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Die deutschen Heldensagen


von

Friedrich von der Leyen

Zweite, völlig neubearbeitete Auflage München 1923

C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung

Oskar Beck


2. Das deutsche Nibelungenlied

Im Anfang des Nibelungenliedes steht der Traum der Kriemhild: sie hat sich einen wilden Falken gezogen, den zerreißen ihr zwei Adler. Ihre Mutter deutet ihr den Traum: der Falke sei der Gemahl, den sie liebe, und wenn Gott ihn nicht beschütze, werde sie ihn bald verlieren. Kriemhild wehrt lachend und trotzig ab, sie wolle keinem Gatten gehören.

Von der Schönheit Kriemhildens hört der junge Siegfried in .den Niederlanden. Er zieht selbstzwölft aus und will um sie werben. Wie ein Recke auf Abenteuern naht er trotzig dem Gunther und den Seinen und fordert sie prahlerisch heraus. Wenn sie wirklich die Tapfersten seien, sollten sie mit ihm um Land und Leute kämpfen. Hagen, Gunthers Manne, kennt den Siegfried und weiß von seinen Taten und Schätzen:



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Siegfried hat einen Drachen erschlagen, er besitzt den Schatz der Nibelungen; die beiden Söhne Niblungs, Schilbung und Niblung, baten den Helden, das Erbe des Vaters zu teilen und verhießen ihm Balmung, Niblungs Schwert, als Lohn. Da sie Siegfrieds Teilung nicht anerkannten , erschlug Siegfried sie beide und bemächtigte sich ihrer Schätze. Der junge Held besänftigt sich erst, als Gunther und Gernot, seltsam nachgiebig und unkriegerisch, ihm versprechen, sie würden ihren Besitz mit ihm teilen und als sie ihn auffordern, bei ihnen zu bleiben.

Die Sachsen und Dänen erklären Gunther den Krieg. Siegfried zieht gern mit seinen neuen Freunden gegen die feindlichen Heere; sein Mut und seine Kraft überstrahlen die der anderen Helden; er selbst nimmt die Könige der Feinde gefangen. Die Botschaft von dem Sieg wird nicht dem Gunther, sondern der Kriemhild überbracht. Ein großes Fest feiert den ruhmreichen Kampf. Dabei erblickt Siegfried zum erstenmal die Geliebte, die nach höfischer Sitte behütet wurde, und er darf ihr seine ritterlichen Dienste anbieten.

Fern jenseits des Meeres wohnt Brünhild, sie ist über die Maßen schön und stark und folgt nur dem als Weid, der sie im Kampfspiel überwand. Siegfried allein weiß von ihr. Er verspricht dem Gunther, sie ihm zu gewinnen, wenn Gunther ihm dafür Kriemhild geben wolle. Zwölf Tage fahren sie bis nach Island. Siegfried nennt sich, als sie in den Palast der Brünhild getreten, den Eigenmann Gunthers und stellt der Brünhild den neuen Werber vor. Die Jungfrau waffnet sich sofort zum Kampf, Siegfried holt sich seine Tarnkappe, die ihm Unsichtbarkeit gibt und steht dem Gunther bei. Die Jungfrau schleudert den Speer, daß beide Helden straucheln und dem Siegfried das Blut zum Munde herausbricht. Siegfried streckt durch seine Würfe die Jungfrau nieder, dann nimmt Brünhild einen Stein, den vier Männer mühsam tragen, wirft ihn zwölf Klafter weit und springt noch über den Wurf hinaus. Siegfried wirft und springt wiederum weiter als sie und trägt dazu den König im Sprunge. Dann, nachdem er die Tarnkappe wieder abgelegt, triumphiert Siegfried, daß die Starke nun endlich überwunden sei und sich und ihr Land dem Gunther geben müsse.

