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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

108. Der Kampf der Tiere

Somba hatte sich einen Sondo, das ist ein Webstuhl, gebaut und fragte: "Wem soll ich seinen Faden verarbeiten?" Uobogo kam und brachte seinen Gissi-ga (Faden) und sagte: "Verwebe mir das!" Norogo, der junge Hahn, brachte seinen Gissi-ga und sagte: "Verwebe mir das!"



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Uobogo, der~Elefant, kümmerte sich zunächst nicht weiter um die Sache. Norogo aber kam in einem fort zu Somba, quälte ihn und sagte: "Laß nur Uobogos Faden noch liegen und verarbeite erst den meinen, damit mein Webstoff fertig wird, denn ich habe es sehr eilig mit meinem Stoff. Also spute dich! Spute dich!" So quälte Norogo den ganzen Tag und ließ nicht nach, so daß Somba nicht dazu kam, etwas anderes anzufangen als den Webstoff Norogos.

Eines Tages aber kam Uobogo, der Elefant, zu Somba und fragte: "Nun, wo hast du meinen Webstoff?" Somba sagte: "Ich bin nicht dazu gekommen, ihn anzufangen. Den ganzen Tag über sitzt Norogo hier bei mir und quält mich, daß ich doch nur erst einmal seinen Faden aufarbeite und sagt außerdem, dein Faden hätte Zeit! Was soll ich da machen?" Darauf wurde Uobogo über alle Maßen wütend und schrie: "Was will so ein kleines Tier, wie dieser Norogo, gegenüber einem so mächtigen Geschöpf, wie ich es bin! Norogo ist ja über alle Maßen unverschämt!" Dann ließ Uobogo einen guten Haufen seiner Exkremente fallen und sagte fortwährend: "Ein Tier, das ebensolchen Misthaufen abwerfen kann, mag sich mit mir messen, aber nicht dieser kümmerliche Hahn!" Dann ging er.

Kurze Zeit darauf kam Norogo. Somba sagte zu ihm: "Soeben war Uobogo hier. Er hörte, daß du gesagt hast, sein Faden und Stoff hätte Zeit. Da wurde er sehr wütend und sagte, du wärst ein kümmerliches Tier ihm gegenüber. Dann hat er diesen Misthaufen hier ausgeworfen und gesagt: ,Ein Tier, das ebensolchen Misthaufen auf einmal setzen kann, mag sich mit mir messen, aber nicht der kümmerliche Hahn."

Als Norogo das hörte, ging er auf dem Mist herum und scharrte und pickte ihn auseinander. Dann zog er sich eine Feder amis, steckte sie in die Mitte des Mistes und sagte: "Wenn Uobogo wiederkommt, sage ihm, das wäre soviel wie ein Haar meiner Augenwimper. Nun soll Uobogo einmal überlegen, wer größer sei, er oder ich!" Damit ging Norogo von dannen. Dann kam aber einige Zeit später Uobogo wieder vorbei, und Somba richtete ihm genau seine Botschaft aus: "Norogo war hier. Er hat den Mist zerstreut und diese Feder als Haar seines Augenlides hineingesteckt. Nun sollst du einmal überlegen, wer größer sei, er oder du!"

Uobogo sagte: "Vor allen Tieren will ich mich mit diesem kleinen Hahn schlagen, und alle sollen, sehen, wer mächtiger ist, er oder ich. An dem und dem Tage wollen wir uns da und da schlagen."



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Die Nachricht sandte er an alle großen Tiere. Norogo aber sandte die Nachricht auch an alle Tiere, welche fliegen, damit sie als Zeugen seiner Seite dem Kampf beiwohnten.

Am gegebenen Kampftage kamen als erste auf dem Kampfplatze die Simfu (oder singfu, das sind die Bienen) an. Sie meldeten sich sogleich bei Norogo an. Norogo sagte: "Nehmt eure Wohnung nur zunächst in dem Flaschenkürbis dort!" Darauf krochen alle Simfu in den Flaschenkürbis. Als zweiter kam Kossemkonde (ein Adler mit roten Läufen) an. Norogo sagte zu ihm: "Wenn der Kampf im Gange ist, nimm den Flaschenkürbis mit dir hoch in die Luft und laß ihn von oben herabfallen, so daß er gerade dem Uobogo auf den Kopf fällt."

Die Parteien versammelten sich. Es ward verabredet, daß der Kampf schweigend verlaufen müsse, und daß die Partei verloren hätte, deren Mitglieder zuerst anfingen zu schreien oder fortzulaufen. Uobogo und Norogo begannen zu kämpfen. Nach einiger Zeit stieg Kossemkonde in die Luft und nahm die Kalebasse mit den Simfu mit hinauf. Von oben ließ er sie herabfallen. Die Bienen schwärmten, als das Gefäß auf dem Kopfe Uobogos zerschellte, nach allen Seiten auseinander. Erst suchten alle Tiere durch Armschwenken die Bienen fernzuhalten. Dann aber ward Katere gestochen, und er begann zu schreien und fortzulaufen. Kaum aber hatte der erste begonnen, so folgten die anderen, und endlich lief auch Uobogo, der große Elefant, davon.

An dem Tag egab es viele gute Fänge für die Vögel. Ein Storch (der Norogo-Partei natürlich) pickte einen Frosch nach dem anderen auf und sagte nach jedem Schluck: "Die Truppen und der Kriegszug des Norogo sind gut, sind gut!" — Die Frösche waren nämlich auf der Seite Uobogos.


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