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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

105. Somba, Uobogo und Jußumde

Somba schloß Kameradschaft mit Uobogo (dem Elefanten) und mit Jugumde (dem Kamel). Aber sowohl Uobogo als Jugumde wußten nicht, daß Somba noch einen zweiten Kameraden habe. Jeder von beiden glaubte, er sei der einzige Kamerad Sombas.

Eines Tages sagte Somba zu Uobogo: "Wir wollen einen Acker zusammen anlegen und uns dabei in der Arbeit teilen. Du kannst die Bäume und den Busch wegräumen, kannst das Feld reinigen, und ich werde nachher die Saat auswerfen." Uobogo sagte: "Es ist gut, so werden wir es machen." Sie suchten also einen guten Platz aus, und Uobogo machte sich sogleich an die Arbeit. Er



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räumte Bäume, Büsche und Gras fort und räumte das Feld gut auf. Somba betrachtete die Arbeit und sagte: "Du hast deine Arbeit gut gemacht. Nun werde ich, sobald der erste Regen fällt, an die meine gehen und werde den Samen ausstreuen."

Einige Tage später ging Somba zu Jugumde und sagte: "Wir wollen zusammen einen Acker bestellen. Dabei wollen wir uns in die Arbeit teilen. Ich habe schon das Feld von allen Bäumen, Büschen und Gräsern gereinigt. Jetzt kannst du es übernehmen, die Saat auszustreuen. So teilen wir uns ausgezeichnet in die Arbeit." Jugumde sagte: "Ja, das wollen wir machen." Dann gingen sie hin, betrachteten den Acker, und Jugumde sagte: "Du hast das Feld gut gereinigt. Nun können wir säen, und das werde ich übernehmen." Jugumde warf die Saat aus. Die Saat ging auf. Nach einiger Zeit ließ Somba durch Uobogo den Acker vom Unkraut reinigen.

Als die Saat reif war, ging Somba eines Tages zu Uobogo und sagte: "Du mußt doch einmal nachsehen, was das mit unserem Acker wird. Ich habe jetzt schon mehrfach ein Tier darauf wahrgenommen, das scheint unseren Acker in Beschlag nehmen zu wollen. Es muß ein ganz riesengroßes Tier sein, viel größer als du. Bring dir also ja einen großen, starken Knüppel mit. Das Tier selbst habe ich noch gar nicht gesehen, sondern nur seine Konde (Gitarre). Aber diese Konde ist so mächtig, daß du sie nicht würdest tragen können. Also rüste dich ja, wenn du kommst, mit einem tüchtigen Knüppel aus, denn dieses Tier muß viel größer und stärker sein als du. Uobogo sagte: "Gut, ich werde mich einrichten. Ich werde morgen früh auf dem Acker sein."

Alsdann ging Somba zu Jugumde und sagte zu ihm: "Jugumde, ich fürchte fast, wir haben die schwere Arbeit der Ackerbestellung für jemand anders verrichtet." Jeden Morgen sehe ich jetzt auf unserem Acker ein riesenhaftes Tier, demgegenüber du wie eine Termite bist. Es trägt eine Keule zwischen zwei Fingern, die mir Angst macht zu sehen. Ich glaube, dieses Tier will uns die Frucht unserer Ackerarbeit rauben. Willst du es nicht einmal ansehen?" Jugumde sagte: "Gewiß will ich das Tier sehen; ich werde morgen früh hingehen." Somba sagte: "Komm aber ja ganz früh. Lege dich nur irgendwo an der Sonnen (aufgangs- oder -untergangs ?)seite hin, so daß ich dich gleich rufen kann, wenn ich das Tier irgendwo sehe." Jugumde sagte: "Es ist gut; ich werde ganz früh dort sein."



