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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

8. Die Gründung Djennes

Djenne ist von den Bosso erbaut*. Der Bosso Sunta Mori hörte, daß seine Schwester in Kumbi (oder Kumi) gestorben sei. Da machte er sich auf den Weg, um die Frau bestatten zu helfen. Erst ging er nach Tinti. Damals gab es noch nicht viele Dörfer, und so übernachtete er während dreier weiterer Tage im Busch. Am vierten Tage kam er dann aber nach Kalenkuntu. In Kalenkuntu schlief er.

Um Mitternacht weckte ihn jemand und sagte: "Wach auf! Es ist ein Alter da, der will dich sprechen. Er wartet vor der Türe." Sunta Mori sagte: "Wer sollte mich sprechen wollen? Ich kenne hier niemand." Er ging aber doch hin. Es war kein Mensch, es war ein Jine (Geist höherer Art), der hatte sich am Fuße eines Bananenbaumes gemächlich hingesetzt und wartete auf Sunta Mori. Er sagte zu Sunta Mori: "Ich weiß, du willst deine gestorbene Schwester in Kumi begraben. (NB. Kumi existiert anscheinend nicht mehr; der Ort lag etwa 20 km vom heutigen Djenne entfernt.) Begrabe deine Schwester. Dann gehe aber noch ein wenig weiter (nach Norden?) und schlage ein Haus auf, baue ein Dorf. Dort wird es dir gut gehen."

Sunta Mori reiste daraufhin nach Kumi und bestattete daselbst seine Schwester. In der Umgebung gab es nur Sirim und Dierra und sonst keine Weiler. Der Ort Dierra (der nebenan sitzende Malinke spricht stets das "Dierra" als "Gara" aus!) war gegründet worden von dem Bosso Kandari, der mit seiner Frau Tapa Malia und seinem Sohne Gallo hierher gezogen war. Sunta Mori kam zu Kantari und sagte: "Ich möchte mich wohl da vorn anbauen." Kandari sagte: "Sunta Mori, wenn dir das gelingt, wirst du einen sehr schönen Ort gründen, der einmal sehr mächtig werden wird. Die Sache hat aber ihre Schwierigkeit, und ich glaube, daß es nicht möglich sein wird, denn das Land gehört schon einem andern Könige. Immerhin versuche es doch!"



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Sunta Mori ließ nun den Busch schlagen und reinigte den Boden. Dann nahm er vier zu Luftziegeln geballte Erdklumpen und legte einen jeden nach einer Himmeisrichtung. So entstanden die vier Tore (oder Torstädte?): i. Tunamba im Osten, 2. Kobo Kaina im Westen, 3. Konife im Süden und 4. Jobboru im Norden. Man begann die Mauern zu bauen. Als man aber am zweiten Tage ansehen und fortsetzen wollte, was am ersten geschaffen war, da fand man alles eingestürzt. Und das wiederholte sich wieder und immer wieder. Stets ward in der Nacht das, was am Tage vollendet war, zerstört. Man begann immer wieder von vorn, aber man kam keinen Schritt vorwärts. Das kam aber so:

Es war da ganz dicht bei ein Sumpf mit Namen Kamm (u) nda, der gehört zum Warragewässer. Im Kamm (u) nda lebte die Jinefrau Pama. Die hatte nur eine Brust auf der rechten, aber keine auf der linken Seite. Pama war verheiratet. Eine andere Jinefrau mit Namen Uono machte sich nun einmal auf, ging auf Reisen und kam erst nach Toi; dann aber wanderte sie ins Kamm (u) nda, und in diesem Sumpfe wohnte sie mit Pama zusammen.

