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Die Piscatorbibel und ihre Einführung in Bern im Jahre 1684.

Eine Studie zur Vorgeschichte der schweizerischen Bibelübersetzung. Rektoratsrede von

Rudolf Steck,
Doktor und Professor der Theologie in Bern.
Mit einem Bildniss Piscator's
und einem
Anhang von Aktenstücken aus dem Bernischen Staatsarchiv.
Bern.
Druck und Verlag von K. J. Wyss. 1897.

Vorwort.

Die nachfolgende Rektoratsrede wurde am 21. November 1896 in der Aula der Universität gehalten. Sie erscheint hier in erweiterter Gestalt, oder vielmehr ohne die Verkürzungen, die der mündliche Vortrag bedingte. Da die auffallende und folgenreiche Thatsache der Einführung der Piscatorbibel in Bern verhältnissmässig noch wenig aufgeklärt ist, so darf ich wohl hoffen, dass dieser Arbeit auch einiger historischer Werth zukommt.

Den HH. Staatsarchivar Türler und Oberbibliothekar Prof. Dr. Blösch danke ich bestens für die freundliche Gefälligkeit, mit der sie mir die Benutzung der von ihnen geleiteten Anstalten erleichtert haben. Meinem geehrten Kollegen Prof. Dr. Tschirch bin ich zu grossem Danke verpflichtet für die bei dem Zustand des alten Oelbildes sehr schwierige photographische Aufnahme, die dem beigegebenen Lichtdruck zu Grunde liegt.

Bern, im Dezember 1896. Der Verfasser.

Inhalt. Seite 1. Piscator's Leben . . . . . . . . . . 7 2. Sein Bibelwerk . . . . . . . . . . 11 3. Die Einführung in Bern . . . . . . . . 19 4. Die Gründe . . . . . . . . . . . 24 5. Die Ausführung des Beschlusses . . . . . . . 25 6. Die Einwirkung . . . . . . . . . . 39 7. Anhang, Aktenstücke und Belege: l. Aus Otth's conspectus . . . . . . . . 49 II. Briefwechsel mit Zürich . . . . . . . . 50 lIl. Vertrag mit dem Verleger . . . . . . . 55 lV. Einspruch der Rabe'schen Erben . . . . . . 59 V. Uebersicht der Ausgaben . . . . . . . 63

Die Piscatorbibel und ihre Einführung in Bern im Jahre 1684.

Hochgeehrte Anwesende!

Unsere Universität, die heute ihr 62. Stiftungsfest begeht, bewahrt wenig Erinnerungen an die Vergangenheit. Sie ist verhältnissmässig noch jung und reicht nicht in alte Zeiten zurück. Die bernische Akademie, aus der sie hervorgegangen, war doch nicht ihre geistige Mutter, sondern sie ist die Tochter des neuen Geistes, der mit der Bewegung der Dreissigerjahre unser Land durchwehte. Die alte Akademie hatte ja auch ein viel beschränkteres Bildungsziel, sie war nicht eine universitas literarum, sondern pflegte vor allein die Theologie und Philologie und nur nebenbei ein wenig Jurisprudenz, Medicin und Philosophie. Daher ist uns von den alten Zeiten wenig übrig geblieben, in der Hauptsache nur das Gebäude, das alte Kloster, in dem wir uns leider immer noch befinden. Ferner das schöne Siegel der alten Akademie, das auch wir noch benutzen und dessen Bild nun auch die Fahne der «Academia» schmückt. Das ist wohl Alles, was uns von Erinnerungen an die Vergangenheit geblieben ist.

Und doch — eine Erinnerung an die alte Akademie besitzt unsere Hochschule ausserdem noch, von der allerdings das grosse

Publikum nichts weiss, eine Reihe von Bildern bernischer Professoren und Pastoren, meist aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Sammlung umfasst gegen dreissig Stück und ist gegenwärtig in der sogenannten kleinen Aula, die jetzt als theologischer Hörsaal benutzt wird, aufgehängt. Es ist unter diesen Bildern manches, das auch künstlerischen Werth hat und die ganze Sammlung dieser würdigen und verdienten Männer, denen Bern so Vieles verdankt, bildet einen Besitz, den wir nicht gering achten werden.

Unter diesen bernischen Professoren und Geistlichen sind nun aber auch einige Fremdlinge. Ihre Bilder sind aufgenommen, weil die dargestellten Männer für die reformirte Theologie einst von grosser Bedeutung waren. Unter ihnen ragt hervor Theodor Beza, der feine und kluge Gelehrte und Staatsmann, der in Genf Calvin's Werk so erfolgreich fortführte, und der am Ende des 17. Jahrhunderts in allen reformirten Ländern so allgemeines Ansehen genoss. Sein Bild hat der Berner Stadtarzt Fabricius Hildanus gestiftet, dessen Lebensbild die Rektoratsrede von 1882 uns gezeichnet hat. Ferner sind da zwei Säulen reformirter Theologie, der ältere Spanheim, Professor in Leiden, und Heinrich Alting, Professor in Heidelberg, dann zu Gröningen. Weiter der berühmte Coccejus, Professor in Leiden, der Erneuerer der biblischen Richtung der reformirten Theologie. Dann der Schotte Duraeus (John Durie), der Friedensapostel, der unermüdlich die Länder durchzog, um an dem Werke der Vereinigung der Lutheraner und der Reformirten zu arbeiten. Unter diesen Männern ist endlich auch Johannes Piscator, Professor zu Herborn im Nassauischen, dessen Bild nach seinem Tode unserer bernischen Professoren-- und Pastoren-Gallerie hinzugefügt wurde. Es ist ein kluges, mildes Greisengesicht, das uns da aus dem schwarzen Rahmen entgegen blickt. Man

sieht dem Manne an, dass er fein zu unterscheiden und scharfsinnig auszulegen wusste. Es ist auch wohl begreiflich, dass man in Bern gerade sein Bild zu besitzen wünschte. Ist er doch der Verfasser der Bibelübersetzung, die mehr als 150 Jahre lang in unserm Kanton amtliche Geltung gehabt hat.

Wie das gekommen ist, wünsche ich Ihnen heute darzulegen. Indem ich Sie auffordere, mir für eine kurze Zeit auf das theologische Gebiet zu folgen, fürchte ich doch nicht, Ihnen eine allzuharte Zumuthung zu machen. Der Stoff, den ich zu behandeln gedenke, gehört ebenso gut der bernischen Geschichte an, wie der Theologie. Er betrifft die Einführung einer Bibel, des Buches, das doch wie kein anderes das allgemeine Interesse besitzt. Und die Einführung einer Bibelübersetzung, die fortan das religiöse Leben eines Landes in der Stille, aber nachhaltig beeinflusst, ist an und für sich ein Ereigniss, das wohl verdient in das Licht historischer Betrachtung gerückt zu werden, besonders wenn ihm dieses Licht bisher nur spärlich geleuchtet hat. Stellen wir uns zunächst den Mann und das Werk, das ihm unter uns Aufnahme verschaffte, vor Augen.

1. Piscator's Leben.

Johannes Fischer 1) war ein Strassburger Kind, geboren in dieser deutschen Reichsstadt im Todesjahre Luther's, am 27. März 1546. Aus ärmlichen Verhältnissen hervorgegangen und durch den Tod seines Vaters früh verwaist, war er nur durch die Theilnahme, die seine hervorragenden Geistesgaben bei wohlhabenden Gönnern erweckt hatten, im Stande,

sich einem gelehrten Berufe zu widmen. Auf der Schule übersetzte einer seiner Lehrer, nach der Sitte der Zeit, seinen deutschen Namen in das Lateinische und so hiess er fortan ausschliesslich Piscator. Als er die Schulen in Strassburg durchlaufen hatte und zu seiner ferneren Ausbildung in der Theologie noch eine fremde Universität besuchen wollte, wählte er Tübingen. Es war zuerst seine Absicht gewesen, nach Wittenberg zu gehen. Aber streng lutherisch erzogen, scheute er dort die Richtung, die Melanchthon der dortigen Universität gewiesen hatte. Sie war den Lutheranern als vom Zwinglianismus angesteckt verdächtig geworden. Desshalb ging er nach Tübingen, wo das Lutherthum durch Jakob Andreae, den Vater der streng konfessionellen Konkordienformel unverfälscht vertreten war.

Aber eben dort kamen ihm andere Ideen. Mitten in dem streng lutherischen Tübingen war ihm die reformirte Lehre näher getreten, Calvin's institutio chistinae religionis, das klassische Werk des reformirten Lehrsystems, hatte ihm bessere Begriffe beigebracht. Schon war der Glaubenswächter Andreae auf ihn aufmerksam geworden. Als er abging, sandte derselbe eine Warnung hinter ihm her, sie sollen in Strassburg zusehen, dass Piscator nicht die Zwingli'sche Ketzerei dort einführe. Das bereitete denn dem jungen Theologen, der ganz aus eigener Entwicklung und aus fleissigem Studium der Bibel zu seinen Ansichten gekommen war, einen schlechten Empfang. Zwar erhielt er in Strassburg eine Stelle als Professor, aber kaum hatte er einige Vorlesungen gehalten, so brach der Lärm aus. Das Lehren wurde ihm untersagt und er musste seine Vaterstadt verlassen. Piscator ging 1574 nach Heidelberg. e

In Heidelberg wurde ihm die Leitung des Gymnasiums anvertraut und er hielt auch Vorlesungen an der Universität.

Aber auch da war ihm kein längeres Bleiben beschieden. Nach zwei Jahren starb der Kurfürst Friedrich. Sein ihm nachfolgender Sohn Ludwig begünstigte ebensosehr das Lutherthum, wie der Vater die reformirte Konfession begünstigt hatte. Nach dem Grundsatz cujus regio, ejus religio, trat in der Pfalz eine lutherische Reaktion ein, die reformirten Professoren und Prediger mussten weichen und auch Piscator verlor 1577 seine Stelle. Er fand mit andern Schicksalsgenossen eine Zufluchtsstätte bei dem jüngeren Sohne des verstorbenen Kurfürsten, dem Pfalzgrafen Johann Casimir, der die reformirte Konfession, für die sein Vater so viel eingesetzt hatte, festhielt und in Neustadt an der Hardt eine neue Lehranstalt zu ihrer wissenschaftlichen Pflege gründete. Im Jahre 1581 folgte Piscator dann einem Rufe nach Mörs am Niederrhein, wurde aber auch dort durch Krieg und Pest nach drei Jahren wieder vertrieben und zog nun eine Zeit lang amt- und brodlos umher, bis sich ihm 1584 wieder eine dauernde Wirksamkeit eröffnete. -

Der Graf Johann der ältere von Nassau-Katzenelnbogen verwirklichte endlich das längstgehegte Projekt der Errichtung einer höheren reformirten Lehranstalt an Stelle der verloren gegangenen zu Heidelberg Er gründete die hohe Schule zu Herborn in Nassau und berief an dieselbe hervorragende Theologen der reformirten Kirche. Olevianus, gleichfalls von Heidelberg vertrieben, wo er 1562 mit Ursinus den berühmten Heidelberger Katechismus verfasst hatte, wurde als Pastor an die Spitze der Anstalt gestellt. An seine Seite glaubte der Graf keinen bessern stellen zu können, als Piscator, der auch den Ruf gern annahm und mit dem ihm nahe befreundeten Olevian zusammen die Studien organisirte. In Herborn wirkte nun Piscator noch 41 Jahre lang bis zu seinem am 26. Juli 1625 erfolgten Tode. Unter ihm blühte die hohe

Schule fröhlich auf. Der Graf schätzte sich glücklich, ihn gewonnen zu haben, er schrieb in diesem Sinne an einen Freund: "Gott der Herr hat mir den Piscator nun seithero auch gegeben, welcher denn zur Schule und zum Schreiben gebraucht und nit wohl zu verbessern ist." Der Ruf der jungen Schule beruhte hauptsächlich auf seiner Wirksamkeit. Die Studenten kamen aus allen reformirten Ländern dahin, nicht nur aus Ober- und Niederdeutschlaud, sondern auch aus der Schweiz, aus Frankreich, Ungarn, Polen, England. Es war namentlich die biblische Wissenschaft, die er als Meister lehrte, man nannte ihn nur den Bibelmann. Die Herborner Bürger pflegten zu sagen, wenn der kleine, schmächtige Piscator mit dem grossen, stattlichen Olevian durch die Strassen ging, da gehen unser Luther und unser Melanchthon. Piscator veröffentlichte viele exegetische Arbeiten zum alten und neuen Testament und als Uebersetzen der heiligen Schrift stand er im grössten Ansehen. So fest begründet war sein Ruf, dass selbst eine nicht unerhebliche Abweichung seiner Lehre von der angenommenen Dogmatik ihn nicht erschüttern konnte, so empfindlich auch sonst das Zeitalter für dergleichen Dinge war.

Er war nämlich zu der Anschauung gelangt, dass die kirchliche Lehre von unserer Erlösung durch Christus einer Korrektur bedürfe. Man lehrte meist, Christus habe uns von der Sünde erlöst, einerseits, indem er an unserer Statt alle von Gott geforderte Gerechtigkeit erfüllt, d. h. das ganze göttliche Gesetz gehalten habe, andererseits indem er durch seinen unschuldigen Tod die Strafe, die wir verdienten, abgebüsst habe. Das nannte man den thätigen und den leidenden Gehorsam Christi. Piscator fand nun, diese Lehre entspreche weder der Schrift noch der inneren Nothwendigkeit dieses Verhältnisses. Was Christus gethan habe in völligem Gehorsam gegen das göttliche Gesetz, das habe er thun müssen, da es auch

von ihm, als einem wahren Menschen, gefordert worden sei. Nur was er unschuldig gelitten habe, das sei sein Verdienst, das er erworben habe und das den Menschen zugerechnet werden könne. Er bestritt also die Lehre vom thätigen Gehorsam Christi und wollte bloss den leidenden als genugthuend anerkennen. Diese Lehre verwickelte ihn in Streit mit den damals strenger denkenden französischen Protestanten. Die Synode der Landschaft Gap im Dauphiné beschäftigte sich damit und verurtheilte die Ansicht Piscator's. Er antwortete 1) milde und ruhig, indem er ausführte, dass seine Lehre nichts anderes sei, als was auch die Schrift sage, die diesen thätigen Gehorsam Christi nicht als erlösend bezeichne. Die Franzosen beruhigten sich aber nicht dabei, sie schickten sogar 1603 einen Abgesandten an die befreundeten reformirten Kirchen, der ihre Beschlüsse mittheilen und vor Piscator warnen sollte. Der Abgesandte, Antonius Rhenaldus, 2) kam auch nach der Schweiz, legte das von den Synoden beschlossene Glaubensbekenntniss und das Urtheil über Piscator's Lehre vor und erhielt die Antwort: man halte dieses Bekenntniss für orthodox und billige Piscator's Meinung nicht. Auch Bern schloss sich dieser Ansicht an. Wäre Piscator nicht in jeder andern Hinsicht als orthodox--calvinisch bekannt gewesen, die Lehrabweichung wäre ihm schwerlich so hingegangen. Aber sein Landesherr nahm ihn in Schutz und die Sache hatte keine Folgen.