Siegfried selbst bringt die Botschaft von Brünhilds Erwerbung an Kriemhild. Die Burgunden treffen die Vorbereitungen zum großen festlichen Empfang, und es folgt die Vermählung der beiden Paare. Als Brünhild bei der Hochzeit die Kriemhild an Siegfrieds Seite sitzen sieht, bricht sie in Tränen aus, nun müsse die Schwester eines Königs seinem



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Eigenmanne als Gattin folgen. Gunther sucht sie zu trösten, er werde ihr die Erklärung geben. In der Brautnacht entzieht sich Brünhild den Umarmungen des Gatten. Sie bindet den König an Händen und Füßen und hängt ihn an einen Nagel an der Wand. Gunther klagt dem Siegfried sein Leid, der hilft ihm unsichtbar noch einmal, muss aber seine ganze Kraft aufbieten, um der Brünhild Herr zu werden. Dann bittet sie ihm demütig ihren Trotz ab. Im Kampf raubt er ihr den Gürtel und ihren Ring, beide gibt er seiner Frau und gebietet ihr, zu schweigen.

Siegfried und seine Gattin kehren heim und der König waltet der Niederlande und der Nibelungen. Brünhild verwundert sich, warum Siegfried so lange säume, seinem Herrn die Huldigung zu erweisen. Gunther lächelt, er wolle gern den Siegfried zu einem großen Fest entbieten. So geschieht es. Juni Sonnwendfest gehen die Gatten nach Worms und werden glänzend empfangen.

Beim Turnier, als sie den Kämpfen der Helden zusehen, streiten sich Kriemhild und Brünhild über die Herrlichkeit ihrer Männer. Kriemhild ruft unbedacht aus, dem Siegfried sollten alle Lande dienen. Brünhild besteht auf der Vortrefflichkeit ihres Gemahls: Siegfried sei ja dessen Eigenmann. Sie hält die Ansprüche auf ihren höheren Rang aufrecht, obwohl Kriemhild ihr besänftigend zuredet. Da saht auch diese der Zorn, beim großen Kirchgang solle sich entscheiden, wem der Vortritt gebühre. Und bei dem Kirchgang stößt Brünhild die Kriemhild zurück, sie sei eine unfreie Magd. Kriemhild aber antwortet: Du warst des Eigenmannes Kebse, wie konntest du des Königs Weib werden? Nach dem Gottesdienst zeigt die erbitterte Fürstin Ring und Gürtel als ihre Beweise, Brünhild weint, Siegfried wird geholt, er entrüstet sich über Kriemhild und ist bereit, mit feierlichem Eide zu beschwören, er habe sich nie gerühmt, daß er die Brünhild als Erster besessen. Die Frauen empfangen ernste Mahnungen, ihr Gezänk zu unterlassen, und damit scheint dieser Streit beendet.

Hagen aber leidet unter dem erschütterten Ansehen seiner Herren und unter dem Schmerz Brünhilds, der nur durch Blut zu sühnen sei. Er bedenkt auch, daß der Tod Siegfrieds die Macht der Burgunden vermehren müßte. Den Ortwin hat er auf seiner Seite und den zögernden Gunther zieht er langsam zu sich herüber, der junge Giselher allein empört sich über den Verrat, den die Seinen nun an Siegfried planen.

Hagen läßt falsche Botschaft berichten, die Sachsenkönige hätten den Frieden gebrochen, Siegfried erbietet sich sofort wiederum zur Hilfe



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Als Hagen von Kriemhild Abschied nimmt, um in den Krieg zu ziehen, vertraut sie ihm ihre Sorge um Siegfried an. Er sei ja, da er im Blut eines Lindwurms gebadet, unverwundbar, bis auf eine Stelle zwischen den Schultern, auf die ein Lindenblatt gefallen. Aber sein Mut und seine Kampfesleidenschaft könnten ihn doch fortreißen und ihm gefährlich werden. Hagen überredet die Kriemhild, sie möge ein kleines Kreuz aus Seide an die verwundbare Stelle nähen, so wolle er den Siegfried im Auge behalten und beschützen. Am nächsten Morgen erscheinen neue Boten: die Sachsenkönige wollten den Krieg nicht, Gunther schlägt statt des Kriegszugs eine Jagd vor.

