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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

27. Kallondji und sein Sohn

Kallondji (=Ndji der Lügner) und Tonjandji (=Ndji der Wahrhaftige, der immer die Wahrheit sagt) gingen zusammen auf Reisen. Tonjandji sagte: "Wer von uns beiden ist Silatigi ?" (= Reisechef, d. h. Leiter der Unternehmung, der das Wort führt usw.). Kallondji sagte: "Ich will Silatigi sein!" Tonjandji sagte: "Nein, ich will Silatigi sein." Kallondji sagte: "Nein, ich will Silatigi sein!" Tonjandji sagte: "Du kannst drei Tage vor mir abmarschieren, und ich werde dich in einer Stunde einholen. Deshalb ist es besser, wenn ich Silatigi bin." Da sagte Kallondji: "So sei du Silatigi; wir wollen es versuchen."

Die beiden wanderten ab. Sie kamen am Abend des ersten Tages an ein Dorf, dessen Häuptling begrüßte sie und fragte: "Wo kommt ihr her?" Tonjandji sagte: "Wir kommen aus Tonjadugu" (aus dem Lande der Wahrhaftigen). Darauf sagte der Dorfchef nichts, aber die zwei Wanderer erhielten nichts zu essen. Sie kamen am anderen Tage in ein Dorf. Es war die gleiche Sache. Sie bekamen wieder nichts zu essen. So ging es während drei Tagen, und als sie dann gar zu großen Hunger hatten, sagte Kallondji: "So geht es nicht weiter." Tonjandji sagte: "Nein, so geht es nicht weiter, jetzt kannst du einmal Silatigi sein." Kallondji sagte: "Gut!"

Sie kamen wieder in ein Dorf. In diesem Dorfe war gerade der Sohn des Häuptlings gestorben. Es war ein wunderschöner Bursche, und keiner kam ihm im ganzen Lande gleich. Als die beiden in das Dorf kamen, klagten alle Weiber, heulten alle Alten. Kallondji kümmerte sich nicht darum, sondern sagte (brüsk): "Guten Tag, ich will trinken, gebt mir Wasser!" Tonjandji sagte: "Gib acht, daß du die Leute nicht reizt; sieh, alle klagen!" Kallondji sagte: "Ach was! Was gibt es denn?" Die Leute sagten: "Der Sohn unseres Häuptlings ist gestorben, und das war der schönste Bursche im ganzen Lande!"

Kallondji sagte: "Was? Das ist alles? Könnt ihr ihn denn nicht wiedererwecken?" Die Leute sagten: "Nein, kannst du es denn?" Kallondji sagte: "Nichts einfacher wie das. Wenn ihr es wollt, kann ich das ja morgen früh tun. Zunächst gebt mir aber einmal



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Wasser zum Trinken, denn ich habe Durst." Die Leute sagten: "Wer so etwas kann, darf nicht Wasser trinken, dem soll man Milch bringen." Man brachte eine große Schale mit Milch. Alle Leute bemühten sich um Kallondji und Tonjandji. Der Dorfhäuptling kam auch herbei und sagte: "Du kannst meinen Sohn erwecken?" Kallondji sagte: "Nichts ist einfacher. Wenn du es zahlst, will ich es morgen früh ausführen." Der Dorfchef sagte: "Ich will dir zwei männliche und zwei weibliche Sklaven, zwei Kühe und zwei Pferde geben." Kallondji sagte: "Gut, also morgen früh!" Darauf kam nun jeder, der einen teuren Verstorbenen hatte, und setzte sich zu Kallondji. Der eine sagte: "Wenn du mir meinen im vorigen Jahre verstorbenen Vater erwecken willst, werde ich dir eine Kuh schenken." Ein zweiter sagte: "Wenn du mir meine vor zwei Jahren verstorbene Frau erwecken willst, sollst du von mir einen Sklaven erhalten." Kallondji sagte: "Gut, ich werde euch alle eure Toten morgen früh erwecken und ihr bezahlt mir das dann." Die Leute brachten Kallondji und Tonjandji sehr viel gute Speise. — Abends sagte Tonjandji: "Wollen wir nun nachts fliehen?" Kallondji sagte: "Warum denn? Morgen werde ich gut verdienen und wir werden ausgezeichnet essen."

