam die Stadt in großen Mengen an. Als sie am Horizonte auftauchten, versammelten sich alle kriegstüchtigen Männer. Goroba-Dike schwang sich aber auf seinen Esel und jagte von dannen. Die Leute schrien: "Da flieht Goroba-Dike. Da flieht Goroba-Dike." Kode Ardo brach in Tränen aus. Sie weinte und sagte: "Vater, Vater, welches Unglück hast du mir aufgeladen." Goroba-Dike ritt in das Dimadiogehöft, in dem er seine Kleider, Waffen, sein Pferd und seinen Mabo zurückgelassen hatte. In dem Dorfe sprang er mit großer Hast vom Esel und sagte zu seinem Mabo: "Schnell, schnell, rüste mein Pferd, reich meine Waffen! Denn heute ist eine ganz große Sache! Die Burdam greifen die Stadt in gewaltigen Scharen an und niemand ist da zur Verteidigung." Der Mabo Alal fragte: "Darf ich mitreiten?" Goroba



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Dike sagte: "Heute noch nicht." Er zog seine anderen Kleider an, ergriff seine Waffen, sprang auf sein Pferd und jagte von dannen. Die Burdam hatten inzwischen die Stadt Sariam angegriffen und umzingelt (die Eingeborenensprache sagt anstatt umzingeln, einschließen oder belagern: bedecken, überdecken). Dann waren sie aber auch schon in die Stadt eingedrungen, und ein Teil rückte gegen den Kraal des Königs vor. Goroba-Dike, der von außen kam, durchbrach ihre Reihen. Er warf die Burdam nach rechts und links aus den Sätteln, sprengte über sie hinweg und langte gerade in einem entscheidenden Augenblick im Gehöft seines Schwiegervaters an. Soeben griffen die Burdam nämlich nach Kode Ardo und wollten sie fortführen. Als Kode Ardo den tapferen Fulbe ankommen sah, rief sie: "Mein großer Bruder, komm und hilf mir, denn die Burdam wollen mich fortschleppen und mein Mann ist feige geflohen." Goroba-Dike schlug mit dem Speere einen Burdam beiseite. Ein Zweiter hieb ihm selbst eine klaffende Wunde, aber dann stach Goroba-Dike ihn nieder. Die anderen flohen. Kode Ardo sah, daß Goroba-Dike eine schwere Wunde hatte. Sie rief: "Oh, mein großer Bruder, du hast mich gerettet, aber du bist verwundet." Sie riß schnell die Hälfte ihrer Kleider herab und wand sie als Verband um das blutende Bein Goroba-Dikes. Dann sprengte Goroba-Dike von dannen, jagte in die größte Menge der Burdam hinein und drängte sie nach allen Seiten auseinander. Er stach hier einen Mann nieder und schlug da einen zu Boden, so daß sich der Burdam ein großer Schrecken bemächtigte. Sie drängten aus der Stadt und jagten in wilder Flucht von dannen. Die Fulbe verfolgten sie.

Goroba-Dike aber ritt seitwärts in das Gehöft des Dimadio, in dem sein Mabo Alal war. Dort stieg er vom Pferde, legte Kleider und Waffen ab, hüllte sich in seine Lumpen und kehrte auf seinem Esel in die Stadt zurück. Als er an dem Schmiede vorüberkam, bei dem er zuerst aufgenommen war, schrie der: "Sieh, diesen elenden Bastard, diesen Straßenhund, diesen Feigling! Mach, daß du schnell an meinem Hause vorüberkommst." Die Frau des Schmiedes sagte: "Laß das Gerede, denn dies ist ein Fulbe, und nie soll man einen Fulbe schimpflich anreden!" Der Schmied aber rief: "Laß mich, Weib! Laß mich reden, Weib! Über diesen elenden Schurken, der fortgelaufen ist, als es uns am bittersten nötig war, Männer zu haben, kann ich nicht anders als schelten!" Goroba-Dike sagte: "Was willst du, seit ich hier ankam, sagte ich nichts anderes, als daß ich Kind armer Eltern sei!"



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Dann gab er dem Esel Schläge, so daß der in Sätzen auf den großen Platz sprengte. Da waren viele Fulbe um den König Hamadi Ardo versammelt und sprachen von den Ereignissen des Tages. Auch Kode Ardo stand da. Als Goroba-Dike so angesprengt kam, begann sie zu weinen und sagte: "Mein Vater, weshalb hast du mir ein so elendes Schicksal aufgebürdet, wo es doch so tapfere und mutige Männer unter den Fulbe gibt." Goroba-Dike sagte: "Schon am ersten Tage, da ich dich heiratete, sagte ich dir, daß ich das Kind armer Eltern sei, und ich habe es vor deinem Vater gesagt, daß ich von Pferden und vom Kriegsbrauche nichts wisse." Kode Ardo aber weinte und sagte: "Du Feigling, du elender Flüchtling! Du sollst nie wieder mein Lager teilen!" Goroba-Dike legte sich gleichgültig in einen Winkel.

Bis zum Abend saßen die Fulbe zusammen und sprachen über den Tag. Der Eine sagte: "Als ich jenen Teil der Burdam zurückwarf -," der Andere sagte: "Als ich dort die Burdam auseinandersprengte -," der Dritte sagte: "Als ich die Hauptmasse der Burdam in die Flucht jagte-." Viele aber spotteten und fragten Kode Ardo: "Wo ist denn eigentlich dein Mann geblieben?" Kode Ardo sagte: "Laßt mich. Mein Vater hätte mich lieber mit einem Affen verheiraten sollen, als mit diesem Feigling. Oh, wie ich mich schäme."

Es ward Nacht. Die Fulbe begaben sich wieder in die Häuser. Kode Ardo konnte nicht schlafen. Sie dachte an ihren feigen Mann und an den tapferen Fremden, der sie gerettet hatte. Um Mitternacht sah sie zum Lager ihres Mannes hinüber, der auf der anderen Seite des Raumes schlief. Sie sah, daß ihm das Kleid zur Seite geglitten war, —sie sah, daß die Lumpen heruntergefallen waren, sie sah Blut. Sie erhob sich und sah scharf hin. Das Blut tropfte aus einem Verband von dem Schenkel herab, und der Verband war ein Teil ihres Kleides. Das war der Teil des Kleides, den sie heute sich selbst heruntergerissen hatte, um den tapferen fremden Fulbe damit zu verbinden. Der Verband lag auf dem Schenkel ihres Mannes, der mit dem Esel zurückgeritten war. Kode Ardo stand auf, ging zu ihrem Manne, beugte sich weit über ihn und fragte: "Goroba-Dike, wo empfingst du diese Wunde?" Goroba-Dike sagte: "Überlege es dir!" Kode Ardo fragte: "Wer riß sich das Kleid ab und legte es dir als Verband um?" Goroba-Dike sagte: "Überlege es dir." Kode Ardo fragte: "Wer bist du?" Goroba-Dike sagte: "Der Sohn eines Königs." Kode Ardo sagte: "Ich danke dir." Goroba-Dike sagte: "Sage es vorerst nicht weiter. Mache aber



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Carite (Baumbutter) warm und lege sie mir auf die Wunde." Kode Ardo holte Baumbutter. Sie machte sie warm. Sie träufelte sie auf die Wunde. Sie band den Verband um. Dann schlich sie hinaus. Sie ging zu ihrer Mutter, setzte sich bei ihr nieder, weinte und sagte: "Mein Mann ist kein Feigling - er ist kein Flüchtling. Er ist der Mann, der heute die Stadt vor den Burdam gerettet hat. Sage es aber niemand." Dann schlich sie zurück.

Am anderen Tage bestieg Goroba-Dike wieder seinen Esel und ritt in das Gehöft des Dimadio, in dem er seinen Mabo, seine Kleider und Waffen und sein Pferd zurückgelassen hatte. Er sagte zu seinem Mabo: "Alal, heute ist der Tag gekommen, da wir uns wirklich und wie wir sind in Sariam und vor dem stolzen Hamadi Ardo vorstellen können. Rüste also mein Pferd. Rüste auch das Deine." Goroba-Dike kleidete sich, und nahm seine Waffen. Er ritt in Sariam ein. Sein Mabo folgte ihm. Er stieg auf dem großen Platze ab, wo viele Fulbe versammelt waren. Dann schlug der Mabo die Pferdepflöcke in die Erde. Sie waren von Silber.

Goroba-Dike rief seine Frau herbei. Sie begrüßte ihn und sie lachte. Dann wandte er sich zu den Fulbe und sagte: "Ich bin Goroba-Dike, und das hier ist meine Frau Kode Ardo. Ich bin der Sohn eines Königs und bin es gewesen, der gestern und vorgestern die Burdam geschlagen hat." König Hamadi Ardo sagte: "Das glaube ich nicht. Wir haben dich nur immer auf dem Esel gesehen." Goroba-Dike sagte: "So frage die, die mit im Kampfe waren." Die anderen sagten: "Es ist so!" Nur die ersten zwei Schwiegersöhne des Königs sagten: "Es ist nicht sicher." Darauf zog Goroba-Dike die beiden Ohren hervor und fragte: "Nun, kennt ihr denn diese Ohren nicht wieder?" Da gingen die beiden still zur Seite.

König Hamadi Ardo aber trat an Goroba-Dike heran. Er kniete vor ihm nieder und sagte: "Verzeihe mir! Nimm aber das Königreich aus meinen Händen." Goroba-Dike sagte: "König Hamadi Ardo, ich bin nicht weniger als du. Ich bin auch ein Ardosproß. Wenn ich nun König bin, so befehle ich als erstes, daß man dem Schmied, der mich mehrfach verhöhnt hat und doch nichts anderes ist als ein Schmied (also die tiefste Kaste), fünfzig mit dem Knotenstock auf den Hintern zähle!" So geschah es.


3. Harni-du-harna-nkulde

Im Dorfe Djibo, das im Lande Djelle-Goji gelegen ist, lebte ein Fulbemädchen, das war so schön, daß alle jungen Burschen ihres



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Landes in sie verliebt waren. Jeden Morgen kamen 120 tapfere junge Fulbe zu ihr, blieben bei ihr und unterhielten sich mit ihr bis zum Abend. Sie waren alle hochadlig und aus der Familie des Königs Ardo. Sie kamen am Morgen auf ihren weißen Pferden angeritten und abends ritten sie wieder von dannen. Jeder dieser jungen Männer war in das schöne Mädchen Djullu-Deeru verliebt. Jeder bat sie: "Werde meine Frau!" Jedem antwortete sie: "Weit draußen liegt das Wasser Pete-erre. Tränke dein Pferd im Wasser Pete-erre und ich will dich heiraten." Jeder von den 120 bat sie um die Ehe. Jedem sagte sie: "Pete-erre." Jeder ging dann still und betrübt von dannen. Denn Pete-erre war ein Wasser, an dem hielten jeden Morgen 720 Burdam (Tuareg) Wache. Und diese 720 Burdam verleideten jedem der 120 jungen Fulbe, die jeden Morgen auf ihren weißen Pferden zu Djullu-Deeru kamen, die Möglichkeit, die schöne Frau zu heiraten.

Im Lande Djelle-Goji lebte ein Fulbe: Hami-du-hama-nkulde. Dessen Spielmann (Mabo) sagte: "Du bist kein rechter Fulbe. Wenn du ein rechter Fulbe wärst, würdest du Djullu-Deeru anschauen. Da würdest du Djullu-Deeru heiraten wollen, wie das alle Ardosprossen wünschen, und du würdest den Ardosprossen zeigen, daß Djullu-Deerus Bedingungen nicht so schwer zu erfüllen sind." Hami-du-hama-nkulde wohnte in Barrabulle. Er sagte zu seinem Mabo: "Rüste dein Pferd, wir wollen morgen Barrabulle abreiten. Wir wollen nach Djibo weiter."

Djullu-Deeru lebte in Djibo. Djibo hatte sieben Mauern. In der Mitte war ein Wasser. Hami-du-hama-nkulde ritt nach Djibo. Als er hereinkam, standen die anderen 120 jungen Fulbe auf und verließen den Ort. Hami-du-hama-nkulde ließ sich nieder. Er sah Djullu-Deeru. Er sagte zu Djullu-Deeru: "Werde meine Frau." Djullu-Deeru sagte: "Ich will deine Frau werden, sobald du dein Pferd im Wasser Pete-erre getränkt hast." Hami-du-hama-nkulde sagte: "Das ist sehr einfach. Ich werde es tun. Du sollst aber mitkommen und es mitansehen." Djullu-Deeru sagte: "Es ist gut."

Djullu-Deeru rüstete sich. Sie nahm einen Mabo, einen Diawando, einen Dimadjo mit. Jeder ritt auf einem Ochsen. Hami-duhama-nkulde rüstete sich. Er nahm seinen Mabo, einen Diawando, einen Dimadjo und fünfzig Reiter mit. Sie machten sich auf die Reise. Sie reisten zwei Tage weit. Am Morgen des dritten Tages sahen sie in der Frühe die Bäume am See Pete-erre. An jedem Baume standen einige Burdam. Einige hatten lange Bärte und alle



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hatten den Unterteil des Gesichts bedeckt. Als die Burdam (Tuareg) die fremden Reiter ankommen sahen, rüsteten sie sich allsogleich zum Kampfe. Als aber Djullu-Deeru das sah, bekam sie Angst, und sie sagte: "Laß es jetzt genug sein. Ich bin damit schon zufrieden. Es ist nicht nötig, daß du dein Pferd im Wasser selbst tränkest. Es hat schon die Morgennebel aufgesogen, die aus dem Wasser steigen. Laß uns umkehren. Ich will dich zum Manne nehmen." Hami-du-hama-nkulde aber sagte: "Das wäre ja sehr merkwürdig. Mein Pferd und ich sind vom Morgennebel nicht gesättigt. Entweder ich tränke mein Pferd da unten in dem See, oder ich sterbe."

Dann rüstete er sich. Als der erste Tuareg heransprengte, stach er ihn vom Pferde. Er gab das Pferd Djullu-Deeru und sagte: "Halte es." Der große Kampf begann. Hami-du-hama-nkulde focht. Er kämpfte bis gegen Abend. Dann waren die Burdam in die Flucht geschlagen. Er hatte sieben Pferde gewonnen. Er ging herab und ließ sein Pferd aus dem Wasser des Sees trinken. Danach sagte Djullu-Deeru: "Du bist ein wahrhaftiger Pulo. Dich werde ich heiraten. Wir wollen heimkehren." Hami-du-hamankulde sagte: "Das ist noch nicht möglich. Die Burdam haben die Eigenart, dreimal hintereinander anzugreifen. Ich werde sie also noch zweimal hier bekämpfen müssen. Wenn ich jetzt heimritte, würden die Leute sagen, daß ich nur einen Plünderungszug unternommen hätte. Das will ich nicht. Wir wollen ein Lager aufschlagen und übernachten."

Sie blieben über Nacht am See. Am anderen Morgen kamen die Burdam, um den See zurückzugewinnen. Hami-du-hama-nkulde mußte vom Morgen bis zum Mittag kämpfen, abends tränkte er sein Pferd im See. Sie übernachteten am Wasser Pete-erre. Am anderen Morgen kamen die Burdam wieder in großer Menge, um den See zurückzugewinnen. Hami-du-hama-nkulde mußte vom Morgen bis zum Nachmittag kämpfen. Dann waren die Burdam geschlagen. Abends tränkte Hami-du-hama-nkulde sein Pferd im See Peteerre. Er hatte nun im ganzen 25 weiße Burdampferde gewonnen.

Djullu-Deeru sagte: "Du hast dich als Held und Pulo erwiesen. Nun wollen wir heimkehren." Hami-du-hama-nkulde sagte: "Wie ich die Burdam kenne, sind sie nicht ruhig, als bis ich ihnen ihr Vieh weggenommen habe. Wir wollen also noch eine Nacht hierbleiben. Dann will ich hinreiten und ihr Vieh forttreiben." Am anderen Morgen machte er sich auf den Weg. Djullu-Deeru blieb



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unter guter Bewachung zurück. Am Abend kehrte er zu Djullu-Deeru am Pete-erre zurück. Er hatte 30000 Stück Rindvieh erworben. Er sagte: "Nun können wir heimkehren."

Hami-du-hama-nkulde und Djullu-Deeru kamen nach Djibo im Lande Djelle-Goji zurück. Djullu-Deeru sagte zu ihrem Vater: "Der Hami-du-hama-nkulde ist ein wahrer Pulo, ein wahrer Held!" Sie sagte es zu aller Welt. Ihr Vater sandte zu Hami-du-hama-nkulde und ließ ihm sagen: "Ich bin bereit, dir meine Tochter zur Frau zu geben." Hami-du-hama-nkulde sandte die 25 weißen Pferde und die 30000 Stück Rindvieh an den Vater Djullu-Deeru und ließ antworten: "Nein, heiraten will ich Djullu-Deeru gar nicht. Im übrigen schenke ich euch dieses."

4. Hambodeju

Hambodeju (ein Fulbe) war der Sohn eines Königs. Aber als er ein Knabe von zehn Jahren war, starb der König, und Hambodeju wurde mitsamt dem Königreiche von seinem Onkel übernommen. Er ward am Hofe des Onkels erzogen. Er spielte mit den Kindern seines Onkels. Eines Tages sagte im erregten Wortstreit der Sohn des Onkels zu Hambodeju: "Was willst du hier eigentlich? Dein Vater ist gestorben. Das Königreich gehört meinem Vater, deinem Onkel. Du hast hier nichts mehr zu suchen." Hambodeju lief sogleich zu seiner Mutter und fragte sie: "Wem gehört das Königreich? Gehört es meinem Onkel oder gehört es mir?" Die Mutter sagte: "Dein Vater war der König dieses Landes. Als dein Vater starb, nahm dein Onkel die Herrschaft an sich. Dein Vater hat aber ein sehr gutes Pferd hinterlassen. Das heißt Bonnujuwadu. Das kannst du jeden Augenblick nehmen." Hambodeju sagte: "Es ist gut", und ging.

Hambodeju ging hin und zog das Pferd Bonnujuwadu aus dem Stall. Er rief seinen Mabo (Spielmann, zugleich Knappe), gab ihm auch ein Pferd und sein Gewehr und sagte: "Komm, wir gehen in den Krieg. Wenn ich gewinne, will ich gegen meinen Onkel zu Felde ziehen, und ich werde sehen, ob ich die Herrschaft meines Vaters nicht zurückgewinne." Er ritt mit seinem Mabo von dannen.

Er kam mit seinem Mabo in die Sahel. Als er zehn Tage weit durch die Sahel geritten war, traf er auf ein kleines Dorf. Hambodeju fragte: "Wem gehört dieses Dorf?" Ein Mann sagte: "Dem Burdam (Tuareg)." Hambodeju fragte: "Wer ist der König dieses



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Landes? Wer hat die Kriegsmacht?" Die Leute sagten: "Das ist König Eile, der König der Tuareg." Hambodeju ließ sich den Weg zeigen und ritt weiter auf die Stadt Elies zu.

König Eile hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn hieß Hammâdi Eile. Hammâdi Eile hatte die Gewohnheit, abends sein Pferd zu besteigen und mit seinem Mabo einen Ritt zu unternehmen. Als Hambodeju sich dem Orte Elies näherte, traf er auf den jungen Hammâdi Eile. Er sagte: "Guten Tag." Hammâdi Eile sagte: "Guten Tag." Hambodeju fragte: "Wer bist du?" Hammâdi Eile sagte: "Ich bin Hammâdi Eile, ein Burdam, der Sohn des Königs der Burdam. Wer bist du?" Hambodeju sagte: "Ich bin Hambodeju, der Sohn eines Fulbekönigs." Hammâdi Eile fragte: "Was willst du hier?" Hambodeju sagte: "Ich habe mit deinem Vater einiges zu besprechen." Hammâdi Eile sagte: "Höre, Hambodeju, du hast ein gutes Pferd, wir wollen miteinander um die Wette reiten und sehen, wer der erste von uns beiden in der Stadt sein wird." Hambodeju sagte: "Es hat keinen Wert, denn ich werde sowieso der erste sein. Ich habe keine Lust zu einem Wettritt." Da wollte ihn Hammâdi Eile zum Wettritt reizen. Er riß Hambodeju die Mütze vom Kopf und jagte mit ihr von dannen.

Hambodeju sagte aber zu seinem Mabo: "Gib mir mein Schwert." Der Mabo gab ihm das Schwert. Hambodeju jagte hinter Hammâdi Eile her. Er erreichte ihn. Er holte mit dem Schwert aus und traf Hammâdi Eile am Hinterkopf. Der Königssohn sank tot zu Boden. Der Mabo Hammâdi Elies jagte sogleich von dannen und in die Stadt. Er traf den König Eile. Er sagte: "Soeben ist dein Sohn gestorben." Hammâdi Eile fragte: "Kam der Tod vom Himmel oder aus der Erde?" Der Mabo sagte: "Man braucht nicht so weit zu greifen. Ein Fulbe, der soeben ankam, hat deinen Sohn getötet." Alle Leute kamen in dem Orte zusammen. Es waren sehr viele, denn am anderen Tage sollte ein großes Opferfest gefeiert werden.

Als Hambodeju den Königssohn Hammâdi Eile erschlagen hatte, sagte sein eigener Mabo zu ihm: "Hambodeju, du hast nicht recht daran getan, daß du diesen Königssohn getötet hast, wo du zu seinem Vater willst. Es war nicht klug. Willst du nun doch noch den König Eile aufsuchen?" Hambodeju sagte: "Natürlich werde ich den König Eile aufsuchen." Der Mabo sagte: "Wenn du das tust, dann bist du ein Grintiwall und ein Garantawall" (Grintiwall = soviel wie unerschrockener Held; Garantawall = soviel wie freigibiger



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Held). Darauf ritten sie in die Ortschaft ein. Auf einem großen Platze war eine ungeheure Menge von Menschen versammelt. Als Hambodeju das sah, riß er sein Pferd empor, sprengte auf die Menschenmenge zu, riß sein Schwert hervor und - alle versammelten Burdam flohen in wilder Hast auseinander. Der König Eile ließ Hambodeju sagen: "Steige heute in der Stadt ab. Morgen werde ich in großer Versammlung den Fall aburteilen."

Hambodeju nahm seine Wohnung bei einer alten Frau. Die Alte wußte es aber nicht, daß es Hambodeju gewesen war, der den Königssohn getötet hatte. Hambodeju sagte zu der Alten: "Besorge doch etwas Wasser für uns und unsere Pferde." Die alte Frau sagte: "Ach, mit dem Wasser ist es eine schwierige Sache. Wasser gibt es nicht. Wir haben ja einen großen Teich, aber in dem Teich lebt ein mächtiges Tier, das heißt Kurua. Das Tier Kurua hat drei Köpfe und lagert im Teich. Damit wir nun die Erlaubnis bekommen, Wasser zu nehmen, muß die Stadt in jedem Jahre eines seiner schönsten Mädchen dem Tiere als Opfer in den See senden. Dieser große Opfertag aber ist morgen. Deshalb sind so viele Mädchen in der Stadt. Das Mädchen, das geopfert werden soll, ist Fatumata Eile, die Tochter des Königs Elle, die Schwester des Hammâdi Eile, der heute getötet wurde. Da nun aber morgen gerade der Opfertag ist, wird Kurua es nicht dulden, daß jemand Wasser aus seinem Teiche nimmt, und kein Mann wird es wagen, denn Kurua mit seinen drei Köpfen ist fürchterlieh." Hambodeju fragte: "Wo ist der Weg zu dem Teiche des Ungeheuers Kurua?" Die alte Frau sagte: "Er führt hier vorbei. Wenn man hier heruntergeht, ist man bald da."

Hambodeju sagte zu seinem Mabo: "Lege Bonnujuwadu den Faram (das ist der kleine Zügel, an dem die Pferde zur Tränke und Schwemme geführt werden) an, gib mir mein Schwert und führe das Pferd hinter mir her." Sie gingen. Sie kamen an den Teich. Hambodeju nahm sein Gewehr zum Schusse bereit in die Hand und sagte: "Nun, mein Mabo, führe mir Bonnujuwadu in den See hinaus." Der Mabo tat es. Als das Pferd mit dem Mabo das Wasser betrat, hob Kurua erstaunt einen Kopf aus der Tiefe herauf. Hambodeju zog sein Schwert und schlug zu. Der Kopf fiel getrennt herab. Kurua hob die anderen beiden Köpfe empor. Hambodeju schlug zu. Die beiden Köpfe fielen herab. Hambodeju rief seinem Mabo zu: "Ist Kurua ganz tot?" Der Mabo sagte: "Ja, er schwimmt tot auf dem Wasser."



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Hambodeju ging nun hin und schlug dem Ungeheuer den Schwanz ab. Er gab ihn dem Mabo und sagte: "Nimm ihn mit." Dann stellte Hambodeju am Ufer seine Schuhe hin und legte die lederne Scheide seines Messers darüber, damit er später belegen könne, daß er es gewesen sei, der diesen Kampf unternommen habe. Sie nahmen Wasser mit, kehrten in ihre Wohnung zurück, und Hambodeju sagte zu der Alten: "Hier ist Wasser, — nimm und trink."

Am anderen Morgen versammelten sich alle Burdam auf dem Platze. Sie kamen in ungeheuern Mengen zusammen, denn heute sollte dem Kurua die Tochter des Königs zum Opfer dargebracht werden. Dann konnte wieder jedermann trinken. Also war alles zusammengekommen. König Eile sagte auf dem großen Platze: "Wir wollen jetzt über den Fulbe urteilen, der meinen Sohn Hammâdi Eile getötet hat." Die Burdam aber sagten: "Laß das doch bis nachher. Erst wollen wir uns einmal satt trinken. Erst wollen wir dem Tiere Kurua das Mädchen als Opfer darbringen, damit wir trinken können." König Eile sagte: "Das ist wahr, gehen wir zum Teiche."

Alle Menschen, die da waren, wanderten zum Teiche hin. Es waren wohl eine Million Menschen. Diese Million von Menschen wollte es sehen, wie das Mädchen dem Ungeheuer Kurua überantwortet wurde und wollte dann trinken. Man brachte das Mädchen herbei, das in diesem Jahre dem Ungeheuer anheimfallen sollte. Es war Fatumata Eile, die Tochter des Burdam-Königs Eile, die Schwester des gestern getöteten Hammâdi Eile. Das Mädchen trat an den Rand des Sees. Das Untier Kurua rührte sich nicht. Das Mädchen trat mit den Füßen in die Fläche des Teiches und wartete. Das Untier Kurua zeigte und rührte sich nicht.

Die Menschenmenge ward ungeduldig und schrie: "Weiter hinein!" Fatumata Eile ging weiter hinein in den See und wartete. Das Untier Kurua rührte und regte sich nicht. Keiner seiner drei Köpfe ward sichtbar. Alles wartete. Die Menschenmenge war ungeduldig und schrie: "Weiter hinein!" Fatumata Eile ging noch weiter hinein. Fatumata Eile ging bis in die Mitte des Teiches. Da blieb sie stehen und wartete. Das Ungeheuer Kurua rührte und regte sich nicht. Keiner seiner drei Köpfe ward sichtbar. Alle warteten. Fatumata Eile wartete. Die ganze Menge wartete. Aber es geschah nichts. Da schrie einer aus der Menge: "Kurua ist gestorben!" Alles schrie: "Kurua ist gestorben!" Einer rief: "Es soll



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doch ein Mann in den See gehen und schauen, ob Kurua tot ist oder noch lebt." Alle schrien: "Ja, es soll einer nachsehen." —Es war da eine Menge von über eine Million Köpfen versammelt, dem Opferschauspiele beizuwohnen. Es war aber unter der ganzen Million Menschen nicht einer da, der es zunächst gewagt hätte, auch nur an den Rand des Teiches Kuruas vorzugehen.

Endlich fand sich ein Mann mit einer Lanze bereit, zögernd bis an das Ufer zu gehen. Er stieß mit der Lanze mehrmals in das Wasser und rief dann: "Kurua ist tot." Einige kamen nun an das Ufer und fanden die Schuhe und die Messerscheide Hambodejus. Einer rief: "Es muß irgendein Mann Kurua getötet haben. Er hat seine Schuhe und seine Dolchscheide als Wahrzeichen zurückgelassen." Die Leute schrien: "So wird es sein." Man brachte die Schuhe und die Messerscheide dem König Eile. Er sagte: "Diese Dinge hat der zurückgelassen, der Kurua getötet hat. Nun werden wir ihn erkennen können." Darauf begann alle Welt in großer Freudigkeit zu trinken und Wasser mit sich fortzunehmen. Fatumata Eile aber kehrte aus der Mitte des Sees gänzlich gesund und unangetastet zurück

In der Stadt versammelte sich alle Welt auf dem großen Platze. König Eile sagte: "Nun führt mir den Fulbe hierher, damit wir über ihn urteilen können." Es war da eine ganze Million von Menschen in einem Kreise versammelt. Neben dem König Eile saß die gerettete Fatumata Eile. Vor dem König auf dem freien Platz standen die Schuhe und die leere Messerscheide, die man am Ufer gefunden hatte. — Man rief Hambodeju.

Hambodeju ging durch die Straßen der Stadt. Hinter ihm ging sein Mabo. Der hatte den Schwanz Kuruas unter dem Rock und sang:

"Wo andere Furcht haben,
Da empfindet Hambodeju nichts.
Wo andere fliehen,
Da bleibt Hambodeju ruhig am Platze.
Wo andere Schlechtes tun,
Da bleibt Hambodeju fern."

Hambodeju kam auf den großen Platz, auf dem die Million Menschen versammelt war. Hambodeju ging quer über den freien Raum dahin, wo der König Eile saß. Es standen da die Schuhe und die Messerscheide. Alle diese Menschen sahen die Messerscheide, die



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Schuhe und sahen den Fulbe, der Hammâdi Eile, den Sohn des Königs, getötet hatte.

Hambodeju ging gerade über den freien großen Platz, den die Menge umschloß. Er ging auf den König Eile zu. Er wandte sich aber nicht- an den König Eile, sondern er nahm einen der beiden Schuhe, die dastanden und zog ihn über seinen Fuß. Er nahm den anderen der beiden Schuhe und zog ihn über den anderen Fuß. Er zog seinen Dolch heraus, fügte ihn in die Messerscheide und steckte die Waffe zu sich. Dann griff er hinter sich, ließ sich von seinem Mabo den Schwanz des Untiers Kurua geben, legte ihn vor dem König hin und sagte: "Hier!" — Alles das sah die gesamte in der Runde versammelte Menschheit. Es war etwa eine Million von Menschen. Das sah der König Eile. Das sah Fatumata Eile, die Schwester des getöteten Hammâdi Eile. Und als sie das sah, trat sie zu ihrem Vater und sagte: "Mein Vater, gib mich diesem Fulbe zur Frau. Nie will ich einen anderen Mann heiraten. Töte mich lieber, als daß du mich einem anderen Manne zur Frau gibst."

König Eile blickte seine Tochter an. Er blickte Hambodeju an und sagte: "Nimm meine Tochter Fatumata zur Frau, und außerdem will ich dir jeden Wunsch erfüllen, soweit es in meiner Macht steht." Hambodeju sagte: "Ich bin nicht gekommen, um ein Weib zu gewinnen. Ich bin Hambodeju, der Sohn des Fulbekönigs von Bogo in Konari. Mein Oheim hat mir meine Herrschaft geraubt, und ich bin gekommen, dich zu bitten, mir ein Heer zu geben, mit dem ich meine Herrschaft zurückerobern kann." König Eile sagte: "Nimm meine Tochter zum Weibe. Die Kriegsmacht, die du brauchst, werde ich dir gerne geben." — So heiratete Hambodeju die Tochter des Königs Eile.

Dann sandte Hambodeju einen Boten an seinen Onkel und ließ ihm sagen: "Rüste dich. Ich ziehe gegen dich zu Felde. Laß.dir ein Paar Schuhe mit eisernen Sohlen machen. Denn ich werde dich verfolgen und hinter dir herjagen, bis du diese Eisensohlen durchgelaufen hast. Ich weiß, daß nicht nur eine Frau bei den Fulbe einen tapferen Sohn geboren hat. Wir werden also heftig kämpfen." Hambodeju rüstete sein Heer und rückte vor. Beide Heere stießen aufeinander. Es wurde auf beiden Seiten sehr tapfer und todesmutig gekämpft. Zuletzt siegte Hambodejus Heer. Hambodeju schlug die Truppen seines Onkels in die Flucht. Hambodeju jagte hinter dem Feinde verfolgend her.

Als er eine Strecke weit gekommen war, sah er seinen Onkel am



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Wege sitzen. Der wartete da auf seinen Neffen Hambodeju, um mit ihm zu kämpfen. Beide ergriffen ihre Lanzen. Sie warfen die Lanzen. Die Lanzen zersplitterten. Sie warfen andere Lanzen. Auch die zersplitterten. Dann schlugen beide mit den Schwertern aufeinander los. Die Schwerter zersplitterten. Dann aber ergriff Hambodeju den Sattelgurt seines Pferdes, schlug damit auf seinen Onkel und tötete ihn so. Darauf schnitt er seinem Onkel den Kopf ab.

Hambodeju wurde König. Er nahm die Krieger seines Oheims. Die: Hälfte von dessen Haussklaven behielt er. Die andere Hälfte sandte er an seinen Schwiegervater Eile. Solange er lebte, regierte er im Orte Bogo in Konari.

5. Hama All Seni und Hambodejus Tod

Hama Ali Seni war ein heldenhafter König, der herrschte im 11. Orte Kanjimi nahe bei Rambara Moudu zur Zeit Hambodejus. Hambodeju hatte die Eigenart angenommen, jeden Montag viel Besu (Honigwein) zu trinken, und wenn er betrunken war, lange Reden zu halten. Eines Tages ritt Hambodeju von Bogo nach Fatogoma, das liegt nahe bei Mopti. Da wurde gerade großer Markt abgehalten. Auf dem Markt machte er es sich bequem.

Hama Ali Seni ritt inzwischen nach Bogo, um Hambodeju zu besuchen. Die Leute sagten ihm: "Hambodeju ist nach Fatogoma geritten, um sich am Markte zu ergötzen." Da machte sich Hama Ali Seni wieder auf den Weg und folgte Hambodeju nach Fatogoma. Hambodeju hatte es sich inzwischen bequem gemacht. Er hatte sich schon neun Krüge mit Besu gekauft, saß auf einer Kaikalawani (d. i. ein Ruhebett, gleich der Tara der Mande) und trank einen Becher Honigwein nach dem andern. Als Hama Ali Seni das sah, ward er zornig und sagte: "Hambodeju, du ergibst dich dem Trunke. Trinke nicht und verbiete das Trinken." Hambodeju sagte: "Es geht das niemand etwas an. Wenn ich trinken will, trinke ich eben. Ich gebe das Trinken nicht auf."

Hama Ali Seni war zornig. Er sagte: "Wenn du jetzt nicht das Trinken aufgibst, werde ich diese neun Krüge mit Honigbier zerschlagen." Hambodeju sagte: "Jedem Könige, der es wagt, einen meiner Besukrüge zu zerwerfen, schlage ich den Kopf ein." Hama Ali Seni ergriff eine Lanze und warf sie auf einen der Weintöpfe. Er zersprang. Hambodeju ergriff ein Messer und warf es auf Hama



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Ali Seni. Aber es schadete ihm nichts. Denn Hambodeju war zu betrunken, um gut werfen zu können, und das Messer traf den anderen nur flach. Hama Ali Seni aber ergriff eine zweite Lanze und schleuderte sie auf einen zweiten Krug, so daß auch der zerschellte, und so zertrümmerte er eines der Weingefäße nach dem anderen, so daß auch der letzte zerstört und alles Besu ausgelaufen war. Hambodeju aber warf mit ebensovielen Messern nach Hama Ali Seni. Aber sie fielen alle nur flach gegen den Gegner, so daß sie ihm nichts schadeten. Als Hama Ali Seni das vollendet hatte, wandte er sich ab, blieb aber mit seinen fünfzig Reitern noch in dem Marktflecken.

Hambodeju ritt zuerst nach Hause. Dann begab sich auch Hama Ali Seni heim. Unterwegs aber trieb er alle Herden Hambodejus mit sich fort. Die Hirten liefen sogleich zu Hambodeju und sagten ihm: "Hama Ali Seni hat deine Herden mit sich fortgetrieben. Laß die Tuwa (= den Tabale der Mande, das sind die Kriegspauken) schlagen." Hambodeju ließ Hama Ali Seni sagen: "Halte dich bereit, ich komme." Hama Ali Seni ließ antworten: "Es ist gut. Ich erwarte dich."

Damals war es noch Sitte, daß häufig die Kriegsherren und Könige einzeln gegeneinander fochten und durch den Ausgang ihres Zweikampfes Sieg oder Niederlage ihrer Macht herbeiführten. Hambodeju rüstete sich und machte sich auf den Weg. Er kam bis nahe Kanjimi. Da hielt Hama Ali Seni schon wartend auf seinem Pferde. Er war kampfbereit. Hambodeju fragte Hama Ali Seni: "Wo wirst du heut nacht schlafen?" Hama Ali Seni antwortete: "Entweder werde ich bei mir zu Hause schlafen oder aber hier unter der Erde im Grabe." Hambodeju sagte: "Das ist auch meine Meinung."

Hambodeju hatte einen Toru (Zaubermittel) bei sich. Er trug es in einer Kalebasse, die mit Fell bedeckt war. Darin lag ein kleiner Fellbeutel. In dem Fehlbeutel war ein kleiner Affe. Dieser kleine rote Affe sagte Hambodeju immer, mit welcher Waffe und mit welchem Erfolge er seine Gegner angreifen könne und müsse. Der Toruaffe sagte zu Hambodeju: "Heute nützt dir nicht Lanze, nicht Schwert, nicht Messer. Heute mußt du mit dem Sattelgurt deines Pferdes kämpfen. Wenn du Hama Ali Seni nicht mit dem Pferdegurt angreifst, kannst du ihm mit keiner andern Waffe schaden. Keine andere Waffe kann dich heute vor dem Tode schützen."

Hambodeju nahm seinen Sattelgurt und kam damit auf Hama Ali Seni zu. Hama Ali Seni wandte sich zur Flucht. Hambodeju



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lachte höhnend: "Hooooo!" und schlug sich erstaunend auf den Mund. Hama Ali Seni sagte: "Ich habe keine Furcht, aber ich will nicht von einem Pferdegurt wie ein Pferdejunge totgeschlagen werden. Nimm eine andere Waffe und ich werde stehen und mit dir kämpfen, oder hast du Angst vor anderem Kampfe?" Dann ergriff er seinen Speer. Sein Speer war aus Silber. Wer mit dem Silberspeer getroffen wurde, starb. Hambodeju ergriff auch seine Lanze. Er sagte: "Ich fürchte keinen Kampf." Hama Ali Seni warf seine Silberlanze. Sie drang Hambodeju in den Unterleib, und er starb auf der Stelle.

6. König Djennewerre

Djennewerre war ein Fulbe aus dem Dorfe Laedu Wakambi, das im Seengebiete gelegen ist. Eines Tages begann Djennewerre den Krieg. Er war siegreich, rückte bis Djenne vor und eroberte Djenne. Djennewerre war in Djenne fünf Jahre lang König.

Eines Tages verkündete der König Djennewerre in seiner Stadt: "Bis jetzt waren alle Songoi schlecht, aber jetzt sind sie meine Untertanen, und da sollen sie eine außerordentliche Sache ausführen. Ich will einen großen Palast haben, und um den zu bauen, sollt ihr mir alles herbringen. Sämtliche Weiber sollen in ihrer Vagina das Wasser herbeibringen, und die Männer sollen mit ihrem Penis den Lehm anrühren, der gut gemengt sei, so daß man daraus Ziegelsteine formen kann." Darauf sandte er nach der Stadt Dia, dann nach der Sorokoortschaft Laudu (in der heute noch die zauberkräftigsten Soroko wohnen sollen) und nach Konza die Botschaft: "Wollt ihr gutwillig in meine Dienste treten und ein großes Werk als meine Untertanen verrichten?"

Die Songoi von Djenne sandten aber heimlich an die Einwohner von Laudu, Konza und Dia die Botschaft: "Tut das ja nicht, denn die Hilfe an dem großen Werke besteht darin, daß eure Weiber in ihrer Scheide Wasser zum Lehmrühren herbeibringen und daß die Männer mit ihrem Gliede das Lehmanrühren ausführen sollen. Das ist es, was dieser Diko Djennewerre will." Als die Leute von Dia, Laudu und Konza das hörten, antworteten sie auf die Botschaft Djennewerres: "Wir haben keine Lust, uns dir unterzuordnen."

Darauf begann der Diko Djennewerre den Krieg gegen Dia, Laudu und Konza. Und er eroberte alle drei Ortschaften. Er ließ alle Einwohner dieser Städte nach Djenne kommen und sagte:



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"Jetzt sollt ihr zusammen mit den Songoi von Djenne arbeiten. Ihr Weiber sollt nun in eurer Scheide Wasser herbeibringen. Ihr Männer sollt mit eurem Gliede den Lehm rühren, damit er gut gemengt sei und man nachher die Ziegelsteine daraus formen kann." Darauf gingen die geängsteten Männer zu einem Marabut und sagten ihm: "Dieser König Djennewerre verlangt von uns so schlechte Sachen. Kannst du nichts dagegen tun?" Der Marabut sagte: "Ich will heute abend beten und Gott bitten, daß er das Häßliche verhindere. Wenn die Macht meiner Koranverse stärker ist als der Zauber (Toru) Djennewerres, so könnt ihr sicher sein, daß das, was der Diko will, nicht geschieht." Die Männer gingen. Der Marabut aber betete am Abend und las viele Koranverse.

Am anderen Morgen rief König Djennewerre die Häupter der Unterworfenen zusammen und sagte zu ihnen: "Gestern abend merkte ich, daß ein Marabut von seinen Papieren vielerlei gegen mich gelesen hat. Ich aber habe ein Toru in meinem Hause, das ist stärker als euer Marabut. Nun frage ich euch zum letzten Male: Wollt ihr meinen Willen erfüllen, oder wollt ihr das nicht?" Die Männer befiel bei diesen Worten ein großer Schreck, und sie sagten "Wir wollen nichts gegen dich unternehmen, sondern wollen die Arbeit übernehmen, die du von uns und unseren Frauen verlangst. Wir bitten dich aber, nimm lieber eine Abgabe an Pferden." König Djennewerre sagte: "Ich will keine Pferde, ich will, daß euere Weiber das Wasser in ihrer Scheide bringen und daß ihr mit eueren Gliedern den Lehm rührt." Die Leute sagten: "Wir bitten dich, nimm lieber eine Abgabe an Sklaven." König Djennewerre sagte: "Ich will keine Sklaven, ich will, daß euere Weiber das Wasser in ihrer Scheide bringen und daß ihr mit eueren Gliedern den Lehm rührt." Die Leute sagten: "Wir bitten dich, nimm lieber eine Abgabe an Gold." König Djennewerre sagte: "Ich will kein Gold - ich will, daß euere Weiber das Wasser in ihren Scheiden bringen und daß ihr mit eueren Gliedern den Lehm rührt. Wollt ihr nun, oder wollt ihr nicht?" Die Leute sagten: "So müssen wir es denn tun."

Dann ward der große Platz zum Lehmrühren und Hausbau vorbereitet und der Lehm ausgeschüttet. Alle Weiber und Männer standen zur Arbeit bereit da. Der König stand in der Mitte. Da brauste ein Windstoß über den Platz. Alles hielt die Arme vor die Augen, damit der Staub sie nicht fülle. Als die Leute den Arm wieder herabnahmen und um sich sahen, war König Djennewerre



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aus ihrer Mitte verschwunden. Man suchte den König. Man fand den König nicht. Man suchte fünf Tage lang. Dann fand man ein Stück Papier, auf dem stand: "König Djennewerre ist von Allah fortgenommen. Er ist nicht mehr."

7. Bongoe oder Bongowe

Fast alle Fulbe waren schon zum Mohammedanismus bekehrt. Sie verrichteten die vorgeschriebenen Gebete und hatten das Trinken aufgegeben. Nur der kleine König Bongoe war immer noch geblieben, was vordem die Alten waren. Er hatte sich nicht bekehren lassen. Das hörte der Schechu Ahmadu, und er sandte eine Botschaft an Bongoe und ließ ihm sagen: "Laß das Trinken sein. Nimm die Lehre Mohammeds an und verrichte die vorgeschriebenen Gebete." Bongoe empfing diese Nachricht und ließ sagen: "Ich werde das Trinken nicht unterlassen. Ich werde die Lehre Mohammeds nicht annehmen. Ich werde die vorgeschriebenen Gebete nicht verrichten. Ich werde tun, was mir paßt, und solange ich mit meinen Sachen in meinem Dorfe Dumma (nahe Badiangara) bleibe, geht das niemand etwas an; somit auch nicht den Schechu Ahmadu."

Über diese Antwort wurde der Schechu Ahmadu sehr böse, und er ließ zurücksagen: "Wenn du das Trinken nicht sehr bald läßt und dich nicht sehr bald zur Lehre Mohammeds bekehrst, dann werde ich dein Uarraba (so nennen die Fulbe die kleinen Häuschen, die den Toru oder Zaubermitteln zum Aufenthalt dienen) zerstören und an anderer Stelle eine Moschee errichten." Darauf entgegnete Bongoe: "Solange ich lebe, wird das nicht möglich sein. Wenn ich erst tot bin, dann kann das ja vielleicht geschehen." Bongoes Spielmann (Skalde) war der Diawando (aus Kaarta, wo die Diawando Skalden sind) Forefdiiru, d. h. der Schakalskopf. Zu diesem Diawando sandte Schechu Ahmadu auch eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Wenn dein Herr Bongoe so verstockt ist, so wende du dich wenigstens von diesen bösen Sitten ab, laß das Trinken, bekehre dich zur Lehre Mohammeds und verrichte die vorgeschriebenen Gebete." Der Diawando ließ antworten: "Ich glaube nur an das, was ich erfahren habe und was ich sehe. Euren Allah sehe ich nicht. Aber meinen Herrn Bongoe kenne ich. Der ist tapfer und freigibig. Dem werde ich treu bleiben." Schechu Ahmadu ließ sagen: "Gut, so werde ich euch mit Krieg überziehen."



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Bongoe hatte außer seinem Diawando Forefciiiru nur sieber Reiter. Die nannte er Djedidi.

Noch heute nennt man eine Schar von sieben Reitern Djedidi. Mehr hatte er nicht. Nach einiger Zeit sandte Schechu Ahmadu achthundert Reiter, um Bongoe mit seinem Diawando zu töten oder zu fangen. Sie kamen in der Nähe Dummas an, gerade als Bongoe schlief. Die Leute kamen vom Felde, weckten ihn und sagten zu ihm: "Es kommt eine Kriegsmacht." Bongoe stand nicht auf. Er rief seinen Diawando und sagte: "Rüste dich und die Djedidi. Seht einmal nach, was es mit dem auf sich hat, was die Leute reden." Dann drehte Bongoe sich herum und schlief weiter.

Inzwischen ritt der Diawando Forefciiiru mit den Djedidi den achthundert Leuten Schechu Ahmadus entgegen. Bala sah er sie. Er fragte die Djedidi: "Wollen wir wegen dieser Handvoll Leute Bongoe wecken?" Die Djedidi sagten: "Nein." Darauf ritten Diawando und die sieben Reiter auf den Feind zu, und sie schlugen die achthundert Mann. — Als Bongoe erwachte und den Diawando zurückkommen sah, fragte er: "Wo kommst du her?" Der Diawando sagte: "Ich habe mich nur danach umgesehen, ob die Truppen des Schechu Ahmadu kommen." Bongoe fragte: "Kommen sie?" Der Diawando sagte: "Nun ja, es waren so ein paar Leute da. Es lohnte sich aber gar nicht die Mühe. Ich habe sie mit den Djedidi schon fortgebracht."

Schechu Ahmadu war sehr erzürnt über die Niederlage seiner Leute. Er sandte darauf eine Macht von eintausendfünfhundert Reitern, die Bongoe fangen oder töten sollten. Als diese Krieger bei Dumma ankamen, schlief Bongoe gerade. Deshalb ritt der Diawando mit den Djedidi ihnen entgegen und schlug sie. Als Bongoe erwachte, sagte er: "Es waren wieder einige Leute von diesem Schechu Ahmadu da. Da sie aber ungeduldig waren und nicht lange warten wollten, half ich ihnen bei der Umkehr."

Als Schechu Ahmadu hörte, daß seine zweite Kriegsmacht wiederum geschlagen war, sandte er ein Herr von nicht weniger als zweitausendfünfhundert Reitern. Denen befahl er, Bongoe lebend oder tot herbeizubringen. Die Reiter machten sich sogleich auf den Weg. Sie kamen bis in die Gegend von Dumma, da trafen sie auf den Diawando Forefdiiru und die sieben Djedidi; die waren ein wenig ausgeritten, weil Bongoe gerade schlief. So gerieten die zweitausendfünfhundert Reiter Schechu Ahmadus mit dem Diawando und seinen sieben Leuten aneinander, und nach einigen



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Kämpfen mußten jene fliehen. Nachher sagte der Diawando ZU Bongoe: "Heute sprachen einige Leute Schechu Ahmadus hier vor. Es scheint, daß Schechu Ahmadu nun nächstens wirklich eine Kriegsmacht nach hier senden will."

Als Schechu Ahmadu hörte, daß auch seine dritte Kolonne vor diesem Bongoe nicht hatte bestehen können, da war er über alle Maßen zornig und rief: "Was, diesen Kaffir (Ungläubige), diesen Floh, diesen Säufer, — was, diesen Menschen soll ich nicht überwinden können? Das möchte ich doch sehen!" Und Schechu Ahmadu ließ einen großen heiligen Krieg ansagen und ließ verkünden, alle waffenfähigen Leute sollten kommen und sollten unter seiner Fahne gegen einen Mann kämpfen, der der Teufel selbst zu sein schiene. Er sammelte ein Heer von zwanzigtausend Fußsoldaten und sechstausend Reitern. Er sagte: "Zieht gegen Dumma und deckt das Dörflein ganz ein, fallt darüber her wie die Heuschrecken über die jungen Felder."

Bongoe hatte eine Frau. Die spann gerade, als sie die Nachricht von dem Herannahen der zwanzigtausend Fußsoldaten und sechstausend Reiter erhielt. Da zog sie das Spinnstäbchen aus dem Wirtel und löste den Faden ab. Sie gab das Stäbchen einem Boten, ließ es ihrem Manne Bongoe bringen und sagen: "Wenn mein Mann Bongoe etwa Angst hat, so soll er dies Spinnstäbchen nehmen. Mir soll er dann dafür eine Lanze senden." Dadurch wurde Bongoe gereizt.

Bongoe rüstete sich. Der Diawando Forefdiiru rüstete sich. Die Djedidi rüsteten sich. Sie ritten den sechstausend Reitern und zwanzigtausend Fußsoldaten Schechu Ahmadus entgegen. Bongoe nahm die rechte Seite. Der Diawando nahm die linke Seite. Die sieben Ritter kämpften gegen die Mitte. Der Kampf begann mit Sonnenaufgang. Der Kampf hörte auf mit Sonnenuntergang. Dann waren die Leute des Schechu Ahmadu geschlagen und flohen heimwärts.

Während sieben Jahre führte Schechu Ahmadu so gegen den Heiden Bongoe Krieg. Aber er vermochte ihm nichts anzuhaben. Bongoe blieb unabhängig, trank, nahm nicht die Lehre Mohammeds an und verrichtete nicht die vorgeschriebenen Gebete. Bis heute ist seine Familie heidnisch geblieben. Die Nachkommen trinken und sind so ihres Lebens froh. Noch heute leben sie im Dorfe Dumma nahe Badiangara (nach Bankassi hin). Ihr Diamu ist Diagadiatte.



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8. Bubu Ardo Gallo

Bubu Ardo Gallo war ein Sproß der Ardofamilie. Er war König in Naene, in Massina. Seit seiner Kindheit hatte er nie Furcht gehabt. König Schechu Ahmadu kam ins Land und unterwarf viele Könige. Einige kamen freiwillig zu ihm und erhielten dann ihr Besitztum als Lehn aus seiner Hand. König Bubu Ardo Gallo wurde nicht angegriffen. Die Freunde kamen zu ihm und sagten: "Unterwirf dich doch auch, nimm die neue Lehre an." Er sagte: "Ich will mich unter einer Bedingung unterwerfen." Die anderen fragten: "Welche Bedingung ist das?" Er sagte: "Man soll nicht verlangen, daß ich Mohammedaner werde, daß ich in meinem Orte eine Moschee baue, daß meine Frauen daheim eingeschlossen werden - und ich will Besu weitertrinken." König Schechu Ahmadu hörte das. Er sagte: "Das geht nicht. Bubu Ardo Gallo muß sich auch unter das Gesetz Mohammeds begeben." Drei Jahre verhandelten sie hin und her.

Eines Tages ritt Bubu Ardo Gallo mit fünfzig Reitern aus. Er kam in das Dorf Tenekung, das der frühere König Bokala Amsala jetzt für Schechu Ahmadu verwaltete. Er hörte eine Frau schreien. Er fragte: "Was hat die Frau?" Die Leute sagten: "Die Frau hat im Zwist mit einer anderen dieser einen Zahn ausgeschlagen. Das war gegen das Gesetz des neuen Kadi. Darauf erhielt sie fünfzig Schläge und ist nun gefesselt in Fußeisen." Bubu Ardo Gallo sagte zu seinem Mabo: "Nimm ihr die Fußeisen ab, hebe sie hinter dich aufs Pferd und führte sie mit uns." Es geschah so. Er kehrte heim.

Am anderen Tage machte sich Bubu Ardo Gallo auf den Weg in die gleiche Gegend und trieb Bokala Amsala alles Rindvieh fort. Bokala Amsala rief andere Bezirksverwalter Schechu Ahmadus und sagte zu ihnen: "Geht zu Bubu Ardo Gallo und sagt ihm, er solle nicht solche Sachen unternehmen - denn er kann nicht gegen den Willen des neuen Königs aufkommen." Die Freunde machten sich auf, begaben sich zu Bubu Ardo Gallo und sagten ihm das. Er antwortete: "Ihr Gesellen, in meinem Lande soll weder das neue Gesetz geübt noch eine Moschee aufgebaut werden. Ich will diese Gebete nicht hören und das Recht Schechu Ahmadus nicht anerkennen. Wenn ich tot bin, komme es wie es wolle." Die Freunde kehrten zurück. Bokala Amsala berichtete alles an Schechu Ahmadu. Der Mabo Bubu Ardo Gallos sagte aber zu seinem Herrn: "Ist es nicht richtiger, wenn wir uns zu Galadio Hambodeju, dem Sohne Harnbodejus,



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in das Land Konare zurückziehen?" Bubu Ardo Gallo antwortete: "Ich werde hier sterben."

Schechu Ahmadu hörte die Klage Bokala Amsalas und rüstete den Krieg. Er rief siebentausend Reiter zusammen. Das waren alles seine Fulbe und nicht ein Dimadio darunter. Sie zogen nach Naene und umzingelten die Stadt. Sie rückten ganz dicht heran. Der Mabo stieg auf das Dach eines Hauses. Er rief Bubu Ardo Gallo und sagte: "Sieh, wie die Ebene gefüllt ist. Du hast die Sachen durcheinandergemengt und das sind die Folgen. Alle diese Leute sind Ritter und reine Fulbe, und es ist nicht ein einziger Dimadio darunter." Bubu Ardo Gallo sagte: "Das macht nichts. Rüsten wir uns." Sie stiegen herunter. Bubu Ardo Gallo hatte ein Pferd, das hieß Dennewell, und dieses Pferd ist bekannter geworden als alle anderen. Er schwang sich in den Sattel und sagte zu seinem Mabo Galosegene: "Spiele das Baudi." Galosegene spielte das Baudi. Bubu Ardo Gallo sagte: "Wie komme ich in das Baudi? Was muß ich heute tun, um in das Baudi zukommen?" Galosegene sagte: "Du hast einhundertzwanzig Reiter. Das da draußen sind siebentausend Fulbe. Wenn du sie besiegst, dann wird man dich im Baudi rühmen."

Bubu Ardo Gallo sagte: "Sie sollen sich verbreiten." Er ritt heraus. Er sprengte zwischen die siebentausend. Er packte links zwei und schlug sie gegeneinander. Er packte rechts zwei und schlug sie gegeneinander. Er tötete viele. Er warf den Feind zurück. Er folgte dem Rest der siebentausend bis nach Tenekung. Dann sagte er: "Nehmt den gefallenen Feinden Pferde und Kleider." — Sieben Tage lang griffen die Leute Schechu Ahmadus Bubu Ardo Gallo an. An jedem der sieben Tage schlug er sie in die Flucht.

Unter den Rittern Schechu Ahmadus war ein Reiter mit Namen Samba Ali Seidu. Der war berühmt wegen seiner Tapferkeit. Er sandte an Bubu Ardo Gallo eine Botschaft und ließ sagen: "Glaube nicht, daß es unter uns keine Tapferen gibt. Aber ich bin als Kind mit dir aufgewachsen und dir deswegen ausgewichen. Wäre das nicht, so würdest du sicherlich mit zehn Reitern nicht gegen mich aufkommen." Bubu Ardo Gallo antwortete: "Das ist nicht wahr. Ihr seid nicht tapferer als wir." Samba Ali Söidu antwortete: "Gut, so erwartet mich morgen um zwei Uhr. Dann wird einer von uns beiden sterben."

Danach bat Samba Ali Söidu den Schechu Ahmadu um hundert



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Reiter. Der gab sie ihm. Er brach auf. Er sandte an Bubu Ardo Gallo die Nachricht: "Rüste dich." Er kam nach Naene. Dort trafen sie zusammen. Dann stritten sie nach Fulbesitte, d. h. die Reiter kämpften gegeneinander, und die Ritter schlugen sich im Zweikampfe. Die beiden Helden nahmen erst die Lanzen und schleuderten sie aufeinander. Die Lanzen zersplitterten. Dann nahmen sie die Schwerter und kämpften gegeneinander. Die Schwerter zersprangen.

Darauf wollte Bubu Ardo Gallo umkehren, Samba Ali Seidu aber hatte noch einen goldenen Speer, den stieß er Bubu Ardo Gallo in den Rücken. Wer von einem silbernen oder goldenen Speer getroffen ist, stirbt. Bubu Ardo Gallo fiel vom Pferde und starb. — Die einen kehrten zurück und weinten. Die anderen kehrten zurück und lachten.

9. Siga Sa-nke* oder Sanke

Siga Sanke (seine Mutter hieß Siga) wohnte in dem Dorfe Soina in Kaarta. Er lebte zur Zeit des Königs Njagaleng Gara, einem stolzen Massassi, der damals über Kaarta herrschte. Zuerst war er mit dem Könige sehr befreundet. Er reiste im Lande umher, besuchte die einzelnen Dugutigis und kam dann, gewöhnlich mit der Nachricht zurück: "Der und der ist gar kein treuer Untertan, gib mir Soldaten, ich will ihn in deinem Namen züchtigen." Anfangs dachte der König nichts Schlimmes dabei und freute sich über den treuen Sinn Siga Sankes, aber dann fand er, daß jener ein böser und gefährlicher Schmeichler sei, und darauf zog er seine Gnade von ihm.