2. Das Bibelwerk.

Das Werk nun, das Piscator's Namen auf die Nachwelt gebracht und auch für uns in Bern zu einem denkwürdigen

gemacht hat, ist sein Bibelwerk, zuerst erschienen zu Herborn in den Jahren 1602 und 1603, bei Christoph Rabe oder Corvin. Es enthält zunächst eine neue deutsche Uebersetzung des alten und neuen Testamentes, versehen mit Einleitungen und erklärenden wie erbaulichen Anmerkungen, letztere unter dem Titel "Lehren", nach jedem Kapitel zusammengefasst. Es ist also ein ganz vollständiges Bibelwerk, wie man es damals brauchte, wo es auch dem Laien darauf ankam, genau und sicher über das Verständniss jedes Wortes der heiligen Schrift belehrt zu werden. In der Vorrede erzählt Piscator, wie er auf das Unternehmen einer neuen Bibelübersetzung gekommen sei. Sein gnädiger Herr, der Graf Johann von Nassau, habe ihm befohlen, für den gemeinen Mann ein leicht verständliches Bibelwerk zu entwerfen und habe ihm zuerst aufgetragen Luther's Uebersetzung zu Grunde zu legen und nur da zu verbessern, wo sie fehlerhaft sei. Als er aber bei der Arbeit besser in den Text hineingekommen sei, habe er gemerkt, dass er viel zu viel ändern müsste und so habe ihn der Graf dann angewiesen, eine neue Uebersetzung anzufertigen.

So wurde denn eine neue deutsche Bibelübersetzung daraus. Ihr Charakter ist, nach dem Ausdruck eines späteren Beurtheilers, der einer "bis zur Aengstlichkeit getriebenen Treue". Das war in jener Zeit, wo es auf jeden Buchstaben der Bibel ankam, ein hoher Vorzug. In Beziehung auf Genauigkeit und Wörtlichkeit übertrifft denn auch Piscator's Uebersetzung die Luther's an vielen Stellen. Und auch vom wissenschaftlichen Standpunkt ist zu urtheilen, dass Piscator als Uebersetzer und Erklärer das Verständniss der Bibel entschieden gefördert hat. Oefter zeigt seine Uebersetzung eine Auffassung des Textes, die der gegenwärtig wissenschaftlich angenommenen schon nahe steht. Ps. 8, 6, wo es vom Menschen

heisst: du hast ihn nur wenig geringer gemacht, als Gott, übersetzt Piscator: du hast ihn ein wenig geringer gemacht, als die Engel, während Luther, einer ganz andern Auffassung der Stelle folgend, übersetzt: du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von Gott verlassen sein. Die schöne, aber von Luther viel zu frei übersetzte Stelle Ps. 73, 25. 26; wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde, wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Theil lautet bei Piscator so: wen hab' ich sonst im Himmel? Ja auch auf Erden ist Niemand, zu dem ich Lust hätte neben dir. Wann schon mein Fleisch und mein Herz verschmachtet, so ist doch Gott meines Herzens Fels und mein Theil in Ewigkeit. Die neueren, wissenschaftlich gehaltenen Uebersetzungen stehen dieser Fassung insgesammt näher, als der lutherischen. Auch im neuen Testament fehlt es nicht an Beispielen, wo man dem Verständniss des Uebersetzers Lob spenden muss. Die Stelle Röm. 7, 15, die Luther ungenau gibt: denn ich weiss nicht, was ich thue, lautet bei Piscator genauer: denn was ich wirke, das erkenne ich nicht. Matth. 28, 1 gibt Luther fast unverständlich: am Abend aber des Sabbaths, welcher anbricht am Morgen des ersten Feiertages der Sabbathen kam Maria Magdalena u. s. w. Piscator: am Ende aber der Wochen, an dem Tage, welcher anbrach, dass es der erste Tag der Wochen würde, kam Maria Magdalena u. s. w. Sogar Textkritik, etwas in jener Zeit noch ganz seltenes, treibt Piscator. Den Lobgesang der himmlischen Heerschaaren bei der Geburt Jesu gibt er nicht dreitheilig sondern zweitheilig: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden in den Menschen des Wohlgefallens, also nach der Lesart mit dem Genitiv Röm. 12, 11 hat Luther: schicket euch in die Zeit, Piscator: dienet dem

Herrn, nach der Lesart statt In beiden Fällen steht die moderne Textkritik auf seinem Seite, ob mit Recht, ist freilich eine andere Frage. So bemüht sich die Uebersetzung überall möglichst wörtlich und treu zu sein.

Nur ein einziges Mal, soviel ich weiss, ist Piscator diesem Grundsatz untreu geworden, freilich an einer Stelle, wo eine ihm ungemein wichtige Lehre der reformirten Kirche in Frage kam. Die Stellen im l. Briefe an den Timotheus (2, 4): Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntniss der Wahrheit kommen, ferner V. 1 und V. 6 ebenda: Gebet für alle Menschen, und welcher sich gegeben hat für alle zur Erlösung, endlich im Briefe an Titus (2, 11 ): es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, werden von Piscator so übersetzt, dass überall statt alle gesagt wird: allerlei. Gott will, dass allerlei Menschen selig gemacht werden, er hat sich selbst gegeben zum Lösgeld für allerlei Menschen, es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allerlei Menschen. Im Grundtext steht überall das Wort alle . Warum gibt das wohl der sonst so genaue Piscator mit allerlei wieder? Er glaubt zwar damit im Rechte zu sein, denn er begründet seine Uebersetzung l. Tim. 2,4 damit, dass das sich auf die zu Anfang des Kapitels genannten verschiedenen Stände, Könige, Obrigkeiten u. s. w. beziehe. Auch sonst gibt er etwa mit allerlei wieder, wie Apoc. 13, 16 bei allerlei Menschen. Aber es ist doch wohl noch ein anderes Motiv wirksam gewesen, das ihm das sonst so klare Urtheil trübte. 1) Nach der calvinischen Prädestinationslehre ist es ja gar nicht Gottes Wille, dass alle Menschen selig werden, sondern er hat nach seinem ewigen, unergründlichen Rathschluss von Anfang

an die Einen bestimmt zur Seligkeit, die Andern aber zur Verdammniss. Das war auch Piscator's Glaube und daher meinte er, richtig zu übersetzen, wenn er nicht alle, sondern nur "allerlei" Menschen zur Seligkeit berufen sein liess. Das ist, so viel ich weiss, der einzige Fall, wo auch bei ihm die Dogmatik die Exegese verdorben hat, im Uebrigen wird man sonst anerkennen müssen, dass diese Uebersetzung, was Wortverständniss und Treue betrifft, für jene Zeit eine hervorragende Leistung ist, wenn auch ein Theil des Verdienstes der kurz vorher erschienenen lateinischen Bibelübersetzung der beiden Reformirten Junius und Tremellius zufällt, die Piscator noch benutzen konnte.

Dieser Vorzug wird aber erkauft durch einen grösseren Nachtheil. Gerade aus Treue gegen den Buchstaben wird diese Uebersetzung oft geschmacklos. Unschöne Ausdrücke, bei denen dem Sprachgefühl keine Rechnung getragen ist, verderben oft ganze Stellen. Im Hebräischen kann unter Umständen das persönliche Fürwort, das schon in der Form des Verbums ausgeprägt ist. noch einmal wiederholt werden, zur Verstärkung des Nachdrucks. Das gibt Piscator nun mit dem unglücklichen Worte "belangend" wieder. So Ps. 2, 7, wo Gott zu dem Könige Jsraels spricht: du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeuget, übersetzt er: du bist mein Sohn, mich belangend, so hab' ich dich heut gezeuget. Unschön lautet es ferner, wenn Jes. 40, 3: es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: bereitet dem Herrn den Weg, so gegeben wird: es wird seyn eine Stimme einsen, der da ruffen wird in der Wüsten: raumet dem Herrn den Weg. Oder Hosea 8, 1: heb an deinen Rachen eine Posaune, sprich! Auch im neuen Testament fehlt es nicht an dergleichen Geschmacklosigkeiten . Philipper 2, 7, wo Luther gut und schön sagt: Christus

entäusserte sich selbst, hat Piscator das gar zu buchstäbliche: er hat sich ausgeleeret.

Geschmacklosigkeit ist nun aber eine schlimme Eigenschaft für eine Bibel-Uebersetzung. Luther's klassisches Werk hat nicht am wenigsten dadurch so rasch alle Herzen erobert, dass der Uebersetzer zugleich ein solcher Meister der Sprache war. Er hat es bekanntlich mit der Sache nicht leicht genommen. Stets suchte er neben dem Wortsinn auch nach dem besten, dem Geist der deutschen Sprache entsprechenden Ausdruck. Wenn der Engel die Maria begrüsst mit den Worten (Luc. 1, 28) was die Vulgata übersetzt:: ave Maria grata plena, so wollte er nicht mit Andern übersetzen: sei gegrüsst, Maria voll Gnade. Man sage wohl, ein Fass voll Bier, ein Beutel voll Geldes, aber nicht eine Jungfrau voll Gnade. Er übersetzte: sei gegrüsst du holdselige! 1). Er wollte eben vor allem dem deutschen Volke eine deutsche Bibel geben, nicht eine noch halb hebräische und griechische. Dazu war er namentlich auch als Dichter noch besonders befähigt, er schöpfte aus dem Vollen und lieferte nicht nur Flickarbeit. Nun war auch Piscator nicht ganz ohne Sinn für Poesie, er hat auch einige Gedichte gemacht, so ein Gebetslied zur Pestzeit, dessen letzte Strophe lautet:

Die Welt ist schnöd,
Das Fleisch ist blöd,
Der Teufel auch umbher thut schleichen.
Darumb mich bewahr,
In aller Gfahr,
Und nimm mich endlich in dein Reiche.

Das sind wohl Verse, aber der Geist des Dichters von ein' feste Burg ist unser Gott weht nicht darin. In dieser

dichterischen Kraft und Gewalt der Sprache Luther's liegt der grosse Vorzug seiner Bibelübersetzung begründet. Sie ist in dieser Beziehung noch von Niemandem erreicht, geschweige denn übertroffen worden. Diese Sprache, die mit der grössten Zartheit die wuchtigste Kraft verbindet, ist nun einmal Luther's Eigenthum und wird so leicht keinem Andern gegeben.

Dass nun in dieser Beziehung Piscator's Uebersetzung hinter derjenigen Luther's weit zurückbleibt, wer wollte es leugnen? Selbst die Zürcher Uebersetzung, die doch in diesem Stücke besser ist als die Piscator's, reicht an jene nicht heran. Auch sie hat manches geschmacklose und hölzerne. Zwar, so schlimm ist sie nicht, wie sie damals von den Lutheranern gemacht wurde. Diese machten ihr eine üble Nachrede und oft gegen die Wahrheit. So wurde von lutherischer Seite steif und fest behauptet, in der Zürcher Uebersetzung werde das Psalmwort (Ps. 23, 5): du salbest mein Haupt mit Oel, mit schweizerischer Derbheit so wiedergegeben: du schmiedest meinen Gund mit Schmeer! Das war eine boshafte Verläumdung. In keiner der vielen Ausgaben der Zürcherbibel steht so etwas. Aber freilich das "Trinkgeschirr" statt des Kelches, das diese Uebersetzung damals darbot, war nicht gerade geschmackvoll. Natürlich hat es auch der "wörtliche" Piscator so: Und Jesus nahm das Trinkgeschirr und danket, gab ihnen dasselbe und sprach u. s. w. (Matth. 26, 27), und ebenso: das gesegnete Trinkgeschirr, welches wir segnen, ist es nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi (l. Cor. 10, 16). Das griechische Wort heisst allerdings buchstäblich Trinkgeschirr, aber muss man das nothwendig so buchstäblich wiedergeben?

Ein besonders schlimmes Beispiel, wie allzu grosse Genauigkeit zum Schlimmen führen kann, muss noch erwähnt

werden, weil dasselbe der Piscatorbibel leider einen Uebernamen eingetragen hat, der ihr viel schadete. Bei der Wiedergabe der Eidesformeln, die im alten Testamente Gott von sich selber braucht, ist die hebräische Sprachform die, dass ein Bedingungssatz mit "wenn" vorangeht, dem ein unterdrückter Nachsatz mit "so" entspricht. Hier hat Luther diese Sackform aufgelöst und etwa geschrieben: so wahr ich lebe, spricht Gott, u. s. w. Piscator war wieder so gewissenhaft, den hebräischen Satz wörtlich in's Deutsche zu übertragen und den zu ergänzenden Nachsatz als erläuternde Anmerkung, als Glosse mit kleinerer Schrift anzufügen, z. B. werde ich dieses nicht thun .... so will ich nicht Gott sein (Num. 14, 35). Nun kommt auch im neuen Testament ein solcher Fall vor. Das Griechische des neuen Testamentes hat diese Schwurformel vom Hebräischen angenommen. So sagt Jesus (Marc. 8, 12) auf das Begehren der Pharisäer, er solle ihnen ein Zeichen vom Himmel geben: wahrlich, ich sage euch, Luther übersetzt da einfach dem Sinne nach: es wird diesem Geschlecht kein Zeichen gegeben werden. Piscator glaubt, den verschwiegenen Nachsatz ausdrücken zu müssen und schreibt: Amen ich sage euch, wenn diesem Geschlecht ein Zeichen wird gegeben werden — so strafe mich Gott. Er lässt das mit kleinerer Schrift drucken, zum Zeichen, dass es ein erläuternder Zusatz sei und in der Anmerkung sagt er, es müssen an dieser Stelle diese oder dergleichen Worte dabei verstanden werden, nach Art der hebräischen Sprache. Aber die Ergänzung ist sehr unglücklich. Es klingt wie ein Fluch, doppelt befremdlich in Jesu Munde. Diese Stelle gab den Lutheranern willkommenen Anlass, der Piscatorbibel den Spottnamen "Straf--mich-Gott-Bibel" anzuhängen.

