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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

24. Djengere*

Djengere ist der König aller Alledjenu. (Dies kann mißverstanden sein.) Djengere ist der König der Borileute. (Das ist sicher richtig.) Djengere kommt aber aus einem Land, das liegt weit, weit im Osten.

Dort, in dem weit weg liegendem Lande im Osten, stand ein großer, großer Baum. Der hatte eine große Höhle, in die konnten mehrere Menschen hineintreten. So groß war die Höhle. Es kamen aber nicht



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viele Menschen dahin. Die Menschen fürchteten sich. Es kamen immer nur drei Männer. Diese drei Männer traten in (oder vor?) den hohlen Baum. Und dann sprachen die drei Männer in den (oder dem) hohlen Baum. In dem Baum war die große Sache. Die große Sache sprach aus dem Baum. Sie antwortete, wenn die drei Männer etwas fragten. Die große Sache antwortete den drei Männern stets, wenn sie fragten.

Die drei Männer kamen (einmal) zu dem Baum und baten die große Sache herauszukommen. Die drei Männer sprachen: "Wir bitten dich! Komm heraus und lebe mit uns!" Die große Sache antwortete nicht. Die drei Männer baten: "Wir bitten dich! Komm heraus und lebe mit uns!" Die große Sache antwortete nicht. Die drei Männer baten und baten. Die große Sache antwortete aber nicht und sprach nicht.

Die drei Männer fragten: "Was müssen wir tun, daß du zu uns herauskommst?" Die große Sache sprach. Die große Sache antwortete: "Ihr müßt mir einen schwarzen Bullen (baki-n-sa), einen schwarzen Hahn (baki-n-kasa), einen schwarzen Ziegenbock (bakin-aquea) geben. Gebt mir das, dann ist es mir lieb und ich werde auch (eines Tages) heraustreten." Die drei Männer warfen sich hin. Die drei Männer sagten: "Wir danken! Wir danken! Wir danken!" Die drei Männer gingen.

Die drei Männer gingen hin und brachten einen schwarzen Bullen, einen schwarzen Hahn und einen schwarzen Ziegenbock. Die drei Männer schlachteten die drei Tiere. Dann gingen die drei Männer wieder nach Hause. Am andern Tage kamen die Männer wieder und brachten einen schwarzen Bullen, einen schwarzen Hahn und einen schwarzen Ziegenbock. Die Männer schlachteten die Tiere. Dann gingen sie wieder heim. Die drei Männer kamen am dritten Tage wieder und opferten wieder einen schwarzen Bullen, einen schwarzen Hahn und einen schwarzen Ziegenbock.

Die drei (einer der Erzähler sagt an dieser Stelle vier) Männer opferten. Danach kam die große Sache heraus. Die drei (oder vier) Männer saßen um den Baum vor der Höhle. Der Adjingi der Leute sprach wieder. Die große Sache trat aus der Höhle des Baumes heraus und setzte sich zu den Männern. Die große Sache sprach mit den Männern. Die große Sache sagte: "Ihr Männer merket dieses: Ich komme am Freitag (Djimoa) heraus. Freitag und Donnerstag (Alamiss) sind meine Tage. Also geht jetzt wieder heim und kommt am nächsten Freitag um die siebente Stunde abends (Almuru) wieder.



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Wenn ihr dann kommt, werde ich wieder herauskommen und werde mit euch hierüber sprechen. Nennt dann meinen Namen. Ruft mich bei meinem Namen. Ruft: ,Djengere!' Dann werde ich kommen. Tut so!" Die Männer warfen sich nieder und sagten: "Nagode! Nagode! Nagode!" (Danke.) Der Alledjenu Djengere ging wieder in den Baum. Die Männer machten sich auf den Weg und gingen wieder in die Stadt zurück.

Die Männer warteten bis zum nächsten Freitag. Als es Freitag war, gingen die Männer wieder in den Busch und setzten sich wieder an dem großen Baum mit der großen Höhle nieder. Die Männer setzten sich nieder. Einer der Männer hatte eine Goje mitgebracht. Einer der Männer hatte eine Schlagkalebasse mit Stäben mitgebracht. Die Männer setzten sich am Baum nieder. Der eine spielte die Violine. Der andere schlug die Kalebasse. Sie riefen mit dem Spiel (die Namen der Götter der Bori werden anscheinend in Takten oder Melodie, jedenfalls durch Spiel gerufen) Djengere. Die Männer sahen aber nicht die Gottheit (Alledjenu). Als die Gottheit kam, trat sie einen von ihnen mit dem Fuße. Die andern Männer sahen es nicht und fühlten es nicht. Der Alledjenu Djengere warf aber den Getretenen nieder und nahm in seinem Kopfe Platz. (Der Mann war also besessen.)

Der Besessene sah den Gott. Der Besessene begann zu sprechen. Der Besessene sprach mit dem Adjingi. Der Adjingi sprach, was er wünschte. Der Adjingi fragte den Besessenen, was er brauchte. Der Gott sprach durch den Besessenen und sagte, was er brauchte, und er sagte durch den Besessenen dem Adjingi, was nun werde (als Zukunft; Prophezeiung). Djengere sagte aber durch den Besessenen zu dem Adjingi, er solle alles das allen Leuten sagen. Der Adjingi sagte das allen Leuten. Die Leute brachten schwarze Bullen, schwarze Hähne und schwarze Ziegenböcke und sagten zum Adjingi: "Opfere diese Tiere dem Alledjenu Djengere." Der Adjingi nahm sie an und brachte die Opfer zu Djengere an den großen, alten Baum und opferte sie da.

Die Familie derer, die im weit entfernten Osten (=Gabar) so von Djengere inspiriert (wörtlich ="niedergeworfen") wurde, heißt heute noch Jan-gabar (Leute aus dem Osten). So wie es damals war, so blieb es. Wenn der Alledjenu Djengere, der oberste der Alledjenu, Opfer wünscht oder den Borileuten etwas prophezeien will, wenn er sagen will, daß dieses oder jenes Unglück durch ein Opfer abgewendet werden kann, dann verkündet er das, in Inspi-349



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ration, durch ein Mitglied dieser Familie (Jan-gabar) dem Adjingi der betreffenden Gemeinde, und der sagt alles dem Volk so, daß die Leute es verstehen.

Wenn die Djengereleute durch ihren Alledjenu inspiriert werden, kann man das daran erkennen, daß sie in großer Hast Massen von Gautar (weiße Tomaten) verschlingen und Gia (Sorghumbier) kübeiweise heruntergießen. Dann rauchen sie auch Tabak, und außerdem haben sie während der Inspiration mächtig angeschwollene Hoden.


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