Vo chlyne Lüte
ZWERGENSAGEN
FEEN- UND FÄNGGENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ
NEU MITGETEILT VON C.ENGLERT-FAYE
MIT BILDERN VON BERTA TAPPOLET
TROXLER-VERLAG BERN
Das Schneernehl
hoch oben au der Jungfrau zwischen Gießen- und Guggi-Gletscher war vor grauen Zeiten ein schmuckes Bergdörflein inmitten grüner Matten und brauner Äcker. Ein Bergmandli, vom Volk nur der Knopfli geheißen, trieb den hablichen Bauern allmorgen die glöckelnden
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Geiflen aus, und allabend brachte er sie mit prallen Eutern heim. Aber die kargen Bauern gaben ihm am Ende des Sommers allemal nur ein paar Mütt Korn zum Lohn, so gitig waren sie und geizig. Der Schlimmste aber von allen war der Müller, der trieb es so arg, daß er jeden, der ihm Korn zu mahlen brachte, schon beim Wägen betrug. Und so fein machte er's, daß es keiner inne wurde, und obendrein noch lieferte er nicht den vollen Ertrag au Mehl ah.
So kam denn wieder einmal im Herbst auch der Knopfli mit seinem vollen Kornsack zur Mühle, dem sauer erworbenen Lohn für die Mühe des Jahres. Der Müller tat, wie gewohnt, und weil's bloß der Knopfli war, gab er ihm einen Sack mit Mehlstaub zurück. Das Mandli sagte weder ja noch lia, ging davon und stieg leicht wie ein Gemsi turnt Gipfel der Jungfrau hinauf, die damals bis oben mit melchigen Weiden bedeckt war. Dort kehrte er sich uni und rief so laut, daß man's unten allerorten hörte, wie wenn's ganz nahe wäre: «Nimmer mahlt der Müller mehr Mehl!» und mit dem schüttete er den Sack voll Mehlstaub über das Tal aus. Und nun fegte Tag und Nacht ein wirbelnder Schneesturm durch die Lüfte und deckte die üppigen Triften und fetten Gebreite fluhhoch für immer zu.
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