So war dieses Bibelwerk beschaffen nach seinen Vorzügen und Mängeln. Als gelehrte Privatarbeit verdiente es alle

Anerkennung, aber als kirchlich angenommene Volksbibel ist es nirgends gebraucht worden, auch nicht in seiner Nassauischen Heimat, nirgends als — in Bern. Da wurde diese Bibelübersetzung im Jahre 1684 auf Kosten der Obrigkeit neu gedruckt und offiziell zum Gebrauch in der Landeskirche eingeführt. Wie ist das gekommen? Darüber Auskunft zu geben, so weit sie möglich ist, soll nun versucht werden.

3. Die Einführung in Bern.

Vor zwanzig Jahren hat der nun verstorbene Antistes Dr. Mezger in Schaffhausen in seinem hochverdienstlichen Werke "Geschichte der deutschen Bibelübersetzungen in der schweizerisch reformirten Kirche von der Reformation bis zur Gegenwart" (Basel 1876) zum ersten Mal die Einführung der Piscatorbibel in Bern behandelt. Er konnte dabei den Rath eines der besten Kenner der bernischen Kirchengeschichte, des jetzt verstorbenen Pfarrers Dr. Trechsel am Münster, einholen und benutzen. Aber er gesteht, dass aus Mangel an Quellen nicht zu erkennen sei, warum eigentlich damals diese Uebersetzung und keine andere so ohne Weiteres die Ehre der offiziellen Einführung erhalten habe. In der That muss man da beinahe sagen: hierüber schweigt die Geschichte und das ist gerade in diesem Falle sehr sonderbar. Die Einführung einer offiziellen Bibelübersetzung bedeutete doch im 17. Jahrhundert mindestens soviel, wie jede andere Staatsaktion. Damit wurde von Obrigkeitswegen dem Volke ein Buch dargeboten, das sein religiös-sittliches Leben bestimmen sollte, ein Buch, das in jedem Hause zu finden sein sollte als Regulator desjenigen geistigen Volkslebens, das von den Gesetzen nicht erreicht wird, auf dessen Gesundheit aber das Wohl des Landes am meisten beruht. Desshalb ist es auffallend, dass wir über diese Sache

so wenig erfahren. Dass die bernischen Geschichtschreiber, ein Tillier und Andere, davon schweigen, lässt sich noch begreifen, da sie mehr nur die politische Geschichte darstellen. Aber auch die ausführliche bernische Kirchengeschichte, die der 1766 verstorbene Dekan Zehender hinterlassen hat und die in vier schön geschriebenen Foliobänden von der Stadtbibliothek aufbewahrt wird, sagt kein Wort darüber. Das Staatsarchiv gibt mit seinen Urkunden zwar über das Dass und das Wie der Einführung der Piscatorbibel genaue Auskunft, und diese Quelle hat Mezger auch ausgiebig verwerthet. Aber das Warum? bleibt ganz im Dunkeln. Es müssen doch im Schoosse des geistlichen Konvents Verhandlungen gepflogen worden sein, die schliesslich zu dem Antrag an den Rath führten, die Piscatorbibel anzunehmen, aber über diese Verhandlungen scheint nichts erhalten zu sein. Eine erneute Durchforschung des Staatsarchivs hat wohl einige Nachträge zu dem bereits bekannten zu Tage gefördert, aber die wesentliche Lücke auch nicht ausfüllen können.

Eine einzige kurze Notiz belohnte das Suchen, die in wenigen Worten doch viel sagt. Sie findet sich in der kurzen, chronikartigen Uebersicht der merkwürdigsten Ereignisse in der bernischen Kirchengeschichte, die der gelehrte, 1719 als Pfarrer von Höchstetten verstorbene Johann Heinrich Otth in lateinischer Sprache hinterlassen hat. Die Schrift trägt den Titel Conspectus historiae eclesiasticae bernensis und wird in der Abschrift des Dekans Joh. Rud. Gruner auf der Stadtbibliothek aufbewahrt. Unter den vermischten Nachrichten über bernisches Kirchenwesen, die sie darbietet, findet sich nun zum Jahre 1660 folgende Notiz: "Der hochansehnliche Magistrat von Zürich hatte darauf gedrungen, dass eine neue Bibelübersetzung in die zürcherische und bernische Kirche eingeführt werde, wie auch das Glaubensbekenntniss einst gemeinschaftlich

herausgegeben worden war. Damit aber nun die andern reformirten Kantone nicht glauben möchten, dass durch dieses Werk gegen andere Bibelübersetzungen irgend ein Vorurtheil geschaffen werde, hielt die bernische Kirche dafür, es solle dieses Vornehmen reiflicher überlegt werden. Damit es nun nicht inzwischen den Unterthanen an Bibelexemplaren fehle, liess der hohe bernische Magistrat im Jahre 1684 auf seine Kosten jene hervorragende Uebersetzung des Bibelwerks von Piscator unter Aufsicht und Anleitung der ehrwürdigen Herren Pfarrer Bläulich und Professor Rudolf abdrucken. Diese Liberalität und Fürsorge des Magistrats für das Seelenheil der Unterthanen muss allezeit dankbar anerkannt werden." 1)

Das ist, soviel mir bekannt, die einzige Stelle, wo die älteren Quellen überhaupt der Sache gedenken und wenn die Notiz auch nur summarisch ist, so ergibt sich doch aus ihr manches nicht Unwichtige.

Vor allem das: die Einführung der Piscatorbibel in Bern steht in ursächlichem Zusammenhang mit der Zurückweisung der Aufforderung, die Zürich etwa 20 Jahre früher an Bern gerichtet hatte zur Betheiligung an seiner eigenen Bibelübersetzung. Zürich hatte von der Reformationszeit an eine eigene Bibelübersetzung unternommen, die aus den in den ersten Zeiten regelmässig abgehaltenen sogenannten "Prophezeyen", d. h. erklärenden Bibelstunden, die wöchentlich in der Kirche stattfanden, hervorgegangen war. Diese Uebersetzung war ein tüchtiges Werk geworden, durch Richtigkeit und Genauigkeit der Luther'schen oft überlegen, aber allerdings fehlte auch ihr der Glanz und Schwung der Sprache, die nun einmal Luther eigen sind. Dabei betrachtete Zürich dieses Werk nicht als ein abgeschlossenes. Von Zeit zu Zeit, wenn neue

Ausgaben erforderlich waren, wurde auch eine Revision der Uebersetzung vorgenommen und diese mit dem Stand der biblischen Wissenschaft in Uebereinstimmung gebracht. Im Jahre 1660 nun war wieder eine solche Neubearbeitung nöthig geworden und bei dieser Gelegenheit fragte Zürich bei Bern an, ob es nicht mitmachen wolle.

Die Zürcher Uebersetzung hatte auch ausserhalb des Kantons eine gewisse Verbreitung erlangt, in Glarus und Thurgau, auch im Toggenburg und im Rheinthal war sie angenommen, während allerdings in der übrigen reformirten Schweiz, in Basel, Schaffhausen, St. Gallen, Appenzell, Graubünden, die Uebersetzung Luther's verbreitet war. Der Beitritt Berns hätte der Zürcher Uebersetzung in der Schweiz das Uebergewicht verschafft.

Die Schreiben, die zwischen Zürich und Bern in dieser Angelegenheit gewechselt wurden, sind noch vorhanden und schon Mezger 1) hat das Wesentliche daraus mitgetheilt. Der Rath von Zürich stellte dem von Bern vor, wie die Ausgabe der Zürcherbibel von 1638 nunmehr vergriffen sei und eine neue nöthig werde, um so mehr, als man inzwischen bereits neugedruckte lutherische Uebersetzungen in das Land einbringe. Wie seiner Zeit — es waren bald 100 Jahre seitdem verflossen — die zweite helvetische Konfession von 1566 durch gemeinsamen Beschluss der evangelischen Orte erlassen und durch die ganze Christenheit hochrühmlich bekannt geworden sei, so würde es auch dem Werke der neuen Bibelausgabe ein mehreres Ansehen machen, wenn es "under gemeinsam unserem als beider vorderster Glieder der Eidgenössischen Confession, Nammen und Authorität durch den Druck verfertigt werden möchte". Ueber die Ausführung möchten die Berner selbst

Vorschläge machen, wenn es gewünscht werde, sei Zürich zu einer Zusammenkunft zur Berathung der Sache bereit. Gleichzeitig richtete das geistliche Ministerium zu Zürich durch den Antistes Joh. Jak. Ulrich ein Schreiben vom 29. März 1660 an den Konvent in Bern, d. h. an die oberste Kirchenbehörde, in welchem das Unternehmen ebenfalls warm empfohlen und die Befürwortung desselben bei dem Rath zu Bern nachgesucht wurde. 1)

Der letztere beauftragte die Geistlichkeit von Bern, über den Vorschlag sich zu bedenken und dann Bericht zu erstatten. Der Konvent berieth darüber am 26. April und beschloss mit Mehrheit: man könnte in der Zürcher Begehren einwilligen, weien 1. sie die Ausdrücke ändern wollten, die bei ihnen zwar gebräuchlich und bekannt, bei uns aber ungebräuchlich und unbekannt seien, und 2. die übrigen evangelischen Orte consentirten. So erklärte im Namen des Konvents der damalige Dekan Hummel vor dein Rath dessen Meinung und Rathschlag, worauf der Rath schon am 27. April sein Antwortschreiben an Zürich fest stellte. In demselben wurde zwar die Geneigtheit ausgesprochen, auf das Anerbieten einzugehen, es erfordere aber die "glaubensverwandtliche Anständigkeit", dass die andern evangelischen Orte auch zugezogen werden sollten, wie es ja damals bei der Konfession auch geschehen sei. Sonst würde eine solche Absonderung bei den andern evangelischen Orten übel empfunden werden und die Muthmassung erwecken, dass man nun die neue Version verbindlich machen wolle für Alle, während bisher in dieser Beziehung Freiheit geherrscht habe und der Gebrauch anderer Versionen auch zugelassen worden sei.

Mit dieser Antwort Berns war die Sache erledigt. Zürich machte zwar einen Versuch, die andern Orte auch beizuziehen,

es zeigte sich aber bald, dass das nicht gelingen werde. Die Bedingung, die Bern gestellt hatte, kam, so einfach und billig sie auch erschien, doch einer Ablehnung der ganzen Sache gleich. Hätten Bern und Zürich zunächst die neue Uebersetzung hergestellt und für sich eingeführt, so wären die andern Kantone nach und nach fast genöthigt gewesen, auch beizutreten. Zürich und Bern umfassten weitaus die Mehrheit des reformirten Schweizervolkes. Die beiden "starken Stiere am Wagen der Eidgenossenschaft", wie Zwingli sie nannte, hätten die Sache schon vorwärts gebracht. Dazu bedurfte es aber eines entschiedenen Vorangehens, Unterhandlungen mit den andern Orten hätten sich nachher von selbst ergeben, wenn einmal eine starke Stellung geschaffen gewesen wäre. Sie von vornherein um Rath fragen und von ihrer Zustimmung das Unternehmen abhängig machen, hiess es vereiteln. Das war denn auch die faktische Wirkung der bernischen Antwort, mag diese nun beabsichtigt gewesen sein oder nicht. Das Werk scheiterte an der nämlichen Klippe, an der schon so manches heilsame Unternehmen gescheitert war, an der Rivalität zwischen Zürich und Bern. Zürich veranstaltete nun allein die neue Ausgabe seiner Uebersetzung, die im Jahre 1665 erschien.

4. Die Gründe.

Für Bern enthielt dieser Ausgang der Sache die Aufforderung, nun selber etwas zu thun. Vorläufig dauerte aber der bisherige Zustand noch zwanzig Jahre lang fort. Es waren im Lande verschiedene Bibelübersetzungen im Gebrauch. Die Lutherbibel wird am meisten verbreitet gewesen sein. Auf sie gründeten sich ja auch die öffentlichen Religionsbücher, welche die Bibelstellen nach dieser Uebersetzung anführten. Es

gilt das sowohl von dem Berner Synodus von 1532, verfasst von dem Strassburger Capito (Köpfle), der eigenthümlichsten und bedeutendsten Bekenntnissschrift der bernischen und vielleicht der ganzen reformirten Kirche, als auch vom Heidelberger Katechismus von 1562, der damals schon viel gebraucht wurde im Lande. Daneben hatte die Zürcher Bibel auch ihre Anhänger, besonders unter den Wiedertäufern, denen die "Froschauerbibeln" von Alters her lieb waren, vermuthlich, weil auf die Uebersetzung der Propheten der seiner Zeit von den Wiedertäufern Hans Denck und Ludwig Hetzel unternommene erste Uebersetzungsversuch (1527) eingewirkt hatte. Auch die Piscatorbibel zählte gewiss unter der Geistlichkeit viele Verehrer, für das Volk war sie dagegen zu umfangreich und zu theuer.

Bern hätte damals, in Bezug auf die Einführung einer deutschen Bibelübersetzung in seinem Lande zwei Dinge thun können, die beide vernünftig gewesen wären. Es konnte die Zürcher Uebersetzung annehmen und damit einer allgemeinen schweizerischen den Weg bereiten. Es konnte auch mit Basel, Schaffhausen, St. Gallen und den andern Kantonen, in welchen die Lutherbibel gebraucht wurde, Hand in Hand gehen und damit gleichfalls dem Werke der Einigung dienen. Aber es that ein drittes, es führte die Piscatorbibel aus Nassau ein und betrat damit einen Weg, der es von den andern evangelischen Ständen trennte. Wie die darüber erhaltene Nachricht von Otth es darstellt, sollte dieser Schritt nur ein Provisorium sein, "damit es nicht inzwischen den Unterthanen an Bibeln fehle". Aber, wie es gewöhnlich geht, das Provisorium dauerte fast 200 Jahre und das, was eigentlich beabsichtigt war, eine Einigung der evangelischen Orte über eine gemeinsame deutsche Bibelübersetzung, blieb darüber liegen.

Wie kam man nun gerade auf die Piscatorbibel? Mezger 1) nimmt an, es habe sich diese Uebersetzung in den zwanzig Jahren zwischen 1660 und 1681 von selbst so im Lande verbreitet, dass sie das entschiedene Uebergewicht erlangt und die andern verdrängt habe. Das lässt sich indessen nicht belegen und ist auch bei der Beschaffenheit des Originalwerkes Piscator's und seinem grossen Umfang wenig wahrscheinlich. Es mögen allerdings viele Exemplare im Lande gewesen sein, aber doch wohl mehr im Besitz der Theologen. Dass nun diese Bibel von Staatswegen beim Volke eingeführt wurde, ist die Wirkung verschiedener Ursachen gewesen, die aus der ganzen damaligen kirchlichen und politischen Situation sich ergaben.

