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Kapitel 

SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE


25. Der wohlhabende Tyrann (Gindolegende)

Im Dorfe Songobia, das im Bassarelande (im Süden von Kani-Bonso) liegt, lebte ein Kaddo mit Namen Sagare, der war vom Stamme der Gindo. Dieser Kaddo wahr sehr wohlhabend. Er hatte siebzig Reiter und Pferde. Er war der Reichste im ganzen Bassarelande. Deswegen wagte in Songobia niemand etwas gegen seinen Willen zu sagen und zu tun. Das war es, was ihn verdarb, so daß er seine Allgewalt auch auf das Land auszudehnen begann.

Nahe bei Songobia lag das Dorf Garu. In Garu starb eines Tages ein Mann. Nun begingen die Leute von Garu an jedem Abend ein Trommelfest zu Ehren des Verstorbenen. Sagare fragte: "Was haben die Leute von Garu?" Man antwortete ihm: "In Garu ist ein Mann gestorben. Nun tanzen sie abends zu Ehren des Toten." Sagare sandte sogleich eine Nachricht nach Garu und ließ sagen: "Ihr könnt heute noch einmal trommeln und tanzen; dann aber muß das ein Ende nehmen, denn ich kann nicht schlafen." Die Garuleute hörten das und antworteten: "Sagare soll seine Sachen in seinem Dorfe erledigen. Unser Dorf geht ihn nichts an. Uns ist es gleich, ob Sagare ein reicher oder ein armer Mann in Songobia ist. Hier hat er nichts zu sagen."

Die Leute von Garu ließen sich nichts sagen. Sie tanzten weiter zu Ehren des Toten - einen Tag nach dem anderen, allabendlich. Sagare sandte jeden Tag eine Nachricht und erhielt jeden Tag die Antwort: "Es geht dich nichts an." Nach sieben Tagen ließ Sagare



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den Leuten von Garu sagen: "Gut - tut jetzt wie ihr wollt. Ihr werdet meine Neuigkeiten schon seinerzeit hören."

Als nun einige Monate später die ersten Regen der nassen Jahreszeit fielen, bestellten die Garuleute in der Ebene ihre Äcker. Da sandte Sagare unversehens seine siebzig Reiter aus. Die fielen über die Bauern her. Jeder der siebzig Reiter tötete einen Mann aus Garu und nahm einen zweiten gefangen. So kamen siebzig Garuleute ums Leben und siebzig andere wurden gefangen nach Songobia gebracht. Als das geschehen war, sandten die Garuleute an Sagare eine Botschaft und ließen ihm sagen: "Du hast siebzig von unseren Leuten getötet und hast siebzig gefangen mit fortgenommen. Mit den siebzig Getöteten laß es nun sein Bewenden haben und sende uns die Gefangenen zurück. Wir erkennen deine Macht an." Sagare antwortete: "Ihr habt mir eine schlimme Antwort gegeben. Dafür will ich euch strafen." Er überlegte einige Zeit. Dann sandte er eine Nachricht und ließ den Garuleuten sagen: "Ich will euch euere Leute freigeben; zahlt mir für jeden der Gefangenen 100000 Kauri (= etwa 160 Frank heutigen Wertes). Das genügt mir als Strafe." Die Garuleute waren damit einverstanden und sandten die Kauri. Sie erhielten ihre Gefangenen. Als die Kaurimuscheln ankamen, sagte Sagare: "Ihr seid von meinem Stamme. Deshalb will ich das Lösegeld nicht ausgeben. Ich will mir einen Sitz daraus machen lassen, auf dem ich täglich Platz nehme." So spottete er auch noch der Garuleute.

Aber nicht nur die Leute von Garu, sondern auch von Songobia waren über diese Weise so zornig und erregt, daß die Gindo nach dem Tode Sagares seine Familie als Damma erklärten, damit niemand sich mit den Nachkommen Sagares verheirate. Seitdem sprach und heiratete kein Vornehmer mehr die Sagaresprossen. Sie verkamen.


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