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Kapitel 

ERZÄHLUNGEN AUS DEM WESTSUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1922

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT DREI TAFELN

12. Der Flötenmann

Ein Mädchen wollte niemand heiraten. Das hörte ein Mann, der das Mädchen arg leiden mochte. Da verwandelte er sich in eine (Flöte) und legte sich in dieser Gestalt vor die Haustüre des Mädchens. Das Mädchen fand die Flöte, nahm sie auf, lief zur Mutter und zeigte sie ihr. Die Mutter sagte: "Du hast eine hübsche Flöte



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gefunden. Niemand hat wohl eine so hübsche Flöte im Dorfe wie du." Das Mädchen nahm die Flöte auf und mit in ihr Haus. Sie steckte sie in die Wand.

Abends badete sich das Mädchen. Da begann die Flöte zu sprechen und sagte: "Ich möchte mich auch baden." Das Mädchen sprang auf, aus dem Hause, zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ich möchte mich auch baden.' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß sie nur. Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen legte sich auf seine Tara (Bett). Die Flöte in der Wand sagte: "Ach, ich möchte mich auch auf die Tara legen!" Das Mädchen sprang auf, aus seinem Hause und zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ach, ich möchte mich auch auf die Tara legen!' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß gut sein! Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe. Lege sie nur ruhig auf deine Tara." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen nahm die Flöte von der Wand, legte sich auf die Tara und die Flöte neben sich. Die Flöte sagte: "Ach, ich möchte zwischen deinen Brüsten (= toto) liegen!" Das Mädchen sprang auf, aus dem Hause, zur Mutter und sagte: "Mutter, die Flöte hat eben gesagt: ,Ach, ich möchte zwischen deinen Brüsten liegen!' Mutter, die Flöte ist sicher ein Mann." Die Mutter sagte: "Laß gut sein! Du hast die hübscheste Flöte im Dorfe; lege sie ruhig zwischen deine Brüste." Das Mädchen ging zurück in sein Haus.

Das Mädchen legte sich auf die Tara, sie nahm die Flöte und legte sie auf den Busen zwischen die Brüste. Da ward aus der Flöte ein großer, kräftiger Mann mit einem mächtigen Fosso, den steckte er in die Bie des Mädchens und beschlief es dann. — Am anderen Morgen ging das Mädchen zu seiner Mutter und sagte: "Nun bin ich doch verheiratet, denn die Flöte war natürlich doch ein Mann. Aber es ist gut so." Da sagte die Mutter: "Siehst du!"


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