1. Die Piscatorbibel war zwar nicht im Lande entstanden, sondern in Nassau, in Herborn. Aber die hohe Schule zu Herborn war den Bernern längst nichts Fremdes mehr und Piscator hatte unter ihnen seit langem einen guten Namen. In jener Zeit war die zwischen zwei Ländern bestehende engere Verbindung fast ebenso sehr durch die Gleichheit der Konfession, wie durch die Nationalität und politische Verfassung bedingt. Unter den kleinen, von der Quelle bis zur Mündung des Rheins zerstreut liegenden reformirten Ländern bestand ein reger Verkehr und ein eifriges Zusammenhalten gegenüber den katholischen und lutherischen Nachbarn. Namentlich die geistige Bildung wurde aus gemeinsamen Quellen geschöpft. Wenn junge Berner, wie es damals fast allgemein üblich war, Studienreisen nach fremden Ländern und Universitäten machten, so besuchten sie fast ausschliesslich reformirte Akademien, in Deutschland, Holland, Frankreich und England. 2)

So waren schon seit langer Zeit auch viele Berner nach Herborn gekommen und gerade um Piscator's willen. Die Matrikel der hohen Schule zu Herborn 1) weist zwischen 1600 und 1680 zwar nur 34 Namen von Bernern auf. Bedenkt man aber, dass in die Zwischenzeit der dreissigjährige Krieg fällt, während dessen diese Schule lange Zeit ganz verwüstet lag, so dass sie erst von 1663 an wieder aufblühte, so ist diese Zahl keine ganz geringe. Dazu kommt, dass Namen von bekannten und hervorragenden bernischen Geschlechtern und dann namentlich auch solche theologische Namen darunter vertreten sind, die später im Kirchendienste zu hervorragender Bedeutung gelangten. Im Jahre 1619 studierten in Herborn zwei Söhne des Herrn Steiger von Rolle, der selber in seiner Jugend Page am Hofe des Grafen von Nassau gewesen war, zugleich mit ihrem Hofmeister Joh. Herzog. Wir finden ferner. die Namen von Luternau, von Diessbach, Frisching, von Graffenried und von Theologen Jak. Venner, hernach Dekan in Bern, David Jsenschmid, Berthold Haller, Vinzenz Wagner, Ulrich Tscheer und Andere. Der Abgeordnete Berns an die Dordrechter Synode, Pfarrer Marx Rütimeyer, 2) studirte nicht nur selber im Jahre 1604 in Herborn, sondern sandte auch 1628 seine beiden Stiefsöhne, Samuel und Joh. Jak. Bucher, dahin und noch 1663 finden wir dort wieder einen Niklaus Rütimeyer, vermuthlich einen Enkel. Herborn war also den Bernern wohlbekannt und es war namentlich der Name des biblischen

Theologen Piscator, der sie anzog. Als im Jahre 1626 die Stadt Herborn durch Krieg und Feuersbrunst verwüstet worden war, kam zu Anfang des folgenden Jahres Ludwig Piscator, der Sohn, der nach des Vaters Tode dort gleichfalls als Professor angestellt war, nach Bern, um zum Wiederaufbau der Stadt und der Schule um eine Beisteuer zu bitten. In dem Empfehlungsbriefe, 1) den ihm sein Landesherr, Graf Ludwig Heinrich von Nassau, mitgab, war darauf hingewiesen, dass die Schule von Herborn von Bern aus seit Jahren viel besucht worden sei, so dass ihre Wiederaufrichtung den Bernern besonders am Herzen liegen müsse. Wirklich erhielt Piscator von der Regierung von Bern eine namhafte Beisteuer. .

2. Zu diesen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bern und Herborn trug am meisten bei die Uebereinstimmung im kirchlichen Lehrsystem, die Gemeinschaft in der streng calvinischen Auffassung der dogmatischen Hauptpunkte. Sollte Bern eine neue Bibelübersetzung einführen, so konnte es nur eine solche sein, die aus einem konfessionell gleich denkenden Lande kam. Wenn man auch früher ohne Arg sich der lutherischen Uebersetzung bedient hatte, so waren doch jetzt die Gegensätze schärfer geworden. Die Herborner Bibel war eine orthodox-calvinische Bibel und ihre Einführung in Bern kann geradezu unter die Massregeln gerechnet werden, mit denen Bern damals die kirchliche Orthodoxie zu stützen bemüht war.

Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist schon eine Zeit des Uebergangs. Auf der einen Seite ist die kirchliche Autorität bemüht, die Zügel des dogmatischen Konfessionalismus immer schärfer anzuziehen, auf der andern Seite vernimmt

man schon das Anklopfen eines freieren Geistes, der dann im folgenden Jahrhundert nach und nach die Oberhand gewinnt. Die Massregeln, welche die Kirche damals gegen alle, auch die massvollsten Neuerungsversuche traf, sind schon zum Theil von der Besorgniss eingegeben, dass der Gegner übermächtig werden möchte und tragen daher das Gepräge der Hast und der Gewaltsamkeit. Die Orthodoxie wehrt sich mit einer Heftigkeit, wie sie der Vertheidiger einer Festung zeigt, der im Stillen der Stärke der Mauern schon nicht mehr ganz vertraut.

Diesen Charakter zeigt vor allem die innere Lehrentwicklung der reformirten Kirche, wie sie sich damals gestaltet hatte. Auf der Dordrechter Synode von 1618, an welcher sich auch die schweizerisch-reformirten Kirchen betheiligten, war das orthodox-calvinische Dogma von der Prädestination gegenüber der Lehre der Arminianer neu festgestellt worden. Aber das natürliche Gefühl empörte sich immer wieder gegen diese Lehre, die anschliessend an einige grossartige Gedanken des Römerbriefes den philosophischen Lehrsatz des absoluten Determinismus zum Dogma erhoben und daran aller Menschen Heil und Seligkeit geknüpft hatte. Es fehlte darum nicht an Versuchen, die äusserste Schärfe dieser Lehre abzustumpfen und dem natürlichen Gefühle mehr entgegenzukommen.

In Saumur, einer der protestantischen Akademien Frankreichs, lehrte seit 1633 Moïse Amyraut, ein frommer und gelehrter Mann. Er wollte durchaus nicht der angenommenen Lehre der reformirten Kirche entgegentreten, glaubte aber ein Mittel gefunden zu haben, die häufigen und schwer abzuwehrenden Angriffe der Gegner der Prädestinationslehre besser zurückweisen zu können. Statt zu sagen, dass Gott durch ein absolutes Dekret von Anfang an die einen Menschen zur Seligkeit, die andern zur Verdammniss bestimmt habe, lehrte er,

dass anfänglich Gott seinen Heilsrathschluss über alle Menschen ohne Ausnahme gefasst habe, unter der Voraussetzung nämlich, dass sie glauben würden. Dieser allgemeine Heilswille mache aber keinen einzigen Menschen wirklich selig, falls nicht der besondere auf ihn gerichtete Rathschluss der Erwählung zur Seligkeit noch hinzukomme. Das nannte man den hypothetischen Universalismus.

Während so Amyraut die Prädestinationslehre milderte, hatte sein Kollege Louis Capelle auf alttestamentlichem Gebiete Neuerungen eingeführt. Nach ihm war der Text des alten Testamentes nicht überall unverändert erhalten, die hebräischen Vokalzeichen, die bei manchem Worte über dessen Bedeutung entscheiden, seien nicht von Anfang an den Konsonanten beigesetzt gewesen, sondern erst später hinzugesetzt worden. Ein dritter Professor von Saumur Josué de la Place, bestritt, dass die Sünde Adams den Nachkommen zugerechnet werde, die Erbsünde gehe vielmehr von Adam auf alle seine Nachkommen über durch den natürlichen Zusammenhang.

So waren auf der Akademie zu Saumur auf einmal drei mehr oder weniger bedeutende Abweichungen vom fixirten Lehrsystem der reformirten Kirche zu Tage getreten. Es ist begreiflich, dass dies Aufsehen erregte und die kirchlichen Behörden in Bewegung setzte. Während nun die französischen Protestanten auf ihren Synoden diese Lehrstreitigkeiten milde beurtheilten und keinen Anlass fanden mit Strenge dagegen einzuschreiten, dachten die schweizerischen Kirchen anders. Gleich zu Beginn des Streites rief Zürich seine Studirenden von Saumur ab und wies sie nach dem orthodoxen Montauban. Man ging weiter. Die schweizerischen Kirchen vereinigten sich im Jahre 1675 zu einer gemeinsamen Erklärung, die unter dem Namen Consensusformel von Zürich

Bern, Basel, Schaffhausen und Genf unterschrieben wurde und den Abweichungen der Theologen von Saumur gegenüber die reformirte Lehre in ihrer orthodoxen Gestalt entschieden festhielt. Fortan wurden überall die Kirchendiener auf diese Formel verpflichtet und Bern verlieh der Sache noch einen besonderen Nachdruck, indem es im Jahre 1699 den sogenannten Associationseid einführte. Durch denselben musste sich Jeder, der ein öffentliches Amt, geistlich oder weltlich begehrte, verpflichten die Uniformität des Glaubens wider Jedermann zu erhalten und keine zuwiderlaufenden Meinungen zu dulden. In der Fassung, die für das Waadtland vorgeschrieben wurde, kam noch eine ausdrückliche Absage gegen Pietismus, Socinianismus und Arminianismus hinzu. 1)

Während nun die bernische Kirche mit dem einen Auge auf die besorglichen Regungen einer freieren Denkart innerhalb der reformirten Theologie selbst aufmerksam war, musste sie zugleich das andere auf einen von aussen kommenden Feind richten, der ihren Glaubensstand gleichfalls bedrohte. Dieser Feind war die Philosophie. Man hatte zwar bisher sich auch schon ein wenig mit der Philosophie eingelassen, aber in einer solchen Weise, dass der Kirchenlehre keine Gefahr drohte. Die Logik des Petrus Ramus war an den reformirten Akademien eingeführt, deren Urheber, der als Opfer der Bartholomäusmacht gefallene Franzose Pierre de la Ramée, zu konfessionellen Bedenken keinen Anlass gab. Aber die philosophische Bewegung kam doch nach und nach in rascheren Gang. Mit René Descartes begann eine neue Entwicklung,

bei der das Denken ganz anders auf den Grund der Dinge ging, als dies bei der äusserlichen und formalistischen Lehre des Ramus der Fall gewesen war. Cartesius wurde der Begründer einer neuen Philosophie, die mit ihrem Ausgehen vom Prinzip des Zweifels, ihrem Grundsatz «de omnibus dubitandum», für die Kirchenlehre nicht so unbedenklich erschien, obwohl ihr Urheber durchaus nicht darauf ausging sie anzugreifen, vielmehr sein wesentliches Einverständniss mit der Theologie laut bekannt hatte.

Auch in Bern fand die Philosophie des Cartesius schon bald Eingang. Seit 1662 lehrte der Professor David Wyss dieses System an der bernischen Akademie und wusste viele Studenten für dasselbe zu begeistern. Es werden eine Reihe von Bernern, die später zum Theil bedeutende Stellungen in der Kirche einnahmen, als seine Schüler in diesem Fache bezeichnet, so der nachmalige Professor Joh. Rud. Rudolf, dann Salchlin, Nüsperli, Suter, Henzi, v. Wattenwyl. Zwar trat der Dekan Hummel mit dem ganzen Gewicht seiner energischen Persönlichkeit gegen dieses Unternehmen auf. Er bewirkte auch, dass scharfe Verordnungen dagegen erlassen wurden. Es wurde verordnet, wenn junge Berner von auswärtigen Universitäten zurückkämen, so sollten sie scharf examiniert werden ob sie nicht etwas heterodoxes angenommen hätten, finde sich etwas dergleichen, so sollen sie ermahnt werden, davon abzulassen bei Strafe der Verbannung. Im Jahre 1671 wurden sogar heimliche Aufseher der Studentenschaft bestellt, die nach verdächtigen Meinungen forschen und die Schuldigen anzeigen sollten. Im Jahre 1680 wurden die Predikanten der Stadt zu Aufsehern über die Studenten bestellt, mit der Gewalt, den Studiosen, so oft sie es für gut halten, ihre Schriften abzufordern und dieselben durchzugehen. Dennoch nahm die cartesianische Philosophie eher noch mehr zu. Der Strömung,

die sie als kirchenfeindlich verbannen wollte, wirkte eine andere entgegen, die sie in Schutz nahm und für ungefährlich erklärte. Jedenfalls wissen wir aus sicherer Quelle, dass ihr Studium trotzdem fortdauerte. Der bernische Pfarrer Daniel Müslin, dessen Selbstbiographie von einem Nachkommen, Pfarrer Haller am Münster, im Berner Taschenbuche von 1857 veröffentlicht wurde, beschreibt unter anderm auch den Studiengang, dem er als Student der philosophischen Abtheilung im Jahre 1689 zu folgen hatte: "Schon Morgens um 4 Uhr hat bei Herrn Professor Leemann ein Kolleg über Cartesium, um 5 Uhr das Memorieren der Dierum in Joannis Leusdenii Compendiis hebraicis et graecis, um 6 Uhr die Predigt in der grossen Kirche, um 7 Uhr die philosophische, um 8 Uhr eine griechische oder ethische Lektion, um 9 Uhr ein anderes Privatkollegium angefangen. Um 10 Uhr präzise war die Essenszeit." 1)

Man könnte vermuthen, dass die ungewöhnlich frühe Stunde, zu welcher dieses Kolleg über Cartesius stattfand, auf versuchte Geheimhaltung der Sache hindeute, aber der Berichterstatter deutet eine solche Rücksicht mit keinem Worte an. Professor Leemann mag dieses Kolleg als ein besonderes Privatkolleg zu dieser Stunde gelesen haben, um mit den offiziellen Lektionen nicht in Konflikt zu kommen. Jedenfalls sieht man daraus, dass die Stunde Morgens 4 Uhr damals in Bern eine mögliche war. Da der Bericht sich auf das Jahr 1689 bezieht, so werden die anfänglich gehegten Bedenken gegen das Studium dieser Philosophie später zurückgetreten sein. Wenige Jahre vorher hatte man noch ganz anders geurtheilt. Davon zeugt ein Rathsdekret von 1680, in dem gesagt wird: "dass die hiesige Schule in Betreff der Orthodoxie

anfange in Verachtung zu gerathen, indem der Religion und Orthodoxie halber alles beginne zweifelhaftig zu werden; damit nun das reine Evangelium wieder hergestellt werde, so dürfen weder Cartesius noch dessen Anhänger Antonius Le Grand gelesen werden." 1)

Es war also "die Religion in Gefahr". Wenn nun im folgenden Jahre 1681 der Beschluss zur Einführung der Piscatorbibel gefasst wird, so lässt sich wohl mit Recht vermuthen, dass da einigermassen ein Zusammenhang stattfinden wird, dass die Piscatorbibel eingeführt wurde unter anderm auch in der Hoffnung, an ihr eine neue Stütze im Kampfe für die orthodoxe Lehre zu finden.