Kriemhild, durch böse Träume und Ahnungen geängstet, sucht Siegfried zu bewegen, daß er bei ihr bleibe. Er fragt sie, wer ihn denn wohl hassen solle und reitet fröhlich fort. Auf der Jagd ist seine Beute wieder die reichste und er zeigt noch einmal seinen ganzen strahlenden, sieghaften und lachenden Heldenmut. Als die Könige rasten, sagt Hagen, er habe den Wein vergessen, doch wisse er einen klaren Brunnen ganz in der Nähe. Die Drei, Gunther, Hagen und Siegfried, laufen zum Brunnen. Jene in leichtem Waffenhemd und ohne Waffen, Siegfried mit Waffen und in schwerer Rüstung und doch überholt er die andern im Lauf. Trotz seines Durstes läßt Siegfried den Gunther zuerst trinken. Als er selbst sich zum Wasser beugt, stößt ihm Hagen die Gerstange in die Schulter und flüchtet. Siegfried, dem man sein Schwert genommen, holt ihn ein, zerschlägt auf ihm den Schild und stürzt nieder. Die Blumen röten sich von seinem Blut, er schilt, im Bewußtsein der Unschuld , mit empörten Worten die Tücke seiner Mörder und seine letzten Gedanken gelten der Kriemhild, er empfiehlt sie der Sorge ihrer Brüder.

Man legt die Leiche Siegfrieds auf einen goldenen Schild und trägt ihn vor Kriemhilds Tür. Ein Kämmerer sieht, als die Königin zur Frühmesse will, den toten Mann und die Frau ahnt sofort, daß es ihr Gemahl ist. Ihr Schmerz kennt keine Grenzen. Die Leiche wird in den Sarg gelegt und im Dom feierlich aufgebahrt. Als Hagen ihm naht, bluten Siegfrieds Wunden. Bevor sie den Leib des toten Helden bestatten, läßt Kriemhild den Sarg noch einmal aufbrechen, hebt das Haupt des Geliebten auf und küßt ihn das letzte Mal.

Kriemhild bleibt, den Bitten des unschuldigen Giselher nachgebend, in Worms. Siegmund, dem sie selbst von der Rache abgeraten, da er zu schwach sei, kehrt in die Niederlande zurück. Auf den Rat der Burgunden läßt die Witwe Siegfrieds den Hort der Nibelungen nach Worms



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bringen, der ihr als Morgengabe gebühre. Sie verteilt daraus freigebig die Schätze und gewinnt sich die Anhänglichkeit vieler Helden. Da fürchtet Hagen, sie möchte sich zu viel Freunde erwerben, bemächtigt sich der Schlüssel für den Schatz und versenkt ihn, als die drei Könige abwesend sind, in den Rhein. Dreizehn Jahre bleibt Kriemhild bei den Ihren, immer in Trauer um Siegfried versunken.

Helche, die Gemahlin des Königs Etzel, war gestorben. Seine Freunde rieten ihm, er möge sich mit Kriemhild vermählen. Rüdeger überbringt die Werbung an Kriemhild, die Burgundenkönige nehmen sie an, trotzdem Hagen es widerrät. Die Königin selbst weist Rüdeger zweimal zurück, sie gehöre der Trauer und Etzel sei ein Heide. Giselher und die Mutter der Fürstin, Frau Ute, gönnen der armen Frau ein neues Glück und drängen sie, die Bitte des mächtigen Königs nicht abzuschlagen. Endlich verspricht ihr Rüdeger und beschwört es durch Eide, daß er alles Unrecht rächen werde, das ihr widerfahre. Da nimmt sie die Werbung an und folgt ihm an Etzels Hof. Aber den Rest ihrer Schätze mitzunehmen , verwehrt ihr wieder Hagen. Bei Etzel wird die Königin mit großen Ehren empfangen.