In der Nacht machte sich Kallondji eine kleine Kalebasse zurecht zu einem Baranikurrukurru. (Dies Instrument wird auch Talimbrani genannt und besteht aus der aus Westafrika bekannten Blasekugel, über deren Löcher Membranen von Spinngeweben gezogen sind.) Am anderen Morgen fragte Kallondji: "Habt ihr schon das Grab gegraben?" Die Leute sagten: "Ja, das ist geschehen." Kallondji sagte: "So bringt den Toten dahin und laßt dort alles Volk zusammenkommen." Er ging selbst hin, stieg in die Grube und höhlte mit den Händen noch sorgfältig den Seitengraben aus. Dann sagte er: "Legt den Toten hinein und deckt ihn mit einem Tuche zu." Die Leute taten es. Kallondji kroch dann selbst unter das Loch.

Kallondji wandte nun erst den Kopf nach oben und rief laut durch das Tuch in der Richtung auf das versammelte Volk: "Nakunu" (d. h. "ich erwecken", soll heißen: "ich will dich wiedererwecken"). Dann beugte er sich vor und herab und sprach gegen den Boden in die Blasekugel: "Nilakunu inam b~ kunu" (d. h. "Wenn erwecken, mach alle erwecken", soll heißen: "Wenn du einen erweckst, dann erwecke uns andere Tote auch"). Das wiederholte er dreimal. Dann fuhr er aber empor: "Ach, das ist dumm!"



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Der Dorfhäuptling fragte: "Was ist dumm?" Kallondji sagte: "Es ist nichts Besonderes. Es ist da nur dein älterer Bruder, der vor dir das Dorf regiert hat, der will durchaus als erster und vor deinem Sohne erweckt werden. Wir werden ihm als dem ältesten Mitglied deiner Familie willfahren müssen. Warte also einen Augenblick, er ist sogleich am Leben." Der König sagte: "Nein, das will ich nicht. Das will ich auf keinen Fall, das will ich nicht." Er sagte das, denn der verstorbene ältere Bruder war ein sehr guter und beliebter Dorfchef gewesen, während er selbst rauh und unbeliebt war. Wenn nun der ältere Bruder wieder lebendig geworden wäre, so wäre es mit seiner Macht zu Ende gewesen. Der Häuptling sagte also aus diesem Grunde: "Nein, das will ich nicht." Kallondji sagte: "Das geht aber nicht anders. Entweder alle oder keinen, denn man kann nicht so unhöflich sein, einem so angesehenen Manne wie deinem ältesten Bruder den Vortritt vor einem so jungen Fant wie deinem gestern verstorbenen Sohn zu verweigern." Der Häuptling sagte: "So will ich, daß keiner erweckt wird." Kallondji sagte: "Und wer bezahlt mich dann?" Der Häuptling sagte: "Ich habe die Sache angeregt und werde dir deswegen zahlen, was ich versprochen habe." Kallondji sagte: "Gut denn!" Er stieg aus der Grube. Er erhielt die Bezahlung vom Häuptling und kehrte als wohlhabender Mann heim.

Kallondji starb als wohlhabender Mann. Er hinterließ eine Frau und einen Sohn, den diese Frau ihm geboren hatte. Als der Junge herangewachsen war, hatte er sehr bald sein väterliches Erbteil verschleudert. Es verblieb Mutter und Sohn nichts, als eine Stute und ein Ohrring, den die Mutter im Ohre trug. Als der Sohn Kallondjis derart fast alles verbraucht und verschwendet hatte, schalt die Mutter und sagte: "Pfui, schäme dich! Dein Vater hat durch geschicktes Lügen sehr schnell dieses Haus gefüllt und uns zu wohlhabenden Leuten gemacht. Du bist ein Taugenichts, der nichts von der Kunst seines Vaters geerbt hat." Der Sohn Kallondjis sagte: "Oho, das wollen wir erst einmal sehen."

Der Sohn Kallondjis sagte zu seiner Mutter: "Leih mir deinen goldenen Ohrring!" Die Mutter gab ihn. Der Sohn ballte ihn in einen Brei und warf den Ballen, wie man eben Pferden Medikamente gibt, dem Pferd in den Hals. Die Stute verschluckte den Ballen. — Am anderen Tage ritt er mit dem Pferde zum König und sagte: "Hier ist ein Pferd, das ist so ausgezeichnet, daß es sich nicht für einen gewöhnlichen Mann schickt. Es ist ein Pferd für einen König.