Siga Sanke zog sich darauf eiligst in sein Dorf Sdina (oder Schoina) zurück und begann ein ruhmrediges und prahlerisches Wesen anzunehmen. Seine Stadt war sehr fest. Vor einem der Tore hatte er unter vier Bäumen eine Galla (eine Plattform) errichten lassen, auf der standen am Abend zwölf Männer mit Trommeln und schlugen den Takt, während unten das Volk tanzte. Siga Sanke hatte Freundschaft geschlossen mit einem Schmiede Numuke Boji, mit dem trank er, während draußen die Trommeln den Takt rührten, Honigbier, und dazu sangen ihm zwei Frauen. Die eine war Siga Sankes Frau, die sang: "Siga Sanke de firma mogo je" (Siga Sanke schlägt sich mit vielen). Darauf antwortete die zweite, das 

* Ein Heldengesang, der in das Baudi gerechnet wird, wenn er auch einem Bammanahelden in Njoro gewidmet ist.


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war seine Schwester: "Siga Sanke mogo Bammana ndo nde" (kein Bammana gleicht Siga Sanke). Sie sangen zur Gitarrebegleitung.

Siga Sanke trank viel. Er nahm einmal eine Kalebasse, die frisch gefüllt war. Er setze sie an und trank sie aus. Er beugte sich soweit zurück, daß seine Mütze herunterfiel. Er sagte zu Numuke Boji: "Wenn du nichts Schlechtes tust, wirst du nie bekannt werden." — So lebte er in ständiger Betrunkenheit. Einmal hörte er, daß der Sohn des Königs Njagaleng Gara im Lande umherreiste. Da rief er seine Leute und sagte ihnen: "Geht dahin, wo der Königssohn ist und schlagt ihn tot!" Die Leute gingen hin und taten es.

Soina (oder Schoina) war ein großes Dorf mit sieben Toren. Es war ein Ort, der sehr schwer einzunehmen war. Siga Sanke kam sehr selten heraus, nämlich nur zweimal im Jahre; einmal, wenn die Äcker neu bestellt wurden zu Anfang der Regenzeit, um die Bestellung zu besichtigen. Und einmal, wenn die Ernte reif, um die Frucht zu besichtigen. Als er nun den Königssohn hatte erschlagen lassen, ließ er eines Tages zwölf Dialli kommen und ließ sie auch auf der Galla Platz nehmen, damit sie die Trommler ablösten. Dann stellte er eines Tages, nachdem der Königssohn ermordet war, und die zwölf Dialli neben den Trommiern spielten, vier große, mit Gold gefüllte Tabaksbüchsen auf den Boden in der Mitte des Platzes.

Siga Sanke trank.

Er drehte sich um und sagte: "Wer ist da?" Ein Sklave antwortete: "Ich bin da." Siga Sanke sagte: "Komm!" Der Sklave kam heran. Siga Sanke nahm eine der Tabaksbüchsen voll Gold und sagte: "Nimm dies Gold, bringe es zum Könige von Segu und sage dem Könige Da (oder Daga), daß mich der König Njagaleng Gara von Kaarta in einem Monate angreifen will und daß er sich schon zum Kriege vorbereitet. Sage ihm, daß, wenn er in einem Monat kommt und mir im Kriege beisteht, daß ich ihm dann in Zukunft Tribut zahlen will." Der Bote ging mit dem Gold von dannen.

Siga Sanke trank. Er drehte sich und sagte: "Wer ist da?" Der Sklave sagte: "Ich bin da." Siga Sanke sagte: "Komm!" Der Sklave kam heran. Siga Sanke nahm eine mit Gold gefüllte Tabaksbüchse, gab sie dem Boten und sagte: "Nimm das und bringe das zum Könige Njagaleng Gara. Sage ihm, ich hätte ihm zwar schweres Unheil zugefügt. Aber es täte mir sehr leid. Er solle mir vergeben. Sagt ihm ferner: In einem Monat wolle der König von Segu gegen meine Stadt zu Felde ziehen, um mich zu unterwerfen.



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Da ich nun früher befreundet mit dem Könige von Kaarta gewesen bin, sei es doch richtiger, ich zahle an Njagaleng Gara Tribut. Er solle also eine Kolonne entsenden, die dem Heerhaufen von Segu Trotz bieten könne." Der Bote nahm die Tabaksbüchse voll Gold und ging von dannen.

Siga Sanke trank. Er wandte sich um. Er sagte: "Wer ist da?" Ein Sklave sagte: "Ich bin da." Siga Sanke gab ihm die dritte der mit Gold gefüllten Tabaksbüchsen und sagte: "Nimm das und bringe es zum Könige Amadu-Amadu von Massina. Sage ihm, im folgenden Monat wollten mich die Leute von Scharo (zwischen Massina und Segu) angreifen und meine Stadt erobern. Da wäre es mir lieber, dem Könige Amadu-Amadu von Massina Abgaben zu zahlen. Er solle also im kommenden Monat mit einem starken Heerhaufen hierherkommen, um mich zu schützen." Der Bote nahm die Tabaksbüchse mit Gold und ging von dannen.

Siga Sanke trank. Er wandte sich um. Er sagte: "Wer ist hier?" Der Sklave sagte: "Ich bin da." Siga Sanke sagte: "Komm!" Der Sklave kam heran. Siga Sanke nahm die vierte Tabaksbüchse voll Gold, gab sie ihm und sagte: "Nimm dieses, bringe es zum Könige von Scharo (oder Saro). Sage dem Könige Bina Salogo Traore, daß der König von Massina eine starke Mannschaft vorbereite, die meine Stadt angreifen und überwinden soll. Sage ihm, daß er einen starken Heerhaufen rüsten möchte, um ihn im nächsten Monat mir zu Hilfe zu senden. Denn ich zöge es vor, dem Könige Bina Salogo Traore von Saro eine Abgabe zu zahlen, als ein Vasall des Königs von Massina zu werden." Der Bote nahm seine Tabaksbüchse voll Gold und ging von dannen.

Am anderen Tage rief Siga Sanke alle seine Mannen zusammen und forderte sie auf, die Mauer zu verstärken und höher zu machen. Er ließ die Frauen zusammenrufen und ihnen sagen, sie sollten für den nächsten Monat viel Hirsebier bereiten.



***
Als der nächste Monat gekommen war, stieg er abends mit den zwölf Dialli und den beiden Frauen auf das Dach eines Hauses und begann ein fröhliches Zechgelage. Er ließ die sieben Tore der Stadt schließen und nahm die Schlüssel an sich. Die Dialli spielten. Die Frauen sangen. Siga Sanke trank.

In dieser Nacht kamen die Ton-jong (Sklavenführer, jong ist nicht unbedingt Sklave, sondern mit Ton-jong können auch die Auxiliartruppen, die Truppen der unterworfenen Völker bezeichnet



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werden) von Segu an und schrien ihr: "Daga! Daga!" Dann trafen die Heerhaufen von Kaarta ein und riefen ihr: "Dese! Laba! Dunkoro! Mussira!" (Das waren die alten Hauptleute in Kaarta.) Sie fielen übereinander her, und die Mannschaften aus Segu und die aus Kaarta begannen in dieser Nacht ein mörderisches Gefecht.

In derselben Nacht kamen die Truppen des Königs von Massina vor den Toren der Stadt Soina an. Es trafen aber auch die Mannschaften aus Saro ein, die der König Bina Salogo Traore gesandt hatte, und als sie das "Amadu-Amadu" der Massinaleute hörten, da fielen sie über jene her, und auch hier hob in dunkler Nacht ein Streiten und Kämpfen an, bei dem kein Leben geschenkt wurde.

Als aber der andere Tag nahte und die Sonne aufging, da waren auf beiden Seiten alle Tapferen gefallen, und rings um die Stadt lagen die Leichen von Pferden und Kriegern. Als die Sonne aufging, sagte Siga Sanke zu den Trommlern: "Nun hört auf!" Er sagte zu den Dialli: "Nun hört auf!" Er stieg auf das Dach des höchsten Hauses, sah über all die Toten hin und rief: "Ihr vier Scharen von Kämpfern! Ich habe euch alle vier kommen lassen, ihr seid alle vier gekommen. Ihr habt diese Nacht hindurch kräftig gekämpft. Ihr habt eure besten Männer verloren. Wißt ihr, weshalb ich das tat? Ich tat das, um meine Felder zu düngen. Und meine Felder sind jetzt von gutem Blute und mit den Leichen Tapferer gedüngt. Meine Ernte wird gut werden." Dann rief er den Schmied Boji und sagte: "Schlage gegen die Mauern, daß man am Klange höre, ob sie gut oder schlecht sind." Der Schmied Boji schlug dagegen und sagte: "Sie sind gut!" Siga Sanke rief den Kämpfern zu: "Ihr habt den Klang gehört. Die Mauern sind gut. Das kommt davon, daß meine Männer alte Hosen anzogen, daß meine Frauen alte Stoffe umhängten, als sie die Mauern bauten. Sie arbeiteten nicht mit neuen Kleidern, sondern in alten, und da griffen sie gut zu. Ich selbst gehe ja jedes Jahr nur zweimal aus der Stadt, ihr könnt aber selbst die Männer für die ausgezeichnete Arbeit beim Mauerbau bezahlen."

Alle zogen ab. Sira Bo, der Bruder des Königs von Kaarta und Heerführer, der vom Könige Njagaleng Gara gesandten Mannschaft, war der letzte vor den Toren Soinas. Siga Sanke rief seinen Leuten zu: "Verhöhnt ihn!" — Darauf schrien alle Leute Siga Sankes: "Ho, Sira Bo! Ho, Sira Bo! Ho, Sira Bo!" Sie schrien es dreimal. Sira Bo rief: "Heute lachst du mich aus, Sira Sanke! Aber eines Tages werde ich es sehen, daß du Zähne speiest." Dann



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sandte Sira Bo an Siga Sanke eine Botschaft und ließ sagen: "Geh in ein anderes Land und verlaß Soina! Früher hat meine Mutter dort ihren Garten gehabt. Dieses Land gehört den Massassi!" Dann zog auch er von dannen.




***
Als die nächste Regenzeit begann, beschloß Siga Sanke einen großen Acker zwischen Soina und der Stadt des Königs Njagaleng Gara anzulegen. Er ließ das Gebüsch und die Bäume an jenem Orte schlagen, und beschloß dann selbst hinzureiten, die Arbeit und den Platz zu besichtigen, denn er hatte ja die Gewohnheit, zweimal im Jahre die Tore Soinas zu verlassen. Sira Bo hatte aber zwei Reiter ausgesandt und ihnen gesagt: "Geht nach Sdina und achtet darauf, wann Siga Sanke Soina verläßt. Sobald ihr es erfahrt, kommt schleunigst zu mir und sagt es mir!" Die beiden Aufpasser hörten nun, daß Siga Sanke beabsichtige, das Feld zwischen Soina und der Stadt des Königs zu besichtigen, und sie jagten eilig zu Sira Bo und sagten: "Morgen wird Siga Sanke sein Feld besichtigen. Siga Sanke hat dies Feld Kulanieni oder Bolanieni (er sucht Bo) genannt." Sogleich machte sich Sira Bo auf den Weg und umstellte das Land im weiten Umkreise.

Siga Sanke bestieg am anderen Morgen sein Pferd und ritt mit einigen Leuten nach dem Felde Bolanieni. Dort stieg er ab und ging umher. Kaum sah das der versteckte Sira Bo, so rief er seinen Leuten zu: "Schließt den Kreis, aber tut dem Siga Sanke nichts. Ich will ihn vor mir hertreiben." Siga Sanke hörte das. Er sah die Gefahr. Er stürzte auf sein Pferd zu, um aufzuspringen und zu fliehen. Sein Pferd hatte sich im Schreck aber auch losgerissen und lief fort. Siga Sanke packte noch ein Bein des Pferdes, aber der Fuß des schlagenden Tieres traf ihn auf den Mund, so daß ihm oben und unten je zwei Zähne abbrachen. Er spie sie aus und lief wieder hinter dem Pferde her. Er erreichte es, wollte im Laufe aufspringen, stürzte aber auf der anderen Seite herab. Er fiel mit dem Kopfe gegen einen Steinhaufen und schlug sich wiederum oben und unten je zwei Zähne aus, die er ausspie. Da rief Sira Bo: "Habe ich dir nicht gesagt, daß ich dich eines Tages Zähne speien lassen würde?"

Siga Sanke gelang es aber doch noch, auf sein Pferd zu springen, und er jagte nun von dannen. Es gelang ihm auch, dem Kreise zu entschlüpfen, aber Sira Bo war ihm dicht auf den Fersen und stieß ihn mit dem Flintenkolben in die Seite. Siga Sanke schrie: "Hëig!"



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und heulte. Er rief: "Töte mich nicht." Dreimal wiederholte sich das. Dann hatte er die Tore von Soina erreicht.

Sira Bo rief: "Du weinst?! Da kannst du sehen, daß du ein Njamogode (ein Unedler) bist. Ich aber bin ein Njerre Ulu (reinen Blutes, Edler). Ich bin ein Massassi. Du hast geweint!" Dann kehrte Sira Bo heim. Siga Sanke war gerettet. Als er in der Stadt angekommen war, fragte er seine Leute: "Wo ist die Trommel?" Die Leute antworteten: "Du hast sie draußen auf dem Bolanjenj zurückgelassen.

Siga Sanke hatte nun mit allen Leuten Streit angefangen. Eines Tages sagte auch der König der Surakka: "Wir wollen den Siga Sanke angreifen." Er machte sich mit allen seinen Leuten auf und kam vor Soina an. Seine Leute umkreisten Soina. Siga Sanke hatte die Tore rechtzeitig geschlossen, aber er hatte doch Furcht, es möchte diesmal ein böses Ende nehmen.

Er rief seinen Sohn und seinen Bruder und sagte: "Geht zu König Njagaleng Gara von Kaarta und sagt, ich hätte ihm unrecht getan und ihn geschädigt. Aber ich bäte ihn auch um Entschuldigung. In Zukunft will ich sein Höriger sein. Jetzt soll er mir aber gegen die Surakka helfen." Die beiden machten sich auf den Weg und kamen an den Hof des Königs von Kaarta. Sie richteten ihren Auftrag aus. König Njagaleng Gara und sein Volk riefen: "Jetzt haben wir zwei aus dieser Gesellschaft. Schlagt sie tot." Damals war aber ein Numu der Richter. Der sagte: "Laßt das, tötet diese Leute nicht. Der König soll mit einem Heerhaufen hinziehen!" Darauf gaben der König und das Volk den Gedanken auf. Er sandte die beiden Boten zurück und ließ sagen: "In drei Tagen kommen meine Leute."

Der König Njagaleng Gara war mit seinem Heerhaufen unterwegs. Da sandte ihm auch der König der Surakka eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Überlaß mir diesen Siga Sanke. —Ich will ihm den Kopf abschlagen und will ihn mit Gold aufwiegen. Das Gold soll dein sein." Der König von Kaarta war einverstanden. Er wollte nun Siga Sanke in eine Falle locken, — denn es war nicht möglich, die Mauern zu zerstören. Siga Sanke kam heraus und verhandelte mit den Boten König Njagaleng Garas. Er entdeckte aber die Absicht, ließ sein Pferd zurück und entkam in die Stadt.

Man sagt, Njagaleng Gara habe nachher doch noch den Siga Sanke getötet.



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10. Bessema Suki

Bessema war ein Dimadio des Fulbeherrschers Galadio. Er hatte ein Dorf namens Suki im Konarelande inne, und wenn er auch (als Dimadio) zum Stamme der Unterworfenen gehörte, so gab ihm doch sein gewaltiger Reichtum viel Freiheit. Er hatte nicht weniger als 5000 Pferde, von denen keines mehr als zweijährig war, und die dazugehörigen Reiter waren vom besten Alter. Keiner hatte noch geheiratet. Er selbst ritt nicht, sondern er pflegte sich auf einer Karakalawal (das ist eine Tragbahre, ein Mattenbett) auf den Köpfen der Leute tragen zu lassen. Er und sein Land gehörten Galadio. Er war aber so mächtig wie ein freier Ritter. Wenn er sich nach dem Markte Fatagoma hatte tragen lassen, so ward allsogleich die Hälfte von jeder Kanne mit Besu ihm zugemessen, während die andere dem Könige Galadio zufiel.

Einmal waren wieder einige Freunde Galadios mit diesem auf dem Markte Fatagoma. Sie sagten zu Galadio: "Höre, dieser Bessema aus Suki, dein Dimadio, gefällt uns nicht mehr. Er wird schon zu voll. Er scheint schon wohlhabender als du zu sein und wird dir eines Tages große Schwierigkeiten bereiten. Er tritt hier gerade so auf als wenn er der König wäre. Paß auf!" König Galadio sagte: "Ach, bis jetzt hat das wohl noch nicht viel zu sagen." Die Freunde sagten: "Paß auf!"

Galadio blieb noch einen Tag, dann machte er sich auf den Heimweg. Bessema war schon vor ihm in sein Dorf zurückgekehrt. Unterwegs dachte Galadio: "Mit diesem Dimadio Bessema könnte ich es ja einmal versuchen." Er brach also auf der Hälfte seines Weges, in Niankungo, seine Reise ab und sandte an Bessema eine Botschaft. Er belud 120 Pferde mit 120 leeren Säcken und ließ diese nach Suki führen. Die Boten sollten sagen: "König Galadio ist in Niankungo liegen geblieben, sende ihm in diesen 120 Säcken Korn."

Die Boten kamen mit Säcken und Pferden in Suki an und richteten ihre Botschaft aus. Bessema sagte: "Die Pferde mit den Säcken sollen sogleich zurückkehren. Ich bin zwar nur ein Dimadio, ich kann aber meine Sendungen auch so einrichten. Abgaben zahle ich nicht, aber auf eine freundliche Bitte soll ein Geschenk folgen. Meine Gabe wird sogleich kommen." Damit sandte er die Pferde, Säcke und Leute Galadios zurück. Er ließ dann 120 von seinen eigenen Säcken zurechtstellen und beauftragte



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seine Leute, allen ekelhaften alten und neuen Unrat, der im Dorfe und den umliegenden Weilern herumlag, zusammenzutragen und in die Säcke zu füllen. Alsdann ließ er 120 hinkende, einarmige krankhafte Krüppel zusammenkommen und gab denen den Befehl, die 120 übelriechenden Traglasten nach Niankungo zu tragen. Die Leute nahmen die Säcke auf und brachten sie nach Niankungo. In Niankungo lieferten sie die Säcke ab. Galadio kehrte heim.

Als wieder Markt in Fatagoma war, ließ Bessema sich wieder aus Suki dahin tragen. Als er ankam, gab er sogleich den Befehl: "Alles Besu, das heute hier zu Markte kommt, ist für mich. Wenn es irgend jemand wagt, Galadio auch nur einen Tropfen Honigweines abzutreten, so lasse ich ihn töten, die ganze Einwohnerschaft verkaufen und den Ort anzünden." Die Leute sagten: "Laß Galadio doch wenigstens ein wenig zukommen, um den Frieden zu wahren." Bessema sagte: "Nicht einen Tropfen. Ihr werdet sehen, was ich tue, wenn man meinen Befehl überschreitet."

Nun brachte man Bessema alles. Er hatte große Mengen zu trinken und betrank sich. Galadio und seine Freunde hatten aber nichts. Abends ging Bessema über den Markt. Da standen die Labo (Holzschnitzer) und boten Mörser und Keulen feil. Bessema fragte: "Was sind das für Leute?" Man antwortete ihm: "Das sind Labo, Holzschnitzer. Das sind Freie." Bessema sagte: "Ach was, Freie! Ich bin frei; sonst gibt es keine Freien. Die hier sind meine Sklaven." Damit gab er den Befehl: "Schneidet ihnen alle Haare ab. Die Haare füllt in einen Korb." Seine Leute taten es. Dann verkaufte Bessema die Labo für seine Rechnung, ließ den Korb mit den Haaren Galadio hintragen und ihm sagen: "Das ist dein Anteil. Ich habe nämlich meine Labo in Fatagoma verkauft."

Galadio reiste in seine Ortschaft Gundaga ab. Bessema kehrte nach Suki zurück. Galadio war in großem Zorne. Er sagte zu seinen Freunden: "Ihr habt recht. Dieser Bessema spielt den Herrn. Der Dimadio ist voll. Nun werde ich aber das Nest ausnehmen." Galadio sandte sogleich eine Kolonne Reiter nach Suki. Die Reiter nahmen alles Rindvieh Bessemas fort und trieben es nach Gundaga. Bessema ließ Galadio sagen: "Das ist so eure Fulbeart, anderen Leuten das Vieh fortzutreiben. Aber nimm ruhig die Tiere. Solange du nicht meine Angehörigen nehmen kannst, stört mich das nicht. Ich bin wohlhabend genug, um die paar Stück Rindvieh vergeben zu können." Am anderen Tage zogen Galadios Reiter wieder aus und töteten vierzig von Bessemas Kriegern.



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Am dritten Tage drangen Bessemas Truppen bis nach Konbogo vor, wo die Mutter Galadios lebte. Sie verbrannten das Dorf und nahmen die Mutter Galadios gefangen. Bessema sandte an Galadio folgende Botschaft: "Jeder sucht dem anderen das Vieh wegzunehmen, was dem anderen wertvoller ist. Du hast meine Rinder genommen. Ich habe deine Mutter gefangen. Welches Vieh ist nun wertvoller?"

Darauf bereitete Galadio einen großen Kriegszug vor. Er zog aus allen Teilen seines Landes die Truppen zusammen und zog dann nach Suki. Er bedeckte Suki vollkommen (d. h. er umzingelte und belagerte es). Er führte nun täglich Gefechte. Es wurde Tag für Tag gekämpft. Aber Galadio kam nicht in die Stadt. Drei Jahre lang lag Galadio vor Suki. Dann sandte er eine Botschaft nach Gimmini, das ist ein Habedorf, in dem außerordentlich starke Zaubermittel bereitet werden. Er sandte 30 Sklaven als Geschenk und ließ fragen: "Was muß ich tun, um Suki einzunehmen?" Die Zauberleute von Gimmini antworteten: "Schlachte einen schwarzen Hundskopfaffen und eine schwarze Ziege. Laß deren Blut über deine Zaubermittel fließen und wirf die Köpfe über die Stadtmauer. Tust du das, so wirst du Suki mit Leichtigkeit einnehmen können."

Galadio tat so. Er nahm Suki ein. Aber Bessema floh im letzten Augenblick. Galadio setzte ihm nach und erreichte ihn in Serara. In Serara tötete er ihn.

11. Duldibulukassu

Eines Tages ging eine Fulbefrau mit Namen Fatumata Hamasiri auf den Markt. Sie hatte fünfzehn Sklaven, die Milch trugen. Die wollte sie auf dem Markte von Deera, den Bammana (Fulbe sagen Bammara) verkaufen. Fatumata Hamasiri war das schönste Mädchen in ganz Kunari. Sie kam nach Deera. Die Sklaven setzten die Schalen mit Milch vor ihr nieder. Dann nahm sie ihren Platz ein. Der Bammanakönig von Deera hatte einen Arrawand (u) (d. h. Hund), dem durfte niemand etwas tun. Deshalb nahm er das Gute und Wohlschmeckende, wo er es fand. Er lief auf den Markt und begann aus den Milchschalen Fatumata Hamasiris zu saufen. Das Fulbemädchen aber nahm den geflochtenen Schalendeckel und schlug damit auf den Hund. Der Hund lief kläffend und heulend von dannen und in das Haus seines Herrn, des Königs von Deera. Der Bammanakönig fragte sogleich: "Wer hat meinen Hund geschlagen?"



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Die Leute sagten: "Das tat ein Fulbemädchen, die auf dem Markte Milch verkauft." Der König konnte die Fulbe sowieso nicht leiden. Als er das nun hörte, befahl er seinen Leuten: "Schlagt das Fulbemädchen, das meinen armen Hund geschlagen hat. Zerschlägt alle Milchgefäße. Jagt alle Fulbe vom Markte."

Die Leute taten es. Fatumata Hamasiri ward geschlagen. Ihre Milchschalen wurden zerschlagen. Sie und alle ihre Leute und auch alle anderen Fulbe wurden aus Deera ausgetrieben. Sie ging nach Sendige zurück. Auf dem ganzen Wege weinte sie. In Sendige weinte sie. Die Leute fragten: "Was hat die schöne Fatumata Hamasiri ?" Fatumata Hamasiri erzählte, wie es ihr gegangen sei. Die Leute sagten: "Da gibt es nur einen guten Rat. Trage deine Beschwerde Duldibulukassu vor." Fatumata Hamasiri hörte auf zu weinen. Sie sagte: "Das werde ich tun."

Fatumata Hamasiri bereitete fünfzig Boliro (Flaschenkürbisse) voller Butter vor. Sie tat dreitausend Kolanüsse in Körbe. Damit machte sie sich auf den Weg. Sie kam mit den Trägern in Boni, der Stadt Duldibulukassus an. Sie brachte dem Könige die Geschenke dar. Duldibulukassu sagte: "Was wünschest du von mir?" Fatumata Hamasiri sagte: "Ich war mit meinen Sklaven auf den Bammanamarkt Deera gegangen. Ich verkaufte meine Milch. Der Hund des Königs kam und soff aus meinen Milchschalen. Ich konnte das nicht mit ansehen und schlug den Hund mit einem geflochtenen Schalendeckel. Der Hund lief heulend fort. Darauf ließ der Bammanakönig mich schlagen, meine Milchgefäße zerbrechen und alle Fulbe von dem Marktplatze vertreiben. — Diese Schmach kann ich nicht auf mir sitzen lassen."

Duldibulukassu sagte: "Das ist eine Sache der Fulbe. Ich werde sie zu der meinen machen. Es ist sehr einfach." Fatumata Hama. siri ging. Duldibulukassu sandte an den Bammanakönig folgende Botschaft: "Du hast ein Fulbemädchen mißhandelt, ihre Milchschalen zerschlagen lassen und die Fulbe vom Marktplatze vertrieben. Wenn die Regenzeit zu Ende ist, werde ich zu dir kommen und dir Unannehmlichkeiten bereiten." Als der Bammanakönig von Deera diese Nachricht empfing, rief er die Leute aus fünf Dörfern in seine Stadt, damit sie ihm hülfen, sie zu verteidigen. Dann verstärkte und verbesserte er die Mauern.

Als er mit seinen Vorbereitungen fertig war, sandte er eine Botschaft an den König Duldibulukassu, die lautete: "Willst du denn nicht bald kommen? Glaubst du, daß ich soviel Zeit übrig habe, um



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auf dich zuwarten?" Als diese (spöttische) Nachricht kam, meinten die Freunde Duldibulukassus: "Sende doch Nachricht aus und suche nach Bundesgenossen. Denn die Stadt Deera ist jetzt fest gebaut und stark verteidigt." Duldibulukassu sagte: "Wenn ich eine solche Nachricht sende, sende ich sie nur an mein Pferd. Und mein Pferd sendet solche Nachricht an mich. Andere Bundesgenossen gibt es für uns nicht. Mir genügen meine eigenen Dimadjo."

Nun weiß jeder, daß der Held des Baudi in der Lage ist, gegen 120 Reiter zu kämpfen. Duldibulukassu hatte außerdem 2500 Dimadjo, 120 Reiter, 12 Flötenbläser, 3 Mabo (Barden). Er versammelte sie. Er ließ die Spielleute das Dondori anstimmen. Das Dondori ist eine Melodie, die macht das Herz schlagen und entflammt den Kriegszorn der Tapferen. Es ist so wirksam, daß ein Schwächung, der es hört, daran sterben kann. Duldibulukassu setzte sich mit seinen Leuten in Bewegung und sandte an den Bammanakönig folgende Botschaft: "Bereite deine Speise, denn in drei Tagen werden wir kommen, sie zu verzehren." Der Bammanakönig ließ antworten: "Nehmet nur allen Mut zusammen. Jeder Flüchtling soll auch erschlagen werden, und wenn ihr nicht tapfer seid, könnte es sich ereignen, daß die ganz kleinen Fulbekinder heranwachsen müssen, ehe die Fulbe wieder dazu kommen, in den Städten Milch zu verkaufen." Duldibulukassu ließ antworten: "Wenn ihr nicht zu verteidigen wißt, laßt es sein. Denn es könnte sich ereignen, daß die Bammanafrauen neue Kinder gebären müssen, damit die als erste wieder die Äcker zu bestellen vermögen."

Die Truppen Duldibulukassus kamen vor Deera an. Die Reiter und das Fußvolk verteilten sich um die Festungswerke und griffen sie von allen Seiten zugleich an. Sie griffen an und schossen. Die Bammana waren aber gut gerüstet und schlugen so die Fulbe zurück, und als die nochmals angriffen, wiederum, und dies Spiel wiederholte sich mehrere Male hintereinander. Zuletzt gingen die Fulbe ziemlich weit zurück und schlachteten im Hintergrunde einige Ochsen. Sie zogen denen die Häute ab und kamen damit wieder.

Duldibulukassu hatte sich bislang um die ganze Sache nicht viel bekümmert. Als er nun seine Leute mit den Ochsenhäuten ankommen sah, fragte er: "Was soll denn das? Was wollt ihr denn damit?" Die Leute sagten: "Das soll uns dazu dienen, die Kugeln und Pfeile der Feinde abzufangen." Duldibulukassu fragte: "Ja,,



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habt ihr denn die Festung noch nicht eingenommen?" Die Leute sagten: "Nein, die Festung ist zu stark." Duldibulukassu sagte: "Nun, dann werde ich euch einmal zeigen, wie man so etwas macht. Gebt mir erst einmal etwas zu trinken." Die Leute reichten ihm Besu. Duldibulukassu nahm drei starke Züge. Dann war er leicht angetrunken. Er machte sich auf den Weg. Unterwegs wetzte er die Spitzen zweier Speere aneinander, so wie man wohl zwei Messer wetzt.

Er kam an das Stadttor, das durch die Festungsmauer führte. Er trat das Tor einfach ein. Er trat dagegen und es zersplitterte. Dann zog er quer durch Deera. Mit dem Speer stieß er immer nach rechts und links. Die Leute wichen so zur Seite und flohen. Drei solche Querzüge machte er durch die Stadt. Dann war der Sieg endgültig gewonnen.

Die Bammana waren geschlagen. Duldibulukassu hatte zweitausendfünfhundert Bammana-Gefangene. Er band sie untereinander mit Stricken zusammen, sandte sie an Fatumata Hamasiri und ließ ihr sagen: "Nun brauchst du nicht mehr zu weinen und dich nicht mehr zu schämen."

Seitdem hatte es in Gimbala nie wieder ein Bammana gewagt, einen Fulbe zu schlagen. — Duldibulukassu kehrte in seine Stadt zurück.

12. Maliki Egudusega*

Einmal war ein großer und gewaltiger Naba (Fürst oder König der Mossi) in Uahiguja. Dieser Naba hatte tausend Geier. Eines Tages sandte er eine Botschaft an die Sidibe in Seno, die lautete: "Meine tausend Geier haben lange nicht gegessen. Meine tausend Geier essen nur Fulbe. Meine tausend Geier haben großen Hunger. Sendet mir also sogleich hundertzwanzig Fulbe als Nahrung für meine tausend Geier." Der Fürst der Sidibe in Seno, Maliki Egudusega, sagte: "Das ist zuviel. Ich will ihm fünfzig senden." Die Botschaft sandte er zurück. Darauf erhielt er die Nachricht aus Uahiguja: "Nein, mit den fünfzig bin ich nicht einverstanden. Ich muß alle hundertzwanzig Fulbe haben. Wenn sie die nicht bekommen, essen sich die Geier selbst." Auch diese Nachricht erhielt Maliki Egudusega. 

* Diese Geschichte gilt als sehr alt und wird nur deswegen noch behalten, weil eine Fulbefrau darin eine ganz besondere Rolle spielt. So sagt der erzählende Mabo.


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Nun war in dem Lande der Sidibe eine Fulbefrau, die war tief erschrocken darüber, daß Maliki Egudusega nicht sogleich zu den Waffen griff. Diese Frau hieß Diko Dierra Ali Sie sagte: "Wenn Maliki Egudusega etwa Furcht hat, so mag er solange in Frauenkleidern umhergehen und hierbleiben. Ich will dann aber Männerkleider anziehen und dem Naba der Mossi den Krieg ins Land tragen." Nun überlegte sie, wie sie Maliki Egudusega dazu bewegen könne, den Naba der Mossi mit Krieg zu überziehen.

Sie stellte hundertzwanzig Krüge mit Besu her. Sie rief hundertzwanzig Sklaven, ließ diese die hundertzwanzig Krüge mit Honigwein aufnehmen und begab sich an der Spitze des Zuges an den Königshof. Der König saß just in der besten Laune mit den Genossen bei der Zecherei, als Diko Dierra Ali ankam. Als Maliki Egudusega den Zug sah, fragte er die Frau: "Was bringst du da?" Die Frau sagte: "Honigwein." Maliki Egudusega sagte: "Was, hundertzwanzig Krüge Besu? Willst du ihn verkaufen ?" Die Frau sagte: "Ja." Maliki Egudusega fragte: "Bist du zufrieden, wenn ich dir fünfzig Gefangene dafür gebe?" Die Frau sagte: "Nein." Maliki Egudusega sagte: "Was willst du denn dafür haben?" Da antwortete Diko Dierra Ali: "Ich will nichts anderes dafür haben, als einen Naba der Mossi." Maliki Egudusega sagte: "Es gibt den Naba Sigiri, den Naba Uagadugu, den Naba Uahiguja, den Naba Kudji. Welchen willst du haben?" Die Frau sagte: "Ich will den haben, der die Fulbe beleidigt hat, den Naba Uahiguja." Maliki Egudusega sagte: "Gut - du wirst ihn erhalten."

Nach einiger Zeit sandte der Naba von Uahiguja an den König der Sidibe die Nachricht: "Meine tausend Geier haben Hunger - wirst du bald senden?" Maliki Egudusega ließ zurückbestellen: "Gedulde dich noch ein klein wenig, denn wir sind gerade noch beim Zählen beschäftigt." Der König rüstete sein Heer. Er hatte achttausend Reiter beisammen. Er sagte zu der Diko Dierra Ali: "Komm mit und sieh, wie wir den Krieg führen." Die Frau bestieg ein Pferd und kam mit.

Als der Naba von Uahiguja hörte, was der kleine König der Sidibe vorhabe zu wagen, rüstete er auch seine Leute und kam den Fulbe entgegen. Er hatte eine Million Reiter bei sich. Auf halbem Wege trafen sie sich an einem Wasser. Damals gab es bei den Mossi eine sehr merkwürdige Sitte. Wenn ein Naba sein Heer begleitete und es zum Gefechte kam, dann wurde er auf einen schwarzen Esel gesetzt, und die Füße wurden ihm unter dem Eseisbauche mit Eisenringen



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zusammengeschlossen, so daß er genau so gefesselt war wie ein Sklave. — Die beiden Heere kamen zum Gefecht. Die Fulbe drangen siegreich vor. Da wurde Maliki Egudusegas Pferd totgestochen. Er saß am Boden. Nun drangen die Mossi siegreich vor, und die Fulbe mußten weichen. Ein Mabo fing aber ein anderes Pferd ein und brachte es dem Fürsten der Sidibe. Er schwang sich hinauf, griff aus, und sogleich mußten die Mossi vor den siegreich vorrückenden Fulbe zurückgehen. Da wurde Maliki Egudusegas Pferd wieder zu Boden gestochen, und es kam genau wie vordem.

Dreimal brachte der Mabo dem Herrn ein neues Pferd. Als er das viertemal angreifen wollte, rief er alle seine Leute zusammen: "Ihr Fulbe! Wenn ihr jetzt nicht endgültig siegt, steche ich euch selbst alle Pferde nieder, schneide erst euch und dann mir selbst den Hals durch."

Dann griff er mit seinen Leuten an. Darauf wurden die Mossi von den Sidibe endgültig in die Flucht geschlagen. Der Naba aber ward gefangen genommen.

Maliki Egudusega rückte bis Uahiguja vor. Dort überreichte er Diko Dierra Ali den Naba. Diko Dierra Ali sagte zu dem Naba: "Ich will dich nicht töten, denn du bist genug bestraft. Aber wage es nie wieder, solche Worte den Fulbe zu sagen. Verkehrt vielmehr in Freundschaft und Frieden mit ihnen." Sie ließ ihn frei.

Seitdem sind die Mossi und die Fulbe gute Freunde.

13. Hassum Labo

Fondu Gorori galt als der klügste Mabo im ganzen Farimaka. Eines Tages sagte die Frau des Hassum Labo: "Wenn du mir nicht das Rindvieh des Fondu Gorori wegtreibst, lasse ich mich von dir scheiden, denn alles, was du bis jetzt getan hast, genügt mir nicht. Du bist kein rechter Labo und kein rechter Fulbe." Hassum (der Mahnke-Dolmetscher sagt: Kassum) sagte: "Ich werde sogleich mein Pferd satteln lassen und das Vieh des Fondu holen."

Hassum machte sich auf den Weg. Er kam an Ort und Stelle, nahm alles Vieh zusammen und trieb es fort. Fondu hörte es und setzte hinter ihm her. Er erreichte ihn nach einiger Zeit. Fondu fragte: "Willst du heute lieber in der Erde oder im Himmel übernachten ?" Hassum sagte: "Ich will bei mir zu Hause übernachten." 

* Wird für das Baudi in Anspruch genommen, ist aber in gewissem Sinne der Kastengesang der Labo, d. h. der Kaste der Holzschnitzer.


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Fondu nahm seine Lanze und warf sie nach Hassum. Sie zersplitterte. Hassum nahm seine Lanze und warf sie nach Fondu. Sie zersplitterte. Hassum hatte noch einen ganz kurzen Speer. Mit dem warf er nach Fondu und verwundete ihn so, daß er vom Pferde sank. Hassum trieb aber sein erbeutetes Vieh heim.

Als Fondu Gorori kam, schalt ihn seine Frau und sagte: "Du bist kein echter Labo, kein echter Fulbe. Erst läßt du dir das Rindvieh fortnehmen, dann läßt du dich verwunden!" Fondu fragte: "Wer ist nun ein richtiger Labo ?" Seine Frau sagte: "Hassum." Fondu sagte: "Es ist gut."

Am anderen Morgen verband Fondu sein Bein und setzte sich auf sein Pferd. Er ritt nach dem Gehöft Hassums. Hassum war nicht da. Hassums Frau war da. Fondu fragte: "Wo ist Hassum?" Die Frau sagte: "Mein Mann ist im Dorf. Was willst du?" Fondu sagte: "Dich will ich!" Die Frau sagte: "Bitte, nimm mich. Du kannst mich nehmen. Ich weiß, daß mein Mann hinter dir hersetzen wird, also!" — Fondu nahm die Frau Hassums und setzte sie hinter sich aufs Pferd. Dann ritt er fort.

Die Sklaven liefen zu Hassum und sagten ihm: "Fondu hat deine Frau genommen." Hassum rüstete sein Pferd, sprang auf und setzte hinter Fondu her. Fondu hatte hinterlassen: "Sagt Hassum, daß ich kein Räuber bin. Ich werde vor dem Zaune meines Gehöftes auf ihn warten, um ihn zu sehen." Die Leute sagten das Hassum. Hassum erreichte Fondu an dem Eingang vor dessen Gehöft. Fondu hatte hinter sich auf dem Pferde die Frau Hassums.

Fondu hatte immer sein Toru bei sich, das ihm guten Rat gab. Dies war ein Uodjerre, ein Kaninchen, das er in seinem Ledersack eingeschlossen hatte. Fondu fragte das Toru: "Was muß ich tun, um Hassum heute zu überwinden?" Das Uodjerre antwortete: "Du darfst nicht hoffen, mit einem Speere irgendwie etwas gegen Hassum ausrichten zu können. Du kannst nur obsiegen, wenn du mit dem Sattelgurt nach ihm schlägst." Fondu sagte: "Es ist gut."

Hassum kam heran. Hassum nahm seine Lanze und warf nach Fondu. Es war ein Fehiwurf. Fondu nahm den Gurt, schlug nach Hassum und da sank er getroffen vom Pferde. Fondu sagte: "Wenn ich dir weiter nichts tue, so ist das, weil ich eine Frau hinter mir auf dem Pferde habe. Fondu kam nach Hause. Er sagte zu seiner Frau: "Wer ist nun der wahre Labo? Hassum hat mir zweihundert



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Stück Rindvieh genommen. Ich aber habe seine Frau, und ich werde sie ihm nur wiedergeben, wenn er mir mein Rindvieh wiedersendet und zweihundert Stück obendrein."

Hassum tat so.

14. Die Bailulegende*

Im Dorfe Sai zwischen Konkonkurru und Djenne lebte der Fulbeschmied Jan Bailu. Es war das ein mächtiger Recke. Er zerstörte die Moschee, trieb die Mohammedaner fort und setzte den Naina ein. Er hatte die Angewohnheit, alle Tage allein nach Tonge zu reiten. Dort trank er dann Besu. Nie nahm er einen Begleiter mit, legte den Weg vielmehr immer allein zurück. Als Toru hatte er auf jeder Schulter und auf dem Kopfe je einen Schädel des Kummareba, das ist der Komma der Mande (der Kronenkranich). Das machte ihn so stark, daß er hundert Reiter zu besiegen vermochte.

Eines Tages trank er wieder in Tonge bis Sonnenuntergang. Dann ging er heim. Unterwegs kehrte er in einem Dorfe ein, in dem war die Frau eines Bailu, der gerade abwesend war. Jan Bailu sagte zu ihr: "Komm mit mir, ich bin stark." Die Frau zögerte. Jan Bailu redete ihr gut zu. Zuletzt ging sie mit ihm fort und blieb dann bei ihm. — Diese Gegend gehörte damals zum Lande Saro. Der Saro-Massa (König von Saro) hörte davon. Er sandte einen Boten an Jan Bailu und ließ ihm sagen: "Gib mir die Frau wieder, sie gehört einem meiner Schmiede. Des weiteren darfst du dich nicht mehr im Dorfe Tonge aufhalten und dort zechen." Jan Bailu hörte die Botschaft an. Dann sagte er: "Daß ich nach Tonge gehe und dort zeche, das kann mir nur Gott verbieten. Im übrigen behalte ich die Frau."

Jan Bailu hatte einen Dimadio (Ackerbauangehörigen), der hieß Kelebe-jongfe (d. h. "Wer ist der Herr der Streitmacht?"). Wenn Jan rief: "Kelebe-jongfe!" so antwortete der Dimadio: "Du bist der Herr der Streitmacht, mein Herr." — Nun sagte Jan Bailu zu Kelebe-jongfe: "Rüste mein Pferd! Ich will nach Tonge reiten!" Der Dimadio tat es. Jan Bailu machte sich auf den Weg. Er kam nach Tonge. Saro-Massa hörte das. Er fragte den Dorfhäuptling von Tonge: "Ist das da Jari Bailu ?" Der Dorf häuptling sagte: ,ja, 

* Der Sang von Jan Bailu wird von den Bailu als Kastengesang gepflegt und wird von ihnen die Zugehörigkeit zum Baudi in Anspruch genommen.


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das ist er." Saro-Massa sagte: "Wer gab ihm die Erlaubnis, nach Tonge zu kommen, um Besu zu trinken?" Der Dorfhäuptling sagte: "Ich kann es ihm nicht verbieten."

Saro-Massa hatte sehr große Städte. Er suchte allenthalben in seinem Lande nach einem Manne, der den Mut hatte, Jan Bailu das Trinken zu verbieten. Saro-Massa konnte aber nirgends einen Mann finden. Niemand wagte es. Ein Mann, der häufig mit Jan Bailu zechte, sagte zu dem Schmiede: "Du, der König hat den Busch schon mit Pferden gefüllt." Jan fragte (höhnend): "Und es sind Reiter auf den Pferden?" Der Freund sagte: "Ja." Jan Bailu sagte: "Das ist nicht schwierig." — Ein Mann hatte zum Saro-Massa gesagt: "Es ist nicht so schwer, den Jan Bailu zu überwältigen. Jedesmal, wenn er in dem Dorfe Tonge gezecht hat, geht er allein und ohne jede Begleitung nach Hause." Saro-Massa sagte: "Es ist gut."

Als Jan Bailu wieder genug getrunken hatte, ließ er den Hörigen das Pferd rüsten und ritt auf dem Wege nach Hause fort. Inzwischen war der Weg schon von Reitern besetzt. Als Jan nahe zu den feindlichen Reitern kam, begannen alle drei Köpfe des Kronenkranich, die Jan auf Kopf und Schultern trug, zu schreien. Da bekamen alle Reiter, die den Jan Bailu überfallen sollten, einen großen Schreck. Sie wandten sich sogleich zur Flucht und jagten fort, bis sie zum Saro-Massa kamen. Jan setzte hinter ihnen her. Die Saroleute sahen von weitem, wie der eine Jan Bailu alle die Reiter vor sich hertrieb. Da schrien sie: "Hooooh!" (d. i. das Kriegsgeheul). Die Reiter hörten es, schämten sich und wandten sich gegen Jan Bailu.

Doch sie konnten Jan keinen Widerstand leisten. Jan schlug sie. Sie flohen in die Stadt. Es war aber unter ihnen ein Schmied mit Namen Gara-ntigi-mbilla (d. h. der rote Häuptling der Gara). Der sagte: "Ich fliehe nicht. Ich bin auch ein Mann, der seine Toru hat." Er blieb stehen. Er stand. Er warf zwei Lanzen auf Jan. Die Lanzen zersplitterten. Jan Bailu warf eine Lanze auf Gara-ntigimbilla. Die traf Gara-ntigi-mbilla an den Kopf. Da floh auch der in die Stadt, und als er darin angekommen war, starb er. Darauf sammelten die jungen Mädchen für 200000 Frank Muschelgeld und sandten dieses an Jan Bailu, damit er sein Besu trinken könne. Jan Bailu trank und trank. Jedes Jahr sandten die jungen Mädchen die Abgabe, bis er starb.

Es war der stärkste aller Bailu, die je lebten.



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15. Die Mabolegende*

Es war ein Mabo mit Namen Ali Der Ali Mabo heiratete zwei 11 Frauen, nämlich eine aus dem Dorfe Sosobe, die andere aus Salsalbe. Ali Mabo war auf sein Handwerk außerordentlich eifersüchtig. Er konnte es nicht haben, daß in seinem Orte noch ein zweiter Mabo arbeitete. Deshalb wußte er jedem Mabo, der sich seinem Dorfe näherte, so geschickt mit Toru (Zaubermitteln) beizukommen, daß der Betreffende nach einiger Zeit starb, und daß er derart der einzige Mabo in dem Orte blieb.

Einmal nun kam wieder ein webender Mabo in diesem Orte an, und er nahm sein Absteigequartier bei einer Fulbefrau aus Salsalbe. Er schlief die Nacht durch und fragte am anderen Morgen die Fulbefrau: "Ich bin ein Mabo und möchte wohl morgen hier arbeiten. Gibt es nicht Wolle und etwas zu tun?" Die Fulbefrau sagte: "Oh, das ist nun eine schlechte Sache. In diesem Orte ist ein Ali Mabo, der ist so eifersüchtig auf seinen Beruf, daß er mit seinen Toru jeden tötet, der neben ihm hier arbeiten will." Der fremde Mabo sagte: "Das ist mir ganz gleich. Die einzige Frage ist, ob du Wolle oder Wollfaden hast, so daß ich hier etwas arbeiten kann." Die Fulbefrau sagte: "Ja, den habe ich schon, aber der Ali Mabo wird dich töten, wenn ich dir Wolle zur Arbeit gebe." Der fremde Mabo sagte: "Ach, das ist mir ganz gleich. Gib nur die Wolle her." Dann stellte er seinen Tjengu (Webstuhl) auf und begann zu arbeiten.

Die Tochter des Ali Mabo ging in der Stadt spazieren. Sie hörte das Klappern eines Webstuhles, schaute über den Zaun, sah den Mabo, der ein Fremder war, und lief heim. Sie sagte: "Vater, ein fremder Mabo arbeitet in dieser Stadt." Ali Mabo sagte: "Den wollen wir schon beiseite bringen. Hier, meine Tochter, nimm dieses Toru in die Hand. Geh zu dem Mabo und wünsche ihm einen guten Morgen. Er braucht dir nur zu antworten und du wirst sehen, welche Wirkung das hat." Die Tochter nahm das Toru und ging hin. Sie sagte zu dem fremden Mabo: "Guten Tag." Der fremde Mabo erwiderte den Gruß. Kaum aber hatte er die Worte ausgesprochen, sofort schlug aus dem Kassastreifen, den er webte, Feuer. Der Mabo warf aber ein wenig eigenes Toru in das Feuer und sogleich ward Faden wieder zu Faden, Stoff zu Stoff. Der Mabo webte gelassen 

* Dieses Stück wird von den Mabo gewissermaßen als Kastengesang betrachtet und ist insofern von sozialhistorischer Bedeutung.


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weiter. Das Mädchen aber lief nach Hause und erzählte alles seinem Vater.

Der Vater hörte den Bericht mit an und sagte: "Soso! Nun, da werden wir etwas anderes unternehmen müssen." Er nahm eine Mulle Reis und bereitete ein Gericht. Das gab er seinem Hahn und sagte: "Nimm dieses Gericht, bringe es dem fremden Mabo hin und bestelle ihm einen schönen Gruß von mir und daß ich ihn willkommen heiße." Der Hahn nahm das Gericht, das in einer Holzschale war, brachte es zu dem fremden Mabo und sagte: "Mein Herr, der Ali Mabo sendet dir dieses Gericht und läßt dir sagen, du solltest es dir gut schmecken lassen."

Die Fulbefrau, bei der der Mabo abgestiegen war, sah das und sagte: "Iß um alles nichts von diesem Gericht. Denn wenn du das genießt, wird es dir gehen wie den anderen Mabo und du wirst sterben." Der fremde Mabo aber lachte und sagte: "Ach, das macht mir ja gar nichts." Er webte noch etwas, dann begann er zu essen und das von Ali gesandte Gericht zu verzehren. Danach setzte er sich wieder an den Webstuhl und begann zu weben. Er webte und webte, warf das Schiffchen hin und her. Aber während er webte, begann der Mann mitsamt dem Webstuhl in Bewegung zu geraten - der Mann und der Webstuhl rückten durch die Stadt fort. Der Mabo webte. Alle Leute, die dem Mabo begegneten, liefen in großer Angst fort. Der Mabo webte und bewegte sich mit seinem Webstuhl so lange fort, bis er auf dem Hofe des Ali Mabo angekommen war.

Als Ali ihn so kommen sah, wollte er fortlaufen. Der fremde Mabo warf aber seine schwarze Kopfbinde auf den Boden, da ward sie zur Schlange. Die Schlange wand sich um Ali und ließ ihn nicht fort. Dann sagte der fremde Mabo: "So, Ali nun gib mir deine Augen." Ali nahm seine Augen aus dem Kopfe und gab sie dem fremden Mabo. Der fremde Mabo steckte sie in seine Tasche. Dann sagte der fremde Mabo: "Ich töte dich nicht. Aber du und deine Nachkommen sollen blind sein." Er begann wieder zu weben, sein Webstuhl begann wieder zu wandern und kam so wieder bei seiner Fulbewirtin in Salsalbe an.

Es ist wahr: Man trifft heute noch viele Mabo, die blind sind.



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16. Kombe Alhassu*

In uralter Zeit gab es in ganz Massina nur eine einzige Ortschaft 1 und das war Konza. Dia, das einige für älter halten, ist in Wahrheit um zwölf Jahre jünger als Konza. Das kann man auch daran erkennen: Als die Djeddo (Soroko) Dia erbauen wollten, rollte die Erde immer wieder auseinander und wollte nicht halten. Zuletzt blieb nichts anderes übrig, als ein wenig Erde aus Konza zu holen. Die Einwohner gaben sie. Das Erdreich aus der Ortschaft Konza gab Dia seinen Halt.

Eines Tages verließ ein Fulbe namens Kombe Alhassu seine Heimat und ging auf die Wanderschaft. Er wollte sich die Welt ansehen und die Welt kennen lernen. Als er ein Stück weit gekommen war, traf er einen Mann. Er entbot ihm seinen Gruß. Der andere erwiderte den Gruß. Der andere sagte: "Ich bin Mamuru." Kombe Alhassu fragte: "Woher kommst du?" Mamuru sagte: "Ich komme aus Missira (bei Mekka). Wer bist du?" Der andere sagte: "Ich bin Kombe Alhassu." Mamuru sagte: "Was willst du?" Kombe sagte: "Ich will mir die Welt ansehen. Dann will ich Lam (König) werden." Mamuru sagte: "Ich gehe auch umher und suche." Kombe sagte: "Was suchst du?" Mamuru sagte: "Ich will reich werden." Kombe Alhassu sagte: "Das ist gut, dann können wir gemeinsam wandern." Mamuru sagte: "Damit bin ich zufrieden." So reisten die beiden gemeinsam weiter.

Als sie ein Stück weit gegangen waren; trafen sie einen Mann, der entbot ihnen seinen Gruß. Sie erwiderten den Gruß und fragten: "Wer bist du?" Der Dritte sagte: "Ich bin Mana." Kombe fragte: "Was willst du?" Mana sagte: "Ich trachte danach, möglichst viel zu erlernen und zu sehen. Ich möchte alles kennen lernen. Ich möchte ein Kallang (ein Gelehrter) werden." Die anderen beiden sagten: "Es ist gut. Wir reisen auch umher, um die Welt kennen zu lernen. So komm mit uns." Mana sagte: "Das ist mir gerade recht." So reisten denn die drei, die die Welt kennen lernen wollten, gemeinsam den gleichen Weg zusammen weiter.

Nach einiger Zeit kamen sie an einem sehr großen Teufel vorbei, der hatte ganz rote Augen. Der Teufel sagte: "Ach, ihr drei da, sagt mir doch einmal, wo geht ihr hin und was habt ihr vor?" Kombe Alhassu sagte: "Ich ziehe in die Welt. Ich will mir die Welt 

* Mitgeteilt vom alten Allei Sango, Fulbe-Mabo in Mopti, und von diesem dem Baudi der Fulbebarden Massinas und Konares zugeschrieben. Dieser Alhassu entspricht jedoch auch der Märchenfigur Alhassuma der Malinke.


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ansehen und zuletzt will ich ein Lam (König) werden." Der Teufel fragte den zweiten: "Und du?" Mamuru sagte: "Ich komme von Missira, ziehe umher, um mir die Welt anzusehen, und zuletzt will ich ordentliche Reichtümer erwerben." Der Teufel fragte den dritten: "Und du?" Mana sagte: "Ich ziehe umher, um zu sehen und zu lernen, und ich will zuletzt dadurch ein Kallang werden."

Der große Teufel mit den roten Augen sagte: "Bleibt nur hier. Ich werde euch gut unterbringen. Zuletzt habe ich auch so meine Wünsche. Ihr müßt nämlich wissen, daß ich im allgemeinen mich nur von Menschen nähre. Und seit drei Tagen habe ich nicht gegessen. Ich habe also auch meine Wünsche. Ich möchte nun wieder einmal Menschen essen." Damit nahm der große Teufel mit den roten Augen die drei Wanderer und sperrte sie in ein großes Haus ein, das war aus Steinen gebildet und sein Eingang war von ihm auch mit Steinen geschlossen. So saßen die drei denn gut verwahrt.

Als es Mitternacht war, kam der große Teufel mit den roten Augen an die Tür des Steinhauses und rief: "Ich will nun einmal einen von euch essen. Nun soll einmal einer von euch herauskommen." Die drei stritten sich untereinander, wer zuerst gegessen werden sollte. Der große Teufel mit den roten Augen sagte: "Macht einmal schnell. Ich habe nämlich Hunger." Darauf sagte Kombe Alhassu: "Wir wollen losen." (Das Losen wird in diesen Ländern dadurch bewerkstelligt, daß eine Reihe von Hölzchen hingelegt und eines mit geschlossenen Augen abgedreht wird. Wenn er das Hölzchen mit seiner Markung aufnimmt, fällt das Schicksal auf ihn. Name des Losens: Fulfulde=uruani, Soroko=schuolimbogi Malinke kallatege, Bammana =kalla firri.) Die drei Wanderer in dem Steinhause losten. Die Wahl fiel auf Mamuru, der aus Missira gekommen war. Er wurde von den Genossen herausgeschoben. Der große Teufel mit den roten Augen ergriff ihn, bereitete ihn und fraß ihn auf.

Ein Tag verging. Als es wiederum Mitternacht war, kam der große Teufel mit den roten Augen wieder an das Steinhaus und rief laut durch die Tür: "Ich will nun wieder einen von euch essen. Nun soll einmal einer von euch herauskommen." Die beiden, die noch in dem Steinbau waren, Kombe Alhassu und Mana, zogen wieder das Los. Es fiel auf Mana. Mana mußte das Haus verlassen. Der große Teufel mit den roten Augen ergriff ihn, bereitete ihn und fraß ihn auf.



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Kombe Alhassu aber legte die Speere der beiden geflossenen Genossen zu den seinen. Er wartete. Ein Tag verging. Als es wiederum Mitternacht war, kam der Teufel mit den roten Augen wieder an das Steinhaus und rief durch die Türe: "Ich will jetzt den letzten von euch dreien essen. Komm heraus." Kombe Alhassu ergriff seine drei Speere und kam an den Eingang des Steinhauses. Der große Teufel mit den roten Augen rief: "Wer ist denn nun noch da?" Kombe Alhassu sagte: "Ich." Der große Teufel mit den roten Augen fragte: "Von welchem Volke (=Ngonda) bist du?" Kombe sagte: "Wenn du etwas von mir wissen willst, so komm auch ZU mir herein." Der große Teufel mit den roten Augen sagte: "Was, du weißt nicht einmal, von welchem Volke du bist?"

Der große Teufel mit den roten Augen trat in das Haus aus Steinen. Da ergriff Kombe Alhassu seine erste Lanze und warf sie ihm in das Auge. Dann ergriff er die zweite und warf sie ihm in den Unterleib. Dann ergriff er die dritte und warf sie ihm in den Oberkörper, so daß sie ihm das Herz durchbohrte. Dann war der große Teufel mit den roten Augen tot und Kombe Alhassu machte sich auf den Weg, seine Straße fortzusetzen.

Als Kombe Alhassu ein Stück weit gegangen war, traf er auf ein riesenhaftes Weib. Er entbot ihr seinen Gruß, und sie erwiderte ihn. Die riesenhafte Frau fragte ihn: "Was machst du?" Kombe Alhassu sagte: "Ich wandere und sehe mir die Welt an." Die riesenhafte Frau fragte ihn: "Was willst du denn zuletzt?" Kombe Alhassu sagte: "Ich möchte gern König werden." Das riesenhafte Weib sagte; "Bleibe nicht den Tag über hier. Denn hier ist es doch sehr gefährlich." Kombe Alhassu sagte: "Ich werde dann gerade hierbleiben, denn ich ziehe doch umher, um etwas zu sehen."