Sieben Jahre gehen wieder dahin, Kriemhild beweint den Tod Siegfrieds noch immer jeden Tag und vergißt nicht die Rache. Sie bittet den König Etzel, die Burgunden zum Sonnenwendfest einzuladen, denn sie wolle ihre Verwandten wiedersehen. Hunnische Spielleute richten die Botschaft aus, Kriemhild trägt ihnen besonders auf, auch den Hagen zu entbieten, die Könige bedürften seiner Begleitung, denn er sei der Wege kundig. Hagen widerrät die Reise, die Könige empfehlen sie. Gernot wirft dem Hagen Todesfurcht vor; das weist der empört zurück, nun werde er mit ihnen fahren. Trotz böser Träume der Ute und schlimmer Weissagungen machen sich die Burgunden auf die Fahrt mit einem großen, wohlgerüsteten Heere. Als sie an die Donau kommen, sieht Hagen zwei Wasserfrauen. Er raubt ihnen die Gewänder und zwingt sie zur Weissagung. Außer dem Kaplan, sagen die Frauen, würde keiner von ihnen die Heimat wiedersehen. Sie teilen Hagen auch mit, wo er den Fährmann finde. Der weigert ihnen, grob und widerspenstig — er war ein Bayer — die überfahrt. Hagen erschlägt ihn, lenkt selbst das Fahrzeug, so gewaltig, daß sein Ruder zerbricht, und als alle Mannen übergesetzt sind, zerschlägt er die Fähre in Stücke. Den Kaplan wirft er ins Wasser, aber der gewinnt schwimmend das Land und eilt nach Burgund zurück. Nun, da eine Rückkehr nicht mehr möglich, enthüllt



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Hagen die Prophezeiung der Wasserfrauen, die unheilvolle Kunde fliegt von Schar zu Schar, die Helden erbleichen.

Die Herren des Fährmannes überfallen die Nachhut der Burgunden, aber Dankwart, der Marschall, ist wachsam und die Angreifer werden leicht zurückgewiesen. An der Grenze des Hunnenlandes finden die Burgunden einen schlafenden Helden, Eckewart. Hagen nimmt sein Schwert, der Held ist untröstlich, nun erkennt Hagen, daß er ein tapferer Krieger sei, gibt ihm seine Waffe wieder und jener warnt ihn vor Kriemhild.

Rüdeger, dessen Mark sie nun betreten, empfängt die Helden gütig und ist beglückt, daß sie bei ihm einkehren. Die Burgunden verwandeln sich in seinem Haus in ritterliche und liebenswerte Helden, sie vergessen alle Sorgen und lachen heiter auf. Die liebliche Tochter Rüdegers, Gotelind, wird auf Volkers Rat mit dem jungen Giselher vermählt, und Gernot empfängt Rüdegers Schwert. Es sind Tage reinen Glückes, edler Gastfreundschaft und hohen Heldentums, der letzte Sonnenblick, der den Burgunden gegönnt ist.

Als die Burgunden in Etzels Hof einziehen, erfreut sich der König ahnungslos seiner stolzen Gäste und Kriemhild frohlockt; die Stunde ihrer Rache ist gekommen. Alles drängt sich staunend und bewundernd um Hagen. Dietrich von Bern reitet den Helden entgegen, warnt sie alle noch einmal und führt Hagen an der Hand. Kriemhild reicht ihre Hand nur Giselher, den Hagen fragt sie, ob er ihr den Schatz der Nibelungen mitbrachte, der antwortet, er habe an seinem Schild und seiner Rüstung genug zu tragen. Vergebens sucht Kriemhild die Burgunden entwaffnen zu lassen, sie haben es ja durch Dietrich erfahren, welches Schicksal ihrer wartet.