Pama nahm Uono sehr herzlich auf und erwies ihr jede Freundlichkeit. Als Uono nun wieder aufbrach, begleitete sie die Freundin ein gutes Stück Wegs. Als sie ein reichliches Ende von der Wohnung entfernt waren, sagte Uono: "Höre, Pama, du hast mich wohl aufgenommen, mich reichlich mit Gastfreundschaft bedacht, und so will ich dich denn, um dir meine Freundschaft zu zeigen, auf etwas aufmerksam machen. Ich habe euer Hausleben und die Umgebung eingehend beobachtet, und ich glaube fast sagen zu können, daß dein Mann ein wenig zuviel Interesse für die hübschen Bossomädchen hat. Dort oben wollen die Bosso jetzt eine große Stadt bauen; wenn ich nicht irre, stammt der Rat dazu von deinem Manne, der nachher mit den hübschen Bewohnerinnen der Stadt scherzen und dir noch untreuer werden will, als er wohl so schon ist. Also sorge dafür, daß die Stadt mit den schönen Bossomädchen nicht zustande kommt. Sonst ist es mit dem Glück in deiner Ehe ganz aus." Nach diesen Worten verabschiedete sich Uono.

Jine Pama dachte nach und fand, daß der Rat ihrer Freundin freundlich und gut gegeben sei. Sie überlegte, wie sie wohl den Weiterbau der Stadt unmöglich machen könne, und kam auf einen guten Gedanken. Pama hatte eine hübsche kleine Tochter. Zudem besaß sie einen sehr starken, gewaltigen Sklaven, den Jine Mussa. Pama rief Jine Mussa und sagte zu ihm: "Höre, Mussa, wenn du



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mir alle Tage die Mauern der neuen Stadt Djenne umwerfen willst, bis die Städtebauer ihre Absicht aufgegeben haben, so will ich dir zur Belohnung meine Tochter zur Frau geben. Du wirst es nicht nötig haben, irgendeine Gabe dafür darzubringen, als allein die Mauern umwerfen und den Stadtbau unmöglich machen."Jine Mussa sagte: "Diese Sache zu erledigen, fällt mir gar nicht schwer."

Von da an ging Jine Mussa jeden Morgen ganz früh hin, umfing mit seinen riesigen Armen das vollendete Mauerwerk und warf es um. Er war aber nicht unbeobachtet. Es war an der Stelle der Weiler Kande; in dem wohnte ein weiser Greis. Der sah jeden Morgen, was da vorging. Er sagte eines Tages zu Sunta Mori: "Du wirst deine Stadt nicht gründen können, wenn du nicht die Macht aufhebst, die deinem Werke widersteht. Ich sehe jeden Morgen den Jineskiaven Mussa dein Werk einreißen. Er tut es, um von Jine Pama ein Weib zu bekommen. Wenn du ihm nun ein Mädchen gibst, wird ihm die Arbeit unnütz werden und du kannst dein Werk vollenden!" Sunta Mori fragte: "Wie kann ich aber Jine Mussa das Mädchen zuführen?" Der Greis von Kande sagte: "Du kannst dein Ziel erreichen, wenn du deine eigene junge Tochter unter dem Tore Konife einmauerst." Sunta Mori ging heim. Sunta Moris Tochter war das schönste Mädchen. Erst hieß sie Kaja. Nachher sprach man von ihr als von Gongo Djurumuntu. Sie ward nämlich stehend in einer Grube im Boden eingemauert. Erst wurden die Füße eingemauert. Dann wurden die Beine bis zu den Lenden eingemauert. Dann wurde der Leib bis zum Halse eingemauert. Sie sprach nun ihr letztes Wort: "Das ist, weil ich nunmehr eine Sklavin bin und nicht mehr eine Freie." Deshalb nennt man sie Gongo Djurumuntu.

Kaja ward so die Frau Jine Mussas. Sie ward die Frau eines Unfreien. Jine Mussa sagte zu seiner Herrin: "Deine Tochter brauche ich nicht mehr. Ich habe ein schöneres Weib. Die Mauer laß dir von jemand anderem umwerfen. Ich bin das satt und habe nur höchstens Schwierigkeiten mit meiner Frau davon, die eine Bossofrau ist und darüber ärgerlich wird, wenn ich das Werk der Bosso zerstöre." Pama hatte aber niemand anders, der ihr das Werk des Einreißens hätte besorgen können.

So konnte denn Sunta Mori das Werk zu Ende führen, und so entstand Djenne.