Die riesenhafte Frau hatte drei Söhne, das waren Riesen (Fulfulde = lal, Soroko = korra oder kurra, Malinke =kumang). Von denen tötete jeder jeden Tag drei Elefanten und brachte sie sich zum essen mit nach Hause. Als es nun Mittag war, kamen diese drei Söhne heim. Jeder hatte seine drei getöteten Elefanten. Jeder trug je einen auf jeder Schulter und den dritten auf dem Kopfe. Das riesenhafte Weib, ihre Mutter, sagte: "Heute ist ein Neuer bei uns angekommen. Man muß darauf achten, daß man ihn nicht aus Versehen zertritt." Da bückte sich jeder von den dreien, hob Kombe Alhassu in die Höhe, ließ ihn auf seinem Handteller tehen und betrachtete ihn und seine Waffen sehr genau. Dann



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stellte er ihn, sich niederbückend, mit großer Vorsicht wieder auf die Erde. Da bekam Kombe Alhassu Angst, und er sagte zu dem riesenhaften Weibe: "Ich will doch lieber gehen." Die Frau aber sagte: "Nun ist es zu spät geworden. Nun iß nur erst mit uns zu Abend."

Darauf trugen die jungen drei Riesen einen mächtigen Topf herbei. Sie schnitten ihre Elefanten in einige Stücke und warfen diese hinein. Sie zündeten Feuer darunter an und begannen zu kochen. Als sie ihre Speise gar hatten, ergriffen sie riesige Balken und begannen ordentlich zu löffeln. Sie sagten: "Der Mensch hier muß aber auch etwas zu essen haben." Und sie setzten Kombe Alhassu auf die Kante des riesigen Topfes. Aber aus Versehen fiel Kombe Alhassu in die Brühe des riesigen Topfes hinein, und als einer der Lal nun wieder hineingriff, einen Bissen zu erhaschen, da kam er ihm in die Hände. Die Hand schob ihn aber sogleich in den Mund. Als die Lal fertig mit essen waren, sahen sie sich nach dem kleinen Menschen um. Die Mutter sagte: "Wo ist er?" Einer sagte: "Ich habe ihn vorhin noch auf dem Topfrand sitzen sehen." Sie sahen in alle Ecken. Sie konnten ihn aber nicht finden. Einer sagte: "Eben fühle ich etwas in meinen Zähnen. Das muß eine Elefantensehne sein." Er zog es heraus. Da sahen sie, daß es Kombe Alhassu war, der aus Versehen mit in den Mund des Lal geraten war. Das riesenhafte Weib sagte zu Kombe: "Siehst du? Habe ich dir nicht gesagt, daß es hier gefährlich für euer einen ist?"

Dann sagte die riesenhafte Mutter der drei Lal: "Nun komm aber. Leg dich auf meine Matte, schlaf dich aus. So kann dir nichts weiter geschehen, und morgen kannst du dann weitergehen." Die riesenhafte Frau legte eine Matte hin und nahm Kombe Alhassu zu sich. Als es Nacht war, wollte Kombe Alhassu fliehen. Er tappte in der Dunkelheit umher und kam endlich in eine große Höhle. In der Höhle versteckte er sich.

Diese Höhle war aber nichts anderes als die riesenhafte Vagina des Riesenweibes. Gegen Morgen kam das Riesenweib das Bedürfnis an, zu urinieren. Sie stand auf und pißte. Mit dem Strome aber, der dem enormen Ausgang entfloß, wurde auch Kombe Alhassu fortgeschwemmt. Ja, dieser Strom war so gewaltig, daß er nur mühsam schwimmend sich vor dem Ertrinken retten konnte. Der Strom des Riesenurines führte ihn weit, weit fort.

Am Morgen fragte die Mutter: "Wo ist denn nur unser kleiner Mensch ?" Alle suchten ihn und konnten ihn nicht finden. Darauf



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sagte die riesenhafte Mutter: "Es ist nicht ausgeschlossen, daß ich den kleinen Kerl in dieser Nacht selbst fortgespült habe. Denn ich mußte pissen, und in dem Urin kann er mit fortgeschwommep sein. — — —

Kombe Alhassu machte sich aber rüstig auf den Weg, sobald er dem Strome des Riesenurines entronnen war. Er kam an einen riesigen Baum, und da derselbe an seinem Fuße eine mächtige Höhle hatte, so verbarg er sich darin, um sicher zu schlafen. Auf dem Baume saß ein riesenhafter Duta, d. i. ein Geier. Nach einiger Zeit kam ein riesenhafter Elefant. Der sagte zu dem riesenhaften Geier: "Guten Tag, mein Uralter. Heute ist Diama-Nara (Sonnenwendtag, Jahreswechsel). Da wünsche ich dir Glück (d. h. im Fulfulde: kebere waka oder waga). Du bist älter als alle Lebenden. Deshalb weißt du auch mehr als alle anderen, und deshalb bitte ich dich, mir heute etwas zu erzählen."

Der uralte, riesenhafte Geier sagte: "Es ist wahr, heute ist Diama-Nara, und ich wünsche dir auch viel Glück. Es ist allerhand zu erzählen. So will ich dir denn gern das eine oder andere berichten. Wenn man z. B. von den Blättern dieses Baumes nimmt und sie trocknet, stößt und als Medikament verwendet, so nützt das gegen die und die Krankheit. Wenn man von der Rinde jenes Baumes nimmt, so nutzt das gegen jenes Leiden. Heute ist aber ein großer Tag, und da will ich dir auch etwas ganz Besonderes berichten.

Es gibt in Massina ganz dicht bei Dia ein Dorf, das heißt Maitaki. In Maitaki ist eine Senkung (die Sache mit der Senkung ist unklar, es kann geradesogut eine Erdgrube sein). Wenn man auf dem Boden derselben scharrt, so kommt ein großer Topf zum Vorschein. Dieser Topf ist bis oben hin angefüllt mit purem Golde. Man kann den Topf emporheben, dann strömt aber sogleich ein Fluß von der Stelle durch das Land."

Der uralte Geier erzählte das. Alhassu hörte es. Er machte sich auf den Weg und kam nach langer Wanderung am Morgen noch nach Maitaki. Er hob den Goldtopf. Der Fluß strömte.

Es gibt noch heute einige Familien, die heißen Urugere (oder urugire). Das sind So, Fulbe. Denen gehört eigentlich Massina, dessen Hauptstadt Konza war. Kombe Alhassu war der erste Fulbe in Massina. Man nennt ihn auch So Sobe Uru Giri. Sein Nach.. komme war Samba Omar, dessen Name man mit Ehrfurcht nennt, wenn man Fische aus dem Flusse Kombe Alhassus ißt.



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17. Sidi Baba

Sidis Vater war Baba. Babas Dorf war Tonna. (Man sagt: anna Tonna, d. h. er war in Tonna zu Hause.) Baba hatte eine Frau geheiratet, die hieß Schokolo. Er kümmerte sich nie um die Familie seiner Frau. Als Baba mit Schokolo drei Jahre verheiratet war, sagte sie: "Du hast nie meinen Vater und meine Mutter besucht." Baba sagte: "Wenn du das wünschest, so kann das sehr schnell geschehen. Ich werde mich alsbald aufmachen." Er rüstete eine Kriegerschar und machte sich auf den Weg.

Baba kam in das Dorf der Eltern seiner Frau. Er rüstete schnell zum Angriff. Er griff an. Er brannte das Dorf nieder. Er nahm den Vater und die Mutter seiner Frau gefangen. Er tötete sie, er schnitt ihnen die Köpfe ab, er steckte die Köpfe in einen Sack und nahm den Sack mit. Als Baba wieder daheim angekommen .war, sagte er: "Ich war, wie du es gewünscht hast, im Dorfe deines Vaters und deiner Mutter. Ich habe beide sehr herzlich umarmt und bringe dir von ihnen hübsche Neuigkeiten mit. Hier ist ein Sack. Schau hinein." Die Frau öffnete den Sack. Sie zog einen Kopf heraus. Baba fragte: "Was ist das?" Die Frau sagte: "Das ist der Kopf meines Vaters." Sie zog noch einen Kopf heraus. Baba fragte: "Was ist das?" Schokolo sagte: "Das ist der Kopf meiner Mutter." Baba sagte: "Nimm die beiden Köpfe und lege sie als Unterlage unter deine Kochtöpfe. Bereite mir das Essen darauf."

Die Frau Schokolo sagte kein Wort. Sie nahm die Köpfe, sie legte Feuer an. Sie stellte die Kochtöpfe darauf. Sie bereitete das Essen für ihren Mann darauf, aber sie sagte kein Wort. Die beiden Köpfe verkohlten und verbrannten, aber die Frau sagte kein Wort.

Nachdem genug Zeit vergangen war, daß Baba das alles vergaß und vergessen hatte, ging Frau Schokolo zu einem Schmiede und ließ sich ein sehr scharfes Messer geben. Mit diesem Messer ging sie dann in aller Frühe in das Haus, in dem ihre Schwiegermutter, die Mutter ihres Mannes Baba, lebte. Sie sagte der Frau nicht guten Tag, sondern schnitt ihr die Kehle durch. Alsdann schnitt sie den Leib der Frau auf und trennte alles gute Fett, das darin enthalten 

* Von diesem heute in das Baudi aufgenommenen Stück kann man den Ursprung nachweisen: Von den Bammana im Gebiet zwischen Gumbu und Sokolo wird es heute noch mit Marimbabegleitung gespielt und von ihnen als ursprünglich dem Pui entlehnt (?) bezeichnet.


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war, heraus. Die Leiche ließ sie liegen und ging mit dem Fett nach Hause. Sie bereitete mit dem Fett ein Gericht. Sie stellte eine Speise her, die war über alle Maßen schmackhaft.

Inzwischen war es Morgen geworden, und die angesehenen Leute versammelten sich auf dem Platze, wo sie miteinander plauderten. Die Frau Babas nahm das Gericht, das sie bereitet hatte, und trug es auf den Platz hinaus. Sie kniete vor ihrem Manne (nach alter Sitte) nieder und überreichte die Schüssel. — Die Männer begannen zu essen. Einer sagte: "Ach, das ist ausgezeiehnet." Ein anderer sagte: "Ach, das ist ganz besonders gut zubereitet." Baba selbst sagte: "Ja, das ist das wohlschmeckendste Gericht, das ich je in meinem Leben genossen habe."

Baba hatte die Gewohnheit, jeden Morgen zu seiner Mutter einen Boten zu senden und sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Er rief auch heute einen Haussklaven und sagte zu ihm: "Geh zu meiner Mutter und frage sie, wie es ihr geht." Der Haussklave ging. Er kam in das Haus. Er sah die Leiche in ihrem Blute und mit aufgetrenntem Leibe. Er kam zu Baba zurück. Baba fragte: "Wie geht es meiner Mutter?" Der Haussklave sagte: "Ich kann dir das nicht berichten." Baba sagte: "Sofort sage es mir, oder ich töte dich."

Der Haussklave sagte: "Töte mich, aber ich kann dir doch nicht wiederholen, was ich gesehen habe." Darauf ließ Baba den Sklaven töten.

Baba sagte zu einem anderen Haussklaven: "Geh hin und frage meine Mutter, wie es ihr geht." Der Haussklave ging. Er sah die blutige Leiche, kam zurück und sagte: "Ich kann nicht wiederholen, was ich gesehen habe." Baba ließ auch diesen totschlagen. Er rief einen dritten Haussklaven und sagte zu ihm: "Geh hin und frage, wie es meiner Mutter geht." Der Haussklave ging. Er sah die blutige Leiche, kam zurück und sagte: "Ich kann nicht wiederholen, was ich gesehen habe." Baba ließ auch diesen totschlagen.

Es war da ein Spielmann, der sagte: "Baba, du solltest doch deine Leute nicht so hinschlachten, wie die Ochsen und Schafe." Baba sagte: "Gut. Wenn dir das nicht zusagt, so geh du in das Haus meiner Mutter und frage sie, wie es ihr geht. Der Spielmann ging hin. Er sah die blutige Leiche, kehrte zurück und sagte: "Baba, was deine Sklaven gesagt haben, ist wahr. Man kann es nicht wiederholen." König Baba sagte: "Sage es jetzt, oder ich lasse dich auch totschlagen."



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Der Spielmann sagte: "Baba, deine Mutter ist tot. Das übrige sieh selbst." Baba ging hin. Er sah die blutige Leiche mit dem aufgeschnittenen Leib. Darüber ward der König über alle Maßen zornig. Er ließ sofort eine Botschaft in die Runde gehen, die lautete: "Alle Familienvorstände sollen allsogleich sich danach umtun, festzustellen, wer meine Mutter getötet hat. Wenn es nicht bis heute abend klar festgestellt ist, werde ich tausend Menschen töten." Darauf machte sich alle Welt daran und suchte und spürte. Aber niemand vermochte eine Spur zu finden. Es kam nicht heraus, wer die Mutter Babas getötet hatte.

Als nun alle Leute vergebens gesucht hatten, und der König Baba mit den Spielleuten und Alten beratend auf dem Platze saß, kam Schokolo, Babas Frau. Sie ließ sich (der alten Sitte entsprechend) vor Baba auf die Knie nieder und fragte: "Habe ich dir nicht heute morgen ein Gericht bereitet und es hier auf den Platz gebracht?" Baba sagte: "Das ist richtig. Es hat allen sehr gut geschmeckt, und ich selbst habe dir gesagt, daß ich nie in meinem Leben eine so ausgezeichnete Speise genossen habe." Schokolo sagte: "Diese Speise habe ich mit dem Leibfett deiner Mutter bereitet. Ich habe deine Mutter getötet. Nun tue mit mir, was du willst."

Der eine von den Umsitzenden sagte: "Man soll diese Frau totschlagen." Der zweite sagte: "Man soll sie totschießen." Der dritte sagte: "Man soll ihr auch den Leib aufschneiden." Der vierte sagte: "Man soll sie verbrennen." Es war da aber ein alter Mann, der war sehr angesehen im Rate, der sagte: "Ich denke, man soll sie leben lassen. Man soll gar nichts tun. Man soll warten. Von schlechtem Vater und von schlechter Mutter kommen schlechte Kinder." Er stand auf und ging.

Man tat nichts.



***
Zwei Jahre nachher wurde von der Frau ein Knabe geboren, der ward Sidi Baba genannt, weil Baba sein Vater war. Der Knabe wuchs heran. Als er zehn Jahre alt war, war seine Hauptbeschäftigung, Fallen zu legen und Tauben zu fangen. Eines Tages hatte sich in einer seiner Fallen ein Gire (Eichhörnchen) gefangen. Als Sidi Baba näher kam, riß das Tier in seiner Angst im letzten Augenblick seine Schnur durch und rannte von dannen. Es gelang ihm, in sein Loch zu entschlüpfen. Sidi Baba sah das gerade noch.

Sidi machte sich sogleich daran, die Erde abzusuchen und das Eichhörnchen auszugraben. Er grub und grub. Sidi Baba grub



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einen Tag und eine Nacht, ohne an etwas anderes zu denken. Als eine Nacht vergangen war, ohne daß der Knabe heimgekehrt war, sandte Baba Boten aus, die seinen Sohn suchen sollten. Ein Bote traf Sidi. Er sagte zu Sidi Baba: "Dein Vater hat Boten ausgesandt, dich suchen zu lassen." Sidi sagte: "Sage meinem Vater, daß in meiner Falle ein Gire gefangen war, daß dieses Gire aber im letzten Augenblick entwichen ist und in sein Loch schlüpfte, so daß ich jetzt seine Höhle aufgraben muß." Der Bote kehrte heim und berichtete Baba.

Sidi grub weiter, und nach langer Zeit ergatterte er sein Eichhörnchen und tötete es. Dann begab er sich auf den Heimweg.

Ehe er aber noch wieder heimkam, war Baba, sein Vater, gestorben, und man hatte das Königreich dem Vaterbruder übergeben. Man hatte ein großes Fest veranstaltet, hatte viel Besu getrunken und den neuen König herrlich gefeiert. Als Sidi heimkam, sagte man ihm: "Dein Vater ist gestorben. Dein Onkel ist zum Könige gemacht worden." Sidi Baba fragte sogleich: "Zeige mir, wo mein Vater begraben worden ist." Man zeigte es Sidi. Sidi sagte: "Öffnet das Grab." Man tat es. Es war da der Sklave, dessen Amt es immer gewesen war, Peitschenhiebe zu verabfolgen. Sidi Baba sagte: "Gib diesem Baba fünfzig Hiebe mit dem Knotenstock, denn der Mann ist hinter meinem Rücken gestorben. Darum wird es jetzt Streit geben."

Darauf sandte Sidi Baba an seinen Onkel eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Wem kommt nach dem Tode meines Vaters das Königtum zu?" Als der Onkel diese Nachricht empfing, bekam er Angst und sagte: "Ich bin ja gar nicht König. Ich trinke nur ein wenig und freue mich meines Lebens." Sidi Baba sagte: "Du kannst alle Weiber meines Vaters nehmen, meinetwegen auch meine Mutter. Aber sonst bekommst du nichts." — Darauf wurde Sidi Baba selbst König.

Nachdem Sidi Baba sich derart zum Könige gemacht und er seinen Onkel beiseite geschoben hatte, sagte er: "Wartet, ihr Alten, seid ihr so? Wollt ihr mich so loswerden ?" Sidi Baba hatte fünf große Hallen. Er ließ im Lande verkünden: "Alle Alten sollen zusammenkommen, die Ritter, die Bauern, die Spielleute, die Schmiede. Alle sollen in dem Gehöfte des Sidi Baba zusammenkommen." Sie kamen von allen Seiten und versammelten sich in großer Menge in dem Hofe, und manche dachten, sie würden nun ganz besonders geehrt werden. — Als aber alle beisammen waren, ließ Sidi Baba



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rund im Lande verkünden: "Heute macht jeder Alte seinem Sohne Platz. Das Alter will, daß die Jugend daran komme. Keiner von den Alten wolle aber dem Nachkommen hinter seinem Rücken fortsterben, damit niemand eine Schwierigkeit in seiner Rechtsübernahme habe, und somit teilte Sidi Baba mit, daß die Alten heute beiseite rücken."

Sidi Baba ließ alle Alten erschlagen. Dann rief er die jungen Spielleute und sagte: "Nehmt ihr jetzt den Bari! (Name der Marimba im Fulfulde: bei Bosso = barang, bei Bammana balafon. — An dieser Stelle betont der vortragende Spielmann, daß der ganze Gesang vom Sidi Baba zur Bari gesungen werde.) Singt zum Bari. Die Alten haben den Bari nicht mehr nötig." Er gab den jungen Landleuten die Äcker der Alten. Er gab den jungen Rittern die Herrschaft der Väter. Er gab den jungen Schmieden die Werkstätten der Alten.

In der Gegend war ein Land namens Garrio, das ist nicht weit vom Lande Fara-Maka. Im Orte Garrio war jeden Tag Spiel und Tanz. Das ärgerte den König Sidi Baba. Er hörte das jeden Tag herüberschallen, und er war so ärgerlich, daß er eines Tages sagte: "Der König von Garrio vagabondiert zu sehr. Ich werde ihm etwas Ruhe schaffen." Zwischen Tonna, seinem Dorfe, und Garrio war eine Wildnis, die hieß Nampala. Die Wildnis Nampala ist weit bekannt. In allen Ländern hat man von der Wildnis Nampala gehört. Um die buschige Wildnis Nampala zu durchqueren, braucht man zwei bis drei Tage. Es ist kein Wasser da zu finden. Sidi Baba machte sich mit seinen Kriegern auf, um gegen Garrio zu ziehen. Als er am ersten Abend in der Wildnis Nampala lagerte, sagte er zu seinen Leuten: "Hier ist kein Wasser. Morgen früh will ich erwachend Wasser finden. Grabt einen Brunnen. Wenn ihr morgen früh den Brunnen nicht fertig habt, so werde ich euch allen die Köpfe abschlagen lassen." Danach legte sich Sidi Baba zu Bett. Seine Kriegsmannschaft arbeitete die ganze Nacht, und am anderen Morgen, als Sidi Baba erwachte, war der Brunnen vollendet. Es war ein Brunnen von weit über ioo Meter Tiefe. Man zeigt ihn noch heute. Er hat lange, lange Zeit bestanden, aber im Laufe der Zeit ist er verschüttet.

Sidi Baba kam nach Garrio und nahm es ein.

Als Sidi Baba von Tonna aufbrach, hatte er 10000 lange starke Stricke mitgenommen. Die ließ er nun aneinanderbinden und begann damit, daß er in den ersten einen Gefangenen binden ließ.



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Einer ward hinter den anderen gebunden. Wie eine Kette von Schafen nahm sich das aus. Er unterwarf 100 Dörfer und band die Unterworfenen jeden in die Schleife eines der 10000 Stricke. Die Leute sagten zu ihm: "Herr, du hast schon soviel getan, kehre doch heim!" Er sah an der Reihe der Gekoppelten entlang an das Ende und fragte: "Ist noch freie Schnur da?" Die Leute sagten: "Ja, es ist noch etwas Schnur da." Sidi Baba sagte: "Dann sind wir noch nicht fertig, dann können wir noch nicht heimgehen."

Er unterwarf das Land bis nach Barbe und Fentala im Kunarigebiete. Dann war fast die ganze Schnur aufgebraucht. Als er wieder nach dem Busch Nampala kam, sah er aber, daß doch noch 200 Schnüre ungenützt herunterbringen Darauf sagte er: "Wir haben gerade 200 Djongwal (de) (soviel wie Kuntigi bei den Bammana, d. i. Abteilungsleiter, Sklavenaufseher, ursprünglich wohl Distrikts- resp. Haufenführer). Wir haben gerade 200 Stricke übrig. Mit den 200 Stricken wollen wir den 200 Djongwal (de) die Hände auf dem Rücken zusammenbinden lassen. Dann will ich die 200 Djongwal (de) verkaufen. Sollten deren Kinder und Weiber aber schreien, so laß ich alle 200 Djongwal (de) einfach totschlagen." So wurden die 200 Anführer verkauft, und dafür kaufte sich Sidi Baba Getränke.

Sidi Baba starb, nachdem er 30 Jahre regiert hatte. Er hat in seinem Leben 620 Dörfer eingenommen (das soll auch im "Tarick es Sudan" stehen). Seinem Stamme nach war Sidi Baba Kuliobaili. Seine Nachkommen leben noch heute zwischen Gumbu und Sokolo. Es sind Bammana.


18. Der Ursprung der Fulbe

Alle Fulbe, ob sie heute im Toro, Diallon, Massina oder wo sie sonst wollen, wohnen, stammen ab von hie Diallali Diaje. Der hatte einen jüngeren Bruder mit Namen Diommero Diaje. Diese beiden sollen in Kigeri, einem am Niger gelegenen Orte, aufgewachsen sein - einem Orte, der am Niger gegenüber von Saneanding lag. Einige allerdings behaupten, hie Diallali Diaje wäre nicht hier, sondern anderweitig, weiter dem Senegal zu, groß geworden.

Mit den beiden Burschen zusammen entstand ein Ei. Die Mutter sagte zu hie Diallali Diaje: "Achte stets darauf, daß dem Ei nichts geschehe, und daß dessen Schale nicht vorzeitig zerbreche. Baut ihm ein eigenes Häuschen." hie Diallali Diaje sagte: "Wir wollen es



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tun." Er baute ein Haus und legte mit großer Vorsicht das Ei da hinein. Jeden Morgen ging er mit seinem jüngeren Bruder hin und blickte das Ei an.

Eines Tages traten sie am frühen Morgen wieder in das Haus hinein und betrachteten das Ei. Da sahen sie, daß seine Schale zerbrochen war und daß eine kleine Frauengestalt darin lag. Diese Frauengestalt war aber nicht vollständig. Vielmehr war es nur ein Oberkörper von wohlausgebildeten Formen, mit Kopf, Armen, Brust. Aber der Unterkörper fehlte. Als das Mädchen hie biallali Diaje sah, wollte sie entfliehen. Sie erschrak sehr. hie Diallali Diaje aber sagte: "Erschrick nicht, meine Schwester, ich werde dich nicht essen." Darauf ward das Mädchen ruhig und sagte: "So will ich dir denn sagen, wie ihr es in Zukunft mit mir zu halten habt. Nie darf mich ein Fulbemädchen sehen, das noch nicht entwickelte Brüste hat. Und nie darf ein Fulbe ein Mädchen heiraten, dessen Brüste noch nicht entwickelt sind. Solange ihr das einhaltet, werdet ihr bei mir stets Mehrung des Wohlstandes finden. Ihr werdet reich werden, und es wird euch wohlergehen. Sobald aber meine Gebote übertreten werden, ergeht es euch nicht mehr gut." hie Diallali Diaje sagte: "Meine Schwester, wir wollen das einhalten."

Das Mädchen ohne Unterkörper hieß Tschopijo. Tschopijo verließ ihre kleine Hütte niemals. Sie aß aber auch nie etwas. Jeden Morgen kam hie Diallali Diaje in ihre Behausung, nach ihr zu sehen, und jeden Morgen gab Tschopijo ihm etwas. So ward er von Tag zu Tag wohlhabender, und endlich ward er ein sehr reicher Mann. Als er nun über viele Rinder und Kühe und Reichtümer verfügte, vergaß er das Gebot seiner Schwester und heiratete eines Tages ein junges Mädchen, dessen Busen noch nicht entwickelt war.

Am anderen Tage rief Tschopijo ihren Bruder Ille Diallali Diaje in ihre Hütte und sagte zu ihm: "Habe ich dich nicht gewarnt und dir gesagt, daß nie ein junges Mädchen, dessen Busen noch nicht entwickelt ist, mich sehen, daß nie ein Pulo ein junges Mädchen, dessen Busen noch nicht entwickelt ist, heiraten darf? Jetzt hast du mein Gebot doch übertreten und ein Mädchen geheiratet, dessen Busen noch nicht entwickelt ist. Nun wirst du selbst sehen müssen, was geschieht. Sorge dafür, daß mich deine junge Frau nicht sieht, sonst gebe ich dir morgens nichts mehr." hie Diallali Diaje sagte: "Ich verspreche dir hierfür zu sorgen." Darauf ging es denn eine Zeitlang wie bisher. Jeden Morgen erhielt der Bruder von seiner Schwester die Gaben.



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Eines Tages sagte aber die junge Frau zu ihrem Gatten hie Diallali Diaje: "Sag mir doch, was hast du in dem kleinen Häuschen? Es sind sicher Toru (Zaubermittel), die darin sind." Der Bruder sagte: "Das geht dich gar nichts an. Unterstehe dich niemals, da hineinzusehen!" Die junge Frau versprach es. Am anderen Morgen rief aber Tschopijo ihren Bruder hie Diallali Diaje und sagte zu ihm: "Mein Bruder, ich weiß, das Unglück wird geschehen. Deine junge Frau wird zu mir hereinsehen. Geh also und bringe mir einen Stock." hie Diallali Diaje ging hinaus, nahm einen Stock und reichte ihn seiner Schwester Tschopijo. Seine Schwester sagte zu ihm: "An dem Tage, da deine junge Frau in meine Hütte sehen wird, werde ich mich aufmachen und von dannen gehen. Dann werden mir alle die Rinder und Kühe folgen, die du durch meine Gaben erworben hast, und es wird nichts mehr bei dir bleiben. Es gibt nur ein Mittel, dir etwas zu retten: "Nimm diesen Stab und schlage auf jedes Stück Vieh, das du noch erreichen kannst, und jedes derart getroffene Tier wird bleiben." hie Diallali Diaje nahm den Stock.

Am anderen Morgen machte hie Diallali Diaje sich auf, nach seinem Felde zu sehen. Als er fortgegangen war, vermochte die junge Frau ihre Neugier nicht mehr zu bändigen. Sie schlich sich vorsichtig hin und ging zu dem Häuschen, in dem Tschopijo lebte. Sie öffnete das Häuschen und blickte hinein. Darauf aber erhob sich Tschopijo und ging von dannen. Sie ging. Alle Rinder und Kühe erhoben sich, um sich auf den Weg zu machen und Tschopijo zu folgen.

Als hie Diallali Diaje mit seiner Feldarbeit fertig war, machte er sich auf den Heimweg. Als er heimkam, war Tschopijo fortgegangen, und die Hälfte alles Rindviehs war ihr schon gefolgt. Da nahm er schnell den Stab, den Tschopijo dagelassen hatte und schlug das Rindvieh damit, und das getroffene blieb bei ihm.

Das andere Rindvieh war mit Tschopijo nach Dilali (am Lac Debo) in Farimaka und da ins Wasser gegangen. Dort kann man heute noch Rinder im Wasser sehen. Tschopijo lebte ewig und immer im Wasser, bis die Franzosen ins Land kamen. Da starb sie. (Berichtet von einem Fulbe in Mopti)



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V DAS NIAULE



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Die einstigen Toro

Darüber sind sich alle Stämme der westlichen Sahel und alle Mande, Wolof und Fulbe einig: daß nämlich die senegalische Landschaft Toro einstmals eine große Bedeutung für Geschichte und Kultur der westlichen Länder hatte.

Nach allem, was früher von den Fulbe gesagt wurde (S. 94 und 155 ff.), ist es natürlich, daß die hier stark vertretene Fulbeschaft den Ruhm einstiger Machtausgestaltung Toros für sich in Anspruch nimmt, ein Anspruch, der in den nachfolgenden Stücken des Niaule zum Ausdruck kommt. Aber hier finden wir sogar unter den Fulbe selbst Skeptiker, wie aus den beiden nachfolgenden Originalberichten hervorgeht:

Als Älteste im Lande Futa Diallon gelten die Sacke (Soninke in Tamba, Firigija Benda, Diaberri san in der Dingiraigegend). Sonst sind in diesem Lande zumal zahlreiche Diallon, deren Ursprung man nach Futa Toro zurückführt. In Futa Toro sind alle vier Diamu (Diallon, Sidibe, Sankare und Diagite) heimisch, und von hier sollen alle größeren und erfolgreichen jüngeren Wanderungen der Fulbe ausgegangen sein. — In Toro gibt es Mabo (Weber), Bailu (Schmiede) und Bambadu (Dialli). Über ihnen herrschen die Hirten.

Der Urahn der Fulbe in Toro war Jelli (oder Djelli, vgl. S. 226ff.), ein Hirte. Dem war eines Tages eine Kuh entlaufen, die war schwanger. Sie rannte unter einen Baobab. Jelli suchte sie drei Tage lang umsonst. Am dritten Tage fand er sie. Auf dem Baume saß ein uralter Geier, der hatte kaum noch einige uralte Federn. Aber er hatte eine Gitarre und sang zum Gitarrespiel. Der Geier sang: "Gib mir die Kuh, dann wirst du von mir vielen Besitz und auch die Gitarre erhalten; aber gib mir die Kuh." Jelli wollte erst seine Kuh nicht fortgeben. Endlich tat er es aber doch. Er sagte: "Nimm die Kuh." Darauf erhielt Jelli von dem. Geier die versprochenen Gaben. Der Geier wurde, sobald er die Kuh hatte, ganz jung und bedeckte sich mit schönen, kräftigen-Federn. (Berichtet von einem Fulbe aus Futa Toro.)

Die Futa-Toroleute heiraten nur eine Torofrau, wenn sie sonst auch Beischläferinnen haben. Sie tragen die Haare ganz lang. Die Toronke (wie die Mandestämme sie nennen), haben nur vier Stämme. Dagegen haben die Torodo viele Völker und Stämme (Diamu). Sie sind nach Osten hin unendlich weit ausgebreitet. (Dieselbe Quelle.)

Die Toroleute heiraten also nur Torofrauen. Sie verehelichen sich nicht mit den anderen Fulbe. Und fernerhin nennen die Fulbe selbst die Urbewohner Sacko. Sacko traf ich auch als aus dem



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Osten gekommene Wolof an der Westküste. Und endlich bezeichnen die südlichen Mande das Niaule als einen Sang der Wolof.

Die Fulbe bezeichnen das Niaule -das ist der nachfolgende Sang von Samba Galadjie -als Lagia und sind sehr stolz darauf. Sie bestreiten die Herkunft des Sanges von den Wolof und zeigen eben damit nur, daß sie fähig sind, das einmal Geraubte auch festzuhalten.



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1. Samba Galadjies Kindheit

Die Familie der Denianke gehörte dem Stamme (Dimu =Edle) Mba (bei Bammana Diagite genannt) an. Als Samba Galadjie geboren wurde, starb sein Vater, der König über das Land gewesen war. Nun nahm der Bruder seines Vaters die Herrschaft und den Jungen an sich. — Samba Galadjie hatte als Erbe nur drei Pferde. Das erste Pferd hieß Mulatomm, das zweite Pferd hieß Dabakorro, das dritte Pferd hieß Njegenjege. Diese drei Pferde ließ ihm der Onkel, sonst nichts.

Er hatte aber einen Gaulo (so heißen bei den Fulbe in Toro die Spielleute) und eine Flinte. Von dem Augenblick an, da er sie tragen konnte, begab er sich allmorgendlich mit der Flinte auf die Jagd in den Busch. Sein Gaulo Seuod Amalad begleitete ihn und spielte. Wenn er auf der Jagd etwas tötete, so bereitete er es und aß es mit seinem Gaulo zusammen. Wenn aber seine Mutter irgendein Mehigericht oder eine Olspeise bereitet hatte, so rührte er die nicht an. Er lebte fast mehr im Walde als in der Ortschaft des Königs, seines Vaters Bruder.

Ein junger Koladjo (ein Koladjo ist ein junger Sklave, einer, der noch nicht das Vertrauen seines Herrn gewonnen hat; er ist also nicht soviel wie ein Dimadio, der schon beinahe ein Freier ist) ging in dieser Zeit einmal im Walde. Er hörte einen Vogel singen. Es war ein kleiner Vogel mit einem großen Schnabel. Er sang so deutlich, daß der junge Koladjo ganz genau alles verstehen konnte, was jener sang. Der Vogel sang ein langes Lied. Das Lied sprach nur von Samba Galadjie. —Der Koladjo blieb stehen. Er hörte hin und blieb stehen, bis das ganze Lied zu Ende war. Als der Vogel vollendet hatte, ergriff er sein Gewehr und schoß ihn tot.

Der Koladjo lief dahin, wo der Vogel herniedergefallen war. Er nahm ihn auf und schnitt ihn auf. Als er den Vogel öffnete, sah er, daß in das Herz eine große Menge von Schriftzügen eingegraben war. Er nahm das Herz und lief zu den Gaulo (den Spielleuten in Toro). Er sagte zu den Spielleuten: "Nun haben wir etwas, nun haben wir etwas Großes. Nun haben wir etwas von Samba Galadjie, ein langes Lied." Er zeigte den Gaulo das Herz des Vogels. Er sang ihnen das ganze vor. Die Gaulo sagten: "Das ist allerdings eine große Sache."

Die Gaulo sangen das Lied, das der Koladjo von dem Vogel im Busche gehört hatte. Sie gingen zu dem Hause Samba Galadjies



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und sangen vor dem Hause das Lied. Sie sangen es, und alle Leute hörten es. Auch der Bruder des Vaters Samba Galadjies hörte die Leute singen. Er hieß Konko Bo Mussa. König Konko Bo Mussa fragte: "Was sind das für Landstreicher, die vor dem Hause Samba Galadjies randalieren?" Die Leute gingen hin und hörten zu. Sie dachten (unter sich): "Das ist ein sehr schöner Gesang." Dann gingen sie zu Konko Bo Mussa zurück und sagten: "Das ist eine Gesellschaft von Gaulo, die singt vor Samba Galadjies Haus dem jungen Königssohne zu Ehren." König Konko Bo Mussa sagte: "Weshalb singen sie vor dem Hause des Samba Galadjie? Was ist an dem?" Er ließ die Gaulo kommen und fragte: "Weshalb singt ihr vor dem Hause dieses Samba Galadjie, an dem nichts dran ist, aus dem nichts Sonderliches werden wird? Weshalb singt ihr nicht vor dem Hause meines Sohnes Sulenjei? Singt vor dem Hause meines Sohnes Sulenjei, dann tut ihr etwas Rechtes, und ich werde mit euch zufrieden sein." Die Gaulo gingen. Aber sie sangen nicht vor dem Hause Sulenjöis, denn sie kannten keinen Sang für ihn, und kein Vogel hatte ein Lied für den Neffen des alten Königs gesungen.

Samba Galadjie und Sulenjei waren gute Freunde. Sie saßen jeden Tag zusammen. Sie trafen sich abends am Senegal und verbrachten ihre Zeit plaudernd auf einer Sandbank. So ging das lange Zeit, und lange Zeit waren sie gute Freunde. Eines Tages kam ein Diapoto (d. i. ein Maure, Surakka bei den Mandingo) des Weges. Er sah die beiden Freunde da sitzen. Er sagte zu ihnen: "Ich habe hier zehn Stück Stoff und eine kleine Kalebasse. Ich werde diese kleine Kalebasse in die Luft werfen. Derjenige von euch, der sie herunterzuschießen weiß, bekommt die zehn Stück Stoff." Samba Galadjie sagte zu Sulenjei: "Fang du an." Dann rüstete Sulenjei sein Gewehr und rief: "Wirf!" Der Diapoto warf die kleine Kalebasse in die Luft. Sulenjei schoß und fehlte. Er rief: "Wirf noch einmal!" Der Diapoto warf die kleine Kalebasse noch einmal in die Luft. Inzwischen hatten sich schon viele Menschen angesammelt. Die sahen zu. Sulenjei schoß noch einmal. Er traf nicht. Er ward ärgerlich und rief: "Wirf dann noch einmal." Der Diapoto warf die Kalebasse noch einmal in die Luft. Sulenjei schoß noch einmal und traf wiederum nicht. Da lachten alle Menschen, die sich rundherum angesammelt hatten, laut über Sulenjei, den Sohn des Vaterbruders des verstorbenen Königs.

Nunmehr nahm Samba Galadjie sein Gewehr in die Hand. Er sagte zu dem Diapato: "Wirf die Kalebasse noch einmal in die



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Luft." Alle Leute waren still und sahen hin. Der Diapoto warf die Kalebasse in die Luft. Der Sohn des Königs schoß und zerschmetterte sie mit diesem Schuß. Darauf schrie die Volksmenge: "Ho, Samba Galadjie! Ho, Galadjie!" Die Gaulo begannen das Lied zu singen, das der Koladjo dem Vogel im Walde abgelauscht hatte. — Sulenjei aber war böse. Mit bösem Antlitz verließ er den Platz auf der Sandbank.

Am anderen Tage erzählte Sulenjei alles das dem Könige Konko Bo Mussa. Er sagte: "Alles Volk hängt an diesem Samba Galadjie." König Konko Bo Mussa sagte: "Mein Sohn Sulenjei, ärgere dich nicht. Was ist dieser Samba Galadjie? Er ist ein Strauchdieb, ein Knabe, der im Walde mit den Tieren lebt, ein vaterloses, besitzloses Kind. Dich aber, mein Sohn Sulenjei, dich will ich zum Könige machen. Du sollst das Land erhalten, das einst Samba Galadjies Vater gehörte. Dann wirst du mit diesem Burschen machen können, was du willst. Du wirst der König sein, nicht er. Er wird nichts sein." Sulenjei sagte: "Dann ist es gut, mein Vater."

Darauf begab sich Samba Galadjie zu seinem Onkel, dem Könige Konko Bo Mussa und sagte: "Jüngerer Bruder meines Vaters! Seinerzeit gehörte dieses Land meinem Vater. Er starb und du nahmst es an dich, wie du mich an dich nahmst. Wenn ich erwachsen sein werde, gib mir das Erbe meines Vaters wieder. Es kommt deinem Sohn Sulenjei nicht zu. Du hast Sulenjei gesagt, du wolltest ihn zum Könige machen, das war unrecht, denn dieses Land gehört mir von Rechts wegen." Konko Bo Mussa sagte: "Was du gewinnst, was du selber gewinnst, gehört dir. Das Land geb ich meinem Sohne. Nun mach, was du willst. Mir ist es gleich. Zum Könige mache ich dich nicht." Samba ging.

Seuod Amalad sagte zu Samba Galadjie: "Erwarte von dem Bruder deines Vaters nichts. Er spielt dir übel genug mit. Du wirst von ihm nichts erhalten. Kümmere dich aber nicht darum, sondern folge seinem in schlechter Absicht gegebenen Rate. Erwirb dir, was du erwerben kannst, damit kommst du am weitesten." Samba Galadjie sagte: "Es ist gut. Rüste die Pferde."

2. Samba Galadjies Ausfahrt

Samba Galadjie ging zu seiner Mutter und sagte: "Hat denn mein Vater sonst nichts hinterlassen?" Die Mutter sagte: "Gewiß, er hinterließ noch einige Schnüre Gold." Samba sagte:



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"So gib mir eine, denn ich will in fremde Lande ziehen und will versuchen, mir einiges zu erwerben, denn Konko Bo Mussa wird mir mein Land nicht herausgeben." Die Mutter gab ihm eine Goldschnur und sagte: "Ziehe hin, mein Sohn. Sieh, was du für dich erreichen kannst. Dein Vater starb allzufrüh."

Samba nahm einige Gewehrkugeln, einiges Pulver und einen Fetzen Stoff, der war so rot wie Pulver. Das packte er in einen Beutel, den gab er einem Boten und sagte: "Bring das Konko Bo Mussa. Das soll er sich aufbewahren, zum Zeichen, daß ich wiederkehren werde." Der Bote brachte den Beute! dem König und sagte: "Das sendet Samba, und er läßt dir sagen, das möchtest du dir aufbewahren zum Zeichen, daß er wiederkehren werde." Konko Bo Mussa betrachtete es und sagte: "Was ist das?" Die Leute sagten: "Man weiß es nicht." Einer sagte, das sind Pulverkugeln und ein roter Tuchfetzen." Konko Bo Mussa sagte: "Das ist mehr. Ruft die klugen Leute zusammen." Man tat es. Die Alten und Erfahrenen betrachteten es. Ein Alter sagte: "Das heißt: Wenn Samba wiederkommt, wird er das Land mit Pulver verbrennen, er wird mit Kugeln schießen, und es wird Blut fließen, das so rot ist, wie dieser Zeugfetzen." König Konko Bo Mussa sagte: "Es ist gut. So seid denn alle auf eurer Hut und seht, ob ihr den Burschen nicht irgendwo fassen und totschlagen könnt."

Samba ritt mit seinem getreuen Spielmann nach Bakilli (Bakel) im Sarrakolletgebiet und begann nach allen Richtungen Plünderungszüge zu unternehmen. Bald war er im Norden, bald im Süden, bald im Osten. Es gelangen ihm viele Unternehmungen, und er ward auf diese Weise ein wohlhabender Mann. Als er soweit gekommen war, hatte er im Bakilligebiet drei Jahre verbracht. Dann ließ er seine Mutter und die Mutter seines Spielmanns aus Toro kommen, gab beiden das Gewonnene und sagte: "Bleibt ihr beide hier in Bakilli. Ich will mit Seuod Amalad eine Wanderung unternehmen und sehen, ob ich nicht eine Truppe gewinne, mit der ich das Erbe meines Vaters meinem Oheim Konko Bo Mussa wieder abnehmen kann. Lebt wohl." Damit machte sich Samba mit seinem Spielmann auf den Weg.

Erst kamen sie nach Kaarta. Er fragte den König von Kaarta: "Willst du mir eine Kriegsschar anvertrauen, damit ich Konko Bo Mussa mein Königreich wieder abnehme?" Der König von Kaarta sagte: "Ich habe kein Bedürfnis nach Kriegszügen." Dann zogen sie weiter nach Segu. Samba fragte den König von Segu: "Willst



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du mir eine Kriegsschar anvertrauen, damit ich Konko Bo Mussa mein Königreich wieder abnehmen kann?" Der König von Segu sagte: "Ich habe kein Bedürfnis nach Kriegszügen." Dann zogen sie weiter nach Massina. Samba fragte den König von Massina: "Willst du mir eine Kriegsschar anvertrauen, damit ich Konko Bo Mussa mein Königreich wieder abnehmen kann?" Der König von Massina sagte: "Ich habe kein Bedürfnis nach Kriegszügen." Dann zogen sie weiter nach Timbuktu. Samba fragte den König von Timbuktu: "Willst du mir eine Kriegsschar anvertrauen, daß ich meinem Onkel Konko Bo Mussa mein Königreich wieder abnehme?" Der König von Timbuktu sagte: "Wir haben kein Bedürfnis nach Kriegszügen."

Darauf ritten die beiden Helden in die Sahel hinein. Sie trafen im Busch am Wege zwei Teufel, einen weiblichen und einen männlichen. Samba fragte: "Auf welchem Wege komme ich hier bis zu einem großen König?" Der weibliche Teufel sagte: "Du mußt immer rechts reiten, dann kommst du sehr bald auf eine gute Straße, die dich dahin führt, wo König Aluagewissi wohnt und Hof hält." Der männliche Teufel sagte aber: "Nein, das ist nicht richtig, ihr müßt immer auf der linken Seite bleiben, sonst findet ihr nie den Weg zu König Aluagewissi. Auf der linken Seite findet ihr sehr bald einen guten Weg." Die beiden Helden ritten weiter.

Als sie ein gut Stück geritten waren, merkten sie, daß sie hier nie an einen Weg kommen würden und daß der Teufel sie betrogen hatte. Samba sagte: "Diesen Teufel will ich jetzt totschlagen." Sein Spielmann warnte ihn und sagte: "Mit Teufeln kommt man im Streite nicht so leicht aus, wie mit Menschen." Samba sagte: "Mich soll aber auch ein Teufel nicht ungestraft betrügen." Er ritt den Weg, den sie gekommen waren, zurück und auf den Teufel zu. Ehe der Teufel noch zur Besinnung kam, hatte Samba ihm den Kopf abgeschlagen. Den Bart des Teufels aber befestigte er am Sattel. Darauf begann der Spielmann ein kräftiges Lied auf Samba zu singen, das ist heute noch weit bekannt und beginnt mit den Worten: "Er tötet den Teufel, der ihm den Weg falsch gezeigt hat" usw.

3. Samba Galadjie In BaeIIe-aede

Samba Galadjie kam in Baelle-aede, der Hauptstadt des Königs Aluagewissi, der der Herr der Diapoto, der Mauren war, an. Der König wies ihm ein Gehöft an, in dem er absteigen könne. Er



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ritt mit seinem Spielmann dahin. Sie stiegen ab und Samba sagte zu den Leuten: "Bringt mir doch Wasser herbei für die Pferde." Die Leute sagten: "Wasser für die Pferde? Ja, das gibt es hier nicht. Wer Wasser für die Pferde haben will, darf nicht nach Baelleaede kommen." Samba fragte: "Was gebt Ihr denn aber eueren Pferden zu trinken?" Die Leute sagten: "Wenn wir die Kühe melken, stellen wir ein wenig Milch beiseite und geben das den Pferden." Samba fragte: "Und in diesem großen Lande, im Walde hier, gibt es gar kein Wasser?" Die Leute sagten: "Oh, wir haben schon ein Wasser, da ist aber Kungale (= da ist etwas) darin, da kann kein Mensch trinken." Samba sagte: "Ich bin vom Senegal und habe die Gewohnheit, mein Pferd bis zu den Knien ins Wasser zu führen. Euer Kungale kümmert mich nicht." Samba sagte zu seinem Spielmann: "Morgen wollen wir unsere Pferde in aller Frühe tränken."

Am anderen Morgen noch vor Sonnenaufgang weckte Samba schon seinen Spielmann und sagte: "Wir wollen unsere Pferde tränken." Der Spielmann sagte: "Ach, Samba, sagten uns gestern nicht die Leute, daß es verboten sei, zu jenem Wasser zu gehen? Aber ich weiß, Samba, du mußt immer das tun, was verboten ist." Seuod Amalad stand auf. Sie machten sich auf den Weg. Der Spielmann sagte: "Ich komme nicht mit." Er blieb stehen. Samba sagte: "Wenn du dein Pferd verdursten lassen willst, ist es mir recht." Samba ging weiter. Seuod folgte ihm. Samba sagte: "Was willst du? Wenn dein Pferd erst verdurstet ist, dann läufst du nachher zu Fuß. Lieber doch diese kleine Unannehmlichkeit." Er ging immer weiter voran. Der Spielmann folgte ihm.

Sie kamen an den See. Samba trieb sein Pferd in das Wasser. Das Tier wollte nicht. Samba trieb es. Da hob das Untier Kungale (nach Angabe einiger ein Pferd, nach Angabe anderer ein Stier), den Kopf aus dem Wasser. Es hob das Haupt zornig und hoch in die Luft. Samba ergriff sein Gewehr. Er legte an. Er tötete das Ungetüm mit einem Schuß. Seuod Amalad rief: "Ho, Samba Galadjie." Samba ging hin und schnitt dem Tier den Schwanz ab. Er nahm den Schwanz an sich. Der Spielmann sang ein Lied, das heute noch bekannt ist. Sie nahmen die Pferde am kurzen Zügel und tränkten sie. Dann gingen sie wieder in die Stadt. Samba ließ aber mit Absicht am Ufer seine Schuhe stehen.

Sie kamen in die Stadt zurück. Samba sagte zu seinem Spielmann: "Ich gehe in meine Hütte und lege mich schlafen. Paß auf,



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daß mich niemand stört, wecke mich auch selbst nicht." Der Spielmann sagte: "Ich will es verhindern." Samba Galadjie hatte die Gewohnheit, daß er sich nie von einer Hand wecken ließ. Wollte oder sollte Seuod Amalad ihn wecken, so mußte er es in der Weise machen, daß er sein Instrument nahm und neben seinem Lager ein Lied sang.

An dem Morgen, als Samba Galadjie sich schon in aller Frühe wieder zum Schlafe niedergelegt hatte, rüstete das Volk Baelle-aede sich zu einem großen Feste. Denn heute sollte die Tochter des Königs Aluagewissi dem Untier Kungale zum Opfer dargebracht werden. Das Untier verlangte von Zeit zu Zeit eine Jungfrau, und man mußte sie ihm geben, damit das Land nicht verdurstete. Die Tochter des Königs war jung. Die Tochter des Königs war schön. Sie wurde in schöne Kleider gehüllt und mit schönem Schmuck geziert; sie war gekleidet, wie eben ein Mädchen gekleidet ist, das dem Bräutigam als Braut ins Ehehaus geführt wird. Sie ging zum See hin - alles Volk ging mit.

Es war eine ungeheure Menge von Menschen, die zum See hinging, um das Mädchen dem Ungeheuer Kungale zuzuführen. Das Mädchen machte erst einige Schritte in das Wasser hinein. Alles Volk wartete schweigend auf das, was nun kommen würde. Das Mädchen ging einige Schritte weiter in das Wasser hinein. Das Untier Kungale pflegte gar schnell mit Gier sein schönes Opfer zu ergreifen und mit in die Flut hinabzuziehen. Alles Volk wartete, doch heute ließ sich kein Ungeheuer Kungale sehen. Das Mädchen ging weiter und immer weiter ins Wasser hinein. Alles blieb ruhig. Ein Mann schrie aus der Menge: "Kungale ist tot." Alles Volk schrie: "Kungale ist tot." Einige sagten: "Man soll sehen, ob Kungale tot ist." Einer stocherte mit der Lanze am Seerande. Es rührte sich nichts. Dann fand einer am Ufer die Schuhe Samba Galadjies. Die Leute riefen: "Es hat jemand Kungale getötet." Und alles Volk jubelte und kreischte vor Freude.

Man führte das Mädchen lachend in die Stadt zurück. Der König ließ ausrufen: "Der, der Kungale getötet hat, soll zu mir kommen. Ich will ihm jeden Wunsch erfüllen." Ein Maure kam und sagte: "Ich habe es getan." Ein zweiter kam und sagte: "Nein, ich habe es getan. Der andere ist ein Lügner." Ein dritter kam und sagte: "Alle beide lügen, ich habe es getan." In Scharen kamen die Leute und sagten: "Wir haben Kungale überwunden und getötet - nun erfülle uns unsere Wünsche." Der König saß da und blickte die



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Leute an, und er hatte die Schuhe vor sich stehen, die man am Ufer des Sees gefunden hatte. Der König sagte: "Wir werden sehen."

Der Mann, bei dem Samba Galadjie abgestiegen war, kam zum Könige und sagte: "Ich habe einen Fremden in meinem Hause. Der stieg da mit seinem Spielmann zusammen ab. Er ging heute morgen fort und kam ohne Schuhe wieder." König Aluagewissi sagte: "Bringe ihn hierher." Samba Galadjie hatte inzwischen ausgeschlafen. Der Wirt seines Gehöftes sagte zu ihm: "Der König möchte dich sprechen." Samba machte sich mit seinem Spielmann auf und kam an den Platz, wo der König Hof hielt und viele Leute herumlagen und herumstanden. Vor dem Könige auf dem Boden standen die beiden Schuhe.

Samba Galadjie ging auf den König Aluagewissi zu. Er nahm die Schuhe und streifte sie über die Füße. Er zog den Schwanz Kungales aus der Tasche und reichte ihn dem Könige. Der König sah Samba Galadjie und die Schuhe und den Schwanz Kungales und sagte: "Nimm meine Tochter zur Frau und sage mir, was du willst. Willst du Kamele? Willst du Pferde? Was willst du?" Samba Galadjie sagte: "Ich bin nicht gekommen, um Weib, Pferde, Kamele oder irgend welche Reichtümer zu gewinnen. Ich wünsche nur eines: "Ich bin Samba Galadjie, der Sohn des Königs von Futa Toro. Der Bruder meines Vaters, Konko Bo Mussa, hat mir mein Land fortgenommen. Gib mir eine Heeresmacht in die Hand, daß ich mein Futa Toro zurückerobern kann." König Aluagewissi sagte: "Ich will deinem Wunsche wilifahren. Ich will ein Heer vorbereiten. Vorher aber heirate meine Tochter und bleibe einige Zeit in unserem Lande, daß wir dir Gutes tun können. Denn du hast eine große Sache für uns verrichtet."

Darauf heiratete Samba Galadjie die Tochter des Königs Aluagewissi des Diapoto in Baelle-aede.

E ines Tages wollte sich die Frau Samba Galadjies die Haare neu ordnen lassen. Sie legte also all ihren Goldschmuck ab und auf ihr Lager. Sie sagte aber ihrem Manne nicht, daß er auf ihn achten solle. Nach einiger Zeit kam ein Dauwal (ein Strauß) herein. Er ging auf das Lager zu und verschluckte den Goldschmuck. Es war ein Strauß des Königs. Samba Galadjie nahm einen Gegenstand auf und warf ihn nach dem Strauß. Er warf dem Strauß ein Auge aus. Der Strauß lief von dannen.

Einige Zeit später kam die Frau, die Tochter des Königs, zurück.



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Sie schaute auf ihr Lager. Aber sie fand ihren Goldschmuck nicht. Da lief sie, ohne ein Wort zu ihrem Manne zu sagen, zu dem Könige, weinte und sagte: "Mein Vater, ich ließ mir die Haare ordnen, und in der Zwischenzeit legte ich den Goldschmuck ab. Als ich wiederkam, war er gestohlen." Der König fragte: "Wer hat ihn gestohlen?" Die Königstochter sagte: "Das kann kein anderer gewesen sein als Samba Galadjie, mein Mann." Der König sagte: "Sei still, meine Tochter, sag das nicht. Nenne nicht Samba Galadjie einen Dieb. Das ist undankbar und unmöglich." Die junge Frau sagte: "Es war niemand anders im Hause."

Auf dem Hofe war ein Sklave mit Namen Djidi mit Wasserschöpfen beschäftigt. Er hörte das alles mit an. Sogleich lief er in die Stadt und erzählte: "Eben hörte ich, wie die Tochter des Königs ihrem Vater erzählte, Samba Galadjie, ihr Mann, hätte ihr ihren Goldschmuck gestohlen." Sogleich erzählte einer dem andern: "Samba Galadjie hat seiner Frau ihren Goldschmuck gestohlen." Einer sagte zum andern: "Samba Galadjie, der Pulo, der Fremde, ist ein Dieb." Seuod Amalad, der Spielmann Samba Galadjies, war in der Stadt. Er hörte, daß alle Leute sagten: "Samba Galadjie, der Fremde, hat der Tochter unseres Königs den Goldschmuck gestohlen. Er ist ein Dieb."

Der Spielmann ging heim. Er trat in die Tür des Hauses Samba Galadjies und sagte: "Du bist ein Dieb." Samba Galadjie ergriff sein Gewehr, um seinen Spielmann sogleich niederzuschießen. Der aber rief: "Laß doch. Ich wiederhole nur, was alle Leute auf den Straßen sagen. Du mußt doch wissen, woran du bist. Die Stadt erzählt, du hättest deiner Frau ihren Goldschmuck fortgenommen." Darauf ward Samba Galadjie sehr traurig. Er hörte auf zu sprechen, zu trinken und zu essen. Er saß immer eingeschlossen in seinem Hause. Der Spielmann sagte am dritten Tage zu sich: "Das geht nicht so weiter."

Der Spielmann ging zum Könige und sagte: "Mein Herr, Samba Galadjie, ist seit drei Tagen einer Schwermut verfallen. Er ißt nicht, er trinkt nicht, er spricht nicht. Das ist, weil die Leute in der Stadt sich erzählen, er habe seiner Frau, deiner Tochter, den Goldschmuck gestohlen." Der König sagte: "Ich will sogleich sehen, was da zu machen ist." Er ließ Samba Galadjie zu sich rufen und sagte: "Nun sage mir, was du willst. Ich bin bereit, dir jeden Willen zu erfüllen." Samba Galadjie sagte: "Ich habe zwei Wünsche. Zum ersten gib mir deinen Dauwal (Strauß), der seit einigen Tagen



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ein Auge eingebüßt hat, und rufe mir gleichzeitig deine Tochter. Zum zweiten gib mir ein Heer, das ich nach Futa Toro aufbrechen kann." Der König sagte: Beides soll geschehen." Man brachte den Strauß. Man rief die Frau Samba Galadjies. Samba Galadjie sagte zu seinem Spielmann: "Nun bringe noch einen großen Topf." Das geschah. Dann schnitt Samba Galadjie dem Strauße die Kehle durch. Er öffnete den Leib und sagte zu seinem Spielmann: "Nimm den Bauch heraus und untersuche, was darin ist." Seuod Amalad tat es. Er warf den ganzen Leibinhalt in den großen Topf und suchte, was darin sei. Da fanden sich das Halsgeschmeide, der Ohrschmuck, die Haarringe. Samba Galadjie sagte zu seiner Frau: "Hier hast du deinen Dieb."

