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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

26. Das anspruchsvolle Mädchen

In einer großen Stadt lebte ein Mann mit seiner Frau. Der Mann eine Tochter. Das Mädchen war sehr schön. Jeder Mann in hatte hatte der Stadt wollte das Mädchen heiraten. Das Mädchen sagte aber immer: "Diesen Mann will ich nicht heiraten." Die Mutter sagte zu dem Mädchen: "Alle Männer kommen, um dich zu heiraten. Du nimmst aber keinen. Wen willst du eigentlich heiraten?" Das Mädchen sagte: "Ich will einen Mann, der recht viel Geld hat." (Geld: Nupe =Ewuo; Haussa =Kudi; J.oruba = Owo. Kaurigeld: Nupe



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=Ewuo-warra; Haussa Saban-kudi; Joruba =Owo-aejo. Silbergeld: Nupe =Ewuo-jakpa; Haussa =Asurfa; Joruba Owo-Silli [Schiking]).

Eines Tages kam der erste Bootschnitzer der Stadt zu dem Mädchen und sagte: "Ich möchte dich heiraten!" Das Mädchen sagte: "Schnitze und verkaufe viele Boote. Wenn du dann viel Geld hast, dann will ich dich gern heiraten!"

Eines Tages kam ein Maba (Trommelbettler) zu dem Mädchen und sagte: "Ich möchte dich heiraten!" Das Mädchen sagte: "Trommle recht viel. Trommle recht, recht viel. Dann wirst du viel Geld verdienen. Wenn du viel Geld hast, will ich dich gern heiraten."

Eines Tages kam der erste Jäger der Stadt zu dem Mädchen und sagte: "Ich möchte dich heiraten!" Das Mädchen sagte: "Jage viel! Töte viele und große Tiere. Verkaufe das Fleisch. Dann wirst du viel Geld verdienen. Wenn du dann viel Geld hast, dann will ich dich gern heiraten."

Eines Tages kam der geschickteste Dieb der Stadt zu dem Mädchen und sagte: "Ich möchte dich heiraten." Das Mädchen sagte: "Stiehl viel. Stiehl wertvolle Sachen. Dann verkaufe das Gestohlene und du wirst viel Geld verdienen. Wenn du viel Geld hast, dann will ich dich gern heiraten."

Eines Tages kam der Sohn des Majaki (Feldherrn) zu dem Mädchen und sagte: "Ich möchte dich heiraten!" Das Mädchen sagte: "Zieh in den Krieg. Plündere viel. Fange viele Sklaven. Dann verkaufe die Sklaven, und du wirst viel Geld verdienen. Wenn du viel Geld hast, dann will ich dich gern heiraten!"

Der König des benachbarten Landes hörte von dem schönen Mädchen. Der König sandte an den Vater einen Boten und ließ ihm sagen: "Ich möchte deine Tochter gerne heiraten!" Der Vater ging zu seiner Tochter und sagte: "Der König des benachbarten Landes hat zu mir gesandt. Er möchte dich gern heiraten. "Das Mädchen sagte: "Ich mag den König nicht heiraten." Der Bote brachte dem König die Antwort: "Das Mädchen will dich, den König, nicht heiraten!" Der König sagte: "Nehmt Pfeile und Bogen. Nehmt Lanzen. Nehmt Schilder. Nehmt Säbel. Erobert die Stadt Bringt das Mädchen!" Die Leute des Königs bereiteten die Waffen. Die Leute des Königs griffen die Stadt an. Die Leute des Königs fingen viele Menschen. Die Leute des Königs ergriffen das Mädchen und nahmen es mit, um es dem König zu geben.

Nach einiger Zeit kam der Bootschnitzer zu dem Vater des Mädchens



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und sagte: "Wie geht es dem Mädchen, das ich gerne heiraten möchte? Ich habe schon viel Geld gewonnen." Der Vater sagte: "Der König der anderen Stadt hat unsere Stadt angegriffen und hat das Mädchen mitgenommen."

Nach einiger Zeit kam der Dieb zu dem Vater des Mädchens und sagte: "Wie geht es dem Mädchen, das ich gerne heiraten möchte? Ich habe schon viel Geld gewonnen." Der Vater sagte: "Der König der anderen Stadt hat unsere Stadt angegriffen und hat das Mädchen mitgenommen." Der Dieb sagte: "Wenn es weiter nichts ist, so werde ich das Mädchen bald wiederbringen."

Der Dieb machte sich auf den Weg nach der anderen Stadt, in der der König wohnte, in dessen Gehöft das Mädchen war. Als er in die Stadt kam, verwandelte er sich in eine Katze. Als Katze lief er in das Haus, in dem das Mädchen war. Er gab dem Mädchen mit der Pfote einen Schlag. Da wurde das Mädchen zu einer kleinen Ratte. Die Katze nahm die kleine Ratte in die Schnauze und lief damit in die Stadt zurück, aus der das Mädchen stammte. In der Stadt legte er die kleine Ratte auf die Erde. Da ward die kleine Ratte sogleich zum Mädchen. Die Katze ward sogleich zum Dieb.

Es kam gerade der Jäger und sagte: "Ah! Das ist ja das Mädchen, das ich heiraten möchte! Ich habe viel Geld gewonnen. Nun will ich es sogleich mitnehmen!" Der Jäger packte das Mädchen und trug es fort. Der Dieb verwandelte sich sogleich in einen Falken und flog dahin, wohin der Jäger das Mädchen gebracht hatte. Er packte es und trug es empor in die Luft. Der Jäger ergriff Bogen und Pfeil. Er schoß auf den Vogel. Er traf ihn aber nicht.

Der Falke trug das Mädchen weit weg, bis an das Ufer des Flusses. Er konnte mit dem Mädchen nicht über den Fluß fliegen, er war sehr ermüdet. Er setzte das Mädchen am Ufer des Flusses nieder. Der erste Bootschnitzer der Stadt kam mit seinem Kanu angefahren. Der Bootschnitzer sah das Mädchen. Der Bootschnitzer sagte: "Ah! Das ist ja das Mädchen, das ich gern heiraten möchte. Ich habe viel Geld gewonnen, nun will ich es gleich mitnehmen."

Der Bootschnitzer packte das Mädchen, setzte es in den Kahn und fuhr mit ihm über den Fluß. Der Dieb sah hinterher. Der Bootschnitzer nahm das Mädchen in sein Haus. Er heiratete es. Als er bei dem Mädchen lag, trommelte auf der Straße der Maba. Der Maba sang: "Ich bin ein Maba. Ein Maba kann nicht viel Geld gewinnen. Aber ein Maba will auch essen."


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