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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

100. Katere, So,nbas Reitpferd

In alten Zeiten war in Wagadugu nur alle sechs Tage großer Markt und nicht wie heute jeden dritten Tag. Somba sagte eines Tages zu seiner Adole (das ist Freundin oder Verhältnis): "Morgen ist Markt." Die Adole sagte: "Man sollte einmal etwas Besonderes anfangen." Somba sagte: "Gut, dann werde ich Katere als Reitpferd nehmen und auf Katere zu Markte reiten." Die Adole sagte: "Das kannst du nicht." Somba sagte: "Gut, ich werde es dir zeigen."

Somba holte sich graue Erde und strich sie auf seine Knie. So legte er sich vor die Haustür. Nach einiger Zeit kam Katere vorbei und sagte: "Was hast du?" Somba sagte: "Ich habe ein schlimmes Knie. Das wäre nicht so fürchterlich, aber für morgen bin ich zum Markte eingeladen, wo man Ochsen, Ziegen und Hammel schlachtet, und nun kann ich nicht dahin." Katere sagte: "Wenn es weiter nichts ist, was dich traurig macht, so kann ich dir helfen. Wenn du mir von dem Fleisch einige Stücke abgibst, will ich dich auf den Markt tragen." Somba sagte: "Das kann ich nicht annehmen!" Katere sagte: "Gib mir von dem Fleisch ab, und die Sache soll gut sein!" Somba sagte: "Gut denn! Komm morgen ganz früh."

Am anderen Morgen kam Katere. Somba faßte seinen Rücken an und sagte: "So kann ich nicht darauf sitzen, sondern ich muß etwas darauf legen." Er nahm den Gal (Sattel) und legte ihn an. Dann nahm er das Zaumzeug (= salbere) und wollte es Katere über den Kopf ziehen. Katere sagte: "Nein, das will ich nicht. Ich nehme nicht so etwas in den Mund." Somba sagte: "Ja, dann können wir nicht zu dem Markte, denn nur die werden zum Gastmahle des Ziegen-, Hammel- und Ochsenfleisches zugelassen, die sich vorher gründlich die Zähne gereinigt haben. Und das ist hier



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zum Zähnereinigen." Katere sagte: "Gut, so leg es mir um." Dann legte sich Somba die Sporen (= saba) an und stieg auf. Er gab Katere die Sporen. Katere sagte: "Ich will nicht diese Eisen." Somba sagte: "Ja, ich muß aber Eisenmesser mitnehmen, um das Fleisch schneiden zu können. Sonst kann ich nachher für uns nichts von den Ochsen, Hammeln und Ziegen abschneiden." Katere sagte: "So nimm es denn mit!"

So kam Somba auf seinem Reitpferd auf dem großen Markte an. Alle Leute riefen: "Seht, Somba hat Katere als Reitpferd genommen! Seht Somba, seht Katere!" Katere sagte: "Ich verstehe nicht gut. Was sagen alle diese Leute?" Somba sagte: "Der da drüben sagte: du habest ihm eine Ziege gestohlen; der da, du habest ihm einen Hammel geraubt; der da das gleiche. Die Leute sagten, es sei gut, daß sie dich nun auf dem Markte hätten." Als Katere das hörte, sagte er: "Schnell, steig ab; schnell, steig ab, daß ich fortlaufen kann." Somba stieg ab. Katere lief so schnell wie möglich von dannen.

Wenn man in alten Zeiten auf dem Marktplatze die Spuren Kateres sah, vollzog man sogleich ein Hühneropfer. Aber heute ist das abgekommen.


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