Schweizer Märchen
Sagen
und Fenggengeschichten
Neu mitgeteilt von Curt Englert-Faye
1984
ZBINDEN VERLAG BASEL
Lacrimae Christi
Amol, es mag scho lang här si, isch e Schwob ins Welschland
(ho, und um isch er gwanderet, so wyt me wandere
cha, und chunnt zletzscht uf Neapel abe. Den het er e Landsma
atroffe. Wo wär ächt uf der ganze Welt en Ort, wo nid
au Schwabe wäre? Dä nimmt ne voller Freude mit sich hei,
und wyl heidi Durscht gha händ - s'macht wacker heiß im
Welsche -, so goht er in Keller und holt halt e paar Fläschli
vo syner beschte Sorte-n-ufe-n-und schenkt dem Schwöbli e
Gläsli y. Dä setzt a und trinkt, und wie Baumöl isch's em
ygloffe. Und no-ne Glas, und no-ne Glas - bald ischs erste
Fläschli leer. Der Schwob schleckt sich d'Lefzge-n-ab:
«Landsma», seit er, «sag, wo hesch dä Tropfe här?» — «Dä
Wy heißt Christi Tränewy und wachst in der wyte Welt nu
hie: do uf dem Rebland sind üserem Heer die heiße Tränen-über
d'Bagge-n-ab gloffe, und sythär wachst hie dä Wy.»
Do hät der Schwab zum Himmel ufe gluegt und gsüfzget:
«Herrje! O hättischt Du doch au e chlei am Bodesee briegget!»
WORTERKLÄRUNGEN
MÄRCHEN
| Vom Röseli u vom Resel:
zaagge: zögern, zaudern
öper: jemand weinen
göis. gehe es
Arfel: Armvoll
s' Merli vom Funtechächeli
dryine: hinein
morndeß: am morgigen, anderen
Tag zum Vesperbrot
meied: was meint ihr |
| Der Bueb mit em ys:ge
Spazierstöcke
Zimberma: Zimmermann
dräut: gedroht
ruhte flink, wacker
Hampferch: Handwerk
gschmuech: unwohl
gaumet: gehütet
Räuel: Kater
Bruchacher: neu gepflügter
Acker
Stämpeneie: Schwierigkeiten
machen, aufbegehren
churzz Melli: eigentlich: kurze
Messe
Butälli: Flasche (bouteille)
geusset: vor Angst hell aufschreien |
| Der dumme Hans
b'reichen: in die Reihe bringen,
ich werd's schon schaffen
Chrisam: geweihtes Salböl, auch
die (kath.) Anwendung desselben
bei der Taufe und Firmung
Gugelfuhr: Narrenwerk, törichtes
Treiben und Gebaren |
| Das Fröschlein mit dem roten
Halsband
Burde: Bürde
feister: fetter
gewerweifit: geraten |
| Der dumme Peter
furibund: wütend
busper: munter |
| Hans und Urschel
z'Marend: Mundvorrat. Imbiß
Ma und Frau im Essigkrueg
miend: müssen
munzige: zierlich, klein
miede: nötigen
nyttue: nichtstun
tirs: teures
Firreder: Feuerräder |
LEGENDEN
| Demut adelt
Bankert: uneheliches Kind,
Bastard |
| Der dankbare Löwe
schwärte: eiterte
Wer hängt der Katz die
Schelle an?