Samba Galadjie wandte seiner Frau den Rücken und sagte zu dem Könige: "Du willst mir also eine Kriegsschar geben?" Der König sagte: "Dort, wo der Weg in den Wald führt (in alter Zeit, so erläutert der Erzähler, war auch die Sahel mit mächtigen Büschen [Wald: Fello oder Ferlo] bedeckt), will ich eine starke Dattelpalme über den Weg legen. Alle Reiter, die ich dir gebe, sollen darübersetzen, und es sollen soviele sein, daß infolge des Darüberstreifens der überschreitenden Pferdehufe die Palme durchschnitten und an der Stelle eine so starke Abreibung stattfinden wird, daß damit der Stamm in zwei Teile geschnitten wird." —Die Reiter kamen, eine Schar nach der anderen. Sie ritten alle über die Palme. Der Palmstamm ward durch die Pferdehufe mehr und mehr durchgescheuert. Endlich war der Palmstamm geteilt. Der König sagte: "Nun will ich dir außerdem noch 200000 Kamele, jedes mit zwei bewaffneten Kriegern besetzt, geben." Der König tat es.

Das war die Kriegsmacht, die Samba Galadjie nach Süden führte, um seinem Onkel Konko Bo Mussa das Königreich Futa Toro wieder zu entreißen.

4. Samba Galadjies Rückkehr

Samba Galadjie machte sich mit seinem getreuen Spielmann an der Spitze seiner gewaltigen Kriegsmacht auf den Weg nach Futa Toro. Er marschierte erst nach Timbuktu, dann marschierte er nach Massina, dann marschierte er nach Kailari (Kalla), dann marschierte er nach Badugu, dann marschierte er nach Bakunu, dann marschierte er nach Gidimaka, dann rückte er auf das Land der Malanke (Sarakolle), und zwar auf Bakilli (Bakel am Senegal)



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zu, wo Samba Galadjie und der Spielmann ihre Mütter zurückgelassen hatten.

Diesen beiden Frauen, den Müttern von Samba Galadjie und seinem Gaulo Seuod Amalad, war es inzwischen sehr schlecht ergangen. Der König von Bakilli hatte wie alle anderen geglaubt, daß Samba Galadjie und sein Spielmann längst umgekommen wären und da die beiden Frauen keinerlei Beschützer oder Fürsprecher hatten, so hatte der räuberische König ihnen alles weggenommen, was der Held seinerzeit erworben und für sie zurückgelassen hatte. Die beiden Frauen mußten sich nun mühsam ihren Lebensunterhalt suchen, und sie taten das in der Weise, daß sie täglich ausgingen, altes trockenes Holz sammelten und auf dem Markte verkauften. Kein Mensch kümmerte sich darum, daß der Vater Samba Galadjies einst der mächtigste König und der Ehemann der einen der beiden Frauen gewesen war, denn in Futa Toro herrschte jetzt Konko Bo Mussa und sein Sohn Sulenjei.

Als Samba Galadjie und sein Spielmann mit ihrem mächtigen Heere näher kamen, waren die beiden alten Frauen gerade auf dem Wege der Holzsuche in dem Busch.

Der Spielmann sprang zuweilen hoch auf, stellte sich auf den Sattel und rief laut: "Hooo, Samba Galadjie! Hoooo, Samba Galadjie!" Die Mutter Seuod Amalads blieb im Walde stehen und sagte zur Mutter Samba Galadjies: "Horch, das war die Stimme meines Sohnes. Samba Galadjie kehrt zurück." Die Mutter Samba Galadjies schüttelte den Kopf und sagte: "Mein Sohn ist lange tot." Sie gingen weiter. Nach einer Weile blieb die Mutter des Spielmanns wieder stehen und sagte: "So horche doch. Das ist die Stimme meines Sohnes. Samba Galadjie kehrt siegreich zurück." Die Mutter Samba Galadjies schüttelte den Kopf. Sie sagte: "Mein Sohn ist schon lange tot." Sie gingen weiter. Wiederum nach einer Weile blieb die Mutter des Spielmanns Seuod Amalad stehen und rief: "Aber so höre doch. Das kann nur die Stimme meines Sohnes sein. Heute noch muß Samba Galadjie siegreich hierher zurückkehren." Die Mutter Samba Galadjies schüttelte den Kopf: "Ach, mein Sohn ist schon lange tot." Sie wollte weitergehen.

Auf dem Wege kamen Samba Galadjie und sein Spielmann an der Spitze des Heeres daher. Sie sahen die Frauen. Sie erkannten die Mütter. Sie sprangen vom Pferde. Sie knieten nieder und hoben ihre Lippen zur Brust ihrer Mutter, als seien sie kleine Kinder, die Nahrung zehren wollten (das ist die entsprechende Bewillkommnungsform



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bei den Fulbe, wenn Mütter und Kinder sich lange nicht gesehen haben). Die Frauen fragten: "Wo kommt ihr her?" Samba Galadjie fragte: "Was machst du hier im Busch?" Seine Mutter sagte: "Der König von Bakilli hat mir alles geraubt. Nun müssen wir uns dadurch ernähren, daß wir Holz sammeln." Samba Galadjie fragte: "Lebt Konko Bo Mussa, der Bruder meines Vaters, noch?" Seine Mutter sagte: "Ja, er lebt noch." Samba Galadjie fragte: "Lebt sein Sohn Sulenjei noch?" Seine Mutter sagte: "Ja er lebt noch."

Es war da ein Mann aus der Dumiafamilie, der hieß Dide. Im Anfange hatte er Angst, denn er dachte, Samba Galadjie würde ihn zur Rechenschaft ziehen. Samba Galadjie sagte zu Dide: "Ich habe nicht vor, dir etwas Böses anzutun. Du sollst aber an meinen Oheim Konko Bo Mussa eine Botschaft bringen." Er stellte einen kleinen Beutel her, in dem waren Kugeln und Pulver und ein Tuchfetzen, so rot wie Blut. Er sagte zu Dide: "Geh hin, bringe das zu meinem Onkel." Dide ging. Er kam zu Konko Bo Mussa. Er sagte: "Das sendet dir Samba Galadjie." Konko Bo Mussa sagte: "Hat Samba Galadjie Krieger bei sich ?" Dide sagte: "Er hat ein Heer bei sich." Konko Bo Mussa fragte: "Wieviel Menschen hat er?" Dide füllte dreimal die zusammengeschlossenen Hände mit Sand und häufte, ihn von der rechten zur linken hebend, einen kleinen Haufen auf. Er fragte: "Konko Bo Mussa, kannst du die Sandkörner dieses Haufens zählen?" Der König sagte: "Nein, das kann ich nicht." Dide sagte: "Siehst du, soviel Reiter hat Galadjie bei sich."

Inzwischen war Samba Galadjie nach Bakilli gekommen. Er fragte: "Wo ist der König, der meine Mutter beraubt hat?" Die Leute sagten: "Er ist gestorben." Samba Galadjie sagte: "Wo ist sein Grab?" Die Leute sagten: "Es ist schon verwest." Samba Galadjie sagte: "Es ist mir gleich. Ich will sein Grab öffnen und ein paar Kugeln in seine Reste senden, denn er hat meine Mutter bestohlen." Die Leute sagten: "Man wird ihn nicht mehr finden." Samba Galadjie sagte: "Ich werde ihn finden. Ich will ihn finden. Ich will ihn ausgraben und ihn schänden, so wie er meine Ehre geschändet hat." — Der König war aber versteckt.

Bei Bakilli (Bakel) steht heute noch ein mächtiger Baum. Samba Galadjie sagte zu den Leuten: "Ihr seht den Baum. Ihr werdet einen Haufen von Stoffen und Hirse auftürmen, der so hoch ist wie dieser Baum. Das soll eure Buße sein." Die Leute schleppten Stoffe und Hirse herbei. Der Berg wuchs und wuchs. Zuletzt hatte



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er die Höhe des Dindebaumes erreicht. Samba Galadjie sagte zu seiner Mutter: "Das ist das Geschenk der Leute von Bakilli, die dich so elend bestohlen haben. Nimm es an." Dann zog er nach Schamba (am rechten Senegalufer) weiter.

Samba Galadjie ließ an seinen Oheim eine Botschaft ergehen, die lautete: "Konko Bo Mussa, ich komme. Himmel und Erde werden zusammenkommen (soviel Staub wird aufgewirbelt). Die Erde wird schwarz werden (vom Pulverbrande). Die Kugeln werden gegeneinanderprallen (soviele Kugeln werden die Luft durchkreuzen). Rüste dich also. Wenn deine Leute schießen, werde ich ihre Kugeln in der Luft zerschießen. Richte dich danach." Konko Bo Mussa sagte: "Es ist gut. Ich bin gerüstet."

Samba Galadjie rückte am rechten Senegalufer entlang. Seine Truppen wollten den Senegal überschreiten. Konko Bo Mussa hatte seine Truppen auf dem linken Ufer des Senegal aufgestellt. Samba Galadjie rief: "Wer will mich hindern, den Senegal zu überschreiten?" Sulenjei rief: "Ich werde es hindern." Die Truppen wollten übersetzen. Sulenjei schoß einen Mann nach dem andern tot. Die Leute kamen zu Samba Galadjie und sagten: "Wir kommen nicht hinüber. Es ist da ein Mann, der schießt einen von uns nach dem anderen ab." Samba Galadjie sagte: "Den Mann kenne ich, wartet."

Samba Galadjie kam an das Ufer und rief: "Wer ist dort drüben?" Sulenjei antwortete: "Ich, der Sohn Konko Bo Mussas, bin es." Samba Galadjie rief: "Hast du denn meine Botschaft nicht empfangen, daß nämlich die Kugeln in der Luft gegeneinanderprallen werden?" Sulenjei ergriff sein Gewehr und schoß nach Samba Galadjie. Samba ergriff auch seine Büchse und schoß auf die Kugel Sulenjeis. Er traf sie in der Luft, so daß sie zurückprallte. Sulenjei schoß wieder, aber es wiederholte sich wie das erstemal. Einmal um das andere. Alle Kugeln Sulenjeis wurden zurückgeschleudert. Zuletzt riß der Zügel des Pferdes Sulenjeis, und er mußte in die Stadt seines Vaters zurückkehren. Sulenjei sagte zu seinem Vater, dem Könige Konko Bo Mussa: "Es gibt nur ein Mittel gegen die Heeresmacht Sambas aufzukommen. Das gelänge, wenn du jedes Sandkorn im Senegal in einen Kaiman verwandeln kannst. Wenn dir das nicht gelingt, wird er auf jeden Fall übersetzen."

Samba Galadjie überschritt mit seinem Heer den Senegal. Zuerst reichte das Wasser nur bis an den Bauch der Pferde. Als aber immer weitere Scharen den Fluß anfüllten und eine Kolonne nach



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der anderen das Bett betrat, schwoll das mit Menschen und Tieren überfüllte Wasser derart an, daß die letzteren nur noch mit Mühe das andere Ufer erreichen konnten. Die Pferde vermochten nicht mehr den Boden des Flusses zu berühren. Sieben Tage lang währte der Übergang über den Senegal.

Sulenjei sagte zu seinem Vater: "Gib mir hundert Reiter. Ich will mit Samba Galadjie kämpfen." Konko Bo Mussa gab ihm diese Reiterschar. Sulenjei ritt Samba Galadjie entgegen. Sulenjei rief: "Diawal (Guten Tag). Rüste dich." Sulenjei schoß. Samba Galadjie schoß. Sulenjei fiel tot vom Pferde. Die Reitervölker Konko Bo Mussas stürmten heran, um die Leiche zu retten, denn Konko Bo Mussa wollte seinen Sohn begraben. Die Reitervölker Samba Mussas verteidigten den Toten, denn Samba Galadjie wollte den Leichnam behalten. Es wurde bitter gekämpft. Das war der Tag, an dem die Kugeln in der Luft gegeneinander prallten, an dem sich Himmel und Erde berührten, an dem der Boden schwarz ward vom Pulverbrand, an dem Blut in Flüssen strömte. Das war der Tag, an dem Konko Bo Mussa das Land Toro an Samba Galadjie zurückgeben mußte.



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VI TRÜMMER AUS DEN HOMBURIBERGEN



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Die zersplitterten Tommo-Habbe

Die Menschen. Das Volk

Das eigenartige Bergland, das östlich von Faraka, wie angegeben wird, aus einer Ebene emporsteigt, birgt eine Bevölkerung, eine Bevölkerungsmasse, für die zunächst kein eigentlicher Name vorliegt. Wir hörten von den Bewohnern der burgartigen Bergweiler, zunächst durch Heinrich Barth und neuerdings durch einen französischen, sehr talentvollen, aber ungenügend vorgebildeten jungen Offizier Namens Despiagnes. An diesen Bergleuten ist alles merkwürdig, das Land, das sie bewohnen, die Ortschaften, die zum großen Teil auf Bergspitzen liegen, ihr Name, ihre Art und vor allem die Rolle, die sie im Rahmen der Geschichte des westlichen Sudan gespielt haben. Es ist ein rätselhaftes Volk, aber das Volk unterbreitet uns die Rätsel seines Daseins so einfach, so schlicht, daß der Ethnologe auf den ersten Blick deren Lösung als möglich erkennt. Ich erachte die Probleme, die diese Menschen und ihre Kultur uns bieten, aber für viel durchsichtiger als die großen Fragen, die die zentralen Mande uns vorlegen. Denn bei denen müssen alle Schichten erst auseinander gelegt werden; bei ihnen sind alle Völker, Stämme, Kasten und Sippen durcheinandergeworfen - eine große Assimilierung der Schichtungen hat bei ihnen stattgefunden. Bei den Bergbewohnern in Massina dagegen liegt hübsch ordentlich noch Schicht über Schicht, Düne neben Düne, und wir haben das Bild einer gut erhaltenen geologischen Formation.

Leider war es mir nicht vergönnt, größere Reisen in verschiedene Teile dieses Berglandes zu unternehmen, denn wie ich im Reisebericht (,,Auf dem Wege nach Atlantis") seinerzeit klarlegte, war just zur Zeit unseres Eintreffens im Berglande die französische Verwaltung mit der energischen, wenn auch friedlichen Durchdringung dieser Stämme beschäftigt, und der Administrateur von Bandiangara legte es nahe, nicht weiter nach Nord oder Nordost in das Land zu marschieren, es sei denn im Anschluß an seinen eigenen Zug. So war ich gezwungen, die direkten Forschungen auf die Stämme des Südrandes zu beschränken. Erfreulicherweise war aber unser schwarzer Studiengehilfe Mussa Djerra unbemerkt und ohne mein Wissen weiter nach Norden in das Land eingedrungen und hat so Vertreter verschiedener Stämme sowie wesentliche Belegstücke der Kunst und Industrie jener Menschen hingebracht. Ich selbst lernte zwei Südprovinzen kennen: I die Landschaft Dondonve (eigener Name) oder Dendori (Fulbebezeichnung), die den Südrand der Gebirgsstöcke bis Songo umfaßt, und 2. die Landschaft Seno, die



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das Gebiet zwischen Komboro-Kenji-Tema bis zum Berglande umfaßt. Auch südlich von Komboro Kenji bis vor die Tore von Uahiguja, d. h. Jatenga, wohnen noch gleichsprachige und gleichgesittete Stämme, sie werden von den eigentlichen Bergbewohnern aber nicht zu gleicher Art gerechnet, weil sie schon sehr stark von Mossielementen durchdrungen sind. In der historischen Überlieferung wird davon die Rede sein, daß weiter im Westen die Ganna noch zur gleichen Art gehören.

Diese Bergmenschen nun, die, wie aus obigem hervorgeht, nicht nur Bergspitzen, sondern auch die großen Ebenen im Süden und nach Westen hin bewohnen, haben selbst keinen eigenen, zusammenfassenden Namen. Das sagt schon viel. Sie sagen, sie wären die Brüder der Bosso-Soroko im Nigertale und führten bei denen den Namen: Tommo oder Tombo, Bergbewohner. Man gibt ihnen vielfach den Namen Habbe (Sing.: Kado oder Kaddo), aber das ist eine Fulbebezeichnung, die mit dem Namen für die alte Art ihrer Wohnungen zusammenhängt. Sie haben vordem eine Art Mattenhaus gehabt, die die Fulbe Ga (Sing.: Danki), die Habbe selbst Sauru nennen und die mit den alten Mattenhäusern in Timbuktu eine große Ähnlichkeit haben. Weiter unten sollen sie näher beschrieben werden. Diesen Wohnungen verdanken sie ihren Namen, und mit dem fulbischen Namen Habbe (Sing.: Kado) bezeichnen sie sich heute nun selbst. Wir aber wollen sie Tommo nennen.

Es ist ein buntes Gemisch von allerhand Stämmen, die unter diesem Namen zusammengefaßt werden. Fraglos bieten die verschiedenen Provinzen allerhand auffallende Varianten, aber in generellem Unterschied, eine Zweiteilung wird für jeden aufmerksamen Beschauer sogleich notwendig. Ich glaube, man kann zwei Rassen unterscheiden, und hoffe, daß das Material an Schädeln, das gesammelt werden konnte, diesem äußerlichen Eindruck feste Beweisformen verleihen kann. Der eine Typus dieser Menschen ist der einer, sagen wir, kuschitischen Art: rötliche Hautfarbe, mongolisch schief stehende Augen, feine Glieder bei verhältnismäßig kleiner Statur. Der Schädel lang, tief eingedrückte Nasenwurzel, Stirn schmal, Hinterkopf breit. Der Kopf hat etwas Zierliches, Wohl. geformtes. Der zweite Typus nähert sich dagegen mehr der negroiden Art, und zwar muß man die Tommovariante dieser Art als durchaus ähnlich dem Bammanatypus bezeichnen: größere, starke Menschen, dunkle Hautfarbe, der Kopf klobiger, massig, breite, hervorstehende Backenknochen, gekrümmte Nase. Inwieweit die beiden Typen geographisch mehr nach der einen oder anderen Seite als überwiegend hervortreten, wage ich nicht zu entscheiden, denn ich kenne den Norden nicht. Es würde mich aber nicht wundern, wenn eine intensive systematische Forschung zu



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dem Resultate kommt: im Westen und Süden vorwiegend Bammanatypus, im Nordosten, in den entlegenen Gebieten und in den Felsnestern mehr mongolischer Typus.

Das würde wenigstens auch mit den eigenen Vorstellungen der Tommo von ihrem Werdegang an übereinstimmen. Die Tommo des Südens und Ostens geben unisono an, sie stammten aus dem Lande Mande, ihre Stämme (= Diamu, oder in Tommo =Tiga) seien die gleichen wie die heute im Bammana- und Malinkegebiet ansässigen. Sie hätten nur andere Namen angenommen.

Jedenfalls muß gerade bei den Tommo betont werden, daß der Völkerkundige das Gewordene betrachten soll, ehe er sich der Frage nach dem Gewesenen zuwendet. Ich habe mich ernstlich bemüht, das Wesen und den Zustand der heutigen Tommo zu durchdringen, um damit ein Instrument in die Hand zu bekommen, das es ermöglichte, das Vergangene vom Heutigen säuberlich zu scheiden und am Aufbau dieses Völkerwesens eine ergebnisreiche anatomische Sektion durchzuführen.

Zu diesem Zwecke habe ich zunächst möglichst viele Legenden gesammelt und glaube, daß gerade diese kleine Sammlung heller in das Wesen und Werden der Tommo hineinleuchtet, als ein noch so umständliches Schildern der Volksart. Vertiefen wir uns nun in diese Legenden, so fällt der ganz eigene Charakter auf, der ihnen eigen ist.

Als geschichtliches Leitmotiv spricht aus ihnen, daß die Tommo als ein zerstückeltes Volk sich ängstlich in den schwer zugänglichen Felsenburgen verstecken. Die Menschen sind übermütig, wenn sie eine reiche Ernte auf ihre Felsnester geschleppt haben. Dann können die Feinde ihnen nichts anhaben. Fulbe und Mossi belagern die Feisburgen, aber sie vermögen die Tommo nicht zu packen, und die Tommo sind dann frech und räuberisch, stehlen und lachen über die Gefoppten. Wehe aber, wenn das nächste Jahr mit der Ackerarbeit herannaht. Wenn sie draußen die Felder bestellen, fallen die Reitervölker der Ebene über sie her und rauben die Feldarbeiter, Männer und Weiber. Dann ist es mit dem Stolze und dem Übermute vorbei. Dann gilt es Abgaben zahlen, um die Angehörigen zu befreien. — Dieses Motiv kehrt in den meisten Legenden der Bergtommo wieder, und es ist der Vorgang, der das Leben dieser Berg-Burgmenschen charakterisiert. In der einen Jahreszeit Raubritter, in der anderen geschorene Bauern.

Aber es geht durch das ganze noch etwas, das wohl noch tiefer in den Werdegang der Tommo hineinleuchtet: staatliche Zerrissenheit und Degeneration im eigentlichen nördlichen Berglande, staatliche Kraft und Geschlossenheit in der südlichen Ebene, in der Ebene der Ganna. Es ist ein Gegensatz, so ausgesprochen und



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markant, so unverkennbar deutlich, daß jeder Irrtum ausgeschlossen ist. Er ist das Wesen der Lebensgrundlage, des geographischen Bodens, des Wohnsitzes, das als Daseinsgesetz dies Volksleben regiert, modifiziert, umbildet und nie eine Entwicklungsgröße aufkommen läßt. Es ist ganz gleich, ob die Elemente dieser Legenden.. kunst kosmogonischen oder was sonstartigen Ursprunges sind. Auf jeden Fall ist die Fabulei bei allen diesen Völkern kultursymptomatisch. Die langen Ependichtungen der Soninke und Fulbe mit ihren markanten Heldengestalten, deren siegreicher Kraft nichts Stand hält auf der einen Seite, die langen Sänge der Bosso-Soroko, in denen magische Kunst, magischer Waffenprunk, Spuk, Teufelswesen und asiatisch verschrobener Mystizismus prunkt und irrlichtert, die großzügige Heldensage, das sieggekrönte Sunjata bei den Malinke einerseits - und demgegenüber diese kleine, engherzige Welt der Tommoerzählungen! Wer will weitergehende Durchdringung und Überlegenheit durch geographische Tatsachen bedingter Charaktereigenschaften. Jedes Städtchen auf seiner Felsenspitze eine Welt, klein und kleinlich egoistisch und unfähig, den Blick weiter hinausschweifen zu lassen, als über das Tal, in dem die Äcker der Ortschaft angelegt sind. Es ist, wie gesagt, für diese Betrachtung gleichgültig, ob die Elemente dieser Legendenkunst kosmogonischen oder andersartigen Ursprunges sind. Es sind vielleicht dieselben Legendenelemente bei Marka, Fulbe, Bosso und Tommo, aber bei den Tommo wird alles überall über die Maßen schmaibrüstig und kümmerlich. Der eine Ortskumpan holt Mossi, der andere Fulbe, der dritte die Djalgoddi-Leute herbei, um die eigenen Landsleute zu vernichten. Im Glück ist er reich und übermütig, im Unglück gehässig!

Es ist ein zerrissenes, in kleinliche Felsbrocken zertrümmertes Bergland, ebenso seine Menschen, und nur die Menschen der Steppe, die Ganna usw., künden von größeren Helden und Männertaten. — Das ist das Volksleben der Tommo.

Das Aufwachsen der Jugend

Die junge Frau, die dem Familienzuwachs entgegensieht, sucht, wenn irgend möglich, im Gehöfte der Mutter zu gebären. Einige alte Frauen stehen ihr bei. Die Nachgeburt wird in dem Hause, in dem die Geburt stattfand, in der Erde begraben. Nach sieben Tagen erhält das Kind seinen Namen, d. h. den offiziellen Namen, und zwar vollzieht die Zeremonie, wenn er noch lebt, der Großvater (mütterlicherseits), sonst die Mutter. Man schlachtet Huhn, Hammel, Ziege. Man trinkt. Es ist ein Fest.. Besonders wenn die Frau Zwillingen das Leben gab, ist die Freude groß. Dann



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nennt man das Ersterschienene Umzege, das zweite Audia (bei Malinke heißen Zwillinge Fumke). Nur die wenigen mohammedanischen Tommo nennen ihre Kinder nach den Wochentagen. Die alten Tommo benennen dagegen folgendermaßen:

Den ersten Knaben: Badji, das erste Mädchen: Kanne,
  " zweiten " : Anne, " zweite " : Kantei,
" dritten " : Antando, " dritte " : Jatandu,
" vierten " : Annaing, " vierte " : Jaunde,
  fünften " : Annu, " fünfte " : Janu,
" sechsten " : Anko, " sechste " : Jako,
" siebenten " : Ansamba, " siebente " : Jasamba.

Aber mit diesem einen Namen ist es nicht getan. Zunächst fügt man, um die Familie festzulegen, dem Namen des Kindes den des Vaters bei. Außerdem gibt die Mutter dem Kinde gelegentlich einen Kosenamen, der nicht selten dem Kinde sein Lebelang zueigen bleibt und die anderen Namen gänzlich verdrängt. Solche Kosenamen sind z. B.:

Ankunja, das ist ein Kind, das vor der Hochzeit den Eltern geboren wurde, eine Sache, die durchaus üblich ist und für die Mutter gar nichts Entwürdigendes hat.

Ambaossu, d. h. Gott gab es.

Ambabirre, d. h. Gott hat es gemacht.

Ankemme wird ein Kind genannt, dessen Mutter vorher lange Zeit hindurch kinderlos geblieben war.

Tembelu ist der Name jedes Knaben, der nach dem Tode des Vaters geboren wird.

Man rechnet, daß die Kinder etwa nach zwölf Monaten zu sprechen beginnen, und zwar ist ihr erstes Wort na, d. h. Mutter. Die Säugeperiode wird anscheinend ziemlich früh abgeschlossen, und gehen kann das kleine Wesen etwa mit zwei Jahren. Mit etwa vier Jahren fängt das kleine Mädchen an zu arbeiten, und zwar stampft es zuerst ein wenig mit der Keule (=daing) im Mörser (= didong) oder geht an den Bach oder Brunnen, um Kalebassen (=kadju) und Holzschalen zu waschen (Holzschalen = banja). Erst mit dem fünften Jahre beginnt es mit dem kleinen Mühlstein (=nunaing) auf dem Mahlsteine (=nunaun) Korn zu zerreiben, und dann ist es auch schon beinahe so weit, daß es die ganzen Küchenarbeiten bewältigen und kochen und den ganzen Hausstand besorgen kann, dem sie schon als kleines Mädchen für einige Tage vorstehen muß, wenn etwa die Mutter Brüderlein oder Schwesterlein gebiert. — Und dann ist, wie wir nachher sehen werden, das Kind auch sehr bald selbst soweit, sich in Liebestorheiten zu ergehen.



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Der kleine Junge ahmt zunächst spielend die Arbeit der Mutter nach und stampft Kolben im Mörser. Die erste ernstere Arbeit aber ist für ihn das Herbeischaffen von Holz. Er steigt mit den anderen Dorfbuben hinab ins Tal und sucht in dem fernen Busch dürres Knüppelholz, das er dann zu Berge schaffen muß. Nachher wird ihm und seinen Kameraden das Hüten der Ziegen und Schafe und noch später die Eseiwartung anvertraut. Nach dieser Zeit erst geht er mit dem Sichelmesser ins Tal und holt Heu herauf.

In dieser Periode zeigt sich die erste soziale Bildung der Tommo. Der Bursch tritt jetzt, in der Zeit vor der Beschneidung, in den Knabenbund, d. h. in den Sanakurre. Das Zeremonial dieses Knabenbundes, das dem Tombo kung der Mande entschieden ähnlich ist, findet kurz vor Beginn der Regenzeit bis zum Beginn der Saat statt. In einigen Ortschaften bedingt es für die Burschen eine Abwesenheit, ein Busch- und Höhlenleben von einem Monate, in einem anderen eine solche Zurückgezogenheit oder Verwilderung für nur wenige Tage. Anscheinend war die Zeitspanne früher länger als heute, andererseits ist es aber auch nicht ausgeschlossen, daß eine unerwartet frühzeitige Regenzeit dem von erstem Sinn belebten kindischen Spiele ein vorschnelles Ende bereitet.

Die Burschen bauen sich im Busch oder in einer Höhle ein Häuschen, das den Namen Anna ngina hat. Bei dem Häuschen leben sie. In dem Anna ngina steht ein Topf mit Wasser. Es sind kleine Tonpuppen darin, die Amba heißen (vgl. S. 278). Amba ist soviel wie Gott; wir werden später darauf zurückkommen. Die Knaben suchen Eidechsen und bringen diese als Opfer dar. Aber es ist noch Wertvolleres in dieser Anna ngina, nämlich die Lewe oder Laewe, das sind Steinbeile, alte Mühlmahlsteine oder jene konischen, schweren Steinspitzen, die man hier und da als Reste einer uns bisher noch nicht ganz verständlich gewordenen Arbeitsweise der Steinzeit findet und die einem Kanonenprojektil nicht unähnlich sehen. Diese Steinkonusse sind bis an die Spitze in die Erde gegraben und als besonders heilig erachtet. Man opfert ihnen, um Regen zu erlangen.

Außer der Wartung dieser Anna ngina liegt den Burschen noch ein großes Tanzzeremonial ob - ganz wie beim Tombo-kung. Allerdings fehlt dem Mummenschanz anscheinend die Holzmaske. Es ist nur ein Blätterkleid und ein Blätterhut mit weit herabfallendem Blätterschmuck. Darin tanzen die Jungen. Ein älterer Knabe ist ihr Lehrmeister. Er lehrt sie, die Kleider herstellen und lehrt sie die Tanzweisen. Er ist streng und bestraft die Unachtsamkeit. Die Vermummten aber selbst haben allerlei fröhliche Rechte. Sie stehlen Milch und auch wohl das eine oder andere Stück Kleinvieh und bringen die Ergebnisse kleiner Raubzüge in der Anna ngina



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als Opfer dar. Oder aber, sie ziehen in ihrem Blätterkleide, wohl eingehüllt und unerkennbar in die Ortschaft und bereiten den noch nicht eingeweihten Knaben und vor allen Dingen den kleinen Mädchen Schrecken. Sie schlagen mit kleinen Ruten, jagen die Erschreckten und lassen sich erst durch kleine Geschenke besänftigen. Auch Erwachsene geben den Burschen gerne. Summa summarum liegt doch wohl, wie gesagt, ein tieferer Sinn in diesem kindischen Spiele, sonst würde man nicht die Wartung der heiligen Laewe ihnen anvertrauen. Und da dies Zeremonial vor der Regenzeit anfängt, da die Laewe die Spender fruchtbaren Regens sind, und da in der Anna ngina auch außerhalb dieser Knabentanzzeit vor den Alten geopfert wird, so werden wir kaum einen falschen Schluß ziehen, wenn wir annehmen, daß ähnlich dem Umgange der Tombokung dieses Zeremonial der Fruchtbarkeit gewidmet ist.

Der nächste wichtige Abschnitt für den Knaben beginnt mit Eintritt in die Gruppe der Amaguno-unue, d. h. der Beschneidungskandidaten. Irgendwo in der Nähe des Dorfes wird ein Mattenzaun abgesperrt. Darin halten sich die Beschnittenen tagsüber auf. Die Nacht dürfen sie im Dorfe zubringen. Die Periode der Heilung der Wunde wird auf etwa zwei Monate berechnet. In dieser Zeit gehen die Burschen mit den Sossogo, d. h. den Beschneidungsklappern (aus Kalebassenstücken, bei Zentralmande Wassamba genannt), umher. Ist die Periode abgelaufen, so werden alle Kleider, die während dieser Zeit getragen werden, die Sossogo, Bandagen usw., zusammen auf einen Haufen geworfen, das ganze Lumpenzeug angezündet und verbrannt. Dabei sind die Alten anwesend. Es wird sehr gut gegessen und auch getrunken. Zuletzt wird Wasser auf das Feuer gegossen und es so ausgelöscht.

Wie bei den Mande sind es die Schmiede, welche die Beschneidung ausführen, die Männer die Knaben, die Schmiedeweiber die Mädchen. Die Knaben werden im Alter von 15 bis 17 Jahren operiert, den Mädchen wird die Spitze der Klitoris abgeschnitten, wenn sie etwa acht Jahre alt sind, d. h. also, wenn die Entwicklung der geschlechtlichen Reife eintritt.

Der vollständige Name der männlichen Beschneidungsgruppe ist: amba guna unue be ginna, der der weiblichen: amba guna unu niamwe, eine Bezeichnung, die an Wortfülle nichts zu wünschen übrig läßt, die aber auch hochinteressant ist. Ambaguna heißt so viel wie "Gottesdiener" oder "Gottessklave", Unne = "Kinder". Ginna ist der Name des Hauses, in dem die Beschnittenen leben. Niamwe = Mädchen.

In diesem Alter werden auch die bezeichnenden Körperverunstaltungen anderer Art ausgeführt. Sehr beliebt ist bei den Tommo "Inni-lau", das ist die Zuspitzung der oberen vier Schneidezähne



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(inni = Zahn). Diese Verschönerungsarbeit wird durch die Schmiede ausgeführt. Von hinten resp. innen wird ein Holz gegen die Zähne gestützt, das verhindern soll, daß beim Dagegenschlagen die Zahnkronen etwa ganz abbrechen. Von vorn resp. außen wird mit einem kleinen Eisenhämmerchen oder Keil ein Splitter nach dem anderen abgeschlagen. Bei den Mädchen wird diese Verstümmelung vor der Beschneidung, bei den Buben kurz vorher oder kurze Zeit später ausgeführt. Nach der Beschneidung müssen die kleinen Dirnen sich noch der Bini-karu, das ist der Leibtätowierung unterziehen. Sie wird mit einem Messer in langen Schnitten ausgeführt. In die Schnittwunden wird mit Baumbutter gemischte Kohle gerieben.

Mit diesen Verschönerungen des Körpers und einer ziemlich gleichförmigen Erziehung des Geistes erreicht das Tommo-Menschenkind in diesem Alter das Interessengebiet des Geschlechtslebens.

Liebesleben. Werbung. Ehe

Aus dem Mandegebiet kommend, erreichen wir bei den Tommo eine wichtige Sitten- und Anschauungsgrenze. Bei den Mande ist für das weibliche Geschlecht Einhalten der Sittenreinheit strengstes Gesetz. Wehe dem Mädchen, das bei den zentralen Mande vor der Ehe beim Beischlaf ertappt oder dessen Versündigung in diesem Sinne bei der Eheschließung offenbar wird! Sie verliert alle Achtung der Mitwelt und wird zunächst, wenn ihre "Schlechtigkeit" bekannt wird, weniger geachtet, wie die üblichen Ortshuren. Dagegen scheint das Geschlechtsleben der verheirateten Frauen weniger streng überwacht und beurteilt zu werden, und z. B. in Konian und Bate geht manche Frau mit Wissen des Mannes mit einem Freunde auf "Geschäftsreisen".

Genau umgekehrt bei den Tommo. Das Tommomädchen ist frei. (die Mädchen -jnjewe). Es kann über seinen Körper nach eigenem Wohlgefallen verfügen und sich einem Geliebten hingeben, ohne daß dadurch ihre Ehre geschädigt werde. Ja, es wird sogar versichert, daß das Mädchen, das ein von einem Geliebten gezeugtes Kind mit in die Ehe bringt, als Gattin mehr erstrebt, mehr geschätzt und geachtet wird, als eine, die keine Belege ihrer Liebeskunst und Fruchtbarkeit aufweisen kann. Ich glaube, daß das wahr ist, denn solche Anschauung finden wir in dieser Form des Sittengesetzes, das auf Mädchenfreiheit und Frauenkeuschhejt hält, häufig. Ein kleines Tommomädchen hat es in dieser Richtung sehr gut. Es braucht nicht einmal darauf zu warten, daß der Geliebte sich ihm nähert. Es kann und darf sehr wohl ihm seine Gefühle, Wünsche und Hoffnungen bekanntgeben.



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Ist ein Mädchen verliebt, so offenbart sie das entweder einem Freunde des betreffenden Jünglings oder Mannes oder dem Gong (Spielmann) der Familie und sendet derart eine Nachricht an den Geliebten. Häufig fügt es der Botschaft eine kleine Aufmerksamkeit bei, etwas guten Tabak, Kolanüsse oder derartiges. Nie aber wendet es sich an den Geliebten selbst. Bringt er der Maid gleiche Empfindungen entgegen, so ist eine Einigung bald erzielt. Das Beilager findet auch in solchem Falle niemals im Busch, sondern stets im Dorfe statt. Allerdings geht die Harmlosigkeit nicht so weit, daß die Verliebten sich dem Minnespiel im Elternhause hingeben. Man findet stets Unterschlupf bei einer Freundin, im Sklavengehöft oder in sonst einem leichtzugänglichen Hause und da wird die Tändelnacht vergnügt und genußreich verbracht und so oft wiederholt, bis Sättigung eintritt. Das Mädchen beginnt solche Scherze früh, oft schon vor der Beschneidung, sicher aber mit dem 12. oder 13. Jahre. Es ist seine glücklichste Lebenszeit, bedeutet die schönste Erinnerung für das Alter - denn mit der Ehe hat die "Liebe" bei den Tommo, wie wir gleich sehen werden, nichts zu tun.

Der Gedanke der Familiengründung ist auch den Tommojünglingen ernst. Auch hier spielt der Begriff der Familie, der Meowenatu, in die nur die Verwandten der Vaterseite gerechnet werden und in der die Mutterlinie auch hier kein Wort mitzureden hat, eine große Rolle. Aber immerhin: mit den zentralen Mande verglichen, ist dies ganze Wesen doch fast charakterlos. Niemals wird man eine ähnliche Wucht der Sippenidee hier finden, wie z. B. bei den Bammana, bei denen diese Sippe, die patriarchalische Gruppierung und Gradierung schroff, streng, hart, unbeugsam ist wie ein spartanisches Gesetz. Das bringt die unbedingte Unterredung sämtlicher Familienhäupter und die Unfreiheit aller Sprossen mit sich. Das resultiert des ferneren aus dem viel, viel schärferen Gepräge der Kastenwirtschaft, die "Mesalliancen" schon durch die Differenzierung der Diamunamen verbindet, mit sich.

Gerade das Sippen- und Kastenwesen der Tommo ist über alle Maßen lehrreich und bezeichnend für die Verflachung und Abschleifung, die durch ein gemeinsam hartes Schicksal einem Volke zuteil wird. Diese Tommo, die Flüchtlinge aus Mande vergaßen mehr oder weniger unter dem Druck und Zwang ihrer traurigen Vergangenheit die Verschiedenartigkeit der Sippen und Kasten. Gemeinsam flohen, litten und wurden sie, was sie heute sind. Sie alle mischten sich mehr oder weniger mit dem alten Stamme, den das Tommovolk unterwarf und dem es den Lebensraum abgewann, abgewinnen mußte. Gemeinsam litten sie unter dem Andrang der Mossi und Fulbe. Sie schlossen sich auf ihren Felsennestern zusammen. Aber sie wurden kleinlich und auch einheitlich in engem



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Anschauungsmodus. Ich will es nicht entscheiden, ob die Änderung des Sittengesetzes, das heute in allen zentralen Mandeländern auf Mädchenkeuschheit lautet und bei den Tommo Mädchenfrejhejt gibt, in den heutigen Tommoländern vor sich ging, oder ob daraus eine ältere soziale Anschauung der Urmande (wenn man so will) spricht. Aber letzteres ist mir unwahrscheinlich. Denn patriarchalische Sippengruppierung und Mädchenfreiheit scheint mir überall in der Welt, d. h. in jener Kulturform, die diese Gruppierung schuf, zusammengehörig. Die geringen Mittel, die genügen, die Frau zu gewinnen, das Fehlen des eigentlichen Brautkaufes sind auffallend.

Der junge Mann, der heiraten will, sieht sich entweder im eigenen oder in einem benachbarten Orte, mit dem man nicht in Bann und Fehde lebt, nach einer Braut um. Man heiratet in eigener Kaste, und nie wird ein Vornehmer ein Schmiede- oder Spielmannsfräulein freien - wenigstens sagt man es. Bei der Wahl der Frau spricht die Liebe nicht mit. Der Freier geht darauf aus, möglichst "gute" Familie zu gewinnen, also sieht er vor allem auf die "Familie", und in zweiter Linie erst betrachtet er die eigentliche Braut. Natürlich sucht man immer möglichst weit "nach oben" zu ehelichen, und protzt damit, daß man sein Weib "aus gutem Hause" hat. Dann die Braut! Sie muß gesund und kräftig sein, muß vor allem den beiden Hauptanforderungen, die an sie in der Ehe gestellt werden, entsprechen, d. h. sie muß gute Aussicht auf Vermehrung bieten und außerdem arbeiten können.

Hat der Ehelustige ein seinen Wünschen und Hoffnungen entsprechendes Mädchen gefunden, so macht er nicht etwa eine feurige Liebeserklärung, sondern er wendet sich mit einer Gabe an die Schwiegermama. Man unterscheidet im Tommogebiete zwei Arten Kauri, eine kleine Sorte, kogo-uju, und eine große, kogo-luro genannt. Von der kleinen Art sendet er 1000 an die Schwiegermutter, die auf den schwer auszusprechenden Namen Amwanjaung hört. (Die erste Silbe könnte man statt Am oder Anno auch Auw oder Aunw schreiben. Man spreche sie recht nasal und möglichst undeutlich aus, dann stimmt es.) Also die brave Frau bekommt die 1000 Schnecken und dann weiß sie Bescheid. Sie spricht mit ihrem Manne, der spricht mit der Sippe. Niemand aber spricht mit dem Mädchen, das doch gewissermaßen Hauptwesen bei der Sache ist, oder mit dem Freier. Ist sich die Schwiegermama mit der Familie in zusagendem Sinne einig, so macht sie aus den Kauri durch Zusammenflechten eine Art Decke und das ist dann ein Schmuck für das Mädchen. Das Mädchen wird nun frisiert, bekommt den Schmuck und erfährt den Namen des Freiers. Zu sagen hat sie nichts. Sie weiß nun, daß es mit dem fröhlichen, freien Liebesleben zu Ende ist und daß jetzt der Ernst des Lebens beginnt. Vielleicht



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weint das kleine Herz einem bisherigen Geliebten nach, aber Augentränen gibt es nicht. Sie trägt den Schmuck der 1000 Schnecken. Der Freier sieht es und - nun hat er alle Geschlechtsrechte gegenüber der Braut, für die es keinen anderen Liebestraum mehr gibt, als etwa den, den sie vielleicht mit dem Freier und späteren Gatten träumt. Vielleicht! Denn die Ehe ist, wie gesagt, nicht Liebessache!

Der zu solchem Rechte gelangte Freier besucht nun dann und wann das Haus der Braut und Schwiegermutter. Wenn die kalte Jahreszeit eintritt, also im November, geht er mit den Kameraden in den Busch. Jeder sammelt ein Bündel trockenes Holz. Die Burschen bringen das der Schwiegermutter. Das Holz wird Amwatingu genannt. Tingu = Holz. Wenn die nächste Regenzeit beginnt, kommt der Freier mit seinen Kameraden zum Schwiegervater und fragt nach dem Acker. Die Burschen bestellen mit dem Schwiegervater und seinem Hausstände dessen Acker. Die Schwiegermutter sendet ihnen mittags eine Schale mit Speise, auf der ein getrockneter Fisch als Zugabe liegt. Aber der Freier und seine Genossen essen nichts davon, denn sie sind keine "Tagelöhner", sie wollen nicht wie angeworbene Arbeiter beköstigt sein und sind wohlhabend genug, um sich selber zu ernähren. Also hat jeder in seinem Sack eine gute Ätzung mitgebracht, und das Gericht der Schwiegermutter wandert in das Dorf und wird den Haussklaven des Bräutigams übergeben. Solcher Stolz und die gleiche Sitte ist übrigens auch den Malinke eigen.

Wenn die Ernte eingebracht ist, findet die eigentliche Verehelichung statt. Im Laufe der vergangenen Trockenheit, nachdem der Freier das Jawort der Brautfamilie gewann, hat er seinen Vater gebeten, ihm eine Stelle für einen Hausbau anzuweisen. Der Vater willfahrte dem, und der Bursch baute allein oder mit seinen Freunden sein Haus. Jetzt, wo die Erntearbeit vollendet ist, sendet er dem Schwiegervater ein Paket Tabak und zwei Töpfe Hirsebier =kenje. Dieses Bier nennt man Anwa-kenje. Der Tabak heißt Taba.* Wenn diese Gabe eintrifft, versammeln sich abends alle Alten und Sippeglieder und es wird bieder gezecht. Ob der Bräutigam an diesem Tage mit seiner Braut schlafen will oder nicht, ist natürlich seine Sache. Jedenfalls kann er am anderen Tage mit ihr abziehen und sie in sein eigenes Haus führen. Sie wird übrigens von ihrer Mutter mit allem, was zur Küche nötig ist, ausgerüstet (Mörser und Keule, Körben, Kalebassen usw.). 

* Die Malinke kennen zwei Sorten Tabak, nämlich Sira oder Sirra, den sie selbst als nicht sehr alt bezeichnen, und Djamba, der uralt im Lande sein soll. Die Tabakspfeife heißt daher bei ihnen auch Djamba- daga, bei den Soninke Djamba -djinne, bei den Tommo dagegen Tabading.


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Nun erwartet der Gatte mit einiger Ungeduld Familienvermehrung. Wenn während drei Jahren solche nicht eintritt, oder wenn etwa alle Kinder, die geboren werden, wieder sterben, so sagt er ihr, sie soll ihren Kram zusammenpacken und schickt sie der Amwajaung wieder zu. Die Ehe ist nun gelöst. Die junge Frau kann in Zukunft machen, was sie will, von nun an hat sie das Recht, sich einen Mann auszusuchen. — Betont muß aber werden, daß eine verheiratete Frau unbedingt nach außen hin der Theorie nach treu sein muß.

Die erste Frau, die der Tommo heiratet, heißt Njama-la oder Njagara (oder Njagarang). Sie steht dem Hausstände vor und hat das Wirtschaftsrecht und die Aufsicht über alle anderen etwa noch hinzukommenden Frauen. Wenn der Kado es kann, heiratet er mehrere Frauen, und wenn möglich, sucht er auch eine Beischläferin (=taranjang) oder mehrere zu gewinnen. Sie stammen aus dem Bereiche der Urussukaste. — Die Kinder der Taranjang haben gleiche Rechte mit denen der Frauen. —Des ferneren dienen der Befriedigung des Mannes Huren (die Hure heißt uja-au-sara), deren es in einigen Orten mehrere gibt. Diese haben ein eigenes Haus, sind nicht irgendwie verachtet, richten die Preise für ihre Gunstverteilung und nach dem Rufe, in dem ihre Fertigkeit in der ars amandi steht und sind zuweilen sehr reich.

Sozialer Bau: Kasten, Altersklassen usw.

Auch im sozialen Bau der Tommokultur Südmassinas erkennen wir viele Symptome durch gemeinsames Schicksal und Verschlagung herbeigeführten innerer Homogenisierung. Das Diamu existiert und hat den Namen Tiga. Des weiteren finden wir das Kastenwesen. Kaste heißt togu (Plural: toguna wui). Der Beweis der Homogenisierung liegt aber schon in der Tatsache, daß die verschiedenen Kasten nicht verschiedene Diamu haben. In einem Orte sind z. B. nur Togo. Alle Kasten führen den Stammesnamen Togo; es gibt z. B. Vornehme, die Togo sind, Schmiede, die Togo sind, Spielleute, die Togo sind usw. In einem anderen Orte sind nur Gindo. Da haben wir Gindoedele, Gindoschmiede, Gindospielleute usw. Dabei wird die Kastenreinheit aufrechterhalten und Schmiede heiraten Schmiedemädchen, Vornehme Adelstöchter usw. Da nun alle diese Stämme und Völker mit prompter Sicherheit angeben, daß sie aus Mande stammen, und da wir den sozialen Bau der anderen Mande sehr wohl zu durchschauen vermögen, so spricht daraus die Tatsache, daß die Tommo ihre alten Diamunamen eingebüßt und andere mehrere oder alle Kasten umfassende Namen erhalten haben.



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Die Tommo haben fünf Kasten, nämlich:

I Die Vornehmen (Sing.: koromai; Plural: koromaing-we),

2. Hörige (Sing.: urussu; Plural: urussum-we),

3. Schmiede (Sing.: djeme-ae; Plural: djenne-we),

4. Freie (?) Spielleute (Sing.: gong; Plural: gong-we),

5. Unfreie (?) Spielleute (Sing.: djong; Plural: djong-we).

Dazu habe ich verschiedenes zu bemerken. Zunächst ist mir der Unterschied der Gongwe und der Djongwe nicht ganz klar geworden. Sicher ist, daß die Djongwe den Diawando der Fulbe, den Bangaro der Mossi, den Djogorame (Malinkebezeichnung) in Kaarta entsprechen. Diese Diawando gelten überall als Fulbeverwandte. Aber den Fulbe ist der Beischlaf mit einem Diawandomädchen streng untersagt. Die Djongwe, d. h. also, die Diawando der Tommo haben im Gegensatz zu jenen keine besonderen Begräbnisstätten, wenn es auch überall sonst Sitte ist, daß die Diawando weit ab vom Dorfe, zuweilen in hohlen Bäumen, begraben werden. Die Djongwe sind übrigens auch Boten; sie überbringen die Botschaften der Wohlhabenden. Ob die Bezeichnung "unfreie" Spielleute ganz richtig ist, weiß ich nicht, jedenfalls sind sie weit abhängiger als die Gongwe. Die Gongwe ihrerseits sind nicht nur Spielleute und werden auch nicht zum Botendienst verwendet. Sie sind auch die Lederarbeiter im Lande und entsprechen in diesem Sinne durchaus den Spielleuten in Konian, Torong usw. (den Garasa), die ja ebenfalls der Lederarbeit obliegen (S. 51). Auch sind die Gongwe vielmehr Dialli als die Djongwe. Sie sind nämlich die Bewahrer und Kenner der alten Traditionen und Gesänge, während die Spielmannskunst der Djongwe sich mehr auf Vergnüglichkeit, Unterhaltung usw. bezieht.

Die Urussumwe entsprechen durchaus den Ulussu der Mande, den Irimaibe (Sing.: Dimadio) der Fulbe Massinas. Es sind Hörige, deren Abhängigkeit nicht sehr groß ist und die man auf keinen Fall als Sklaven bezeichnen darf. Wenn ein Urussu sich freikaufen will, so muß er 160000 Kauri beibringen. Da 1000 Kauri = I Fr. oder 8o Pf. sind, so ist das eine Summe von ca. 160 Fr. oder 130 M. Diese Summe wird verteilt wie bei den Mande an Fremde, Spielleute, Schmiede usw., und nur der kleinste Teil fließt in die Tasche der früheren Herren. — Die Urussumwe führen auch die Diamunamen ihres Herrn, d. h. also der Familie ihres Herrn oder Erzeugers; denn auch hier gelten die Urussu sowohl als Sprossen der Vornehmen mit Unterworfenen, d. h. nicht persönlich, sondern der Abstammung nach als auch als eigentliche Urbewohner.

Sklaven gibt es. Sie heißen Ngunawe (Sing.: nguna). Sie gelten aber nicht als besondere Kaste. Die Schmiede, die auch Holzarbeiter



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sind, haben eine angenehmere Stellung als bei den zentralen Mande. Sie sind auch weniger gefürchtet als die Numu, da mit dem Aufhören der Übergewalt des Bundes und mit der höheren Entwicklung der Schamanengewalt ihre Macht vermindert wurde. — Auch hier wird jedoch vielfach beim Einbringen der Ernte eine kleine Abgabe den Schmieden überwiesen, "weil sie das Ackergerät herstellen".

Der Alterseinfluß der männlichen Tommo ist nach folgenden drei Klassen geordnet:

I Die unbeschnittenen Knaben: insinsin-we (Sing.: insin-si),

2. die beschnittenen Burschen, d. h. also die Jünglinge: jan-we (Sing.: ja),

3. die jungen Ehemänner: sagatra-we (Sing.: sagatra),

4. die alten Familienältesten, Hofherren: angrang-we (Sing.: angrang).

Aber diesem wohlerhaltenen Altersklassensystem entspricht nicht mehr eine leicht durchsichtige Bundesorganisation, wie sie bei den Malinke, Bammana und Bosso so voll und klar erhalten ist. Ich erwähnte oben den Sanakurre, den Knabenbund, der dem Sinne und Wesen der Tombo-kung fast vollkommen entspricht. Aber mit dieser Analogie ist die Summe der absoluten Übereinstimmungen erschöpft.

Die zweite und dritte Altersschicht hat auch ihre Bund- und Maskenzeremonien: Lasuga und Aja-kaja. Es soll das, was ich davon sah und erfuhr, hier gleich beigebracht werden, betone aber ausdrücklich, daß es nur Bruchstücke sind. Die Mangelhaftigkeit der Mitteilungen in diesem Punkte beruht nicht etwa nur in der lokalen Schwierigkeit, in die Materie einzudringen. Diese Mangelhaftigkeit hat noch zwei andere Gründe. Einmal ist das Wesen dieser Maskeraden fraglos im Zustande der Degeneration. Zum zweiten ist durch die Einwirkung der benachbarten Mossikultur eine Sittenverwirrung und eine Verunklärung herbeigeführt, die erst dann ein wenig zu beheben sein wird, wenn diese sog. Mossikultur resp. ihre alten Grundlagen durchleuchtet sind. Der Beweis der Mossieinwirkung kann heute schon in sehr einfacher Weise gegeben werden. Die Holzmasken der Lasuga werden anders getragen als die der Mande; es sind nämlich ziemlich tief ausgeschälte Vorlegemasken, durch deren Unterquerungsteil ein Stab geführt ist, den der Maskentänzer in den Mund nimmt, wie das Reitpferd die Kandare. Diese Art zu tragen ist aber die der Mossi. Auch der hohe Aufbau der Tangamaske erinnert sehr an die hohen Stäbe der Mossimasken, die ich in Jatenga entdeckte. Gleichermaßen ist das mit der Gesichtsausschalung der Uaumasken (den Büffelkopfformen) der Fall, die hier rechteckig und bei Mossimasken spitzoval sind und endlich



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stimmt der Band- oder Stricktypus der Lasuga-nja-Maske genau mit dem Hinterkopfstrickwerk der Mossimasken überein.

Vor allen Dingen aber muß es sogleich auffallen, daß bei den Tänzen der Tommo-Maskierten die Frauen zuschauen dürfen, was bei den heiligen Maskenzeremonien der zentralen Mande nie der Fall ist, aber sowohl bei Mossi beobachtet wird, als beim Tschiwarra und Sugunikong, der östlichen Mande üblich ist. Das heißt also, wir haben schon ganz äußerlich genommen eine große Reihe von Symptomen die belegen, daß die Tommomaskensitten mehr den östlichen Erscheinungen zuneigen als den strengen, westlichen Bundformen der Zentral-Mande. Bei derartigem Tatbestande wird man es aber wohl als berechtigt anerkennen, wenn die Identität der Bundorganisationen bei Tommo einerseits und Malinke nebst Westbammana andererseits angezweifelt wird.

Der Leutnant Despiagnes hat aus seiner "Habbe-Arbeit" eine geistreiche Hypothese, die Maskierten betreffend, unterbreitet, die leider vorschnell ausgesprochen und vor allen Dingen oberflächlich und verfehlt ist. Er sieht in den "Nabadji" die symbolischen Totentänze der Antilopen, Vögel, der Pflanzenkonföderationen usw. Ich habe viel Mühe daran gewendet, dieser Idee nachzugehen und kann sie hart zurückweisen. Der Autor geht von verfehlten linguistischen Definitionen aus. Er wirft die Sprachen der Fulbe und Tommo-Habbe mit Taschenspielergeschicklichkeit durcheinander. Nabadji ist kein Tommo-, sondern ein Fulbewort. Die Antilopen sind keine Antilopen, sondern wilde Büffel usw.

Soviel ist sicher: Wir haben im südlichen Tommolande heute keine Bünde mehr, die einen bemerkenswerteren, sozialen Einfluß ausüben. Es sind Zeremonialtänze. Aber es ist nicht zu verkennen, daß in diesem Zeremonial noch mancherlei Motiv enthalten ist, das aus dem Bereiche der Zentralmande mit hinüber ins Habbeland geflüchtet ist. Über die Masken und Tänze nachher. Hier nur soviel: Man sagt, daß die Ausführung in den Händen der zweiten und dritten Altersklasse liegt. Ich sah aber, daß die Alten die Anordnung gaben.

Die Klasse der Alten, die Angrang-we, regieren überhaupt das Dorf. Auch hier muß ich mich wieder gegen die Ausführungen Despiagnes wenden. Er spricht vielfach von den "Anna-gara" und legt dieser Institution große Bedeutung bei. In Wahrheit heißt die Gruppe der regierenden Alten angrang-we im Plural; angrang im Singular. Es kann sich nur um ein "Verhören", um ein Mißverständnis handeln. Das Wort Anna kommt im Tommo vor und heißt soviel wie Held, Tapferer, entspricht also den Sagate der Fulbe und dem Nganna oder Ganna der Mande. Man verwendet es aber nicht mit dem Adjektiv ngara oder gara zusammen, wenigstens im allgemeinen



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nicht. Wäre das der Fall, so hieße Anna gara =große Heiden; oder vielmehr großer Held. Zweitens hört man das Wort anna sehr häufig im Tommolande in anderem Sinne gebraucht, nämlich als Bezeichnung der "Herkunft aus", des "Vorhandenseins in". Z.B. Anna Bankassi, d. h. "es gibt in Bankassi". Dann entspricht das Wort dem abe der Malinke, dem aye der Bammana, dem yako der Tommo. Im Malinke heißt z. B. "Cissé abe Bamako": "Es gibt Hühner in Bamako." Anna in dieser Verwendung kommt bei den Tommo vor, ist aber wieder Fulbeursprunges. Wiederum eine andere Möglichkeit ist, daß Despiagnes sich verhört hat, wie ihm das oft zugestoßen ist, und daß man von anda gara, d. h. großem Dorfe (anda sinsinko kleines Dorf, anda koro oder gina koro = altes Dorf) sprach. — Nach der Verwendung, die Despiagnes im allgemeinen hat, glaube ich allerdings, daß er das zu seinen Hypothesen geeignete Wort Anna Gara oder Anda Gara einmal notierte und dann für Angrang anwendete. Auf keinen Fall bedeutet Anna gara bei den Südtommo aber etwas wie die Roten vom Stamme der Anna. Die "Anna" als Stamm gibt es nicht und rote Leute (z. B. Fulbe, also der Hautfarbe entsprechend), heißt nege-baung (schwarze Leute = nege geung, weiße =nege-mpi. Nege oder nenge =Leute).

