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Kapitel 

C.M. Wielands Werke.

Vierundzwanzigster Band.

14. Brief.

S. 238. Philistus — Dieser Zeitgenosse des ältern Dionysius, nach Einigen aus Naukratis, nach Andern aus Syrakus gebürtig, war eine Zeitlang mit jenem Tyrannen aufs engste verbunden und ihm durch seinen Reichthum sehr nützlich, erregte aber dann durch die, ohne des Tyrannen Wissen, mit der Tochter von dessen Bruder Lepines geschlossene Ehe Verdacht gegen sich, ward verwiesen, und begab sich nach Adria, wo er seine Muse dazu benutzte, die Geschichte Siciliens zu schreiben, die aus 13 Büchern in 2 Abtheilungen bestand, deren zweite mit Dionysius anhub. Unter mehreren Andern rühmt ihn auch Cicero, der über ihn an seinen Bruder (Epp. ad Quint. Fratr. 2, 13 Ausg. von Schütz Bd. 2, Br. 134) also schreibt (Wielands Uebers. Bd. 2, S. 369): "der Sicilianer (Philistus) geht immer auf den Grund der Sache, ist gedankenreich, scharfsinnig, gedrängt, beinahe ein kleiner Thucydides. Ich weiß aber nicht, welches von seinen Werken du hast,

denn ihrer sind zwei, oder ob beide? Ich fride vorzügliches Vergnügen an seinem Dionysius, der ein durchtriebener alter Schlaukopf und dem Philistus durch und durch bekannt war." Den meisten Nachrichten zufolge ward er erst unter Dionysius dem Jüngeren zurückberufen, und zwar nicht ohne Betrieb der Höflinge, die durch ihn gegen den Einfluß Platons und Dions ein Gegengewicht zu erlangen hofften, und in dieser Hoffnung sich nicht betrogen, denn er wirkte dem Platon auf alle Weise entgegen und bewirkte hauptsächlich Dions nachmalige Vertreibung. In dem von diesem hierauf begonnenen Kriege kam Philistus mit einer Flotte dem Dionysius zu Hülfe, wurde geschlagen, und soll nach Einigen sich selbst entleibt haben, nach Andern von Dions Truppen umgebracht worden seyn. Er wird geschildert nicht bloß als Freund der Tyrannen, sondern auch der Tyrannei, und von Plutarch erfahren wir (im Leben Dions), daß er eben so bittere Tadler als übertriebene Lobredner fand. Dieß nun scheint Wielanden veranlaßt zu haben, auch hier die Wahrheit in der Mitte zu suchen. Die Schilderung, die er von diesem so geistreichen und gewandten als zweideutigen Mann entwirft, vergleiche man mit dem, was Sevins über ihn im 19. Bande der Mémoires de l'Académie des inscriptions gesagt hat.