Schäften: Schränken
Rätsel: Kater
miefen: weinerlich reden |
| Der Fröschenkönig
grochzen: stöhnen
Trämel: Baumstrunk
leibigsten: fettesten
s' dankbar Heggeißli
Bomm: Baum
fürsetzli: vorsätzlich
düslet: auf leisen Sohlen, schleichen
Gägäxli: Eidechse |
SAGEN
| Tannhuser
Bott: Gebot
darf bedarf
wenke: weichen
entbore: entbehrt
Der erleuchtete Senn
Handmälterle:n: kleines Holzgefäß
mit Handgriff
Nidel: Rahm |
| Der ungläubige Bauer
Drüschi: Bühne, wo das Heu
zum Füttern gerichtet wird. |
| Dreierlei Milch
Volle: Holzgerät zum Seihen der
Milch
Saren: Riegelbalken
Gaschterren: Heulager der Sennen
Lischen: Schilfgras, Sumpfgrasstreu
Gutter: Flasche
gwennt: gewöhnt |
| Ds Chöörejes Ursprung
hib: lieb
Folien, w.: (auch Vollen geschrieben): hölzernes Gerät
zum Durchseihen der Milch;
wird auch zum Ausrufen des
Alpsegens verwendet
Gröös: Gruss
hoiren: jauchzen, jodeln
rabien: klettern, mühsam hinaufsteigen
Bunt, w.. Heubühne
Gaschterren: Heulager der Älpler
riewwig: ruhig
schpratzlen: Geräusch von springenden
Funken im Holzfeuer
gwirben: gewerben, zu schaffen
izitbigiren. schimpfen
Mutten, w.: rundes, hölzernes
und niedriges Gefäß zum
Aufbewahren der Milch
trogen: unterschätzt
faalwen: fahl
huf schnell, flink
Schiufi, rn.: Männerrock
e sie eis: ab und zu
chlipfige schreckbar
Guttren, tv.. Flasche
firche: hervor
Chaasleb: Lab zum Dicken der
Milch beim Käsen
Chääsbrächen: Holz mit Querstäben,
oft ein geschältes junges
Tännchen zum Rühren im
«Chäaschessi»
schteerren: rühren, stören
flux anhi: bald, sogleich
emmumhi: wiederum
Schrooten: Ecke
ds erder Mal: das erste von
zwei Malen
zäme-l-liiten: feierliches Kirchengeläute verschiedener
Glocken zusammen
old: oder
grünen: weinen
si grächen: sich bereit machen;
bereit sein
lahr!» s.: ringförmiger, zusammenziehbarer Holzstreifen,
worin der Käse geformt wird
Sirten, w.: was nach Herausnahme
des Käses im «Chessi»
bleibt. Vor dem Kochen
(Erwellen) heisst es «Sirten»,
nachher «Chääsmilch».
verzwingged me: ihm mit den
Augen ein Zeichen geben
Schweifel: gewundene Ringe
von Tannenästen zum Zusammenhalten
von Zaunstecken
schliifen: schlüpfen
braschtig: krank, bresthaft
choischd: kannst
griisli: sehr, grausam
verzennen: gelüsten
nadischt: denn doch
Droslenblöömi: Alpenrosen
frewwen: freuen
dän den erfreut es
zimpfer: zimperlich
angääns: sogleich, bald |
| Die Kristallhöhle
Chlupf Schreck |
| Das Kind und die Krönliotter
Busle: Kosenamen für Katze
verdatterte: verzagte, schlotterte |
| Der Chnab ufern Fluß
über dure: auf die andere Seite
hinüber
gstaats: stattliches
oepper: jemand
ais:g: immer
b 'rumpfeni: rumpflige
Wuer: Wuhre, Wehr, verbautes
Ufer
frönd: fremd
Das Büblein und das Vögelein
Hofstettli: kleine Wiese mit
Fruchtbäumen
Schildvogel: Spatz
cheust: kannst |
FENGGENGESCHICHTEN
| Der Zwergenprinz und die
Müllerstochter
gist: gibst
myden: meiden, entbehren
Immenschwarm: Bienenschwarm |
| Das Zwerglein auf der Spiezerfluh
Mumpf Mundvoll
angends: umgehend, auf der
Stelle |
| Das Dingweiblein
fuhrig: nahrhaft, fett
Schapf Schöpfkelle voll
Lanzig: Frühling |
| Das Wildmannli im Val
Davos raren: seltenen
heians: haben sie |
| D's Bärgmändli
d' Esch: Esche
Holtschä: Holzschuhe
Hds: Gewand, Kleid
