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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

f) Saga Djigi

Die Erscheinungsformen der Regenzeit, die Tornados, geben .en Barmana Veranlassung zum Nachdenken. Gerade hier tauchen kräftig ausgebildete, offenbar uralte Mythenfiguren auf, die unser Interesse voll in Anspruch nehmen können. Gerade im Gebiete der eigentlich höheren Mythologie, des Wissens und Sichvorstellens der Belehrung der weiten Welt muß hier früher reicher Geist gewebt haben, denn heute lebt das alte Wissen nur noch kümmerlich in den Köpfen weniger Alter und trotzdem läßt sich noch die frühere Kraft und Lebendigkeit des Alten, Zerstörten wahrnehmen.

Saga-djigi sind Hammel, Schafböcke. Wenn der Mythenerzähler sagt, daß Saga-djigi oben im Himmel über die Wolken schreite und herrsche, so fügt er gleich hinzu: "Du darfst dir aber ja nicht vorstellen, daß er eine Hammelfigur hat. Er heißt nur Saga-djigi." — Saga-djigi ist der Unwetter- und Gewittergott, der über tüchtige und mächtige Hauptleute und Handlanger verfügt. Da ist zum Beispiel die Regenzeit, die alljährlich wiederkehrende, zu dirigieren. Diese Sache leitet der Saga-djigi nur, ausführen läßt er sie von seinen drei Hauptleuten, welche Tulluguri, Kunato und Fianto heißen.

Diese drei sind ausgerüstet mit drei Djellekalla, d. s. keulenartige Holzhammer, die aber in Wahrheit Hackenstiele sind. Die Regenmassen sind im Himmelsfelsen, feste Gesteine, die in großen Massen aufgebaut sind. Ein Berichterstatter behauptet direkt, es wären Felsenberge. Die drei Hauptleute langen nun zu ihren Holzkeulen, schlagen einiges von den steinharten Massen ab und zertrümmern die abgespaltenen Blöcke in Splitter und kleine Bruchteile. Dieser Grus wird dann in Kalebassen gefüllt, die mit unendlich vielen kleinen Löchern versehen sind, so daß sie wie ein Sieb sind. Indem diese Siebkalebassen hin- und hergeschwenkt werden, wird der Regen vom Himmel durch die Löcherchen auf die Erde gesprengt.

In der Arbeit des Siebens lösen sich Tulluguri, Kunato und Fianto jedes Jahr ab. Und zwar je nach Übereinkommen. Regelmäßig ist der Wechsel nicht. Aber in jeder Regenzeit schüttelt nur immer einer der drei Kumpane. Und das kann man ganz genau an der Art der Regenzeit erkennen. Wenn die Regenzeit in einem Jahre scharf einsetzt, dann in scharfen Gewittern drei Monate lang ohne Unterbrechung verläuft und ebenso scharf abgeschnitten endet, so hat der energische und schneidige, aber taube Tuluguri gesiebt. — Er ist taub, daher stört ihn das ununterbrochene Gedonnere nicht.

Ganz anders sieht sich die Regenzeit an, wenn Kunato die Siebarbeit dirigiert. Kunato hat guten Willen. Er setzt während vierzehn



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Tagen energisch das Schütteln fort, doch dann treten mit einem Male vierzehn trockene Tage auf und das wechselt so seine drei bis vier Monate ab. Der Grund hierfür ist, daß der arme Kunato keine Hände hat, er muß mit den Armstümpfen die Kalebassen beim Schütteln festhalten, und das strengt natürlich so an, daß er sich nach vierzehntägiger ernster Arbeit vierzehn Tage ausruhen muß. Solche launischen Regenzeiten des Kunato sind sehr gefürchtet - denn es kommt vor, daß in den zweiten vierzehn Tagen immer das verkümmerte, was in den ersten (feuchten) Wochen keimte.

Viel beliebter, am beliebtesten unter den drei Gesellen ist Fianto und seine Art. Fianto ist gutmütig, anscheinend älter und blind. Er beginnt früh und sanft an zu sieben, siebt gleichmäßig weiter, siebt behaglich seine Weise fort, bis die Gewässer verbraucht sind. Er wässert an die vier Monate so gleichmäßig auf die Erde, daß die Saat herrlich aufgeht, daß der Acker von keinem Sturm und Wolkengusse zerstört, die junge Keimsaat von keiner sonnigen Trockenheit getötet, sondern in gleichmäßiger feuchtwarmer Entwicklung zu herrlicher Entfaltung gebracht wird. Alle Welt lobt also Fianto.

Der launenhafte Bursch, der Kunato, verrichtet aber außer agrikulturellem noch anderes Vernichtungswerk. Wenn er in Zorn ist, tötet er mit dem Donner es wird ausdrücklich betont mit dem Donner und nicht mit dem Blitz (Mana) —den Menschen. Im allgemeinen ist es ja Saga Djigi selbst, der Saga-djigi-ali-jugu-jugu, den Donner, hervorruft, indem er sich sehr kräftig schüttelt. Schleudert er aber selbst den Donner, so werden höchstens Bäume zerschmettert. Wie gesagt, der Menschentöter ist nicht er, sondern Kunato. Er schleudert die Djellekesse, die Axt, hernieder. Diese ist zuweilen mit einer eisernen, zuweilen mit einer steinernen Klinge versehen. Andere sagen, die Steine würden so, frei, ohne Griffholz geworfen. Je nachdem sie auf dem Boden auf Wasser, Mensch, Baumstämme oder Erde aufschlagen -verändern diese Steine die Gestalt. Die Steine selbst sind alte Steinwerkzeuge.

Saga Djigi zückt zuweilen sein Schwert, dies Schwert (Murru) ist Saga-Djigi-ka-mudruble. Das Schwert reicht dann von einer Himmelsseite bis zur andern und stützt sich mit seinen Enden auf Berge oder große Termitenhaufen.

Bei den Malinke heißt der Regenbogen Sanko-tambo, d. h. Lanze der Sanko. Übrigens ist auch den Malinke die Existenz der drei Regen ausschüttelnden Hauptleute bekannt. Nur treten sie, wie in dem Abschnitt über die Ansichten betreffend die Sonne zu ersehen sein wird, anscheinend weniger mit dem Regen als mit dem Wechsel der Jahreszeiten in Beziehung.


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