Danach kam ein anderer Bossostamm nach Djenne; das waren die Niapu, die sich in Djenne und in Kobassa, nicht weit von Djenne, niederließen. Fernerhin kamen Fama-nta mit seiner Frau, dann



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Drame mit seiner kleinen Tochter dazu. Endlich war da Jonnu, der war aber noch sehr jung. Als man Speise bereitete, aß er nur den Magen von Fischen, und so erhielt er seinen Namen Jonnu. Er war ein großer Spaßmacher. Es kamen noch mehr, aber meine Berichterstatter hatten die Namen aller dieser Leute, die Bosso waren, vergessen.

Denn die Bosso haben Djenne gegründet und nicht ein anderes Volk, wenn es auch noch viele andere Völker da gibt. Da sind z. B. die Dienne kan-fing, die schwarzen Djenneleute, die auch Nono heißen, das sind Marka, und die sind nicht die Gründer Djennes.

Später kamen dann die Wakore oder Uakorre; sie kamen als Fremde, als Diulla aus einem fremden Lande, und zwar aus der Gegend von Njoro. Sie lagerten im Dorfe Pana. Einer der Diulla beugte sich zum Wasser herab, um zu trinken. Da fiel ihm aus dem Überhang eine Kaurimuschel in das Wasser. Sie glitt in den Sand. Er und seine Kameraden suchten die Muschel. Sie konnten sie aber nicht finden, und so kam es, daß sie für immer da blieben, denn sie konnten die eine Kaurimuschel nicht finden. Die Wakorre sind nicht mit den Nono-Marka gleichen Stammes identisch.*

2. Paama Koono. Paama Koono gilt als Gründer des heute noch bestehenden Diarrageheimbundes, und von ihm spricht die Legende als von einer historischen Persönlichkeit folgendermaßen:

Seit Urzeiten gibt es keinen Bosso, der so tapfer gewesen ist wie Paama Koono. Die Mutter Paama Koonos hieß Paama. Vom Vater Koonos weiß man nichts. Schon als Paama mit ihrem Kinde schwanger ging, wußte man, daß es etwas mit diesem Kinde auf sich haben mußte.

Es kamen die Alten, die sagten: "Wenn das Kind, das du gebären wirst, ein Knabe sein wird, so wollen wir mit ihm gut Freund sein, dann soll er zu uns gehören. Wenn das Kind ein Mädchen sein wird, so mag es unter den Frauen bleiben." Es kamen die Spielleute und sagten: "Wenn das Kind, das du gebären wirst, ein Knabe ist, so laß es mit uns gut Freund sein. Dann soll der Knabe zu uns gehören. Sollte das Kind aber ein Mädchen sein, so wollen wir es den Weibern lassen." Es kamen die Männer, die sagten: "Wenn es ein Knabe ist, so soll er zu uns gehören." Es kamen die Knaben



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und sagten: "Wenn es ein Knabe ist, so muß er bei uns sein." Dann kamen die Weiber und sagten: "Wenn es ein Mädchen ist, dann soll es unter uns Weibern bleiben."

Das Kind ward geboren und erhielt den Namen Koono, und da Paama seine Mutter war, so sprach man von ihm als von Paama Koono. Es war ein Knabe. Es kamen die Alten, die wollten das Kind haben; es kamen die Kie (die Dialli), die jungen Burschen, die Knaben, die Frauen. Alle wollten das Kind haben. Sie stritten untereinander. Jeder nahm das Kind und freute sich daran; denn es war ein schönes Kind, das keinerlei Fehl und Makel aufwies, kein Geschwür und keine unreine Stelle am Körper. Die Leute nahmen das Kind und trugen es jubelnd umher, denn alle wußten, daß es ein ganz besonderes Kind sein mußte. Die Mutter sagte: "Ich weiß wohl, daß das Kind mir nicht allein, sondern der ganzen Welt gehört. Ich muß das Kind aber nähren." Da brachten es die Leute ihr zurück. Die Mutter reichte dem Kinde die Brust. —Es ist Sitte, daß einige Freunde der Wöchnerin Seife als Geschenk bringen. Paama aber erhielt ein ganz großes Boot, gefüllt mit Seife, als Geschenk. — Paama wuchs auf.

