Aber hier unterbricht mich dein zuversichtlicher Eifer.
Lächelnd, als ob die Wahrheit auf deinen Lippen entstünde,
Wie ich dich in der Gesellschaft der horchenden Freunde jüngst
Stellst du der ernsten Vernunft Phantomen des Witzes entgegen:
"Wer ist behender, hoch fliegende Wünsche für Wahrheit zu ehren,
Als ein Mensch, dem die Erde, die ihn geboren, zu eng wird?
Welcher so gern die Seele, die, gleich der purpurnen Nelke,
Heute des Gartens Königin ist, und morgen am Staub klebt,
Allzu stolz vergänglich zu seyn, zum Engel erhübe!
Thörichter Stolz! Wie wenn ein bunter kaum sichtbarer Käfer,
In der Rose geboren, die Ledens Busen umschattet,
Sein verwegnes kurzsichtiges Auge zur Schönen erhübe,
Schwester sie grüßte und lüstern die Rosenflügel enthüllte,
Sie zu umfangen: so webt der Sohn der blühenden Erde,
Welche wie er einst welkt, als wär' er der Seraphim Bruder,
Ewigkeiten sich vor, und bewohnt im Geist die Olympe
Die der Träumer sich wünscht. — Vergeblich nennt man die Hoffnung
Ewig zu leben, auch wenn sie betrög', ein edles Erkühnen.
Ist es erhabner Stolz die Natur verbessern zu wollen?
Oder die Räume vergessen, die zwischen uns und die Gottheit
Ewig unmeßbar gelegt sind? —Ich sende die forschenden Blicke
In mein geheimestes Selbst, und such' im Busen der Seele
Ihre Bestimmung. Ist sie vielleicht die Verwandte der Geister?
Gießet ihr Blick, wie das Antlitz des sterneverdunkelnden Engels,
Sonnenglanz um sich her? Durchstrahlt sie die Wolken der Wahrheit?
Liegt die Natur eröffnet vor ihr? ermißt sie die Himmel?
Oder vermag sie mit muthigem Auge, wie ihre Gespielen,
Unversengt in die Gottheit zu schauen? — Ja, minder zu fordern,
Ist nur ihr eigenes Wesen ihr klar? besinnt sie sich etwan
An den Aether, worin sie entstand, und die Reihen der Götter,
Die mit himmelerfüllendem Jauchzen sie Schwester begrüßten,
Da sie die Ewigkeit, ihre gemeinsame Mutter, hervorgab?
Weiß sie nur, wie die Gedanken aus ihrem Schooße sich winden,
Kennt sie ihre Gestalt, und wie sie entstehen und schwinden?
Ist der Olymp ihr väterlich Land, sind ihre Begierden
Mit den Begierden der Engel harmonisch, soll göttliche Freude
Oder die helleste Blüthe der Wahrheit, ambrosische Speise,
Ihre Wünsche vergnügen, sind Welten voll sterblichen Reizes
Für die Unsterbliche viel zu verächtlich, — wie ist es doch möglich,
Daß sie so gern am blumigen Boden der Sinnlichkeit klebet?
Daß sie, die Göttin, den Taumel der irdischen groben Entzückung
Liebt und von thierischen Freuden berauscht der Engel nicht achtet?
Warum setzt die Gespielin der Götter ein lockendes Auge
Außer sich? Warum zerschmilzt sie auf einem steigenden Busen?
Alle Schönen der Erd' und der Inseln, in Chöre versammelt,
Jede mit eignem Reize bezeichnet, hier funkelnde Blicke,
Dort die sanft wallende Weiße der runden zierlichen Glieder,
Mit Juwelen bewaffnet, mit Frühlingskränzen geschmücket,
Oder im angebornen Glanz der nackenden Anmuth,
Sollten die Tochter des Himmels nicht stärker rühren, noch länger
Vor den Gedanken ihr schweben, als Beete voll prangender Tulpen,
Oder ein Kreis voll Steine, der über ihr schimmernd sich wälzet. —
Steige herab, o Mensch, von den ungebührenden Sphären;
Lege die Gottheit nieder, und sey ein Verwandter der Thiere!
Also will's die Natur. Und ist es Schmach ihr zu folgen?
Jede Begierde, die du vergeblich zum Hoffen verweisest,
Unbekannt in der unsichtbaren Welt, der Speise der Engel
Ungewohnt, wird es dir danken. Mit ihrem Loose zufrieden,
Wird sie die jetzige Stunde, den schönen Frühling, erhaschen,
Und entkörperten Geistern recht gern die Ewigkeit gönnen.
Frage sie alle, die innersten Stimmen des fühlenden Herzens,
Ist's nicht Lust, wornach die Natur sie schmachten gelehrt hat?
Liebe zur Lust erhitzt die Adern des muthigen Jünglings;
Sanftere Triebe zur Lust glühn in den Wangen des Mädchens,
Wachsen mit ihrem Busen, und schmelzen die zärtliche Seele.
Was ihr Vernunft zu nennen beliebt, ist der Liebe zur Wollust
Unterthan, nur erfindsam für sie, und ohne sie träge.
O! wie harmonisch vereinigen sich die lüsternen Kräfte,
Wenn sich irgend ein lächelndes Bild der Freude gezeigt hat,
Sie zu erhaschen! — Und im Genuß, in der seligen Stunde,
O! wie jauchzet sie dann! wie völlig wird sie Empfindung,
Völlig Genuß, Entzückung und Wonne! — So blühet die Seele
Unter süßen Empfindungen auf, bis alles Vergnügen,
Das die Natur ihr gönnet, genossen ist, ihrem Bestreben
Sich nichts Neues mehr zeigt. Dann, sucht sie mühsame Freuden,
Schöne Phantomen, nicht wirkliche Lust, Geburten des Wahnes.
So betrügt sie sich selbst, wie jener die Fürstin des Himmels
Zu umarmen geglaubt, und eine Wolke nur küßte.
Endlich erkaltet mit dem Vermögen die Wollust zu schmecken
Auch die Begierde. Die Nerven der Seele, wie ihres Gehilfen,
Nutzen sich ab, das Feuer erstirbt, die Phantasie welket.
Gibt die Natur nicht selbst den Beweis, daß Freude des Daseyns
Letzter Zweck ist, und für den Menschen nur sterbliche Freude,
Da wir, sobald sie uns flieht, dem Tode nahn, und das Leben
Für uns kein Gut ist, sobald der Geschmack der Wollust vergehet?
Kann nun der Tod, da sein Vorhof, das Alter, Beraubung der Lust ist,
Kann er was anders seyn, als ewiger Mangel an Freude,
Mangel an süßem Gefühl, der Nahrung des Wesens, ein Nichtseyn?" |