Diese Angrang-we sind bei den Tommo Südmassinas die wirklichen Herren und ihre Gemeinsamkeit äußert und ordnet den Dorfwillen in allem, was innere und äußere Politik anbelangt. Es gibt überall einen Anda-amiru, einen Dorfhäuptling, dessen Amt erblich ist; aber der Anda amiru ist nichts anderes als der Vollzieher des Willens der Alten, der Angrang und außerdem der Ortsrepräsentant. Wenn irgendwo, so herrscht gerade bei den Tommo die Altersklasse des Angrang und dem Dorfhäuptling fallen sehr wenige Rechte zu. Er beordert, wenn Fremde kommen, die Speisen usw., er nimmt das, was die Familienalten übersenden, in Empfang, er bringt es an die richtige Adresse, nimmt das Gegengeschenk dafür in Empfang und verteilt es unter die Speiselieferanten. Solcher Art sind seine Amtsgeschäfte. Sehr selten erreicht ein Amiru eine höhere Machtstufe. Wenn das aber geschieht, d. h. wenn er den Widerstand der Alten zu brechen weiß, und das eine oder andere Nachbardorf erobert, dann kann er es allerdings zum Fanga-ma, oder Panga-ma, zum Könige bringen. Das geschieht aber sehr, sehr selten und der neue König wird sich beeilen, den Frieden mit den Alten zu schließen, um nicht seine eigene Existenz ständig gefährdet zu sehen. Aber lange währt solch ein kleines Königreichlein im Berglande nicht. Wenn der kluge und tapfere Gründer stirbt, werden seine Nachkommen sehr bald abgesetzt oder wieder zum einfachen Amirutume heruntergedrückt. (In Homburi, wo ich nicht war, scheint das Königstum früher wuchtiger gewesen zu sein.)



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Es gibt aber in allen Tommobezirken einen Beamten, der ist unendlich viel machtvoller als der Amiru, d. i. der Hogon oder Ogong, dem wir uns nun zuwenden. Mein Vorgänger hat von ihm vieles Richtige aber noch mehr Unstimmiges gesagt.

Ogong

Zum ersten Male, seit dem Verlassen der Zentralmande, traf ich auf Beamte und Angestellte der Ortschaft, deren Stellung mit dem Gesamtbau dieser sozialen Bildungen sehr schwer in Einklang zu bringen war. Diese Ogongwe sind im Volksglauben von einer für Neger durchaus bemerkenswerten Atmosphäre von Verehrungsgefühlen umgeben. Man hält viel von ihnen, traut ihnen ungewöhnlich tiefe Weisheit zu, glaubt auch an die Kraft einiger Zaubermittel, die sie besitzen und verwalten, aber mit dieser Angabe ist auch alles gegeben, was man sagen kann und darf.

Die Ogongwe sind vor allen Dingen die Richter des Ortes resp. Bezirkes. Ihre Funktion als Richter ist vielleicht mit einem gewissen Heiligenschleier geschmückt, aber immerhin ist doch der trockene Richterberuf die solide Grundlage ihres Daseins. Aus dem Richterspruche, den er fällt, erwächst ihm auch seine wichtigste Einnahmequelle. Wenn einer den anderen im Streite erschlug, so kommt er z. B. zum Ogong. Der läßt sich den Vorgang schildern. Er verurteilt den Totschläger zu einer höheren oder niederen Bußezahlung, die der Sippe des Getöteten zufällt - er selbst aber zieht für den Richterspruch von dem Totschläger ein: ein Schaf, 20 Mullen Korn, 1200 Kauri (in Wahrheit aber nur 960, da 8o als 100 gelten). Der verurteilte Dieb zahlt an den Ogong 10 Mullen Korn, 5000 (in Wahrheit 4200) Kauri, der Ehebrecher 2500 (= 2000) Kauri usw. Wenn ein Kind ein Pferd bestieg und das Pferd wild ward und das Kind tötete, so gehört nach dem Richterspruche das Pferd dem Ogong. Wir sehen, es ist eine durchaus solide, praktische Basis, auf der dieser Ogongberuf aufgebaut ist, das Grundwesen des Richtertumes. Das hat nichts zu tun mit einem Hohenpriesteramte, einer Vertreterschaft der höchsten schöpferischen Macht, einer Gottesidee, wie sie wohl bei den Mossi und nach Südosten hin vorkommt, wie sie aber jedenfalls diesen Tommo nicht eigen ist. — Ich spreche von dem "ist". Ob die Ogong-Institution von anderer Seite eingeführt wurde, und vielleicht damals andere Ideen mitbrachte, das ist eine andere Frage, zu deren Beantwortung ich nur wenig Material beizubringen vermochte. Einmal ist sicher, daß die Ogongidee nicht Mandeursprunges ist. Sie existiert weder bei Malinke noch bei Bammana. Zweitens wird der Ogong anscheinend mehreren Ortes als "Fremder" angesehen. Dann endlich ist er, wo



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Ogong und der gleich zu erwähnende Lagam gemeinsam vorkommen, dem Lagam nicht gleichgestellt, sondern mehr untergeordnet. Und der Lagam ist eine typische Mandeinstitution; der Lagam ist der Schamane kat-exochen.

Der Ogong hat sein eigenes Gehöft, das ihm von der Gemeinde errichtet wird. Häufig liegt es seitwärts der großen Ortschaft oder an besonders hervorragender Stelle. Es ist alle denkbare Sorgfalt für die Errichtung dieses Gehöftes angewendet. Die besten Balken werden zur Deckenbildung herangeschleppt. Die Tragestützen werden sorgfältig geschnitzt und mit Figuren versehen, die sich im Relief abheben. Die Darstellung von Mann und Weib spielt eine große Rolle. Fernerhin wird die Mauer mit Reliefornamenten bedeckt und zumal das Haus des verstorbenen Ogongs von Kani Kornbole war ein Museum dekorativer Kunstfertigkeit. Es waren außen Schlangen, gehörnte Tierköpfe, in Begattung begriffene Menschen, dann Strauße, Kaimane usw. zu erkennen und all dies Stuckwerk noch obendrein mit weißer und roter Färbung wirkungsvoll betont.

Der Ogong hat einen offiziellen Diener und Beamten, den Ogongkanda, der das bemerkenswerteste Würdesymbol der Institution trägt: das Ogong-mbaga; d. i. der hohe Szepterstab. Zu den wichtigsten Berufsfunktionen des Ogong-kanda gehört das Auffinden des Vampyrgeistes. Das tut der Ogong nicht selbst. — Die ganze Bedeutung der Ogongwürde kommt zur Entfaltung, wenn sich irgendwo zwei Parteien oder gar die Bewohnerschaften zweier Dörfer schlagen, wenn Kleinkrieg ausbricht. Dann schreitet der Ogongkanda unter die Kämpfenden. Er nimmt den Ogong-mbaga-Stab und stößt ihn zwischen den Kämpfenden in die Erde. Sogleich entsteht Friede und große Furcht. Denn nun liegt alle Gewalt in der Hand des hohen Richters, der die bei der Untersuchung als schuldig befundenen und besonders die, die jetzt etwa noch widerspenstig sind, einer gehörigen Strafe unterwirft. Der Ogong ist über allen Kriegen und Streitigkeiten als Friedensrichter erhaben.

Der Ogong ist - wenigstens kann das für die heutigen Süd-Tommo, die ich kennen lernte, mit Bestimmtheit versichert werden — ein seiner Hauptfunktion nach rein weltlicher Beamter. Daneben aber liegen verschiedene Zeremoniale, Kuithandlungen usw. in seinen Händen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß derartige religiöse Funktionen mit seinem Ursprunge verwachsen sind.

Die beiden Lu (= Zaubermittel) des Ogong sind Laewe und Amba-kenje. Die Frau des Ogong, die Ogong-nja, verwaltet den Dienst der Gobunafigur. Über alles das weiter unten gelegentlich der Schilderung der religiösen Verhältnisse (S. 275 ff.).

Charakteristisch für die Weltlichkeit der Ogongwürde ist die Tatsache, daß sie erblich ist. Wenn der alte Ogong gestorben ist und



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seine feierliche Beisetzung erfolgt, pflegt ein Sohn oder irgendein anderes Familienmitglied den Richter zu vertreten. Es tritt ein Interregnum von drei Jahren ein. Erst nach dieser Zeit, also drei Jahre nachdem der alte Ogong starb, wird der neue in sein Amt eingesetzt. Es muß schon ein ziemlich gravierender Mißbrauch der Amtsgewalt stattgefunden haben, wenn der erbliche Stellvertreter nicht der richtige Nachfolger wird. Derart bleibt dieses Amt immer in der gleichen Familie.

Lagam, Ackerordnung, Vampyre

Der zweite hohe Würdenträger der Tommogemeinden ist durchaus geistiger Natur, es ist der Lagam (Plural: lagamwe). Der Lagam entspricht allen seinen Funktionen nach den Schamanen der Mande, den Djegu-tu der Bosso. Bezeichnend ist schon die Art, wie der Lagam zu seiner Würde kommt. Ich folge den sehr klaren Berichten der Eingeborenen von Songo, Dogo, Kani, Bandiangara, Bankassi.

Die Investitur des Lagam hängt von der Gewinnung eines alten Haisgeschmeides ab, das aus Stein-, Schnecken- und Porzellanperlen besteht. Die ich sah, waren fraklos Perlen sehr hohen Alters, aus Karneol, aus Glas (innen rot, außen weiß mit abwechselnd roten und blauen Streifen, dick, kurz, walzenförmig, grün und weiß längsgestreift). Jeder Lagam hat ein solches Geschmeide und wenn er sein Ende kommen sieht, muß er die letzte Kraft verwenden, es in die Felsen zu tragen und so zu verstecken und mit Steinen zu verbergen, daß es niemand findet. Ist er gestorben, so bleibt die Gemeinde, ja die ganze Gegend, oft Dezennien lang ohne Lagam.

Eines Tages nun gerät irgendein (gewöhnlich sehr junger aber ebenso begabter) Bursche in eine gewisse, religiöse Raserei. Er benimmt sich wie ein Wahnsinniger, jagt durch das Dorf, schreit, gestikuliert wild - stürmt auf den Felsenberg, springt wie ein Verrückter tollkühn über weite Spalten, klimmt mit affenartigem Geschick senkrechte Felswände empor und stürzt sich von hohen Bäumen herab. Wenn die Dörfler ein solches wildes Geschöpf sehen, sagen sie: "Der Mann sucht die Dugo." Dugo sind jene Geschmeideperlen, deren Auffindung den Mann zum Lagam machen. Ohne sie kein Lagam! Eines Tages hat der Mann den Sieg gewonnen. Er stürmt in das Dorf, ruft die Leute nach irgendeiner Stelle, fordert sie auf, die Hacken zu bringen und bis zu einer Tiefe, die er angibt, nachzugraben. Und richtig! Da unten finden sie einen Topf und in dem Topf die Dugo. — Der junge Mann ist Lagam.

Meist und den meisten genügt das. Gewöhnlich hört damit der



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Wahnsinnszustand auf. Aber einige wollen mehr. Sie stürzen wieder fort in die Felswände. Sie klimmen, nun geschützt durch die umgehängten Dugogeschmeide in den Schluchten umher, fangen eine Schlange und schlingen sie um den Leib -wie einen Gurt. So kehren sie ins Dorf zurück. Wieder andere belegen die neu gewonnene Kraft damit, daß sie mitten in der schlimmsten Dürre der Trockenzeit jungen Mais und junges Hirsekorn beibringen. Das sind dann die höchsten Zeichen des Triumphes.

Ist derart ein neuer, junger Lagam gewonnen, so entsteht unter den Dörflern große Freude. Denn der Lagam ist wie ein hoher Priester, der für gute Ernte sorgen kann und gute Sicherheit bietet und in diesen Ländern, in denen nicht allzu selten Hungerjahre die Folgen allzu längerer Dürren sind, spielt die Sorge um das herbstliche Brotkorn eine hervorragende Rolle. Sogleich, nachdem der neue Lagam entdeckt ward, wird ihm ein schönes, neues Gehöft mit reichlichem Raum für Vieh und eine gute Zahl großer Speicher errichtet. Von nun an fallen ihm alle Erstlinge zu: das von einer Kuh erstgeworfene männliche Kalb, das erste Böcklein, die erste Feldfrucht usw.

Ein- oder zweimal im Jahre hält der Lagam eine große Versammlung ab. Dann sitzt alles um ihn, und Amiru wie Ogong, sowie alle Angrangwe spielen keine Rolle neben seiner Würde. Dann tanzt er. Ich sah solchen Lagamtanz in Dogo. Der Lagam trug eine rote Mütze und war in einen weiten, blauen Burnus gehüllt. Er hatte am Daumen einen Eisenspannring und zwischen den Fingern hielt er das glockenartig zusammengebogene Eisenblech. Einige Trommler gaben den Takt. Der Lagam starrte gen Himmel. Er starrte zur Erde. Dann schüttelte er, kopfschüttelnd und stampfend den Körper und brummte ein dumpfes wuwu-wuwu. Dann raste er umher wie in hypnotischer Weltverlorenheit und endlich warf er den Burnus ab, kam auf mich zu, umarmte mich, zeigte auf die Sonne, und murmelte: "Siehst du das Blut, das neben der Sonne herabtropft ?" Alle Anwesenden waren befangen und schienen tief erfüllt von dem mystischen Sinne, der aus diesen prophetischen Worten sprach. Denn was der Lagam gelegentlich solcher phantastischen Tänze spricht, ist goldwertige Prophezeiung. Er sagt alles vorher, was im kommenden Jahre geschehen wird. Er ist eben Schamane.

Seine Würde ist so groß, daß alle Morgen sämtliche Alten des Dorfes in sein Gehöft kommen, um ihm ehrerbietigen Gruß zu entbieten. Nicht selten ist der eigene Vater des Lagam unter den Devoten.

Das große Zaubermittel (Lu) des Lagam heißt Buna; ich habe über seine Eigenart nichts anderes erfahren, als daß er sehr schlimm ist, und über andere Dörfer oft schweres Unglück bringen kann.



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Der große, öffentliche Diener des Lagam ist der Lagam-Sciendabanga. An einigen Orten soll er auch Keddi heißen, weil er das Scienda-baga, das "heilige" Messer (= scienda) des Lagam trägt. Denn Lagam und Ogong haben jeder ein besonderes, eigenartiges Messer und mit keinem anderen Gerät essen sie und teilen sie ihre Fleischspeisen. An einigen Orten soll der Lagam auch ein Szepter haben, das Lagam-mbaga. Aber man legt dem keinen besonderen Wert bei und es spielt jedenfalls nur eine Ogongsitten imitierende Rolle.

Zwei große Aufgaben hat der Lagam. Einmal sorgt er für die Ernte, zum anderen hält er das Land frei von Vampyrgeistern; der Ogong-kanda führt diese letztere Aufgabe wohl nur dann aus, wenn es keinen Lagam in der Gegend gibt.

Widmen wir bei dieser Gelegenheit den Vampyrmenschen einige Worte:

Der Vampyrmensch (= subaga bei den zentralen Mande) heißt dudugung, Plural: dudugungwe. Die Dudugungwe bilden zusammen eine Gemeinschaft, Genossenschaft, Gesellschaft. Wer eintreten und an ihren gemeingefährlichen Orgien teilnehmen will, muß Mitglied der Gesellschaft werden, zahlt hierfür und wird in alle Kunstgriffe eingeweiht. Einige erzielen die Kenntnis durch Vater oder Mutter, andere müssen unter den Dudugungwe Freunde zu gewinnen suchen. Es gibt zwei Arten des Vorgehens: Einige Dudugungwe gehen nachts darauf aus, das Blut der Opfer zu schlürfen. Sie springen als Feuerfunken (Feuer = nja; bei einigen Gebirgsstämmen nie) in das Haus, oder sie gehen durch eine Hausecke, nie durch die Tür hinein. Oft sind es viele, die gemeinsam so einbrechen und über das Opfer herfallen, Männer und Frauen; dann schlürfen sie den roten Lebenssaft.

Die zweite Art der Dudugungwe beschäftigt sich damit, die Kinde oder Negenkinde (nege = Mensch), d. h. die Schatten des Menschen wegzufangen. Diese machen sich meist als Reisegenossenschaft auf den Weg, lagern an der Straße, überfallen Ahnungslose, rauben den Schatten. Um das zu vermögen, muß man allerdings irgendwelche Bestandteile aus alten Gräbern, der Nunguna, das sind die Längstverstorbenen, ausgescharrt haben. Dumme und unbegabte Wanderer sind leicht von einem einzelnen zu bewältigen. Aber um kluge, erfahrene Leute, Weise ihres Schattens zu berauben, dazu gehört schon eine ganze Gruppe von Dudugungwe. — Das seines Schattens oder seines Lebensblutes beraubte Individuum welkt zuweilen innerhalb weniger Tage, zuweilen nach langer Zeit dahin. Schwach, krank, freudlos verkommt es.

Noch eine Sorte von üblen Vampyrgeschöpfen soll es geben. Die suchen Haare, Fingernägelabschnitte, Kleider des Opfers zu ergattern.



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Die werden mit Zaubermitteln gemengt vergraben und so den früheren Besitzern das Lebensmark gestohlen. Ich glaube aber nicht, daß man diese Sorte von Zauberwesen mit Recht als Dudugungwe bezeichnet. Das sind wohl mehr gemeine Zauberer eigentlich fremder Art.

Gegen all dies Gesindel schützt man sich mit Daura-Daurani, d. i. eine Art von Amulettanstrich oder Zaubermittel, und dann soll es noch ein Tiua genanntes Medikament geben, das wie eine Schlingenfalle die Dudugungwe stellt.

Hat man den Verdacht, daß irgendwo solches Individuum sein Unwesen treibt, oder wird irgend jemand im Wortstreit als "Dudugung" bezeichnet, so tritt der Spruch in Kraft: "Buna njama," d. h. "wir wollen schwören." Der Beschuldigte wird zum Lagam gebracht. Der Lagam reicht ihm den Dudama-Trank, den Giftbecher. Der Beschuldigte muß trinken. (Gifttrank bei Bammana und Malinke =sengi.) Wer den Trank erbricht, hat seine Unschuld bewiesen. Wer ihn bei sich behält, stirbt. Es war solch ein böses Individuum, und der Lagam hat das Recht, all seinen Besitz für sich in Anspruch zu nehmen.

Die erste Aufgabe des Lagam war die Prophezeiung, die zweite die Fehde gegen die Dudugungwe. Die dritte ist die Überwachung der Ackeropfer. Es kann keine Ackerarbeit ohne Genehmigung des Lagam begonnen werden. Der Lagam gibt im Beginn der Regenzeit, seinen eigenen prophetischen Wahrnehmungen entsprechend, die Anordnung zum Schlachten der Opfertiere, dann zum Aufreißen des Bodens. Kein Mensch, kein Weib darf vor seiner Willensverkündigung Hand an die Hacke legen. Ebenso ist es im Herbst. Er gibt den Befehl zum Opfern des notwendigen kleinen oder großen Getiers, dann zum Brechen der Kornhalme. Es ist alles Ackergerät unter seiner Oberleitung und niemand wird gegen seinen Willen handeln.

Totendienst. Seelendienst

Die religiösen Einrichtungen der Tommo zielen nach drei Richtungen: I Totendienst, 2. Ackerdienst, 3. Verteidigung gegen unholde Geister. Die zu dritt genannten Dinge wurden, soweit ich davon Kenntnis zu erzielen vermochte, eben wiedergegeben. Vom Ackerdienst wurde einiges gesagt und wird gleich noch ausführlicher darauf zurückzukommen sein; dem Totendienst, Seelenglauben usw. wollen wir aber nun zuerst einige Zeilen widmen.

Da wirbelt es zunächst wild durcheinander: Nege-nkinde, die Menschenschatten, Kinne = die Seele, Anini-uo = das Leben, Min = das Denken, Njanga-mu = der Traum.



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Wenn jemand träumt, so ist da etwas im Kopfe, das er regelrecht erlebt. Das ist Miri; das Denken (auch bei Malinke und Bammana =miri, im Fulfulde = milo genannt), das die Traumbilder im Schlafenden erzeugt. Aber es erfolgt bei dem Auftreten von Personen auch eine Einwirkung von außen, seitens dieser, gleichgültig, ob sie noch leben (und sich dessen bewußt sind oder nicht) oder ob sie schon gestorben sind. Angenommen: es erscheint jemandem im Traum der eigene Vater, der vor längerer Zeit gestorben ist, so wird er ein Opfer der Seele des Verstorbenen (hier nkinne) darbringen. — Lebt der alte Herr noch und taucht im Traumbilde eines Fremden oder Freundes als Sterbender oder Toter auf, so wird der das dem Sohne sogleich mitteilen. Der fragt eingehend, in welcher Art Kleid der Verschiedene oder Verscheidende aufgetreten ist, in dunklen oder hellen, langen oder kurzen, neumodischen oder altertümlichen. Sobald er sich hierüber klar ist, sucht er sogleich ein solches Kleid aufzutreiben, zeigt es dem Traummanne und wenn der es als entsprechend und richtig erklärt, so schenkt der Sohn das ominöse Kleid irgendeinem Manne, der zum Stamme derer gehört, die für seine Familie, also Vater oder Sohn Tannä (=Tabu) sind. Gleichzeitig ist es sehr wünschenswert, daß der Sohn ein größeres Opfer an Hühnern, Ziegen und dergleichen den großen Zaubermitteln des Dorfes darbringt. Wird das alles eingehalten, dann steht zu hoffen, daß der durch den Traum in bedrohlicher Nähe befindliche Tod des alten Herrn möglichst weit herausgeschoben wird.

Wenn ein Mensch stirbt, so entflieht seine nkinne in den Luftraum. Sie weilt schwebend in der Nähe der Nachkommen und bleibt mit diesen häufig in zeitweiligem Konnex. Zum Beispiel taucht sie im Traume auf. Oder aber, wenn jemand erkrankt ist, so sagen häufig die anderen: "Du hast lange nicht den Seelen der Verstorbenen geopfert, das mußt du nachholen." Und wenn der Kranke sich wirklich dieser Unterlassungssünde schuldig fühlt, so wird er Ziege oder Huhn vor der Grabkammer oder (neuerdings) auf dem Grabe schlachten und niederlegen. Ist man nicht sicher, wer der zürnende Geist, welches die erregte Seele ist, so läßt man einen in dieser schweren Kunst Kundigen das Aramanga, das Erdorakel oder Angamanga-bira, das Kauriorakel befragen und ist so überzeugt, sichere Nachricht über das "Wer" und das "Warum" zu erhalten.

In jedem Jahre feierte in alter Zeit jede Tommogemeinde ein sehr würdiges Fest, ein Fest der Toten, ein Opferfest, das Sarraka-Gungesu. Das fand am Anfange der Regenzeit statt. Es ist das gleiche Fest, das bei den alten Malinke fure-nso, bei den Bammana suso hieß. Die ganze Familie vereinigt sich. Man stellte die Holzfiguren, die die Toten darstellen, die Gobuna (Gobuna s. buna



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S. 268), auf. Man hatte viel Kenjebier bereitet. Die Frauen machten eifrig Speise; die Männer schlachteten allerhand Opfertiere und in wohlhabenden: Familien kam es dabei nicht auf ein Stück Rindvieh an. Ogong und Lagam, die geistlichen und geistigen Würdenträger der Gemeinden und ihre Gefolgschaft, hatten damit nichts Besonderes zu tun. Es war ein Familienfest und der es leitete, der war in jeder Sippe das Oberhaupt. Ballen von Reis in Wasser und Schalen mit Kenjebier ward zur letzten Ruhestatt gebracht. Die Gobuna wurden von der Stoffverhüllung, in der sie sich gewöhnlich befanden, befreit und aufgestellt. Man sprach von den Verstorbenen,man sprach von den Ereignissen des vergangenen Jahres, von den Hoffnungen, die man auf die kommende Periode der Fruchtbarkeit setzte und an Gräbern und vor Gobuna sprach man alte Bitten aus, die sich zumeist auf glückliche Erntezeit, auf Gesundheit und Kinderreichtum bezogen. War das Fest feierlich verflossen, dann wartete man auf die Genehmigung des Lagam zum Ackerbau und auf reichen Himmelserguß.

Dies Fest scheint den Fulbe aus Futa-Djallon, die zumeist unter Hadj Omar in diesem Lande ein strenges Regiment führten, ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Es wurde untersagt, wie so manche alte, auch uns sympathische Sitte. Auch das Verfertigen der Totendarstellungen ist seltener geworden. In alter Zeit sollen alle Verstorbenen im Dorfe ihre Holzbildnisse gehabt und die Gobuna sollen außerordentlich hoch im Ansehen gestanden haben. Das ist heute nicht mehr der Fall. Ich hörte nur noch von einem Gobuna in Kani-Kombole, die eine hervorragende Rolle spielte und die dann auch glücklich in meine Hände gelangte, wenn es auch Schwierigkeiten genug gab.

Besonders im Süden spielt auch die Frau des Ogong, die Ogongnja, wenigstens bei einer Gelegenheit eine merkwürdige Rolle, d. i. wenn eine alte Frau im Dorfe stirbt. In diesem Falle darf keine andere Frau im Dorfe "klagen", als nur die Ogong-nja. Im Hause jedes Ogong dieses Landstriches ist eine Gobuna, eine Holzfigur, aufbewahrt, die besonders der Wartung des Ogong-nja anvertraut ist. Diese Gobuna ist in weiße Stoffe gehüllt und steht so in einem großen Tongeschirr. Sowie nun eine alte Frau im Dorfe stirbt, nimmt die Ogong-nja die Figur mit in das Sterbehaus und stellt sie da in einem Korbe auf den Boden. Sie singt und klagt vor der Gobuna. Dann treten die anderen alten Frauen des Dorfes heran, tanzen vor der Gobuna und werfen Kauri auf sie. Diese Kaurimuscheln gehören der Ogong-nja. — Das ist angeblich die einzige Verwendung der Gobuna im Ogonghause. So sagte man mir in Kani-Kombole. Es ist die einzige, offizielle Tätigkeit der Ogongnja. Sonst hat sie ganz und gar kein besonderes Amt, es sei denn,



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laß sie etwa von Zeit zu Zeit der Gobuna eine kleine Opfergabe darbringt. Der Ogong selbst hat mit der Gobuna nichts zu tun.

Überhaupt scheint der Sittenkreis, der sich bei den Südtommo um den Tod alter Weiber gebildet hat, ganz besonders merkwürdige Einzelheiten aufzuweisen. Ich hörte noch von folgendem Brauche: Wenn eine alte Frau stirbt, muß eine Enkelin, ein noch junges Mädchen, die Leiche auf den Kopf nehmen. Das Mädchen tanzt mit der Leiche auf dem Kopfe und mit anderen Kindern um sich umher, von Hof zu Hof, überall gewissermaßen Abschiedsvisite machend. In jedem Hofe wird die Leiche niedergelassen. Jederman wirft Kauri als Geschenke darauf, oder schenkt Opfertiere. Die Kauri und Tiere sammeln die mitziehenden Spielleute auf und nehmen sie für sich in Anspruch. Die Spielleute singen und wünschen der Familie, der die Verstorbene angehörte, und der ganzen Gemeinde Gesundheit und möglichst wenig Todesfälle.

Hochinteressant sind die Totenbefragungen, die früher bei den Südtommo in mehrfacher Gestalt üblich gewesen sein müssen. Offenbar glaubte das Volk nicht an die Selbstverständlichkeit des Todes, und war noch nicht zur Erkenntnis des Satzes gekommen: "Der Mensch muß sterben." So suchte man denn krampfhaft nach einer Todesursache, nicht nur, um jenen einen zu rächen, sondern auch um sich selbst von irgendeinem wüsten Lebensräuber durch Unschädlichmachung zu sichern. Das einfachste war, sich an den Toten zu wenden und ihn selbst darüber Auskunft geben zu lassen, wie er ums Leben gekommen sei. In einer Legende sehen wir, wie diese Zeremonie in alter Zeit ausgeführt wurde, und wenn am Ende derselben betont wird, daß wegen jenes schlimmen Ausganges heute das nicht mehr vorkomme, so haben wir ein gutes Recht zur Skepsis. Vielleicht ist der Brauch der direkten Leichenbefragung mit Hahnvergraben usw. in einigen Gegenden verboten, in anderen ist er sicher noch im Schwunge.

Ich hörte noch von einer anderen Form der Regelung dieser Angelegenheit. Wenn man sich über die Todesursache in einem wichtigen Falle im Unklaren ist, so richtet man erst die Leiche her, d. h. wäscht sie, hüllt sie in neue Stoffe und legt sie auf die einfache, ohne Füße, wie eine simple Steintrage aus Baumstämmchen zusammengebundene Bahre. Vom Tode bis zur Bestattung soll nicht mehr vergehen als eine Zeitspanne von sieben Tagen. Also ist nicht viel Zeit zu verlieren - denn die Auskunft über die Todesursache wird zuweilen weit hergeholt. Es werden vier noch nicht beschnittene Kinder, zwei Knaben und zwei Mädchen, mit einer Kalebasse voll Reisballen und einer Kalebasse mit achtzig Kauris ausgerüstet. Mit diesen beiden Kürbisschalen müssen sie ziemlich oft sehr weit fortgehen, nämlich bis zu einem Dorfe, zu dem man in keinerlei



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Beziehung steht, von dessen Bewohnerschaft also keinerlei Drehung der Tatsache oder Verunklärung der erbetenen Orakeisprüche zu erwarten ist. In diesem Dorfe müssen dann die Kundigen das Erd. orakel nach der Todesursache befragen. Die Antwort ist dann z. B.: "Es sind die Längstverstorbenen, die den Toten gerufen haben," oder "es war ein Lu (= Zauber) daran schuld." Oder: "Das hat ein Vampyrmensch verbrochen" usw. Dazu kommt aber gewöhnlich noch mancherlei andere Prophezeiung, daß es nämlich der Gemeinde, die die Kinder sandte, im nächsten Jahre so und so ergehen würde, daß die Gemeinde das und das erleben würde usw. Mit dem Bescheide kehren die Kinder zurück und nun mögen die guten Dörfler sehen, was sie machen.

Jedenfalls wird nun der Tote schleunigst zur letzten Ruhe gebracht. Bis vor nicht allzu langer Zeit haben alle Gebirgstommo ihre hervorragenden Toten in besonderen, mehr oder weniger fest verschlossenen, vermauerten Grabhöhlen untergebracht. Die unwesentlichsten Toten wurden wohl einfach verscharrt. Als die Fulbe unter Hadj Omar die Oberhand gewannen, verboten sie das Beisetzen in Höhlen und zwangen die Tommo zur Erdhöhlenverscharrung. Doch gelang das Durchführen des Gebotes nicht überall, an vielen Orten sind die Tommo heute wieder zur Höhlenbeisetzung zurückgekehrt, an vielen Orten ist in dieser Sittenausführung wohl nie eine Pause eingetreten. Die Art der Grabhöhlen war wohl immer recht abweichend und entsprechend den Höhlenformen, die die Natur bot. In einigen Gegenden gibt es nur sehr flache Felsspalten zwischen den einzelnen Schichten. Solche traf ich in Songo und Tonio. Sie boten nicht genug Raum, um mehr tun zu können, als den Toten hineinzuschieben und darauf den Spalt außen zu vermauern. Andere Höhlen, wie zumal die im Totental bei Kani Bonso, sind mehrere Meter hoch. Darin wurden runde Türme aufgemauert, die 2-4 m im Durchmesser hatten und in der natürlichen Deckenhöhe zwischen Mannshohe und 3 m schwankten. Auf die Art, wie darin beigesetzt wurde, werde ich sogleich zu sprechen kommen. —Wieder andere Höhlen hatten eine Sohle mit Erdreich. So soll bei Kani Bonso eine große Grabhöhle existieren, in der man die Toten im Erdreich eingrub, d. h. die Toten wurden aber vorher in Ochsenfell gehüllt und es wurde zu dem Zwecke extra ein Stier getötet. Das soll nicht mehr vorkommen. — Die Höhle wurde mir verheimlicht.

Man trug den Toten auf der oben beschriebenen einfachen Bahre zur Hohle. Jede Grabkammer hatte eine kleine Türe, die nur locker mit einigen großen Felsblöcken verschlossen war. Der Eingang war nicht größer, als daß ein Mann mühsam, gebückt in das Innere schlüpfen konnte. Der Mann, der es übernahm, den Verstorbenen



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hineinzubringen, wurde für diese Arbeit reich bezahlt. Der enge Raum in dem Grabtürmchen machte es unmöglich, unter den früher Verstorbenen besondere Ordnung zu halten. Man schob das Gerippe der früher Beigesetzten, wenn die Verwesung vollendet war, einfach nach hinten. So schichtete sich im Hintergrunde die Masse der Knochen wie ein kleiner Wall auf. War der zuletzt Beigesetzte noch nicht vollkommen verwest, so legte man den jetzt hinzukommenden Leichnam auf den vorletzten und beide waren nun nur durch die Leichentücher getrennt. In einer älteren Periode müssen die Toten übrigens in Rohrgeflechte, in Matten eingehüllt gewesen sein, wie sie heute im Lande selbst nicht mehr vorkommen und nur für teueres Geld aus dem Sikassogebiet beschafft werden können. Ich fand solche in alten Grabtürmen von Kani Bonso, im übrigen auch noch kleine Nackenstützen, wie sie auch nicht mehr hergestellt werden, und endlich ein zierliches Modell von Hose und Mütze. Sonst waren nur kleine Töpfchen, das übliche Leichentuch und weiter keinerlei Grabbeigaben festzustellen. Der Tote ward ausgestreckt quer vor dem Skelettwall direkt am Eingange hingelegt. Darauf schloß man die Höhle, wusch sich in einem großen Topfe die Hände und den Körper, stülpte den Topf um, schlug in den Boden ein kleines Loch und verließ die Höhle und den Grabturm.

Es wurde mir mehrfach ausdrücklich gesagt, daß in diesem Grabturme nur sehr angesehene Leute, zumeist Lagamwe und Ogongwe, nie aber gleichgültige Menschen Aufnahme gefunden hätten. Nach einer bestimmten Richtung hat man in den von mir untersuchten Gegenden die Toten nicht gelegt, sondern sich immer danach gerichtet, wie die dem Höhlenraume entsprechend angelegten Grabkammern es verlangten. Wenn der Wall von Skeletteilen im Hintergrunde allzu mächtig anschwoll, schloß man die Grabkammern für immer, und wenn man nun noch Opfer für die darin wohnenden Toten niederlegte, so geschah das vor dem Eingange.

Eines sei noch erwähnt: Dem Erben des Toten der heutigen Zeit, d. h. (wenn ein solcher noch vorhanden ist) seinem Bruder, aber sonst dem ältesten Sohn des ältesten Bruders wurde eine gewisse Verantwortung für Totenopferung zugeschoben. Aber auch die Kinder des Toten gedenken am Totenfeste opfernd des Vaters.

Ackerdienst. Masken. Amba

Die zweite religiöse Fürsorge gilt dem Ackerdienste. Ich habe gefunden, daß sie sehr ausgesprochen ist und fast möchte ich meinen, sie wäre sorgfältiger, gedankenreicher, prädominanter als bei den zentralen Mandestämmen. Vielfach erinnert sie an die südlich benachbarten Aethioper. Einiges davon liegt der Wartung



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des Ogong ob. Es ist die einzige religiöse Obliegenheit der Ogong überhaupt.

In einem Winkel des Ogonggehöftes erhebt sich der Sitte gemäß ein kleiner Erdkloß, der dem Togorobung der Malinke, den kleinen heiligen Erdhügeln der Tombo-kung ähnlich sieht. In seinem Innern befindet sich ein kleines, gekrümmtes, fischhakenförmiges Eisen. Dieser Erdhügel ist das große Lu (= Zaubermittel) des Ogong, wie der Buna des Lagam. Sein Name ist Amba-kenje. Der mit ihm verbundene Dienst verläuft folgendermaßen: Zur Erntezeit bringt jede Frau dem Ogong eine oder mehrere Mullen Korn als Geschenk dar. Dann wird ein Fest gefeiert. Männer und Frauen tanzen während zweier Tage. Es werden Opfertiere geschlachtet und es geht hoch her. Wenn nun die nächste Saatzeit kommt, begibt sich jeder Hausherr zum Ogong und erhält von diesem eine Handvoll des Kornes, dem durch die nahe Lagerung beim Amba-kenje und außerdem wohl durch spezielle Benediktion seitens des Ogong höhere Keimkraft verliehen ist. Dieses "heilige" Korn mischt der Hausherr unter sein Saatkorn und so entsteht eine kräftige Saatfrucht. Außerdem aber schüttet jeder Hausherr neben dem Amba-kenje Wasser zu Boden, setzt in die Lache einen Fuß und betet um ein fruchtbares Jahr.

Auch dann, wenn ungenügende Regenfälle die Ernte bedrohen, tritt die Bevölkerung mit dem Ogong in Verbindung. Es gilt dann dem zweiten großen Lu des Dorfes ein Opfer darzubringen. Dieser zweite Lu ist der Laewe. Der Laewe ist eine kleine, altarartige Anhäufung alter Steingeräte vergangener Zeiten. Es sind darunter große Steinbeile, Mühlsteine, Reibsteine und verschiedene große Formen, die an moderne Artilleriegranaten erinnern, deren früherer Zweck zunächst nicht klar ist. Der Laewe-Altar befindet sich zuweilen im Hause des Ogong und ist dann wohl um einen Mittelpfeiler im Lehm eingebettet und das ganze mit weißer und roter Farbe bedeckt. Nicht immer ist der Ogong Inhaber des Laewe, zuweilen hat ein anderer seine Versorgung und ist sein Besitzer. Stets aber, ehe man sich zur eigentlichen Wasserbesprengung und Opferung am Laewealtar begibt, wendet man sich an den Ogong, daß er seine Genehmigung dazu erteile.

Hier ist auch der Platz den Lasuga-Maskentänzen, die schon oben erwähnt wurden, ein Wort zu widmen. Denn ich glaube, daß sie ebenfalls zum guten Teil wenigstens und nach ihrer heutigen Verwendung, der Ackerweihe gewidmet sind - wie wir das doch zuletzt auch vom mandischen Tschiwarra sagen müssen. Die Lasuga tanzen nämlich zur Saatzeit, und ihr fröhlicher Mummenschanz spornt vielleicht den Landarbeiter zu kräftigem Angreifen an. Für die Masken gibt es verschiedene Namen. Im Bandianggaragebiet



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sah ich drei Formen. Eine Holzmaske, die von einem menschenartig oder eidechsenartig ausgeschnittenen Brette überragt war; man nannte sie Tanga. Dann waren da drei Holzmasken mit Hörnern, rot und weiß bemalt, grob geschnitzt. Sie wurden als Uau, d. h. wilder Büffel, vorgeführt. Die dritte Sorte war eine Maske aus Strickwerk, raupenhelmartig, gleich Haartracht der Samokofrauen. Diese hießen Lasuga-nja, d. h. Lasugafrau. Bei einer der Masken war das sehr deutlich dadurch dargestellt, daß sie vorn über dem Faserbehang zwei holzgeschnitzte Brüste trug. Die Tanga- und Uau-Maskierten trugen lange Stäbe. Wenn die weiblichen Masken nicht tanzten, hatten sie eine charakteristische Ruhestellung, sie hatten die Arme erhoben und über dem Kopfe verschränkt. In Dogo sah ich zwei Sorten von Masken, eine holzgeschnitzt, die der Uau glich, aber an Stelle der Hörner in der Mitte einen langen Holzschopf trug. Das war Onne, d. h. der Husarenaffe. Die zweite Maske war gleich der Lasuga-nja hergestellt, sie wurde hier aber als Pirri, das soll heißen "Mensch", vorgestellt. Die Dogoleute sagten: "Die Leute in den Berggegenden des Nordens nennen den Lasuga Onne-kaje."

Es wurde gesagt, diese Maskentänze wären einer gewissen dreijährigen Periode unterworfen. Drei Jahre lang unterlasse man diese Tänze, dann sage man: "Mekerra kennesi!" — "Laßt uns tanzen." Darauf würde während dreier aufeinander folgender Frühjahre das Zeremonial abgehalten. Wenigstens in Dogo. In Dondorf dagegen tanze man in einem Jahre und im folgenden nicht, immer abwechselnd. (Auch die Tänze des Lagam sollen übrigens einem dreijährigen Wechsel unterworfen sein.) Nur im Anfange der Regenzeit tanze man. Frauen, welche lange Zeit hindurch nicht konzepieren oder deren Kinder immer sterben, tanzen gegen die Lasugamasken an. Man erwartet also Fruchtbarkeit. — Im allgemeinen dürfen Frauen den Tanz sehen und ihm beiwohnen, aber sie dürfen die Masken nicht berühren. In den Bergen des Nordens wird auch das Schwirrholz angewendet und in abendlicher Stunde in Schwingung versetzt. Es heißt dort Lasuga-na. Das dürfen die Frauen auf keinen Fall sehen. Sie könnten verrückt werden.

Eine zweite Maskeneinrichtung heißt: Aja-kaje. Jeder Teilnehmer am Fest oder an der Genossenschaft (vielleicht ist es eine geheime Gesellschaft, die hier durchblickt), bringt zum Beginne des Zeremonials einen Hahn herbei. Wer den roten Hahn beibringt, trägt das Maskenkleid. Im Gegensatz zum Lasuga gilt Aja-kaje als durchaus schlecht. Er tritt meist nachts auf, und das will schon etwas sagen. Er stiehlt den Frauen und Knaben das Essen und bringt es mit anderen Geschenken, wenn gerade deren Tanzzeit ist,



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den Lasugaleuten. Also anscheinend ist er dem Lasuga etwas untergeordnet. Wie gesagt, gilt Aja-kaje (oder kaja) als schlecht. Er schlägt mit einem Stock auf Weiber und Unerwachsene. Vielleicht bezieht sich auf diesen Aja-kaje auch besonders die Angabe, daß in die Zeremoniale der Maskeraden kein Reiter eindringen darf; kommt er den Masken nahe, so sterben Roß und Reiter.

Bei der Gelegenheit sei noch ein anderer, anscheinend durchaus harmloser Mummenschanz erwähnt, nämlich der Tingi-Tanga. Auch diese Maskierten tanzen im Anfange der Regenzeit. Es sind Spaßmacher, deren jedes Dorf an vier oder mehr besitzen soll. Die Tingi-Tanga gehen auf Stelzen und haben oft Hosen, die über die Holzstäbe bis auf den Boden fallen. Im übrigen bedecken rote Schnüre das Gesicht und fallen auch über den Körper herab. Sie kommen morgens und abends auf den Dorfplatz und führen hier ihre Sprünge und Kapriolen im Stelztanz aus. Aber jeder tanzt allein für sich. Nie tanzen zwei zusammen. Man sagt, das Spiel sei so schwierig, daß Vater und Mutter der Tanzenden zauberkräftig sein müßten, um den Tänzer vor Sturz und Beinbruch zu schützen.

Von dieser Abschweifung auf das Gebiet harmlos-kindischer Nebenerscheinungen wollen wir zurückkehren zu dem Zeremonialdienst und wenigstens mit einigen Worten der Frage nach sonstigen großen Zügen im Glaubensleben der Tommo gerecht zu werden suchen.

Ein anderer Zug, eine besondere Erscheinung ist für Niveau und Tiefe des Tommoglaubens außerordentlich bezeichnend. Das ist die Bezeichnung und Auffassung "Amba" oder "Hamba", die die Fulbe mit "Gott" übersetzen (mit Allah), was aber gänzlich unzutreffend ist. — Besonders in den alten Zeiten vor dem Siege der fanatisch islamisierenden Fulbe pflegten die Tommo sich Figuren aus Ton zu formen, und zwar tat das jeder selbst. Solche Erdfiguren wurden Amba oder Hamba genannt. Waren sie vollendet, so brachte der Verfertiger der Figur eine Ziege, Huhn oder Hund als Opfer dar, und sagte dabei: "Ich bringe dir dieses Tier als Geschenk dar. Ich wünsche, daß das eintritt (etwa Kindersegen, Genesung von Krankheit, reiche Ackerfrucht, Regen, aber auch Erkrankung eines gehaßten Nachbars, Tod eines Erbonkels usw.). Wenn du dafür sorgst, daß das geschieht, dann erhältst du mehr. Besorgst du das aber nicht, so erhältst du auch nichts mehr, vielmehr werde ich dich wieder vernichten!"

Man beschränkte sich nicht allein darauf, sich solche Ambafiguren zu bereiten. Manche Leute wandten sich in gleicher Weise an einen Baum, an ein besonders auffallend geformtes Felsstück usw. Das ward auch Amba genannt, dem ward gleiche Bitte, gleiche Opferung, gleiche Versprechung von mehr zugesagt. Trat



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nun das Erbetene ein, so blieb man bei diesem Amba. Trat es nicht ein, so ward die Erdfigur zerstört oder der Baum oder Stein vollkommen vernachlässigt. Das war der alte, prädominierende Ambaglaube, der an Klarheit und gleichzeitig an Primitivität nichts zu wünschen übrig läßt.

Daß es daneben noch eine Menge Zauberglauben gab, geht schon aus den Legenden hervor.

Siedlung. Hausbau

Die Siedlungen der Tommo waren dem inneren Wesen und der Gesamtanlage nach zweiartig. Die auf den Bergen und Felsköpfen angelegt sind, erinnern an Burgen, sie sind auf engem Raume arg zusammengeschachtelt. Die in den Tälern und besonders die im Graben im Süden des langen Felsabhanges zeigen dagegen eine Neigung sich auseinanderzuziehen. Gruppen von Gehöften liegen hier oftmals weit voneinander entfernt. Die Anlageform der Bergburgen erinnert an die zusammengepreßten Bammanaortschaften in Beledugu, die der Taiweiler an die Verstreuung der Malinkeweiler im oberen Nigergebiete.

Aber im eigentlichen Stil bleiben sich bei mancherlei interessanter Variabilität die Tommodörfer doch gleich. Sie haben durchaus rechtwinklig angelegte Mauern, hergestellt aus kubischen Luftziegeln, und zeigen mehr oder weniger deutlich erkennbar die typische Konstruktion des Holzbaues. (D. h. im Grundprinzip neun vertikale Tragstützen, drei horizontale Tragbalken darauf, quer dazu eine Knüppeldecke, die mit Erde beworfen ist.) Je weiter wir nach Süden kommen, desto deutlicher und betonter erscheint die Holzkonstruktion, und wir werden sehen, wie das Überwiegen der Holzkonstruktion gegenüber dem Mauerwerk im südlichen Grenzgebiet nach Uahiguja hin fast einen neuen Stil gezeitigt hat. Demgegenüber fällt nach Nordwesten hin eine Annäherung an den Djennestil, an die Mauerbetonung auf. D. h. die horizontalen Dachbalken werden nicht auf Holzsäulen, sondern auf die Mauern gelegt, so daß diese zu konstruktiven Elementen werden. Ja, ich habe sogar Häuser gesehen, denen auch die tragenden Holzquerbalken fehlten und bei denen die Zimmer nicht tiefer waren, als es das deckenbildende Knüppelholz erlaubte, d. h. die Knüppeldecke lag direkt auf der Mauer. Zwei mit der Längsachse nebeneinander liegende Zimmer bildeten dann ein Haus. Solche Häuser erinnern dann vollkommen an den Timbuktustil. Aber das fällt mehr nach Nordwesten hin auf, und zumal der Stockwerkbau von Kori-Kori erleuchtete klar die Beziehungsgruppe dieser Entwicklungsgruppe.

Im allgemeinen ist der Tommobau ein Bammanastil. Das überwiegende



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Element bleibt das Holzgalgenwerk. Wir fanden in allen Tommoortschaften die "Galla" der Bammana, die auf dem Prinzip der neun Holzbalken und der drei Querbalken basierende Dorf empore. Sie heißt Sauro. Ich vermerke nun zunächst den großen Unterschied zwischen der Galla der Zentralmande und des Sauro der Tommo: Die Galla der Zentralmande ist eine Tribüne, auf der man im allgemeinen sitzt. Die Sauro der Tommo ist eine Halle, unter der man liegt. Dem entsprechend ist bei den Mande mehr die Tragfähigkeit der Decke durch Verwendung dicker Deckenbalken, bei den Tommo dagegen die Regensicherheit durch Aufschichtung regelmäßig gelagerter Massen von Sorghumstroh durchgeführt. Das Stroh liegt oft meterhoch.

In den Felsorten, in denen Holz natürlich selten ist, Steine aber überall in guten, passenden Formen zu finden sind, werden die Tragsäulen aus Steinen gebildet, entweder durch mehrere aufeinandergesetzte Blöcke oder aber durch Aufrichtung eines einzelnen, gerade passenden Blockes, einer Natursteinsäule. Solche Säulen findet man häufig als letzte Reste alter zerfallener Sauro. Man erkennt sie sehr leicht als solche, denn die Gebirgsmenschen pflegen auch den Boden mit natürlichen Fliesen (Felsplatten) zu belegen.

Die interessanteste Entwicklung dieses Bauwesens sah ich südlich resp. südöstlich von Bankassi. Hier waren nämlich die Holzkonstruktionen niedriger, aber im Raum weit ausgedehnter. Ich sah bis 9 X 7 Stützsäulen. Das Knüppeldecken-Dachlager war mit, Erde beworfen. Die Eingeborenen hatten nun keinerlei Wohnstatt oder Wohngebäude als diese Sauro und somit war innen hinein das Gemäuer, und zwar je nach Bedürfnis gebaut. Einige hatten nur Sekkomatten hineingebunden und so Wände hergestellt. Andere hatten aus Luftziegeln raumabtrennende Mäuerchen errichtet. Aber Mauer- und Sekkowände reichten meist nicht einmal bis zur Decke.

Ich glaube deutlicher als aus dieser Stilvariante kann man die große Bedeutung des alten Holzbaues nicht erkennen. Es ist eine absolute Schwestererscheinung zu jenen Mattenhäusern, die ich in Timbuktu wieder entdeckt habe, und die auch nichts anderes darstellen, als den aus dreimal drei Holzsäulen und drei Tragbalken hergestellten Bau, der das Grundelement der Bammanabauten ist.

Einige Rundhütten sieht man in Dogo und sonst am Abhange der Feiskante. Sie sind ein Zeichen der Mossieinmischung. Die noch feuchtbiegsamen Luftziegel sind, wie seinerzeit schon in den Mandeländern beobachtet, schräg geschichtet, so daß der Eindruck der Sekkoflechtweise hervorgerufen wird.

Sehr interessant sind die Speicher der Tommo, viereckige, auf Holzboden, die durch Steinhaufen gestützt werden. Die Decke ist



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•ein mit Erde beworfenes Knüppellager. Über dieser Decke ist aber durch Aufwölbung (in Wulstform wie bei den Töpfen) eine Wölbung geschaffen, die innerlich durch nichts gestützt ist. Er ist wie der Deckel einer großen Kornurne. Um diese etwas dünn gewölbte Überdecke zu stützen, ist noch eine Strohkappe, wie bei den Malinkehäusern, natürlich in Stroh, darüber gedeckt. Ich sah solche Kornspeicher von 91/2 m Höhe, die zwei Etagen enthielten. Es sind die Nachkommen der Speicherburgen der Berber.


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1. Der Stammherr (Togolegende)

Der Ahnherr Ogoduma der Togo kam mit siebzig Söhnen aus D dem Lande Mande. Alle diese Söhne hatten jeder eine andere Mutter, aber alle den gleichen Vater. Weil sie nun alle verschiedene Mütter hatten, nennt man sie heute alle Bagi. Ogoduma liebte nun die junge Frau, die ihm den letzten Sohn geschenkt hatte, ganz und gar nicht und konnte deren Sohn nicht ausstehen.

Eines Tages ließ Ogoduma vielen und sehr guten Honigwein herstellen und verkündete die Veranstaltung eines großen Festes und einer allgemeinen Zusammenkunft. Alle Söhne Ogodumas sollten kommen. Der jüngste Bagi sagte zu seinem Gab (oder Galob): "Was soll ich machen. Ich mag meinen Vater nicht leiden. Wie kann ich nun so meinem Vater unter die Augen kommen? Gib du mir einen Rat!" Der Gab sagte: "Ich rate dir, geh in den Busch. Du bist ein besserer Jäger als alle deine Brüder. Erlege ein seltenes Stück Wild und bringe es deinem Vater mit." Der jüngste Bagi sagte: "Ja, so will ich es tun."

Der jüngste Bagi machte sich auf. Er nahm seine Waffen und kam in den Busch. Er erlegte auch glücklich eine Njanja (eine Antilope oder Gazelle, die im Fulfulde Njamala, im Mali [kanu] Mangarni heißt), das ist das am schwierigsten zu erlegende Wild, weil es so außerordentlich flüchtig ist. Die Habbe schätzen das Fleisch nicht so sonderlich, aber sie achten den Schwanz der Gazelle als ganz besonders wertvoll (anscheinend wegen gewisser Zauberkräfte, die man dieser Gazelle zuschreibt). Der jüngste Bagi zerlegte mit seinem Gab schnell die Njanja und sagte: "Nun wollen wir sogleich zurückkehren." Sie machten sich sogleich auf den Heimweg. Als sie an die Nähe des Dorfes gekommen waren, sagte der jüngste Bagi: "Mein Gab, nun geh voran und hole deine Trommel. Wenn du wieder hier bist, wollen wir zu dem Feste meines Vaters Einzug halten." Der Gab ging in die Ortschaft und holte seine Trommel. Er kam wieder. Sie gingen in das Dorf. Sie trugen das Fleisch. Der Gab trug den Schwanz der Njanja.

Als sie auf den großen Platz kamen, saßen alle Leute rund herum, Ogoduma und alle siebzig Bagi bis auf den Jüngsten. Einige riefen: "Was kommt da?" Andere riefen: "Wer kommt da?" Einige spotteten, einige lachten. Einige aber sagten: "Er hat eine Njanja erlegt." Der jüngste Bagi ging auf seinen Vater Ogoduma zu und



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sagte: "Du liebst meine Mutter nicht, und du liebst mich nicht. Du hast siebzig Söhne, welche alle Bagi sind. Ich bin der Jüngste. Sage mir aber, wer von alle den anderen neunundsechzig Bagi das kann, was ich hier erzielt habe."

Der jüngste Bagi legte das Fleisch und den Schwanz der Njanja vor seinem Vater nieder. Heute noch gilt der, der solches Wild herbeibringt, als ein besonderer Mann. Damals wurde er noch mehr verehrt. Als Ogoduma das sah, sagte er zu seinen Söhnen: "Dies ist der letzte meiner Söhne. Ihr seid siebzig. Aber solange wir hier sind, hat noch keiner von euch das vermocht, was der Kleine konnte. Bis dahin wart ihr die Ältesten. Von nun an soll er aber der Älteste sein." Als die anderen neunundsechzig Bagi das hörten, waren sie außerordentlich zornig. Sie sagten: "Was der kann, können wir auch. Wir wollen das zeigen."

Alle neunundsechzig Bagi holten ihre Waffen und gingen in den Busch, um eine Njanja zu erlegen. Der eine jagte vierzehn Tage, der andere vier Wochen, der dritte noch länger. Aber keinem glückte es, eine Njanja zur Strecke zu liefern. Einige kehrten beschämt heim. Einige gingen in das Senugebiet. Die meisten schämten sich zu sehr, ihrem Vater wieder unter die Augen zu treten. So verteilten sich die Bagi als Stammväter im Lande.

Keiner ward so geachtet, wie die Nachkommen des jüngsten Bagi. Auch bis heute stammen alle vornehmsten Togo von dem jüngsten Bagi ab.


2. Der schwarze Hund (Togolegende)

Ein Bagi war einmal auf dem Kriegszuge in Massina. Die Kolonne war schon lange umhergezogen. Die Leute hatten kein Wasser gefunden und waren nahe dem Verdursten. Der Bagi hatte einen schwarzen Hund bei sich. Eines Tages lief der Hund fort. Nachher kam er wieder angelaufen. Er war ganz naß. Ein Mann der Bagi sagte: "Wie ist der Hund dazu gekommen?" Ein anderer sagte: "Er muß Wasser gefunden und sich darin sogar gebadet haben." Der Bagi sagte zu seinem Sohne: "Folge du dem Hunde und sieh, wohin er läuft. Dann komme wieder! Ich bin selbst zu müde, um noch viel laufen zu können."

Der Hund lief fort, und der junge Mann ging hinterher. Der Hund lief nahe zu dem Dorfe Gamba-Boli (im Lande Pignari). Es war da ein felsiger Berg, von dem floß Wasser herab. Der schwarze



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Hund lief an das Wasser, badete sich darin und trank. Als der Bursche das sah, war er froh, nahm von dem Wasser und machte sich auf den Rückweg. Er sah aber, daß oben auf dem Berge über dem Wasser ein kleines Dorf war. Der junge Mann kam in das Lager seines Vaters zurück. Der Bagi fragte ihn: "Hast du Wasser gesehen?" Der Bursche sagte: "Ja, ich habe Wasser gefunden. Es ist bei einem Dorfe." Der Bagi fragte: "Ist das Dorf groß oder klein?" Der Bursche sagte: "Es ist nur ein kleines Dorf." Der Vater sagte: "So geh voran, mein Sohn, und zeige uns das Wasser."

Die Kolonne des Bagi machte sich auf den Weg. Der Bursche führte sie dahin, wo das Wasser herabfiel. Es war gerade eine Frau aus dem Dorfe Gamba-Boli da, die wollte Wasser schöpfen. Als sie die fremde Kolonne herankommen sah, lief sie zurück und meldete dem Dorfchef, was sie gesehen hatte. Sie sagte: "Es kommt eine Truppe von Fremden an unser Wasser." Der Häuptling sagte: "Sie mögen kommen. Wenn sie in Frieden kommen, sind sie willkommen. Wenn sie mit uns Krieg führen wollen, werden wir sie empfangen." Dann sandte er einen Boten, der sollte die Fremden empfangen und befragen.

Der Bote kam zu dem Bagi und fragte ihn: "Kommt ihr mit Krieg oder in Frieden?" Der Bagi antwortete: "Wir sind allzu ermattet, um auch noch Krieg führen zu wollen." Der Bote sagte: "Wer hat euch denn den Weg zu dem Wasser gezeigt?" Der Bagi sagte: "Der schwarze Hund, der bei uns ist, lief zu dem Wasser, badete sich und kam naß zurück. Dann folgten wir ihm." Der Bote führte die Fremden in das Dorf.

Der Bagi ward mit seiner Truppe in dem Dorfe ausgezeichnet aufgenommen. Es waren aber einige unter den Bewohnern, die sagten: "Wir wollen die Fremden nicht länger als drei Tage bei uns behalten, sonst reicht das Wasser nicht lange genug." Andere meinten: "Das Wasser wird wohl nur zwei Tage für die Fremden reichen." Nachher blieben sie aber länger als acht Tage und auch das machte dem Wasserreichtum nichts.

Wer an dem Wasser schöpfen und trinken will, muß jedes Schmuckstück aus Bronze (= Membang) ablegen. Das ist für das Wasser Tannä. Die Hunde sind nicht Tannä, aber die schwarzen Hunde sind seit jener Zeit besonders beliebt.



