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Kapitel 

SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE


29. Der Pferdedieb (Togolegende)

Im Lande Kane war ein Kaddo namens Kamb€u, der tat alles Schlechte, was man tun kann. Er wußte die Leute mit Zaubermitteln einzuschläfern. Wenn sie schliefen, beraubte er sie. Er raubte alles, vor allem Vieh und Pferde und gab sich als ein ganz besonders tapferer Mann aus. Das blieb so eine lange Zeit, und es gelang niemand, den frechen Räuber zu fassen.

Eines Tages hörte das ein reicher Fulbe. Der wohnte unten im Tale. Der sagte: "Dieser Kamböu sollte einmal zu mir kommen. Das möchte ich wohl. Es wäre mir aber gleich. Ich will mein Pferd hier draußen anbinden und ich will sehen, ob der Mann es wagt,



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mir das Pferd zu stehlen. Er soll etwas erleben!" Der Fulbe band sein Pferd an einen starken Pfahl und machte einen Holzzaun darum. — Diese Sache ward Kambeu wiedererzählt. Kambeu sagte: "Nun, ich werde ja sehen."

Kambeu band darauf den Namen des Fulbe Ali auf sein Zaubermittel. Dann machte er sich eines Tages auf. Er versteckte sich in dem Grashaufen, der als Futter für das Pferd des Fulbe Ali aufgeschichtet war. Er blieb einen Tag und eine Nacht darin. In der Nacht band er das Pferd ab. Er setzte mit dem Pferde über den Holzzaun und rief: "Ali! Ali Vergiß nicht, was du gesagt hast. Ich reite mit deinem Pferde heute auf unseren Felsberg." Ali wachte auf. Er sah Kambeu von dannen reiten und rief ihm nach: "Gib acht! Du wirst mir das Pferd ganz von selbst wiederbringen." Kambeu ritt mit dem Pferde auf den Berg.

Kamböu sagte am nächsten Tage zu den anderen Habbe: "Geht heute nicht in das Tal. Denn heute in der Nacht habe ich dem Fulbe Ali sein Pferd genommen." Seine Stammesgenossen sagten: "Was geht uns das an? Wenn du Pferde stiehist, kannst du das auch selbst in Ordnung bringen." Sie hörten nicht auf Kamböu, sondern gingen in die Ebene. Der Fulbe Ali aber hatte hundertzwanzig Reiter. Diese hundertzwanzig Reiter fielen über die im Tale arbeitenden Habbe her, töteten fünfundzwanzig Leute und nahmen zwölf gefangen. Dann sandte der Fulbe Ali an Kambeu eine Nachricht und ließ ihm sagen: "Entweder du bringst mir mein Pferd zurück oder ich mache es jetzt alle Tage so."

Die Habbe im Felsendorfe ersannen nun ein Lied, das lautete: "Kamb&i sagt, er sei ein tapferer Mann. Kambeu tötet Leute im Dorfe und im Busch. Wenn Kamböu wirklich tapfer ist, kämpft er mit dem Fulbe Ali Die Frauen sagen aber, Kambeu sei nicht tapfer. Die Frauen sagen, Kamböu sei nichts als ein Räuber." Alle Frauen sangen das oben im Dorfe. Als Kambeu das hörte, merkte er, daß seines Bleibens im Dorfe nicht mehr lange sein würde, wenn er nicht einen Wandel schaffe. Als er hörte, daß alle Welt ihn beschimpfte, nahm er das Pferd des Fulbe Ali und führte es zu einem Spielmann, der in einem benachbarten kleinen Weiler wohnte. Er gab ihm das Pferd und sagte: "Bringe das Pferd zu dem Fulbe Ali und frage ihn, ob er die zwölf Gefangenen nicht wieder herausgeben wolle." Der Spielmann nahm das Pferd und führte es zu dem Fulbe Ali Er fragte den Fulbe Ali: "Willst du die zwölf Gefangenen herausgeben?" Der Fulbe Ali sagte: "Was soll ich mit dem Pferde?



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Ist das Pferd mehr wert als fünfundzwanzig Tote und zwölf Gefangene? Gib das Pferd Kamböu wieder und sage ihm, er solle es mir selbst wiederbringen und so die zwölf Gefangenen auslösen. Die Toten kann man ja doch nicht zum Leben zurückrufen." Der Spielmann nahm das Pferd, brachte es zurück und sagte alles dem Karnbeu. Als der Spielmann aber gegangen war, legte der Fulbe Ali am Wege, auf dem Kamböu kommen mußte, Wächter in den Busch.

Als die Botschaft zu Kamböu kam, machte er sich auf den Weg, um mit dem Fulbe Ali zu kämpfen. Der Fulbe Ali nahm ihn aber gefangen, tötete ihn, ließ ihm den Kopf und alle Glieder abschneiden und alles im Busche verstreuen. In das Habbedorf sandte er aber die Nachricht: "Tut so etwas nicht wieder."

Ein Kaddo ging eines Tages in den Busch, um Holz zu fällen. Er fand den Körper eines Menschen und sagte: "Dieser Körper sieht doch ganz so aus, wie der des Kamböu. Nur, daß er keine Arme und Beine und keinen Kopf hat."

Man sagt heute noch in den Liedern der Habbe: "Die Habbe können überall Schlechtes tun. Aber niemals gegen die Fulbe."


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