Bei den verschiedenen Stämmen hatte Paama seine eigenen Namen wie Paama Koono, Paama di Safing, Paama di Jamankann, Paama di Nankama, Paama di Dubajebbi. Er gehörte allen, und jeder gab ihm einen Namen, und er war selten lange an einem Orte. Er wandelte bald dahin, bald dorthin. Kam er in die Nähe eines Dorfes oder einer Stadt, so kamen die Leute ihm auf Stunden entgegen. Die Menge jubelte. Der eine sagte: "Paama Koono ist für mich." Andere antworteten: "Paama Koono ist für uns." Wenn er einer Ortschaft nahekam, verließ seinetwegen jeder Mann sein Weib, jedes Weib seinen Mann. Erst stritten sich Männer und Weiber um seinen Besitz.

Die sich um Paama Koono versammelten, das waren die "Diarra". Paama Koono ging mit einer eisernen Kette um den Hals einher (die Kette heißt im Bosso Djorro-Koo) und ließ sich an dieser Kette wie ein Schaf führen. Gleichzeitig tanzte er in seiner Weise zur Trommel, und alle Welt jubelte ihm zu. So wanderte er von einer Ortschaft zur andern, und alle Leute waren entzückt.

Dann aber wurden die Kallio (Familienobersten) erbost, denn bei jedem Tanzen siegte Paama Koono mit dem Diarratanze ob, mochten die andern mit ihren Tanzweisen noch so sehr sich abmühen, sie waren im Lande minder geachtet als Paama Koono. So kam es,



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daß allmählich alle Männer danach trachteten, Paama Koono zu töten. Die Männer sagten rings im Lande: "Wer Paama Koono überwältigen und ertappen kann, der soll ihn töten." Aber das währte lange Zeit. Keiner konnte ihm obsiegen.

Einmal ging Paama Koono mit seiner Mutter zum Markte Kokille in der Sansandinggegend. Sie wollten daselbst einkaufen. Sie waren noch weit entfernt, da kamen schon die Frauen ihnen entgegen, um ihn und seine Mutter zu begrüßen. Paama Koono ging an den Djorro-koo und tanzte. Die Männer waren sehr erregt und schlugen mit Schnüren und Koroto (die Koroto der Bosso entsprechen den "Korte" der Mande, das sind die heiligen Hölzer in der Hand der Bundesmaskierten) auf ihn. Sie vermochten ihm aber nichts anzuhaben.

Paama Koono tanzte herrlich. Er tanzte (anscheinend an diesem Tage am Kokilli zum ersten Male) so schön, daß alle Welt staunte. Denn er schwebte tanzend zwischen Himmel und Erde. Seine Füße berührten den Boden nicht.

Eines Tages kamen alle alten Leute zusammen, die 50-, die 60-, die 70-, die 80-, die 90-, die ioojährigen. Sie setzten sich alle um Paama Koono. Dann warfen sie ihr Koroto und ihre stärksten Zaubermittel gegen Paama Koono und auf ihn. Der aber stand nur auf, erhob die Hände in flatternder Bewegung (nach der Geste des Vortragenden, wie in segnender Form) empor, und da fielen alle Koroto und Zaubermittel von ihm ab. Paama Koono sagte nur: "Jeder mag das Seine nehmen." Und ging von dannen. Alle liefen zunächst auseinander, und auf dem Platze waren alsbald nur die Koroto und die Zaubermittel. Am andern Tage schlich der eine und der andere hin, um sein Koroto oder sein Zaubermittel aufzusuchen und wieder an sich zu nehmen. Aber jeder, der seinen Gegenstand holte, starb auf dem Rückwege zu seinem Hause.

Paama Koono verstand die Sprachen aller Geschöpfe, auch die der Tiere, von denen der Schobo (Nilpferd) bis zu den Vögeln. Da hörte er, daß alle weiblichen Tiere um ihn weinten, während die männlichen Tiere auf ihn ebenso erbost waren, wie die Männer unter den Menschen.