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3. Wie sie nach Kani-Bonso kamen (Togolegende)

Als der erste Bagi der Ganna und des großen Königs Halle-Sogole (oder Allen Sogole) schon lange im Lande Tibirri saßen, kamen die Togo nach Kani-Goguna, und sie führten mit den Songhöi von Kani-Goguna Krieg. Es ging aber dabei den Togo recht schlecht, denn sie hatten so gut wie nichts zu essen, und deshalb machten sich die Songhöi über sie lustig. Die Songhöi riefen: "Greift nur an, wir werden euch schon verjagen. Wir werden mit Pferdemist nach euch werfen." Wenn dann die Togo angriffen, so warfen sie mit Hirsebrei und Reisklößen nach den Togo. Die Hirseund Reisklöße nannten sie spöttisch "Pferdemist". Wenn dieser herabgeworfene "Pferdemist" unten ankam, so stürzten sich die Togo darauf und begannen in großer Hast zu essen, bis sie zuletzt den Angriff zum Gespött der Songhöi aufgaben.

Zuletzt sagten die Togo: "Das geht nicht so weiter. Wir wollen ernstlich etwas unternehmen. Im Lande Tibirri wohnten die Ganna. Wir wollen zu den Ganna senden und sie bitten, uns zu helfen." Sie sandten zu den Ganna. Der Fürst der Ganna ließ sagen: "Ich werde kommen." Bald darauf kam er. Er hatte Bogen und Pfeile bei sich. Er trug die Pfeile aber nicht in einem Köcher über der Schulter, dazu war er zu groß. Er zog ihn (wie einen Schlitten) am Boden hinter sich her.

Der Gannakönig nahm einen Pfeil heraus und legte ihn auf die Sehne. Da rief ein Togo: "Er wird doch nicht etwa die Songhöi totschießen wollen? Dann würden sie uns ja keinen Pferdemist mehr herunterwerfen, und wir hätten nichts mehr zu essen." Andere Togo sagten: "Das ist wahr." Der König der Ganna aber sagte: "Ja, wenn ich nicht für euch kämpfen soll, —weshalb habt ihr mich denn überhaupt kommen lassen?" Ein alter Togo sagte: "Das ist richtig. Man soll nicht so reden. Wenn wir hier diesen Pferdemist nicht mehr finden, bauen wir uns eben an und haben eigene Frucht." Der Gannakönig sagte: "Ich schieße jetzt."

Der Gannakönig legte den Pfeil auf und schoß. Mit einem Schusse traf er zwanzig Mann. Er legte einen neuen Pfeil auf. Dann bekamen die Songhöi Angst und flohen. Sie flohen nach dem Norden in einen Ort, den sie auch Kam nannten. Das heutige Kani der Songhöi-Uassabari nennt man Kani-Goguna im Gegensatze zu dem Kani-Bonso im Süden. — So kamen die Togo in jenes Land.



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4. Krieg derer von Kant und Emme (Togolegende)

Sowohl in Kani Bonso (oder Boso) wie in Emme waren in früherer Zeit Togo, die aus derselben Familie stammten. Emme war damals eine bedeutende Ortschaft, heute aber ist es ein kleiner Flecken, und der Grund ist ein Krieg, den die beiden Bruderstämme der Togo von Kani und Emme miteinander führten. Und dieser Krieg war für die Togo von Kani zunächst sehr unglücklich, denn bei den Leuten von Emme war ein sehr tapferer und angesehener Recke (dessen Name mein Berichterstatter leider vergessen hat).

Damals kannte man noch keine Flinten, und die Emmeleute verwendeten auch nicht Bogen und Pfeile. Die Emmeleute pflegten in große Kalebassen ein kleines Loch zu schneiden und die leeren Gefäße in den Bäumen aufzuhängen. Dann schlüpften Bienen hinein, bauten sich darin an und füllten mit ihrem Baue derart zuletzt den Raum an. Waren die Kalebassen mit Bienennestern gefüllt, so nahmen die Emmeleute sie von den Bäumen herab und auf die Schultern und zogen damit den Kanileuten zum Kampfe entgegen. Standen sie denen nun gegenüber, so schleuderten sie die Bienenkalebassen unter die Feinde. Die Gefäßte zersprangen dann, eine Unmasse von Bienen kam heraus und fiel über die Kanileute her. Und während sie sich dann mit Umsichschlagen und Herumspringen vor den Stichen der gereizten Tiere zu wehren suchten, fielen die Emmekrieger über sie her und töteten ihrer viele mit Messern und Steinen. Dabei zeichnete sich jener eine Emmeheld ganz besonders aus, und so kam es, daß die Kanileute den Emmemännern gegenüber immer im Nachteil waren.

In Kani war ein unverheiratetes Mädchen. Das überlegte eines Tages, wie wohl die Kanileute den Vorteil erringen könnten. Sie ging zu den Kanimännern und fragte: "Ist denn kein besonders Tapferer unter den Emmeleuten ?" Die Männer sagten: "Gewiß ist da ein solcher Mann." Sie nannten den Namen des hervorragenden Helden. Darauf kleidete sich das Mädchen ganz besonders schön und machte sich auf den Weg nach Emme.

Als sie nach Emme kam, sagten einige Männer: "Komm doch mit zu uns." Andere sagten: "Nimm doch das Abendessen bei uns ein." Das Mädchen aber antwortete: "Nein, ich will den einen Mann nur besuchen." Und sie nannte den Namen des so hervorragenden Recken. Es war auch der Galobo (Galo-bo = Gab oder



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Dialli) des hervorragenden Recken auf dem Platze. Der sagte zu ihr: "Komm, dieser hervorragende Recke ist mein Herr, ich will dich zu ihm führen." Sie ging mit ihm.

Als der Galobo das Mädchen seinem Herrn zeigte, sagte er zu ihm: "Hier bringe ich ein fremdes Mädchen. Es war auf dem Markte. Alle Leute luden sie zu sich ein. Sie verlangte aber nur danach, dich kennen zu lernen." Der hervorragende Recke fragte das Mädchen: "Woher kommst du?" Das Mädchen sagte: "Ich komme aus Kani." Dann ließ der hervorragende Recke einen Hammel schlachten und gute Gerichte bereiten und setzte sie ihr vor. Er plauderte den Abend über mit ihr. Dann sagte das Mädchen: "So, nun will ich wieder heimkehren." Der hervorragende Recke sagte: "Willst du nicht wiederkommen? Ich würde dich so gerne heiraten." Das Mädchen sagte: "Gut, so will ich in einigen Tagen wiederkommen und dann können wir uns heiraten." Das Mädchen brach auf und ging nach Kani zurück.

Nach einigen Tagen machte sich das Mädchen wieder auf und ging diesmal mit ihrer Galobofrau zusammen nach Emme. Dort heiratete sie den hervorragenden Recken. Am Tage, nachdem sie den hervorragenden Recken geheiratet hatte, sagte sie zu ihrem Manne: "Gibt es hier denn nicht von der roten, kleinen Hirse?" Der Mann sagte: "Gewiß haben wir die." Die junge Frau sagte: "So laß mir davon bringen, damit ich daraus ein gutes Bier braue." Der hervorragende Recke ließ das rote kleine Korn bringen. Die Frau bereitete ein ausgezeichnetes Bier darauf. Dann sagte sie: "Nun lade alle hervorragenden Männer von Emme zu einem Trunke ein, denn das Bier ist gut und stark geworden." Der Mann tat es.

Alle ausgezeichneten Männer Emmes kamen zusammen, um das treffliche Bier zu trinken. Sie tranken. Das Bier, das aus diesem roten Korn gebraut wird, ist ganz besonders stark, berauscht schnell und raubt den Männern dann bald das Bewußtsein. (Deshalb ist es z. B. bei den Malinke verboten.) Die Männer waren bald vollkommen betrunken und lagen wie tot umher.

Als die Frau das sah, nahm sie ihr Meung (das ist die lange, an beiden Enden zugespitzte Walze aus Eisen, mit der die Baumwolle entkernt wird). Sie steckte es mit einem Ende in das Ohr ihres Mannes, schlug auf das andere mit einem Stein und trieb es so in den Kopf des Betrunkenen. Er starb sofort, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Darauf zog sie ihr Meung heraus und



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trieb es in den Kopf eines zweiten. So tötete sie hintereinander die fünfundzwanzig tapfersten aller Männer in Emme. Dann sagte sie zu ihrer Galobofrau: "Nun komm mit mir."

Sie nahm ihr Meung und ging nach Kani zurück. Als sie in der Nähe ihrer Stadt angekommen war, sandte sie ihre Galobofrau zu ihrem Vater und ließ ihm sagen: "Kommt mit Trommeln mir entgegen, denn ich habe euch etwas ganz Besonderes zu sagen." Der Vater kam mit Trommeln. Die junge Frau zeigte ihm ihr Meung und sagte: "Tanzt für mich nicht den Tanz, den man Frauen darbringt, sondern den, mit dem man Männer begrüßt. Denn mit diesem Meung habe ich die fünfundzwanzig der tüchtigsten Männer von Emme totgestochen, und vor allem ist mit den anderen der hervorragende Recke getötet." Hierauf entstand unter den Kanileuten große Freude, und sie tanzten alle vor der Frau.

Dann begaben sich die Kanimänner nach Emme. Die Frauen von Emme kamen ihnen aber weit entgegen. Sie hatten ihre Kleidung abgenommen und schwenkten sie über dem Kopf. Sie waren unbekleidet. (Das ist bei allen Mandestämmen das Unterwerfungszeichen.) Die Frauen sagten: "Wir bitten euch um Entschuldigung wegen aller jener Männer, die wir euch im Busch erschlagen haben. Emme ist nun in eurer Hand." So kam die Ortschaft Emme in die Hände der Kanileute, und Emme ist seitdem ein kleiner Flecken.

Bei den Togo von Kani soll es aber bis heute noch Sitte sein, daß den gestorbenen Frauen ein Meung oder gar eine Trommel mit ins Grab gegeben wird. Und das ist eine Erinnerung an das, was die eine Frau aus Kani in Emme tat.


5. Der Untergang Njondes (Togolegende)

Die Alten erzählen, im Lande Seno, das südlich von Bandiangara liegt, habe es früher eine außerordentlich starke Stadt gegeben, die hieß Njonde. Njonde war so stark, daß kein Widersacher ihm schaden konnte. Die Fulbe griffen Njonde an, aber sie mußten zuruckweichen. Die Mossi griffen Njonde an, aber sie vermochten die Stadt nicht zu bezwingen. In Njonde waren die Togo (oder Dogong), die aus Mande gekommen und über alle Maßen stark waren. Über die Togo herrschte ihr König Ankeme, der hatte nicht weniger als 700000 Reiter.

Eines Tages hetzte eine Mossifrau auf und sagte: "Die Mossi sind keine Männer mehr. Wenn die Mossi Männer wären, so würden



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sie die Stadt Njonde überwinden. Sie würden Njonde nicht bestehen lassen." Die Mossi sagten: "Was willst du? Wir haben den Krieg mit dieser Stadt versucht und haben ihn nicht gewonnen." Die Frau sagte: "Ihr wißt eben nicht, wie man solche Angelegenheiten anfängt."

Eines Tages machte dann die gleiche Mossifrau sich auf den Weg, begab sich nach Njonde und suchte den König Ankeme auf. Und der König Ankeme heiratete die Frau aus dem Mossilande. Von dem Tage an hob ein reger Verkehr an. Viele Mossifrauen besuchten erst ihre Freundin, welche die Frau des Königs von Njonde geworden war. Dann kamen sie häufiger, lernten die Njondeleute näher kennen, und so blieben viele von ihnen als Frauen der Togo in der Stadt Njonde.

Das war so drei Jahre lang gegangen, und es gab nun sehr viele Mossifrauen in Njonde. Da rief eines Tages die Mossifrau, die den König Ankeme geheiratet hatte, die sämtlichen Frauen aus dem Mossilande, die sich in Njonde zusammengefunden hatten, ein und sagte zu ihnen: "Wißt ihr eigentlich, weshalb ihr alle hier seid?" Die anderen Frauen sagten: "Nein, das wissen wir nicht." Die Frau, die den Njondekönig geheiratet hatte, sagte: "So will ich es euch erklären: Wir wollen es unseren Mossimännern ermöglichen, diese Stadt endlich zu bezwingen. Ich bin nicht zu meinem Vergnügen hier, sondern um etwas Starkes und Großes vorzubereiten, und ihr müßt mir dabei helfen." Die anderen Frauen sagten: "Wir wollen dir helfen." Die Frau, die den König Ankeme geheiratet hatte, sagte: "So müßt ihr folgendes tun: Jede soll ihren Mann um die rote, kleine Hirse bitten und daraus dann zu dem und dem Tage ein starkes und berauschendes Bier (=Nkenge; bei den Mali heißt dieses Bier aus rotem kleinen Korn Kinti) bereiten. Jeder eurer Männer soll an dem Tage alle seine Freunde einladen. Sorgt, daß das Bier so stark ist, daß alle Leute betrunken werden." Die Frauen sagten: "Ja, so wollen wir es machen." Dann gingen alle auseinander.

Alle Mossifrauen, die in Njonde waren, bereiteten für jenen Tag Nkenge. Die Frau, die den König Ankeme geheiratet hatte, sandte eine Botschaft an den König von Mossi, die lautete: "An dem und dem Tage werden alle tüchtigen Männer in Njonde betrunken sein. Sie werden viel Nkenge getrunken und einen Zustand wie die Narren angenommen haben. An dem Tage müßt ihr dann die Stadt angreifen, und ihr werdet keinen Widerstand finden." Der König



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von Mossi ließ antworten: "Ja, ich werde es machen." Der König von Mossi bereitete sogleich sein Heer vor.

Als der Tag gekommen war, hatten alle Frauen Nkenge bereitet. Abends tranken die Männer. Nachher waren alle Togo in Njonde betrunken. Da griff der König von Mossi an. Die betrunkenen Togo benahmen sich wie die Narren. Einige zogen die Hosen aus und schlugen damit wie mit schweren Waffen um sich. Andere benutzten Strohbündel als Bogen. Die Mossi hatten sie schnell überwunden. — Das soll etwa vierhundert Jahre her sein. Fast diese ganze Zeit steht die Stadt leer. Erst seit wenigen Jahren wohnen wieder einige Menschen darin. Seitdem aber trinkt keine Togofamilie des Njondeursprunges mehr dieses gefürchtete Nkenge. Sie trinken nur noch leichte Biere.


6. Die Vernichtung Sokons (Togolegende)

In alten Zeiten war Sokon eine sehr bedeutende Stadt. Sie wurde von den (auch aus Mande gekommenen) Gindo bewohnt. Es war vordem weit und breit die volksreichste und wohlhabendste Ort. schaft in Massina. Sie liegt zwischen Kani-Bonso und Sadia. Heute ist sie so gut wie verlassen. Vordem war sie aber so menschenreich, daß, als man gelegentlich eines großen Festes nur die linkshändige,j Menschen zählte, man die Zahl von siebenhundert Leuten dieser Art fand.

Die Leute waren infolge ihrer Macht und ihrer Wohihabenheit übermütig geworden, und sie sahen mit Verachtung auf alle anderen Ortschaften herab. Sie trieben sich oft im Lande umher, trieben flut den Frauen der anderen Leute Unzucht und wurden überhaupt zu einer Art Landplage.

Eines Tages nun ward das den anderen zu viel. Die Bewohner der im weiten Kreise um Sokon liegenden Ortschaften kamen zu- sammen und hielten eine Beratung. Einige Leute sagten: ',Wir wollen Sokon mit Krieg überziehen." Andere Leute sagten: Wie wollen wir das? Das ist nicht möglich. Wir sind alle miteinander nicht stark genug gegenüber dieser gewaltigen Stadt." Die Leute sagten alle: "Ja, das ist wahr." Einige sagten: "Dann wollen wir Stadt mit starken Diandama (Diandama oder Diadama sind Zaubermittel und entsprechen den Toru der Fulbe und Baschi der Bam- mana; auch wird versichert, daß Diadama das Haus der Zaubermittel sei) zerstören." Die anderen sagten: "Ja, das ist gut. Wir



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wollen einen mächtigen Diandama-banga (Banga =Inhaber, Besitzer, Ausübender usw.) aufsuchen."

In der Gegend liegt das kleine unbedeutende Dorf Keru, eine Ortschaft der Togo. Darin wohnte ein zauberkräftiger Diandamabanga. An den wandten sich die Leute. Sie fragten ihn: "Kannst du uns ein starkes Diandama geben, das die wollüstigen Männer von Sokon vernichtet?" Der Diandama-banga sagte: "Ja, das kann ich. Ich bin bereit, ein solches Diandama herzustellen. Ich werde es in einem Wasser als Flüssigkeit herstellen. Aber damit, daß ich das herstelle, ist es nicht gemacht. Ein Mann muß den Topf mit dem Diandamawasser von Keru bis Sokon tragen. Er darf nicht ein einziges Mal ausruhend den Topf an die Erde stellen. Er darf auf dem Wege nichts sagen, sondern er muß den Topf mit dem Diandamawasser schweigend von hier bis Sokon tragen und ihn dort in der Stadt hinwerfen. —Dann muß er dreimal schreien. —Findet sich unter euch kein Mann, der das vermag, so nützt das Diandama, das ich herstellen will, nichts." Es war unter den Leuten ein Mann, der sagte: "Ich bin bereit, das zu tun. Ich will den Topf mit dem Diandamawasser schweigend und ohne ihn zu Boden zu setzen, von hier nach Sokon tragen und will ihn dort auf den Boden werfen und dreimal schreien. Ich will es in der Nacht tun." Der Diandama-banga sagte: "Es ist gut. Dann kann man es machen."

Der Diandama-banga stellte die Flüssigkeit her. Er füllte das Zaubermittel in einen großen Topf. Ein Mann nahm den Topf mit dem Diandamawasser auf und trug ihn in der Nacht von Keru bis nach Sokon. Er trug ihn ununterbrochen. Er setzte ihn nicht ein einziges Mal zu Boden. Er sprach unterwegs kein Wort. So kam er nach Sokon. In Sokon schlief alles, denn es war in dunkler Nacht. Der Mann ging bis auf den großen Platz, wo eine große Sauru (= Galla in der Bammanasprache) war. Dort warf er den Topf zu Boden. Er zersprang in viele Scherben, und das Diandamawasser floß auf dem Boden weit auseinander. Dann schrie er dreimal und lief, so schnell er konnte, wieder in der Richtung auf Keru von dannen.

Als der Mann schrie, wachten die Leute auf. Sie zündeten Fackeln an und kamen auf den Platz. Auf dem Platze sahen sie die Topfscherben und das ausgespritzte Wasser. Ein Mann sagte: "Was ist das?" Einer sagte: "Ach, es hat nur einer einen Topf mit Wasser fallen lassen. Es hat nichts auf sich." Ein anderer sagte: "Das ist nicht wahr. Das ist ein Diandama, das uns bereitet ist. Laßt uns



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sehen, ob wir nicht den Mann fangen können." Die Männer liefen hinterher, sie vermochten ihn aber nicht mehr zu erreichen. Denn der Mann lief sehr schnell. Als die Eingeborenen von Sokon nun derart mit den flammenden Fackeln durch die Straßen rannten, fingen einige Speicherdächer Feuer. Das Feuer griff sehr schnell uni sich. Bald brannte die ganze Stadt. Es verbrannten iooooo Menschen, und das ganze war zuletzt eine große Ruine. Es war der Diandama der Keruleute, welcher die Stadt und die wollüstige Bevölkerung vernichtet hatte.

Das Togodorf Keru besteht heute noch. Auch ist darin heute ein großes Diandamahaus, in dem Diandama gegen Männer hergestellt werden, die die Frauen anderer vernichten. Wenn man zu Pferde in das Dorf reitet und in die Nähe dieses Diandamahauses kommt, muß man absteigen, denn das verlangt der Diandama.


7. Die Gimminifrau (Togolegende)

Ein Hogon in Kani-Bonso hatte einen Sohn, der war arm und hatte nichts als ein gutes Land. Der junge Togomann und Hogonsohn heiratete ein Gindomädchen aus Gimmini, die hieß Tando Gindo. Eines Tages begann die Regenzeit. Die Frau Tando fragte ihren Mann: "Hast du Korn zum säen?" Der Togomann sagte: "Nein, ich habe kein Saatkorn." Die Frau Tando sagte: "Dann will ich zu meinem Vater in Gimmini gehen und ihn bitten, daß er mir Saatkorn gebe." Der Mann sagte: "Gut, wenn du willst, so tue das." Die Frau ging heim und sagte zu ihrem Vater: "Mein Mann ist arm. Er hat einen guten Ackerboden unten im Tal, aber er hat kein Saatkorn. Willst du uns etwas Saatkorn geben?" Der Vater sagte: "Gewiß, ich tue es gern." Er gab, was nötig war, dann ging Frau Tando nach dem Togoorte Kani-Bonso zurück.

Am Tage, nachdem Tando zurückgekommen war, fiel Regen. Da säte der arme Togomann das Korn aus Gimmini. Die Saat ging auf, die Saat wuchs, denn der Ackerboden war sehr gut. Als das Korn kniehoch war, sagte die Frau zu ihrem Manne: "Sieh da herab auf unseren Acker (das Dorf liegt auf der Berghöhe). Sieh unser Korn. Das ist nicht das Korn der Togoleute in Kani, das ist das Korn der Gindo in Gimmini." Der Mann sagte nichts. Am andern Tage rief die Frau ihren Mann wieder, dann sagte sie dasselbe. Sie sagte es ihm nun alle Tage. Eines Tages rief die Gindofrau alle Togofrauen, von Kani zusammen, zeigte auf den Acker ihres Mannes herab und



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sagte: "Seht unser Korn da unten. Das ist nicht das Korn der Togoleute in Kani, das ist das Korn meines Vaters, der ein Gindo in Gimmini ist. Seht, so schön ist euer Korn nicht." Die Frauen sagten: "Ja, das Korn ist schön." Der Mann Tandos hörte es. Er sagte nichts. Er hörte das alle Tage, bis das Korn reif zur Ernte war. Aber er sagte nichts dazu.

Das Korn wurde reif. Der Mann rief seine Frau und sagte: "Sieh da unten herab. Das Korn ist reif, man kann es ernten." Die Frau Tando sagte: "Ja, das ist schönes Korn, das ist das Korn der Gindo in Gimmini - es ist anders als das Korn der Togo in Kani." Der Mann sagte nichts. Am anderen Tage schnitten sie das Korn. Die Frau sagte dann: "Das ist das Gindokorn meines Vaters." Der Mann sagte: "Wir wollen heimgehen, morgen werden alle Leute ihr Korn in die Speicher nehmen." Sie gingen nach Hause. Am anderen Morgen ging der Mann vor allen anderen Leuten Kanis auf den Acker ins Tal hinab - und sammelte all sein Korn zusammen. Er errichtete einen tüchtigen Kornhaufen daraus, zündete ihn an und brannte ihn ab. Das ganze Korn seines Ackers verbrannte.

Nach einiger Zeit kam auch Tando herab. Sie sah nach dem Korne. Sie sah nur den Aschenhaufen. Sie sah, daß alles Korn verbrannt war. Sie begann zu weinen und schrie: "Wer hat das Korn verbrannt?" Der Mann sagte: "Das habe ich getan. Und du weißt nicht, weshalb ich das tat?" Die Frau sagte: "Nein, das weiß ich nicht." Der Mann sagte: "Ich tat es, weil du die ganze Zeit hindurch zu mir und allen Frauen gesagt hast, das wäre Korn der Gindo aus Gimmini. Das wäre anderes Korn als das Korn der Togo von Kani-Bonso. Nun nimm das Korn und trage es, wie es ist (die Asche) dahin zurück, wo es herkam. Ich brauche weder das Korn noch dich. Ich habe mich sehr geschämt."

Der Vater des Mannes, der Hogon von Kani-Bonso, rief seinen Sohn zu sich und sagte: "Du hast dein Korn verbrannt. Deine Frau ist weinend fortgelaufen. Weshalb hast du das getan?" Der Mann Tandos sagte: "Ich hatte kein Saatkorn. Meine Frau Tando lieh solches von ihrem Vater in Gimmini. Als es aufging, sagte sie zu mir und allen Frauen Kanis, daß nur das Korn der Gindo in Gimmmi so schön sei, daß kein Togokorn der Kanileute so schön sei. Sie sagte es mir und den anderen Leuten alle Tage. Ich habe mich sehr geschämt und konnte es nicht anders machen, als wie ich tat." Der Hogon sagte: "Es ist gut."



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Dann rief der alte Hogon alle alten und jungen Männer Kani-Bonsos zusammen. Er setzte ein Wassergefäß auf und ließ sie bei dem Trunke schwören, dafür einzustehen, daß kein Togomann aus Kani-Bonso wieder eine Gindofrau aus Gimmini heirate. Die sämtlichen Leute schworen es. So blieb es auch. Etwa sechshundert Jahre lang hat kein Togo aus Kam eine Gindo aus Gimmini geheiratet. Erst seit wenigen (die Redewendung sagt drei Jahren) ist es wieder erlaubt und ein Verkehr angeknüpft.


8. Der Raub der Gindofrau (Togolegende)

In Kani-Bonso kam es einmal zu einer großen und schweren 1 Sache. Ein Togomann aus Kani-Bonso kam eines Tages auf einer Wanderschaft nach dem Lande Dakol (nordöstlich von Bandiangara), und zwar in das Dorf Tesili, in dem Gindo wohnen. Da machte er die Bekanntschaft einer Frau, schloß Freundschaft und ein Verhältnis mit ihr. Er blieb einige Zeit bei ihr, und dann entführte er sie eines Tages heimlich nach Kani-Bonso.

Die Gindo von Tesili merkten das und setzten hinter dem Frauenräuber her. Sie vermochten ihn aber nicht einzuholen. Er erreichte vor ihnen Kani-Bonso. Als die Gindo vor der Stadt hinter dem Flüchtling ankamen, sagten sie zu den Togo: "Ihr seid Togo und wir sind Gindo. Aber wir sind beide aus Mande gekommen und darum Brüder. Rührt nicht einen schlechten Brei. Gebt die Frau heraus, die ein Togo in Tesili geraubt hat. Es gibt sonst eine böse Sache." Die Togo von Tesili sagten: "Nein, das tun wir nicht." Die Gindo sagten: "So seid doch nicht töricht. Ihr zwingt uns ja, ein Gleiches zu tun." Die Kanileute sagten: "Wir tun es nicht. Wir behalten die Frau." Die Tesili sagten: "Ganz wie ihr wollt." Sie kehrten nach Hause zurück.

Dicht bei Tesili liegt ein großer Marktflecken, der heißt Ibi. In Ibi war eines Tages wieder ein großer Markt, und auf dem Markt waren auch drei Togo aus Kani. Als die Gindomänner aus Tesili das wahrnahmen, taten sie sich zusammen, fielen über die drei Togo her, fesselten sie und nahmen sie als Gefangene mit nach ihrem Orte. Darauf sandten sie eine Botschaft nach Kani und ließen sagen: "Wir haben drei eurer Männer gefangen. Wenn ihr jetzt nicht die bei uns geraubte Frau herausgebt, so werden wir eure Männer als Frauen verheiraten und als Frauen behandeln." Der



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Frauenräuber und seine Familie sagten: "Macht, was ihr wollt, — die Frau geben wir nicht heraus." Die Boten der Gindo kehrten zurück und sagten: "Wie ihr wollt."

Darauf entstand aber nun unter den Togofamilien in Kani-Bonso Streit. Die Familien, deren Mitglieder in Tesili gefangen waren, sagten zur Familie des Frauenräubers: "Das haben wir nun davon. Ist uns eine Frau der Gindo wertvoller, oder sind uns drei Togomänner aus unserer Stadt lieber? Gebt die Frau heraus, damit wir unsere drei Brüder zurückerhalten." Die Familie des Frauenräubers sagte: "Nein, ihr könnt machen, was ihr wollt. Wir geben diese Frau nicht wieder heraus, ihr müßt uns denn totschlagen." Die Familien der Beraubten boten alles mögliche, aber die Familie des Frauenräubers ließ sich auf nichts ein. Sie schlug alle Angebote aus.

Die Familie des Frauenräubers war aber unter den Togo von Kani-Bonso viel angesehener als die der Beraubten. Also konnten sie in Kani selbst nichts erreichen. Sie verließen aber im Zorne die Stadt, und ein Teil zog zu den Mossi, ein Teil nach Djellgodji (in der Richtung auf Don zu). Sie wandten sich an die Leute von Djellgodji und Mossi und baten sie um Hilfe gegen die Familie des Frauenräubers in Kani-Bonso. Die Leute waren einverstanden, und so kamen die Angehörigen der Beraubten mit Truppenmacht von Mossi und Djellgodji. Sie sandten die Botschaft nach Kani voraus: "Wenn ihr jetzt nicht die Frau herausgebt, werden wir euch überfallen und euch auseinandertreiben." Die Familie des Frauenräubers antwortete aber: "Nein, wir geben diese Frau nicht heraus."

Da kamen die beraubten Togo mit ihren Bundesgenossen aus Mossi und Djellgodji heran und stürmten ihre eigene Stadt Kani. Die Togofamilie des Frauenräubers ward besiegt. Sie floh. Bei Kani-Bonso ist im Berge eine mächtige Kommi-ngara (Kommi = höhle, ngara = gross; entspricht dem Fangfang der Malinke). In diese Höhle floh die Familie des Frauenräubers. Die Eroberer und ihre Bundesgenossen aber schleppten aus Kani alle Strohdächer heran und schichteten sie vor dem Höhleneingange auf. Dann zündeten sie das an. Darauf kam der größte Teil der Leute, die darin waren, in den Flammen und im Rauche um. Seit damals findet man in dieser Höhle Halsperlen, Topfscherben und derartiges.



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9. Die Gräber in der Kanihöhle (Togolegende)

Von derselben Kommi-ngara, in der seinerzeit die Familie des Frauenräubers von Kani-Bonso umkam, wissen die Togo noch mehr zu erzählen.

Als die Togo in Kani-Bonso ankamen, sahen sie diese große Höhle. Sie gingen hinein und betrachteten sie. Sie gefiel einem der Männer so gut, daß er, als er zurückkehrte, sagte: "Ich liebe diese Höhle so sehr, daß ihr mich gleich darin begraben sollt." Die anderen Togo überlegten es und sagten dann: "Es ist gut, wir wollen es tun. Schlachte uns aber erst einen Ochsen. In dessen Haut wollen wir dich einnähen und begraben, wie du es willst." Der Mann sagte: "Wie ihr wollt."

Der Mann kaufte einen Ochsen. Man schlachtete ihn. Man zerlegte ihn. Man verteilte das Fleisch. Alle Leute erhielten einen Anteil. Dann aßen sie. Als der Ochse gegessen war, sagte der Mann: "Ihr habt mir eine Bedingung gesagt, habt aber vergessen, mich zu fragen, ob ich bei Erfüllung derselben nicht auch noch eine Forderung habe. Nun habt ihr meinen Ochsen gegessen und ich sage euch, daß, wenn ihr nicht nach meinem Willen tut, ich von jedem von euch meinen Ochsen bezahlt haben will. Ich will nun, daß nicht nur ich in dieser Höhle begraben werde, sondern daß in Zukunft alle Alten, die im Togoort Kani-Bonso sterben, auch darin und neben mir bestattet werden. Und ich fordere das für alle Zeit. Damit ist es fertig."

Die Togo von Kani verfuhren nach dem Willen. Und heute noch werden alle Alten in dieser Höhle beigesetzt, Männer und Frauen gleichermaßen. Und wenn ein alter Kanimann oder eine alte Kanifrau auch noch so weit entfernt von Kani-Bonso stirbt, so schlachtet man doch einen Ochsen, näht den Toten in diese Ochsenhaut ein und trägt ihn nach der großen Höhle von Kani-Bonso und gräbt ihn da ein.* 

* Genau die gleiche Sitte haben die sehr rein erhaltenen und wilden, nicht mohammedanischen Malinke, die in Konkodugu leben. Es sind unvermischte Kuliobaili und Nachkommen des von Sumangru vertriebenen "Bruders Sinjattas" und Konare. Sie nähen ihre Toten auch in Ochsenhäute ein und begraben sie in der Berghöhle, die sehr groß ist und angeblich sechs Ausgänge hat. Dies Land Konkodugu liegt zwischen Kayes und Futa Djallon, und zwar am Nordrande der Beralstütze von Futa Djallon. Die Dörfer liegen auch auf Berghohen. Die Kulloballi dieses Landes essen nicht das Mali (Tannä).


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10. Die Togoamulette der Fulbe (Togolegende)

Als die Togo aus Mande ankamen, begleitete sie ein Fulbe mit Namen Bidan. Dessen Stamm war Boli. (Boli gibt es unter dem Namen Bollaru heute noch in Bakumu. Sie sind daselbst sehr wohlhabend und sehr angesehen, gehören zur roten, reinen, kleinen Fulberasse und haben z. B. den König Amadu Sambunde hervorgebracht.) Dieser Bidan war sehr wohlhabend und hatte viele Söhne. Und diese Söhne blieben mit ihrem Besitze nicht im nördlichen (Tommo-) Gebiet, sondern wanderten nach Süden, nach dem Lande Uassulu, hin, das später von Samori eingenommen wurde.

Dort im Süden waren aber auch Fulbe, und zwar waren die vom Stamme der Bari. Die Boli, die Bidannachkommen, waren wohlhabend und menschenreich. Die Bari waren aber auch reich und mächtig. Es kam zu einem Kriege zwischen den beiden. Aber die Boli wurden in jedem Gefechte geschlagen, so daß es ihnen zuletzt recht schlecht erging, denn die Bari verstanden es, ihnen immer die besten Krieger wegzuschießen.

Die Boli hielten eine Zusammenkunft ab und erwogen, was da zu tun sei. Einer von ihnen sagte: "Unser Urahn Bidan ist seinerzeit zusammen mit den Togo aus Mande eingewandert. Die Togo sind im Habbelande mächtig geworden. Nun können wir doch die Togo fragen, ob sie uns mit Kriegsmacht oder Zaubermitteln helfen wollen." Die anderen sagten: "Das ist ein guter Rat. Das wollen wir tun. Wir wollen eine Botschaft nach Kani-Bonso senden."

Die Boliboten machten sich auf den Weg und kamen nach Kani-Bonso. Sie sagten: "Wir hörten von den Alten, daß unsere Vorfahren, die Vorfahren der Boli und die der Togo gemeinsam aus Mande in dieses Land kamen. Wir Boli sind nun in einer schweren Sache, denn die Bari töten in jedem Kriege unsere besten Männer. Da sind wir nun gekommen, ob ihr uns wohl mit Zaubermitteln oder Kriegsmacht beistehen wollt -denn unsere Vorfahren kamen gemeinsam aus Mande." Die Togo erwogen die Sache.

Die Togo von Kani-Bonso sagten zu den Boli: "Es ist richtig, daß unsere Vorfahren gemeinsam aus Mande kamen. Wir wollen euch deshalb beistehen. Wir haben hier ein starkes Diandama (Zaubermittel), das ist Tu, eine Steinsäule. Die mögt ihr mitnehmen und in euerem Dorfe aufhängen. Dies Diandama wird euch in eueren Kämpfen von großem Nutzen sein. Ihr müßt uns nur einen schwarzen Ochsen geben, den wir den Tu opfern müssen." Die Boli waren



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sehr dankbar. Sie gaben den schwarzen Ochsen und erhielten die Säule Tu und richteten sie in ihrem Dorfe Daga auf.

Dann wandten sich die Boli auch noch an die Togo, die in der Höhle Gono wohnten. Sie sagten dasselbe, was sie den Leuten von Kani-Bonso gesagt hatten. Die Gono-Togo überlegten und sagten dann: "Ja, wir wollen euch helfen. Unsere Väter sind gemeinsam aus Mande gekommen. Wir haben ein wertvolles Diandamawasser und einen Diandamaerdballen namens Loggo. Das sind große und starke Zaubermittel. Den Loggo mit dem Diandamawasser müßt ihr auf die Tusäule stellen, die euch die Togo von Kani-Bonso gegeben haben. Wenn danach einer von euch verwundet wird, muß er schnell nach Hause zurückkehren, muß in irgendeine Speise ein klein wenig von dem Diandamawasser und dem Loggoerdkloß in die Speise tun und das dann verzehren. Sobald er das genossen hat, ist die Wunde geheilt." Die Boli waren sehr dankbar und kehrten in ihr Dorf zurück.

In ihrem Dorfe Daga war nun die Steinsäule Tu errichtet. Darauf stellten sie den Topf mit dem Diandamawasser und dem Loggo. Darauf begannen sie den Krieg mit den Bari von neuem. Wenn nun einer von ihnen verwundet war, eilte er hin, genoß von dem Zaubermittel in irgendeiner Speise und war sogleich geheilt. Die Bari aber verloren viele von ihren besten Leuten, da sie keine solchen Zaubermittel besaßen. Die Boli nahmen den Bari alle Alten und allen ihren Reichtum. Und so wie es damals ward, ist es noch heute. Die Boli sind heute viel mächtiger im Süden als die Bari. Und das verdanken sie den Zaubermitteln der Togo.


11. Die drei Freier (Togolegende)

Tamme, Domböu und Kambeu waren drei gute Kameraden. Tamme war ein Tessuge aus Dimba, Domböu war ein Gindo aus Bankassi. Kambeu war ein Togo aus Kani-Bonso. Sie waren alle drei von verschiedenem Stamme, aber gute Freunde. Ohne daß einer es von dem andern wußte, bewarb sich ein jeder um die Gunst des gleichen Mädchens, das war Jelle. Jeder von ihnen wollte gerne Jelle heiraten, die ein fleißiges Mädchen war und gutes Einkommen versprach.

Wenn Tamme zu Jelle ging, um mit ihr zu plaudern, so brachte er stets einen Korb voll Früchte des Brotfruchtbaumes mit. Wenn Domböu zu Jelle ging, um mit ihr zu plaudern, so brachte er stets



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einen Korb voll Erdnüsse (=äere) mit. Wenn Kambeu zu Jelle ging, so brachte er als Geschenk jedesmal einen Korb voller Kaurimuscheln (= kogo) mit. So suchte ein jeder Jelles Gunst zu erwerben. Und das ging eine gute Weile so.

Eines Tages sagte Jelles Mutter zu ihrer Tochter: "Da sind drei tüchtige Männer, die dir täglich reiche Gaben gebracht haben und die dich alle drei zur Frau haben wollen. Nun wähle dir einen von den Männern. Es scheint, daß jeder von ihnen ein ordentlicher Mann ist." Jelle sagte: "Mutter, ich kann mich nicht entschließen. Wähle du mir doch einen aus." Die Mutter sagte: "Das ist deine eigene Sache. Ich will nicht, daß, wenn ich etwa schlecht wähle, du mir nachher sollst sagen können: Ich hätte dir einen schlechten Gatten gewählt." Die Tochter sagte: "Ich kann mich aber nicht entschließen. Wähle du doch."

Darauf wandte sich die Mutter an eine alte Frau und fragte sie: "Kannst du mir nicht einen guten Rat geben? Es sind da drei junge Männer, von denen wünscht ein jeder meine Tochter zur Frau zu bekommen. Ein jeder macht ihr bei jedem Besuch reiche Geschenke. Nun wissen wir aber nicht die Wahl zu treffen. Kannst du mir nicht einen Rat geben?" Die alte Frau sagte: "Die Sache ist sehr einfach. Laß alle drei kommen, verstecke deine Tochter; sage ihnen, deine Tochter sei verstorben. Sage ihnen, du wolltest ihnen ihre Geschenke wiedergeben. Auf solche Weise wirst du schnell ersehen, was an den Leuten dran ist." Die Mutter sagte: "Ja, das ist gut, so will ich es machen."

Die Mutter versteckte ihre Tochter und sandte eine Botschaft an den Tamme Tessuge, an Domböu Gindo und an Kambeu Togo. Sie sagte zu ihnen: "Kommt zu mir. Meine Tochter Jelle ist gestorben. Ich will jedem das zurückgeben, was er meiner Tochter an Geschenken überbracht hat." Alle drei kamen. Der Tamme Tessuge senkte den Kopf zu Boden. Dann sagte er: "Ich bin einverstanden, gib mir meine Geschenke wieder. Wenn Jelle auch gestorben ist, so gibt es doch fünfzig andere Mädchen, die ich damit gewinnen kann." Er ging. Der Domböu Gindo senkte den Kopf zu Boden. Dann sagte er: "Ich bin einverstanden. Gib mir meine Geschenke wieder. Wenn Jelle auch gestorben ist, so gibt es doch fünfzig andere Mädchen, die ich damit gewinnen kann." Er ging.

Kamböu Togo senkte den Kopf zu Boden. Die Mutter Jelles fragte ihn: "Und wie ist es nun mit dir?" Kambeu sagte: "Was soll ich mit den Kaurimuscheln? Jelle war Jelle. Ich könnte mir



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ein anderes Mädchen erwerben. Aber Jelle kann ich nicht mehr erlangen." Damit ging er.

Vier Monate vergingen. Dann ließ die Mutter wieder alle drei rufen und sagte zu ihnen: "Jelle ist nicht tot. Jelle lebt!" Sie zeigte ihnen das Mädchen. Sie sagte zu Domböu Gindo und Tamme Tessuge: "Ihr liebtet nicht meine Tochter Jelle, sondern das gute Einkommen, das sie versprach. Es war euer Vorteil, der euch interessierte." Dann sagte sie zu Kamböu Togo: "Du hast meine Tochter wirklich mehr geschätzt als deine Kaurimuscheln. Hier hast du meine Tochter." So erhielt Kambeu Togo das Mädchen Jelle zur Frau.


12. Halle Sogole (Gannalegende)

Die Ganna kamen aus dem Lande. Sie ließen sich im Lande Tibirri (im Süden Kani Bonsos) in den Ebenen nieder. Alle alten Gesänge dieser Tibirri-Ganna beginnen mit dem Lobe ihres Königs Halle Sogole, der ein über alle Maßen starker und mächtiger König war, wenn er auch nicht derjenige war, der die Ganna aus Mande in jene Länder führte. Halle Sogole war nicht Mohammedaner, sondern er trank seinen Honigwein gern und häufig.

Zu den Zeiten Halle Sogoles waren auch die Fulbe in diesen Ländern, und sie wurden regiert durch den König Ali der vom Stamme der Ba war und in dem Orte Sena regierte. Eines Tages ließ der König Ali an den König Halle Sogole eine Nachricht ergehen und sagen: "Komme am nächsten Markttage in den Flecken Ununa." Der Kaddo (auch die Ganna gelten als Habbe) antwortete: "Es ist gut. Ich werde kommen." Als nun der Tag kam, ließ der Kaddo (der Gannakönig) allen Honigwein aufkaufen. Dazu schaffte er noch fünf Ochsen zur Stelle und kam selbst mit seinen fünfzig Reitern so früh auf dem Marktflecken an, daß der Fulbekönig noch nicht da sein konnte. Er ließ also den Honigwein beiseite stellen, die Ochsen bereithalten und wartete auf den andern.

Als alles gut geordnet war, kam auch der Fulbekönig All. Er kam nicht langsam angeritten, sondern sprengte mit seinen fünfzig Reitern heran, als ob es einen Kampf gelte. Der Gannakönig reichte ihm die Hand entgegen. Halle Sogole, der Kaddo, sagte: "Ich habe schon fünf Ochsen gekauft. Ich habe auch schon allen Honigwein zur Seite stellen lassen. Ich will dir mit alledem eine Freude bereiten, sei mein Gast. Wir wollen zusammen essen und trinken."



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Der Fulbekönig Ali aber beschimpfte den Kaddokönig und sagte: "Du bist nichts als ein schwarzhäutiger, schmutziger Neger. Du bist nur ein Kaddo! Was soll ich mit deinem elenden Honigwein? Du elender Kaddo! Wo hast du jämmerlicher Kaddo die Ochsen gestohlen?"

Der Gannakönig Halle Sogole sagte nichts. Er drehte sich um und ritt mit seinen fünfzig Reitern langsam in der Richtung auf seine Heimatstadt zurück. In einer Ortschaft, in der seine Lieblingsfrau wohnte, machte er Halt. Er stieg ab. Er gab seine Kleider seiner Lieblingsfrau und sagte: "Wasche mir meine Kleider, sie sind heute beschmutzt worden." Seine Lieblingsfrau machte sich mit ihrer Sklavin auf den Weg und ging zum Wasser. Inzwischen war der Fulbe Ali dem Kaddo gefolgt, und er kam just an das Wasser, als die Lieblingsfrau des Kaddo mit ihrer Sklavin dort anlangten, um die Kleider des Königs zu waschen. Der Fulbe Ali schrie die Lieblingsfrau des Gannakönigs an und sagte: "Du, gib meinem Pferde zu trinken." Die Kaddofrau sagte zu ihrer Sklavin: "Nimm das Pferd des Fulbe und tränke es." Der Fulbe Ali schrie sie an und sagte: "Nicht die Sklavin soll das tun, du selbst sollst es tun, denn du bist nichts als eine schmutzige Habbefrau!" Die Frau sagte: "Ich bin das Liebhingsweib des Königs. Ich tue das nicht." Der Fulbe schrie: "Tue es oder ich töte dich." Die Frau sagte: "So töte mich. Aber den Dienst einer Sklavin verrichte ich nicht." Darauf ergriff der Fulbekönig Ali seine Lanze, warf sie nach dem Habbeweib, das die Lieblingsfrau des Königs der Ganna war, und tötete sie auf der Stelle. Dann ritt er heim.

Die Sklavin eilte fliehend in die Stadt und sagte zu dem Könige Halle Sogole: "Soeben hat der Fulbe Ali deine Liebhingsfrau getötet, weil sie nicht Sklavendienste verrichten und sein Pferd tränken wollte." Der König senkte den Kopf. Alle Habbe kamen zusammen. Alle Ganna hörten, was sich ereignet hatte. Die Ganna riefen: "Wir wollen diesen übermächtigen Fulbe aus dem Lande jagen. König Halle Sogole, du mußt ihnen sogleich den Krieg ansagen." Der Gannakönig aber antwortete: "Das ist nicht euere Sache. Ich kann es fürs erste ertragen. Denn dies war mein Lieblingsweib und mir so wert, daß der Tod des Fulbekönigs meinen Schmerz doch fürs erste nicht lindern kann. Es war meine Lieblingsfrau, und ich weiß, was ich fühle. Ihr wißt nichts davon. Jetzt will ich erst meine Frau begraben." Einige Habbe gingen fort und sagten: "Er hat vor den Fulbe Angst." Einige Habbe sagten: "Er



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hat bis jetzt nie Furcht gehabt." Halle Sogole aber begrub seine Frau.

Dann sandte der Gannakönig seinen Galobe an den Fulbekönig Ali und ließ ihm sagen: "Wenn du glaubst, daß du irgendwie in den Himmel entfliehen oder dich in die Erde verkriechen kannst, dann tue es schnell, denn ich werde kommen und dich überall suchen." Der Fulbekönig Ali sagte: "Sage dem Kaddo, er sei nichts als ein schmutziger Kaddo. Er solle sich vorsehen, daß er nicht vorzeitig stirbt." — Der Gannakönig bereitete seine Truppen vor. Als er alles fertig hatte, ließ er dem König Ali sagen: "Bereite für morgen ein Gericht aus Korn oder Reis, oder aus was du willst, vor, ich werde es morgen früh auf jeden Fall mit dir zusammen essen."

Am anderen Tage führte Halle Sogole seine Truppen ins Gefecht. Er selbst nahm die Mitte der Reiter unter seinen Befehl. Er griff die Fulbe an. Im Gefecht kam er alsbald mit Ali zusammen, denn auch Ali kämpfte in der Mitte. Ali warf seine Lanze. Er traf den Gannakönig nicht. Der Kaddo warf seine Lanze. Er verfehlte den Fulbe. Ali ergriff den Pferdegurt und schlug auf den Gannakönig. Doch er konnte dem anderen damit nichts anhaben. Der Gannakönig Halle Sogole packte nun aber den Fulbekönig Ali hob ihn aus dem Sattel, preßte ihn zusammen und hielt ihn seinem Sklaven mit Namen Sibirri hin. Er sagte: "Fessele den Mann mit starken Stricken."

Dann griff er mit seinen Leuten die Fulbeortschaft selbst an. Er nahm den Vater und die Mutter König Aus gefangen. Die geschlagenen Fulbe flohen. Halle Sogole ritt zurück. Als er bei Ali vorbeikam, sagte er: "Ich töte dich nicht hier. Ich töte dich da, wo du mein Lieblingsweib ermordet hast." Er zog mit seinen Leuten und den gefangenen Fulbe an die Stelle, am Wasser, an der Ali sein Liebhingsweib ermordet hatte. Hier stach er erst den Vater Aus tot. Dann stach er da die Mutter Aus tot. Dann fragte er Ali: "Nun möchtest du wohl am Leben bleiben?" Der Fulbe Ali sagte: "Ja, ich bitte dich zu verzeihen und mir das Leben zu lassen." Der Gannakönig Halle Sogole sagte: "Ich bin ja nur ein schmutziger Kaddo. Ich hätte dich aber nicht um mein Leben gebeten. Ich bin zwar nur ein schmutziger Kaddo, aber ich habe mein Lieblingsweib so gerne gehabt, daß du das nicht verstehen kannst." Dann tötete er den Fulbe und grub Ali mit seinen Eltern an der gleichen Stelle ein.



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Der Rest der geschlagenen Fulbe war in die Berge der Aru (Stamm der Vornehmen: Garango; Stamm der "Fremden": Arama, beide aus Mande kommend) geflohen. Der Arukönig nahm sie bei sich auf und gewährte ihnen Schutz. Der Arukönig wußte aber, daß nun Halle Sogole von ihm die Auslieferung der Fulbe verlangen würde, und somit rüstete er seine Truppen. Der Gannakönig sandte ihm auch eines Tages eine Botschaft und ließ ihm sagen: "Gib mir die Fulbe König Aus heraus, die ich geschlagen habe." Der Arukönig antwortete: "Diese Leute sind meine Leute geworden. Ich gebe dir meine Leute nicht." Halle Sogole sandte eine Antwort, die lautete: "Die Leute im Lande Arus und die im Lande Tibirri sind zusammen aus Mande ausgezogen. Wir sind von der gleichen Familie. Veruneinige dich wegen dieser Fremdlinge, die ich geschlagen habe, nicht mit deinem Bruder." Der König von Aru antwortete: "Das sind meine Leute geworden. Ich werde sie dir nicht geben."

Der Gannakönig Halle Sogole sandte nun eine Botschaft an den König von Aru und ließ ihm sagen: "Du bist schlimmer als die Fulbe. Denn das sind Fremde. Wir aber sind Brüder. Komm also mit deinen Leuten vom Berge in die Ebene. Wir wollen miteinander fechten. Die Fulbe kümmern mich jetzt nicht mehr. Ich habe es jetzt nur noch mit dir zu tun." Der Gannakönig zog mit seinen Leuten in die Ebene vor den Arubergen und wartete, daß der König des Landes Aru mit seinen Leuten zum Gefecht herunterkommen würde. Der König von Aru kam aber nicht. Als Halle Sogole lange genug gewartet hatte, zog er mit seinen Leuten wieder nach Hause.

Als die ersten Regen der kommenden Frühlingszeit niedergekommen waren und die Aruleute auf ihren Äckern im Tale die Felder bestellten, fiel Halle Sogole mit seinen Reitern unversehens über die Aruleute her und nahm fünfzig Söhne des Garango (d. i. der vornehme Stamm) gefangen. Ebenso griff er fünfzig von den geflohenen Fulbe auf. Dann sandte er eine Botschaft an den Arukönig und ließ ihm sagen: "Ich habe dir fünfzig Garango und fünfzig Fulbe gefangen genommen. Das wird sich nun Jahr für Jahr wiederholen. Ich trage nicht die Schuld daran, denn ich habe euch vor einem Familienkriege gewarnt." Die Aruleute bekamen einen großen Schrecken. Sie sandten sogleich alle Fulbe als Gefangene an Halle Sogole und ließen sagen: "Hier sind die Fulbe, die du gefordert hast. Bist du nun zufrieden?" Halle Sogole ließ antworten: "Nein, ich bin damit nicht zufrieden, denn um die Fulbe



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allein hat es sich nicht mehr gehandelt. Ihr habt den Bruderkrieg heraufbeschworen und ich sage euch nun, daß ich in Zukunft die Hand über euch haben will, damit das nicht wieder geschehe. Ihr sollt mir jährlich zehntausend Mullen Fognon und hundert Salzbarren liefern. Wollt ihr das?" — Die Aruleute waren einverstanden und ließen sagen: "Schicke uns Leute, daß wir die Abgabe liefern und mit den Ganna den Blutschwur trinken."

So geschah es, und das Verhältnis zwischen den Tibirrileuten und den Aruleuten ist bis heute das gleiche geblieben.


13. Sibirri (Gannalegende)

Im Lande Tibirri lebte ein Kaddo vom Stamme der Ganna, der hieß Sibirri, und das war ein außerordentlich reicher Mann, der große Ackerländer und stets reiche Ernten hatte. Sibirri war ein Mann, der seinen Wohlstand nicht durch Krieg, sondern durch emsige Ackerarbeit erreicht hatte. Im gleichen Gebiete waren einige Fulbehirten. Eines Tages begannen die Fulbehirten ihre Herden auf den Kornfeldern Sibirris weiden zu lassen. Eine Zeitlang sah Sibirri ruhig das mit an. Dann fragte er die Fulbehirten: "Weshalb laßt ihr euere Herden auf meinen Äckern weiden?" Die Fulbe antworteten: "Jeder Mann hat seine Art von Beschäftigung. Ihr baut euere Äcker. Wir haben nun einmal die Gewohnheit der Hirten. Wir lassen unsere Herden weiden."

Der Kaddo Sibirri rief seine sämtlichen Stammesgenossen zusammen und sagte: "Jetzt beginnen die Fulbe ihr Vieh auf unseren Äckern weiden zu lassen. Ich habe sie gefragt, wie sie dazu kämen. Die Fulbe haben mir geantwortet, jeder mache es nach seiner Art. Wir seien Ackerbauern und sie Hirten, und da ließen sie eben ihre Herden weiden. Was sagt ihr dazu? Was soll das werden?" Die Ganna antworteten: "Die Fulbe sind stärker als wir. Wir können nicht Krieg mit ihnen führen. Jetzt fressen ihre Herden auf unseren Feldern nicht allzuviel; es bleibt zum Leben immer noch genug übrig. Wenn wir aber Krieg mit ihnen führen, so würden die Fulbe uns besiegen und uns unser Korn und unsere Äcker fortnehmen, und wir werden nichts mehr für uns haben. Wir wollen es so lassen. Wir wollen keinen Krieg beginnen."

Sibirri selbst hatte hundertvierzig Männer. Eines Tages rüstete er hundert seiner Männer aus. Er fragte die anderen Ganna nochmals: "Ihr wollt mir also nicht helfen?" Die anderen Habbe sagten:



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"Nein, wir wollen keinen Krieg." Da fiel Sibirri mit seinen hundert Mann des Nachts über das Lager der ahnungslosen Fulbe her. Er zündete ihr Lager an. Es kam zum Gefecht. Sibirri schlug die Fulbe. Sibirri setzte den fliehenden Fulbe nach. Er jagte sie bis in das Samoriland.

Weit (im Süden) sammelten sich die Fulbe. Sie überlegten diese Angelegenheit und sagten: "Das waren nicht alle Ganna, die uns angegriffen haben. Das war allein Sibirri. Wir wollen zurückkehren und die Ganna überfallen. Sicherlich haben die anderen nicht gewagt, Sibirri zu unterstützen." Die Fulbe kehrten zurück. An einem Morgen kamen sie in die Nähe des Dorfes Sibirris. Es waren gerade die Frauen und Mädchen am Bache, um Wasser zu schöpfen. Sie fielen über die Frauen und Mädchen her und nahmen sie gefangen. Die Nachricht erreichte schnell das Dorf.

Sibirri rief die Ganna zusammen und sagte: "Nun seht ihr, daß das geschehen ist, was ich euch vorher gesagt habe. Wenn ihr mit mir zusammen diese Fulbe angegriffen hättet, so würden sie es nicht gewagt haben, uns diesen Streich zu spielen. Nun ist über alle Familien das Unglück gekommen. Jetzt ist es nicht nur mehr eine Angelegenheit meiner Familie. Es gilt, den Fulbe die Leute, die sie uns geraubt haben, wieder abzujagen. Rüstet euch." Die anderen Ganna sagten: "Die Fulbe sind stärker als wir. Wir kommen nicht gegen sie auf. Es ist besser, wir verlieren nur einige Mitglieder, als daß wir alle in Gefangenschaft geraten."

Als Sibirri das hörte, ging er nach Hause und sang. Er sang ein Lied der Waffen. Er trat an sein Gewehr und sang: "Du triffst gut, aber du genügst mir nicht." Er trat an seine Lanze und sang: "Du bist stark, aber du allein genügst mir nicht." Er trat an seine Pfeile und sang: "Ihr seid spitz, aber ihr allein genügt mir nicht." Er trat an sein Schwert und sang: "Du bist scharf, aber du allein genügst mir nicht." Er trat an sein Messer und sang: "Du bist schneidig, aber du allein genügst mir nicht."

Dann ging er zu seinem Vater und sagte: "Ich will mich mit den Fulbe schlagen. Du wirst mich nicht wiedersehen." Er rief seine Mutter und sagte: "Ich will mich mit den Fulbe schlagen, du wirst mich nicht wiedersehen." Er rief seine Schwestern und sagte: "Ich will mich mit den Fulbe schlagen. Ihr werdet mich nicht wiedersehen." Er rief seine Schwiegereltern und sagte: "Ich will mich mit den Fulbe schlagen. Ihr werdet mich nicht wiedersehen." Er sang: "Seht mich nicht an. Denn ich werde nicht wiederkommen."



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Er nahm alle seine Waffen und ritt allein in die Gegend, wo die Fulbe waren. Da traf er die Fulbe. Er stieg ab und sagte: "Habt keine Furcht. Ich bin ganz allein. Keiner meiner Verwandtschaft begleitet mich. Ich habe keinen meiner Leute mitgenommen. Ich bin ganz allein gekommen, um mich mit euch zu schlagen." Als die Fulbe das hörten, zogen sie sich zurück. Einer der Fulbe aber sagte: "Ich will mit ihm kämpfen." Es war ein Tapferer. Er kam heran. Sibirri nahm seine Flinte. Er schoß. Der Fulbe sank, in den Füßen getroffen, herab. Ein anderer Fulbe sagte: "Ich will mit ihm kämpfen." Der Fulbe kam heran. Sibirri legte einen Pfeil auf die Sehne und schoß. Der Pfeil durchbohrte Roß und Reiter. Der Fulbe fiel zu Boden. Ein anderer Fulbe sagte: "Ich will mit ihm kämpfen." Der Fulbe kam heran. Sibirri nahm seine Lanze und warf sie auf den Fulbe. Er traf. Der Fulbe sank tot zu Boden. Ein anderer Fulbe sagte: "Ich will mit ihm kämpfen." Der Fulbe kam heran. Sibirri nahm sein Do (das ist das gebogene Königsbeil, eine alte Form). Das Do traf den Fulbe. Er sank zu Boden. Ein anderer Fulbe sagte: "Ich will mit ihn kämpfen." Der Fulbe kam heran. Sibirri nahm sein Messer, um es dem Fulbe in den Leib zu stoßen. Das Messer vermochte nicht einzudringen. Der Fulbe nahm sein Messer, um es dem Kaddo in den Leib zu rennen. Das Messer hatte aber keine Kraft.