Hagen setzt sich in den Hof, so daß Kriemhild ihn sehen muß. Sie tritt vor ihn mit großem Gefolge: warum er sich zu ihr wage, er, Siegfrieds Mörder ? Hagen bleibt sitzen, legt Siegfrieds Schwert auf seine Knie, und während die Königin ihn ansieht, bekennt er, daß er den Siegfried erschlagen, weil Kriemhild die Brünhild schmähte. Die Hunnen aber wagen, als sie Hagen und neben ihm den tapferen Volker sehen, trotz ihrer übermacht nicht, die beiden Helden anzugreifen und ziehen sich feige zurück.

Der Empfang bei Etzel folgt. Am Abend halten bei den ermüdeten Recken Volker und Hagen Wache und Volker singt durch seine sanften und süßen Weisen in den Schlaf. Mitternachts schleichen die Hunnen heran, ergreifen aber rasch die Flucht, als sie die Helden wachend finden.



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Am nächsten Morgen bei der Messe beleidigen Hagen und Volker die Kriemhild und bei einem Turnier erschlägt Volker einen Hunnen, dessen Aussehen ihn ärgert. Etzel, höflich und voll feiner Sitten, begleicht den Streit, der aufflammen will. Dietrich weist Kriemhilds Bitten, er möge die Burgunden überfallen, entrüstet zurück. Bloedelin, Etzels Bruder, läßt sich durch ihre Versprechungen verführen und überfällt den Dankwart. Etzel und die Burgunden sitzen unterdessen beim Mahl. Kriemhild läßt ihren und Etzels Sohn hereinbringen, der König, noch immer ahnungslos, erzählt davon, daß er das Kind später zu den Burgunden schicken wolle. Da kommt blutüberströmt Dankwart herein und als Hagen das sieht, schlägt er dem Sohn Etzels das Haupt ab, seinem Erzieher dazu, und nun sind Kampf und Rache ganz unabwendbar.

Die Burgunden bleiben im Saal. Etzel, Kriemhild, Dietrich, Rüdeger und ihre Mannen erhalten auf Dietrichs Bitten freien Abzug. Volker und Dankwart hüten den Ausgang. Die Leichen der erschlagenen Hunnen werden vor die Türen geworfen, Hagen und Volker spotten des Etzel und seiner Mannen. Mit Mühe halten die Seinen den König Etzel vom Kampf zurück.

Iring von Dänemark greift als Erster den Hagen an, ihn lockt der hohe Preis, den Kriemhild auf das Haupt des von ihr so Gehaßten gesetzt . Und er bringt dem Hagen eine Wunde bei. Als er aber nach kurzer Rast ihn von neuem bekämpft, erhält er den Todesstreich. Irnfried von Thüringen und Haward von Dänemark wollen seinen Tod rächen, die Burgunden lassen sie in den Saal hinein und erschlagen sie alle.

Am Abend wollen die Burgunden mit Etzel reden, doch der verwirft nach dem Tod seines Kindes jeden Gedanken an Schonung. Kriemhild verhindert, daß die Helden in das Freie treten. Ihr tut das Schicksal des jungen Giselher selbst weh und sie würde sie alle schonen, wenn sie ihr den Hagen auslieferten. Aber diesen einen wollen die Könige um keinen Preis hergeben, und wenn sie auch tausend wären ihrer Sippe, sie stürben eher alle, als daß sie ihn opferten. Da heißt Kriemhild den Saal anzünden. Eine furchtbare Nacht ist nun den Helden beschieden, sie schützen sich mit den Schilden vor den herabfallenden Bränden und um ihren Durst zu löschen, trinken sie auf Hagens Rat das Blut der Erschlagenen und schlürfen damit neuen wilden Mut und neue Kampfkraft in sich.

