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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

83. Mankallaleßende

Es war einmal die Mutter Mankallas krank. Man fragte das Erdorakel. Das Erdorakel sagte: "Die Mutter Mankallas wird sterben, wenn sie nicht die Schibutter bekommt." Es war am Ende der Regenzeit und gab daher nirgends im Lande Schibutter (bereitet aus den Früchten des Schibaumes). Mankalla sagte: "Ist niemand da, der in die ferne Welt zieht und mir aus der Ferne Schibutter bringt, damit meine Mutter nicht zu sterben braucht? Ich will diesen Dienst reichlich belohnen." Da sagte Fonso (die Fledermaus): "Ich will mich aufmachen, in die ferne Welt ziehen und will dir dann die Schibutter bringen." Mankalla sagte: "Ich will es dir gern reichlich belohnen."

Fonso ging zu Domba, dem Ahnherrn der Fanne, und sagte: "Mache mir sieben Paar eiserne Schuhe, denn ich will mich aufmachen, in das ferne Land zu ziehen, in dem es jetzt Schibutter gibt, und will diese holen, damit die Mutter des Mankalla nicht zu sterben braucht. Mankalla hat mir versprochen, es mir reich zu lohnen. Mache mir doch die sieben Paar eisernen Stiefel." Domba sagte: "Glaube doch Mankalla nicht. Mankalla betrügt alle. Mankalla hält nie Wort. Es lohnt sich nicht, für Mankalla etwas zu tun. Wenn ich etwas erlangen will, wende ich mich nie an Mankalla. Ich bringe auf den Kreuzwegen den Su (das sind die seit langer Zeit Verstorbenen) meine Opfer dar. Die Su erfüllen meine Wünsche. Mankalla macht nur Worte." Fonso sagte: "Ich habe es Mankalla versprochen, ich werde es tun."

Domba, der Ahnherr der Fanne, machte darauf für Fonso sieben Paar eiserne Schuhe. Fonso machte sich auf den Weg. Fonso ging mit den Schuhen weit fort. Er lief das erste Paar der eisernen Schuhe durch; er lief das zweite Paar der eisernen Schuhe durch. Er lief fünf Paare der eisernen Schuhe durch. Dann kam er endlich in das Land, in dem der Baum Olodo, der Baum Trigido, der Baum Dialedo standen. (Diese Bäume stehen mit den Schibutterbäumen zusammen.) Er fand die Früchte. Er brachte die Früchte zurück. Die Mutter des Mankalla aß die Früchte und ward gesund.

Einige Zeit nachher ward die Mutter des Fonso schwer krank. Fonso ging zum Ahnherrn der Fanne und sagte: "Meine Mutter ist schwer krank; ich weiß nicht, was ich machen soll." Domba las das Erdorakel und sagte: "Ich habe das Erdorakel gelesen. Ich habe gefunden, daß deine Mutter nur genesen kann, wenn ein



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schwerer Gewitterregen fällt." Nun war das aber gerade in der Trockenzeit. Fonso sagte: "Ich werde Mankalla bitten, einen Gewitterregen zumachen. Neulich habe ich die Mutter des Mankalla vor dem Tode errettet. Mankalla hat mir reichen Lohn versprochen. Nun will ich sehen, ob er mir nicht diesen Wunsch erfüllen wird." Domba sagte: "Ich kenne Mankalla. Mankalla verspricht, aber hält nicht Wort. Mankalla wird dir keinen Gewitterregen machen."

Fonso ging zu Mankalla und sagte: "Meine Mutter muß, um weiterleben zu können, einen Gewitterregen haben. Neulich errettete ich deine Mutter. Nun hilf mir." Mankalla sagte: "Ich will das gern tun!" Fonso ging. Mankalla ging hin und stahl dem Ahnherrn der Fanne den Blasebalg und die Holzkohlen. Mit den Holzkohlen färbte er den Himmel schwarz. Mit dem Blasebaig machte er Wind. Aber regnen lassen konnte er nicht. So starb die Mutter des Fonso.

Fonso ging zu Mankalla und sagte: "Du bist ein Lügner. Du hast mir nicht einmal den Wunsch erfüllen können und mir doch seinerzeit reichen Lohn versprochen. Ich habe deiner Mutter das Leben gerettet. Du hast aber meiner Mutter das Leben nicht retten können. Du kannst nichts. Du kannst nicht einmal einen Gewitterregen machen. Ich sah gestern abend einen Mann, der schlich zu Domba und stahl seinen Blasebalg. Ist das nicht wahr ?" Mankalla sagte: "Ja, es ist wahr." Fonso sagte: "Ich sah gestern abend einen Mann, der schlich zu Domba und stahl ihm Holzkohlen. Ist das nicht wahr?" Mankalla sagte: "Ja, das ist wahr."

Fonso kehrte zurück. Seitdem hängt sich Fonso mit den Beinen an einen Baum und läßt den Kopf zur Erde herabhängen. Denn Fonso will nicht mehr Mankalla sehen, der doch lügt,, sondern sie will die Fanne sehen, welche ehrliche Menschen sind.


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