3. Dazu kommt endlich noch ein politisches Moment. Als Zürich an Bern die Aufforderung hatte ergehen lassen, sich an seiner Bibelübersetzung zu betheiligen, mochte das dem stolzen Bern etwas demüthigend erschienen sein. Aber wenn Zürich eine eigene Bibel haben konnte, warum nicht auch das grössere Bern? Es schien in gewissem Sinne zu den Hoheitsprädikaten einer christlichen Regierung zu gehören, dass sie auch in dieser Beziehung die Unterthanen nicht ohne Weisung lasse. Mancher einfache Mann mochte dem Bibelwort noch grössere Ehrfurcht entgegenbringen, wenn er es in einem obrigkeitlich empfohlenen Exemplar, auf dessen Titelblatt das Bärenwappen prangte, lesen konnte. Im Jahre 1665 war die Verordnung ergangen, man solle in jeder Kirche eine Bibel haben und durch den Schulmeister zwischen dem Zeichen und dem Zusammenläuten daraus vorlesen lassen. Da ziemte es sich, nun auch gleich zu sagen, aus welcher

Bibel. Ein so mächtiges und wohlverwaltetes Gemeinwesen wie das bernische wollte auch in dieser Beziehung auf eigenen Füssen stehen. Aber selbst eine neue Bibelübersetzung zu unternehmen war weitaussehend und schwierig Besser man führte eine bereits anerkannte und der reformirten Landeskirche entsprechende ein. Eine solche war die Piscatorbibel. Mit ihr gewann die bernische Staatskirche eine Stütze und konnte sich nach innen und aussen besser zusammen schliessen.

Das sind die in der ganzen damaligen kirchlichen und politischen Situation liegenden Gründe, welche zu dem Beschlusse geführt haben mögen, diese neue Bibelübersetzung anzunehmen und einzuführen.

5. Die Ausführung des Beschlusses.

Zu Anfang des Jahres 1681 ist die Sache schon in vollem Gange. Auf den Antrag des geistlichen Konvents, der den Rath um eine "liberalische" Beisteuer zu dem längst erwünschten Bibeldruck angegangen hatte, schloss der Rath am 26. Februar 1681 mit dem Buchführer (Buchhändler) Gabriel Thormann einen Vertrag 1) ab über Herstellung von 6000 Exemplaren der Bibel. Es sollte die Uebersetzung des Piscator "beibehalten" werden, dazu die nothwendigsten Anmerkungen, die Parallelstellen und ein kurzes, begriffliches Register der Hauptpunkte. Die Arbeit stellte sich als ein Auszug aus dem grösseren Piscator'schen Bibelwerke dar. Der Ausdruck "beibehalten" bedeutet nicht, dass diese Uebersetzung vorher schon im Lande verbreitet war, sondern er bezieht sich auf die vorangehenden Verhandlungen zwischen Rath und Konvent, bei welchen der Punkt, was für eine Version man brauchen wolle, noch offen gelassen, Piscator aber bereits vorgeschlagen worden

war. Die Ueberwachung des Druckes und wohl auch die Anfertigung des Auszuges übertrug der Rath den beiden hervorragenden Theologen Pfarrer Blattner am Münster und Professor Joh. Rudolf Rudolf, 1) der letztere damals die Säule der bernischen theologischen Fakultät. So ging man fleissig an die Arbeit, als sich plötzlich ein unerwartetes Hinderniss zeigte, es drohte dem bernischen Rathe nämlich ein Prozess wegen unerlaubten Nachdrucks.

Der Verleger des Piscator'schen Bibelwerks war der Buchdrucker Christoph Rabe oder Corvin in Herborn gewesen. Nach seinem Tode kam das Geschäft an seine Erben und im Jahre 1681 besass es ein Enkel, Johann Heinrich von Muderspach. Dieser erfuhr auf der Frankfurter Ostermesse, dass zu Bern dieses Werk, das er aus dem Nachlass seines Grossvaters von den andern Erben mit grossen Kosten erworben hatte, nachgedruckt werde. Er glaubte ein Recht zu haben, sich darüber zu beschweren, und verschaffte sich von seinem Landesherrn, dem Fürsten Heinrich von Nassau, ein Empfehlungsschreiben an die Obrigkeit zu Bern, welches namentlich auch auf die Verdienste hinwies, die sich die Corvinische Buchdruckerei zu Herborn um das Religionswesen erworben habe, und das Ansinnen stellte, der Rath solle sich zuvor mit dem Beschwerdeführer abfinden, ehe er das Werk ausgehen lasse. Der Rath antwortete auf Antrag des Konvents, dem er die Sache zur Berichterstattung überwiesen hatte: er sei aus gottseligen Betrachtungen schon lange Zeit bedacht gewesen, für die Landeskinder die Bibel billig drucken zu lassen und habe sich endlich dazu verleiten lassen, das Werk in Gottes Namen zu unternehmen. Handel wolle er mit demselben nicht treiben, es sei dem Verleger ausdrücklich untersagt worden, mehr als

100 Exemplare für sich zu drucken und ausser Landes zu verhandeln. Es sei zwar die Textesversion Piscator's als die allerbeste gebraucht, die Glossen und Lehren aber, soweit sie nicht in den Auszug aufgenommen werden, weggelassen worden. Der Kläger habe auch niemals ein Privilegium, sei's von andern evangelischen Orten der Eidgenossenschaft, sei's von Bern selbst, erworben, das dem Unternehmen im Wege stehen würde. Daher möge der Graf den von Muderspach ab- und zur Ruhe weisen. Damit musste sich der Kläger zufrieden geben, es stand ihm nach damaligen Verhältnissen kein Rechtsmittel wider das Unternehmen zu Gebote. 1)

Immerhin verstrichen noch volle drei Jahre, bis die neue Bernerbibel ausgegeben werden konnte. Endlich, am Neujahr 1684, erschien sie, in Folio in einem Bande und in Quart in drei Bänden, in der obrigkeitlichen Druckerei von Andreas Hügenet. 2) Die Vorrede der .Kirchen- und Schuldiener zu Bern an die Herren Schultheissen, klein- und grossen Räthe der Stadt Bern dankt der hochwohlweisen Obrigkeit für ihre väterliche Fürsorge, durch welche dieses deutsche Bibelwerk des hochgelehrten Herrn Joh. Piscator nun auch dem gemeinen Mann um geringen Preis zugänglich gemacht werde. In der That konnte dadurch, dass die Obrigkeit den grössten Theil der Kosten getragen hatte, das umfangreiche Werk, nach einer alten Nachricht, um drei Bernpfund, ungefähr drei Franken unseres Geldes, verkauft werden. Es war eine schöne, vollständige Bibel mit allen kanonischen und apokryphischen Büchern, versehen mit kurzen Erläuterungen und inhaltreichen Sachregistern,

die da dem Bernervolke in die Hand gegeben wurde. An der Uebersetzung Piscator's war nichts geändert worden, als dass die Eidesformeln im alten Testamente, von denen schon oben die Rede war, etwas gemildert, oder wie der "Bericht an den christlichen Leser" sich ausdrückt, "in eine gelindere Redeart verwandelt wurden, damit der einfältige Leser keinen Anstoss gewinne". Statt dass es bei Piscator hiess: werde ich dieses nicht thun, so will ich nicht Gott sein, lautet der Satz nun: ich der Herr hab's geredt, so wahr ich lebe, das will ich auch thun. Im neuen Testament wurde nichts geändert, mit Ausnahme der Stelle Apg. 7, 16, wo Piscator den Namen Abraham, der im Grundtexte steht, weggelassen hatte, weil er in demselben einen Irrthum erkannte. In der That ist das Stück Land bei Sichem, von dem hier die Rede ist, nicht von Abraham, sondern von Jakob gekauft worden, wie Piscator richtig bemerkte. Dieser gründliche Bibelforscher war überhaupt schon auf manche kritischen Beobachtungen gerathen, die der gewöhnlichen Meinung widersprachen. Desshalb erklärt nun auch der "Bericht" weiter: "so hat Herr Piscator auch etwelche sonderbare Meinungen, fürnemlich über die Schriften des n. Test. hier und da blicken lassen, welche in hiesigen Landen nicht angenommen und weder in Kirchen noch Schulen gelehret werden: doch ohne Zweifel selbige zu glauben Niemanden auftringen, sondern einem jeden Christen, deme obligt seinen Glauben zu euffnen und sein Heil zu beförderten, die Freiheit geistliche Ding zu urtheilen überlassen wollen, welche Gott selbs den Gläubigen gegeben hat." Diese in den Erklärungen vorgebrachten "ungemeinen" Meinungen Piscator's habe man für gut gehalten, ein wenig zu ändern. Die "Lehren" oder erbaulichen Anwendungen, die in Piscator's Bibelwerk stehen und zum grossen Theil vortrefflich sind, musste man

dagegen fast ganz weglassen, damit das Werk nicht zu umfangreich werde.

So trat die Bernerbibel an das Licht, für jene Zeit eine schöne und grosse Gabe der Obrigkeit an das Volk. Hat sich nun diese Bibel so eingelebt, wie in Deutschland die Lutherbibel oder wie die Zürcherbibel in ihrem Lande? Diese Frage kann nicht unbedingt bejaht werden. Eine Zeit lang hat sie die bernische Kirche befriedigt, aber eigentlich populär geworden, so dass sie alle andern Uebersetzungen verdrängt hätte, ist sie in den fast 200 Jahren, in denen sie zu Bern gebraucht wurde. doch nicht. Das wird sich an ihren weitern Schicksalen leicht zeigen lassen.

6. Die Einwirkung.

Dass nicht Alle mit der Einführung der Piscatorbibel einverstanden waren, zeigt sich zunächst an den Wiedertäufern. Diese liessen im nämlichen Jahre 1684 die Zürcherbibel in Basel nachdrucken und erklärten die neue bernische für verfälscht. Doch konnte das Urtheil der Wiedertäufer ja für die Landeskirche nicht massgebend sein. Aber auch die Obrigkeit wagte zunächst nicht, den alleinigen Gebrauch der neuen Bibel zu befehlen. Sie sollte von selber mehr und mehr die andern Uebersetzungen aus dem Gebrauch verdrängen. Aber das fand doch nicht statt. Wir sehen es daran, dass die hervorragendsten Theologen der nächsten Jahrzehnte sich dieser Uebersetzung zwar bedienen, aber es immer von Zeit zu Zeit nöthig finden, auch andere, namentlich die Luther'sche, daneben zu gebrauchen.

So der angesehenste bernische Theologe der damaligen Zeit, Professor Rudolf, der am Bibeldruck selber betheiligt gewesen war. In seinen 1718 erschienenen "lehr- und trostreichen Predigten" nimmt er zwar Texte und Citate zunächst aus Piscator, mischt aber oft Ausdrücke der Lutherbibel

darunter und scheut sich auch nicht, wenn er es für nöthig findet, der letzteren offen den Vorzug zu geben. Aehnlich verfährt der bekannte Pfarrer von Amsoldingen, Samuel Lucius, 1) der Pietist, wie man ihn nannte, einer der originellsten Prediger, die jemals gelebt haben, dessen Ruf weit über die Grenzen des Kantons und der Schweiz hinaufdrang. In seinen Predigten, welche unter dem Titel "ein wohlriechender Strauss von schönen und gesunden Himmelsblumen" 1736 gesammelt erschienen, gebraucht er auch Piscator, namentlich im alten Testament, wo diese Uebersetzung meist deutlicher und genauer ist, als die Luther's. Aber sehr häufig bevorzugt er den Ausdruck Luther's und scheint im Ganzen je länger je mehr sich dieser Uebersetzung zuzuwenden. Endlich der früher schon genannte Daniel Müslin sagt in seiner 1736 verfassten Selbstbiographie, er habe die heilige Schrift zum öfteren ganz ausgelesen und zwar in der hebräischen und griechischen Grundsprache sowohl, als nach Piscator's deutscher Version. Aber seine beiden kleinen Mädchen hielt er zu täglichem Lesen im neuen Testamente an nach Johannis Reizii Version, einer gleichfalls reformirten Uebersetzung, die noch schrecklicher wörtlich sein soll, als Piscator.

So bekam die Piscatorbibel in Bern doch nicht die Stellung, wie sie die Lutherbibel in den Ländern, wo sie eingeführt war, besass. Sie war vorhanden, wurde aber mehr respektiert, als geliebt, mehr gelobt, als gebraucht. Daran konnten auch obrigkeitliche Verordnungen, an denen es die Sorgfalt der Landesväter nicht fehlen liess, nichts ändern. Zu wiederholten Malen wird eingeschärft, man solle sich an die Piscatorbibel halten, aber schon die öftere Wiederholung dieser Mahnungen zeigt, wie wenig sie fruchteten. Zuerst hatte Bern aus der

Einführung der Piscatorbibel keinen Zwang machen wollen, wie es ja Zürich gegenüber erklärt hatte, dass bisher in seinen Landen der freie Gebrauch verschiedener Uebersetzungen zugelassen worden sei und es auch ferner so bleiben solle. Als man aber sah, dass damit der Verbreitung der nun einmal angenommenen amtlichen Bibel nicht gedient sei, verordnete die Predigerordnung von 1743, "dass nicht nur alle Prediger in ihren öffentlichen Verrichtungen durchgehends sich dieser Uebersetzung bedienen, sondern auch alle ihre Kirchenangehörigen dahin vermahnen sollen, die Testamente in gemeldeten Uebersetzung zu kaufen". Die Predigerordnung von 1824 muss dagegen wieder den Rückzug antreten. Sie sagt zwar: "dabei sollen sich die Prediger, sowie überhaupt bei ihren öffentlichen Amtsverrichtungen vorzugsweise der Piscator'schen Bibelübersetzung bedienen; doch soll es ihnen frei stehen, da wo sie ihnen richtiger, angemessen oder deutlicher erscheint, auch die lutherische zu gebrauchen. Ausser diesen beiden Uebersetzungen sollen keine andern zu liturgischem Gebrauch auf die Kanzel gebracht werden."

