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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

d) Ninimini

Ist bei den Bammana eine Schlange, die in einem Berge lebt. Ob es von dieser Art ein oder mehrere Exemplare gibt, war nicht zu erkunden. Ninimini hat zwei Hörner auf dem Kopfe und noch zwei rote, leuchtende Baschi, von denen eines den Hinterkopf, das andere die Stelle über der Stirne ziert. In alter Zeit mußte auch nach Bammanaglauben jeder König mit Ninimini Freundschaft schließen, doch ist diese Idee anscheinend hier nicht so entwickelt wie bei den Malinke, deren Ansichten über diesen Punkt nachher zu erörtern sind. Jedenfalls war Ninimini früher mit allen Bammanakönigen gut Freund, bis sich folgende Geschichte mit einem sehr habgierigen Fürsten ereignete, der zufolge Ninimini in einen Berg entfloh.

Der böse König hieß Dana uarra im Dorfe Warra-in. Er war zuerst wie alle andern mit Ninimini sehr gut Freund. Erst sagte Ninimini zum Könige: "Mein Freund, ich will dir etwas Gutes geben. Ich habe in meinem Leibe Gold und Silber. Nun will ich mich übergeben, und was ich herausspeie, das sei dein!" Ninimini übergab sich. Sie gab einen Bullukanna ullengula (Armring) aus Gold und einen aus Silber hervor. Der König Dana uarra nahm beide Bullukanna ullengula an sich. Die Schlange aber sagte zu ihm: "König, König! Ich weiß, du hast nichts Gutes im Sinne. Eines Tages wirst du übel mit mir verfahren." Der König sagte: "Nein, ich werde dir niemals Schlimmes antun." Ninimini sagte: "Ich weiß es, du hast Schlimmes im Sinne. Wenn du es aber gut mit mir meinst und wenn du gut Freund mit mir bleibst, dann wird das Gold- und Silbergut, das du von mir erhieltst, sich von selbst immer und immer mehren.

Am andern Tage lag die Ninimini wie gewöhnlich in sieben Ringeln am Boden. Der König überlegte. Er beschloß ihr den Hals



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abzuschneiden, denn er nahm an, daß in ihrem Innern noch viel, viel mehr Bullukanna ullengula aus Gold und Silber seien. Er sprang auf Ninimini zu, Ninimini war aber flinker und schneller und wand sich mit sieben Schlingen um den König - dann preßte Ninimini den König, so daß er fast starb. Sie ließ ihn am Leben, zog sich aber zurück und schlüpfte in das Wasser.

So kommt es, daß heute noch das Tannä vieler Diarrafamilien eine Schlange ist, während andere die Varanus als Wappentier haben.

Ninimini hat bei den Kassonke den Namen Samano, bei den Malinke heißt sie Ninginanga. Von Ninginanga erzählen die Malinke folgendes:

Jeder, der König werden will oder der König ist, muß mit Ninginanga Freundschaft geschlossen haben. Von kleinauf muß der Knabe mit einem Numu Freundschaft schließen und jährlich heimlich erst kleinere, dann größere Eisenklumpen für Ninginanga ins Wasser werfen. Für den Knaben sind erst doppelfaustgroße Stücke in Betracht kommend. Für den Erwachsenen gilt es vom Numu ab drei Jahre lang Eisenblöcke von Koffergröße schmieden zu lassen und in die Tiefe zu schleudern. Im Wasser lebt der Fisch Bassara. Er hat einen roten Schwanz. Er ist der älteste aller Fische. Jedesmal wenn ein Eisenklumpen ankommt, schwimmt er zu Ninginanga und sagt: "Höre, es ist dort ein Geschenk für dich angekommen."

Ninginanga sagt, daß man es zu etwas bringt. Ist der Königsanwärter erst Herr eines tüchtigen Heerhaufens, so schlängelt sich eines Tages Ninginanga mit dem aus drei Ringen ausgereckten Leib dreimal über ihn und läßt jedesmal eine Leibschuppe fallen. Diese Schuppen sind wie allerfeinstes Gold. Die eine Schuppe dient zur Erwerbung von Stoffen und Kleidern. Die zweite Schuppe dient zur Erwerbung von Rindviehherden und die dritte zur Gewinnung von Kindern. Hierauf wird der Erwählte König von drei Ländern und viele, die meisten, enden damit. Glücklich der, über den nach vielen Jahren dann Ninginanga nochmals, und diesmal mit Aufrollung aller sieben Ringel, hinlagert. Er findet von der siebenfachen Auflagerung der gestreckten Schlange sieben Schuppen niederfallen und wird Herr von sieben Ländern. Von Samori z. B. sagten die Malinke: "Die Ninginanga lag siebenmal auf ihm."

So groß war seine Macht geworden.


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