Da packte der Kaddo Sibirri den Fulbe und schleuderte ihn zu Boden. Er preßte ihn an den Boden. Der Fulbe aber stieß Sibirri das Messer in den Leib. Da starb Sibirri.

Wenn man in diesem Lande seinen Acker baut, so singt man noch heute das Lied von Sibirri, der allein die Fulbe bekämpfte.


14. Ambira (Gindolegende)

Die Gindo, einige scheinen sie Djindo zu nennen, kamen seinerzeit auf der Erde von Mande in das heutige Habbeland. Sie wohnten früher auf der anderen Seite des Niger weiter nach Süden zu. Der sie führte, war ihr König Ambira, ein Mann, der blind geboren war. Er wurde sehr alt. Ambira sprach zuweilen von der Zukunft. Was er vorhersagte, ging stets in Erfüllung.

Ambira sagte eines Tages: "Ich werde dereinst drei Söhne haben." So geschah es. Es wurden ihm drei Söhne geboren. Der erste war Antando. Der führte Kriege und starb während eines Feldzuges gegen Djenne. Der zweite war Ansamba, der wurde ein großer



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König im Lande Seno Bankassi. Der dritte war Are. Auch er lebte im Seno Bankassigebiet. Diese Familie war der größte Königsstamm im südlichen Habbelande. Ihr Tiga (Diamu) war Gindo. Ihr Damma (=Tannä) war Njongono der Panther (Uarraninkalla in Malinke; Njata in Fulfulde). Die Gindo waren stets schwarz und nicht rot wie die Fulbe.


15. Der Sänger (Gindolegende)

Früher sangen nicht nur die Spielleute, sondern die Vornehmen sangen selbst. Sie machten ihre Gesänge selbst, und die Spielleute sangen sie dann. Es war ein Ruhm und eine Ehre, solche Lieder selbst anfertigen zu können (in den Malinkeländern war es vordem ebenso). Die Dialli übernahmen nachher die Lieder.

Es wohnte unter den Habbe in dem Dorfe Sogu auf dem Berge im Senolande ein Mann namens Antonio Gindo. Er wußte seine Lieder zu dichten. Dabei war er ein vornehmer Gindo und kein Spielmann. Im Dorfe Gono im Kani-Bonsogebiet lebte ein Kaddo mit Namen Enne Djegu. Enne wußte Lieder zu fertigen und zu singen. Dabei war er ein Vornehmer vom Stamme der Djegu und kein Spielmann. Antonio und Enne hörten voneinander, aber sie kannten einander nicht. Jeder hörte vom andern, daß der andere ganz Besonderes leiste. Antonio beschloß eines Tages, Enne in seinem Dorfe zu besuchen und sich mit ihm in der Sangeskunst zu messen. Er machte sich auf den Weg. Er kam in das Kani-Bonsogebiet und begann am Abend abwechselnd mit Enne zu singen. Sie sangen bis zum anderen Morgen. Da hatte noch keiner von beiden seine Lieder vollendet. Man konnte auch noch nicht sagen, wer mehr vermöge, Antonio oder Enne.

Antonio wollte in sein Dorf Sogu zurückkehren. Die Leute von Gono sprachen untereinander. Der eine sagte: "Wir wollen ihn nicht gehen, lassen. Wir wollen ihn töten. Wenn wir ihn nicht töten, wird er eines Tages mehr können als Enne. Heute kann man noch nicht sagen, wer mehr vermag. Aber es ist besser, wenn wir ihn nicht zurückkehren lassen." Andere Gonoleute sagten: "Wir wollen uns deswegen keinen Krieg aufladen. Wir wollen ihn gehen lassen. Laßt ihn." Die anderen sagten: "Nein, wir wollen ihn töten."

Die anderen und Enne sagten zu Antonio: "Wir wollen auf den Berg dort steigen." Antonio Gindo sagte: "Es ist gut, gehen wir."



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Er ging mit Enne und den anderen Djegu auf die Bergspitze, die den Namen Tembe führte. Oben töteten die Leute vom Djegustamme Antonio, den Sänger der Gindo. Dann kehrten die Bewohner Gonos, ohne den Getöteten erst zu begraben, heim.

Die Leute im Dorfe Sogu warteten acht Tage auf die Rückkehr Antonios. Er kam nicht. Sie sagten: "Das ist auffallend, Antonio wollte nur einen kurzen Besuch in Gono machen und nun kommt er nicht wieder. Wir wollen ihn suchen." Die Leute machten sich auf den Weg, ihren Sänger zu suchen. Sie kamen nach Gono. Sie fragten: "War nicht Antonio hier?" Die Leute in Gono sagten: "Gewiß war er hier. Er hat gesungen. Er hat sehr schön gesungen." Der Sänger Enne begann zu singen und sang: "Auf der Bergspitze Tembe sind Geier, die sind weise und wissen, was gut zu essen ist. Sie wissen viel und werden euch sagen können, welch ausgezeichnetes Mahl jetzt dem Sänger Antonio beschieden ist, zu geben."

Die Soguleute machten sich wieder auf den Weg. Sie kamen auf den Berg Tembe. Da lag die Leiche Antonios und war schon so sehr von den Geiern zerfleischt, daß sie kaum noch wiederzuerkennen war. Die Gindo nahmen die Überreste mit sich und kehrten nach Gono zurück. Sie fragten die Djegu: "Wer hat Antonio da oben getötet? Wart ihr das?" Die Leute in Gono antworteten: "Ja, wir waren es." Die Gindo aus Sogu sagten: "Ihr müßt wissen, ob ihr recht getan habt und ob das für euere Ortschaft gut ist." Sie nahmen die Überreste Antonios auf und nahmen sie mit nach Sogu. In Sogu bestatteten sie Antonio.

Die Soguleute riefen alle Männer aus Gindo und Gimmini zu einer Beratung zusammen und sagten: "Die Leute von Gono, die Familie des Enne Djegu, hat Antonio Gindo totgeschlagen, weil er schöne Lieder zu singen wußte. Denkt ihr, daß das eine Veranlassung zum Kriege ist?" Einige antworteten: "Ja, wir wollen die Djegu auf demselben Berg Tembe den Geiern zum Fraße hinwerfen. Das wird die gerechte Strafe sein." Andere sagten: "Es ist keine allgemeine Sache. Das ist eine Sache der Familie. Denn es handelt sich um den Streit, wer von zwei Leuten besser Lieder singen könne. Haltet euch an den Enne Djegu." Andere sagten: "Ja, wir wollen den Enne Djegu abfangen. Er hat hier in Sogu eine Frau, die er sehr liebt. Deshalb kommt er häufig hierher. Dann könnt ihr ihn fangen und totschlagen." Die Leute von Sogu sagten: "Wir wollen es tun, wie ihr sagt. Wer den Enne Djegu in diesem Lande sieht, der kann ihn totschlagen."



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Die Gonoleute hörten das. Sie sagten zu Enne Djegu: "Geh nie in das Gebiet von Sogu, denn die Leute dort werden dich totschlagen." Enne sagte: "Es ist gut." Eine Zeitlang blieb er in Gono. In Sogu war aber eine Frau, die hatte er sehr lieb. Er sagte eines Tages zu sich: "Ich muß die Frau besuchen. Ich werde des Nachts nach Sogu gehen." Enne hatte einen Freund, der hieß Gimile, war ein Gindo und wohnte in Telli. Gimile wußte auch zu singen. Er ging zu seinem Freunde Gimile und sagte: "Ich will meine Freundin in Sogu besuchen." Gimile sagte: "Weißt du denn nicht, daß die Leute in Gimile dich totschlagen werden?" Enne sagte: "Ja, ich weiß, daß sie mich töten wollen, weil wir den Antonio Gindo getötet haben. Ich will aber nachts hingehen. Komm und begleite mich." Gimile sagte: "Gut, wie du willst. Gehen wir also nach Sogu."

Enne und Gimile machten sich auf den Weg. Nachts kamen sie nach Sogu. Um Mitternacht, als sie in Sogu angekommen waren, sang Gimile: "Das Wild mit den zwei Füßen, das das Wild mit den zwei Füßen getötet hat, ist hier in Sogu. Wenn ihr das Wild töten wollt, tötet es! Wenn ihr das Wild leben lassen wollt, laßt es leben." Da gab Enne dem Gimile eine Lanze zu halten und sagte: "Halte sie; ich will in den Busch treten, um mein Wasser abzuschlagen." Gimile hielt die Lanze. Enne trat in den Busch und verwandelte sich da in einen Vogel. Der Vogel flog auf die Bergspitze. Da begann Gimile wieder zu singen und sang: "Das Wild mit den zwei Füßen ist nicht mehr ein Wild mit zwei Füßen, sondern es ist ein Wild mit zwei Flügeln geworden. Wenn ihr es sehen wollt, müßt ihr dort auf den Berg schauen."

So wurde Enne zum Vogel, und er blieb ein Vogel. Die, welche überhaupt zu singen vermögen, singen das Lied noch heute.


16. Der Leichenräuber (Gindolegende)

Ein Kaddo mit Namen Sogole vom Stamme der Gindo wohnte im Dorfe Wailla, in der Landschaft Ende. Sogole war fleißig und arbeitete emsig. Er wußte auch Lieder zu singen und sang häufig.

Wenn ein Hogon gestorben war, hatte man die Sitte, ihm einen halben Barren Salz und ein neues Kleid beizufügen. Man ließ den Leichnam von der Felsspitze eines Berges an Stricken herab. Männer ließen sich an Stricken herab. In einer Höhle wurde der Leichnam mit den Beigaben untergebracht und dann die Niesche



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vermauert. Darauf kehrten die Männer an ihren Stricken zurück, und nun glaubte man den Leichnam für alle Zeiten gesichert. Sogole aber ging überall dahin, wo ein Hogon begraben und in einer Felsspalte vermauert ward. Nachts ließ er sich dann an einem Stricke hinab, raubte dem Toten das Kleid und das Salz und kehrte zurück. Wenn er arbeitete oder wenn eine Festlichkeit war, sang er seine eigenen Lieder, und darin rühmte er sich dann dessen, was er hier ausgeführt habe. Das ging eine lange Zeit so.

Eines Tages nun starb der Hogon von Baguru. Sogole hörte das und machte sich sogleich auf den Weg nach Baguru und kam auch dort zum Begräbnis an. Bei der Leichenfeier sang Sogole. Er sang: "Die Leute versenken ihre gestorbenen Hogone an Orten, an denen die Weihen und Adler nisten. Sie geben den Gestorbenen Gaben mit, die kein Mensch erreichen soll, der nicht fliegen kann wie die Weihen und wie die Adler. Aber Sogole-Gindo ist wie eine Weihe, ist wie ein Adler. Er weiß hinabzusteigen in die Nester der Hogone und nimmt die Eier aus. Nur einer kann das, das ist Sogole." Die Leute von Baguru hörten das. Die Leute von Baguru sangen: "Wenn jemand hier solch schmutzige Arbeit sucht, wird er schlechten Lohn dafür erreichen."

Die Leute von Baguru sagten: "Wir wollen aufpassen und einige Leute zur Seite des Grabes in der Felsnische unterbringen." Sie ließen an Stricken den Leichnam des Hogon mit seinen Gaben herab. Sie ließen einige Leute herab. Die Leute vermauerten den Leichnam. Dann kehrten einige Leute an den Stricken zurück. Einige Leute blieben aber unten. Nachts nahm Sogole einen starken Strick und ließ sich an ihm hinab. Er wollte mit den Händen die Mauer der Grabkammer aufreißen. Da packten ihn die Männer, die unten auf ihn gewartet hatten. Die Leute sagten: "Du hast die Gewohnheit zu stehlen, aber heute hat dein Gesang ein Ende." Sogole sang: "Das Küken lacht heute über den Löwen." Die Leute banden Sogole und sagten: "Du weißt ja wohl, weshalb das geschieht." Sogole sang: "Wenn man eine Mütze seitwärts des Weges allein im Grabe liegen sieht, denkt man, ein anderer habe sie verloren und sie gehöre nun niemand mehr."

Die Leute von Baguru töteten Sogole. Sie schnitten ihm den Kopf ab, die Hände und Füße. — Noch heut singt man davon: "Sogole bestahl alle toten Hogone. Aber dem Hogon von Baguru vermochte er nichts zu nehmen."



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17. Alle Bangodji (Tulemaleßende)

Alle Bangodji vom Stamme der Tulema wurde im Dorfe Nommono, im Lande Bassare (südlich von Kani-Bonso) geboren. Seit er ein kleiner Knabe war, bestahl er andere Leute. Die Leute sagten dem Kinde: "Laß das sein; es wird dir schlecht ergehen." Alle Bangodji kümmerte sich nicht darum. Er stahl weiter. Die Leute wandten sich an seinen Vater und sagten ihm: "Dein Sohn Alle Bangodji stiehlt überall. Wir können es nicht mehr mit ansehen. Es wird dir auch große Unannehmlichkeiten bereiten, wenn du den Burschen nicht streng bestrafst."

Der Vater fesselte den Burschen und schlug ihn mit einem Stock. Er sagte: "Ich muß mich deiner schämen. Ich weiß gar nicht, weshalb du das tust. Bekommst du vielleicht in meinem Hause nicht zu essen? Oder gebe ich dir nicht genug für dein Leben?" Der Bursche sagte: "Für andere würde es genügen. Mir ist es nicht genug." Als er das hörte, band der Vater die Fesseln Alle Bangodjis nicht los. Er rief seinen Kossodje (d. i. das richtige Wort für Dialle in der hiesigen Kaddosprache) und sagte: "Ich kann es mit diesem Jungen nicht mehr mit ansehen. Bringt ihn weit fort und verkauft ihn an die Fulbe." Der Kossodje nahm den Knaben und brachte ihn mit nach Süden. Er verkaufte ihn an einen Fulbe, kehrte zurück und gab das Geld, das er dafür erhalten hatte, dem Vater. Der Vater hob das Geld aber wohlweislich auf, denn er wußte, daß die Fulbe es mit dem Burschen nicht lange aushalten würden.

Alle Bangodji machten es bei den Fulbe nicht anders als daheim. Er stahl Vieh, tat sich mit einem jungen Fulbeburschen zusammen und beging mit dem gemeinsam alle Schlechtigkeiten, die ein Bursche nur ausführen kann. Endlich fragte sein Herr, der Fulbe: "Aus welchem Dorfe bist du?" Alle Bangodji sagte: "Mein Vater lebt im Dorfe Nommono, in der Landschaft Bassare." Der Fulbe nahm den Burschen und wanderte mit ihm nach dem Norden zurück. Er kam nach Nommono und fragte den Vater: "Hast du das Geld noch, das ich dir seinerzeit für diesen Burschen bezahlt habe?" Der Vater antwortete: "Jawohl, das Geld habe ich aufgehoben." Der Fulbe sagte: "So gib es sogleich heraus, sonst schlage ich dich tot. Mit einem Burschen wie dieser hier kann kein Mensch etwas anfangen. Nimm ihn zurück." So kam Alle Bangodji wieder nach Hause.

Inzwischen war der Bursche schon ziemlich ausgewachsen. Er machte nun nicht mehr allein nur kleine Streiche, sondern begann



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sich sein Leben anders einzurichten. Zuweilen raubte er irgendwo einiges Kleinvieh, verkaufte es und erwarb dafür sämtliches Kenge (Hirsebier), das auf dem Markte ausgeboten wurde. Das ließ er dann in den Busch bringen. Er lud einige Kameraden ein und begann mit ihnen ein Gelage. So gewann er Freunde. Diese jungen Freunde sandte er dann aus, um Ziegen, Schafe und Rindvieh zu stehlen. Eines Tages versammelte er sie um sich und sagte zu ihnen: "Wir haben in unserem eigenen Dorfe genug getrieben. Das Land ist weit. Es gibt noch viele Dörfer. Wir wollen uns noch etwas im Lande umsehen!"

Alle Bangodji unternahm mit seinen Genossen Raubzüge in dem umliegenden Lande. Sie banden die Hirten und trieben Kühe und Pferde fort und nach Hause. Als die Bewohner der umliegenden Ortschaften hörten, wer der Anstifter sei, unternahmen sie eine Wanderung nach Nommono und sagten zu dem Vater des Räubers: "Sei vorsichtig und entledige dich dieses Burschen, denn sonst wird es euerer ganzen Ortschaft des Jungen wegen schlecht ergehen." Der Vater sagte: "Ich kann nichts tun." Der Bursche sagte: "Mein Vater kann nichts tun; aber ich habe nun einmal diese Gewohnheit und kann sie nicht lassen." Die Leute gingen.

Alle Bangodji fuhr so fort. Wenn er seinen Kameraden einen Gefallen tun wollte, raubte er eine Kuh, verkaufte sie und kaufte für den Gewinn Kolanüsse, die er unter seinen Kameraden verteilte. Er raubte immer mehr Vieh im Lande. Eines Tages kamen aus allen Dörfern der Landschaft Pignari Abgesandte und sagten zu den Nommonoleuten: "Dieser Bursche Alle Bangodji verwüstet das Land. Wenn ihr ihn nicht jetzt vernichtet und das Land von dieser Plage befreit, so seid ihr ebenso schlecht wie er selbst." Der Vater sagte: "Ich habe den Jungen gezüchtigt. Ich habe ihn verkauft. Man hat ihn mir wiedergebracht. Er ist zu nichts zu gebrauchen. Was soll ich nun noch tun? Nehmt ihn doch selbst." Der Vater sagte zu den Leuten von Nommono: "So schafft ihr ihn doch fort, denn ich als Vater kann es nicht tun." Die Leute von Nommono fürchteten sich aber schon vor Alle Bangodji und seinen Genossen, und daher sagten sie zu den Leuten aus den anderen Dörfern in Pignari: "Nehmt ihr ihn doch! Wir sind seine Verwandten."

Da gingen die Leute aus den Dörfern in Pignari fort und sagten untereinander: "Die alten Leute Nommonos haben die Burschen schlecht erzogen. Jetzt wollen sie sie nicht in Ordnung bringen. Wir wollen uns an das ganze Dorf halten." Sie gingen in ihre



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Dörfer zurück und bereiteten einen Kriegszug vor. Sie rückten vor Nommono. Sie begannen nun Nommono anzugreifen. Die Dörfler verteidigten sich. Alle Bangodji saß gelassen im Dorfe und schaute dem Kampfe zu. Er tat nichts. Die Alten sagten zu ihm: "Da siehst du, was du uns für ein schönes Geschenk gemacht hast. Und nun sitzt du auch noch daneben und tust nichts." Alle Bangodji sagte: "Wartet doch nur ab. Ich muß mir erst ansehen, wie ihr es macht. Ich muß erst zusehen."

Er sah noch eine gute Weile zu, dann sagte er: "Nun ist es genug. Nun legt alle Waffen beiseite. Das übrige überlaßt mir." Die Pignarileute hatten aber soeben einen Vorsprung gewonnen. Die Nommonoleute gehorchten trotzdem und legten die Waffen fort. Alle Bangodji rief aber seine Kameraden. Sie ergriffen die Waffen. Sie griffen die Leute der anderen Pignaridörfer an, und Alle Bangodji tötete nur auf seiner Seite siebzig der Angreifer. Die ganze Truppenmacht ward in die Flucht geschlagen und weit in das Land hinein verfolgt.

Als Alle Bangodji zurückkam, lobten ihn die Alten und sagten: "Du bist ein Anna (d. h. ein Tapferer, gleich den Sagate der Fulbe, den Nganna oder Ganna der Malinke und Bammana). Du bist ein Anna. Jetzt sehen wir, was an dir Gutes ist." Alle Bangodji sagte: "Das ist noch gar nichts. Ihr werdet sehen, was wirklich an mir daran ist." Alle Bangodji hatte nun gute Kameraden Mit denen fiel er bald hier, bald da in ein fremdes Landgebiet ein und raubte Vieh, tötete die Hirten, nahm die Pferde. Was er gewonnen hatte, verkaufte er und kaufte dafür Waffen und Pferde für die Kameraden, so daß er nach einiger Zeit siebzig wohlberittene Reiter zur Seite hatte.

Das ganze Land litt nun unter den Raubzügen dieser tapferen Burschen, die überall und in jedem Winkel Viehherden aufgriffen und Landweiler eroberten. Alle Leute kamen in Pignari zusammen und besprachen die Sache. Einige sagten: "Man könnte einen allgemeinen Kriegszug unternehmen." Die anderen sagten: "Was wollt ihr? Wir kommen gegen diese Reiter nicht auf." Einige sagten: "Wir wollen uns an einen Hogon wenden und ihn bitten, daß er uns helfe." Die anderen sagten: "Ja, das wollen wir tun. Wir wollen uns an den Hogon von Pa wenden."

Die Pignarileute kamen zu dem Hogon von Pa und sagten: "Hilf uns! Wir wissen uns nicht gegen diesen Alle Bangodji zu wehren. Er raubt unsere Herden und plündert unsere Dörfer." Der



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Hogon sagte: "Was soll ich dabei machen? Auf mein Verbot hört er nicht. Greift doch Nommono an und tötet die Burschen." Die Leute aus Pignari sagten: "Das nützt nichts. Wir kommen dagegen nicht auf. Wir sind schon einmal geschlagen worden." Hilf du uns mit einem Endama (das ist das richtige Wort für Baschi, Zaubermittel; das oben gebrauchte Wort Diandama heißt Haus der Endama), du kennst es." Der Hogon sagte: "Ich kann es schon." Die Leute aus den Ortschaften von Pignari brachten nun ioo Kühe, 100 Pferde, 100000 Kauri, ioo Schalen mit Honig, 100 Barren Salz, 100 Mullen Korn herbei. Sie fragten: "Genügt das?" Der Hogon sagte: "Das genügt. Geht nur zurück in euere Dörfer. Alle Bangodji soll nicht mehr länger im Lande herumstreifen." Der Hogon begann sogleich, sein Endama herzustellen.

Alle Bangodji saß (derweilen) beim Trunke. Er machte sich auf den Heimweg. Unterwegs kam er an einer Schmiede vorbei. Er trat in die Schmiede ein, setzte sich nieder und sah der Arbeit zu. Der Schmied hämmerte. Als er auf das glühende Eisen schlug, sprang ein Stück roten Eisens ab und durch den Stiefel in den Fuß Alle Bangodjis. Alle Bangodji blieb gelassen sitzen und sagte nichts. Sie schwiegen lange Zeit. Dann sagte der Schmied: "Die Hälfte ist schon verloren." Alle Bangodji sagte: "Ich bin nur noch eine halbe Kauri." Nach einiger Zeit zog er den Stiefel aus. Das glühende Eisen hatte den Fuß bis in den Knochen hinein durchgebrannt. Der Schmied fragte: "Weshalb hast du den Stiefel nicht früher ausgezogen?" Alle Bangodji sagte: "Mir tut es nicht weh. Aber die Familie wird bald sehen, daß ich nicht mehr lebe." Dann starb er.

Die Alten sagten, im Felsen von Nommono sehe man noch heute die Eindrücke, die die Hufe seines Pferdes schlugen, wenn Alle Bangodji über die Felsen sprengte.


18. Habbe und Bosso (Tembeleleßende)

Die ersten der Leute aus Mande, die nach dem südlichen Massina kamen, waren die Tembele und die Uolloge. Die Habbe kamen zusammen mit den Bosso zunächst nach Pignari. Da zerstreuten sich die Habbe und breiteten sich weit über das Land hin aus. Der Platz, an dem die Habbe auseinandergingen, war Fiko.

Der Ahnherr (Badji) der Habbe (Tommo) und der der Bosso kamen also gemeinsam. Sie gingen ein Stück weit landein nach Massina. Aber sie fanden nichts zu essen und litten Hunger. Der



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Bosso sagte: "Wir wollen zum Niger zurückkehren; da kann ich etwas fischen, und wir brauchen so nicht Hungers zu sterben. Nimm solange meinen Sohn in deine Obhut." Der Kaddo sagte: "Es ist gut." Der Bosso und der Kaddo hatten je einen Sohn. Beide Söhne blieben unter dem Schutze des Kaddo im Lande zurück.

Der Bosso fischte inzwischen. Aber er blieb lange fort. Der Sohn des Bosso litt inzwischen solchen Hunger, daß er fast starb. Als der Kaddo das sah, sagte er: "Dieser Junge ist mir anvertraut, daß ich für ihn Sorge. Es wäre besser, daß mein Kind stürbe, als daß das Kind meines Freundes stirbt. Das darf nicht geschehen." Dann nahm der Habbe sein Messer hervor und schnitt sich eine Wade ab. Die Wunde verband er. Die Wade röstete er und gab sie dem Knaben des Bosso. Das Leben des Bossoknaben war nun gerettet.

Am Abend kam der Bosso zurück. Er hatte Fische gefangen. Er reichte dem Kaddo die Hand und fragte: "Wie geht es dir?" Der Kaddo sagte: "Es geht mir gut." Sie aßen. Sie blieben eine Zeit zusammen. Dann wollten sie aufstehen und weitergehen. Der Kaddo konnte sich aber nicht erheben. Der Bosso sah es und fragte: "Weshalb stehst du nicht auf?" Der Kaddo antwortete nicht. Darauf nahm der Bossoknabe seinen Vater beiseite und sagte: "Ich will es dir sagen, weshalb er sich nicht zu erheben vermag: Als du fort warst, hatte ich solchen Hunger, daß ich fast gestorben wäre. Da sagte der Kaddo: ,Dieser Junge ist mir anvertraut, daß ich für ihn sorge. Es wäre besser, daß meine Kind stürbe, als daß das Kind meines Freundes stirbt. Das darf nicht geschehen.' Dann schnitt er sich eine Wade ab, röstete sie und gab sie mir zu essen."

Seitdem das geschehen war, ist es dem Kaddo verboten, das Blut des Bosso, und dem Bosso das des Kaddo zu sehen. Wenn beide zusammen im Kriege sind, muß einer beiseite gehen, daß er nicht etwa sehe, wie das Blut des anderen aus einer Wunde fließe. Auch dürfen sie sich nicht und auf keinen Fall miteinander verheiraten. — Der Name jenes Bosso ist nach der Angabe einiger =Tie, nach der anderer = Mama, der Name des Kaddo nach der Angabe einiger = Anna (=Held), nach der anderer = Ankeme gewesen.


19. Die Gründung Bandiangaras (Tembelelegende)

Ein Jäger namens Nangaba, vom Stamme der Tembele, kam aus dem Dorfe Gauda Kilemma. Er war mit einem Hunde bis zu einem Hügel westlich von Bandiangara gekommen. Er hatte seinen



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Bogen, Pfeile und ein Schälchen mit Pfeilgift bei sich. Es gab in diesem Lande damals noch kein Dorf. Nangaba kam mit seinem Hunde an einen kleinen Hügel. Er hatte sich einen Dorn in den Fuß getreten, setzte sich auf den Hügel und entfernte den Stachel. Inzwischen lief sein Hund im Busch herum. Er kam an den Fluß (nahe dem heutigen Bandiangara), wälzte sich darin herum und lief dann zu seinem Herrn zurück. Als der den nassen Hund ankommen sah, sagte er: "Es muß ein Wasser in der Nähe sein, sonst könnte der Hund nicht so naß sein." Nangaba folgte dem Hunde und fand den Fluß.

Als Nangaba an den Fluß kam, sah er, daß hier ein starker Elefantenwechsel war. Nangaba kletterte sogleich auf einen Baum, der über dem Wege emporragte und stellte sich eine Plattform aus Zweigen und Ästen her. Dann stieg er wieder herab. Er begab sich darauf nach dem westlich gelegenen kleinen Weiler Sa. In Sa wohnte nämlich seine Schwester Sa-beri. Sie war da mit einem Manne namens Gonge Kanda, vom Stamme der Uologe, verheiratet. Bis zur Nacht blieb Nangaba bei seiner Schwester. Als es Mitternacht war, kehrte er zurück an das Wasser und kletterte auf die Plattform, die er sich in den hohen Baum gemacht hatte.

Der Elefant, der diesen Weg gewöhnlich kam, pflegte vor Sonnenaufgang das Wasser zu besuchen, um zu trinken. Er kam auch an diesem Tage um die gleiche Stunde. Nangaba schoß seinen vergifteten Pfeil. Sein Pfeilgift war so stark, daß der Pfeil gar nicht das Wild zu treffen brauchte. Wenn er nur daneben in den Sand fuhr und einige Sandkörner gegen das Tier aufwarf, so wirkte das schon tödlich. Nangaba sang: "Mein Pfeil, verbiete dem Tiere weiterzugehen. Mein Pfeil, verbiete dem Tiere, in das Wasser zu treten. Mein Pfeil, halte das Tier doch fest!" (NB. Genau die gleiche Art, den glücklichen Pfeilschuß mit solchen lautgesungenen Worten zu begleiten, übten früher auch die Malinke.) Der Elefant fiel sogleich tot zu Boden.

Nangaba ging zurück in das Dorf seiner Schwester und sagte zu ihr: "Gib mir vier Mann zum Tragen." Seine Schwester rief vier Männer. Er sagte: "Gib mir noch vier Männer zum Tragen." Die Schwester rief vier Männer. Er sagte: "Gib mir noch vier Männer zum Tragen." Die Schwester rief noch vier Männer. Er sagte: "Gib mir noch vier Männer zum Tragen." Die Schwester sagte: "Da scheint es schon besser, ich rufe alle Männer des Dorfes zusammen." Nangaba sagte: "Ja, das, was ich geschossen habe, ist



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recht schwer zu tragen. Es können sich alle deine Leute daran sattessen."

Darauf gingen die Männer mit Nangaba hin und brachen den Elefanten auf. Sie zerlegten das Fleisch. Nangaba sandte Leute dahin, wo er sich den Dorn in den Fuß trat, und sagte: "Schlagt da oben Zweige und Aste, bringt dürres Holz herbei! Wir wollen von dem Fleische rösten." Die Leute taten so, und es ward ein Gerüst aufgebaut, auf dem man das Fleisch röstete. Nangaba sagte: "Sagt allen Freunden und Bekannten im Lande, wer von dem Fleische wolle, solle nur kommen und er würde genug erhalten."

So strömten viele Menschen zusammen. Nangaba tötete jeden Tag einen Elefanten. Er verteilte das Fleisch ringsum freigibig an jeden, der davon haben wollte. Es sammelten sich immer mehr Leute um ihn. Da sagte er eines Tages: "Ich möchte mich hier wohl anbauen, wem gehört dieses Land?" Die Leute sagten: "Das Land gehört den Leuten aus Sokolo Karambe, die hier zuerst ihr Feuer angezündet haben" (siehe die Karambelegende). Nangaba sagte: "Ich will mich hier niederlassen. Wenn andere Leute ein Dorf gründen, töten sie eine Ziege oder einen Hammel. Ich will aber einen Elefanten töten." Nangaba tötete einen Elefanten. Er baute sein Dorf.

Einer der Bekannten fragte in Ganda Kilemma Nangabas Mutter: "Wo ist dein Sohn?" Die Mutter sagte: "Er ist in Bandiangara" (d. h. in der großen [gara] Holzschale [Bandia]). So entstand der Name Bandiangara, und es waren die Tembele, die es gründeten. Als Tannä hatten die Tembele früher die wilden schwarzen Trauben und den Honig.


20. Landverteilung (Karambeleßende)

Der Stamm der Karambe saß früher in Diamusso. Es war Antandu Kebbe und sein jüngerer Bruder. Antandu Kebbe hörte, daß, wer als erster im Lande Sokolo den Anda-peu (Holzpflock, an dem die Pferde angebunden werden) in den Boden ramme, daß der Herr Sokolos werden würde. Er sagte zu seinem jüngeren Bruder: "Geh nach Sokolo und ramme den Anda-peu in die Erde. Ich komme hinter dir her und werde dann das Land mit dir teilen." Der jüngere Bruder sagte: "Das will ich tun." Der jüngere Bruder ging voran und rammte den Anda-peu in die Erde. Nach einiger Zeit kam der ältere Bruder auch an und sagte:



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"Nun wollen wir teilen." Der jüngere Bruder sagte: "Da ist nichts zu teilen. — Du hast doch selbst gehört, daß dem Sokolo gehört, der als erster den Pflock einrammt." Antandu Kebbe sagte: "Du hast mich allerdings übertölpelt. Laß gut sein. Die Sache wird sich regeln. Jetzt werde ich erst einmal abseits gehen, um zu pissen."

Antandu Kebbe ging abseits. Aber er tat nicht, was er gesagt hatte, sondern er zündete den trockenen Busch in der Runde an, so daß er bis weit ins Land hinein abbrannte. Als das geschehen war, kam er zurück und sagte zu seinem jüngeren Bruder: "Du hast mich allerdings übertölpelt, so daß das Dorf selbst dir gehört. Mir gehört all das Land, soweit mein Feuer das Land freigelegt hat." Und so ist es auch geblieben. Wer sich in diesem Lande einen Acker anlegen will, muß die Erlaubnis der Nachkommen Antandu Kebbes, d. h. den Kara-mbe haben.


21. Der Faulpelz (Binimalegende)

In Dogo, südlich von Bandiangara, lebt der Stamm der Binima, der auch aus Mande kam. Ein Kaddo dieses Stammes hatte eine Frau namens Käire geheiratet. Der Mann war über alle Maßen faul und suchte sich von jeder Arbeit zu drücken. Da Käire sehr fleißig war, schob er ihr alles zu und fand immer neue Wege, sich selbst arbeitsfrei zu erhalten.

Eines Tages steckte er sich eine Kalebasse in die Hose und hinkte zu seiner Frau und sagte: "Sieh, welche fürchterliche Krankheit mich befallen hat. Sieh, ich habe ganz geschwollene Hoden (Elefantiasis). Ach, ich habe solche Schmerzen. Ach, ich habe solche Schmerzen. Und nun muß ich dich allein auf das Feld zur Ackerarbeit gehen lassen. Ach, was bin ich schlecht daran!" Käire sah die starke Schwellung. Sie bereitete eine gute Speise, setzte sie ihrem Manne hin und machte sich sogleich auf den Weg zum Acker. Sie arbeitete den Tag über und kam des Abends wieder. Sobald Käire gegangen war, zog der Mann die lästige Kalebasse aus der Hose, legte sie beiseite, aß und machte es sich den Tag über bequem. Abends steckte er, ehe seine Frau wiederkam, die Kalebasse wieder in die Hose und stöhnte.

So machte der Mann es alle Tage. Er steckte morgens eine Kalebasse in die Hose, klagte, ließ sich von seiner Frau Essen bereiten, ließ seine Frau bis zum Abend allein auf den Acker gehen, zog die



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Kalebasse dann wieder heraus und steckte sie erst wieder an ihren Platz in die Hose, wenn die Frau des Abends wieder von der Arbeit heimkam. Es lebte aber in einem Seitenhause auf demselben Hofe eine alte Frau. Die ging eines Tages in den Speicher, und als sie oben stand, konnte sie sehen, wie der Mann, kurz nachdem Käire fortgegangen war, die Kalebasse wieder aus der Hose hervorholte. Sie gab nun wohl acht, denn sie hatte nicht viel zu tun; und sie sah, wie der Mann abends, ehe Käire wiederkam, die Kalebasse wieder in die Hose steckte. Die Alte paßte auf, und da sah sie, daß der Mann es alle Tage so machte.

Eines Tages rief die alte Frau Käire und sagte zu ihr: "Weshalb geht dein Mann eigentlich nie mehr mit dir zur Feldarbeit hinaus? Du gehst jetzt alle Tage allein. Warum das?" Käire sagte: "Mein armer Mann ist von einer häßlichen Krankheit befallen. Er hat geschwollene Hoden. Er kann sich kaum bewegen. Er kann nicht mit auf den Acker gehen." Die alte Frau sagte: "Wenn du morgen früh deinem Manne die Speise bereitet hast, dann gehe auf dem Weg nach dem Acker fort und komme aber schnell hinten herum zu mir." Die Frau Käire sagte: "Ja, das will ich tun."

Am anderen Tage setzte Käire ihrem Manne die Schüssel mit Speise hin. Dann begab sie sich auf den Weg nach dem Acker und lief schnell hinten herum zu der alten Frau. Die alte Frau führte sie an den Speicher. Vom Speicher aus konnte Käire nun sehen, wie ihr Mann die Kalebasse aus der Hose nahm, zu essen begann und es sich so bequem wie möglich machte. Käire sagte nichts. Sie ging auf den Acker und arbeitete den Tag über auf dem Felde. Als ihr Mann sie abends vom Felde heimkommen sah, steckte er schnell wieder die Kalebasse in die Hose.

Am anderen Tage sagte der Mann wieder: "Ach, was habe ich mit meinen geschwollenen Hoden für Schmerzen! Ach, wie bin ich krank. Ach, daß ich dir nicht bei der Feldarbeit helfen kann." Käire sagte: "Du willst mir also bei der Feldarbeit wieder nicht helfen?" Der Mann sagte: "Ich will schon, aber ich kann doch nicht." Die Frau Käire sagte: "Heute will ich dir zu deiner Arbeit helfen." Käire stürzte sich unversehens auf ihren Mann und packte ihn in der Hose. Sie zog mit schnellem Griff die Kalebasse heraus und sagte: "Siehst du, nun habe ich dich von deinen geschwollenen Hoden befreit. Nun geh du auf den Acker und arbeite. Von nun an werde ich mir die Kalebasse in mein Kleid binden!"



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Der Mann schämte sich und stöhnte. Er sagte: "Ich weiß wohl, wer dir das gesagt hat." Dann zog er aus zur Feldarbeit.

Seitdem bauen die Habbe die Hütten der Alten seitwärts, so daß sie nicht alles beobachten können, was zu Hause vorgeht.


22. Die Affen (Binimalegende)

Der Hundskopfaffe hat bei den Habbe im Süden Massinas den Namen Ndege. Eine Kaddofrau war mit einem Jäger in Dogo verheiratet. Sie waren vom Stamme der Binima. Die Frau hatte ein kleines Mädchen. Das stillte sie noch und trug es daher immer auf dem Rücken mit sich herum. Eines Tages wurde der Jäger sehr krank. Er konnte das Haus nicht verlassen. Die Frau sagte zu ihrem Manne: "Laß nur, ich kann die Feldarbeit auch allein bewältigen. Bleib ruhig liegen, dann wird es besser werden."

Die Frau begab sich mit dem kleinen Kinde auf dem Rücken auf das Feld und arbeitete daselbst. Alle Jahre kamen die Ndege von dem benachbarten Felsen herunter und nährten sich von dem Acker der Jäger. Als die Frau mit dem Kinde auf dem Rücken auf das Feld kam, sah sie, daß die Ndege viel Korn gestohlen hatten und so frech waren, daß sie kaum wegliefen, als sie kam. Die Frau arbeitete den Tag über. Als sie abends heimkehrte, sagte sie zu ihrem Manne: "Die Ndege sind wieder in unseren Feldern. Sie werden uns noch alles Korn aufessen." Der Jäger sagte: "Nimm morgen früh alle Hunde mit, dann werden die Ndege sich die Sache überlegen."

Am anderen Morgen gab der Jäger den Hunden gutes Futter. Darauf machte die Frau sich mit den Hunden auf den Weg. Als sie ankam, war ein ganzes Rudel von Affen auf dem Felde. Sie verteilte also die Hunde rund herum und hetzte sie dann auf die Affen. Die Ndege liefen davon. Die Hunde bissen einige tot, einige konnten sie nicht greifen. Es war eine Ndegemutter dabei, die trug ihr Junges auf dem Rücken. Als die Hunde hinter ihr herhetzten, fiel das Junge herunter. Die Mutter entfloh, und der Hund griff das Junge auf und brachte es der Frau des Jägers. Das Junge lebte.

Abends kehrte die Jägersfrau mit ihrem Kinde, dem Ndege jungen und den Hunden heim. Sie zeigte ihrem Manne das Ndege junge. Der Jäger sagte: "Gut, wir wollen das kleine Ndegemädchen aufziehen. Gib ihm nur von allen Speisen, die du bereitest, ein wenig ab. Dann wird der kleine Affe bei uns groß werden."



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Am anderen Tage ging die Frau mit ihrem Kinde auf dem Rücken wieder auf den Acker. Sie legte das Kind am Rande des Ackers in Stoffe gehüllt nieder und begab sich in das Feld hinein zur Arbeit. Als sie ziemlich weit entfernt im Korn arbeitete, kam die Mutter des jungen Ndege, den die Frau am vorhergehenden Tage ihrem Manne gebracht hatte, und schlich sich dahin, wo die Frau ihr eigenes Kind am Boden in Stoffe gehüllt niedergelegt hatte. Die Affenmütter legte die Stoffe beiseite, nahm das kleine Menschenmädchen und lief damit von dannen.

Als die Jägersfrau ihre Arbeit beendet hatte, kam sie an den Platz zurück, wo sie ihr Kind hingelegt hatte. Sie schlug die Stoffe auseinander. Das Kind war nicht darin. Sie schaute sich um. Das Kind war nirgends in der Nähe zu sehen. Sie begann zu weinen. Dann sah sie die Spuren der Affenmütter am Boden. Sie schaute weiter aus. Da sah sie auf einer Felsenspitze die Affenmütter mit ihrem Kinde. Die Jägersfrau weinte laut auf. Die Ndegemutter zeigte aber vom Berge herab das kleine Menschenkind der Jägersfrau.

Die Frau lief nach Hause. Sie weinte und sagte zu ihrem Manne: "Die Ndegemutter, der die Hunde gestern das Junge abgejagt haben, hat mir heute unter dem Baume, unter den ich unser kleines Kind gelegt hatte, das Kind weggenommen. Sie ist auf die Felsspitze gelaufen und hat mir von da aus das Kind gezeigt." Der Jäger sagte: "Diese Sache kann nicht anders geregelt werden, als so: Nimm das Ndegejunge morgen mit dir auf den Acker. —Zeige es, wenn du ankommst, der Ndegemutter auf der Feisspitze und lege es dann an der gleichen Stelle nieder, an der gestern dein eigenes Kind lag. Dann gehe ruhig zur Arbeit." Die Frau sagte: "So will ich es tun."

Am anderen Tage nahm die Jägersfrau das Ndegejunge mit sich. Sie ging auf den Acker. Sie sah auf der Felsenspitze die Ndegemutter mit dem eigenen Menschenkinde in den Armen sitzen. Sie hielt der Ndegemutter das Ndegejunge hoch in die Luft entgegen. Dann legte sie den kleinen Affen auf die Stoffe unter den Baum so hin, wie gestern ihr eigenes Menschenkind gelegen hatte. Sie ging auf den Acker zur Arbeit. Während sie arbeitete, kam die Affenmütter mit dem Menschenkind. Sie nahm das eigene Affenkind fort und legte dafür das Menschenkind hin. Dann lief sie mit ihrem Jungen von dannen.



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Nachher kam die Jägersfrau von der Arbeit zurück. Sie nahm ihr Kind auf und ging mit ihm schnell nach Hause.

Seitdem essen die Dogoleute den Ndege nicht mehr. Die Dogoleute sind Schmiede.


23. An (Aramalegende)

Im Dorfe Kogo, das im Arulande liegt (südwestlich von Bandiangara), lebte ein Kaddo vom Stamme der Arama*, der hieß An. An zeichnete sich durch einen ungesetzmäßigen Lebenswandel aus. Er raubte Ziegen, Schafe, Rindvieh, Pferde, Esel und verkaufte das Erbeutete auf den Märkten der Nachbarschaft. Eines Tages ward er von den Landbewohnern erwischt. Sie banden ihn und beratschlagten, was sie mit ihm beginnen wollten. Einige sagten: "Es ist ein Räuber, schlagt ihn doch einfach tot." Andere sagten: "Nein, das dürfen wir auf keinen Fall tun, denn er ist der Sohn einer vornehmen Familie, und diese vornehme Familie wird sich nachher an uns schadlos halten." Andere sagten: "So wollen wir ihm ein starkes Zaubermittel bereiten, so daß eine häßliche Krankheit über ihn kommt. Dann kann er uns nicht mehr schaden. Und niemand kann uns verantwortlich machen." Alle sagten: "Das ist sicherlich das Richtige."

Die Leute ließen ihn also laufen. Sie bereiteten aber ein Zaubermittel. Das war sehr stark und hatte zur Folge, daß An nach einiger Zeit von einer häßlichen Krankheit befallen wurde, die beraubte ihn seiner Hände und Füße. An sagte: "Ich weiß sehr wohl, wie ich zu dieser Krankheit gekommen bin. Die Leute wollten mich unschädlich machen und haben ein Zaubermittel bereitet, das diese Krankheit zur Folge hatte. Ich danke euch dafür, liebe Leute. Ihr waret sehr gerecht und habt sehr recht gehandelt. Aber ihr werdet meine Neuigkeiten schon früh genug zu hören bekommen."

Im nächsten Jahre begann eines Tages die Regenzeit. Alles, was arbeiten konnte, verließ Kogo und ging hinaus, den Acker zu bereiten. Nur ein altes Weib und die Kinder blieben im Dorfe zurück. An sagte: "Begleitet mich doch mit zum Kossue hinab." Der Kossue ist ein ständig fließender Fluß nahe Kogo. Die Kinder sagten: "Ja, wir gehen mit dir." Es schlossen sich an die hundert Kinder 

*Die Arama sind die Nachkommen der Ruma, d. h. der Marokkaner, die nach Zerstörung des Songhaireiches sich in diesen Ländern niederließen und in Mischung mit den alteingesessenen dunklen Völkern aufgingen.


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dem An an. An sang: "Als Lebender habe ich schon Schlechtes getan. Als Toter werde ich noch viel Schlechteres tun." Er sang und führte die Kinder zum Flusse hinab. Am Ufer angekommen, warf er erst alle Kinder in die Flut und ertränkte sie. Dann aber ertränkte er sich zuletzt auch noch.

Als die Kogoleute vom Felde heimkamen, suchten sie überall nach den Kindern. Sie fragten: "Wo sind denn nur die Kinder? Wo sind denn nur die Kinder ?" Die alte Frau, die zurückgeblieben war, sagte: "Wo die Kinder sind? Ich hörte, wie An die Kinder fragte, ob sie mit ihm zusammen hinab zum Kossue gehen wollten. Nachher ging er mit ihnen fort und sang: ,Als Lebender habe ich schon Schlechtes getan. Als Toter werde ich noch viel Schlechteres tun.' — Seht doch einmal am Flusse nach." Alle Leute liefen nun zum Flusse herab und begannen die Leichen der Kinder aufzusuchen. Sie begruben die toten Kinder.

Sie fischten auch die Leiche Ans heraus. Aber Leute, die an dieser Krankheit sterben, werden nicht begraben. Man setzt sie an einen Baum gelehnt auf einen Baumstumpf hin und läßt sie so. So setzten sie auch An nahe dem Dorfe hin. Dann gingen sie fort. Nach einiger Zeit kam eine Karawane von Djulla. Die Djulla stießen gegen die Leiche. Da fiel sie um. Die Kogoleute sahen das und sagten: "Ihr Djulla habt unseren Mann getötet. Zahlt uns sein Leben, oder wir werden euch all euere Waren wegnehmen." Die Djulla sagten: "Wir haben das nicht getan. Wir sind harmlose Djulla (Kaufleute). Wir tuen nicht solche schlechten Sachen." Die Leute von Kogo aber sagten: "Zahlt, oder wir nehmen euch euere Sachen." Da bezahlten die Djulla für den toten An den Preis eines Lebenden.


24. Der Ahnherr der Spielleute (Gindoleßende)

Ein Bagi (Ahnherr) der Djongwe (Spielleute) vom Gindostamme lebte in Sadia, das im Lande Kani-Boso (oder Kani-Bonso) gelegen ist. Dieser Spielmann war sehr arm. Eines Tages heiratete er ein Mädchen aus Gimbal.

Die Mutter der jungen Frau starb. Die junge Frau sagte: "Ich will hingehen, meine Mutter zu beklagen und beweinen." Der Spielmann in Sadia wußte nicht, was er zu dem Trauerfeste anziehen sollte, konnte also nicht mitgehen und sagte: "Geh voran, ich suche mir nur ein Kleid. Sobald ich es gefunden habe, komme



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ich nach." Die Frau ging. Sie ging nach Gimbal. Sie blieb in Gimbal zwei Jahre und wartete auf ihren Mann. Aber der Mann kam nicht.

In Gimbal war auch ein Spielmann namens Tamme-Tessuge. Der hörte diese Sache wie alle anderen Leute, und er sang: "Weshalb kommt der Spielmann aus Sadia nicht mit seiner Frau, um seine Schwiegermutter zu begraben? Die Frau kam. Der Mann blieb fort. Die Frau blieb und wartete. Der Mann kam nicht. Der Mann wird nicht haben, worein er sich kleiden könne. Hat der Mann keine Kleidung? Hat der Mann keinen Acker? Hat der Mann kein Geld? Wird er nie kommen?"

Der Bagi der Spielleute, der Gindo in Sadia, hörte das, und er ließ dem Tamme-Tessuge sagen: "Warum ich nicht komme? — Weil ich ein Unglücklicher bin. — Ob ich nie kommen werde? — Ich werde kommen, wenn drei Jahre verstrichen sind. Dann werde ich meine Schwiegermutter beweinen." Der Bagi der Spielleute von Sadia wartete, bis etwa drei Jahre seit dem Tode seiner Schwiegermutter verstrichen waren. Dann ging er umher und suchte sich ein Kleid zu leihen. Aber niemand wollte ihm ein Kleid geben. Er konnte kein Kleid bekommen, um darin würdig nach Gimbal zu reisen, seiner toten Schwiegermutter die Ehre zu erweisen und seine Frau abzuholen.

Da ging der Bagi der Spielleute von Sadia in den Busch. Er suchte sich ein Stück Rinde, klopfte die und bereitete sich so ein Stück Djau (Rindenstoff). (Solche Rindenstoffe wurden also früher nicht nur im Süden der Mandeländer, im Tukorro, sondern auch hier in Massina angefertigt. Übrigens kennen auch die Malinke und Kassonke diese Rindenstoffe. Die Kassonke nennen sie Djapo und verwenden sie zum Beispiel zur Herstellung der Maske der Mumbo Jumbo.) Als sein Rindenstoffkleid fertig war, sandte er nach Gimbal die Nachricht: "Morgen werde ich kommen, werde meiner Frau alle Ehre erweisen und sie heimholen." Darauf füllte er seinen Ziegenhautsack voll mit Baumwollsamenkörnern und machte sich auf den Weg. Als er in den Ort kam, versammelten sich sogleich alle Kinder um ihn. Er griff in seinen Sack und streute den Samen weit umher. Die Kinder fielen schnell und sich überschlagend darüber her, denn sie meinten, es seien Kaurimuscheln.

Der Bagi der Spielleute von Sadia aber sang: "Ich kam nicht, weil ich arm bin. An Stelle eines Stoffkleides bereitete ich mir ein Kleid aus Rinde. An Stelle der Kaurimuscheln nahm ich Baumwollsamenkorn



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mit." Der Spielmann Tamme vom Stamme der Tessuge sang: "Hast du keinen Stamm? Hast du keine Familie? Hast du keine Kameraden? Kein Mensch hat dir gegeben." So sangen sie alle Tage.

Als die Familie der Frau des Spielmannes das hörte, sagte sie: "Das ist nicht Gesang, das ist Wahrheit. Wir wollen die Ehe trennen. Der Mann ist zu arm." Sie bereiteten die Ehetrennung vor. Der Spielmann vom Stamme der Tessuge in Gimbal aber sang: "Trennt die Ehe nicht. Wer gesund ist, kann noch sein Glück machen. Tut nichts Schlechtes. Jeder kann sein Ziel erreichen." Darauf unterließen sie die Ehetrennung. Der Spielmann der Gindo kehrte in sein Dorf zurück, und seine Nachkommen sind heute wohlhabende und angesehene Leute.


25. Der wohlhabende Tyrann (Gindolegende)

Im Dorfe Songobia, das im Bassarelande (im Süden von Kani-Bonso) liegt, lebte ein Kaddo mit Namen Sagare, der war vom Stamme der Gindo. Dieser Kaddo wahr sehr wohlhabend. Er hatte siebzig Reiter und Pferde. Er war der Reichste im ganzen Bassarelande. Deswegen wagte in Songobia niemand etwas gegen seinen Willen zu sagen und zu tun. Das war es, was ihn verdarb, so daß er seine Allgewalt auch auf das Land auszudehnen begann.

Nahe bei Songobia lag das Dorf Garu. In Garu starb eines Tages ein Mann. Nun begingen die Leute von Garu an jedem Abend ein Trommelfest zu Ehren des Verstorbenen. Sagare fragte: "Was haben die Leute von Garu?" Man antwortete ihm: "In Garu ist ein Mann gestorben. Nun tanzen sie abends zu Ehren des Toten." Sagare sandte sogleich eine Nachricht nach Garu und ließ sagen: "Ihr könnt heute noch einmal trommeln und tanzen; dann aber muß das ein Ende nehmen, denn ich kann nicht schlafen." Die Garuleute hörten das und antworteten: "Sagare soll seine Sachen in seinem Dorfe erledigen. Unser Dorf geht ihn nichts an. Uns ist es gleich, ob Sagare ein reicher oder ein armer Mann in Songobia ist. Hier hat er nichts zu sagen."

Die Leute von Garu ließen sich nichts sagen. Sie tanzten weiter zu Ehren des Toten - einen Tag nach dem anderen, allabendlich. Sagare sandte jeden Tag eine Nachricht und erhielt jeden Tag die Antwort: "Es geht dich nichts an." Nach sieben Tagen ließ Sagare



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den Leuten von Garu sagen: "Gut - tut jetzt wie ihr wollt. Ihr werdet meine Neuigkeiten schon seinerzeit hören."

Als nun einige Monate später die ersten Regen der nassen Jahreszeit fielen, bestellten die Garuleute in der Ebene ihre Äcker. Da sandte Sagare unversehens seine siebzig Reiter aus. Die fielen über die Bauern her. Jeder der siebzig Reiter tötete einen Mann aus Garu und nahm einen zweiten gefangen. So kamen siebzig Garuleute ums Leben und siebzig andere wurden gefangen nach Songobia gebracht. Als das geschehen war, sandten die Garuleute an Sagare eine Botschaft und ließen ihm sagen: "Du hast siebzig von unseren Leuten getötet und hast siebzig gefangen mit fortgenommen. Mit den siebzig Getöteten laß es nun sein Bewenden haben und sende uns die Gefangenen zurück. Wir erkennen deine Macht an." Sagare antwortete: "Ihr habt mir eine schlimme Antwort gegeben. Dafür will ich euch strafen." Er überlegte einige Zeit. Dann sandte er eine Nachricht und ließ den Garuleuten sagen: "Ich will euch euere Leute freigeben; zahlt mir für jeden der Gefangenen 100000 Kauri (= etwa 160 Frank heutigen Wertes). Das genügt mir als Strafe." Die Garuleute waren damit einverstanden und sandten die Kauri. Sie erhielten ihre Gefangenen. Als die Kaurimuscheln ankamen, sagte Sagare: "Ihr seid von meinem Stamme. Deshalb will ich das Lösegeld nicht ausgeben. Ich will mir einen Sitz daraus machen lassen, auf dem ich täglich Platz nehme." So spottete er auch noch der Garuleute.

Aber nicht nur die Leute von Garu, sondern auch von Songobia waren über diese Weise so zornig und erregt, daß die Gindo nach dem Tode Sagares seine Familie als Damma erklärten, damit niemand sich mit den Nachkommen Sagares verheirate. Seitdem sprach und heiratete kein Vornehmer mehr die Sagaresprossen. Sie verkamen.


26. Der Protz (Togolegende)

Im Orte Tendella, im Lande Seno, lebte der Kaddo Serre, der vom Stamme (Tiga) der Togo war. Dieser Mann war über alle Maßen reich, viel reicher als irgendein anderer im Lande Seno. Eines Tages rief er alle seine Angehörigen und Stammesgenossen zusammen und sagte zu ihnen: "Ich habe jetzt so ungeheuere Massen von Korn, daß ich nicht weiß, was ich damit machen soll." Einer der Angehörigen sagte: "Nun, so verschenke doch an arme Leute, an solche, die nichts haben." Serre sagte: "Nein, das paßt mir nicht." Ein



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anderer sagte: "Nun, so leih doch Saatkorn aus an die, die eine Mißernte hatten und die nun in Sorge sind." Serre sagte: "Nein, das paßt mir nicht." Ein anderer sagte: "Nun, so verkaufe doch dein Korn und schaff dir dafür Vieh an." Serre sagte: "Nein, das paßt mir nicht."

Keiner konnte ihm einen Rat geben. Serre sagte: "Sendet mir für Verarbeitung des Kornes alle jungen Mädchen." Die Leute gingen auseinander und sandten ihre jungen Mädchen. Es kamen hundert junge Mädchen zusammen. Er gab ihnen das Korn. Die Mädchen nahmen die Mahlsteine. Die hundert Mädchen neben sieben Tage und sieben Nächte lang ununterbrochen Korn. So ward eine ungeheuere Menge Mehl hergestellt. Als alles Korn vermahlen war, sagte Serre: "So, nun bringt auch Wasser herbei. Wir wollen das Mehl mit Wasser anreiben und daraus eine kleine Mauer herstellen, die mir als Sitz dienen soll, wenn wir Beratungen pflegen." Als die anderen Habbe seiner Familie das hörten, kamen sie herbei und sagten: "Laß das, Serre! Laß das! Das ist gegen alles Recht." Serre sagte: "Laß mich doch mit meinem Überfluß machen, was ich will. Ich bin reich. Ich kann so etwas tun. Mein Recht ist ein anderes - so reich bin ich!" Die anderen Habbe gingen von dannen. Serre ließ das Mehl mit Wasser anrühren. Er ließ daraus Stücke formen, die wie Luftziegel waren. Er ließ aus den Mehlziegeln die kleine Mauer errichten. Er ließ in die Mauer Kaurimuscheln in Mustern einlegen.

Wenn Beratungen gepflogen wurden, setzte Serre sich auf diese Mauer. Die anderen nahmen neben ihm Platz.

Eines Tages hatte Serre eine Mißernte. Er hatte auf einem seiner Felder nicht einen einzigen Kolben Korn. Er mußte Vieh verkaufen, um Korn für Nahrung und Saat anzuschaffen. Im nächsten Jahre war es wieder so. So ging es Jahr für Jahr. Serre mußte sein Rindvieh, seine Pferde verkaufen. Ein Teil seiner Leute starb vor Hunger. Ein Teil seiner Leute lief von dannen, um nicht dieses Leben mitführen zu müssen. Er hatte zuletzt nur noch einen einzigen Esel und ein einziges Mädchen. Das war alles, was von seinem Reichtum übriggeblieben war. Um nicht Hungers sterben zu müssen, kratzte er täglich etwas von seiner kleinen Mauer ab, bis auch die aufgezehrt war.