So kam es eigentlich niemals dazu, dass die Piscatorbibel wirklich die Bernerbibel für alles Volk geworden wäre. Und doch fehlte es nicht an Ausgaben derselben. Zuerst unter der Autorität und der finanziellen Beihülfe der Obrigkeit, dann durch private Gewerbsthätigkeit, endlich durch das opferfreudige Eintreten der Berner Bibelgesellschaft erschienen zwischen 1684 und 1848 im Ganzen neun Ausgaben 1) der ganzen Bibel und vier des neuen Testamentes allein. Ausserdem brauchte man viel eine ebenfalls 1684, aber nicht im Auftrage der Berner Regierung 2) , in Duisburg erschienene blosse Textausgabe

der Piscator-Uebersetzung, wie denn die 1719 gedruckte neue Berner Ausgabe ihr Erscheinen damit motivirt, dass keine Duisburger Bibeln mehr vorräthig gewesen seien. Die Piscatorbibel wurde also zugänglich genug gemacht. Aber diese wiederholten Ausgaben konnten es doch nicht hindern, dass die Lutherbibel mehr und mehr den Platz eroberte, den die offizielle zu schwach war zu behaupten. In ihrem Jahresbericht von 1824 sagt die bernische Bibelgesellschaft, die Piscatorbibel sei zwar durch die weisen Verordnungen unserer Landesväter seit einer sehr langen Reihe von Jahren liturgisch eingeführt, nun aber immer seltener geworden und habe desswegen durch die Uebersetzung des ehrwürdigen Luthers (freilich auch vortrefflich in ihren Verdiensten) ersetzt werden müssen. Damals war eben die neue Ausgabe der Piscatorbibel von 1823 erschienen, in deren Vorrede der Stand der Sache noch deutlicher gezeichnet wird. Schon seit 15 Jahren habe die Bibelgesellschaft Luther's herrliche Uebersetzung im ganzen Kanton verbreitet und die beiden sollen nun friedlich neben einander bestehen, ohne dass die eine die andere verdränge.

Das war nun freilich eine Illusion. Die Lutherbibel wurde doch immer massenhafter eingeführt, namentlich, nachdem die englische Bibelgesellschaft sie auch in der Schweiz zu einem so billigen Preise zu verkaufen anfing, dass keine Konkurrenz dagegen aufkommen konnte. Es kam noch hinzu, dass auch in die Piscatorbibel selbst der Luthertext mehr und mehr eindrang. Mit jeder neuen Ausgabe suchte man die Härten und Eigenheiten des alten Piscator abzuschleifen, indem man den Ausdruck der Lutherbibel dafür einsetzte. In dieser Beziehung hat die Ausgabe von 1755 ein merkwürdiges Schicksal gehabt und zu einer beinahe komischen Einmischung des Schulrathes iii die Gestaltung der Uebersetzung geführt.

Die Buchdruckerswittwe Frau Esther Bondeli geb. Sprünglin hatte es unternommen, dem Mangel an Piscatorbibeln wieder einmal abzuhelfen und einen neuen Abdruck zu veranstalten. Sie hatte auf reichliche Unterstützung der Obrigkeit gehofft, musste aber schliesslich das Unternehmen in der Hauptsache auf eigene Gefahr und Kosten ausführen. Kein Geringerer als Albrecht von Haller schrieb ihr auf ihre Bitten eine Vorrede zu der neuen Ausgabe, eine Vorrede, die sie freilich aus grosser Devotion gegen die Obrigkeit und Geistlichkeit noch glaubte verbessern und verwässern zu müssen. 1) Sie druckte nun den Text der offiziellen Ausgaben ab mit Weglassung der erläuternden Zusätze. Aber die gute Frau hatte übersehen, dass dieser Text an einigen Stellen Glossen enthielt, die früher meist durch andere, kleinere Schrift unterschieden worden waren. Sie liess einfach Alles mit der nämlichen Type drucken, so auch im Markusevangelium das berüchtigte "so strafe mich Gott". Die Ausgabe erschien und fand wegen ihrer hübschen Ausstattung Beifall. Schon hatte die Obrigkeit zwei Jahre lang die Kandidaten bei der Konsekration mit diesen neuen Bibeln der Frau Bondeli beschenkt, als auf einmal der Schulrath auf eine Anzeige hin Lärm schlug. Er liess der Frau Bondeli höchst ungnädig bedeuten, sie habe unachtsamen Weise eine Glosse Piscator's als Text drucken lassen und damit unserm Heiland eine Betheuerung zugelegt, welche dem Grundtext nicht gleichförmig sei. Sie sei doch schon früher ermahnt worden, nichts drucken zu lassen, ohne es der Buchdruckerkommission, d. h. der Censurbehörde, vorzulegen. Es wurde ihr befohlen, an Stelle des Blattes, auf dem der incriminirte Passus stand, ein anderes drucken zu lassen und den an die Buchhändler ausgegebenen Exemplaren beizufügen, auf dem

der Luthertext: es soll diesem Geschlecht kein Zeichen gegeben werden, an die Stelle gesetzt werde. Ausserdem wurde sie verwarnt, sich künftig nach der Vorschrift des Buchdruckerreglements exakt zu verhalten und die Bücher, die sie drucken zu lassen gesinnt sei, der Behörde zur Korrektion und Censur zu übergeben. 1) Ob Frau Bondeli dem Befehle nachkam, ist nicht bekannt, das Exemplar ihrer Bibel von 1755, das auf unserer Hochschulbibliothek ist, zeigt das "so strafe mich Gott" nach wie vor. Man sieht aus dieser Geschichte, wie das aufgeklärte 18. Jahrhundert an den Sonderbarkeiten Anstoss zu nehmen begann, die im vorangehenden und noch bis zur Ausgabe von 1736 ruhig ertragen worden waren. In der folgenden Ausgabe von 1784, die der Rath hundert Jahre nach der ersten wieder in der obrigkeitlichen Druckerei herstellen liess, ist der Anstoss gehoben und auch die Stelle l. Tim. 2,4 hat das ursprüngliche "allerlei Menschen" mit dem bei Luther stehenden und richtigen "alle Menschen" vertauscht.

So schliff der alte Piscator zwar nach und nach seine Ecken und Kanten ab, konnte sich aber doch nicht dermassen verjüngen, dass er vor dem Hinsiechen an Altersschwäche geschützt worden wäre. In unserem Jahrhundert erschien zwar noch zu Ende der vierziger Jahre eine neue Ausgabe in der Haller'schen Druckerei, das war aber die letzte. Seitdem ruht die Piscatorbibel in den Bibliotheken und liegt etwa noch hie und da, als eine alterthümliche Seltsamkeit aufbewahrt, auf einer Kanzel oder in einem Pfarrhaus. Die ältesten Ausgaben sind bibliographische Seltenheiten geworden, die späteren findet man noch hin und wieder bei Antiquaren oder in Privathäusern.

Im Gebrauch der Leute dagegen befindet sich die Lutherbibel oder andere neuere Uebersetzungen, zu denen neuestens noch die von den schweizerischen Kirchenbehörden veranstaltete gekommen ist. Dass Luther über Piscator gesiegt hat, ist unzweifelhaft, man sieht es noch besonders deutlich daran, dass im Aargau, so lange er zu Bern gehörte, die Piscatorbibel ebenfalls eingeführt war und herrschte, nachdem aber die bernische Herrschaft aufgehört hatte, verschwand dort diese Bibel von selbst ziemlich bald und zwar so, dass jetzt kaum noch Spuren von ihr zurückgeblieben sind.

Das ist der Lebenslauf, den die Piscatorbibel in unserm bernischen Lande gehabt hat. 1684 von oben herab eingeführt, hat sie in den ersten Zeiten das Gewicht gehabt, das ihr die staatliche Gewalt damals verleihen konnte; aber vom Volksbewusstsein getragen wurde sie kaum je und als der Arm der Obrigkeit ihr nicht mehr zur Seite stand, trat sie mehr und mehr in den Hintergrund. Die Ausgabe von 1848 ist zugleich ihr Grabstein, an die Stelle der Nassauer Bibel trat die Nassauer Politik.

Es zeigte sich da wieder, dass in solchen Dingen keine Regierung auf die Länge vermag, das natürliche Spiel der Kräfte aufzuheben und dem Volke etwas aufzuerlegen, was ihr zwar gut und heilsam erscheint, dem aber die inneren Eigenschaften fehlen, welche zur Gewinnung der Volksseele erforderlich sind. Doch hat immerhin die Piscatorbibel eine lange Periode hindurch bei uns ihren Einfluss ausgeübt. Inwiefern etwa unsere Volksart durch sie in ähnlicher Weise beeinflusst worden ist, wie dies die Lutherbibel in Deutschland gethan hat, entzieht sich der Beobachtung. Eine gewisse Geistesverwandtschaft war von Anfang an vorhanden, das nüchterne, gründliche, aber etwas schwerfällige und ästhetisch nicht sehr empfindliche Wesen unserer Landesart war auch

das dieser Bibel. Sie mag unsern Vorfahren ein verständiger, wohlwollender, aber etwas trockener Freund und Führer in den Fragen des Glaubens und des Lebens gewesen sein.

Aber Eines können wir ihr nicht verzeihen: sie hat zu einer Zeit, als die beste Hoffnung vorhanden war, dass wir zu einer schweizerischen Bibelübersetzung kommen würden, dieses Vorhaben unausführbar gemacht. Zwar sollte die Piscatorbibel nur "einstweilen" den Mangel an Bibeln ersetzen, bis durch gemeinsame Uebereinkunft der evangelischen Kantone eine allgemein angenommene Uebersetzung zu Stande käme. Aber das "einstweilen" dauerte fast zweihundert Jahre und der kantonale Partikularismus siegte über den gemeineidgenössischen Gedanken. Dass Bern damals durchaus in Sachen der Bibelübersetzung auch etwas eigenes haben wollte und sich weder dazu verstand, mit Zürich zu gehen, noch auch mit Basel und den andern Kantonen, die unbeschadet ihres reformirten Bekenntnisses die Lutherbibel gebrauchten, gemeinsame Sache zu machen, das war unheilvoll und hat nachgewirkt bis auf die Gegenwart.

Unser Jahrhundert hat sich ja Mühe gegeben, den Fehler wieder gut zu machen, man hat endlich eine schweizerische Bibelübersetzung zu unternehmen begonnen und das neue Testament nebst den Psalmen liegen seit 1893 Vor. Aber es gibt gewisse Dinge, die einmal im rechten Augenblicke versäumt, später nicht mehr nachzuholen sind. Damals wäre eine schweizerische Bibelübersetzung noch verhältnissmässig leicht einzuführen gewesen, der Staat hatte da noch die Macht, die dazu gehört, in solchen Dingen massgebend aufzutreten. Und damals war die Bibel an und für sich selbst dem ganzen Volke noch weit wichtiger, als es heutzutage der Fall ist. Heute ist sie zwar immer noch die reinste Quelle

der Erkenntniss des Christenthums und der Protestantismus kann niemals darauf verzichten, dass sie dem Volke bekannt gemacht werde, damit Jedermann in Dingen des Glaubens selber urtheilen könne. Aber sie ist doch nicht mehr so wie früher die massgebende Macht im ganzen Geistesleben eines Volkes, dieses Leben ist zu mannigfaltig geworden um noch überall an ihr seine Norm zu finden. Unser Volk liest die Bibel noch als Erbauungsbuch, aber nicht mehr als Gesetzbuch und Viele sind, die sie überhaupt karim mehr kennen. Das bereitet der Einführung einer neuen Uebersetzung, möchte sie noch so wünschenswerth sein, bei uns grosse Schwierigkeiten. Andrerseits ist die Lutherbibel nun einmal so durchgedrungen, dass sie kaum noch verdrängt werden kann. Mag eine neue Uebersetzung auch an vielen Stellen richtiger sein, das Volk glaubt nicht mehr, dass Heil und Seligkeit von der genauen Kenntniss jedes Buchstabens der heiligen Schrift abhänge. Darum wird gegenwärtig auch eine schweizerische Bibelübersetzung, sei sie so gut sie wolle, nur schwer eindringen können. Die Theologen werden doch immer an den Grundtext gewiesen sein, um sich ein wissenschaftliches Urtheil zu bilden. Das Volk, das die Bibel zur Erbauung liest, findet seine Befriedigung bei der altbekannten Uebersetzung Luther's, die ja nun auch in revidierter und einigermassen berichtigten Gestalt von Deutschland aus verbreitet wird. Wer Genaueres wissen will, greift zu neueren wissenschaftlichen Uebersetzungen, wie die von Kautzsch für das alte und von Weizsäcker für das neue Testament, die aber niemals Volksbücher werden können. So steht die Sache ziemlich hoffnungslos und daran ist die einstige Einführung der Piscatorbibel durch Bern hauptsächlich Schuld.

Diese Einführung war damals, um einen im politischen Leben vielgebrauchten Ausdruck anzuwenden, eine That des

bernischen Staatsgedankens. Bern wollte auch in dieser Beziehung von Niemandem abhängen und seine eigenen Wege gehen. Seine Bibel sollte ihm sein Volk regieren helfen, es in Respekt gegen die Obrigkeit erhalten und mit Dank gegen ihre väterliche Fürsorge erfüllen. Aber der bernische Staatsgedanke war da am unrechten Orte angewandt, auf dem Gebiete, wo dem Volke Einigung mit den andern reformirten Kantonen Noth that und nicht Absonderung von ihnen. Darum hat die Bernerbibel sich auch nicht auf die Dauer behaupten können. Denn die Geschichte lehrt, dass der bernische Staatsgedanke nur dann etwas vermag, wenn er der Vorläufer ist des eidgenössischen Staatsgedankens.

Aktenstücke und Belege

I. .Zu Seite 21. Conspectus historiae ecclesiasticae bernensis, exaratus a. J. Henr. Othio (Stadtbibliothek, Miss. hist. helv. XI, 83) p. 23.

