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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 3

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON MA'N IBN ZAÏDA UND DEM BEDUINEN

Einst zog Ma'n ibn Zâïda mit seinen Genossen auf die Jagd; da trafen sie auf ein Rudel Gazellen. Sie trennten sich bei der Verfolgung des Wildes, und Ma'n blieb allein, während er hinter einem Tiere herjagte. Als er es erlegt hatte, stieg er ab und schlachtete es, und da erblickte er einen Mann, der auf einem Esel aus der Wüste auf ihn zukam. Er bestieg sein Roß wieder, ritt jenem entgegen, grüßte ihn und fragte ihn: ,Woher kommst dw' Der Fremde gab zur Antwort: ,Aus dem Lande der Kudâ'a, wo zwei Jahre lang Dürre geherrscht hat; aber in diesem Jahre war es fruchtbar, und da legte ich mir ein Gurkenfeld an. Das trug vor der Zeit Frucht, und nun habe ich die Gurken, die ich für die besten hielt, gepflückt und bin auf dem Wege zum Emir Ma'n ibn Zâïda; der ist wegen seiner Freigebigkeit bekannt, und seine Wohltaten werden weit und breit genannt.' Da fragte Ma'n: ,Wieviel hoffst du von ihm zu erhalten?' Der Beduine erwiderte: ,Tausend Dinare!' Weiter fragte der Emir: ,Wenn er dir aber sagt, das sei zuviel?' ,Dann verlange ich fünfhundert Dinare.' ,Wenn er dann wieder sagt, zu teuer?' ,Dreihundert Dinare!' ,Und wenn er dann noch sagt, zu teuer?' ,Zweihundert Dinare!' ,Wenn er nochmals sagt, zu teuer?' ,Hundert Dinare!' ,Und wenn er wieder sagt, zu teuer?' ,Fünfzig Dinare!' ,Und wenn er auch dann noch sagt, zu teuer?' ,Dreißig Dinare!' ,Und wenn ihm sogar das zu viel ist?' Da sagte der Beduine: ,Dann lasse ich die Füße meines Esels in seinen Harem treten und kehre enttäuscht, mit leeren Händen zu meinem Volke heim.' Lachend trieb Ma'n darauf sein Roß weiter, bis er seine Schar wieder erreichte und



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mit ihr zu seinem Schlosse heimkehrte. Dort sprach er zu seinem Kammerherrn: ,Wenn ein Kerl mit Gurken, der auf einem Esel reitet, zu dir kommt, so fahre ihn zu mir herein.'

Nach einer Weile kam jener Mann, und der Kammerherr ließ ihn ein. Als er zum Emir Ma'n eintrat, bemerkte er nicht, daß der es war, dem er in der Wüste begegnet war; denn Ma'n saß da, in majestätischer Würde, umgeben von vielen Eunuchen und Dienern, auf seinem Staatssessel inmitten seiner Herrscherherrlichkeit, während sein Gefolge zur Rechten und zur Linken und vor ihm stand. Als der Beduine den Gruß gesprochen hatte, fragte der Emir ihn: ,Was ist's, das dich hierherführt, Bruder Araber?' Er gab zur Antwort: ,Ich habe meine Hoffnung auf den Emir gesetzt und ihm Gurken vor der Zeit gebracht!' Als Ma'n fragte: ,Wieviel erwartest du von uns?' erwiderte der Beduine: ,Tausend Dinare!' Der Emir aber sagte: ,Das ist zu viel.' Jener darauf: ,Dann fünfhundert Dinare!' ,Zu viel.' ,Dreihundert Dinare!' ,Zu viel.' ,Zweihundert Dinare!' ,Zu viel.' ,Hundert Dinare!' ,Zu viel.' ,Fünfzig Dinare!' ,Zu viel.' ,Dreißig Dinare!' Als Ma'n auch dann wieder sagte: ,Zu viel', rief der Beduine: ,Bei Allah, jener Mann, der mir in der Wüste begegnet ist, hat mir Unglück gebracht. Ich werde doch nicht unter dreißig Dinare heruntergehen!' Da lachte Ma'n und schwieg still; und so erkannte der Araber, daß er jener Mann war, den er in der Wüste getroffen hatte, und er sprach zu ihm: ,Hoher Herr, wenn du mir nicht die dreißig Dinare gibst, du weißt, da ist der Esel an die Tür gebunden, und da sitzt Ma'n!"Ma'n aber lachte, bis er auf den Rücken



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fiel; dann rief er seinen Verwalter und sprach zu ihm: ,Gib ihm tausend Dinare und fünfhundert und dreihundert und zweihundert und hundert und fünfzig und dreißig, und laß den Esel angebunden, wo er ist!' Da erhielt der erstaunte Beduine zweitausendeinhundertundachtzig Dinare - Allah hab alle die großmütigen Männer selig!

Ferner wurde mir auch berichtet, o glücklicher König,


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