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Es macht nämlich, wenn es seinen Mist fallen läßt, immer Gold darin. Willst du es kaufen?" Der König sagte: "Das ist unmöglich. Das ist gelogen." In dem Augenblick hob das Pferd seinen Schwanz und ließ seine Pferdeapfel fallen. Der Sohn Kallondjis sagte: "Paß auf!" Er zeigte seine flachen leeren Hände, drückte einen der Mistballen auseinander und - da lag der Goldreif. Der König sagte schnell: "Was kostet das Pferd?" Kallondjis Sohn sagte: "Das Pferd kostet fünf Sklaven und fünf Sklavinnen." Der König gab dem Burschen schnell die zehn Sklaven, und damit kam der Sohn Kallondjis heim. Die Mutter sagte: "Was, so viel gewinnst du auf einer einzigen Reise?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Das ist noch gar nichts. Paß auf, was weiter kommt!"

Der König ließ für die goldmistende Stute nun sogleich einen hohen Stall bauen, der war von einer mächtigen Mauer umgeben. Die Stute war darin. Dazu wurden sieben Pferdejungen hineingesperrt und dann die Türe zugemauert. Futter fürs Pferd und Essen für die Leute ward von oben durch ein Loch in der Mauer hineingeworfen. Der Mist ward darin auf einen großen Haufen geworfen. Nach drei Monaten rief der König alle seine Sklaven und Sklavinnen zusammen. Sie mußten sich ganz nackt ausziehen, und dann mußte die ganze Reihe mit Schüttelsieben den Mist durchschütteln. Er selbst stand daneben. Aber siehe! Es kam nicht ein Krümchen Gold zum Vorschein. Der König ward nun über alle Maßen wütend und sagte: "Der Sohn Kallondjis hat mich betrogen! Ruft ihn sogleich herbei; ich will ihn töten." Einige Leute gingen hin, um den Sohn Kallondjis zu rufen.

Der Sohn Kallondjis hatte gerade einen Hammel geschlachtet und ihn aufgeteilt, als die Leute kamen. Als er sie aus der Ferne kommen sah, füllte er schnell ein langes Darmende mit Blut und band es zu. Er ging in das Haus, band es seiner Mutter um den Hals und sagte: "Nun tue nur alles, wie ich es will. Verdecke den Darm mit deinem Kleide." Er ergriff einen Kuhschwanz und steckte' ihn in die Tasche. Die Leute des Königs kamen herein und sagten: "Der Sohn Kallondjis soll zum König kommen." Der Bursche sagte: "Ich komme gern. Mutter begleite mich!" Sie kamen zum König.

Beim König war große Versammlung. Der Sohn Kallondjis kam mit seiner Mutter herein. Der König sagte: "Du hast mich mit deiner Stute in einer ganz gemeinen Weise belogen. In den Pferdeäpfeln ist kein Gold. Ich will dich töten. Die Mutter des Sohnes



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Kallondjis sagte: "Nein, töte ihn nicht! Laß ihn leben!" Darauf aber stürzte sich der Sohn Kallondjis auf seine Mutter, warf sie hin und schnitt den Darm, der um ihren Hals gebunden war, durch. Darauf floß das Blut über die Erde hin und dem König bis vor die Füße. Die Frau blieb aber wie tot liegen.

Der Sohn Kallondjis sagte (gelassen) zum König: "Nun können wir die Angelegenheit mit dem Pferd erledigen." Der König sagte: "Nein, erst wollen wir das hier erledigen! Vor meinen Augen hast du deine Mutter getötet." Der Sohn Kallondjis sagte: "Diese Angelegenheit mit meiner Mutter ist ganz unwichtig, denn die kann ich ja natürlich jeden Augenblick wieder zum Leben erwecken. Dagegen ist die Sache mit den zehn Gefangenen, die du mir für meine goldmistende Stute gegeben hast, viel schwieriger." Der König sagte: "Was, du kannst deine Mutter ohne weiteres wieder zum Leben erwecken?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Natürlich!" Der König sagte: "So tue das zuerst."