36. urserat amplissimus Magistratus Tigurinus a. 1660 ut nova versio bibliorum in ecclesiam Tigurinam et Bernensem introduceretur, uti communi consensu confessio fidei fuerat edita, sed ne alii cantones reformati crederent aliis versionibus praejudicium aliquod illo opere factum esse, ecclesia Bernensis hoc judicium maturius considerandum esse censuit; et ne interim subditis suis exemplaria biblica deessent a° 1684 procuravit Supremus magistratus Bernensis suis sumptibus egregiam illam versionem Piscatoriani operis cura et diligentia V. R. D. Blauneri et Rodolphi professoris. Quae sane supremi Magistratus liberalitas et cura pro subditorum salute grato animo perpetuo est recolenda.

Inhaltlich ganz die gleiche Notiz findet sich in dem Quartbande des Staatsarchivs, der aussen die Bezeichnung trägt: de moribus antiquorum incolarum in ditione bernensi I. 27, innen dagegen den Titel: commentarius seu analecta historica inservientia historiae ecclesiasticae Bernensium etc. Seite 242. 243,

Daniel Delosea, Staatsarchivar Türler dagegen wohl richtiger Prof. Sam. Scheurer .

II. Zu S. 23. Staatsarchiv, Epistolae varii thematis et miscellanea ecclesiastica VI, p. 815-820.

a. Schreiben vom Ministerio zu Zürich an hiesigen Convent, betreffend die obhabenbe erneuwrung ihrer Bibel, under Ihren und Ihr Gn. namen.

Reverendi, clarissimi, doctissimi Viri, Fratres in Christo Jesu, Domino nostro, plurimum colendi, amandi.

Quandoquidem Amplissimum Magistratum nostrum pio, pro amplificando Christi inter nos regno, studio motum, de nova Bibliorum editione, in magno exemplarium defectu, ab aliquo tempore sollicitum fuisse scivimus: nos quoque pro nostri ratione officii, in timore Domini congregati de hoc tam sancto tamque necessario negotio feliciter administrando, non semel tantum, diu multumque deliberavimus . omnium autem vota, non sine Numine, ut speramus, eo semper tendebant, in hanc praecipue incumbendum esse curam, qua ratione vos quoque, Reverendi, Clarissimi, Doctissimi Viri, Fratres conjunctissimi, ad hujus (operis) societatem vocari possitis. Hocce consilio cum Amplissimo Magistratu communicato, magis magisque in nostra confirmati fuimus sententia.

Hinc tam salutare propositum diutius premere religione ducentes, rem tandem totam in Vestrum effudimus sinum. Nobis itaque, Viri Fratres, id longe exoptatissimum, gratissimumque accideret, siquidem Deo pia desideria nostra explente, vestros etiam animos ad novam sacri codicis editionem, omni consilio, studio, opere, labore, diligentia vestra, ad hujus sanctissimi operis majorem et perfectionem et dignitatem, collatis, nobiscum maturandam, et in utriusque Illustrissimae Reipublicae subditorum gratiam, publici juris faciendam, pronos sentiremus atque paratos.

Caussas esse et plurimas, et longe. gravissimas, cur hoc votis omnibus a nobis quam studiosissime non expeti tantum, sed conatu etiam maximo urgeri debeat, nec. Vos fugere potest. Unam, quaeso, nobiscum aestimate momentoque suo ponderate hujus operis utilitatem. Quodnam communione sanctorum arctius in toto orbe vinculum illud inter nos arctissimum esse et scimus et vehementer gaudemus. Hac tamen ratione id ipsum, utut arctum sit, multis modis arctius tenaciusque reddi posse, plane confidimus, Quis, quam suavis, imo quam sancta inde animorum conjunctio exsurgeret, fando exprimat? Quid Confessionem nostram magis toti etiam Reformato gratam, et 'venerabilem reddit orbi, quam mutuus noster consensus? Quam arnica conspiratio? Quam ejus, communi Helvetiae Reformatae nomine adornata editio? Nec est, quod difficultatem hujus rei nimium pertimescanius. Prima jam glacies a piis Majoribus nostris feliciter fracta talisque versio edita est, quae sua se perspicuitate non nostris hucusque tanturn, sed Vestris etiam non parum commendavit. Ipse quin etiam Deus, siquidem aliquae adhuc superessent difficultates, spiritus sui gratia, ita omnium eorum, quibus Operis hujus cura forte dernandabitur, laboribus aderit, ut in re etiam difficillima, facillimum sperare audeamus exitum. Deo praeeunte, nullus objiciet obex. Ipse tam sanctos, Ecclesiae suae tam utiles, tamque necessarios labores, ita divina benedictione sua prosequetur, ut cum admiratione et laetitia felicem eorum visuri simus exitum. Id unum igitur, nunc quidem, exoptatissimi in Christo Fratres, et carissimi, summopere necessarium est, ut, consiliis vestris, prudentiae plenis, collatis, totum negotium Amplissimo Magistratui Vestro (in cujus rei gratiam ad Eundem a nostro quoque amicissimos datas intelligetis literas) de meliore nota commendetis, de optimo et expeditissimo agendi modo deliberetis, Vestram deinceps Mentem ad nos fraterne persoribatis. Maturato autem opus est, quia monas omnes, quantum quidem per totius rei gravitatem

et dignitatem licebit, tollendas putamus. Atque haec quidem illa sunt, quae ad vos do hoc proposito nostro scribenda duximus. Quod reliquum est, Deum omnis boni auctorem et datorem toto pectore veneramur, ut ipse pro immensa bonitate sua, omnia consilia nostra, ad sanctissimi Nominis sui gloriam clementer atque potenter dirigat, vosque Reverendos, Clarissimos, Doctissimosque Viros, Fratres in Domino plurimum colendos, amandos, salvos conservet et incolumes. Dabam Tiguri, 29. Martii 1660,

Nominis Vestri, studiosissimi
Ecclesiae Scholaeque Tigurinae Pastores et Professores,
horumque nomine
JOHANNES JACOBUS Huldricus.
Reverendis clarissimis, doctissimisque
Viris, Dominis, Dn is Pastoribus et Professoribus
ecclesiae scholaeque Bernensis,
Fratribus in Christo plurimum colendis,
amandis. Bernae.
b. Rahtzedel,
betreffend Biblia Tigurinae versionis
denuo praelo committenda.

Was von Zürich naher an Ihr. Gn. obhabender ernewerung halb ihrer Bibel, ander ihren und Ihr Gn. namen, gelanget; das wird Euch MGH. hiebeykommend communiciert und weilen hiebey vermeldet wird, dass Euch von dem Ministerio zu Zürich deswegen zugeschrieben werde; als gelangt Ihr. Gn. ansinnen an Euch MGH. über diser sach ewer bedencken zu haben, und dasselbe Ihr Gn. ze referieren. Actum 2. Aprilis 1660.

Kantzley Bern.
An Meine hochehrenden Herren
die Geistlichen.

c. Schreiben vom magistrat zu Zürich
an MGHH. betreffend eben dise materi.

Unser freundlich willig Dienst, sampt was wir ehren liebs und guts vermögen, zuvor, fromm, fürsüchtig, ehrsam, wyss, insonders gut freund und vertrawt lieb Alt Eydgnossen.

Demnach wir von unseren lieben getreuen vorstendern unser Kirchen und Schul gebürendts fleysses berichtet worden, wasmassen nunmehr alle Exemplaria von den A° 1688 in unser Statt von uns getruckten Hl. Biblen in folio aussgegangen, und dass man allbereit in das landt eynbringen thüye lutherische nüwgetruckte Versionen, also dass ohnentbehrlich von nöthen syn werde für unser volck ein neues Biblisch Werck förderlich under die presse zelegen, und wir nun uns erinnert, dass unsere Glaubensconfession in gemeinen der evangelischen Orten nammen in offnen truck kommen, und durch die gantze Christenheit hochrühmlich ist, habend wir dafür gehalten, dass üch V. B. L. E. villicht nicht unlieb, solches auch anstendig und nützlich syn würde, wann das vorhabende neuw Werck under gemeinsam unserem als beider vorderister gliederen der Eidgenössischen Confession Nammen und Authoritet durch den truck verfertiget werden möchte, wie dann mit unserem vorwüssen und Consens Einem Ehrwürdigen Ministerio Euwerer Statt von dem unserigen desswegen mit mehrerem, worauff wir uns referierend, zugeschrieben wirdt. Gelanget also hierüber an üch, V. B. L. E. unser best wohlgemeintes fründt.-Eidt und Religionsgenössisches ersuchen, im Fahl üch an solch unserem Christenlichen vorhaben zu participiren und mit üwerer concedirenden treffenlichen authoritet der edition ein mehreres ansehen ze machen, auch angenem und beliebig syn möchte, ihr uns dessen und euwers fürsichtigen sentiments zu unser nachricht, fründt-Eydgenössisch berichten wöllind, wie diess hl. Werck am besten, kommlich- und anstendigsten für und an die hand genommen werden, das es bevorderst zu Gottes hl. Ehren, der Christenlichen kirchen in unseren. landen erbauwung und uns den ständen selbsten auch zu lob und ruhm gereichen möge. Würde aber üch B. V. L. U. E. eine Zusammenkonfft beiderseits

an einem hiezu bequemist erachteten Orth zu mündtlicher ersprachung geselliger sein, thund es üch wir gentzlich heimbsetzen; in erwartung üwrer B. B. L. U. E. beliebiger Antwortung thund wir üch unserer beharrlichen Fründt Eidt- und Religionsgenössischen besten Affection versichern und den Allerhöchsten bitten, dass er mit sinen gnaden weyters ob uns sambtlich halten und walten wölle. Datum den 29. Martii

Anno 1660
Burgermeyster und Rath
der Statt Zürich.
Den frommen, fürsichtigen, ehrsammen,
wyssen, Schuldheyss und Raht der Statt Bern,
unsern insonders guten Fründen und Vertrauten
lieben alten Eydgenossen.

d, 26. Aprilis 1660 ward über vorige Zürcherische Schreiben, laut Jr Gnaden befelchs, vor Convent per majora erkennt: man könnte in der Züricher Begeren einwilligen, wann 1. Sie die terminos endern wölten, die bei ihnen zwar breuchlich und bekannt, bey uns aber unbreuchlich und unbekannt. 2. Die übrigen evangelischen Ort consentirten.

Auf diese Relation, so durch Hrn. Hummel vor Raht geschah, liessen MgHH, 27. Aprilis 1660 den HH. von Zürich folgende antwort werden.

e. Copey antwort-Schreibens
an die Statt Zürich abgangen.
Unser e.

Nachdem wir ewer unseren B. L. A. E. freundl. Eidgenössisch Schreiben, die vorhabende wider-under die pressenlegung der Bibel, uff die durch ewere HH. Ehrengesandte zu Aarberg gethane erinnerung resumirt, und in gebürende Consideration gezogen, ist uns drauss erfröuwlich zu verneinen gewesen Ewere unsern B. L. A. E. hochrühmliche Vorsorg, werend auch nit ungeneigt, begerender Massen

unsern Namen darzu zu leichen, wann dardurch das geschefft mehrers befürderet werden solte. Wie aber die glaubensverwandtliche anstendigkeit ervorderen wurde, dass übrige löbliche Evangelische Ort auch umb gleichen consens als in einem gemeinen Wesen und wie bei der Intrucklegung unserer evangelischen Glaubensconfession auch beschechen, ersucht und zugezogen werden solten, da sonst ein söliche sönderung anders nachdencken andern Orten erwecken und die mutmassung bey etlichen abgeben möchte, dass man sich an dieser Version verbindtlich halten solte, da aber bisshar in unseren landen der freye Gebrauch anderer versionen auch zugelassen worden, neben anderen considerationen mehr. Also habend wir nit unzeytiges bedencken zefassen uns einzig darin zu interessieren; sonst were uns sehr lieb, wann wir zur befürderung disers so guten und nützlichen wercks etwas contribuiren und auch unsern B. L. A. E. in diser und anderer occasion unsere beharrliche freundt-eidtgenössische Affection bezeugen köntend, wie dann wir uns fürbas zu allen angenemen freundt-eidtgenössischen Dienstwilligkeiten erpietend und euch unser V. L. A. E. , weliche dise unsere bestgemeinte declaration zum besten ufzenemen freundt-eidtgenössisch ersucht sein wellind, in Gottes des Allerhöchsten Schutz von Hertzen empfelchend. Datum 27. April 1660.

Schultheiss und Raht
der Statt Bern.
lII. Zu Seite 35. Rathsmanual Nr. 190. S. 46.

a. 20. December 1680. Bibelwärk. Zedel an Vennerkammer. Aus beiliegender Abschrifft der letzten von denen Dekanen heut eingäben extrahierten Capitulspunkten, werden Sie in mehrerem zu ersehen haben, wie angelegenlich von den HH. Geistlichen verlangt worden, dass Jr. Gn. vermittelst einer liberalischen Beysteuer dem schon lang erwünschten Bibelwärck an das Liecht verhelfen sein wolten. Als welches Hr. buchhändler Tormann zu undernemmen erpietig wäre, dafern Jr. Gn. das papier dazu verehren wollten. In welchem Faal er ein exemplar wol eingebunden um 40, ein

ungebundenes aber um 20 batzen geben könnte. Gleichwie nun Jr. Gn. sich hiezu von bestens wägen der underthanen, angesehen auch ein solches wärck dem stand zu ehren und reputation gereichen würde, in so fern es etwas schöns und saubers abgeben thete, als wollind Jr. Gn. Sie hiemit fründtlich angesonnen haben, das geschefft reiflich zu überlegen, die HH. Geistlichen in mehrerem darüber zu vernemmen, auch den Aufsatz, den sie deswegen in Handen haben sollen, Ihnen abzufordern, umb zesehen, wie das wärk am besten einzurichten, in was format mit was carakter es zu trucken, was auch vor ein edition oder version gebrauchen welle und was hierüber zu berichten nothwendig sein mag, Da vorab Jr. Gn. notwendig finden, dass man dazu gut sauber schreibpapier, auch zierliche und läsliche caracteres für alte sowol als junge lüt nemmen thäte. Welches Sie das alles bester massen überlegen, und demnach Jr. gutachten, was zu thun und was Jr. Gn. beysteuren könnten oder solten zu fernerem entschluss referieren wellindt. —

b. ebenda S. 167. 19. Januar 1681. Bibelwärk, Zedel an Vennerkammer.

