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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

a) Kulturbeziehung, Vorgeschichte, Geschichte, Machtbereich, Sprachbeziehung

Jenes Landgebiet, welches südlich der Mitte des Benuelaufes zwi-Jschen Jola und Lokodja liegt, besitzt durch bestimmte geographische Sonderheiten von vornherein die Vorbedingungen, eigenartige völkerkundliche Verhältnisse zu zeitigen. Von den Kameruner Gebirgen fließen hier dem Benue drei Flüsse zu: der Katsena, der Dongo, der Taraba -alle drei nicht nur einen guten Teil des Jahres hindurch der eingeborenen Schiffahrt zugänglich, sondern vor allem den Landbau fördernd, da sie mit ihren zahlreichen Nebenadern dies höhere, ununterbrochen durch Berge flach ausgedehnte Land sowohl bewässern als entwässern, so daß sie im Wechsel der Jahreszeiten dazu beitragen, die Fruchtbarkeit des Landes beträchtlich zu fördern.

Auf dieser Fläche hat sich einst in alter Zeit ein berühmtes Reich mit einem Hauptorte in der Mitte ausgedehnt, das in mancher alten Chronik Afrikas verzeichnet ist und über dessen Bedeutung viele Sagen umlaufen, im Lande selbst, wie in der Erinnerung von Völkern, die weitab wohnen. Das Volk, das dieses Reich einst gründete, führt heute den Namen Jukum, auch Djukum oder Djikum und Juku genannt -je nach dem Dialektspiel -, das Reich selbst hieß Kororofa. Als "Kororofa" war auch die alte Reichshauptstadt bekannt, die zwischen Taraba und Donga lag. Die Ruinen sind heute noch wahrnehmbar.

Manche Sage hat sich an den altehrwürdigen Platz geknüpft. Kein Kaufmann wagt dort zu übernachten, weil die Geister der Städte dort umgehen, weil nachts Schellen und Glocken erklingen, wie aus der deutschen Stadt, die im See versank. — Es muß schon seine Richtigkeit mit dem Ruhm der alten Kororofapracht haben, denn einige sehr hübsche vorhistorische Bronzeringe usw. erhielt ich mit der Erklärung, daß man solche Arbeit aus einem Gräberfeld Altkororofas gewänne.

Es ist diese blühende Zentrale hier um so interessanter, als dieses Reich im wesentlichen inmitten einer Völkerwelt liegt, die heute jedenfalls keinerlei innere Veranlagung zu Stadt- und Reichsgründungen mehr zeigt.

Im Norden die zersplitterten Stämme Bautschis, im Westen die weite Fläche der unverträglichen, zanksüchtigen, als Menschenfresser (fälschlich allerdings) verschrienen Muntschis, im Süden und Osten teilweise Bergstämmchen vom Typus meiner Togo- und Kamerunäthioper und Schamba, über die ich heute noch nichts Rechtes sagen kann, die aber in Donga, wo ich sie kennen lernte,



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nicht gerade den Eindruck eines kulturell höher entwickelten Volkes machen.

Also liegt eine ergänzende und erklärende Kulturparallele im näheren Umkreis heute nicht vor. Was die Jukum über ihre Vergangenheit zu sagen haben, ist recht wenig, wie wir nachher sehen werden. Aber erfreulicherweise geben schon einige sprachliche Übereinstimmungen Veranlassung, einem eventuellen ursprünglichen Zusammenhang mit den Joruba nachzuspüren. Und in der Tat werden wir mancherlei Belege dafür finden, daß hier Erbschaft aus dem Westflügel der Jorubaphalanx, aus dem Jigbirrareiche, angenommen werden kann.

Der Benue bietet eine ganz natürliche Verbindungsstraße, die einen Verkehr mit den Jorubaländern auch trotz der dazwischenliegenden gefährlichen Muntschiländer ermöglicht. Ob die staatengründenden Jorubakolonisten schon ein älteres Fundament, etwa das alte zerfallene Mauerwerk eines Tschambareiches, vorfanden, darüber werden wir erst später urteilen, und ich darf heute schon sagen, daß hierfür manches Wesentliche, sogar recht Wesentliches spricht.

Daß wir uns aber in diesem Jukumgebiet unbedingt noch im Einflußkreise der alten Nupe-Jorubakultur befinden, dafür spricht die Verbreitung des frontalen kleinen Bogens, der vom unteren Niger über Bassa, Muntschi und auch Jukum hinweg, genau bis an die Ostgrenze der Ausdehnung dieses Volkes reicht. Dagegen deutet ein inneres tiefwurzelndes Religionssystem, "die Büffeitradition", und die formale Ableitung aller tierischen Holzmasken von der Büffelform auf eine Beziehung zu den Tschamba, die heute noch die Ausgangsformen besitzen dürften.

Gewinnen wir durch solche Überlegungen eine gewisse Perspektive über die ursprüngliche Keimkraft dieses Kororofareiches und füge ich noch hinzu, daß die Jukum durch den Besitz alter wichtiger Metailminen (Zinn, Silber und Bleiglanz) außerordentliche Anziehungs-und Machtmittel gewannen, so wird die spätere Entwicklung durch das Eingreifen zweier anderer Volks- und Kulturelemente das Aufblühen des alten Reiches noch verständlicher machen. Die beiden Kultur- und Volkselemente, die mit außerordentlichem Krafteinsatz die günstigen Vorbedingungen ausnutzten, waren einmal im Haussastamm die sog. Abaqua-Riga (abaqua =halb, riga =Kleid) oder gekürzt Aquariga, dann die Kanuri unter mehreren Bornukönigen.

Schwer ist es zu erkennen, in welcher Zeit und Periode sich die Aquariga in Kororofa ansiedelten, leicht aber, ihren eminenten Einfluß auf die Jukumkultur zu erkennen. Ich konnte nur mit aller Sicherheit feststellen, daß vor vielen (sicherlich vor fünf bis sechs) Jahrhunderten die Aquariga eintrafen, daß ihr Grundstock nur aus



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wenigen, allerdings gliederreichen Familien bestand -die Angaben schwanken zwischen zehn und zwanzig - und daß sie später um so kopfreicher wurden, als vielerlei andere Splitter aus verschiedenem Haussablute dazukamen. Die Heimstätte, die der Herrscher Kororofas den ersten Haussaeinwanderern anwies, ist kein anderer Ort, als das heutige Wukari. Hier begann das emsige Volk aus dem Norden seine Tätigkeit als Händler und als Feldbauern. Einer nicht unwahrscheinlichen Angabe zufolge sollen diese Einwanderer das in der Regenzeit allzu sumpfige Wukarigebiet durch Anlage von Teichen, in denen Fische gezüchtet wurden, einerseits entwässert, anderseits besiedelungsfähig gemacht haben. Vor allem aber organisierten diese Haussa den Bleiglanzhandel, so daß noch weiter als schon vordem das Schmink- und Sanitätsmetall aus der Jukummine Arufu den Sudan eroberte.

Mit diesen durch Arbeit und Emsigkeit erworbenen Machtmitteln schufen sie dann die Bedeutung Wukaris, so daß die Jukum, als sie von den Koana und Tschamba allzu emsig bedrängt wurden, sich in die Stadt jener Haussa zurückziehen konnten, die sie einst als einen kleinen Ort seinerzeit den heimatlosen Haussaflüchtlingen zur Zufluchtstätte großmütig überlassen hatten. Aber bis dahin hatten sich den ersten Aquariga viele, viele andere Familien angegliedert, so daß die Städte im Donga- und Katsenagebiet weithinein bis nach Kamerun durch Zuzügler aus dieser Quelle des Nordens neue, kräftige Elemente aufsogen.

Die nachströmenden Haussa waren nun natürlich zum großen Teil schon Anhänger des Islam. Jene ersten Einwanderer aber, die die Größe Wukaris gründeten, hatten ihre alte Religion, den Bori, mit ins Land gebracht; sie haben mit ihm einen starken Einfluß auf die einheimischen Anschauungen und Sitten ausgeübt und einen wenn auch vielleicht lokal modifizierten, so doch glänzend erhaltenen Schatz für das Religionsstudium bewahrt. Aus dem Bestande dieser prächtigen Überlieferung können wir erkennen, wie altertümlich diese Anschauungen, wie interessant die vorislamitische Religion der Haussaländer und wie alt die Einwanderung der ersten Aquariga sein muß.

Wieder eine ganz andere Bedeutung hatte die Beziehung zu dem fernen Bornukönige. Über diese etwa dem 16. Jahrhundert angehörigen, also für Afrika auch schon verhältnismäßig alten Vorgänge bestehen sowohl allerhand Sagen als auch mehr oder weniger wunderliche Aufzeichnungen, von denen ich einiges im Original retten konnte.

Manches hiervon wissen wir ja auch aus der Bornuchronik und den Aufzeichnungen unserer großen Bornuforscher. Es ist wesentlich, diese Angaben miteinander zu vergleichen, und höchst interessant, die Angaben des Kanurichronisten, der seinen Herrscher zu



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einem gewaltigen Kriegshelden stempeln wollte, von Wukari aus berichtigen zu können. Nach den Aufzeichnungen der gelehrten Korofa, die zwar dem Islam auch anhingen, aber ihren heidnisch-gewaltigen Ruf mehr schätzten als die Glorie des Islam, geht vor allen Dingen hervor, daß die Bornukönige überhaupt nie Krieg gegen Kororofa führten. Die Tradition berichtet, daß nach dem siegreichen Kriege der Kanuri gegen die Haussakönige der Herrscher Bornus mit dem König Kororofas Freundschaft schloß und ihn in seiner Hauptstadt besuchte. Der Kanurikönig ließ es aber hierbei nicht bewenden. Vielmehr knüpfte er ein sehr festes Band mit jenem Lande des Südens an, und zwar um eine Verbindungsstraße zum Atlantischen Ozean zu gewinnen.

Hier erlangen wir einen Einblick in die Verhältnisse des alten Sudan, und niemand wird die Größe dieser Gedanken verkennen können. Der Bornukönig soll auf dieser Reise über die Pracht des Südens erstaunt gewesen sein, und da er mehrere Male große Schwierigkeit mit den Bewohnern der Sahara und mit der Aufrechterhaltung der Ordnung auf der Fezanroute gehabt hatte, beschlossen haben, einen Weg nach dem atlantischen Westen zu bauen. Und in der Tat kann man hier und da alte, außerordentlich lang hingezogene, etwa drei Meter hohe und dreißig Meter breite Geländeerhebungen erkennen, denen man die Ähnlichkeit mit einem Straßenzüge nicht absprechen kann und die als Werk dieser Bornukönige bezeichnet werden. Diese alte Bornustraße soll vom zentralen Jukum nach Katsena-Ala und dem oberen Krosofluß geführt haben.

Wie gesagt, weiß die Jukumtradition nichts von einem Kriege mit Bornu zu berichten, wohl aber von einem Feldzug, den beide gemeinsam gegen die Völker im Osten unternahmen. Wie schon erwähnt, wohnen im Osten des Jukumgebietes die Tschamba und die anscheinend diesem Völkerkreis zuzuzählenden Koana usw. Das eigentliche Tschambaland soll seine Selbständigkeit den Jukum gegenüber nie eingebüßt haben, wogegen das Gebiet der Koana eine lange Zeit den Kororofas untertänig war.

Die Sage oder die einem Manuskripte nacherzählte Überlieferung berichtet nun, daß die Koana eines Tages aufständig geworden seien. Die Veranlassung dazu ist sogar bekannt. Diese soll ein Bergwerk im Grenzgebiet zwischen der Jukummachtsphäre und dem Tschambalande geboten haben. Die Koana wurden besiegt, aber sie "versteckten den Weg" zu den Minen. Man soll ihn nie wieder gefunden haben. Ich habe natürlich meinen Berichterstatter mehrfach gefragt, welche Art Metalle in diesen Minen gefunden worden sei, habe aber keine andere Antwort erhalten als "Tschinkall". Was das bedeutet, werde ich an anderer Stelle berichten. Soviel aber scheint mir sicher, daß der Kriegszug des Bornuchronisten gegen die



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Jukum mit diesem anscheinend sehr bedeutungsvollen Minenfeldzug identisch ist.

Daß Bornu eine große Rolle in der Kulturentwicklung dieser Länder spielte, geht aus vielem hervor. Noch heute findet man bei den Kamberri, Kutigi (im Nupeland), in Lafia-Berriberri (Provinz Keffi) und in Wukari zahlreiche Familien, die die typische Kanuritätowierung zeigen und sich auch sehr wohl erinnern, aus Bornu zu stammen. Vielerorts, wie in Wukari, nehmen diese Leute eine angesehene Stellung ein, wissen mit Stolz zu erzählen, daß ihr Großvater noch die Heimatsprache habe reden können und daß dies Land der Jukum einst längere und tiefere Freundschaft mit den Bornuherrschern gehalten habe als mit den Haussafürsten, mit deren manchen (wie z. B. mit denen von Bautschi) die Kororofaherrscher immer in Fehde lagen -weil Kororofa dort Sklaven fing.

Da aber aus Gründen, die ich später erklären will, allen Sudanfürsten daran liegen mußte, mit Kororofa in gutem Einvernehmen zu stehen, so buhlten sie alle um diese Freundschaft, die aber eigentlich nur Bornu genossen haben kann. Das gewaltige Übergewicht Bornus kann man z. B. an Einzelheiten sehen, wie an der Ausrüstung der Reiter. Der Sattel, die Steigbügel, das Vorderzeug, jede "Schnalle" genau wie bei den Kanuri. Nirgends der breite Haussasteigbügel oder der Satteiknauf der Haussa! Die Linie dieser Verbreitung werden wir später weiter verfolgen.

Hören wir die Jukum sonst noch über ihre Vergangenheit. Sie nannten ihr altes Reich Adje-bubanka, ihr König führte den Titel Wuasun. Die Bezeichnung Kororofa war früher nur den Haussa eigen. Das eigentliche Wukari im Jukumsinne war die alte jetzt zerstörte Hauptstadt westlich des Taraba. Das heutige Wukari hatte vordem den Namen Tschika. Als die Jukumherrscher vor jetzt noch nicht hundert Jahren von den Denji (Tschamba Dongas) verjagt wurden, ließen sie sich wie gesagt in Tschika nieder, und damit gewann unser Wukari erst seinen heutigen Namen.

Die Geschichte der Jukum beginnt mit mystischen Vorgängen und Persönlichkeiten. Die entsprechende Sage lautet folgendermaßen:

Afuma (oder Afuman) hat Wukari gemacht. Afuma war der erste. Niemand war vor Afuma da. Afuma selbst war im Himmel. Er kam vom Himmel herab. Er wollte vom Himmel zur Erde herabkommen. Und Afuma kam zur Erde herab. Er kam am Spinnefaden herab. Indem Spinne (Tsafin) vom Himmel zur Erde herabkam, zeigte sie Afuma den Weg. Dann ging sie aber wieder zum Himmel herauf, als Afuma noch auf der Erde war, und zeigte ihm so nicht den Rückweg. Afuma mußte also auf der Erde bleiben. Er suchte erst nach dem Wege, dann aber legte er sich unter einem Akui (dem Gaude der Haussa entsprechend) nieder, um da zu schlafen.



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Unter diesem Baume schlief auch eine Frau. Afuma traf die Frau unter diesem Baum. Die Frau hatte keine Geschlechtsteile. Trotzdem wurde die Frau schwanger; sie wurde am Knie schwanger. Es kamen zwei fremde Männer vorüber. Der eine hatte eine Lanze, der andere hatte einen Sack. Der Mann mit der Lanze kam dahin, wo Afuma mit der Frau unter dem Baum waren. Die Frau konnte aber nicht gebären. Darauf kam der Mann mit der Lanze. Er nahm ein Messer und schnitt den Leib der Frau an beiden Seiten, dann bei den Geschlechtsteilen auf. Darauf ward ein Junge geboren. Der Junge wuchs täglich. Er wurde schnell größer. Schon gleich nach der Geburt lief er allein in den Busch und spielte dort. Der Junge hieß Adi oder Adin. Er war sogleich groß. Er schnippste (eines Tages) spielend mit dem Finger. Sogleich kam ein Haus aus der Erde. Dazu kamen Männer, Frauen, Sorghum und Wasser hervor. Dann kam auch Sando (das Kaninchen; in Haussa=Somo) hervor.

Sando kam zu Afuma. Sando sagte zu Afuma: "Dein Sohn hat eine Sache gemacht; ich weiß nicht, was es ist, aber ich muß es dir sagen." Afuma hörte es.

Adi hatte bald eine große Stadt gemacht. Sie war gefüllt mit Männern und Frauen. Adi machte jeden Tag Häuser. Jeden Tag ging er in den Busch, in dem seine Stadt war. Abends ging er dann unter den Baum zu seinem Vater Afuma.

Adi wußte nicht, daß das Kaninchen seinem Vater schon erzählt hatte, was er im Busch trieb. Afuma fragte eines Tages seinen Sohn Adi: "Warum läufst du den ganzen Tag im Busche herum und ißt nichts und kommst abends erst wieder heim?"Adi sagte: "Ich tue nichts; ich spiele nur mit Vögeln und Tieren." Der Vater sagte: "Du lügst" (das ist wörtlich; unter "du lügst" muß aber hier verstanden werden: "du verheimlichst etwas; das "Lügen" hat bei den Negern einen ganz andern Sinn wie bei uns; es liegt kein eigentlich ethischer Vorwurf in diesem Ausdruck). Der Vater sagte weiter: "Was du da im Busche gemacht hast, das bringe mir hierher; ich will es gern sehen." Adi sagte: "Es ist recht."

Adi ging am andern Tage zurück in den Busch. Er nahm die Häuser, Männer und Frauen, die ganze Stadt und die Farmen und die Bäume, um sie seinem Vater zu zeigen. Der Vater rief Adi. Adi antwortete: "Wenn ein Mann ein Kind gebiert, kann das Kind doch klüger sein als der Vater." Der Vater sagte: "Du bist ein guter Mann. Bleibe in deiner Stadt. Ich will aber wieder an meinen alten Platz im Himmel zurückgehen."

Der Vater Afuma ging wieder in den Himmel zurück. Adi nahm aber seine Mutter mit in seine neue Stadt. Adi baute ihr ein gutes Haus. Alle Leute lebten gut; sie hatten viel Essen und Trinken. Adi lebte mit seiner Mutter lange unter ihnen. So entstand die Stadt



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Wukari, die von Anfang an diesen Namen trug. (Das alte Kororofa also, das heute am Taraba in Trümmern liegt.)

An diese sehr wertvolle Schöpfungs- und Ursprungssage knüpft die Jukumtradition dann folgenden Stammbaum an:

i. Adi, Schöpfer und erster Wuasun =König der Stadt Wukari (oder Kororofa),

2. Tschanja,

3. Anutschi, drei Söhne Adins, regierten der Altersfolge nach,

4. Anju,

5. Uakan soll ein Enkel Adins gewesen sein. Von diesem Wuasun an konnte mein Berichterstatter nicht mehr die Verwandtschaft zusammenhängend angeben,

6. Njadon, 17. Sike-aschu,

7. Kudju-uanji, 18. Nanto-Seko,

8. Taku, 19. Ganju,

9. Adjo-ako, 20. Seke-audu-kujon,

10. Asu-kudjako, 21. Anju-kujon,

11. Nane, 22. Adin-matsuen,

12. Ketako, 23. Adsu-manu,

13. Tapu, 24. Seke-anju,

14. Danwui, 25. Ago-manu,

15. Agoabi, 26. Audu-manu, [Wuasun.

16. Aku-mabu, 27. Agu-manu, der derzeitige

Aud-manu war der erste Herrscher, dem nicht Weib und Sklave mit ins Grab gegeben wurden. Die Reihenfolge wurde von meinem alten Freunde selbst als unvollständig angegeben. Er will etwa zehn Namen vergessen haben. Natürlich ist eine auch nur annähernde Altersfeststellung auf solcher Basis so gut wie ausgeschlossen. Noch weniger vermöchte ich irgend welche Anknüpfung einer Beziehung zu einem Bornuscheich zu finden. Wir hängen mit der Altersbestimmung also zunächst völlig in der Luft.

Immerhin lassen sich einige sehr wesentliche Momente aus diesen Angaben erkennen. Vor allem zeigt die Sage, daß die Jukum ihre Entwicklung aus einer Stadtkultur herleiten, wie solche bei allen Stämmen zwischen Zentraltogo und Nordwestkamerun, also allen Stämmen, die in irgend einer Beziehung zu dem zentralen Kulturblock der Joruba stehen, heimisch ist. Zum zweiten erkennen wir eine eigenartige Beziehung zu mythologischen Stoffen (hier Spinne, dort Kaninchen), die recht bedeutungsvoll sein dürfte, und drittens endlich muß die Gründung Kororofas weit vor der islamitischen Zeit liegen. Diese letztere Tatsache wird durch eine andere Überlieferung bestätigt, die ich auch in einem alten Manuskript festgelegt heimsenden konnte. Ihr zufolge haben die Bornuleute und die Jukum einmal eine große Probe veranstaltet, um festzustellen, wer



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über die wuchtigeren und gewaltigeren magischen Kräfte verfüge. Bei diesen Vorführungen wurde dann das Jukumvolk als das im Tschamanentume überlegene erkannt.

Ganz außerordentlich schwer ist es fernerhin, etwas über die einstige Ausdehnung des Jukumreiches zu sagen. Wir müssen uns mit wenigen Anhaltepunkten begnügen. Auf dem Nordufer des Benue soll eine Jukumstadt Uassei-tofa im Nasse-i-Distrikt des Bautschilandes liegen. Dort ist die Jukumsprache noch erhalten und die Jukuin heißen dort Batschi oder Badji. Nach Osten zu gilt Dampass respektive Mutumbisu als äußerster Ort heutiger Jukumverbreitung. Die Koana sollen früher, wie gesagt, einmal unterworfen gewesen sein, haben selbst aber keinerlei Beziehung zu den Jukum. Nach Westen hin herrschen Jukumfamilien oder Jukumhäuptlinge, deren Nachfolger immer von Wukari aus bestätigt werden müssen, über Muntschidörfer. Aber der Zusammenhang ist sehr gelockert, wie überhaupt die staatliche Kraft der Jukum so gut wie aufgebraucht ist.

Sehr eigenartige Auskünfte über die entferntere Sprachenverwandtschaft erteilen die eingeborenen "Linguisten". Einmal wurde mir versichert, die Kontasprache im deutschen Kamerun sei ein Jukumdialekt.

Die Behauptung, daß alle Denji-, Tschamba- und Kontschaleute Jukum sprächen, ist dadurch zu erklären, daß in Donga z. B. Jukum über Tschambastämme herrschen. Wenn behauptet wird, daß Tukari und Jukum die gleiche Sprache sei, so muß dazu bemerkt werden, daß die Tikari der Umgebung Takums tatsächlich früher auch unter dem Jukumdruck standen und heute noch teilweise beide Sprachen reden.

Wenn von Händlern behauptet wird, daß auf der ganzen Route von Wukari bis zum englischen Krossriver via Katsena-ala, Gaja, Orma, Obejukum gesprochen würde, so ist das vielleicht insofern wahr, als einzelne Familien oder einzelne Leute aus der alten Zeit des blühenden Verkehrs zwischen Wukari und Kalabar diese Kenntnis oder Ubung in das Jetzt herübergerettet haben. Die Angabe, daß die Tschamba, Bemenda, Bafum, Bali und Rikari eine andere Sprache sprechen, die mit dem Jukum keine oder sehr wenig vokabularische Beziehung habe, wird richtig sein.


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