Der Sohn Kallondjis sagte: "So laß eine Kalebasse mit Wasser kommen!" Das Wasser kam. Der Sohn Kallondjis zog den Kuhschwanz hervor. Er tauchte ihn in das Wasser und sagte: "Mein Kuhschwanz, den ich von meinem Vater Kallondji empfangen habe, der ihn von seinem Vater empfangen hat - wenn du wahrhaftig mein Kuhschwanz bist, so mache diese Frau wieder lebendig." Damit schlug er auf seine Mutter, sie mit Wasser besprengend. Das wiederholte er dreimal. Dann erhob sich seine Mutter. Sie nieste. Der König fragte sogleich: "Diesen Kuhschwanz muß ich haben. Wieviel forderst du für deinen Kuhschwanz?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Der Kuhschwanz ist mir nicht feil. Außerdem ist erst noch die Affäre mit der goldmistenden Stute und den zehn Sklaven, die du dafür gabst, zu erledigen." Der König sagte: "Die Angelegenheit mit dem Pferd wollen wir vergessen. —Aber der Kuhschwanz! So ein Kuhschwanz ist eine Sache für einen König. Ein König ist sehr oft zornig und tötet dann. Zuweilen tötet er aber in der Hitze Leute, die ihm teuer sind. Alsdann ist es ausgezeichnet, wenn er mit einem solchen Kuhschwanz die Leute wiedererwecken kann! Ich will dir noch zehn Sklaven für den Kuhschwanz geben!" Der Sohn Kallondjis sagte: "Du bist König. Wenn du durchaus willst, so will ich dir den Kuhschwanz für diesen Preis verkaufen." Dann nahm der Sohn Kallondjis wieder zehn Sklaven und ging mit seiner Mutter und dem neuen Besitz heim. Der König aber erhielt den Kuhschwanz.



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Eines Tages nun war der König betrunken. Seine Spielleute waren um ihn und sangen. Er wurde immer betrunkener. Dann rief er seine liebste Frau und sagte zu ihr: "Bring mir schnell Wasser zum Trinken, sonst schlage ich dich tot." Die Frau sah die Betrunkenheit des Königs und mußte sehr lachen. Darüber geriet der König aber in sehr großen Zorn. Er sprang auf und schlug seine Frau tot. Die Dialli standen bestürzt auf und wollten gehen. Der König sagte aber: "Bleibt! Trinken wir weiter! Das ist nachher schnell geregelt, denn die Frau kann ich jeden Augenblick wieder beleben!" Die Dialli sagten: "Tue es gleich, sonst verläßt uns nicht die Angst!" Der König sagte ärgerlich: "So bringt mir eine Kalebasse mit Wasser und den Kuhschwanz Kallondjis herbei!"

Die Sklaven gingen und brachten den Kuhschwanz Kallondjis und eine Kalebasse mit Wasser. Der König tauchte den Kuhschwanz ins Wasser und sagte: "Mein Kuhschwanz, den ich von dem Sohne Kallondjis empfangen habe, der ihn von seinem Vater Kallondji empfangen hat, der ihn von seinem Vater empfangen hat - wenn du wahrhaftig mein Kuhschwanz bist, so mache diese Frau wieder lebendig!" Damit schlug er auf seine Frau, sie mit Wasser besprengend. Das wiederholte er dreimal. Aber die Frau erhob sich nicht. Darauf schlug er wieder und wieder auf die Frau, bis der Kuhschwanz, der ein alter Kuhschwanz war, kurz und klein geschlagen war. Nun ward der König über alle Maßen wütend. Er schrie: "Bringt mir sogleich den Sohn Kallondjis. Er hat mich betrogen, und ich will ihn totschlagen!"

Die Boten kamen zum Sohne Kallondjis. Der aß gerade Erdnüsse. Sie sagten zum Sohne Kallondjis: "Komm sogleich zum Könige!" Der Sohn Kallondjis steckte den Rest der Erdnüsse in die Tasche und ging mit den Boten zum König. Er wollte sprechen; der König sagte aber: "Der Bursche darf nicht ein Wort reden! Nicht ein Wort. Sowie er spricht, ist man betrogen. Bringt eine Kuhhaut herbei!" Die Kuhhaut wurde herbeigebracht. Der Sohn Kallondjis wurde hineingewickelt. Die Kuhhaut wurde geschlossen. Dann wurde das Paket noch verschnürt. Während das geschah, schob der Sohn Kallondjis noch eine Handvoll Erdnüsse in den Mund. Als das Paket fertig war, sagte der König: "So, nun kommt; wir wollen den Sohn Kallondjis ins Wasser werfen. Ich werde selbst mitgehen, um zu sehen, ob es richtig geschieht."