Als auch die kleine Mauer verbraucht war, sagte er eines Tages: "Ich will zu dem König der Ganna, zu Alle Sogole, reiten und will ihn um Saatkorn bitten. Der Gannakönig ist reich und freigibig,



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und meine Familie will mir nichts mehr geben." Serre setzte sich mit seiner kleinen Tochter auf den Esel und ritt in das Land Ganna.

Der König Alle Sogole hielt gerade Audienz ab. Rund um ihn saßen die vornehmen Mitglieder und Fremden, alle in schönen Gewändern. Da kam Serre auf seinem Esel in seinen schmutzigen alten Kleidern angeritten. Der König Alle Sogole wechselte mit ihm alle Grüße und fragte ihn, woher er komme. Er sagte: "Ich komme aus Tendella." Der König Alle Sogole sagte: "Mann aus Tendella, mach es dir bequem. Du sollst sofort ein Quartier haben." Und er ließ ihn sogleich in ein gutes Haus bringen. Der König Alle Sogole wußte aber nicht, daß der andere der früher so wohlhabende Serre war.

Als der König mit seinen Geschäften fertig war und alle anderen entlassen hatte, sagte er zu seinen Leuten: "Bringt mir in meine Halle eine Schale mit Hirsebier, legt mir zur Seite ein Fell, daß sich der eben angekommene Fremde aus Tendella darauf niederlassen kann, laßt einen Knaben zum Bedienen kommen und ruft mir den Fremden." Die Leute gingen und riefen Serre. Der König sagte: "Nun, fremder Mann, trinke einen langen Zug, denn du hast eine Reise hinter dir und mußt durstig sein." Serre sagte: "Ich kann nur sehr wenig trinken." Der König sagte: "Weshalb das?" Serre sagte: "Ich habe solange gehungert, und es ist mir so schlecht ergangen." Der König sagte: "Wenn es sonst nichts ist, so trinke nur in aller Seelenruhe, denn jetzt bist du bei mir und somit vor Hunger geschützt. Du wirst alles bekommen, was du brauchst. Trinke nur."

Sie tranken zusammen. Nach einiger Zeit fragte der König: "Du kommst aus Tendella. Lebt denn der reiche Serre noch, der sich seinerzeit aus überflüssigem Mehle eine Sitzmauer machen ließ?" Serre sagte: "Ja, er lebt noch." Der König fragte: "Hat er denn noch so viele Kühe und Rinder?" Serre sagte: "Nein, er hat alle seine Herden verkaufen müssen, weil er keine Ernte hatte." Der König fragte: "Hat er denn noch seine vielen Pferde?" Serre sagte: "Nein, er hat alle seine Pferde verkaufen müssen, weil er gar nichts mehr zu essen hatte." Der König fragte: "Hat er denn noch so viele Menschen, Kinder, Haussklaven und Arbeiter?" Serre sagte: "Nein, die hat er nicht mehr. Ein Teil ist vor Hunger gestorben, ein anderer Teil ist davongelaufen, um nicht das gleiche Ende zu nehmen. Er selbst hat sein Mäuerchen aus überschüssigem Mehl aufgegessen und hat nun nichts mehr als seinen Esel und ein kleines



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Mädchen." Der König sagte: "Sieh, so geht es den Menschen." Serre sagte: "Ja, so geht es den Menschen. Serre war einst reich und stolz und übermütig, und nun sitzt Serre in schmutzigen, alten Kleiderfetzen vor dir." Der König sagte: "Du bist Serre?" Serre sagte: "Ja, ich bin der gleiche." Der König sagte: "Was willst du?" Serre sagte: "Ich habe nichts mehr, gib mir etwas Korn zum Säen." Der König sagte: "Nimm du soviel du nötig hast, mit dir."

Der König Alle Sogole gab Serre reichlich Saatkorn. Serre stieg mit seinem kleinen Mädchen und dem Korn auf den Esel und ritt von dannen, nach Hause.

Am anderen Tage hielt der König wieder Audienz ab. Er sagte zu seinen Vornehmen: "Wißt ihr, wer der Mann ist, der in schmutzige Lumpen gehüllt mit dem kleinen Mädchen gestern auf dem Esel hier ankam?" Die Leute sagten: "Nein, wir wissen es nicht." Der König sagte: "Ihr habt doch alle von dem reichen Serre gehört, der so übermütig war, daß er sich ein Mäuerchen aus überflüssigem Mehle bauen ließ?" Die Leute sagten: "Von dem haben alle gehört." Der König sagte: "Nun, der Bettler auf dem Esel, der gestern hier war, um mich um ein wenig Saatkorn zu bitten, das war der gleiche Serre, der seinerzeit nicht auf seine Familie hören und anderen keine Wohltaten erweisen wollte." Einige Leute sagten: "Das ist kaum möglich." Der König sagte: "Wenn ihr den Beweis haben wollt, so laßt aus jedem Haushalte je eine Mulle Korn kommen, tut alles in Lasten und sendet ihm das. Sorgt aber dafür, daß euer Korn nicht mit meinem Saatkorn zusammenkommt." Die Leute taten so. Es kamen 1200 Mullen Korn zusammen.

Ehe aber dieses Korn noch ankam, war Serre gestorben. Nachdem er solange nicht gegessen hatte, hatte er im Heißhunger die Hälfte des vom Könige erhaltenen Saatkornes auf einmal gegessen, und da er an Nahrung nicht mehr gewöhnt war, starb er sogleich. — Bis heute ist die Nachkommenschaft Serres arm geblieben.


27. König und Spielmann (Gindolegende)

Seinerzeit war Konondjong ein Kaddo in Bankassi, ein großer und mächtiger König (König = panga-gung; Plural: pangama). — Er war vom Stamme der Gindo und der mächtigste Gindokönig aller Zeiten. Eines Tages kam ein Spielmann aus Korro zu ihm und sang vor ihm und bat singend um eine Gabe. Der König fragte ihn: "Was willst du?" Der Spielmann sagte: "Ich bitte um



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eine kleine Gabe." Der König sagte: "Was, einen so großen, großen König wie mich belästigt er mit solcher Bitte." Er rief seine Sklaven und sagte: "Zieht ihm das Kleid aus und versetzt ihm fünfzig Streiche mit dem Knotenstrick." Die Sklaven nahmen den Mann, entkleideten ihn und schlugen ihn. Der Spielmann ging nach Korro zurück.

In Korro wohnte ein Vornehmer mit Namen Gimmile. Er war ein Vornehmer, aber er wußte Lieder zu machen und zu singen. Gimmile hörte, was dem armen Spielmann widerfahren sei, und er dichtete ein Lied, das lautete: "Der König hat einen großen Bauch —der König hat einen Kropf -der König hat einen Buckel. Man sieht es nicht. Aber du hast das alles, König Konondjong!" Gimmile dichtete das. Bald sangen es einige, dann alle Leute von Korro. Bald sang man es auch anderweitig im Lande. Die Leute sangen es beim Wassertragen; die Frauen sangen es beim Mehlreiben; die Männer sangen es beim Weben. Überall ward es gesungen. Der König selbst hörte es überall.

Da ließ der König eines Tages wieder den Spielmann rufen, den er seinerzeit hatte schlagen lassen. Er schenkte dem Spielmann 100000 Kauri, ein Pferd, eine Kuh, einen Ochsen. Dann sagte er: "Sorge dafür, daß der Gesang Gimmiles nicht mehr gesungen wird." Der Spielmann sagte: "Ich bin nicht der große König. Wenn der große König nicht einmal den Gesang des Gimmile verhindern kann, kann ich es noch viel weniger."

Das Lied Gimmiles blieb bestehen und wird heute noch gesungen.


28. Das Totengericht (Togolegende)

Im Gebiet von Kani-Bonso lebte ein Kaddo namens Kambëu. Der war vom Stamme der Togo. Das war ein fleißiger und sehr guter Mann, der in aller Leute Munde einen ausgezeichneten Namen führte. Er war fröhlich, liebte zu singen und zu tanzen. Seine Frauen hatte er aus guten Familien genommen, und er hielt sie gut. Da auch unter ihnen keine einzige mit schlechtem Rufe oder von schlechter Art war, so waren er und sein Gemeindewesen überall außerordentlich beliebt. Deshalb wurden seine Familienangehörigen eifersüchtig, und sie begannen ihm nach dem Leben zu stellen. Drei Jahre lang verfolgten sie ihn. Sie wollten ihn mit einem Zaubermittel töten, und um das anzuwenden, suchten sie ein Hosenband Kambëus zu erlangen. Sie suchten und fanden nach



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drei Jahren alles, was nötig war. Es war jetzt nur noch die Frage, ob man ihn nur krank machen, oder ob man ihn töten wolle. Eines Tages war alles bereitet und Kambeu starb.

Kambeu hinterließ einen jüngeren Bruder, der stammte vom gleichen Vater und gleicher Mutter. Der Bruder beschloß, noch ehe der Tote begraben sei, den herauszusuchen, der seinen ausgezeichneten Bruder getötet hatte. Er suchte und suchte. Aber er fand niemand. Er fragte das Erdorakel. Das Erdorakel antwortete nur: "Ein Mensch hat Kambeu getötet." Aber das Erdorakel sagte nicht, wer der Mörder war. Kambeu hatte einen guten Freund und Kameraden hinterlassen. Der kam zu dem Bruder Kambeus und sagte: "Wir wollen den Mörder deines Bruders suchen und wir werden ihn finden. Ich habe einen treuen Genossen, der ist unfehlbar. Der wird nun helfen. Der treue Genosse ist ein dreijähriger Hahn. Komm, wir wollen dem dreijährigen Freunde seine Arbeit geben." Der Bruder sagte: "Das ist gut."

Der Kamerad und der Bruder gingen mit dem dreijährigen Hahn in den Busch. Sie suchten eine Kolonne der großen Wanderameisen und folgten ihrem Weg bis dahin, wo sie aus der Erde kamen. Dort kratzte der Kamerad den Boden auf, und dann legten sie den Hahn hinein. Hierauf schlossen sie die Grube wieder. Der Kamerad sagte: "Warte nun ab. Nun wird mein Hahn den Mörder deines Bruders verfolgen. Er wird ihn verfolgen, bis er tot ist. Er kann uns nicht mehr entgehen." Darauf begaben sie sich in das Dorf zurück.

Im Dorfe bereiteten sie die Leiche zur Bestattung vor. Dann richteten sie einen großen Tamtam ein und begannen das Totenfest. Der Kamerad sang: "Kamböu war ein vorzüglicher Mann. Kambeu hatte einen vorzüglichen Namen. Kamböu mußte darum sterben, denn andere gönnten ihm nicht die Ehre." Nun wollte man den Toten in das Grab tragen. Einer der Dorfbewohner wollte die Leiche auf den Kopf nehmen. Der Kamerad sagte: "Nein, das darf nicht sein. Nicht ein Dorfbewohner darf den Toten nehmen. Das muß ein Mann tun, der nichts mit den Angelegenheiten unseres Stammes zu tun hat. Das muß ein Fremder tun, der unsere Familien nicht kennt."

Ein Mann aus einem anderen Dorfe nahm den Toten auf den Kopf und trug ihn. Er wollte ihn dahin tragen, wo die Toten verscharrt werden. Er machte sich auf den Weg. Der Bruder und der Kamerad folgten. Aber der Leichenträger konnte den Weg zum



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Kirchhof nicht gehen. Er ward gezwungen eine andere Richtung einzuschlagen. Er konnte nicht anders, als auf den Busch zuzugehen. Der Bruder und der Kamerad folgten. Der Leichenträger mußte in den Busch gehen, genau dahin, wo der dreijährige Hahn vergraben war. Über der Stelle mußte er stehenbleiben. Der Kamerad sagte: "So, mein guter Genosse, du machst deine Sache gut. Nun zeige uns den Mörder des Toten."

Darauf mußte der Träger mit der Leiche nach dem Dorfe zurückgehen. Er mußte gehen, ob er wollte oder ob er nicht wollte. Der Bruder und der Kamerad folgten. Im Dorfe ward der Träger zu einem bestimmten Gehöft gedrängt, und hier ward er gezwungen) gegen eine Tür zu fallen, ob er wollte oder ob er nicht wollte. Die Leute öffneten ihm die Türe. Der Träger der Leiche ward in ein Haus gedrängt. In der Mitte blieb er stehen. Der Bruder und der Kamerad gruben an der Stelle die Erde auf und fanden einen Topf, der da vergraben war. Darin war ein Zaubermittel, ein Stück von einem Fingernagel und außerdem das Hosenband des Toten. Darauf wußte man, daß in diesem Hause der wohnte, der den ausgezeichneten Kambeu mit Zaubermitteln getötet hatte. Der Bruder und der Kamerad brachten nun den Toten zur Bestattungsstelle und vermauerten ihn.

Dann aber gingen sie heim, nahmen ihre Gewehre und töteten den Mörder. Es entspann sich daraufhin ein Streit zwischen den Geschlechtern. In einer Familie waren fünfundzwanzig, in der anderen fünfzehn Tote. Seit damals ist es im Lande Kani-Boso (oder Kani-Bonso) verboten, die Toten auf den Köpfen einzelner zur Bestattung tragen zu lassen. Man läßt sie jetzt von zwei Leuten wegführen.


29. Der Pferdedieb (Togolegende)

Im Lande Kane war ein Kaddo namens Kamb€u, der tat alles Schlechte, was man tun kann. Er wußte die Leute mit Zaubermitteln einzuschläfern. Wenn sie schliefen, beraubte er sie. Er raubte alles, vor allem Vieh und Pferde und gab sich als ein ganz besonders tapferer Mann aus. Das blieb so eine lange Zeit, und es gelang niemand, den frechen Räuber zu fassen.

Eines Tages hörte das ein reicher Fulbe. Der wohnte unten im Tale. Der sagte: "Dieser Kamböu sollte einmal zu mir kommen. Das möchte ich wohl. Es wäre mir aber gleich. Ich will mein Pferd hier draußen anbinden und ich will sehen, ob der Mann es wagt,



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mir das Pferd zu stehlen. Er soll etwas erleben!" Der Fulbe band sein Pferd an einen starken Pfahl und machte einen Holzzaun darum. — Diese Sache ward Kambeu wiedererzählt. Kambeu sagte: "Nun, ich werde ja sehen."

Kambeu band darauf den Namen des Fulbe Ali auf sein Zaubermittel. Dann machte er sich eines Tages auf. Er versteckte sich in dem Grashaufen, der als Futter für das Pferd des Fulbe Ali aufgeschichtet war. Er blieb einen Tag und eine Nacht darin. In der Nacht band er das Pferd ab. Er setzte mit dem Pferde über den Holzzaun und rief: "Ali! Ali Vergiß nicht, was du gesagt hast. Ich reite mit deinem Pferde heute auf unseren Felsberg." Ali wachte auf. Er sah Kambeu von dannen reiten und rief ihm nach: "Gib acht! Du wirst mir das Pferd ganz von selbst wiederbringen." Kambeu ritt mit dem Pferde auf den Berg.

Kamböu sagte am nächsten Tage zu den anderen Habbe: "Geht heute nicht in das Tal. Denn heute in der Nacht habe ich dem Fulbe Ali sein Pferd genommen." Seine Stammesgenossen sagten: "Was geht uns das an? Wenn du Pferde stiehist, kannst du das auch selbst in Ordnung bringen." Sie hörten nicht auf Kamböu, sondern gingen in die Ebene. Der Fulbe Ali aber hatte hundertzwanzig Reiter. Diese hundertzwanzig Reiter fielen über die im Tale arbeitenden Habbe her, töteten fünfundzwanzig Leute und nahmen zwölf gefangen. Dann sandte der Fulbe Ali an Kambeu eine Nachricht und ließ ihm sagen: "Entweder du bringst mir mein Pferd zurück oder ich mache es jetzt alle Tage so."

Die Habbe im Felsendorfe ersannen nun ein Lied, das lautete: "Kamb&i sagt, er sei ein tapferer Mann. Kambeu tötet Leute im Dorfe und im Busch. Wenn Kamböu wirklich tapfer ist, kämpft er mit dem Fulbe Ali Die Frauen sagen aber, Kambeu sei nicht tapfer. Die Frauen sagen, Kamböu sei nichts als ein Räuber." Alle Frauen sangen das oben im Dorfe. Als Kambeu das hörte, merkte er, daß seines Bleibens im Dorfe nicht mehr lange sein würde, wenn er nicht einen Wandel schaffe. Als er hörte, daß alle Welt ihn beschimpfte, nahm er das Pferd des Fulbe Ali und führte es zu einem Spielmann, der in einem benachbarten kleinen Weiler wohnte. Er gab ihm das Pferd und sagte: "Bringe das Pferd zu dem Fulbe Ali und frage ihn, ob er die zwölf Gefangenen nicht wieder herausgeben wolle." Der Spielmann nahm das Pferd und führte es zu dem Fulbe Ali Er fragte den Fulbe Ali: "Willst du die zwölf Gefangenen herausgeben?" Der Fulbe Ali sagte: "Was soll ich mit dem Pferde?



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Ist das Pferd mehr wert als fünfundzwanzig Tote und zwölf Gefangene? Gib das Pferd Kamböu wieder und sage ihm, er solle es mir selbst wiederbringen und so die zwölf Gefangenen auslösen. Die Toten kann man ja doch nicht zum Leben zurückrufen." Der Spielmann nahm das Pferd, brachte es zurück und sagte alles dem Karnbeu. Als der Spielmann aber gegangen war, legte der Fulbe Ali am Wege, auf dem Kamböu kommen mußte, Wächter in den Busch.

Als die Botschaft zu Kamböu kam, machte er sich auf den Weg, um mit dem Fulbe Ali zu kämpfen. Der Fulbe Ali nahm ihn aber gefangen, tötete ihn, ließ ihm den Kopf und alle Glieder abschneiden und alles im Busche verstreuen. In das Habbedorf sandte er aber die Nachricht: "Tut so etwas nicht wieder."

Ein Kaddo ging eines Tages in den Busch, um Holz zu fällen. Er fand den Körper eines Menschen und sagte: "Dieser Körper sieht doch ganz so aus, wie der des Kamböu. Nur, daß er keine Arme und Beine und keinen Kopf hat."

Man sagt heute noch in den Liedern der Habbe: "Die Habbe können überall Schlechtes tun. Aber niemals gegen die Fulbe."


30. Die erarbeitete Frau (Karambelegende)

In dem Dorfe Bolemba, im Lande Signi, lebte ein Kaddomädchen mit Namen Samme (oder Sammi). Das war vom Stamme der Karambe. Dieses Mädchen war sehr hübsch. Sie wußte ausgezeichnet zu singen und zu tanzen. Vor allen Dingen aber arbeitete sie wie keine zweite Frau im Lande Pignari. Es kamen viele Männer, um sie zu heiraten. Sie sagte zu jedem: "Komm, wir wollen zusammen auf dem Felde arbeiten. Schaffst du mehr als ich, so will ich dich zum Manne haben." Aber jedesmal, wenn es ans Arbeiten ging, zeigte es sich, daß Samme mehr schaffte als alle Männer. Darauf ließ Samme im Lande sagen: "Ich heirate nur den, der bei der Feldarbeit mehr leistet als ich." Es kamen nun viele Männer aus allen Dörfern Pignaris, aber keiner vermochte Samme in der Arbeit zu übertrumpfen.

Im Pignaridorfe Badjugu lebte ein Bursche mit Namen Aldjuma Bamba. Der war auch vom Stamme der Karambe und in seiner Gemeinde bekannt als ein Mann, den niemand bei der Ackerarbeit zu übertreffen vermöge. Oftmals sagten Kameraden und Freunde zu ihm: "Das ist eine Sache für dich! Miß dich doch mit der Samme



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in der Ackerarbeit!" Aldjuma Bamba sagte: "Was soviele nicht gekonnt haben, kann ich auch nicht. Ich bin außerdem weder hübscher noch besser als andere Leute in Pignari, sondern nur ärmer."

Lange Zeit hindurch und oftmals redeten die Freunde und Kameraden ihm zu, den Versuch zu unternehmen. Eines Tages sagte er: "Gut, ich werde es tun. Zwei von euch können mit mir kommen!" Sie nahmen ihre Hacken (Ina oder kong bei den Habbe, die Daba der Mali und Bammana). Die Hacke Aldjuma Bambas war länger als anderer. Ihr Stiel reichte den Männern bis an die Hüfte. Aldjuma Bamba machte sich mit seinen beiden Kameraden auf den Weg.

Die drei Burschen aus Badjugu kamen in die Umgebung von Bolemba. Sie fragten die Leute: "Wo ist der Acker der Samme?" Die Leute zeigten ihn. Die drei Burschen begaben sich sogleich dahin. Auf dem Acker arbeiteten gerade der Vater des Mädchens, Samme selbst, ihr älterer Bruder und ihre jüngere Schwester. Samme sang bei der Arbeit. Die Burschen kamei heraus. Aldjuma Bamba sagte dem Vater seinen Gruß. Als Samme das hörte, beugte sie sich von der Arbeit auf und sang: "Da kommt ein Mann, mich und meine Arbeit anzusehen. Er wird nichts anderes sehen, als daß ich immer in derselben Weise wie bisher arbeite." Aldjuma Bamba sagte: "Ich bin nicht hübscher, reicher, besser als irgendein anderer Mann in Pignari. Nur bin ich arm. Aber ich weiß ein wenig zu arbeiten. Ich hörte deine Nachricht und daß du nur den heiraten willst, der besser arbeiten kann als du. Nun bin ich hier."

Samme sagte: "Es ist gut. Wir wollen arbeiten. Vater, sieh du zu." Nun arbeiteten Samme und Aldjuma Bamba um die Wette, der eine Kamerad mit Sammes älterem Bruder, der andere Kamerad mit Sammes jüngerer Schwester. Aber sie hatten noch nicht lange gearbeitet, da sang Samme: "Bis heute sah ich nur Männer, heute erst sehe ich meinen Mann neben mir und vor mir arbeiten. Aldjuma Bamba hatte recht. Er ist nicht schöner als andere Männer. Aber er weiß zu arbeiten wie kein zweiter."

Sie hörten nachher mit arbeiten auf. Nach allen Seiten ward die Nachricht gesandt, Samme Karambe hat den Aldjuma Bamba kennen gelernt. Sie hat mit ihm gearbeitet, er weiß besser zu arbeiten als sie. Sie wird mit Aldjuma Bamba Karambe nach Badjugu gehen und seine Frau werden." So heirateten sie. Samme ging mit ihrem Manne in sein Dorf.

Viele Leute in Badjugu waren auf Aldjuma Bamba eifersüchtig



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und mißgönnten ihm seine ausgezeichnete Frau. Viele Leute suchten die Ehe zu trennen. Sie sagten hinter seinem Rücken zu Samme: "Dein Mann kann ja ein wenig arbeiten, das ist wahr. Aber sieh nur, wieviel wohlhabende Männer es hier im Dorfe gibt, mit denen du auch glücklich und noch viel glücklicher sein könntest." Die Leute aber vermochten nichts auszurichten. Sie vermochten die Ehegatten nicht auseinanderzubringen, denn Samme sagte: "Ich bin mit ihm sehr glücklich. Er ist ein braver, tüchtiger Mann."

Einige Leute waren ganz besonders eifersüchtig auf Aldjuma Bamba. Sie wollten versuchen, Samme für sich zu gewinnen. Sie sagten untereinander: "Wir wollen ihn töten. Wir wollen Aldjuma Bamba töten. Dann wird Samme einen von uns heiraten." Eines Tages gingen sie hinter Aldjuma Bamba her, überfielen ihn im Busch, töteten ihn und warfen den Leichnam in ein felsiges Bachbett. Dann kehrten sie am Abend nach Badjugu zurück.

Samme wartete den ganzen Tag auf ihren Mann. Am Abend sagte ein Mann zu ihr: "Du hast verweinte Augen, was ist dir?" Samme sagte: "Ich warte auf meinen Mann. Er versprach heute morgen noch wiederzukommen, und er ist doch noch nicht heimgekehrt." Ein Mann sagte: "Ach, er wird ein wenig weitergegangen sein, um noch ein wenig Honig zu suchen." Andere sagten: "Ja, so wird es sein." Samme sagte: "Nein, so ist es nicht." Abends spät sagte ein Mann zu ihr: "Weißt du, wenn dein Mann gestorben ist, wirst du dann einen von uns heiraten?" Samme sagte: "Nein, dann heirate ich nicht wieder." Der Mann sagte: "Ich glaube nicht, daß Aldjuma Bamba heute wiederkommt, denn wir haben ihn heute früh im Busche getötet."

Am anderen Morgen ordnete Samme ihre Haare und Kleider und ging zu dem Manne, der gestern abend zuletzt mit ihr gesprochen hatte und sagte zu ihm: "Sage mir, wo ihr meinen Mann getötet habt." Der Mann sagte: "Ach, das war ja Scherz. Ich war gestern abend betrunken. Wir haben deinen Mann nicht getötet. Er wird sicher heute wiederkommen." Darauf schrie Samme laut auf, so laut, daß viele Leute im Dorfe es hörten und viele gutgesinnte Männer herbeikamen und fragten: "Was gibt es?" Samme sagte: "Mein Mann ist seit gestern nicht wiedergekommen! Dieser Mann hat mir gesten abend in der Betrunkenheit selbst gesagt, daß er mit anderen meinen Mann getötet habe. Denn sie wollten mich haben. Nun will ich wenigstens wissen, wo die Leiche meines Mannes ist." Die anderen nahmen den Mann sogleich gefangen. Der Mann sagte:



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"Ich war es nicht allein. Wir waren sieben Männer." Darauf wurden alle sieben Leute gefesselt. Die Leute sagten: "Wir wollen alle sieben töten; aber erst sollen sie uns zeigen, wo die Leiche ist." Darauf mußten die sieben die Stelle im steinigen Bachbett zeigen, an der sie Aldjuma Bamba heruntergestürzt hatten. Als Samme dorthin kam und den Toten unten liegen sah, stürzte sie sich sogleich herab, schlug mit dem Kopf auf die Felsen auf und war tot.


31. Die erarbeitete Frau (Gindolegende)

Im Dorfe Dugokombo (westlich von Bandiangara) war ein Mann namens Badji Gindo. In Bandiangara lebte ein Mann mit Namen Antimbe Uologe. Beide Männer waren angesehen und wußten große Worte zu machen. Beide bewarben sich um das gleiche Mädchen, das in Bandiangara bei seiner Mutter lebte. Es wurde gesagt: "Derjenige soll das Mädchen erhalten, der schneller zu arbeiten versteht."

Es kam die Zeit der Ernte. Die Mutter sandte zu beiden Männern die Botschaft: "Kommt an dem und dem Tage und helft mir die kleine Hirse zu ernten." Beide Männer ließen antworten: "Wir werden kommen. Wir werden sehen, wer zuerst mit seinem Arbeitsteil fertig sein wird." Badji Gindo begann sogleich zu rüsten.

Badji brach in der Nacht des Tages auf, an dem die Erntearbeit verrichtet werden sollte. Er nahm Hirsebier und Trommeln und alle seine Leute mit. Es war Mondschein. Als Mitternacht vorüber war, begannen sie zu arbeiten. Die Trommeln trommelten, einige sangen. Andere tranken dann und wann, fingen einen Tanz an und begannen darauf wieder zu arbeiten. Die Leute in Bandiangara hörten das. Auch Antimbe Uologe hörte das. Er sandte Boten und sagte: "Seht, was für ein Fest auf dem Acker ist." Die Boten kamen zu dem Acker. Sie fragten: "Was macht ihr da? Wer seid ihr?" Die Leute sagten: "Wir sind Leute Badji Gindos. Wir ernten heute für eine Frau und ihre Tochter in Bandiangara. Wir sind schon zur Hälfte mit der Arbeit fertig."

Die Boten kehrten zurück und sagten zu Antimbe Uologe: "Es sind die Leute Badji Gindos aus Dugokombo, die für eine Frau und ihre Tochter in Bandiangara ernten. Sie sind schon zur Hälfte mit der Arbeit fertig." Antimbe Uologe sagte: "Schnell, nehmt alle eure Hacken. Wir wollen auch zur Erntearbeit und wollen helfen, damit uns diese Leute aus Dugokombo nicht zuvorkommen." Die



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Leute gingen sogleich hin, holten ihr Gerät und begaben sich auf den Weg.

Als aber Antimbe Uologe mit seinen Leuten auf dem Acker ankam, da hatte Badji Gindo mit seinen Leuten schon die ganze Ernte.. arbeit vollendet. Mit Antimbe Uologe war Jendi, eine Frau aus Bandiangara, gekommen. Sie begann vor Badji Gindo zu tanzen und sang: "Wenn dir eine Frau Kinder gebiert, so werden es gute Kinder werden. Badji Gindo ist ein guter Sohn, er wird ein guter Vater werden. Der eine arbeitet, der andere schläft. Der, der schläft, der wird die Frau nicht heiraten. Wer hat nun die Frau gewonnen?" Als Jendi das sang, begannen alle zu lachen. Antimbe Uologe aber sang: "Wir sind im gleichen Dorfe aufgewachsen. Wir sind Kameraden. Das Mädchen wird ihre Kameraden verlassen, um in ein anderes Dorf zu gehen. Sie wird in das arme Dorf Dugo-Kombo gehen. Ich habe nicht geschlafen. Ich lasse meine Kameraden aber nicht ohne Abschied gehen."

Als er so gesungen hatte, begann eine Schlägerei zwischen den Leuten aus Bandiangara und den Leuten aus Dugo-Kombo. Als aber die allgemeine Schlägerei im heftigen Gange war, kam der Hogon von Bandiangara und pflanzte seinen Szepterstab zwischen ihnen auf. Da mußten sie den Streit abbrechen.

Am Tage ließ der Hogon einen Mann aus Dugo-Kombo und einen aus Bandiangara zu sich kommen und fragte: "Was hat es heute morgen gegeben ?" Der Mann aus Dugo-Kombo und der aus Bandiangara erzählten die Sache. Darauf sagte der Hogon: "Badji Gindo war fleißig. Er hat die Frau verdient. Man soll sie ihm geben. Er war fleißig und hat schneller zur Arbeit gegriffen als Antimbe Uologe." So erhielt Badji Gindo die Frau.

Antimbe Uologe schlich sich aber eines Tages nach Dugo-Kombo. Er fand Badji Gindo neben seiner Frau schlafend. Da tötete er den Badji Gindo und floh dann auf den Felsberg Panga. Eines Tages wollte er die Frau Badji Gindos zwingen, ihn zu heiraten, da ertränkte sich diese im Flusse.

Darauf unterblieb während zwölf Jahren der Verkehr zwischen Bandiangara und Dugo-Kombo. (Das Dio-Kombe der Korte.)


32. Die Freunde (Gindolegende)

In Sadia (im Süden Kanis) lebte der König Anko Gindo. Anko Gindo hatte siebzig Frauen. Aber keine dieser Frauen ward



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schwanger. Von alle diesen siebzig Frauen bekam er kein Kind. Darauf nahm er eine Urussufrau (also eine Tara-mussu, wie die Malinke sagen würden), und diese ward auch sogleich schwanger. Am selben Tage, wie die junge Frau des Königs Anko, gebar auch die Frau des Spielmanns des Königs, und so waren Königssohn und Spielmannssohn gleich alt. Der Königssohn erhielt den Namen Badju. Der Spielmannssohn erhielt den Namen Gimmile (Gimmile war von dem Stamme der Drami).

Da Badju Gindo und Gimmile Drami am gleichen Tage geboren waren, ließ der König sie auf einen hohen Turm an der Verteidigungsmauer bringen und dort oben ihnen einen Wohnplatz herrichten. Wenn die kleinen Kinder schrien und genährt werden mußten, mußten die Mütter immer auf den Turm steigen und nachher ihn wieder verlassen. Und das blieb so, bis die Kinder nicht mehr die Mutterbrust nahmen und auch nachher. Die beiden Kinder kamen nie zur Erde herab, sie mußten immer oben bleiben und sahen die Erde und das Leben auf der Erde nicht anders, als von ihrem Turme aus. Und das wurde nicht anders, als bis sie erwachsen waren. Als sie erwachsen waren, durfte Gimmile zuerst einmal heruntersteigen. Er ging herab, und da sah er eine junge Frau des Königs, die war sehr schön. Sowie er sie sah, hatte er sie sehr lieb. Es war aber eine Frau des Königs. Da wurde er traurig, stieg wieder auf den Turm zu Badju, band sich ein Tuch um den Kopf und legte sich in eine Ecke. Badju sagte: "Was ist dir, mein Gimmile?" Gimmile sagte: "Mir ist nichts Besonderes. Ich habe Kopfschmerzen." Badju sagte: "Wenn mein Gimmile Kopfschmerzen hat, habe ich auch Kopfschmerzen." Er band sich ein Tuch um den Kopf. Badju und Gimmile waren so gute Freunde, daß sie nicht anders konnten, als alles miteinander zu teilen.

Nachher kam eine Frau mit dem Essen für die beiden auf den Turm. Beide Jünglinge lagen mit ihren verbundenen Köpfen nach der Wand zu und wandten sich gar nicht um. Badju sagte: "Nimm das Essen nur wieder mit, wir sind krank und wollen nichts haben. Badju und Gimmile sind krank." Die Frau nahm das Essen wieder mit herab, gab es der Mutter Badjus und sagte: "Badju und Gimmile sind krank. Sie wollen nichts essen." Badjus Mutter nahm darauf die Schüsseln und stieg auf den Turm. Sie sagte zu Badju: "Mein Badju, was fehlt dir?" Badju sagte: "Gimmile ging auf die Erde herab und kam dann mit Kopfschmerzen zurück. Du weißt,



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daß keiner von uns beiden etwas haben kann ohne den anderen! Nun habe ich auch Kopfschmerzen." Die Mutter sagte: "So iß doch." Badju sagte: "Ich kann nicht. Ich habe Kopfschmerzen. Gimmile ißt nicht. Da kann ich auch nicht essen." Die Mutter Badjus ging.

Als die Mutter Badjus gegangen war, wandte sich Badju an Gimmile und sagte: "Mein Gimmile, wir sind in der gleichen Stunde geboren. Wir haben das Leben bisher auf diesem Turme verbracht. Nie sah einer etwas ohne den anderen. Weshalb willst du mir heute nicht sagen, was du hast!" Gimmile sagte: "Ich will es dir sagen, mein Badju. Als ich in den Hof herabkam, sah ich eine schöne junge Frau. Ich habe diese Frau sogleich über alles lieb gewonnen, aber ich kann sie nicht gewinnen, denn die junge Frau ist eine Frau des Königs, deines Vaters!" Badju sagte: "Weiter ist es nichts? Das werde ich bald geregelt haben. Weiter ist es nichts?" Gimmile sagte: "Nein, weiter ist es nichts." Badju sagte: "So binde das Stirntuch ab!"

Auch Badju stieg vom Turme in den Hof. Badju suchte die kleine junge Frau seines Vaters, des Königs, und sagte zu ihr: "Gestern kam mein Freund Gimmile vom Turme herab auf die Erde. Er hat dich gesehen und hat sich in dich verliebt. Gimmile weiß, daß du die kleine Frau meines Vaters, des Königs, bist. Aber Gimmile wird sterben, wenn er dich nicht erwerben kann. Tu ihm das nicht an." Die junge Frau sagte: "Ich kann mir das wohl denken, denn ich sah ihn gestern auch zum ersten Male und habe ihn auch liebgewonnen. Ich sehe dich ja auch heute zum ersten Male. Sage Gimmile, er solle zu mir kommen, aber nicht am Tage, sondern nachts. Und er solle nicht kommen vor Mitternacht. Er solle auf die Felldecke sehen, die vor meinem Hause ist. Wenn auf der Decke zwei Kolanüsse liegen, soll er nicht hineinkommen, denn dann ist der König bei mir und ich bin also nicht allein. Dann soll er wieder fortgehen. Wenn er aber nur eine Kolanuß auf der Decke findet, soll er getrost hineinkommen. Dann bin ich allein und erwarte ihn." Badju sagte: "Es ist gut."

Badju ging auf den Turm zurück und sagte das alles Gimmile. Gimmile sagte: "Ich danke dir." Als es Mitternacht vorbei war, ging Gimmile herab und suchte das Haus der jungen Frau auf. Er fand auf der Felidecke vor der Tür nur eine Kola. Er ging hinein. — Nun wanderte er alle Tage vom Turme herab. Fand er nur eine Kolanuß auf der Felldecke vor der Tür, so ging er hinein, und fand



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er zwei Kolanüsse auf der Felldecke vor der Tür, so kehrte er auf seinen Turm zurück.

Eines Tages hatte die junge Frau wieder zwei Kolanüsse auf die Felldecke vor dem Hause gelegt. Der König war bei ihr. Es entstand aber ein Wind, und der rollte eine der beiden Nüsse zur Seite. Nach einiger Zeit kam Gimmile und sah auf die Feildecke. Er fand nur eine Kolanuß. Er trat in das Haus ein. Er ging auf das Lager der Frau zu. Er strich mit der Hand über das Lager. Aber eine starke Männerhand packte nach seiner Hand. Es war die Hand des Königs. Die Hand des Königs griff nach dem Ring, der auf dem kleinen Finger Gimmiles steckte. Gimmile zog die Hand schnell fort. Der Ring blieb in der Hand des Königs. Gimmile entfloh aus dem Hause auf den Turm. Auf dem Turme erzählte er alles Badju. Badju sagte: "Laß nur, ich werde das in Ordnung bringen."

Am anderen Morgen, in aller Frühe, ging Badju zum Aufseher der Urussu und fragte: "Wo ist hier in der Nähe eine Löwin mit Jungen?" Der Urussuaufseher sagte: "Ich weiß es nicht, aber ich will den Hirten fragen. Der muß es wissen." Der Hirt ward gerufen. Badju fragte: "Weißt du, wo in der Nähe eine Löwin mit Jungen ist?" Der Hirt sagte: "Ja, das weiß ich." Badju sagte: "So führe mich hin." Der Hirt führte Badju dorthin. Er sagte: "In diesem Buschwerk ist die Löwin mit ihren Jungen." Badju ging in den Busch hinein. Die alte Löwin war fort, nur die Jungen waren da. Es waren vier Junge. Badju nahm sie. Er gab zwei Junge dem Hirten zu tragen. Zwei Junge trug er selbst. Dann machte er sich auf den Weg und brachte sie in seinen Turm.

Der König Anko ließ am Tage, nachdem er Gimmile nachts im Hause seiner Frau den Fingerring abgezogen hatte, die öffentliche Trommel schlagen und verkünden, daß sich alle Männer seiner Stadt und der Ortschaften bei ihm zu versammeln hätten. Sie kamen alle zusammen. Als alle Männer gekommen waren, zog er den Fingerring hervor, den er nachts von Gimmiles Hand abgestreift hatte, und suchte den Mann, auf dessen kleinen Finger der Ring paßte. Er suchte den Ring dem ersten Manne aufzuschieben, er kam aber nicht über den Nagel. Er versuchte es beim zweiten. Es ging nicht viel besser. Er versuchte es bei einem nach dem anderen. Es gelang ihm bei keinem. Der König sagte selbst: "Es kann keiner dieser Leute gewesen sein."

Darauf ging der König in sein Haus und dachte nach. Er hatte nun alle seine Leute kommen lassen. Der Ring hatte auf keine



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Hand gepaßt. Da fiel ihm ein: "Ich habe ja noch meine beiden Burschen oben im Turme." Er rief eine Frau und sagte: "Rufe mir doch Badju und Gimmile." Die Frau ging und brachte Badju und Gimmile herein. Der König nahm den Fingerring und setzte ihn Gimmile auf den kleinen Finger. Er paßte. Der König fragte: "Ist dies dein Ring?" Gimmile sagte: "Gewiß ist das mein Ring." Der König fragte: "Warst du in dieser Nacht bei mir, als ich bei meiner Frau war?" Gimmile sagte: "Ja, ich war in dieser Nacht bei dir, als du bei deiner Frau warst. Da hast du mir den Ring genommen."

Badju sagte: "Darf ich dir erzählen, mein Vater, wie dies kam?" Der König sagte: "Sprich!" Badju sagte: "In der vorigen Nacht stritten wir uns darum, wer von uns beiden den Mut habe, etwas Ordentliches zu wagen. Ich sagte: ,Es ist das Gefährlichste, die Jungen der Löwin aus dem Busch zu holen.' Gimmile sagte: ,Es ist gefährlicher, den König nachts zu besuchen, wenn er bei seiner Frau liegt.' — Wir stritten nur deswegen, was gefährlicher wäre, und beschlossen, daß jeder seine Sache ausführen solle. Somit war Gimmile gestern nacht bei dir, als du bei deiner Frau warst, und ich war heute morgen im Busch, um die Löwin zu besuchen." Der König sagte: "Den Ring Gimmiles habe ich hier. Und hast du nun die jungen Löwen geholt?" Badju sagte: "Sie sind oben auf dem Turme." Der König sagte zu seinen Leuten: "Geht auf den Turm und holt die jungen Löwen." Die Leute gingen und brachten sie. Der König betrachtete sie und war sehr zufrieden. Er gab jedem der beiden Freunde eine junge Frau.

Seitdem sind die Habbe mit ihren Spielleuten ausgezeichnete Freunde. Es sind große Freundschaften. Aber wenn die Spielleute die Habbe besuchen, gehen sie nicht mehr in das Haus, sondern sie warten vor der Tür.


33. Die Tapferen (Dibolegende)

In der größten (Haupt-) Stadt des Landes Barsara, in Uo (Barsara liegt südlich Kanis), lebten drei Helden, die waren vom Stamme der Dibo, und man nannte sie Sirri, d. h. Tapfere oder Helden. Es waren Sirri Arri, Sirri Kunja und Sirri Pangali. Jeder der drei war imstande, allein den Kampf mit fünfzig Gegnern siegreich zu bestehen. Sie waren weit und breit berühmt. Heute noch sind ihre Nachkommen im Lande bekannt und angesehen.

Die drei Sirri waren gute Freunde, sehr gute Freunde. Sie ließen



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abweschselnd Hirsebier bereiten und kamen dann bei dem, der an der Reihe war, zusammen und tranken ordentlich. Eines Tages hatte gerade Sirri Arri einige große Gefäße voll Bier herstellen lassen, und die anderen waren bei ihm zu Besuch. Da kam eine Kriegsmacht von Segu und griff Uo an. Diese Kriegsmacht war sehr stark. Es waren bald einhundertzwanzig Ringe von Angreifern um die Stadt versammelt. Die Leute der Stadt liefen erschreckt durcheinander und schrien. Arri sagte zu Kunja: "Mein Kunja, geh doch einmal heraus und sieh, was die Leute haben." Kunja ging. Er kam nach einiger Zeit und sagte: "Ach, es sind da einige fremde Raufbolde, die mit den Städtern Streit haben. Trinken wir weiter."

Die drei Männer tranken weiter. Die Seguleute griffen aber die Stadt mit großer Macht und Kraft an und hatten sie bald beinahe überwunden. Als sie in die Stadt eindrangen, entstand ein noch viel größeres Geschrei. Arri sagte zu Pangali: "Pangali, geh doch einmal hinaus und sieh zu, weshalb die Leute solches Geschrei machen." Pangali ging hinaus, sah die Sache an und kam wieder. Er sagte: "Diese Raufbolde sind in die Stadt gekommen und schlagen unseren Mitbürgern die Köpfe ab." Arri sagte: "Gut, töten wir diese Raufbolde. Gehe jeder nach Hause und hole seine Waffen." Sie gingen.

Pangali kam nach einiger Zeit an. Er hatte keine anderen Waffen als Njei (=Bienen). Kunja kam und hatte keine anderen Waffen als Lure (=Schlangen). Als Arri das sah, lachte er und sagte: "Ich brauche heute etwas anderes. Ich brauche Schlimmeres. Ich brauche die Ndoa (=Geier), die den Menschen die Augen aus den Höhlen reißen und die Bäuche öffnen! Ich will heute in Blut waten. Mein Pferd soll heute bis an den Bauch in Leichen und Blut stampfen!" Arri nahm seine Lanze. Er ließ seine Geier frei.

Die drei Sirri griffen die Seguleute an. Sie töteten die Seguleute. Sie jagten den Rest fort. Als Arri am Abend die Lanze fortstellen wollte, konnte er es nicht, denn die Hand war mit Blut fest an den Lanzenschaft geklebt. Man mußte das Blut aufweichen.

Solange die drei Sirri lebten, wagten die Seguleute nicht die Stadt Uo anzugreifen.


34. Der Geizhals (Karambelegende),

Im Orte Maku, im Lande Pignari, lebte ein Kaddo, der hieß Ansige. Er war ein Bastard, aber sein Vater hatte keine anderen Kinder,



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und so zog er den Ansige auf wie seinen Sohn. Man nannte ihn Ansige Karambe. Als der Vater starb, hinterließ er Ansige alles, und Ansige war nun ein wohlhabender Mann.

Ansige war ein Bastard und hatte den Charakter eines Bastardes. Er war sehr geizig. Er war ganz außerordentlich geizig. Dann war er ein nimmersatter Vielesser. Er konnte ganz unendliche Massen vertilgen. Als sein Vater gestorben und er ein reicher Mann geworden war, schaffte er sich drei Frauen an. Alle drei mußten für ihn arbeiten, mußten für ihn Essen besorgen. Alle Tage sagte er zu ihnen: "Ihr arbeitet mir nicht genug. Ihr macht mir nicht genug Essen. Ich will mehr zu essen haben." Die Frauen sagten unter sich: "Er ist geizig! Er ißt zu viel!" Alle Leute sagten: "Ansige Karambe ist über alle Maßen geizig und gierig." Als Ansige einige Jahre verheiratet war, kam seine erste Frau zu ihm und sagte: "Ich will mich ein wenig nach meiner Familie umsehen und will verreisen." Sie ging zu ihrem Vater. Dann kam seine zweite Frau und sagte: "Ich will mich ein wenig nach meiner Familie umsehen und verreisen." Sie ging zu ihrem Vater. Dann kam seine dritte Frau und sagte: "Ich will mich ein wenig nach meiner Familie umsehen und verreisen." Sie ging zu ihrem Vater.

Nun war Ansige allein. Er mußte sich das Essen von anderen Frauen herstellen lassen, und da er geizig war und gleichzeitig gierig, so wollte er für kleine Bezahlung immer sehr viel haben. Demnach bekam er sehr schlechtes Essen. Da sagte er eines Tages: "Es ist ganz abscheulich. Ich habe drei Frauen, die sind nun seit zwei Jahren fortgelaufen zu ihren Eltern, und ich muß mir für teuere Bezahlung schlechtes und so wenig Essen von anderen Weibern machen lassen, daß ich beinahe Hungers sterbe. Ich werde meine Frauen besuchen und verlangen, daß sie heimkommen." —

Ansige machte sich auf den Weg und kam nach einer Wanderung zu dem Dorfe, in dem seine erste Frau wohnte, die hieß Paama. Er sagte dem Vater seiner Frau: "Guten Tag." Der Vater seiner Frau schenkte ihm einen Hammel. Ansige tötete den Hammel, zog ihm die Haut ab, ließ von dem Knaben, der ihn gebracht hatte, ein Gerüst bauen, röstete darauf den Hammel in einem Stück und begann ihn dann auch gleich zu verzehren. Während er gute Stücke abschnitt und diese dann in den Mund schob, hielt der Knabe den Braten. Er gab aber dem Knaben nichts ab.

Einmal fiel ein kleines, schlechtes Stückchen herab. Der Knabe hob es auf und aß es. Ansige sah das, wurde sogleich außerordentlich



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wütend und schlug auf den Knaben. Er schlug ihn aber so, daß der Knabe sogleich tot hinfiel. —Dann aß Ansige den Hammel auf. Die Frau Paama sagte inzwischen daheim zu sich: "Ich kenne doch meinen Mann. Ich muß doch einmal nach ihm sehen, denn sicherlich hat er inzwischen in seiner Gier eine Sache gemacht!" Sie ging hin. Sie fand den Mann. Sie fand den toten Knaben bei ihm. Sie fragte: "Was ist das?" Ansige sagte: "Du kennst mich doch. Tue doch nicht so, als ob du mich nicht kennst. Ich wollte meinen Hammel doch allein essen. Als ich aber im besten Essen war, nahm der Junge das beste Stück fort, um es zu essen. Da habe ich auf ihn geschlagen, und da war er tot." Die Frau sagte: "Warte, bis es Abend ist, dann wollen wir das erledigen."

Abends kam die Frau und brachte das Essen. Ansige wollte zugreifen. Seine Frau sagte: "Warte, erst muß die Sache mit dem Jungen geregelt werden. Mein Vater hat ein sehr wildes Pferd. Da wollen wir den Jungen hinbringen." Ansige nahm mit seiner Frau den Jungen auf und trug ihn mit ihr im Dunkeln dahin, wo das wilde Pferd angebunden war. Dort legten sie ihn nieder. Dann schrie die Frau. Viele Leute kamen auf den Schrei hin herbei. Die Leute sagten: "Was gibt es?" Die Frau sagte: "Seht das Unglück. Ich wollte meinem Manne das Essen bringen. Ich fand ihn nicht, weil er mit dem Jungen hingegangen war, dem wilden Pferde meines Vaters Futter hinzustreuen. Ich ging nach und kam gerade dazu, wie das Pferd hinten aus- und den armen Jungen totschlug." Die Leute sagten: "Es ist eben ein Unglück." Sie trugen den Jungen fort.

Ansige ging zurück dahin, wo seine Frau das Essen hingestellt hatte und aß schnell alles auf. Am anderen Tage vergaß er seiner Frau zu sagen, daß sie zu ihm zurückkommen sollte. — — —

Ansige machte sich auf den Weg und kam zu seiner zweiten Frau. Er kam im Dorf seines Schwiegervaters an, als alle Leute gerade die Mittagsmahlzeit genossen hatten. Er sagte seinem Schwiegervater guten Tag. Man wies ihm eine Wohnung an. Seine Frau sagte zu ihrem Vater: "Es hat gerade alle Welt gegessen. Wie ich aber meinen Mann kenne, hat er großen Hunger mitgebracht. Kann ich ihm nicht irgend etwas zu essen geben?" Der Vater sagte: "Gewiß, bringe ihm doch etwas jungen, gerösteten Mais. Daran kann er sich sättigen." Die Frau machte sich sogleich auf, holte einen ganzen Korb voll Mais herbei, röstete ihn und brachte ihn ihrem Manne.



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Ansige aß allen Mais, der in dem Korbe enthalten war. Es blieb auch nicht ein Körnchen übrig. Sonst hätte man zwanzig Männer damit sättigen können. Aber Ansige hatte durch den Genuß des jungen, frischen Mais die Gier noch mehr befallen. Er ging also auf den Feldern dahin, wo er glaubte, daß wohl Mais stehen müsse. Er fand auch das Maisfeld, brach ein gut Teil Kolben ab und nahm sie mit sich. Inzwischen war es aber dunkel geworden, und da Ansige den Weg nicht kannte, so merkte er es nicht, daß ein alter Brunnen im Wege war. Er ging also mit seiner Maislast auf den Brunnen zu und fiel mit dem Mais in den Brunnen hinein.

Inzwischen dachte seine Frau daheim: "Ich kenne doch meinen Mann! Ich muß doch einmal nach ihm sehen, denn sicherlich hat er in seiner Gier inzwischen eine Sache gemacht." Sie machte sich auf den Weg. Sie kam dahin, wo Ansige den gerösteten Mais gegessen hatte, und sie fand alle leeren Maiskolben. Sie sagte sich: "Sicherlich hat er Gier nach mehr Mais gehabt. Ich werde mal auf das Maisfeld gehen. Sie ging dahin. Sie kam an den Brunnen. Sie sah unten im Brunnen ihren Mann. Sie sagte: "Was ist das?" Ansige sagte: "Du kennst mich doch. Tu doch nicht so, als ob du mich nicht kennst! Als ich deinen gerösteten Mais gegessen hatte, bekam ich Lust, noch mehr zu essen. Ich suchte das Maisfeld auf. Ich brach mir einen guten Arm voll Kolben ab. Ich ging zurück und fiel auf dem Rückweg mit den Maiskolben in den Brunnen hier." Die Frau sagte: "Laß nur; ich will dir heraushelfen."

Die Frau ging. In der Nähe des Brunnens im Maisfelde waren die Rinder. Die Frau jagte die Kühe ins Maisfeld. Als die Kühe bei emsigem Grasen waren, schrie sie laut auf. Auf den Schrei hin kamen viele Leute auf das Maisfeld. Sie fragten: "Was gibt es?" Die Frau sagte: "Ach, das Unglück! Mein Mann ging spazieren und sah die Kühe im Maisfeld. Er sah sie die Kolben abbrechen. Er jagte sie und sammelte die Kolben auf, und da er die Gegend nicht kennt, wußte er nicht, daß ein Brunnen im Maisfelde ist, und er fiel hinab. Nun ist er nur wegen der Maiskolben, die er meinem Vater retten wollte, in den Brunnen gefallen." Die Leute sagten: "Das ist ja nicht sehr schlimm. Man kann ihn schon wieder heraufholen." Sie kamen mit Licht und mit Stricken. Sie leuchteten hinunter und holten ihn glücklich wieder heraus.

Dann ging Ansige zurück und aß das Abendessen schnell auf. Am anderen Tage vergaß er seiner Frau zu sagen, daß sie zu ihm zurückkommen sollte. — — —



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Ansige machte sich am nächsten Tage abermals auf den Weg und kam in das Dorf seiner dritten Frau. Er ging zu seinem Schwiegervater, begrüßte ihn und sagte: "Ich möchte nach meiner Frau sehen." Der Schwiegervater sagte: "Das ist recht." Dann ließ er ihm einen Platz anweisen und gab den Auftrag, daß die Frau auch etwas zu essen für ihren Mann besorge. Die Frau machte sich sogleich an die Arbeit, stellte ein Gericht her und brachte ihm das, sowie eine große Schale mit Erdnüssen. Ansige aß sogleich das Gericht, und dann begann er mit dem Knaben, der die guten Speisen gebracht hatte, die Erdnüsse zu essen. Der Knabe knackte die Erdnüsse, wie alle Leute, erst auf, und ließ die Schalen zur Erde fallen. Ansige wollte aber dem Jungen möglichst wenig zukommen lassen und aß deshalb eilig die Erdnüsse mit den Schalen. Nachher sagte die Mutter der Frau: "Ich will jemand hinsenden, der die Schalen der Erdnüsse wegfegt, die dein Mann gegessen hat." Die Frau dachte: "Mein Mann wird, wie ich ihn kenne, nicht viele Erdnußschalen auf die Erde geworfen haben. Du brauchst niemand anders zu senden. Ich werde es selbst machen." Sie ging hin und fand, daß nur die Schalen der wenigen Erdnüsse da lagen, die der Knabe gegessen hatte.

Nachher sagte der Vater: "Bereite zum Abendessen deinem Mann ein Gericht, das er gerne ißt." Die Frau sagte: "Ich will ihm Punandi machen" (Klöße, die bei den Malinke Dege heißen und die aus Reis bereitet besonders bei Marka und Seguleuten geschätzt werden). Der Vater sagte: "Nimm die gute Hirse dazu, die uns heute frisch hereingebracht wurde." Die Frau sagte: "Ich will es tun." Dann machte sich die Frau daran, begann das Korn im Mörser zu stoßen und stellte so vier große Mullen Schrotmehl her. Sie tat Wasser dazu und stellte das Gericht her. Alles das sah Ansige von dem Hause aus, das ihm zugewiesen war, und mit Gier blickte er besonders immer auf den Mörser. Dann brachte die Frau das Gericht Punandi, das aus den vier Muhlen Schrotmehl hergestellt war (und infolgedessen für zwanzig gewöhnliche Leute gereicht hätte). Ansige aß das Gericht vollkommen auf. Als Ansige mit dem Gericht fertig war, mußte er immer an den Mörser denken. Er sah zu dem Mörser hin und sagte bei sich: "Vielleicht ist in dem Mörser noch ein wenig Mehl." Ansige ging hin und sah in den Mörser. Es saß noch ein wenig am Rande. Er steckte den Kopf hinein, um das abzulecken. Als er aber den Kopf wieder herausziehen wollte, konnte er es nicht. Er war vollkommen fest eingekeilt.



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Er mußte wohl oder übel mit dem Kopfe im Mörser stehen bleiben.

Inzwischen dachte seine Frau daheim: "Ich kenne meinen Mann. Ich muß doch einmal nach ihm sehen, denn sicherlich hat er inzwischen in seiner Gier eine Sache gemacht." Sie machte sich auf den Weg. Sie sah in das Haus, das ihm angewiesen war. Er war nicht darin. Sie sagte: "Er hat die Punandi aufgegessen. Danach war er sicherlich sehr gierig. Ich werde einmal am Mörser nach ihm sehen." Die Frau ging hin. Sie fand ihren Mann mit dem Kopfe in dem Mörser. Sie fragte: "Was ist das?" Ansige sagte: "Du kennst mich doch! Tu doch nicht so, als ob du mich nicht kennst. Als ich deine Punandi gegessen hatte, bekam ich Lust, von dem Schrotmehl zu versuchen. Ich steckte deshalb den Kopf in den Mörser, und nun bekomme ich ihn nicht wieder heraus."

Die Frau sagte: "Jetzt will ich dir sogleich helfen." Sie zog einen Ring vom Finger und warf ihn in den Mörser. Dann schrie sie laut. Hierauf kamen viele Leute angelaufen und fragten: "Was gibt es?" Die Frau sagte: "Das Unglück, das Unglück! Ich bin an dem Unglück schuld. Ich sagte zu meinem Manne, er hätte einen dicken Kopf. Er sagte nein, er habe keinen dicken Kopf. Ich fragte ihn, ob er einen Fingerring, den ich in den Mörser werfen wolle, glaube mit dem Munde wieder herausholen zu können. Er sagte ja, das könne er. Er steckte den Kopf hinein. Aber nun bekommt er ihn nicht wieder heraus." Die Leute sagten: "Wenn es weiter nichts ist, das ist nicht schwierig." Sie holten eine Axt und zerschlugen den Mörser. Da konnte Ansige wieder den Kopf herausziehen.

Am anderen Tage machte sich Ansige schleunigst auf den Heimweg. Er vergaß aber seiner Frau zu sagen, daß sie heimkommen solle. —Als er wieder in seinem Dorfe ankam, fiel ihm ein, daß er vergessen hatte, seinen drei Frauen zu sagen, sie sollten heimkommen. Er sandte eine Botschaft an jede und ließ ihr sagen, sie solle sogleich zu ihm zurückkommen. Alle drei Frauen antworteten aber dasselbe, nämlich: "Ich kenne dich doch. Tu doch nicht so, als wüßtest du nicht, daß ich dich kenne! Du bist so geizig und gierig, daß ich nicht wieder zu dir komme." Ansige starb frauenund kinderlos. Noch heute mögen die Habbefrauen die Geizigen und Gierigen nicht leiden."