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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

17. Aschama und der Boriflußübergang

Auf der andern (nördlichen) Seite des Benue lebten vordem folgende Alledjenu: 1. (1-16) Männliche Alledjenu: Adara, Jimoa, Bakoka, Babuke, Gunga, Dungudjirri, Baru, Sogo, Arri, Dauwa, Djiberri(n), Auta, Agurmaje Wauwa, Rigadja, Korro. 2. (17-24) Weibliche Alledjenu: Asana, Adama, Moremu, Nassara, Sosonni, Asumi, Kumatu, Asulpa.

Von diesen waren also die ersten sechzehn männliche, die andern acht* aber weibliche Alledjenu. Alle diese waren anfangs im Busch.



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Dauwa war verheiratet mit Nassara.
Sogo oder Sog(b)o war verheiratet mit Asumi.
Djiberri(n) war verheiratet mit Kumatu.
Wauwa war verheiratet mit Asana.
Arri war verheiratet mit Adama.
Rigadja war verheiratet mit Moremu.
Korro war verheiratet mit Asulpa.


***
Sosonni aber war Mauwakaschi (das heißt verrückt). Sie lief darum nackt umher. (Es ist eine auffallende Erscheinung, die nicht allein mit den verschiedenen psychologischen Eigenarten des Wahnsinns zusammenhängt, daß man im Sudan häufig die Wahnsinnigen, man möchte sagen einigen Ortes, prinzipiell unbekleidet umherlaufen läßt.)

Alle andern waren aber in weiße Kleider gehüllt. Sie trugen alle nichts Schwarzes an sich, waren also Farifari.

Asama (auch wohl Aschama) brachte alle diese Alledjenu von der andern (nördlichen) Seite des Benue herüber; und das kam so:

Die Alledjenu lebten drüben (im Norden) im Busch und konnten nicht herüberkommen. Sie saßen auf der andern Seite des Flusses; und auch in der Zeit, als das Wasser fiel, konnten sie nicht herüberkommen. Asama kam nun aus dem Fluß. Asama sah die vierundzwanzig Alledjenu. Asama kam zu den Alledjenu und fragte sie: "Was macht ihr denn alle miteinander hier? Weshalb sitzt ihr denn alle hier auf dem Flußufer?" Die Alledjenu sagten: "Wir möchten gern über den Fluß. Wir können aber nicht über den Fluß kommen. Der Fluß muß geschlossen werden, sonst können wir nicht herübergehen!" Asama fragte: "Ist das alles?" Die Bori sagten: "Ja, das ist alles!"Asama sagte: "Dann werde ich euch den Weg zeigen!"

Asama hob sich empor. Asama wurde höher und höher. Asama stieg auf wie eine Rauchsäule. Asama wuchs höher auf als die höchsten Bäume. Asama beugte sich weit hinüber über den Fluß. Dann ging Asama nieder an einem Ufer und trat mit dem andern Teil auf das andere Ufer. Asama lag nun über dem Flusse wie ein Regenbogen. Asama war über dem Fluß wie eine Brücke über einem Bach. Darauf



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schritten alle diese Alledjenu über Asama und den Fluß hinüber, und so kamen sie über den Benue nach dem Lande im Süden.

Mit den Alledjenu waren die Aku (hier sind die Aku-ma gemeint an das andere Ufer des Benue gekommen. Die Aku wollten auch über den Benue hinüber. Die Alledjenu gingen alle über Asama wie über eine Brücke über den Fluß. Asama sagte zu den Aku: "Macht geht auch schnell hinüber!" Aku sagte aber: "Ich brauche dieser Asama nicht. Denn ich bin selbst ein Baba mutum (großer Mann) Ich brauche diesen Asama nicht. Ich gehe allein über den Flut hinüber."Dann ging Aku auf dem Wasser des Flusses.

Als Aku auf dem Flußwasser war, kam aber Kada (das Krokodil) und packte Aku an der rechten Hand. Kada biß Aku die rechte Hand ab. Asama sah das. Asama sagte zu Aku: "Habe ich dir nicht gleich gesagt, du solltest mit meiner Hilfe über meine Brücke gehen? Hast du nun gesehen, was Kada mit dir gemacht hat? Wer ist nun der große Mann, mein Aku ?" Die Alledjenu sagten aber zu Asama: "Asama, wir bitten dich! Hilf ihm, daß ihn nicht der Kada tötet! Wir bitten dich! Hilf ihm!"Asama sagte: "Es ist gut, ich will ihm helfen; aber ich tue es nur, weil ihr mich bittet."Asama ging hierauf in das Wasser. Asama ergriff den Aku bei der Hand und zog ihn an das Südufer des Kogi (Flusses). Danach mischte sich Aku unter die Alledjenu.