Der König machte sich mit den Leuten auf. Zwei Leute trugen das Paket mit dem Sohne Kallondjis auf dem Kopfe. Sie kamen



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so bis an den Uferwald. Als sie im Uferwald angekommen waren, setzte eine schwer verwundete Antilope über den Weg. Ein Jäger hatte sie angeschossen. Der König rief: "Fangt sie!" Die Leute und der König sprangen sogleich hinterher. Die, die das Paket mit dem Sohne Kallondjis getragen hatten, legten es auch auf den Weg und sprangen mit hinter der Antilope her. Das Paket lag auf dem Wege. Diulla kamen des Weges; die hatten eben den Fluß überschritten. Als der letzte der Diulla vorbeikam, steckte der Sohn Kallondjis von den Erdnüssen in den Mund und aß. Er knackte im Munde die Erdnüsse. Der Diulla hörte das, blieb erstaunt stehen und sagte: "Das Paket ißt!" Der Sohn Kallondjis sagte: "O nein, das ist kein Paket, dem man so ausgezeichnete Sachen zu essen gibt. Das ist eine Menschenlast!" Der Diulla sagte: "Was ißt du?" Der Sohn Kallondjis sagte: "Ach, ich habe viel zuviel; mach ein wenig auf, dann gebe ich dir das übrige!" Der Diulla öffnete das Paket. Der Sohn Kallondjis sprang empor. Er war viel stärker. Er stopfte den Diulla in die Kuhhaut und schnürte das Paket wieder zu. Dann ging er von dannen.

Der König kam mit den Leuten von der Antilopenhetze zurück. Die beiden Träger nahmen ihr Paket wieder auf. Der Mann im Paket schrie: "Ich bin ein Diulla; ich bin ein Diulla! Ich bin ein Diulla!" Die Leute sagten: "Daß du ein Kaufmann bist, hat der König wohl bemerkt. Außerdem hast du ihn zu sehr belogen." Sie kamen an den Fluß. Der König sagte: "Steigt in ein Boot, fahrt in jener Richtung. Werft ihn dort vor dem Strudel, wo es am tiefsten ist, ins Wasser." Die Leute taten es. Der König paßte genau auf. Als es geschehen war, sagte er: "Nun ist es gut. Kommt heim!" Der König kehrte mit den Leuten in die Stadt zurück.

Der Sohn Kallondjis war inzwischen auch heimgegangen. Er verkaufte sein gesamtes Besitztum und handelte dafür schöne Kleider und Gold ein. Eines Tages war bei dem König große Versammlung. Da begab er sich an den Hof. Er hatte ein herrliches Kleid angelegt, wie man es hier im Lande noch nicht gesehen hatte. Die rechte Hand hatte er gefüllt mit Gold. Er kam in die Halle. Alle Leute, die da waren, murmelten: "Oh, welch schönes Kleid; oh, welcher Reichtum! O wie schön!" Der König selbst hätte beinahe etwas ausgerufen. Der Sohn Kallondjis ging aber direkt auf den König zu. Er reichte kühn die rechte Hand mit dem Golde zum König hinauf und sagte: "Dein verstorbener Vater läßt dir durch mich einen guten Tag sagen. Ich habe etwas von der Erde



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da unten aufgenommen und bringe es dir als kleines Geschenk. Dort unten ist nämlich alle Erde Gold." Der König sah das Gold. Der König fragte: "Hat dir mein Vater sonst nichts gesagt?" Der Sohn Kallondjis sagte zögernd: "Ja, er hat gesagt, du möchtest ihn doch einmal dort unten besuchen und sollest mich solange als Stellvertreter hier lassen." Der König sah das Gold; er sah die herrliche Kleidung; er sagte: "Ja, ich werde mich sogleich fertig machen." Der Sohn Kallondjis sagte: "Ich bin bereit, dich dahin zu bringen und dich dann hier zu vertreten, wenn du mir versprichst, sehr bald wiederzukommen. Denn ich habe mich da unten sogleich angesiedelt und habe 20 junge Frauen zum Geschenk erhalten. Deshalb will ich bald zurück." Der König sagte: "Ich verspreche es dir."

Ehe der Sohn Kallondjis den König in die Rinderhaut einwickelte, sagte er: "Paß genau auf den Weg auf! Da, wo du unten im Wasser ankommst, da ist gerade das Tor in die andere Welt." Der König sagte: "Laß mich nur an der rechten Stelle ins Wasser werfen!" Der Sohn Kallondjis sagte: "Darauf kannst du dich verlassen!"

Der Sohn Kallondjis brachte als Vertreter des Königs das Paket mit dem König hinaus und ließ es an derselben Stelle, an der der Diulla versenkt war, ins Wasser werfen. Als es untergegangen war, nahm er die Axt von seiner Schulter, warf sie auf die Erde und sagte zu den Sklaven des Königs: "Von jetzt ab bin ich euer König!"

So ward Kallondjis Sohn König. Wenn er und sein Vater das Lügen nicht verstanden hätten, wäre das sicher nicht geschehen.


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