Aus Ihrem Vortrag habend Jr. Gn. ersehen dero Gutachten, in was weis und form das Bibelwärk an Tag zu gäben wäre, dass nämliche des Piscatoris version zu behalten, mit beysetzung der nothwändigsten marginaliis und der locorum parallelorum, zusamt einem kurtzen begrifflichen Register der Hauptpunkten. (Folgt Weiteres über die Zahl der Exemplare, den Preis u. s. w.)

e. ebenda S. 380. 22. Februar 1681 Bibelwärk halb (Weiteres über den Vertrag mit Hrn. Thomann).

d. ebenda S. 412. 28 Februar 1681. Bibeltruck. Zedel an Vennerkammer (Abschluss des Vertrages).

e. deutsch Spruchbuch XX. 357-361. Verglich umb den vorhabenden Bibeltruck mit Hrn. Buchführer Thormann, item desselben oberkeitliche bestätigung.

Khund und zu wüssen seye hiemit,

Demnach Meine Gnädige Herren, aus Gottsäligem Eifer sowol dem Stand anständig, als denen Underthanen nützlich befunden und sich entschlossen das Heilig wort Gottes in der Haubtstatt, und zwar also under die Presse zu geben und trucken zu lassen, dass dero Underthanen selbiges in einem gar geringen und wolfeylen preiss zu desto mehrer befürderung dero Heil haben und bekommen mögen, und zu solchem End auch von hochgedacht Jr. Gn. MHH. Teutsch Sekelmeister und Venneren wie zu diesem Zweck zu gelangen sein werde, zu consultieren anbefolchen und nach underschidenlichen vorgetragenen Projecten endlich denenselben gäntzlich überlassen, mit Hrn. Gabriel Thormann, besitzern Jr. Gn. Truckerey hierüber zu tractiren und zu schliessen, dass darauf im Namen wolermelter MrGnHrn. mit Ihme Hrn. Thormann gehandlet und volgendergestalten das werk beschlossen worden.

1. Erstlichen sollend Sechs Tausend Exemplar als fünftausend in Folio und Tausend in Quarto nach dem getruckten Model mit den Notis in margine und locis parallelis grad nach jedem Vers, da es von nöhten, und zwar ein hundert Exemplar in folio und die tausend in quarto von halbweissem, die übrigen aber von grauwem Papier getruckt und hierzu des Piscatoris Version gebraucht werden.

2. Zum Anderen versprechen MGHH. zu diesen 6000 Exemplaren alles erforderliche Papier in rechter dazu bequemer Form und qualitet darzugeben.

3. Drittens erpietet und verspricht Hr. Thormann, von jedem Bogen Auflag dieser 6000 Exemplaren für allen Truckerlohn und übrige Unkösten neun Reichsthaler oder zehen Cronen zwänzig batzen zu nemmen und in diesem preiss dise Bibel in obanzogener qauntitet zu trucken, so ihm auch also zu bezahlen versprochen worden.

4. Viertens sollen MGHH. , wann das werk angefangen sein wirt, ihme von Zeit zu Zeit nach proportion der Anzahl bögen, so er MnHH. Seckelmeister oder demjenigen, so hierzu verordnet werden möchte, einlifern wirt, das gelt auf abschlag und Rechnung des ganzen werks darschiessen.

5. Fünftens wann selbiges dann vollkommen zu End gebracht und getruckt sein wirt, sollen MngHrn. obige 6000 Exemplar ihme abnemmen und zu vorgesetztem Preis bahr bezahlen, davon aber abgerechnet werden soll, was Ihme in währender Truckenszeit nach Innhalt nechst vorgemelten Articuls wirt vorgeschossen worden sein.

6. Sechstens erpietet er sich hernach, sovil Exemplar als er wird anbringen können, Mnghrn. in dem preiss, wie sie dennzemahlen Ihren Underthanen solche anzuschlagen gut finden werden, widerum abzunemmen und bahr zu bezahlen, Selbige aber weder usser Landts noch in höherem Preiss als gesetzt ist zu verhandlen, und sonst auch zu der debite des Werks nach seinem Vermögen zu contribuieren.

7. Zum Sibenden wirt Hrn. Thormann zugelassen, über vorgesetzte Anzahl der 6000 Exemplaren noch bis in hundert Stück für Ihne zu trucken und nach gefallen ussert Lands, aber nicht in demselben, zu debitiren, darzu dann auch das nothwendige grauwe Papier von MngHrn. neben admittierung eines billichen Zuschusses für das gantze werk Ihme darzu gegeben und verehrt werden sölle.

8. Achtens soll Er Hr. Thormann gute Aufsicht halten, dass das Papier in versprochener wärschafft und qualitet gelifferet werde, wenn aber etwas darin abginge, selbiges nicht annemmen, auch fleissig verzeichnen, wie vil von Zeit zu Zeit geliferet wirt, und die Verzeichnuss hernach eingeben.

9. Neuntens soll es bei obigem preiss der Neun thaleren vom bogen zu 6000 Auflag gäntzlich verbleiben und MgHrn, von Ihme Hrn. Thormann einige Recompens noch sonsten anderer gestalten etwas mehreres dises werks halber under was namen und praetext es sein möge annoch zugemuthet werden.

10. Endlich und zum Zehenden soll Er, Hr. Thormann, (oder so es Gott gefallen solte Ihre vor absolvierung des ganzen werks aus dieser welt zu beruffen) dessen Erben verbunden sein, selbiges vollkommen in obgesetztem preiss auszutrucken und zu völligem end und perfection zu bringen.

In Crafft diss briefs, dessen zwey gleichlautende Doppel verfertigt und mit sein Hrn. Thormanns und mein des Teutschen Seckelschreibers (so aus Befelch MgnHrn. mit Ihme Hrn. Thormann tractiert) Handunderschrift verwahrt worden, so beschehen den 26. Februarii 1681.

Franz Ludwig Lerber
T. Seckelschreiber
Gabriel Thormann.
(Folge die Bestätigung)
vom 28. Februar.

IV. Zu Seite 37. Staatsarchiv. Teutschlandbuch, Hanau S. S. 827-882.

a. A Messieurs Messieurs de Berne. Unsern freundlichen Gruss zuvoren, Wohl-auch Edelgeborne, Gestrenge und Wohlweysse Herren. Was ahn uns unsser underthan und Buchführer zu Herborn Johann Heinrich von Mudersbach wegen vorhabenden Nachtrucks der von seinen Vorfahren mit grossem Verlag und schweren Costen zu dem truck beförderten piscatorischen teutschen Bibel, so in der Herren canton itzunder von neuem under der presse seyn solle, underthänigst verlanget, wollen die Herren aus dessen einliegender supplique zu vernehmen geruhen. Denen Herren ist sowohl der Original abtruck diesses Biblisches Werkes, so allein bishero zu Herborn gewessen, als auch disses bekannt, dass die dissortige corvinische Truckerey dem gemeinen Religionswesen sehr erspriesslichen nutzen geschaffet, auch fürders noch schaffen kann, wenn deren Erben ihre Verlagsbücher ohne Entgelt nicht entzogen, sondern derentwegen ihnen eine abkommliche satisfaction gegeben wird. Umb solche zu wege zu bringen, bemühen wir die Herrn mit disser recommendation und bitten freundlich Sie wollen, dero höchstrühmlichem Eyfer zu der billigkeit nach, die sache überlegen, und dem sollicianten so weith die Hand biethen, dass ihm in seinem verlangen mit raison deferiret werden möge. Wir verdhinens umb die Herrn hinwiederumb

diesess werck in fortsetzung nicht underfangen werdten: darbey doch disess mich erbietig mache, dass, wann Meine gn. Herrn von Bern sich gn. gefallen lassen wollen, zu nechst vorstehendter Frankfurther herbstmess 1681 durch einen expressen gevollmächtigten buchführer die sache uff einen Vergleich zu tractiren undt abzuhandeln, werdte ich solche Vorschlug thun, dass beiderseitss wir ein genügen, Jeder zu seinem Zweck gelangen, seinen nutzen haben und wir allerseitss ohne schaden sein können.

Ersuche demnach Ihre Fürstl. Durchl, underthänigst gehorsamst, zu geruhen, mihr die sonderliche und grosse gnad zu erweisen undt an hochg. meine gn. Herrn zu Bern intercessionales zu ertheilen, damit zu meinem Zweck gelangen, obgemeldt meinem erbiten nach gewehret und durch Ihr vorhabendt werk mit den Meinigen nicht zu grundt gesetzet und ruiniret werden möge: undt gleichwie nicht zweifele, dass durch Ihr. Fürstl. Durchl. Gn. vorschrifft würcklichen genuss empfindten werdte, alss erwarte auch darüber gnädigster willfähriger erscheinung: Verbleibe damit

Ew. Fürstl. Durchl.
Herborn den 27 Tag Maji trew gehorsamster
1681. alle Zeit
Johann Henrich von Muderspach.

c. Rathsmanual Nro. 193, S. 17, den 26. Oktober 1681. Müderspach wegen dess Bibeltruckes. Zedel an MGH. dess ehrwürdigen Convents. Auss Inen communicirendem Schreiben vom Fürsten von Nassauw und Bylag habend sy zu ersechen, was zu gonsten des Buchführers zu Herborn Heinrich von Müderspach wegen dess hier under der Press liegenden Bibelwerkes Jr Gn. einkommen und massen er sich Müderspach zu beschwehren vermeint und einen Vergleich mit Herrn Thormann sucht, darüber Jr Gn. sy anzusinnen guttfunden, die sach zu überlegen, die Schreiben dem Herrn Thormann auch zu communiciren und seinen Bericht darüber zu vernemmen, volgends Jr Guttachten, was zu antworten seyn werde, abzufassen und Jr Gn. zu hinderbringen.

d. ebenda S. 63. 4. November 1681, Nassauw, Bibelwerk. Antwort an Grafen.

e. Teutsch Missivenbuch Nro. 26. S. 886-839.

An Herrn Grafen von Nassouw, dess hiesigen Bibeltruckes wegen Ihme antworten.

Durchlauchtiger, hochgebohrner, insonders hochgeehrter Herr; Ew. Fürstl. Gn. seyen unsere geneigtwillige Dienste bevor.

Was an Ew. Fürstl. Gn. dero Underthan und Buchführer zu Herborn Johann Heinrich von Mudersbach wegen allhier vorhabenden Nachtrucks der Piscatorischen Teutschen Bibel bereits underem 27. May letzthin supplicando Ew. Fürstl. Gn. aber erst underem 5. Octobris hernach vorschrifftlichen an uns gelangen lassen, das haben wir auss dero Schreiben und seinem Einschluss mit mehrerem verstanden. Mögen darüber Ew. Fürstl. Gn. In Antwort nicht verhalten, dass auss gottseligen Betrachtungen Wir schon lange Zeit bedacht gewesen, wie zu gutem unserer Landt-kinderen und derselben Besserer underrichtung in dem wort Gottes Wir die heilige Bibel in unseren eigenen Landten trucken und dem Burger und underthanen in wolfeilem preiss zukommen lassen könnten. Undt haben endtlich uns dahin verleiten lassen, das werk in Gottes Namen zu underfangen und in unserem Costen zu verlegen, gleichwohlen mit diser Einschrenkung, dass unserem bestellten Trucker und Buchhändler, der nach volendetem Truck die Exemplaria umb den gesetzten wolfeilen Tax den Unseren im Landt zu verkauffen Bevelch hat, expressé undersagt ist, über die bestimbte Anzahl mehr nicht dan 100 Exemplar für sich zu trucken und under seinem Namen ussert Landts zu verhandlen, massen dan an disers so heilsame werk würklichen Hand angeleget, dasselbe zusammengezogen, zwar der Text und version dess Piscatoris alss die allerbeste gebraucht, die glossen und Lehren aber (aussert was darauss allhier kurz extrahiert wirt) ausgelassen worden: So dass wir nicht sehen, mit wass grundt berürter von Mundersbach oder andere Corvinische Erben sich darwider zu setzen Ursach hetten. Dan einmahlen Sie weder

von gesambten Evangel. orten unser lobl. Eydtgnossschaft noch von uns oder unseren Regimentsvorderen einich widriges privilegium aufzuweisen haben, auch sonsten mit keiner raison werden praetendiren können, dass uns verwehret sein solte, dises werk, wan auch das vorhaben hierseits weiters alss obbedüt gerichtet were, in unseren Landten oder anderer usserer orten, da Sie die Corvinischen zuvor das privilegium nicht erhalten, anzubringen und den vertrieb desselben zu suchen: Gestalten uns nicht zweiflet, Ew. Fürstl. Gn. werden es selbsten alss billich finden, den von Munderspach oder wer weiters sich zu widersetzen gemeinet were, diss orts zurück und ruhen weisen. Und hingegen dero zur Beförderung der Ehren Gottes und Vortpflantzung reiner Evangel. Lehre erzeigenden höchst rühmlichen eifer den vortgang dises so nützlichen und Gott wolgefälligen Werkes vielmehr zu facilitiren, alss aber einichergestalten schwer zu machen intentionirt sein. Der Allerhöchste verleihe darzu sein heiliges gedeyen, und erhalte Ew. Frstl. Gn. in gesegnetem Wohlsein.

Datum 4. Novembris 1681.

V. zu Seite 41. Zusammenstellung der Berner Ausgaben der Piscatorbibel nach Mezger, Geschichte der deutschen Bibelübersetzungen in der schweizerisch-reformirten Kirche S. 284-302 und 400-412.

1) 1684 fol., 1 Bd. und 4°, 3 Bde., obrigkeitliche Druckerei von Andreas Hügenet.

2) 1697 8°, ebenda.

3) 1710 nur das neue Testament, 8°, bei Daniel Tschiffeli.

4) 1719 8°, 2 Bde., hochobrigkeitliche Druckerei, mit Verbesserungen.

5) 1728, für Unbemittelte, auf Veranstaltung des Rathes.

6) 1736, fol. unveränderter Abdruck des Textes von 1684, mit 216 Kupferstichen. In der oberen Druckerei, Emanuel Hortinus.

7) 1755 8°, ', bei Joh. Bondeli's sel. Wittib.

8) 1784 fol. , Beat Friedrich Fischer, hochobrigkeitlicher Buchdrucker.

9) 1823 8°, 2 Bde. Bibelgesellschaft, bei L. A. Haller obrigkeitlicher Buchdrucker.

10) 11) 12) noch drei Abdrücke nur des neuen Testamentes bis 1841.

13) 1846-1848. 3 Bde. kl. 8°, neues Testament 1846 (fehlt bei Mezger), altes Testament 1847. 1848 (nur bei diesem steht auf dem Titel: auf Veranstaltung der Bibelgesellschaft gedruckt). Druck und Verlag der Haller'schen Buchdruckerei.