Die Alledjenu traten zusammen. Die Alledjenu sprachen miteinander. Die Alledjenu kamen zu Asama und sagten: "Asama, du bist nun unser Herr! Wenn du nicht gewesen wärest, wären wir niemals über den Fluß gekommen! Du hast uns aus dem Busch drüben in dieses Land gebracht. Wo du nun hingehst, da werden wir auch hingehen. Führe uns, wohin du willst!" Asama sagte: "Ich danke euch! Ich will gern für euch sorgen. Aber seht: niemand hat mir Essen gegeben. Ich selbst habe nichts zu essen; wovon soll ich nun euch geben? Ich will mich aber umsehen. Kommt mir nach. Ich will euch führen."Die Alledjenu sagten: "Wir werden dir überallhin folgen."

Asama ging voran. Asama ging weiter in das Land (also vom Fluß weg). Die Alledjenu folgten ihm in langer Reihe. Asama ging durch den Busch hin. Die Alledjenu folgten ihm in langer Reihe. Asama ging auf das Land mit den Farmen zu. Die Alledjenu folgten ihm in langer Reihe. Asama kam zu den Farmen. Alle Alledjenu waren hinter ihm. Auf den Farmen arbeitete ein Mann. Er war ein Abaqua-Riga. Der Abaqua-Riga hob den Kopf. Er richtete sich auf.



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Er sah die lange Reihe der Alledjenu mit Asama an der Spitze. Der Mann sagte: "Was ist das? Diese Sache habe ich noch nicht gesehen. Diese Sache ist fremd. Ich will aber stehenbleiben und die Sache herankommen lassen." Der Mann blieb stehen. Der Mann wartete ab, bis Asama und die Alledjenu ganz nahe herangekommen waren.

Als Asama und die Alledjenu bei dem Manne waren, fragte der Mann Asama: "Was für Leute seid ihr? Wer bist du, der den andern vorangeht? Wer sind die andern? Wohin wollt ihr gehen?" Asama sagte: "Ich gehe an der Spitze dieser Leute, aber ich brachte sie nicht hierher. Sie kamen nicht über den Fluß. Darauf kam ich aus dem Fluß und machte mich zur Brücke. So gingen sie hinüber auf diese Seite des Flusses. Aku kam dann auch mit, als der Kada ihm die rechte Hand abgebissen hatte. So sind wir hierher gekommen. Ich habe aber nichts, um den Leuten Essen zu geben. Ich habe selbst nichts zu essen. So bringe ich denn diese Leute in eure Stadt."(Mit dieser Stadt ist das jetzige Wukari gemeint, das in alter Zeit nicht von Jukum, sondern von den "heidnischen"Haussa, den Abaqua-Riga, bewohnt war.) Der Mann sah die Alledjenu. Der Mann hörte, was Asama zu ihm sagte. Der Mann sagte zu Asama und allen andern: "Es ist gut. Kommt denn mit mir. Ihr könnt alle miteinander in meinem Gehöftwohnen."Asamasagte: "Wir kommen mit dir! Geh nur voran!"

Der Mann ging voran. Asama und die Alledjenu und Aku folgten ihm. Der Mann ging mit allen in die Stadt. Der Mann ging zu seinem Gehöft. Asama und die Alledjenu und Aku folgten ihm. Der Mann ging auf seinen Hof. Asama und die Alledjenu folgten ihm. Aku blieb draußen stehen. Der Mann sagte: "Dieses hier ist mein Gehöft. Hier könnt ihr bleiben." Asama sagte: "Sollen wir unter dem Himmel bleiben? Kannst du uns nicht ein Haus geben?" Der Mann sagte: "Was für ein Haus willst du haben?"Asama sagte: "Für mich baue ein Haus aus sana (sana ist das Sekkomattenwerk der Mande und Adamauafulbe, auch die Joruba nennen es sana, haben aber diese Wandart früher nicht gekannt; die Jukum nennen es Akun). Das ist gut für mich!" Der Mann sagte: "Das sollst du haben." Der Mann brachte Stangen und Sekko und baute ein Haus auf aus einer Sekkowand mit einem Dach darüber. Asama ging in das Haus und sagte: "Dieses Haus ist gut für mich!"(Asama wohnt also im Sekkomattenhaus!)

Der Mann fragte Asama: "Was ist nun mit diesen Leuten (den Alledjenu)? Wollen wir nicht ein Haus für sie suchen?"Asama



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sagte: "Es ist sehr gut, wenn du das tust! Suche ihnen ein gutes Haus!" Der Mann sagte: "Sie müssen also ein anderes Haus haben als du?" Asama sagte: "Ja; baue diesen Leuten ein gutes Haus, denn die Leute kommen von weit her." Der Mann sagte: "Die Leute sollen ein anderes Haus haben." Dann rief der Mann seine Leute und brachte Lehm und Wasser. Er bereitete alles zu; dann begann die Arbeit. Der Mann baute ein großes Haus mit Wänden aus Lehm. Es war ein großes Haus und nur für die Alledjenu. Der Mann fragte: "Ist das gut?"Asama sagte: "Es ist recht gut." Dann gingen die Alledjenu in ihr Haus. (Alledjenu wohnen also im Lehmhaus!)

