Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_07-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

6. Jägerlegende

Ein großer Jäger (Donso) mit Namen Sigi Fara Bori* tötete alle Tage große Antilopen und wilde Büffel. Das wurde ihm möglich, weil er viele und sehr gute Hunde hatte. Da verwandelten sich eines Tages zwei wilde Büffel in zwei sehr schöne Mädchen und gingen in dieser Gestalt in das Dorf, in dem Sigi Fara Bori lebte. Auf dem Marktplatz saßen und lagen viele Männer, die betrieben Korbflechterei, Matten- und anderer Dinge Herstellung (Matte ullali, Strohplatte [in Sekko] kaarta, Türvorhang firrifirri). Die Männer riefen den Frauen zu: "Komm und wohne bei mir!" Die Frauen aber antworteten: "Nein, wir sind gekommen, um bei dem Jäger Sigi Fara Bori zu wohnen." Da zeigten ihnen die Leute den Weg.

Sigi Fara Bori wollte den Frauen ein gutes Gericht von Wildfleisch vorsetzen. Die Frauen aber sagten: "Laß das, wir essen nur Hundefleisch." Hierauf ging der Jäger zu seinem Hundestall und schlachtete zwei schöne Tiere. Das Fleisch schmeckte den Mädchen sehr gut. Nachher gingen sie mit dem Jäger schlafen. Die Mutter Sigi Fara Boris sammelte aber sorgfältig alle Knochen auf und rieb sie aneinander. Darauf liefen statt der Knochen viele kräftige junge Hunde auseinander, die lockte sie herbei, sammelte sie in einem seitwärts gelegenen neuen Stall und gab ihnen gutes Essen.



Atlantis Bd_07-049 Flip arpa

Als die Frauen die Hunde Sigi Fara Boris aufgegessen hatten, sagten sie: "Wir wollen nun wieder gehen." Der Jäger sagte: "Geht morgen, dann will ich euch noch ein Stück begleiten." Die Mutter des Jägers nahm ihn beiseite und sagte: "Du hast mit den zwei Frauen geschlafen und ihnen viel von deinem Charakter enthüllt (der Erzähler drückt das so aus: "Kani ikonno beffo sukilli mussuje" —wahrscheinlich soll das so viel heißen als: "Du hast ihnen viel von deinen Jagdgeheimnissen oder von der Wirkungsart deiner Zaubermittel enthüllt!"); sei also auf deiner Hut und nimm dieses weiße Pulver, das ein Zaubermittel ist, mit auf den Weg." Der Jäger steckte das Pulver in sein Gewand und sagte: "Es ist gut."

Am andern Tage sagte er zu den beiden Frauen: "Wir wollen gehen!" Er griff nach dem Gewehr in der Ecke. Die Frauen sagten: "Ach, du willst uns unterwegs töten. Laß das Gewehr!" Er sagte: "Gut!" und griff nach dem Säbel. Die Frauen sagten: "Ach, du willst uns unterwegs töten. Laß den Säbel!" Er sagte: "Gut!" und machte sich dann mit ihnen auf den Weg.

Als er mit ihnen ein Stück weit gegangen war, sagten die Frauen: "So, nun bist du weit genug mitgegangen; nun kannst du umkehren!" Sigi Fara Bori sagte: "Nein, hier kehre ich nicht um; hier habe ich eine Koba getötet. Ich werde euch noch ein Stück weit begleiten." Sie gingen noch ein Stück weiter; da sagten die Frauen: "So, nun bist du weit genug mitgegangen; nun kannst du umkehren!" Sigi Fara Bori sagte: "Nein, hier kehre ich nicht um; hier habe ich einen wilden Büffel getötet. Ich werde euch noch ein Stück weit begleiten."

Sie gingen noch ein Stück weiter, bis sie an einen großen Baobab (Sira) kamen. Die Frauen sagten: "Ach, steige hinauf und wirf uns von den Früchten herab!" Der Jäger sagte: "Es ist recht!" und stieg auf den Sira hinauf.

Als Sigi Fara Bori auf dem Baume war, verwandelten sich die Frauen wieder in Büffel. Dann riefen sie laut alle großen Antilopen und wilden Büffel zusammen und schrien: "Kommt alle her, wir haben den Jäger auf einen Baum gelockt; nun wollen wir den Baum umschlagen und den Jäger töten." Darauf kamen alle großen Antilopen und Büffel mit Beilen herbei und begannen den Baum umzuschlagen. Sigi Fara Bori rief seiner Mutter (wahrscheinlich durch Zaubermittel) zu, daß er in Not sei. Als der Baum fast durchgeschlagen war, so daß er beinahe stürzte, streute er einer Bassa (Eidechse) von dem weißen Zaubermittel seiner Mutter zu. Die schlug darauf mit



Atlantis Bd_07-050 Flip arpa

dem Schwanze gegen den Baum und der war dann wieder hergestellt. Dreimal schlugen die Tiere den Sirabaum fast um; dreimal streute Sigi Fara Bori der Bassa das Pulver zu; dreimal stand der Baum wieder heil und ohne Lücke da. Inzwischen hatte seine Mutter die vier Hundehütten geöffnet, die Hunde waren herausgestürzt und kamen nun herbei, um die wilden Büffel und Antilopen zu töten. Als das vollendet war, stieg Sigi Fara Bori wieder herab.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt