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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

11. Mogo Faga Djandjina

Die Tungutu (Magier) gab es nicht nur in alter Zeit, sondern auch heute noch taucht dann und wann ein derartiger Mann auf und ist dann hochgeehrt. Allerdings waren die Jontibatu (große Magier, die Menschen töten) und die Tungutu der Vergangenheit Leute mit ganz andern Fähigkeiten als die Tungutu, die heute noch dann und wann auftauchen und zuweilen auch wohl die andern Menschen ihre Macht fühlen lassen.

So lebte vor ungefähr einem Menschenalter der recht einflußreiche Tungutu Mogo Faga Djandjina, ein Bosso, in der Bossoortschaft Geera. Schon am Kinde konnte man eigenartigste Fähigkeiten wahrnehmen, denn das Kind sprach nie ein Wort nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang. Der erwachsene Mogo Faga Djandjina behielt diese Gewohnheit bei. Er hatte eigenartige (magische) Fähigkeiten. Er konnte Menschen in Tiere, Erde in Kolanüsse, Gras in Tabak und dergleichen eines in das andere verwandeln.

So war es denn ganz natürlich, daß, wenn er eine Reise unternahm, die Leute ihm mit Geschenken auf den Straßen entgegenkamen. Und er seinerseits erwies sich auch nützlich, indem er dann, wenn irgendwo ein Verbrechen vorgekommen war, seine (magische) Kraft in den Dienst der Gerechtigkeit stellte. Brachte man ihm in solchen Fällen ein Geschenk und machte ihn gleichzeitig mit dem Tatbestande bekannt, so wußte er stets die Angelegenheit zur allgemeinen Zufriedenheit zu erledigen. Er bestrafte den Verbrecher, indem irgendwie eine unvorhergesehene Verschlechterung der Besitzverhältnisse für ihn oder irgendeine Krankheit oder gar ein plötzlicher Tod des Bösen eintrat.

Aber er verlangte auch für sich selbst volle Ehrung seiner Person und seiner Eigenschaften. Er konnte schwere Strafen herbeiführen, wenn man ihn irgendwie kränkte, ihn unwürdig behandelte oder ihn gar beschimpfte. Das beweist folgender Vorgang, den noch viele Bosso lebendig im Gedächtnis haben.

Eines Tages unternahm er eine Reise nach dem Bammanadorfe Keke. Die Bammana Kekes brachten ihm keine Geschenke entgegen.



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Im Gegenteil, sie beschimpften ihn und jagten ihn aus ihrer Ortschaft, so daß er nach dem Orte Mantang fliehen mußte. Ehe er diesen Weg aber noch zurückgelegt hatte, waren in Keke schon fünfundzwanzig Menschen eines plötzlichen Todes gestorben, so daß sich der Bevölkerung eine große Furcht bemächtigte und sogleich einige Boten abgesandt wurden, die Mogo Faga Djandjina nacheilen, ihm Geschenke überbringen und ihn um Verzeihung und Freundschaft bitten sollten.

Diese Leute machten sich sogleich auf den Weg und eilten Mogo Faga Djandjina nach. Sie erreichten ihn auch glücklich, ehe der Tungutu die Stadt Mantang betreten hatte, aber inzwischen waren weitere zwanzig Leute in Keke gestorben. Die Leute überreichten Mogo Faga Djandjina Geschenke, baten ihn um Verzeihung und im Namen der Stadt auch um seine Freundschaft. Und Mogo Faga Djandjina machte Frieden.

Wenn Mogo Faga Djandjina auf Reisen war, sorgte er dafür, nicht auf die Hilfe der Menschen angewiesen zu sein. Kam er z. B. an einen Fluß und fand nicht gleich ein Boot bereit, ihn überzusetzen, so bereitete er ein Tungu, ein Zaubermittel, und rief mit dessen Hilfe ein Nilpferd herbei, das sogleich kam, ihn auf seinen Rücken nahm und an das andere Ufer trug. Des weiteren hatte Mogo Faga Djandjina nie nötig, die Wege zwischen den Dörfern zu Fuß zurückzulegen. Es bedurfte wiederum nur eines Zaubermittels, um eine Antilope herbeizurufen, die ihn schnellstens zu seinem Ziele führte und die er alsdann vor den Mauern der andern Ortschaft entließ.

Solche Tungutu kommen auch heute noch vor. Sie können sich aber nicht mehr mit den gewaltigen Magiern der Vergangenheit messen.


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