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Kapitel 

C. M. Wieland's Werke.

Zehnter Band.

Komische Erzählungen.

Diana und Endymion.

S. 3. Die Veranlassung zu dieser Erzählung gab dem Dichter Lucians eilftes Göttergespräch, wo aber nicht von Diana die Rede ist, sondern von Selene, Luna. Artemis oder Diana und ihr Bruder Apollon sind an sich von Selene, der Mondgöttin, und Helios, dem Sonnengotte, verschieden; in dem späteren Göttersystem aber treten jene an die Stelle von diesen, und so ging von vielen alten Sagen die ursprünglich zum Grunde gelegene Idee verloren. So lag wohl ursprünglich der Sage von der Liebe Selenen's zu Endymion eine astronomische Idee zum Grunde: wenigstens läßt die Behauptung, daß Selene dem Endymion 50 Söhne geboren habe, auf eine Berechnung des Mondenjahres schließen. Ursprünglich lag daher in dieser Sage kein innerer Widerspruch. Als man aber die Bedeutung nicht mehr kannte, und nur die Thatsache noch übrig war, ja zum Ueberfluß Artemis, die keuscheste und sprödeste aller Göttinnen des Olymp, der Selene untergeschoben wurde, da war auch der innere Widerspruch da. Lucian, der sonst dergleichen gern aufdeckt, konnte doch hier diese Absicht nicht haben; Wieland aber hat sie offenbar, faßt daher die Begebenheit von der komischen Seite auf, benutzt die Umstände, die dazu dienen, und motivirt durchaus in diesem Sinne.S. 5. Z. 15. Mutter Isis — Hier offenbar statt der Natur, wozu sie von späteren Philosophen umgedeutet wurde.S. 5. Z. 18. Latmos — Ein Berg in dem kleinasiatischen Lande Karien, wohin Lucian die Scene verlegt

S. 5. Z. 19. Ganymedes — Dieser Sohn des troischen Königs Tros war nach Homer

— — Der schönste der sterblichen Erdebewohner: Ihn auch rafften die Götter empor, Zeus Becher zu füllen, Wegen der schönen Gestalt, den Unsterblichen zugesellet.
S. 5. Z. 18. Narciß — s. die Anm. zu Don Sylvio, 2. Bd. S. 7. Z. 4. Leda — Die Gemahlin des Königs Tyndareos zu Sparta, wurde von Zeus, der sich dießmal in einen Schwan verwandelt hatte, überlistet und darauf von zwei Eiern entbunden, aus deren einem die schöne Helena hervorkam.S. 7. Z. 11. Paris — s. die gleich nachfolgende Erzählung.S. 9. Z. 24. Akton — statt Aktäon, welcher arkadische Jäger das Unglück hatte, Dianen im Bade zu erblicken, oder die Neugier, sie darin zu belauschen, wofür er von der Göttin in einen Hirsch verwandelt und von seinen eigenen Hunden zerrissen wurde. — Akton nennt ihn Wieland und läßt ihn in einen Hasen verwandelt werden, zufolge einer Anspielung auf eine Stelle in Fieldings Tom Jones.S. 10. Z. 1. Hyacinth — War ein Liebling Apollons. Als er bei einem Spiele von der Wurfscheibe erschlagen wurde, verewigte der Gott sein Andenken dadurch, daß er ihn in die Blume verwandelte, welche seinen Namen trägt (jedoch nicht unsre Hyacinthe ist). S. Ovids Metamorph. 10, 210.S. 10. Z. 12. Kallisto — Die Tochter Lykaons, eine Nymphe der Artemis, unterlag der Leidenschaft des Zeus, der die Gestalt der Artemis selbst angenommen hatte. Die erzürnte Göttin verwandelte ihre unkeusche Nymphe in eine Bärin, welche Zeus nachher als Sternbild an den Himmel versetzte. So erklärte man den Namen des Sternbildes, welches noch jetzt der große Bär heißt.S. 10. Z. 27. Der Gott zu Delphi — Apollon, Bruder der Artemis, berühmt durch seine Weissagungen und Orakel im Tempel zu Delphi.S. 11. Z. 7. Cypripor — Der knabe von Cyprus (Cypri puer) Amor, weil Cyprus ein Hauptsitz seiner Mutter Venus war.S. 12. Z. 8. Latonens Kinder — Apollon und Artemis, beide mit Köcher, Pfeil und Bogen gerüstet, was man auf die Sonnen- und Mondsstrahlen deutete.S. 12. Z. 15. Paphos — eine Stadt auf der Insel Cypern, wo Venus besonders verehrt wurde.

S. 15. Z. 8. Adon — Adonis, mit dessen Namen man noch die schönsten Jünglinge bezeichnet, war ein Geliebter der Venus, dem seine leidenschaftliche Jagdliebe den Tod brachte, welchen Moschos in seinem ersten Idyll beklagt. Was er der Venus war, das war Rinaldo der Zauberin Armida. S. Tasso's befreites Jerusalem.S. 18. Z. 16. Venus im Netz' ertappt — S. den achten Gesang von Homers Odyssee oder das 17. Göttergespräch bei Lucian.S. 19. Z. 8. Momus — Ein zwar sehr alter Gott (Hesiod. Theog. 214), der aber nie göttlich verehrt ward. Er kommt hauptsächlich bei Lucian vor, wo er die Götterversammlungen durch Ironie, Laune und Spott, im Scherz und Ernst, gewöhnlich eines Besseren belehrt. Man hat ihn daher für den Gott des Spottes und Tadels genommen.S. 19. Z. 28. Loyalist — d. i. ein Jesuit, nach dem Stifter des Ordens Ignaz Loyola. Die Jesuiten waren sehr stark in der Casuistik, und deßhalb läßt Wieland hier einen einfallen.S. 20. Z. 7. Pater Escobar — S. die Anmerk. zu Don Sylvio, Band 1.S. 20. Z. 12. Cynthia — ein Beiname der Diana.S. 21. Z. 18. St. Franzens fette Seraphinen — Die Franziscaner, deren Materialität bei allem Streben nach Heiligkeit Wieland hier andeuten will.S. 22. Z. 1. Jupiter — Ueberlistete die Leda als Schwan, die Europa als Stier, Alkmenen in der Gestalt ihres Gemahls. Wie Vulcan sein Weibchen im Garn fing, davon s. oben.S. 22, Z. 16. Rhodope — Ein Berg in Thracien, berühmt durch die Bacchusfeier. — Mänas, Bacchantin. Frauen im Gefolge des Bacchus geberdeten sich ganz als der Begeisterung dieser Gottes voll, und die bildende Kunst der Griechen hat ihre Begeisterung durch die sprechendsten Attitüden verewigt.S. 23. Z. 16. Was Platons Penia — Nach einer der Aussagen in Platons Gastmahl verdankt der Gott der Liebe sein Daseyn einem Zusammentreffen des Gottes des Reichthums (Plutos) mit der Göttin der Armuth (Penia). Daher, heißt es, ist in der Liebe jener Vollgenuß bei ewigem Sehnen.