Bulschä: Imbiss, in ein Tuch
eingepackt |
| Die wilden Mannli von Selun
schonen: den Mist wegscharren
Bolden: wilde Jungen, auch
Zwerge
knellen: mit den Fingern knipsen |
| Das Chrestamannli als Alphirt
Ungfell: Unglück
Blag: Gebresten, Krankheit,
häufig in Verwünschungen
Z:priu: isländisches Moos
Muttern: Bärenwurzel
Ritz: Plantago alpina, bestes
Futterkraut
Hduptli: ein Stück Vieh
Bremen: Stechfliege
ruggen: panikartiges Ausbrechen |
| Die verlorenen Kühe
Ustag: Frühling
raßen: scharf, versalzen
Mutten, Brenten: hölzerne
Milchgefäße
Treichlen: eine Art Glocken |
| D's Schalmezpfyfii
z'weg: auf den Weg
Butz: ein Alpgeist
grameila: romanisch: rameglias
- wiederkäuen
marenda: den Imbiss verzehren
Krom: Geschenk
Bestrafter Fürwitz
Wunderfitz: Gwunder, Neugierde
hofeli: sorgfältig, leise
Hab: Besitz
lybig: fett und rund
Beil:: Knochen
Suul: Säule |
| A bsundara Lob
gjattet: Unkraut ausreißen
Wüest: das Unkraut
glaraugnati: klaräugige
tzckbuh:gi: dickbäuchige
Tschopa: Jacke
z'weg: auf den Weg
gauflawys. eine Hand voll nach
der anderen |
| Das stumme Weiblein
Tschuppen: Junge Tanne
Ein Zwerglein warnt vor dem
Bergsturz werwezßten: beraten, erwägen
Der Marcher
March: Grenze
Hebrechte: Rechthaben
gab: steil, hier im Sinn von
stark
hadern: streiten
Gugger: Kuckuck
Ruch: Geruch |
| Der Jäger Ueli und der Rothäubler
weilte: erwärmen
chrugelte: einrollen
laute: aufwärmen
Litzen: falschen
Tschuppen: Schar
Totz über Totz: wie ein Holzklotz
kopfüber rollend
Doole: Vertiefung
blutt: nackt
Kutteln: Gedärm
uverschant: unverschämt
Gfräs: Maul
Hierre: Herren (Gott)
greut: gerinnen
glusset: guckt
Hömlischild: Hemdzipfel
Gämsche: Gemse
fürha: hervor |
| Der Zwerg am Karren
gramseln: kribbeln, krabbeln,
wimmeln
Chätzer: Ketzer
Der Zwergenkönig
Cholderer: reizbarer, wunderlicher,
eigensinniger Mensch
Geschleik: Geschleppe, Anhang,
Gefolge
Bold: wilder Junge, auch Zwerg
aper: schneefrei
Sennte: Sennhütte
stiegelsinnig: wirr im Kopf, verrückt
vor Lärm, Arger, Ungeduld
|
| Der Silberberg
Grus und Grien: Geröll und
Schutt
Gand: steile Fluh
Nassen: Feiskiotz, -kopf
Reckholder: Wachholder
geheuer: wohl
Schlampihüte: Schlapphüte
Tschopen: Jacke, Kittel
selbander: miteinander
Schlutte: gestrickte Jacke
Wulst: Kapitäl |
SCHWÄNKE
| Der Vogt vo Schwendi
allpott: immer wieder
für syn Torin amahi: vor seinen
Turm hinunter
Schottä: die bei der Käsgewinnung
zurückbleibende Milch
Bröckli: ein Stücklein
veschrenzts: zerrissenes
Hääs: Hemd
büezi: nähen
nenscht: nimmst
ardäze: anreizen, nachhetzen
Taase: Milchtause
onderschöberschi: umgekehrt,
d.h. den Deckel nach unten
wedesch: welches von beiden
Aegerschte: Elstern
gnooteweg: geradenwegs
donné: unten
öbercho: erreicht
gyret: knirschen, quitschen
Puursam: alle Bauern zusammen
do Füess gmach: worde: es wurden
ihm Beine gemacht, er
wurde vertrieben
Föhneresetz: erste Ruhestelle
beim Aufstieg auf die Alp |
| D 'Binziger Chue
hin: teuer
Tuble: Dublonen
Häuptli: Haupt, Stück
Gstaatshöuptli: stattliches,
prachtvolles Stück
Augen:: kein Bißchen (eig. kein
Äuglein) |
| Lacrimae Christi
Lefzge: Lippen
briegget: geweint
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Copyright: arpa, 2015.
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