Der Mann ging und bereitete Bier. Er kam zu Asama und brachte das Bier. Asama fragte: "Was ist das?" Der Mann sagte: "Das ist Gija (Bier)."Asama sagte: "Laß das! In meinem Land wird kein Bier getrunken!" Der Mann fragte: "Was willst du denn zu essen haben?" Asama sagte: "Laß mir Furra (Mehlklöße) mit Pfeffer und Tschita bereiten. Mische das und bringe mir das. Das ist das, was ich in meinem Lande gewohnt war zu essen. Anderes brauche ich nicht." Der Mann sagte: "Das sollst du haben." Der Mann bereitete das Furra und daraus den Brei und brachte den Brei Asama. Asama sagte: "Es ist gut so. Ich danke dir."

Der Mann fragte: "Was essen denn deine Leute (die Alledjenu)?" Asama sagte: "Gib ihnen nur Tschikaffa (Reis) und Djoro (Pennisetum) sowie Suma (Honig). Bier trinken sie auch nicht. Schlachte ihnen aber Sakara-ja (roten Hahn) oder Rago (Schafbock). Stoße das Korn im Mörser. Mische das Mehl mit Honig und füge das Fleisch des Hahnes oder Widders dazu. Dann koche es. Das ist das Gericht, welches den Alledjenu am liebsten ist." Der Mann sagte: "Das sollen deine Leute erhalten." Der Mann ging hin. Er brachte das Essen für die Alledjenu. Die Alledjenu aßen.

Als die Alledjenu gegessen hatten, fragte der Mann den Asama: "Wo willst du mit all diesen Leuten noch hinziehen?"Asama sagte: "Wo sollen wir hingehen? Wenn ihr uns gut haltet, wenn ihr uns genug zu essen gebt, können wir bei euch bleiben. Die Sache ist dann nicht unsere, sondern eure (soll heißen, entscheidet ihr darüber) !" Der Mann sagte: "So bleibt bei uns. Wir wollen euch immer zu essen geben, was ihr braucht." Asama sagte: "Es ist gut. Wir bleiben!"

Der Mann ging. Der Mann kam wieder zu Asama zurück und sagte: "Was ist es mit Aku? Aku steht noch draußen vor dem Gehöft." Asama sagte: "Ich will hinausgehen und mit ihm sprechen."



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Asama ging hinaus. Asama sagte zu Aku: "Die Alledjenu und ich bleiben hier. Komm, bleib mit uns zusammen!" Aku sagte: "Nein, ich mag diese Abaqua-Riga nicht! Ich will nicht mit euch zusammenbleiben, denn ihr trinkt kein Bier. Ich gehe lieber zu den Jukum. Die Jukum sind mir angenehmer. Bei den Jukum bekomme ich dann mein Bier!" Aku ging weg zu den Jukum. Der Mann sagte zu Asama: "Halte diesen Aku nicht zurück. Laß diesen Aku allein gehen. Geht auch nicht mit dem Aku fort. Bleibt ihr andern bei mir. Wollt ihr andern denn bei mir bleiben?" Asama sagte: "Wir wollen diesen Aku fortgehen lassen. Der Aku ist anders als wir es sind. Wir andern wollen aber bei dir bleiben." So blieben Asama und die Alledjenu in dem Gehöft des Abaqua-Riga wohnen. Aku aber kam auf diese Weise zu den Jukum.

Asama und die Alledjenu wohnten nun bei den Abaqua-Riga-Manne. Die andern Leute der Stadt sahen das. Die andern Leute der Stadt sprachen unter sich: "Soll denn dieser eine Mann alle für sich allein haben?" Die andern Leute kamen zu dem Manne, bei dem Asama und die Alledjenu wohnten. Die andern Leute sagten zu ihm: "Abokina (mein Freund)! Du hast jetzt viele Fremde bei dir. Willst du nicht jedem von uns einen Alledjenu überlassen? Glaubst du nicht, daß für jeden Alledjenu besser gesorgt werden kann, wenn jeder sein eigenes Gehöft hat?" Der Mann sagte: "Dies ist nicht meine Sache (zu entscheiden). Ich will aber Asama fragen."Der Mann ging zu Asama und sagte: "Die angesehenen Leute der Stadt sind zu mir gekommen und haben mich gefragt, ob ich nicht jeder angesehenen Familie einen Alledjenu überlassen wolle. Das ist nicht meine Sache. Sage du mir die Antwort!" Asama sagte: "Das ist auch nicht meine Sache. Ich will aber mit den Alledjenu sprechen. Sie können sagen, was sie wünschen." Darauf ging Asama zu den Alledjenu und sagte: "Die angesehenen Leute der Stadt sind gekommen und haben gebeten, daß jeder von euch in eine angesehene Familie kommen möchte." Die Alledjenu sagten: "Dann sollen wir also auseinander gehen?"Asama sagte: "Ihr könnt selbst sagen, was ihr wollt." Die Alledjenu besprachen sich. Die Alledjenu sagten: "Es ist gut; jeder von uns wird nun in ein eigenes Haus gehen. Es soll aber gut für uns gesorgt werden."

So zerstreuten sich die Alledjenu unter die einzelnen Familien der Abaqua-Riga. Zu den Jukum ging aber keiner. Zu den Jukum ging nur Aku.


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