Paama Koono kam nach dem Orte Kommora (oder Komborka). Auch da kamen ihm die Weiber entgegen, und er ging zu seiner Djooro-koo und tanzte. Es waren da drei junge Männer, die waren ebenfalls sehr tüchtig und tanzten sehr schön. Aber sie konnten nicht so tanzen wie Paama Koono. Einer war von Kokilli, einer von



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Kommorka, einer von Meru. Diese drei waren auch erregt über ihn und kamen in Kommora zusammen. Paama Koono war aber weit stärker als sie. Er tanzte auf dem Platze. Paama Koono tötete alle drei.

Eines Tages fragte Paama ihren Sohn: "Wollen wir nicht zum Markte von Sirakorro gehen?" Er sagte: "Nein, wir wollen nicht dorthin gehen. Laß ab von dem Gedanken." Paama fragte ihren Sohn während acht Tagen täglich. Er aber schlug es ihr ab und sagte: "Ich werde nicht mehr auf Reisen gehen und werde nicht mehr tanzen."

Seitdem Paama Koono ein kleines Kind war, war ihm gesagt worden: "Achte darauf, daß nie ein Mensch deinen Furung (Nabel) zu sehen bekommt. Sobald ein Mensch deinen Nabel geschaut hat, wird es ihm leicht werden, dich zu töten, und du wirst dann sicher bald sterben. Verbirgst du aber deinen Nabel sorgfältig vor aller Menschen Augen, so kann dir kein Zaubermittel und keine Waffe etwas anhaben." In Sirranikorro war nun ein Mädchen, mit dem war Paama Koono gut Freund, und wenn er in der Stadt einkehrte, schlief er bei ihr. Dieses Mädchen wußte, daß Paama Koono seinen Leibgurt nie abnahm. Sie sprach darüber. Eines Tages kamen die Männer. Sie nahmen das Mädchen beiseite, sie gaben dem Mädchen viel Geld, damit es Paama Koono töte. Paama Koono wußte das aber sehr wohl, denn er wußte alles.

Die Mutter ließ nicht davon ab, Paama Koono zu bitten, mit ihr auf den Markt von Sirranikorro zu gehen. Paama Koono sagte: "Meine Mutter, du quälst mich und es wird nicht gut enden." Die Mutter aber sagte: "Bislang ist es noch immer gut gegangen, du hast sicher unnötige Sorge." Der Sohn sagte: "Gut, wenn du es willst, können wir die Reise unternehmen. Ich weiß aber mit Sicherheit, daß ich von der Reise nach Sirranikorro nicht wieder heimkommen werde." Sie machten sich auf den Weg und reisten ab. Ehe sie noch in jene Ortschaft kamen, stürzten ihnen die Weiber entgegen. Die einen ließen ihre Kalebassen liegen, die sie am Ufer waschen wollten, die andern sprangen von den Kochtöpfen fort, die dritten ließen ihre Wäsche liegen.

Zunächst ging Paama mit ihrem Sohne nach Kokiri Madugu, wo der Markt abgehalten wurde. Sie erledigten ihre Sachen und kehrten dann nach Sirranikorro zurück, wo Paama Koono bei seiner Freundin schlafen wollte. Alle Weiber baten Paama Koono: , ,Paama Koono, tanze doch! Paama Koono, tanze doch!" Paama Koono aber ant



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wortete: "Laßt mich heute. Seht, ich befinde mich nicht wohl. Laßt mich nur heute!" Er ging von dannen; er suchte das Haus auf und wollte sich zurückziehen. Die Frauen aber kamen und baten und sangen: "Oh, Paama Koono, tanze doch! Oh, Paama Koono, tanze doch, nur heute!" Die Frauen sangen und klatschten in die Hände, um ihn anzuregen. Sie ließen nicht ab. Sie hörten damit nicht auf, bis endlich Paama Koono in Begeisterung war.