Am kommenden Morgen erinnert Kriemhild den Rüdeger an den



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Eid, den er ihr geschworen, als er für Etzel um sie warb. Etzel und sie flehen ihn fußfällig um Hilfe. Es ist umsonst, daß Rüdeger seinem König Land und Burgen anbietet, er wolle allein zu Fuß ins Elend wandern, umsonst auch erinnert er ihn, daß er die Burgunden gastlich empfing, und daß Giselher und seine Tochter versprochen seien; König und Königin lassen ihn nicht frei. Da empfiehlt er Gemahlin und Tochter ihrer Sorge und wappnet sich zu seinem schwersten Gang. Volker erkennt gleich, daß Rüdeger und die Seinen nicht zum Frieden kamen, und der Markgraf sagt ihnen wirklich Fehde an, er setzt seinen Schild vor seinen Fuß. Die Burgunden wollen noch immer nicht glauben, daß ihr edler Freund sie nun bekämpfen will, aber es ist unabänderlich. Rüdeger zeigt seinen hohen Sinn noch einmal, er rührt die Helden zu Tränen, indem er dem Hagen seinen Schild gibt. In dem wilden Kampf, der nun entbrennt, werden Rüdegers Mannen alle getötet, er selbst fällt durch sein eigenes Schwert, das Gernot schwang, und er hatte zuerst dem Gernot die Todeswunde geschlagen. Die Burgunden sind zu Tode erschöpft und beweinen den Verlust der beiden herrlichen Helden, Etzel aber und seine Mannen kennen in wilder Trauer kein Maß und der König brüllt auf in seinem wilden Schmerz wie ein Löwe.

Dietrich von Bern hört das Wehklagen und sendet einen Helden, zu erfragen, was geschah. Der bringt die Nachricht von Rüdegers Tod. Nun schickt er, indem er ihm gebietet, Frieden zu halten, den alten Hildebrand zu den Burgunden, der soll ihm genaue Kunde bringen. Dietrichs Mannen begleiten den Waffenmeister, der junge Wolfhart, sein Neffe, rät ihnen, sich zu waffnen. Die Goten erbitten Rüdegers Leichnam . Gunther ist gewillt, ihn zu geben. Da reizen sich Wolfhart und Volker durch heftige Reden. Wolfhart läßt sich nicht länger bändigen, und ehe sie sich dessen recht bewußt werden, sind die Helden mitten im wilden Kampf. Volker erschlägt den Sigestab, Hildebrand den Volker, Wolfhart und Giselher töten einer den andern, und alle, bis auf Gunther, Hagen und Hildebrand, fallen, dieser flieht vor Hagens grimmen Schlägen. Dem Dietrich aber, der ihm seine ewige Streitsucht vorwirft, erzählt der Alte nacheinander, wer in dem Kampfe fiel, und daß er ganz allein von allen seinen Helden lebe. Da seufzte der König auf, er war reich, gewaltig und hehr und ist nun ein armer König, seiner hat Gott vergessen, warum er denn vor Leid nicht sterben könne? Dann waffnet er sich, geht in den Saal und fordert Gunther und Hagen auf, sich zu ergeben. Sie weisen es, trotzdem er ihnen sicheres Geleite in die



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Heimat verspricht, zurück. Hildebrand fängt an, den Hagen zu schmähen und beide Helden werfen sich Feigheit vor, das verweist Dietrich dem alten Waffenmeister, Helden sollten sich nicht schelten wie alte Weiber. Dann bezwingt der König den Hagen, indem er ihn verwundet, im Ringen überwindet und fesselt, er bringt ihn der Kriemhild. Ebenso überwältigt er ' den Gunther und empfiehlt ihn wiederum dem Schutz der Königin. Sie fragt den Hagen, wo der Schatz sei, er will es nicht verraten, solange sein Herr lebe. Da läßt sie dem Gunther das Haupt abhauen und zeigt es dem Hagen. Der lacht höhnisch auf, nun wissen Gott und er allein von dem Schatz, und sie solle niemals davon erfahren. Da erschlägt sie ihn mit Siegfrieds Schwert. In wildem Zorn springt Hildebrand dazu und erschlägt die laut aufschreiende Königin. Dietrich und Etzel weinen, die Liebe ist, wie alle Liebe, schließlich in Leid verendet, alle, die noch leben, beklagen den Tod so vieler Helden, das Lied hat ein Ende, das ist der Nibelunge Not.


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