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Am anderen Morgen ging Jugumde ganz früh auf das Feld. Inzwischen lief Somba zu Uobogo und sagte: "Komm, ich will dir das fremde Tier mit der Konde zeigen." Uobogo machte sich darauf mit Somba auf den Weg. Ehe sie am Felde ankamen, machte sich Uobogo aus einem großen Baum eine riesenhafte Keule zurecht und sie gingen auf den Acker. Am anderen Ende war inzwischen Jugumde angekommen. Man sah nur seinen Hals und seinen Höcker aus dem Felde emporragen. (Nach Ansicht der Mossi sehen diese beiden Teile zusammen aus wie eine Konde.) Somba sagte zu Uobogo: "Sieh dorthin! Sieh dorthin! Ist das nicht eine Konde?" Uobogo sah dorthin und sagte: "Ja, das ist eine riesengroße Konde!" Somba sagte: "Nun kannst du dir denken, wie groß das Tier ist, das dieses Instrument führt. Ich habe Furcht, ich habe Furcht! Schnell, laß uns weglaufen, ehe das Tier mit uns Streit beginnt. Wirf deine Keule weg! Lauf mit mir fort. Auch dein Leben ist wertvoll." Somba lief davon. Uobogo bekam auch Angst. Er warf seine Keule beiseite und lief auch in das Weite.

Somba kehrte aber bald um, er schlich sich zu Jugumde hin und sagte leise: "Jugumde, Jugumde, komme schnell! Das Tier ist dort drüben. Es hat eben seine Keule hingelegt. Ach, ich habe solche Angst! Aber komm! Sieh dir die Sache selbst an." Jugumde sagte: "Ja, ich will mir die Sache ansehen." Somba führte Jugumde zu der Stelle, an der Uobogo seine Keule auf die Erde geworfen hatte und zeigte Jugumde den Baumstamm. Er sagte: "Glaubst du, mit einem Tier fechten zu können, das solche Keulen handhabt?" Jugumde sagte: "Nein, das kann ich nicht." Somba sagte: "Aber du könntest es vielleicht versuchen! Warte, ich will das Tier, das da drüben sein muß, rufen, damit du mit ihm kämpfst! Wir wollen doch unsere Ackerarbeit nicht umsonst verrichtet haben!" Somba wollte gehen. Jugumde sagte: "Laß, laß! Ich kann das unmöglich, lieber gebe ich den Acker auf!" Jugumde lief von dannen.

Somba sagte zu sich: "Nun gehört mir der Acker allein. Ich brauche jetzt nur noch jemand, der mir das Eintragen des Kornes erledigt." Somba ging zur Uidi Pelogo (Koba-Antilope) und fragte: "Wenn du mir das Korn von meinem Acker einsammeln und in die Speicher tragen willst, sollst du gut bezahlt werden. "Uidi Pelogo hatte aber alles gesehen, was Somba mit Uobogo und Jugumde angefangen hatte und sagte: "Ich danke dir. Ich kenne deine Schliche. Suche dir jemand anders." Darauf ging Somba zu den



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Uamsi (Affen, Sing.: uamba) und fragte: "Wenn ihr mir das Korn von meinem Acker einsammeln und in den Speicher eintragen wollt, so sollt ihr gut bezahlt werden." Die Uamsi sagten: "Gut, das wollen wir tun."

Somba sagte: "Fangt ihr nur an, das Korn zu schneiden, ich werde inzwischen die Speicher vorbereiten. " Die Uamsi gingen an die Arbeit des Kornschneidens. Somba ging nach Hause und bereitete die Speicher vor. Er nahm von allen Speichern die Deckel ab und setzte sie auf die Erde. Er tat aber unter jeden Strohhelm drei Hunde. Nachher kamen die Uamsi mit dem Korn und füllten es in die Speicher. Somba~sagte: "So ist es gut, nun braucht ihr nur noch die Strohhelme auf die Speicher zu setzen. Nachher will ich euch gut bezahlen." Die Uamsi nahmen die Strohhelme auf. Da fuhren aber die Hunde empor, und das verursachte den Uamsi einen solchen Schrecken, daß sie in großer Bestürzung von dannen rannten, ohne noch an die Bezahlung zu denken.

So hatte Somba sein Korn gewonnen, ohne selbst dabei auch nur die Hand zur Arbeit erhoben zu haben.


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