Die Frauen riefen noch einmal: "Oh, Paama Koono, tanze doch, tanze doch heute!" Dann stand Paama Koono mit dem Djorro-koo auf. Und so begeistert war Paama Koono noch nie gewesen. Er schnellte empor, er kam in starke Erregung, daß er beim plötzlichen Aufschweben das Dach des Hauses durchbrach. Alle Frauen jubelten. Es entstand eine Erregung, wie nie zuvor. Die Frauen klatschten in die Hände, und die Kraft in Paama ward so groß, daß er die Zunge aus dem Munde herausschlug und sie auf das Hinterhaupt legte. Dann wieder wuchs sein Arm gewaltig heraus und wogte weitgedehnt über die ganze Menge hin. So hatte Paama Koono noch nie zu tanzen vermocht. Alle Menschen schrien und jubelten: "Oh, Paama Koono kann tanzen! Oh, Paama Koono kann tanzen!"Paama Koono wollte aufhören. Aber die Weiber sprachen und riefen und schrien: "Nur heute noch, Paama Koono! Nur heute noch! So hat Paama Koono noch niemals getanzt! So hat noch nie jemand getanzt!" Sie sangen und klatschten in die Hände. Da begann Paama Koono noch einmal mit der Djorro-koo zu tanzen.

Dann aber hörte Paama Koono auf. Er war ermüdet. Er suchte das Haus seiner Freundin auf, um bei ihr zu schlafen. Sonst kam ihm seine Freundin entgegen und lachte und bereitete ihm das Lager. Heute kam sie nicht. Sie lag auf dem Lager und hatte dem Kommenden den Rücken zugewandt. Paama Koono fragte: "Was hast du? Was ist dir?" Sie winkte ihn ärgerlich fort und sagte: "Ach, laß mich! Laß mich." Er sagte: "Was ist dir? Was fehlt dir?" Sie sagte: "Laß mich!" Er sagte: "Mein Mädchen hat sonst so freundliche Worte für mich gehabt. Ist meinem Mädchen ein Huhn entlaufen ?" Sie blieb liegen und sagte: "Laß mich! Ich mag dich nicht mehr." Er sagte: "Gut, so kann ich gehen; aber du weißt selbst, an deiner Stelle werden mich dreitausend Frauen und Mädchen mit Lachen auf das Lager nehmen." Sie sagte: "Ach, laß mich. Ich mag dich nicht mehr." Er sagte: "Was willst du? Ich will dir alle deine Wünsche erfüllen." Sie wandte sich um und sagte: "Den Wunsch, den ich habe, wirst du mir nicht erfüllen. Oft schon bist du zu mir



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gekommen, aber noch nie hast du deinen Leibgurt abgenommen. Willst du heute deinen Leibgurt abnehmen?" Paama Koono sagte: "Ich soll meinen Leibgurt abnehmen? Ich wußte es. Ich will es tun und weiß, daß ich dann sterben werde. Wenn du es willst, daß ich nun sterben soll, so will ich es tun." Paama Koono legte sein Gewand ab. Er legte seinen Leibgurt ab. Er legte sich zu dem Mädchen. Er schlief mit dem Mädchen. Sein Nabel war nun nicht mehr bedeckt. Das Mädchen hatte Zaubermittel. Das Mädchen nahm die Zaubermittel heraus und legte sie ihm auf den Nabel. Da wußte Paama Koono, daß er sterben würde. Er blieb die Nacht über bei seinem Mädchen und nahm dann am andern Morgen von ihr Abschied.

Paama Koono ging von ihr. Paama Koono wußte nun alles genau voraus. Er ließ die alten Frauen kommen. Er ließ die jungen Frauen kommen. Er ließ die jungen Mädchen kommen. Als alle da waren, sagte er: "Seht, ich bin Paama Koono; ich bin Paamadi Safing; ich bin Paama di Jamankann; ich bin Paama di Nankama; ich bin Paama di Dubajebbi. Als ich geboren war, jubelte alle Welt, und jedermann wollte mich besitzen. Als ich ward, was ich bin, wandten viele sich gegen mich. Jetzt werde ich deshalb sterben. Paama Koono geht von euch. Paama Koono geht nach Hause, um zu sterben. Lebt wohl!"

Paama Koono ging. Alle Frauen weinten. Paama Koono ging heim. Paama Koono kam heim. Paama Koono starb.*


Copyright: arpa, 2015.

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